Notstandsalgorithmen. Der rechtliche Umgang mit Dilemmata im automatisierten Straßenverkehr. Münchner Fachanwaltstag IT-Recht
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- Maya Glöckner
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1 In Kooperation mit Münchner Fachanwaltstag IT-Recht Notstandsalgorithmen Der rechtliche Umgang mit Dilemmata im automatisierten Straßenverkehr 1
2 // Fahrzeugautomatisierung Vollautomatisiertes/ Autonomes Fahren Haftungsrecht Versicherungsrecht Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht Zulassungsrecht Verhaltensrecht Konven&onelles Fahren 2
3 Computerwoche, Die Welt, Popularmechanics.com, Der Spiegel, 04/2016, S. 104 ff. n-tv, MIT Technology Review, Spiegel Online,
4 // Begrifflichkeiten Quelle: BASt-Bericht F 83, Rechtsfolgen zunehmender Fahrzeugautomatisierung, S
5 // Begrifflichkeiten Tesla S mit aktiviertem Autopilot, Bloomberg 5
6 // Untersuchte Situationen Vollautomatisiertes Fahrzeug weicht zur Rettung der Fahrzeuginsassen oder anderer Personen einem Hindernis aus, zieht hierdurch aber zwangsläufig andere Personen oder rechtlich geschützte Güter in Mitleidenschaft. Schwerpunkt: Notstandsregelungen: 34, 35 StGB. 6
7 // Problemfelder Anwendbarkeit der Notstandsregelungen 34, 35 StGB Berücksich+gung des Verschuldens Erlaubtes Risiko Zufallsgenerator Dilemma im automa+sierten Straßenverkehr Rechtfertigende Pflichtenkollision Lösung durch Nichtregelung Hierarchie Möglichkeit einer Insassenprivilegierung 7
8 // Güterhierarchie Notstand im Straßenverkehr mehr als nur Leben gegen Leben. Güterhierarchie muss System vermittelt werden, da sonst jedes Hindernis nur Punkt auf dem Radar. Vereinfacht: Wenn auf dem aktuellen Kurs ein höherrangiges Rechtsgut gefährdet ist, als auf einer Alternativstrecke (= Bedingung), dann weiche aus (= Anweisung). Jedes System nur so intelligent wie seine Programmierung Anweisungen werden nicht intuitiv gebrochen Bsp.: Überfahre keine rote Ampel Im konkreten Fall aber notwendig, um Krankenwagen im Einsatz die Durchfahrt zu ermöglichen 8
9 // Güterhierarchie vereinfacht Leben Körperliche Unversehrtheit Sachen / Tiere Regeln des Straßenverkehrs 9
10 // Beispiel Leben gegen Leben Bilder: 10
11 // Möglichkeit einer Insassenprivilegierung Studie: Bonnefon/Shariff/Rahwan, Science 2016, Vol. 352, S Opferung des Fahrers kein gesellschaftliches Tabu: Fahrer vs. 1 Fußgänger Fahrer vs. 10 Fußgänger 77 % 23 % 24 % 76 % Opferung des Fahrers Opferung des Passanten Opferung des Fahrers Opferung der Passanten Geringeres Interesse der Probanden am Kauf eines Fahrzeugs, in dessen Hierarchie sie nicht an erster Stelle stünden. 11
12 // Denkbare Szenarien Bilder: h:p://moralmachine.mit.edu/ Fall 1: Insassen sterben, weil Fahrzeug ausweicht. Fall 2: Insassen sterben, weil Fahrzeug nicht ausweicht. 12
13 // Rechtliche Würdigung Fall 2 aus Sicht der Insassen: Kann sich der Fahrer die Entscheidungspräferenzen zu eigen machen? Durch Unterschrift? Durch Inbetriebnahme? Folge: Wirken für und gegen ihn. Anwendungsbereich 35 I 1 StGB eröffnet. Gefahr nicht vorwerfbar herbeigeführt Kein Ausschluss über 35 I 2 StGB. Fahrer bleibt straffrei. Fall 2 aus Sicht des Herstellers: Strafbarkeit wegen Beihilfe zu Tötungsdelikt denkbar. 27 StGB verlangt nur vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat. Dass Fahrer entschuldigt spielt für Hersteller keine Rolle. Rechtswidriger Algorithmus keine neutrale Beihilfehandlung 13
14 // Alternative Lösungsmöglichkeiten Nichtregelung Lösung nach Zahlen Zufallsgenerator Egalitäres Entscheidungsprinzip Zufall kein Fremdkörper im Recht Zufallsentscheidungen bereits in lebensbedrohlichen Situationen diskutiert wissenschaftlicher Weg über rechtfertigende Pflichtenkollision? 14
15 // Szenario Bilder: 15
16 // Rechtfertigende Pflichtenkollision Adressat mehrerer Pflichten kann nur eine auf Kosten der anderen erfüllen. Recht darf nichts Unmögliches verlangen. Pflichtenkollision nur bei zwei Handlungsbzw. Unterlassungspflichten anwendbar. Bei Pflichten unterschiedlichen Ranges: höherwertige gleichen Ranges: Wahlrecht 16
17 // Rechtfertigende Pflichtenkollision Annahme: Chancen werden durch Programmierung verteilt. Es gibt keinen natürlichen Weg von dem Fahrzeug durch Lenkimpuls abgebracht werden müsste. Aufeinandertreffen zweier Unterlassungspflichten? Damit wäre Wahlmöglichkeit eröffnet. Bei unterschiedlicher Anzahl: Entscheidung nach Menge der Geretteten. Bei gleicher Anzahl: Zufall. 17
18 // Rechtfertigende Pflichtenkollision Kollision von Handlungspflicht (Rette Person vor dem Fahrzeug) mit Unterlassungspflicht (Töte nicht die Person auf der Ausweichroute) => Fall des 34 StGB. Rechtfertigende Pflichtenkollision nach hm nur auf Unterlassungsfälle anwendbar. 34 StGB: Eingriff in Rechtssphäre eines Dritten nur bei wesentlichem Überwiegen. Rechtfertigende Pflichtenkollision: Abwägung zweier Erhaltungsinteressen. Unterschied: 34 StGB aktiver Eingriff RPfK Unterlassung der Rettung. 18
19 // Allgemein Hersteller sind strafrechtlichen Konsequenzen ausgesetzt. Abweichungen von ständiger Rspr. äußerst kritisch hinterfragen. Pflichten und Beratungsbedarf eng mit technischem Fortschritt verbunden. 19
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