Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in den Hilfen zur Erziehung. Promotionsvorhaben von Benedikt Hopmann
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- Clemens Kranz
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1 Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in den Hilfen zur Erziehung Promotionsvorhaben von Benedikt Hopmann
2 Gliederung 1. Inklusion als neue Herausforderung in den HzE 2. Fallstricke in der Inklusionsdebatte 3. Anschlussfähigkeit des Capability Approach 4. Forschungsanliegen 5. Forschungsmethodischer Feldzugang
3 Inklusion als neue Herausforderung in den Hilfen zur Erziehung ( SGB VIII) Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe im SGB XII seit 2007 Abgrenzungsproblematiken zwischen 35a SGB VIII und 53 SGB XII seit 1990 und Diskussion der Großen Lösung Hilfen zur Entwicklung? 13. Kinder und Jugendbericht: Kinder und Jugendliche mit Behinderung sind in erster Linie Kinder und Jugendliche (2009, S. 12) Erneut thematisch aufgegriffen im 14. Kinder und Jugendbericht (2013) UN Behindertenrechtskonvention (2009) Bund Länder AG Inklusion von jungen Menschen mit Behinderung wird 2013 einen Endbericht vorlegen
4 Fallstricke in der Inklusionsdebatte Das Verständnis von Inklusion differiert je nach Anwendungskontext und historischer Entwicklung (vgl. Wansing 2012; Hinz 2009; Kronauer 2010; Luhmann 2008) Gefahr der politischen Vereinnahmung von Inklusion (vgl. Dannenbeck/Dorrance 2009) Kinder und Jugendhilfe als Ausfallbürge für mangelhafte Inklusion Diskussionen um die Große Lösung im Lichte von Inklusion lediglich zur Klärung von Zuständigkeiten? AGJ konstatiert einen inflationären Gebrauch des Inklusionsbegriffs (AGJ 2012, S. 1) Die inklusive Ausrichtung der sozialstaatlichen Hilfe und Unterstützungssysteme darf ebenso wenig wie die Große Lösung als Vehikel für Sparmaßnahmen verwendet werden (AFET/IGfH 2011, S. 6) Kein klarer Konsens bezüglich des Inklusionsbegriffs und den daraus abzuleitenden Teilhabepraktiken bis hin zur Gefahr des Missbrauchs und der Vereinnahmung
5 Zur Anschlussfähigkeit des Capability Approach seit den frühen 1980er Jahren von AMARTYA SEN entwickelt und zunächst auf die Erfordernisse der Entwicklungspolitik ausgerichtet gerechtigkeitstheoretische Weiterentwicklung von MARTHA NUSSBAUM durch Formulierung von zehn capabilities für ein gutes Leben in aristotelischer Tradition (Nussbaum 2006) functionings tatsächlich realisierte menschliche Handlungen und Zustände capabilities Verwirklichung von Funktionsweisen vor dem Hintergrund real ermöglichender gesellschaftlicher Kontextfaktoren und Rahmenbedingungen Mittlerweile adaptiert und anerkannt in der Sozialen Arbeit (vgl. Otto/Ziegler 2010; Albus et. al. 2010) Capability Approach scheint sich als fruchtbar zu erweisen für die pädagogischen Problemstellungen der Pädagogik bei Behinderungen und Benachteiligungen (Lindmeier 2011, S. 172) Dennoch nimmt der Ansatz bislang eher eine Randstellung in der Fachdebatte der Behindertenhilfe ein
6 Zehn capabilities nach Martha Nussbaum capabilities Inhalte 1. Leben Fähig zu sein, ein Leben von normaler Länge zu leben; nicht vorzeitig zu sterben oder vor jenem Zeitpunkt, an dem das Leben so reduziert ist, dass zu leben es nicht mehr wertvoll erscheint. 2. Körperliche Gesundheit Fähig zu sein, über eine gute Gesundheit inklusive der Reproduktionsfähigkeit sowie über angemessene Ernährung und Unterkunft zu verfügen. 3. Körperliche Integrität Fähig zu sein zur ungehinderten Ortsveränderung, zur Sicherheit vor Gewalt einschließlich der Vergewaltigung und Gewalttätigkeit in der Familie, zur freien Befriedigung sexueller Bedürfnisse sowie zur freien Wahl in Bezug auf die Fortpflanzung 4. Sinne, Vorstellungen und Gedanken Fähig zu sein, die Sinne zu gebrauchen und zu denken, Ausdrucksmöglichkeiten zu besitzen, lustvolle Erfahrungen zu haben und unnötigen Schmerz zu vermeiden; die Gelegenheit zu haben, den eigenen Verstand in einer Weise anzuwenden, die durch die Garantien der freiheitlichen Äußerungen der politischen und künstlerischen Rede sowie der freien Religionsausübung geschützt werden 5. Gefühle Fähig zu sein, emotionale Bindungen zu Gegenständen und anderen Menschen einzugehen und die Möglichkeit zur Entwicklung der eigenen Gefühle zu haben. Die Möglichkeit umfasst Formen der menschlichen Gemeinschaftsbildung, von denen sich nachweisen lässt, dass sie für die Gefühlsentwicklung wesentlich sind 6. Praktische Vernunft Fähig zu sein, sich eine Vorstellung vom Guten zu bilden und sein eigenes Leben daraufhin in kritischer Reflexion zu planen 7. Zugehörigkeit a. Fähig zu sein, für und mit anderen Menschen zu leben und für sie Sorge zu tragen; fähig zu sein, sich in die Situation eines anderen hineinzuversetzen b. Fähig zu sein, über eine soziale Basis für Selbstrespekt zu verfügen und frei von Demütigungen zu leben 8. Andere Lebewesen Fähig zu sein zu einer Beziehung zur Welt der Natur 9. Spiel Fähig zu sein, zu spielen, zu lachen und zur Erholung 10. Kontrolle über die eigene Umwelt a. Politisch: Fähig zu sein, an politischen Entscheidungen teilzuhaben, die das eigene Leben betreffen; das Recht auf freie Rede und freie Assoziation zu besitzen b. Materiell: Die Möglichkeit zu haben, über Eigentum zu verfügen; das Recht besitzen, eine Beschäftigung auf Gleichheitsgrundlage zu erlangen; frei zu sein von Verfolgungen und Beschlagnahmungen Quelle: Otto/Scherr/Ziegler (2010, S. 158)
7 Modifizierte capabilities für die Erfordernisse der Kinder und Jugendhilfe Dimensionen in Anlehnung an Nussbaum Indikatoren 1. Gesundheit Körperhygiene; Medizinische Versorgung; Gesunde Ernährung; Sportliche Betätigung 2. Wohnen und Leben Private Rückzugsmöglichkeit; Kenntnis des Wohnumfelds; Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel 3. Körperliche Integrität Gewaltfreies Aufwachsen 4. Bildung Schulbesuch; Leistungsverhalten; Lese, Schreib, Rechen und Fremdsprachenkompetenz; Sexuelle Aufklärung; Offenheit für neue Erfahrungen/Interesse an der eigenen Umwelt; Kenntnis von Normen und Werten 5. Fähigkeit zu Emotionen Umgang mit Stress und Belastung; Selbstvertrauen; Vertrauen zu anderen Menschen; Selbstwirksamkeitserleben; Interne Kontrollüberzeugung 6. Vernunft und Reflexion Entwicklung eines eigenen Lebensentwurfs; Orientierung an Werten und Normen; Sinn und Identität finden 7. Zugehörigkeit Gefühl des Angenommenseins und der Einzigartigkeit; Zugehörigkeitsgefühl; Mitgliedschaft in Vereinen; Soziale Netzwerke; Biografische Kenntnisse und Reflexion 8. Zusammenleben Bezug zu Gleichaltrigen; Legalbewährung; Reflektiertes Zusammenleben; Sozialverhalten; Konfliktbewältigung 9. Kreativität, Spiel und Erholung Freizeitverhalten; Medienkonsum 10. Kontrolle über die eigene Umwelt Aneignung und Gestaltung von Wohnraum; Fähigkeit zur Geldeinteilung; Selbständigkeit im Alltag; Beteiligung an Entscheidungen; Altersangemessene Verantwortungsübernahme; Selbständige Zubereitung von Mahlzeiten Quelle: Albus et. al. (2010, S. 107)
8 Forschungsanliegen Rekonstruktion und ggf. kritisches Hinterfragen bestehender Teilhabestrukturen und anberaumter inklusiver Entwicklungen in den Hilfen zur Erziehung auf zentralen Ebenen Sichtbarmachen der zugrundeliegenden normativen Maßstäbe von Inklusion und der leitenden Inklusionsvorstellungen beteiligter Akteure Adaptionsversuch des Capability Approach für die Analyse und Bewertung inklusiver Strukturen und Praktiken Verwirklichungschancen (capabilities) als Inklusion par excellence? Fokus des Vorhabens auf Nordrhein Westfalen (NRW)
9 Forschungsmethodischer Feldzugang Qualitativ empirischer Forschungszugang mit Fokus auf Erkenntnis und Rekonstruktion Experteninterviews mit Akteuren der Hilfen zur Erziehung (Meuser/Nagel 2010): Vertreter von Fachverbänden der Kinder und Jugendhilfe und Behindertenhilfe sowie von Betroffenenverbänden Fachvertreter auf Leitungsebene von Jugendämtern (Hilfegewährende) sowie von freien, privaten oder öffentlichen Trägern (Leistungserbringer) Je nach Zugangsmöglichkeit auch Befragung von Vertretern höherer Entscheidungsebenen Leitfadengestützte Interviews für Betroffenenperspektive Mit Erziehungsberechtigten (Leistungsberechtigte) stellvertretend für ihre Kinder und Jugendlichen mit Behinderung (Leistungsempfänger) zur Konturierung eines Familienporträts in Bezug auf Erfahrungen mit den Hilfesystemen
10 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
11 Quellenangaben I AFET/IGfH (2011): Große Lösung und Inklusion eine Positionierung der Erziehungshilfefachverbände AFET und IGfH. [online] URL: ev.de/veroeffentlichungen/stellungnahmen/ _afet IGFH_Positionspapier_Groe_Lsung_ pdf, [Stand ]. AGJ (2011): Gesamtzuständigkeit der Kinder und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe AGJ [online] URL: [Stand ]. AGJ (2012): Auf dem Weg zu einer inklusiven Kinder und Jugendhilfe. Ein Zwischenruf der Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe AGJ. [online] URL: [Stand ]. Albus, St. et. al. (2010): Wirkungsorientierte Jugendhilfe. Abschlussbericht der Evaluation des Bundesmodellprogramms Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs, Entgelt und Qualitätsvereinbarungen nach 78a SGB VIII. Band 10, Münster: Waxmann. BMFSFJ (2009): 13. Kinder und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder und Jugendhilfe in Deutschland. Berlin. [online] URL: [Stand ].
12 Quellenangaben II BMFSFJ (2013): 14. Kinder und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder und Jugendhilfe in Deutschland. [online] URL: [Stand ]. Dannenbeck, C.; Dorrance, C. (2009): Inklusion als Perspektive (sozial)pädagogischen Handelns eine Kritik der Entpolitisierung des Inklusionsgedankens. In: Zeitschrift für Inklusion, Ausgabe 02/2009, [online] URL: dannenbeck inklusion.html, [Stand ]. Hinz, A. (2009): Inklusive Pädagogik in der Schule veränderter Orientierungsrahmen für die schulische Sonderpädagogik!? Oder doch deren Ende??. In: Zeitschrift für Heilpädagogik. (5), S Kronauer, M. (2010): Exklusion. Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus. 2. Aufl. Frankfurt a.m.: Campus Verlag. Lindmeier, Ch. (2011): Bildungsgerechtigkeit im schulbezogenen sonder, integrations und inklusionspädagogischen Diskurs. In: Dederich, M.; Schnell, M. W. (Hrsg.): Anerkennung und Gerechtigkeit in Heilpädagogik, Pflegewissenschaft und Medizin. Auf dem Weg zu einer nichtexklusiven Ethik. Bielefeld: transcript S Luhmann, N. (2008): Inklusion und Exklusion. In: Soziologische Aufklärung Band 6. Die Soziologie und der Mensch. 3. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag S
13 Quellenangaben III Meuser, M.; Nagel, U. (2010): Experteninterviews wissenssoziologische Voraussetzungen und methodische Durchführung. In: Friebertshäuser, B.; Langer, A.; Prengel, A. (Hrsg.): Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. 3. Aufl. Weinheim/München: Juventa S Nussbaum, M. (2006): Frontiers of Justice: Disability, Nationality, Species Membership. Cambridge: The Belknap Press of Harvard University. Otto, H. U.; Ziegler, H. (2010): Capabilities Handlungsbefähigung und Verwirklichungschancen in der Erziehungswissenschaft. 2. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag. Otto, H. U.; Scherr, A.; Ziegler, H. (2010): Wieviel und welche Normativität benötigt die Soziale Arbeit? In: neue praxis. 2/2010, S Wansing, G. (2012): Der Inklusionsbegriff in der Behindertenrechtskonvention. In: Welke, A. (Hrsg.): UN Behindertenrechtskonvention mit rechtlichen Erläuterungen. Berlin: Eigenverlag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.v., S
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