Roaming Wie passend sind die derzeit bestehenden Angebote für unsere Grenzregion?

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1 Roaming Wie passend sind die derzeit bestehenden Angebote für unsere Grenzregion? Im Mobilfunksektor ist Europa noch nicht zusammengewachsen. Die europäischen Roaming- Vorschriften sind für viele Menschen, die in der Grenzregion leben, nur begrenzt hilfreich. Mehrere europäische Gesetzestexte sollen übermäßige Kosten für die Benutzung von Mobiltelefonen im Ausland verhindern. Seit dem Sommer 2007 wurden diese sogenannten Roaminggebühren Jahr für Jahr gesenkt. Die derzeit gültige Regelung 1 hat folgende Preisobergrenzen festgelegt (gültig seit dem 1. Juli 2010): 39 Cent (ohne MwSt.) pro Minute für abgehende Telefonate aus dem Ausland, 15 Cent (ohne MwSt.) pro Minute für eingehende Anrufe im Ausland und 11 Cent (ohne MwSt.) für den Versand von SMS aus dem Ausland. Vier der größten europäischen Mobilfunkanbieter haben übrigens die Gültigkeit der Roaming- Verordnung in Frage gestellt, das ihnen Preisgrenzen vorschreibt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) jedoch die Gültigkeit der Verordnung bestätigt 2, im Interesse des gemeinsamen Binnenmarktes. Dennoch muss bis zum heutigen Tag festgestellt werden, dass zahlreiche Bewohner von Grenzregionen und solche, die sich regelmäßig im Ausland aufhalten, immer noch viel zu viel für ihre internationalen Gespräche zahlen. Im Alltag, sobald die Grenze überquert ist, wird der Verbraucher von seinem Anbieter über die Tarife informiert, die für ihn bei Gesprächen, SMS und MMS in der Europäischen Union gelten. Einige Anbieter informieren ebenfalls per SMS über spezielle Angebote / Tarife für Auslandsgespräche. Und genau hier liegt das Problem. Auch wenn die Gesprächsgebühren dank der EU-Regelungen gesenkt wurden und pro Sekunde abgerechnet werden, scheinen die verschiedenen Flatrates, Forfaits und Tarifoptionen, die von den französischen und deutschen Telefongesellschaften angeboten werden, nicht auf die speziellen Bedürfnisse der in der Grenzregion lebenden Verbraucher zugeschnitten. Welche grenzüberschreitenden Tarife derzeit von den französischen und deutschen Telefonanbietern existieren, hat Euro-Info-Verbraucher e.v. im September 2010 untersucht. Bestehen konkrete 1 Verordung (EG) Nr. 544/2009 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 18. Juni 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 717/2007 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste 2 Urteil in der Rechtssache C-58/08 (Vodafone u. a. / Secretary of State for Business, Enterprise and Regulatory Reform)

2 Alternativen für die Bewohner einer Modellregion wie dem Eurodistrikt Straßburg-Ortenau? Können die Grenzbewohner ihre monatliche Handyrechnung durch spezielle Tarife, Prepaid-Karten oder andere internationale Angebote senken? 1. Forfaits (Pauschaltarife) eine französische Besonderheit Mit den verschiedenen Pauschaltarifen (Forfaits) der französischen Telefongesellschaften kann man Anrufe in andere europäische Länder tätigen und teilweise unbegrenzt auf französischen und europäischen Handys anrufen. Ein französischer Anbieter offeriert, um ein Beispiel zu nennen, ein Forfait für 120 /pro Monat (24 Monate Mindestvertragslaufzeit). Mit diesem Tarif können unbegrenzt Anrufe auf Festnetztelefone und Handys aller Anbieter in Frankreich und auch internationale Anrufe (Europa, USA, Kanada) getätigt sowie SMS versendet werden. Aufgrund der hohen Grundkosten, kommt diese Art von Pauschaltarif für die Mehrheit der Bewohner der Grenzregion nicht in Betracht. Er richtet sich vielmehr an Personen, die häufig reisen und telefonieren. Eine weitere französische Telefongesellschaft bietet ein Forfait an, mit dem der Kunde überall in Europa zum Inlandstarif telefonieren kann. Von Deutschland abgehende und in Deutschland ankommende Gespräche kosten demzufolge genauso viel wie Anrufe innerhalb Frankreichs. Günstigste Tarifoption: zwei Stunden Gesprächszeit für 54,90 /Monat. Das Angebot gilt auch für Privatkunden. Wenn man die zwei Stunden überschreitet, kostet jede zusätzliche Minute 0,38. - Die Pauschaltarife sind teilweise recht kostspielig. - Darüber hinaus fügen die Anbieter oft Klauseln ein, die manche Nummern vom Pauschaltarif ausschließen, insbesondere Sonderrufnummern und Servicerufnummern. 2. Spezielle internationale/europaweite Optionen Bestimmte Anbieter bieten darüber hinaus eine sog. Internationale oder Europa-Option an, welche die Kosten nach oben begrenzt. Umfasst werden sowohl ankommende als auch abgehende Anrufe für verschiedene geographische Regionen. Ein französischer Anbieter hält für seine Kunden die Tarifoption Europa bereit: Diese (Gratis-)Option ermöglicht es, Anrufe aus Deutschland entgegen zu nehmen sowie in Deutschland anzurufen, und zwar zum selben Tarif wie innerhalb Frankreichs. ABER: Für jeden Anruf aus Deutschland nach Frankreich oder für jeden in Deutschland angenommenen Anruf wird pauschal 1 berechnet, 2

3 zusätzlich zum jeweiligen Tarif. Anders ausgedrückt, nimmt man während eines Tages fünf Anrufe an oder tätigt man fünf Anrufe, fallen, auch wenn die Anrufe nur kurz sind, von vorneherein 5 an. Neben dem pro Gespräch fälligen Betrag in Höhe von 1 werden abgehende Gespräche zum Inlandstarif abgerechnet. Angenommene Anrufe werden nicht zusätzlich berechnet, sofern die Gesprächsdauer unter 20 Minuten liegt. Eine weitere französische Telefongesellschaft bietet seinen Kunden eine Option, mit der man für 10 pro Monat eine Stunde von Frankreich aus in folgende Länder telefonieren kann: Europa, französische Überseegebiete und USA. Ist die eine Freistunde ausgeschöpft, werden die Anrufe je nach Land und internationalem Tarif berechnet. Diese Option ist leider nicht auf Grenzgänger angepasst, weil sie nur Anrufe nach Deutschland ermöglicht. Weder können Anrufe in Deutschland zu günstigen Tarifen angenommen werden noch kann man günstig von Deutschland nach Frankreich telefonieren. Eine deutsche Telefongesellschaft bietet in Deutschland eine ähnliche Option an: Sie ist für alle Tarife automatisch und kostenlos eingerichtet und ermöglicht es den Kunden, aus europäischen und in europäische Länder anzurufen. Der günstigste Vertrag kostet 29,95 /Monat. Im Unterschied zum französischen System der sogenannten forfaits, bei denen eine bestimmte Anzahl an Gesprächsstunden im Tarif inbegriffen ist, wird hier nach Gesprächsminuten abgerechnet. Inlandsgespräche kosten 0,29 /Minute. Die fragliche Option sieht vor, dass für jeden Anruf, der ins Ausland getätigt wird, und für jeden Anruf aus dem Ausland, der angenommen wird, ein einmaliger Betrag in Höhe von 0,75 anfällt. Anschließend wird bei Anrufen nach Deutschland für jede Gesprächsminute 0,29 berechnet, angenommene Anrufe aus Deutschland sind gratis während der ersten Gesprächsstunde. - Diese Angebote gelten teilweise nur für Anrufe von Frankreich ins Ausland, nicht umgekehrt. - Den Verbrauchern werden zusätzlich zur Flatrate für fast alle getätigten oder angenommenen Anrufe weitere Beträge berechnet. Eine solche Option macht nur bei einer begrenzten Anzahl von Anrufen Sinn. - Die Tarife verleiten dazu länger zu telefonieren, um die Vorteile des Angebots voll auszuschöpfen. Nicht aufgebrauchte Minuten werden hingegen nicht automatisch in den nächsten Monat übertragen. 3. Die Prepaid-Karten Durch Prepaid-Karten vermeiden Verbraucher, sich langfristig an die Telefongesellschaft zu binden. Nutzer von Prepaid-Karten laden einfach je nach Bedarf ihr Guthaben auf. 3

4 - Durch Prepaid-Karten kann man Roaminggebühren nicht umgehen, denn die internationalen Gespräche sind teurer als die Inlandsgespräche. - Die Gültigkeitsdauer der Karte und des Guthabens ist begrenzt. - Die von den Telefongesellschaften angeboten Tarife sind gewöhnlich recht undurchsichtig, es ist schwierig die Preise zwischen Deutschland und Frankreich zu vergleichen, es kann sogar schwierig sein die Preise der Anbieter in einem Land zu vergleichen. - Prepaid-Karten sind in erster Linie eine Zwischenlösung für Verbraucher, die nicht viel telefonieren. - Grenzgänger brauchen grundsätzlich zwei Prepaid-Karten (eine deutsche und eine französische), teilweise sogar einen Mobilfunkvertrag und eine Prepaid-Karte, damit sich das Vorhaben finanziell lohnt. Es ist langwierig und kompliziert, vorab die SIM-Karte seines Telefonanbieters entsperren zu lassen, um seine Prepaid-Karte nutzen können. - Man kann die Prepaid-Karte nur nach einer bestimmten Nutzungsdauer (6 Monate) entsperren lassen. - Falls sich noch Guthaben auf der Karte befindet, wird einem dieses von den meisten Telefongesellschaften nicht erstattet bzw. nicht auf eine andere Prepaid-Karte übertragen. 4. Beispiele anderer Grenzregionen: Beneluxstaaten und die Schweiz In bestimmten Grenzregionen ist die Lage sogar noch viel komplizierter. In der Nähe der Schweiz können die Verbraucher, je nachdem wo sie sich befinden, an einen deutschen Anbieter oder an einen Schweizer Anbieter geraten. Da die Schweiz nicht von den EU-Vorschriften über Preisobergrenzen betroffen ist, erhält man unter Umständen eine gesalzene Rechnung. In anderen Grenzregionen wie der Beneluxregion gibt es interessante Angebote. Eine Telefongesellschaft bietet ihren Kunden eine sog. Mehr-Länder -Option, die darin besteht, einer SIM-Karte mehrere Telefonnummern zuzuweisen (z.b. ein französische und eine belgische Nummer). Durch eine Rufumleitung kann der Nutzer zu günstigeren Preisen anrufen oder angerufen werden. - Man muss in jedem Land einen Vertrag abschließen. Aber die Tarife sind dennoch finanziell interessant. Zum Beispiel: Der Vertrag kostet in Frankreich 5,98 (anschließend 0,22 pro Minute für Inlandsgespräche und 0,45 pro Minute für Auslandsgespräche) und 6,05 in Belgien (anschließend 0,39 /Minute für Inlands- und 0,35 /Minute für Auslandsgespräche). Fazit: Keines der Angebote entspricht uneingeschränkt den speziellen Bedürfnissen von Bewohner der deutsch-französischen Grenzregion. Bis heute existiert kein grenzüberschreitender Tarif, der es ermöglicht, zu einem moderaten Preis auf beiden Seiten des Rheins zu telefonieren. Um diese Lücke zu schließen, hat sich Euro-Info- 4

5 Verbraucher e.v. dazu entschlossen, sich für die Schaffung eines grenzüberschreitenden Mobilfunktarifs in der Modellregion des Eurodistrikts Straßburg-Ortenau einzusetzen, der im Erfolgsfall dann eventuell auch auf andere Grenzgebiete ausgeweitet werden kann. Diese Idee entspricht im Übrigen einem der Verbesserungsvorschläge, die in dem Abschlussbericht der parlamentarischen Mission zur grenzüberschreitenden Politik vom 16. Juni 2010 zu finden sind, die Frau Fabienne Keller, Senatorin des Bas-Rhin, anvertraut worden war. Im Jahr 2010 sind erste Gespräche mit deutschen und französischen Mobilfunkanbietern, politischen Entscheidungsträgern und Regulierungsbehörden für Telekommunikation in Deutschland und Frankreich geführt worden. Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.v. Rechtsabteilung