Beschlussfähigkeit der Versammlung
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- Chantal Frei
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1 Beschlussfähigkeit der Versammlung Dr. Georg Jennißen Rechtsanwalt Lehrbeauftragter Uni Münster ESWiD
2 25 Abs. 3 WEG Die Versammlung ist nur beschlussfähig, hig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte H der Miteigentumsanteile vertreten. 2
3 Stimmrechtsausschluss nach 25 Abs. 5 WEG Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn es um ein Rechtsgeschäft mit dem Eigentümer geht wenn es um einen Rechtsstreit mit dem Eigentümer geht wenn die Wohnungsentziehung rechtskräftig ausgeurteilt wurde. 3
4 Feststellung der Beschlussfähigkeit nach der gesetzlichen Regelung Zu Beginn der Versammlung Vor jeder Beschlussfassung, sofern Anhaltspunkte bestehen, dass sich die Stimmverhältnisse zwischenzeitlich maßgeblich verändert haben oder zu dem konkreten Tagesordnungspunkt nicht alle Wohnungseigentümer stimmberechtigt sind. 4
5 Feststellung der Beschlussfähigkeit Wertung der Stimmberechtigung Wertung von Vollmachten Verquickung von Stimmrecht und Beschlussfähigkeit higkeit 5
6 Maßgeblichkeit des Stimmrechtsausschlusses I Beispiel: Der aufteilende Eigentümer A besitzt 50% der MEA. Weiterhin sind 25% der übrigen MEA in der Versammlung anwesend oder vertreten. Es soll über eine Klage gegen A wegen rückständiger Wohngelder abgestimmt werden. Ist die Versammlung beschlussfähig? 6
7 Maßgeblichkeit des Stimmrechtsausschlusses I Literatur u.a. Häublein NZM 2004, 534: Teleologische Reduktion Beschlussfähigkeit gegeben, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Miteigentumsanteile verkörpern; 25% von 50% sind stimmberechtigt, was dennoch nicht ausreicht, weil 25 III WEG mehr als 50% fordert. 7
8 Rechtsprechung: OLG Düsseldorf NZM 1999, 269; KG ZMR 2004, 144 Die Versammlung sei in dieser Konstellation beschlussfähig, da die Wiederholungsversammlung eine vermeidbare Förmelei darstelle. 8
9 Maßgeblichkeit des Stimmrechtsausschlusses II Beispiel: Wohnungseigentümer A hat 40% der MEA und soll zum Verwalter gewählt werden. Mit gleichem Beschluss stimmen die Wohnungseigentümer über den Bestellungszeitraum von drei Jahren und ein Verwalterhonorar von 20,- pro Wohnung ab. Insgesamt sind 70% der MEA anwesend. Nach BGH NZM 2002, 995 besitzt A Stimmrecht. Der Beschlussschwerpunkt läge bei der Bestellung. Werden die Beschlüsse getrennt, kann A sich mitwählen, aber beim Beschluss über das Verwalterhonorar nicht abstimmen. In diesem TOP ist die Versammlung dann nicht mehr beschlussfähig. 9
10 Ruhendes Stimmrecht Beispiel: Die Wohnanlage ist in MEA geteilt. Die Eigentümergemeinschaft hat zwei Wohnungen mit insgesamt MEA erworben. In der Eigentümerversammlung sind Wohnungseigentümer mit MEA anwesend. Ist die Versammlung beschlussfähig? Lösung: nach h.m. nein; nach Mindermeinung Beschlussfähigkeit mit MEA gegeben. 10
11 Beschlussfähigkeit in der Mehrhausanlage Beispiel: Die GO regelt, dass über Instandsetzungsmaßnahmen nur die Wohnungseigentümer des betreffenden Hauses abstimmen. Der einzige TOP lautet: Beschluss über Neueindeckung des Daches von Haus C (konkrete Auftragserteilung). Wer ist zur Versammlung einzuladen? Wie ist die Beschlussfähigkeit festzustellen? 11
12 Beschlussfähigkeit in der Mehrhausanlage Lösung streitig: 1. Schultzky (in Jennißen, 25 Rz. 138): alle sind einzuladen, aber Beschlussfähigkeit richtet sich nach den anwesenden MEA des Hauses C. 2. BayObLG ZMR 2004, 598: Nur die WE von Haus C sind zu laden und stimmberechtigt. 3. Kümmel (N/K/V WEG, 25 Rn. 27): GO ist unwirksam und alle sind einzuladen und stimmberechtigt. 12
13 Qualifizierte Mehrheit o Die EV hat lediglich zwei Tagesordnungspunkte: 1. Antrag des A, ihm den Einbau eines offenen Kamins nebst außen anzubringendes Kaminrohr zu genehmigen 2. Beschluss über die Wärmedämmung der Fassade Es sind nur 60% aller Wohnungseigentümer (Köpfe) mit mehr als 50% der Miteigentumsanteilen anwesend. Ist die Versammlung beschlussfähig? o Lösung: Ja, da eine Wiederholungsversammlung die notwendigen Mehrheiten nicht fallen lässt und 25 Abs. 1 WEG nur auf Mehrheitsbeschlüsse verweist. 13
14 Verlust der Beschlussfähigkeit Fall: Der Versammlungsleiter V eröffnet die beschlussfähige Versammlung (80% der MEA anwesend). E besitzt 35% der MEA. Er möchte einen anderen Verwalter wählen. Als der Tagesordnungspunkt Verwalterwahl aufgerufen wird, erkennt er, dass zum Erreichen dieses Ziels sein Stimmpaket nicht reichen wird und wohl alle anderen für V stimmen werden. Er verlässt daraufhin noch vor der Abstimmung den Saal. V beendet die Versammlung wegen mangelnder Beschlussfähigkeit. Kann die Eigentümergemeinschaft die Kosten der Wiederholungsversammlung von E fordern? 14
15 Verlust der Beschlussfähigkeit Lösungsvorschlag: M.E. nein. Es besteht keine Verpflichtung an einer Eigentümerversammlung teilzunehmen. Ebenso wenig besteht eine Verpflichtung, dieser bis zum Ende beiwohnen zu müssen. Nach Kümmel (N/K/V, WEG, 25 Rn. 20) hätte die Versammlung wegen Rechtsmissbräuchlichkeit des Abbruchs weiter durchgeführt werden können. 15
16 Verfahrensfragen Sofern die fehlende Beschlussfähigkeit nicht evident ist, muss diese in der Versammlung nicht gerügt werden, um das Rechtsschutzinteresse einer Anfechtung zu erhalten. Stimmt der Eigentümer ausdrücklich zu, dass die nicht beschlussfähige Versammlung durchgeführt wird, wäre eine spätere Anfechtung aus diesem Grunde rechtsmissbräuchlich. 16
17 Beweislast Beweislast liegt grds. beim Kläger. Hat der Versammlungsleiter die Beschlussfähigkeit lediglich behauptet, ohne sie näher darzulegen und trägt er beispielsweise die von ihm vertretenen Stimmen nicht in die Anwesenheitsliste ein, genügt die Darlegung, dass die Beschlussfähigkeit nicht ordnungsgemäß festgestellt wurde, vgl. BGH NJW 2002, 3629,
18 Wiederholungsversammlung 25 Abs. 4 WEG Ist eine Versammlung nicht gem. Abs. 3 beschlussfähig, so beruft der Verwalter eine neue Versammlung mit dem gleichen Gegenstand ein. Diese Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig; hierauf ist bei der Einberufung hinzuweisen. 18
19 Gleicher Gegenstand Beispiel: Die Versammlung, in der über eine Dachreparatur nebst Sonderumlage beschlossen werden sollte, war nicht beschlussfähig. V will zur Wiederholungsversammlung einladen. Inzwischen hat er die Jahresabrechnung 2014 fertig gestellt und will auch darüber abstimmen lassen. Wie ist vorzugehen? 19
20 Gleicher Gegenstand Lösung: V muss die Tagesordnung zweiteilen. Wiederholungsversammlung (die auf jeden Fall beschlussfähig ist): TOP 1 Beschluss über die Durchführung einer Dachreparatur TOP 2 Beschluss über Erhebung einer Sonderumlage für Dachreparatur Ende der Wiederholungsversammlung Sodann findet eine Erstversammlung statt: TOP 1 Beschluss über Jahresabrechnung
21 Wiederholungsversammlung am gleichen Tag? Nach 25 Abs. 4 ist erst nach der Feststellung der Beschlussunfähigkeit zu einer neuen Versammlung einzuladen. Somit vom Wortlaut nicht gedeckt. 21
22 Die Abdingbarkeit der Beschlussfähigkeitsregeln durch Gemeinschaftsordnung Für den Fall, dass die Versammlung nicht beschlussfähig ist, kann der Verwalter bereits vorsorglich eine zweite Versammlung mit gleichem Gegenstand einberufen. Diese ist in jedem Falle beschlussfähig. Hierauf ist in der Einladung besonders hinzuweisen. Die Wiederholungsversammlung kann vom Verwalter mit der Einladung zur Versammlung zum selben Tag und am selben Ort zeitverschoben um 30 Minuten später einberufen werden. Die ordnungsgemäß einberufene Eigentümerversammlung ist ohne Rücksicht R auf die Zahl der teilnehmenden bzw. vertretenen WE beschlussfähig. hig. (OLG München M NZM 2006, 183) 22
23 Abdingbarkeit der Beschlussfähigkeitsregeln durch Gemeinschaftsordnung Beispiele: Die Versammlung ist beschlussfähig, hig, wenn mehr als die Hälfte H der Wohnungseigentümer vertreten ist. Für F r jedes Wohnungseigentum besteht eine Stimme. (Siehe auch OLG Frankfurt/M. ZWE 2007, 84; KG ZMR 1994, 171) Die Versammlung ist beschlussfähig, hig, wenn bei deren Beginn mindestens 50 v.h. der vorhandenen Stimmen anwesend oder vertreten sind. Verringert sich während w der Versammlung die Stimmenzahl, so ist dies für f r die Beschlussfähigkeit higkeit unbeachtlich. 23
24 Die verschiedenen gesetzlichen Mehrheiten Beispiel: Folgen: Die GO sieht ein Stimmrecht nach dem Objektprinzip vor. Es soll in der EV über eine Modernisierungsmaßnahme und über die Jahresabrechnung abgestimmt werden. Beschlussfähigkeitsfeststellung nach MEA Stimmrecht für JA nach Objektprinzip Modernisierung nach 22 II WEG mit doppelt qualifizierter Mehrheit nach MEA und Köpfen. Ergebnis: Das überfordert alle WE, manchen Verwalter, aber ganz sicher mich. 24
25 Danke für Ihre Aufmerksamkeit 25
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