Geschäftsordnungsbeschlüsse

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1 Der Geschäftsordnungsbeschluss Geschäftsordnungsbeschlüsse

2 Der Geschäftsordnungsbeschluss 2 Fall 1: Spontane Ergänzung der Tagesordnung Nachdem in der Wohnungseigentümerversammlung die angekündigten 4 Tagesordnungspunkte (TOPs) abgearbeitet wurden, stellen einige Miteigentümer den Antrag, die Tagesordnung um einen neuen TOP 5 zu ergänzen. Sie wollen über das Thema: Herstellung des Treppenhauses gemäß Teilungserklärung und Aufteilungsplan einen Beschluss fassen. Was tut der Verwalter?

3 Der Geschäftsordnungsbeschluss 3 Der gesetzliche Anknüpfungspunkt für GO-Beschlüsse: 24 Abs. 5 WEG Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter. Anstatt den Vorsitzenden abzusetzen/zu ersetzen, kann die Gemeinschaft auch gleich den Ablauf der Versammlung bestimmen und alle Angelegenheiten entscheiden, über die sonst der Versammlungsvorsitzende entscheiden würde.

4 Der Geschäftsordnungsbeschluss 4 Das Ergebnis der Willensbildung der Gemeinschaft zur Regelung eines Sachverhalts durch eine Abstimmung ist ein Beschluss. Einen Beschluss, der die Regelung des Ablaufs der Versammlung, insbes. zum Ob und Wie der Beschlussfassung, zum Gegenstand hat, nennt man Geschäftsordnungsbeschluss (kurz: GO-Beschluss)

5 Der Geschäftsordnungsbeschluss 5 Umgang mit GO-Anträgen Wie mit Beschlussanträgen sonst auch: Erkennen, erläutern (Hinweise geben), formulieren, abstimmen, Ergebnis verkünden.

6 Der Geschäftsordnungsbeschluss 6 Antrag zur Geschäftsordnung: Als neuer TOP 5 soll über das Thema Herstellung des Treppenhauses gemäß Teilungserklärung und Aufteilungsplan gesprochen und Beschluss gefasst werden. Der Verwalter lässt abstimmen (unter namentlicher Erfassung der Stimmabgaben, dazu später) und verkündet das Ergebnis: Damit ist der Antrag angenommen. Wir behandeln jetzt also den neuen TOP 5.

7 Der Geschäftsordnungsbeschluss 7 Klage gegen GO-Beschluss? Miteigentümer A war gegen den GO-Beschluss und reicht Anfechtungsklage beim örtlichen Amtsgericht ein. Er beantragt, den in der WEV am gefassten Beschluss, einen neuen TOP 5 auf die Tagesordnung zu nehmen, für ungültig zu erklären. Begründung: Der Beschluss sei nicht angekündigt gewesen sei und habe auch nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen. - Wird die Klage Erfolg haben? Wird sich das Amtsgericht mit der Frage befassen, ob der GO- Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach?

8 Der Geschäftsordnungsbeschluss 8 H.M.: Ein GO-Beschluss kann nicht angefochten werden; eine Klage ist unzulässig. Begründungen: Der GO-Beschluss hat keine fortdauernde Regelung zum Gegenstand. Er verliert seine unmittelbare Wirkung mit seinem Vollzug bzw. mit dem Ende der Versammlung. Es handelt sich seiner Natur nach nicht um einen Beschluss, der Gegenstand der Anfechtungsklage sein kann. Hügel/Elzer: Es liegt gar kein Beschluss vor, sondern eine Geschäftsordnungsmaßnahme.

9 Der Geschäftsordnungsbeschluss 9 Die Begründung der h.m. überzeugt nicht: Umetikettierung ist keine Begründung. Der Vollzug von Beschlüssen lässt die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage nicht entfallen. Die Ordnungsmäßigkeit von Beschlüssen kann generell mit der Beschlussanfechtungsklage überprüft werden ( 43 Nr. 4 WEG); so z.b. auch beim Negativbeschluss. Konsequent deshalb LG Dortmund ZWE 2015, 371 im Fall, in dem ein TOP von der Tagesordnung abgesetzt wurde: Der Absetzungsbeschluss wurde für ungültig erklärt.

10 Der Geschäftsordnungsbeschluss 10 Eigene Meinung: Die Klage gegen den GO-Beschluss ist unzulässig, weil es am Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

11 Der Geschäftsordnungsbeschluss 11 Klage gegen den Folgebeschluss: A ficht im Fall 1 (spontane Ergänzung der Tagesordnung) den zu TOP 5 gefassten Beschluss an. Begründung: Die Beschlussfassung sei formell fehlerhaft, weil sie entgegen 23 Abs. 2 WEG nicht rechtzeitig in der Tagesordnung angekündigt wurde. - Die Klage wird Erfolg haben. Und dazu ist es nicht nötig, ergänzend den GO-Beschluss anzufechten. Dieser lässt die materielle Rechtslage unberührt und beeinflusst nur mittelbar die Rechtmäßigkeit nachfolgender Beschlüsse.

12 Der Geschäftsordnungsbeschluss 12 Urteil 1.Der zu TOP 5 der Wohnungseigentümerversammlung vom gefasste Beschluss (Herstellung des Treppenhauses gemäß Teilungserklärung) wird für ungültig erklärt 2.Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

13 Der Geschäftsordnungsbeschluss 13 Haftung für Stimmverhalten: Der rechtswidrige GO-Beschluss BGH v V ZR 9/14: Wenn Miteigentümer nicht für eine erforderliche Sanierung stimmen (oder sich enthalten), machen sie sich schadensersatzpflichtig.

14 Der Geschäftsordnungsbeschluss 14 Haftung für Stimmverhalten: Der rechtswidrige GO-Beschluss Es gibt je nach Fall - generell eine Haftung für fehlerhaftes Stimmverhalten. Wer für einen rechtswidrigen GO-Beschluss stimmt, kann sich schadensersatzpflichtig machen. Namentliche Abstimmung zur Sicherung der Regressansprüche ist zu empfehlen. Wenn der Verwalter nicht auf die Rechtswidrigkeit des GO-Beschlusses und deren Folgen hingewiesen hat, kann auch er in die Haftung genommen werden.

15 Der Geschäftsordnungsbeschluss 15 Sonstiges: Muss der GO-Beschluss in der Tagesordnung angekündigt werden? Nein. Muss der GO-Beschluss in die Beschluss-Sammlung ( 24 Abs. 7 WEG) aufgenommen werden? Nein (str.). Muss er in das Protokoll (Niederschrift der Beschlüsse gem. 24 Abs. 6 WEG) aufgenommen werden? Nein (str.).

16 Der Geschäftsordnungsbeschluss 16 Fall 2: Nichtöffentlichkeit der Versammlung An der Versammlung einer größeren WEG nehmen 4 Nicht- Wohnungseigentümer teil: 1.Die Ehegatten der Eigentümer A und B (zusammen mit A und B, die selber auch da sind). 2.Ein Rechtsanwalt und 3.ein Ingenieur, die beide zum Zweck der Berichterstattung und Beantwortung von Fragen in Sachen einer Gebäudesanierung vom Verwalter hinzugezogen wurden. Miteigentümer K erklärt, dass er mit der Teilnahme dieser Personen nicht einverstanden ist. Per Geschäftsordnungsbeschluss wird die Teilnahme gestattet. K ficht alle Beschlüsse an. (Fall nach LG München I v S 2567/14, ZMR 2015, 490)

17 Der Geschäftsordnungsbeschluss 17 Fall 2: Nichtöffentlichkeit der Versammlung H.M.: Die WEG-Versammlung ist nicht-öffentlich. Grundsätzlich dürfen nur Eigentümer (und deren Vertreter) daran teilnehmen. Dadurch sollen die Miteigentümer in die Lage versetzt werden, Angelegenheiten der Gemeinschaft in Ruhe und ohne Einflussnahme Außenstehender zu erörtern.

18 Der Geschäftsordnungsbeschluss 18 Fall 2: Nichtöffentlichkeit der Versammlung Achtung: Der Verwalter darf den Wohnungseigentümern nicht weismachen, durch den GO-Beschluss, wonach ein Externer im Raum verbleiben darf, könne der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit ausgehebelt werden. Der GO- Beschluss entscheidet nur über die Tatsache, ob jemand im Raum bleibt oder nicht. Ob die Teilnahme oder der Ausschluss rechtmäßig ist, ist eine andere Frage. Insofern zutreffend LG München I: Die bloße Existenz des Geschäftsordnungsbeschlusses kann die Anwesenheit nicht rechtfertigen. Das ist natürlich nur dann der Fall, wenn der Geschäftsordnungsbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

19 Der Geschäftsordnungsbeschluss 19 Nichtöffentlichkeit der Versammlung Folgen eines Verstoßes nach h.m.: Kausalitätsvermutung: Es gilt der Erfahrungssatz, dass ein formeller Beschlussmangel sich ausgewirkt hat, dass ein Beschluss also auf einem formellen Mangel beruht. An den Nachweis, dass sich ein formeller Beschlussmangel nicht ausgewirkt hat (= Erschütterung der Kausalitätsvermutung) sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Beweislast liegt bei den Beklagten (= übrige Eigentümer).

20 Der Geschäftsordnungsbeschluss 20 Ablauf und Ordnung: Anwendungsfälle für GO-Beschlüsse Redezeitbegrenzung.

21 Der Geschäftsordnungsbeschluss 21 Ablauf und Ordnung: Anwendungsfälle für GO-Beschlüsse Ausschluss störender Teilnehmer

22 Der Geschäftsordnungsbeschluss 22 Ablauf und Ordnung: Anwendungsfälle für GO-Beschlüsse Zulassung oder Verbot von Essen, Trinken, Rauchen

23 Der Geschäftsordnungsbeschluss 23 Fall 3: Absetzung eines angekündigten TOP Auf der Tagesordnung steht auf Betreiben des K als TOP 5: Herstellung des Treppenhauses gem. Teilungserklärung. Die Eigentümer haben mehrheitlich nichts gegen den teilungserklärungswidrigen Zustand des Treppenhauses. Sie wollen K ausbremsen und fassen in der WEG- Versammlung folgenden GO-Beschluss: TOP 5 soll heute nicht behandelt werden. Dementsprechend geht der Verwalter ohne Diskussion und Beschlussfassung über TOP 5 hinweg. Was kann K tun?

24 Der Geschäftsordnungsbeschluss 24 Lösung Fall 3: Absetzung eines angekündigten TOP Die Anfechtung des GO-Beschlusses ist überflüssig und m.e. deshalb unzulässig (anders LG Dortmund v S 83/14, ZWE 2015, 371). K kann mit der sog. Regelungsklage gem. 21 Abs. 4 oder Abs. 8 WEG die gerichtliche Beschlussersetzung beantragen: Treffen die Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht, so kann an ihrer Stelle das Gericht in einem Rechtsstreit gemäß 43 nach billigem Ermessen entscheiden. Im Prinzip hat jeder Eigentümer einen (unverjährbaren) Anspruch auf Herstellung des Gemeinschaftseigentums gem. Teilungserklärung und Baubeschreibung (BGH v V ZR 118/135).

25 Der Geschäftsordnungsbeschluss 25 Fall 4: GO-Beschluss und Zitterbeschluss Miteigentümer A will auf der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche ein Gartenhäuschen aufstellen. Dies stellt keine Modernisierungsmaßnahme i.s.v. 22 Abs. 2 WEG dar und bedürfte deshalb der Zustimmung aller Miteigentümer. A beantragt in der Eigentümerversammlung einen zustimmenden Beschluss; vorgesehen ist, die Zustimmung mit einigen Auflagen zu verbinden, die u.a. den Ort, die Größe und die Ausführung des Gartenhäuschens sowie die künftige Kostentragung betreffen.

26 Der Geschäftsordnungsbeschluss 26 Fall 4: GO-Beschluss und Zitterbeschluss Hinweise, die der Verwalter erteilen sollte: Es gibt die Möglichkeit, dass ein Zitterbeschluss gefasst wird. Damit ist das Risiko der Anfechtung verbunden. Eine erfolgreiche Beschlussanfechtung verursacht Kosten für alle beklagten Eigentümer.

27 Der Geschäftsordnungsbeschluss 27 Fall 4: GO-Beschluss und Zitterbeschluss Muster für Beschluss, der den Verwalter anweist, einen Zitterbeschluss zu verkünden: Wenn der Antrag des Miteigentümers A auf Genehmigung seines Gartenhäuschens bei der Abstimmung darüber mehrheitlich befürwortet wird, soll der Verwalter die Feststellung treffen, dass der Beschluss zustande gekommen ist.

28 Der Geschäftsordnungsbeschluss 28 Fall 4: GO-Beschluss und Zitterbeschluss Kommt es zur (zwangsläufig erfolgreichen) Beschlussanfechtung, können dem Verwalter nach h.m. nicht gem. 49 Abs. 2 WEG die Verfahrenskosten auferlegt werden. Es liegt nicht nur kein grobes, sondern m.e. überhaupt kein Verschulden vor. A.A. z.b. LG Bamberg v , ZWE 2015, 378: Die Verkündung eines positiven Beschlusses trotz Fehlens der erforderlichen Mehrheit kann ohne weiteres die Kostenfolge des 49 Abs. 2 WEG auslösen.

29 Der Geschäftsordnungsbeschluss Antrag zur Geschäftsordnung: