Gottesdienst vom , Uhr EMK Solothurn

Transkript

1 Gottesdienst vom , Uhr EMK Solothurn Thema: 24 Stunden Das Letzte Abendmahl Eingangsspiel Begrüssung Lied 282,1-4 So wie ich bin Einleitung / Gebet (Vorschläge für Lesungen: Joh 15,9-15) Lied 325,1-4 Bei dir, Jesu, will ich bleiben Predigt Mk 14,12-25 Zwischenspiel Abendmahl Einführung Kollekte/Lied 529,1-4 Wir kommen, Herr, zu deinem Mahl Lobpreis 4 Lieder Zeit der Gemeinschaft/bes. Mitteilungen Segenslied: Segen Ausgangsspiel Corinne Corinne Mike&Band Mike&Band

2 24 Stunden. Der Tag, der die Welt veränderte. So lautet der Titel des Buches, das uns in diesem Jahr durch die Passionszeit begleitet. Damit es gleich klar ist: Niemand muss dieses Buch lesen. Man sollte bei meinen Predigten auch ohne die Lektüre des Buches drauskommen (so gut oder so schlecht wie immer). Im Buch selbst finden Sie aber allerhand interessante Fakten und Gedankenanstösse zu den Themen der Gottesdienste; insofern dient das Buch zur Vertiefung und Horizonterweiterung. 24 Stunden. Der Tag, der die Welt veränderte. Der Tag, um des es geht, ist der letzte Tag im Leben Jesu. Im jüdischen Verständnis, das ja auch für Jesus massgebend ist, beginnt der Tag mit dem Sonnenuntergang. Es war ein besonderer Tag damals, um das Jahr 30. Es war ein Freitag. Nur nebenbei: Wir wissen nicht einmal genau, in welchem Jahr dieser Tag, der die Welt veränderte, stattfand. Man weiss den ungefähren Zeitraum, weil man die Regierungszeiten von Personen wie Pilatus oder dem Hohepriester Kaiphas kennt, und man kann ungefähr nachrechnen, in welchen Jahren der Beginn des Passahfestes auf einen Freitag gefallen ist. Und dennoch kann man aus all den Hinweisen nicht mit Sicherheit sagen, in welchem Jahr Jesus starb. Eigentlich erstaunlich für einen so bedeutungsvollen Tag, nicht wahr? Es war jedenfalls um das Jahr 30. Und es war zunächst mal insofern ein besonderer Tag, als die Juden gerade Passah feierten. Passah - das ist das einwöchige Fest, das die Juden jedes Jahr am 15. des Monats Nisan zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten feierten. Nachdem die Nachfahren von Jakob in Ägypten, wohin sie sich in einer Hungersnot geflüchtet hatten, versklavt worden waren und schrecklich litten, schickte ihnen Gott Mose. Unter seiner Führung sollten die Hebräer, die inzwischen zu einem richtigen Volk herangewachsen waren, aus Ägypten ausziehen. Der Pharao weigerte sich lange und hartnäckig. Erst nachdem ihm immer schrecklichere Dinge widerfahren waren, gab er Mose und den Israeliten die Erlaubnis wegzugehen. Die Israeliten mussten unverzüglich aufbrechen, bevor der Pharao es sich wieder anders überlegte. Mose ordnete an, dass sie sich noch einmal stärkten, sie sollten ein Lamm schlachten und dessen Blut an die Türpfosten streichen, damit der Todesengel sie verschonte, sie sollten etwas Brot backen, aber ohne den Teig gären zu lassen; denn dafür reichte die Zeit nicht. Und sie mussten dieses letzte Mahl vor dem Aufbruch in die Freiheit sogar in Reisekleidern einnehmen. Und dann gingen sie los, hastig, noch bei Nacht. Viele Bibelausleger bezeichnen diesen Exodus als die Geburtsstunde des Volkes Israel. Aus den versklavten Nachfahren einer geflüchteten Familie wurde ein Volk, das sich auf den Weg in die Freiheit und Selbständigkeit machte. Darum hat das Passahfest so eine herausragende Bedeutung für die Juden. Zur Zeit Jesu wurden die Passahlämmer allesamt am Jerusalemer Tempel geschlachtet, und man durfte das Passahmahl nur in Jerusalem einnehmen. Deshalb kamen zahllose Pilger nach Jerusalem. Die Bewohner der Stadt wurden angehalten, den Pilgern einen Raum zur Verfügung zu stellen, damit sie das Passahmahl feiern konnten. Und so fanden auch Jesus und seine Jünger einen Raum. Die Jünger bereiten alles vor, und am Abend wie gesagt:

3 nach jüdischer Vorstellung bei Anbruch des Freitags, des 15. Nisan kamen sie zusammen. Und sie feierten an diesem sogenannten Sederabend das Passahmahl. Dieses Mahl besteht zum einen aus symbolischen Speisen, die daran erinnern, was die Israeliten damals erlebt hatten. Da gibt es bittere Speisen, z.b. Rettich, die daran erinnern, wie bitter die Zeit als Sklaven war. Da gibt es Salzwasser, das an die Tränen erinnert, die die Israeliten vergossen hatten. Da gibt es ein Mus aus Apfel, Mandeln, Zimt, das den Mörtel symbolisiert, den die Sklaven gebraucht hatten, um den Ägyptern Häuser zu bauen. Da gibt es ein Ei, das sowohl an die Zerbrechlichkeit des Lebens erinnert als auch an die Fruchtbarkeit. Ähnlich wie das Osterei neues Leben symbolisiert, steht das Ei auch beim Passahmahl dafür, dass etwas Neues begann, nämlich die Existenz des Volkes Israel. Auf dasselbe weisen auch die frischen Kräuter: Der Auszug aus Ägypten war gewissermassen der Frühling Israels. Und natürlich gehörte, mindestens solange es dem Tempel gab, das Passahlamm dazu, das daran erinnerte, wie Gott sie beschützt hatte, und die Matzen, das ungesäuerte Brot, das die Israel daran erinnerte, wie sehr sie in Eile waren. Und schliesslich hat es vier Becher Wein sowie einen fünften, aus dem man aber nicht trinkt, sondern der für Elia bereitsteht, der wiederkommt, um den Messias anzukünden. In feierlicher Reihenfolge werden Gebete gesprochen, es gibt Reinigungshandlungen, die Psalmen werden gesungen, die vier Becher Wein werden verteilt über den ganzen Abend getrunken, es werden die Matzen gebrochen, die symbolischen Speisen werden verteilt, und dazu wird erklärt, wofür sie stehen. Die Tischgemeinschaft erinnert sich an die Sklaverei und an den Auszug, an die Freiheit, die Gott schenkte. Etwa in der Mitte der Feier gibt es dann auch eine richtige, sättigende Mahlzeit. So haben auch Jesus und seine Jünger gefeiert. Sie lagen bei Tisch, wie man das damals machte (da stützte man sich auf den linken Arm, und ass mit der rechten Hand). Nur dass die sonst übliche fröhliche Stimmung nicht aufkommen wollte. Im Gegenteil: Es lag eine Spannung in der Luft. Jesus war sehr ernst. Und da sagt er etwas Erschreckendes: Einer von euch wird mich denen ausliefern, die meinen Tod wollen. Die Jünger wurden sehr traurig und fragten einer nach dem andern: Meinst du mich? Jesus sagte nur: Einer von euch Zwölfen, die ihr das Brot in dieselbe Schüssel taucht wie ich. Gemeint ist vermutlich diese Schüssel mit dem Mus, das an den Mörtel erinnert. Und Jesus nimmt wie es an der Stelle des Passahmahls üblich ist nochmals ein Stück Brot, das am Anfang beiseitegelegt worden ist, dankt dafür, bricht es und sagt: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Wenn immer ihr davon esst, denkt dabei an mich. Diese Worte gehören nicht zum üblichen Ablauf. Die Jünger verstehen nicht recht, was Jesus meint. Erst später werden sie an seine Worte erinnern und langsam begreifen, was es heisst: für euch gegeben. Und dann essen sie das Mahl. Und nach dem Mahl nimmt Jesus den Kelch; manche Ausleger meinen, es sei der dritte, der Kelch der Erlösung, gewesen, andere vermuten es sei der Kelch Elias, der den Messias ankündigt.

4 Da nimmt Jesus jedenfalls den Kelch und sagt: Das ist mein Blut, mit dem der neue Bund zwischen Gott und Menschen besiegelt wird. Das Blut galt als Sitz des Lebens. Denn wenn wir verbluten, dann schwindet das Leben. Wir könnten diese Worte von Jesus also auch verstehen im Sinn von: Das ist mein Leben, das ich hingebe, um den neuen Bund zwischen Gott und Menschen in Kraft zu setzen. Was mich bei dieser Szene wirklich sehr berührt hat und beim Lesen des Buches 24 Stunden neu bewusst wurde: Jesus sagt das seinen Freunden. Seinen Freunden, die ihn so oft nicht verstanden hatten; seinen Freunde, von denen einer Jesus verraten wird; seinen Freunden, die ihn im Stich lassen werden; seinen Freunde, die bald behaupten, dass sie Jesus nicht kennen und nicht zu ihm gehören. Diesen Freunden sagt Jesu: für euch. Diesen Freunden wäscht Jesus zu Beginn des Abends die Füsse. Mit diesen Freunden verbringt Jesus den letzten Abend seines Lebens. Diesen Freunden schenkt er Tischgemeinschaft. Es sind keine perfekten Schüler gewesen. Judas darauf kommen wir ein anderes Mal zurück hat in der traditionellen Sicht aus Geldgier Jesus verraten; heute denkt man mindestens darüber nach, dass er vielleicht einfach wollte, dass Jesus endlich seine messianische Macht ergreifen und die Römer vertreiben würde. Indem er den Gegnern Jesu verriet, wo Jesus war, wollte er diesen zum Handeln zwingen. Und als er begriff, was er angerichtet hatte, war er so verzweifelt, dass er sich das Leben nahm. Petrus wollte für Jesus kämpfen. Und als er sah, wie Jesus gefoltert wurde, behauptete er, dass er nichts mit ihm zu tun hatte. Jesus bat seine Jünger in den letzten Stunden, ihm zur Seite zu stehen, doch als er betete, schliefen sie ein, und als es wirklich gefährlich wurde, suchten sie allesamt das Weite. Diesen Freunden sagt Jesus: für euch. Jesus etabliert hier eine Freundschaft, eine Gemeinschaft, einen Bund, in der Versagen kein Grund ist, dass jemand ausgeschlossen wird. Da kann man sich höchstens selber ausschliessen. Aber Jesus bleibt ihr Freund. Eine Methode, die Adam Hamilton in seinem Buch 24 Stunden anwendet, um die Texte lebendig werden zu lassen, ist diejenige, dass er uns fragt: Wo findest du dich wieder in den Geschichten? Wo werden Erfahrungen geschildert, die du kennst? Und ich könnte mir gut vorstellen, dass uns Beispiele in den Sinn kommen, wo wir enttäuscht wurden oder jemand enttäuscht haben. Vielleicht wollten wir auch schon etwas in die Wege leiten, und es kam katastrophal heraus, weil wir eine Sachlage völlig falsch eingeschätzt haben. Oder wir haben geschwiegen, als wir zu jemandem hätten stehen sollen. Oder wir haben jemand jämmerlich im Stich liessen, weil wir nur noch die eigene Angst spürten. Im Abendmahl feiern wir, dass Jesus unser Freund ist. Dass es eine Liebe gibt, die stärker ist als unser Versagen, stärker als unsere Unfähigkeiten, stärker als alles, was eine Freundschaft kaputt machen kann. Ahnen Sie, was für eine Freiheit in dieser Liebe liegt? Ahnen Sie, von welcher Sklaverei wir da befreit werden?

5 Amen