Die Novelle des 46 EnWG im Spannungsfeld des Vergaberechts
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- Eva Maurer
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1 Sonderbeilage Konzessionsvertragsrecht Brück von Oertzen/Kreggenfeld Die Novelle des 46 EnWG Gewichtung dürfte sich eher verstärken. Darüber hinaus bleiben zahlreiche Möglichkeiten zur Förderung rechtssicherer Konzessionierungsverfahren ungenutzt, etwa im Hinblick auf die Konkretisierung der Verfahrensvorgaben oder in Bezug auf das Verhältnis von GWB und EnWG im Rahmen der Konzessionsvergabe. Abschließend sei ein Hinweis auf die Kompatibilität des Reformgesetzes mit den Zielen der Energiewende gestattet. Angesichts von rund 900 örtlichen Strom- und Gasverteilnetzen und damit verbundenen Vergabeverfahren in Deutschland ist die Frage nach der Effizienz des Systems zu stellen; wird Wettbewerb doch allgemein eine effizienzsteigernde Wirkung zugeschrieben. Die dabei entstehenden volkswirtschaftlichen Kosten sind auch deshalb bedeutsam, da es sich für keine Kommune lohnt, angesichts einer Vertragslaufzeit von zwanzig Jahren Routine bzw. Erfahrung hinsichtlich der Durchführung von Vergabeverfahren aufzubauen. Betont man den Beitrag der kommunalen Verteilnetze für die Energiewende, so ist ferner auf die erheblichen Kosten für den Netzausbau und die Netzertüchtigung zu verweisen. Hinzu treten die Anforderungen der Digitalisierung der Netze. Namentlich das geplante MsbG 47 will eine Grundzuständigkeit für den Messstellenbetrieb einführen, die bei den Netzbetreibern liegen soll. Spätestens an dieser Stelle wird sich zeigen, dass die Vorgaben zur technischen Mindestanforderung an den Einsatz intelligenter Messsysteme, die Regelungen zur Datenkommunikation und diejenigen zur Ausstattung mit modernen Messeinrichtungen in größeren Einheiten durchaus effizienter umgesetzt werden können als in kleineren. 48 Schon heute gibt es in Deutschland örtliche Verteilnetze, die kaum so betrieben werden können, dass sich wirtschaftliche Anreize für eine Investition in die Netze ergeben. 47 BMWi, Referentenentwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende vom (abzurufen unter: Das verkennen Theobald/Wolkenhauer, EnWZ 2015, 483, 484, die nur auf den Netzbetrieb abstellen. Die Novelle des 46 EnWG im Spannungsfeld des Vergaberechts RA Martin Brück von Oertzen und RA`in Lena Kreggenfeld* Nachdem der Referentenentwurf aus Dezember zur Novelle des 46 EnWG die Bund / Länder Konsultation 2 durchlaufen hat, existiert nunmehr seit dem 03. Februar 2016 der Kabinettsentwurf 3. Die inhaltliche Ausformung hat dabei vom ersten inoffiziellen Referentenentwurf bis zum Kabinettsentwurf bereits eine erhebliche Entwicklung erfahren. Im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens werden eine Vielzahl von Fragen diskutiert, so zum Beispiel der Umgang mit den Zielen des 1 EnWG im Rahmen der Kriterienwahl sowie der Gestaltungsspielraum der Kommunen bei denselben. Dieser Beitrag greift Fragen der rechtlichen Einordnung der energiewirtschaftlichen Konzession, insbesondere mit Blick auf die Regelungen des neu gefassten 4. Teils des GWB, der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) und der Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe auf. Die Gesetzesbegründung zum Kabinettsentwurf führt hierzu aus: Jedoch gilt die Konzessionsrichtlinie für Wegenutzungsverträge im Sinne von 46 EnWG grundsätzlich nicht. Die Erwägungsgründe der Konzessionsrichtlinie stellen klar, dass Vereinbarungen über die Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze, über die eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbracht werden soll, nicht als Konzession im Sinne der Richtlinie gelten, sofern derartige Vereinbarungen weder eine Lieferverpflichtung auferlegen, noch den Erwerb von Dienstleistungen durch den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber für sich selbst oder für Endnutzer vorsehen(erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2014/23/EU). 4 Ungeachtet der Festlegung des BMWi und der Gesetzesbegründung lohnt sich gleichwohl die Befassung mit der Frage, ob der Bundesgesetzgeber mit seiner Auffassung richtig liegt und welche Konsequenzen hieraus folgen. I. Energiewirtschaftliche Konzessionen als Konzessionen i.s.d. 97 ff. GWB n.f. Die Neuregelung der 97 ff. GWB n.f. sowie der Erlass der KonzVgV-E dienen der Umsetzung der Konzessionsvergaberichtlinie (2014/23/EU) 5, deren nationale Umsetzungsfrist gem. Art 51 RL am 18. April diesen Jahres ausläuft. Im Rahmen der Vergabe energiewirtschaftlicher Konzessionen wird, * Martin Brück von Oertzen ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handelsund Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsmediator und Gesellschafter der Sozietät Wolter Hoppenberg in Hamm. Lena Kreggenfeld ist Rechtsanwältin ebenda. 1 Vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom , abzurufen unter: 2 Vgl. etwa Länderanhörung, Stellungnahme NRW vom Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom , abzurufen unter: 4 Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom , S Vgl. Bt-Drs. 18/6281, S EWeRK 1/2016
2 Die Novelle des 46 EnWG Brück von Oertzen/Kreggenfeld Sonderbeilage Konzessionsvertragsrecht auch mit Blick auf divergierende Ansichten in der Literatur, 6 die Frage diskutiert, ob diese den Regelungen der neu gefassten 97 ff. GWB n.f. unterfallen. Der Begriff der Konzession wird in 105 GWB n.f. definiert. Danach sind Baukonzessionen entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen und bei denen die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung besteht. Dienstleistungskonzessionen sind demgegenüber entgeltliche Verträge, die die Erbringung und Verwaltung von Dienstleistungen [ ], die nicht in der Erbringung von Bauleistungen bestehen, zum Gegenstand haben und als Gegenleistung entweder das Recht zur Verwertung der Dienstleistung oder dieses Recht zuzüglich einer Zahlung gewähren. Wesensmerkmal einer Konzession im Sinne von 105 GWB n.f. ist, dass der Konzessionär mit der Erbringung einer Leistung betraut wird. In diesen Kontext gilt es die im Rahmen energiewirtschaftlicher Konzessionen maßgeblichen Wegenutzungsverträge nach 46 EnWG einzuordnen. 7 1) einfache Wegenutzungsverträge gem. 46 Abs. 1 EnWG-E Nach 46 Abs. 1 S. 1 EnWG-E haben Gemeinden ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Vertraglich wird in diesem Zusammenhang lediglich das Recht zur Nutzung öffentlicher Verkehrswege geregelt, wohingegen es zu einer Vereinbarung darüber hinausgehender Leistungspflichten grds. nicht kommt. 8 Einfache Wegenutzungsverträge nach 46 Abs. 1 S. 1 EnWG-E unterfallen demnach unstreitig bereits nicht dem Begriff der Konzession i.s.d. GWB n.f. 2) qualifizierte Wegenutzungsverträge gem. 46 Abs. 2 EnWG-E Die Antwort fällt gleichwohl nicht so leicht, soweit es Konzessionsverträge nach 46 Abs. 2 EnWG-E betrifft. Beim Abschluss qualifizierter Wegenutzungsverträge handelt es sich nach der gesetzlichen Definition um Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Gemeinden über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören. Nach 46 Abs. 4 EnWG-E ist die Gemeinde bei der Auswahl des Unternehmens den Zielen des 1 Abs. 1 EnWG verpflichtet, d.h. sie muss dafür Sorge tragen, dass eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht, sichergestellt ist. Schon mit der zwingenden Einbeziehung der Ziele des 1 EnWG in den Abschluss der Verträge verdeutlicht der Gesetzgeber, dass nicht allein die physikalische Bereitstellung des Netzes, sondern darüber hinaus auch die Qualitäten der Belieferung mit Strom und Gas bei der Vergabe der Konzession zu berücksichtigen sind. 9 Diese gesetzliche Vorgabe wird sich jedoch nur dann umsetzen lassen, wenn die vertraglichen Vereinbarungen sich nicht nur auf die Errichtung und den Betrieb des Netzes beschränken, sondern auch Abreden über Verfügbarkeit, Qualität und Liefervermögen sowie die Effizienz der Lieferung enthalten. Ist dies aber der Fall, so enthalten Strom- und Gaskonzessionen typischerweise auch Lieferverpflichtungen und unterfallen demzufolge dem Begriff der Konzession nach dem Vergaberecht. Diese systematische Einordnung beweist sich auch in der Praxis der vertraglichen Ausgestaltung, in der typischerweise neben den Wegerechten auch die Verpflichtung zur Sicherstellung der Versorgung geregelt wird. Exemplarisch heißt es etwa in Konzessionsverträgen unter dem Punkt Art und Umfang des Betriebs des Energieversorgungsnetzes : Die Konzessionärin errichtet und betreibt auf dem Gebiet der Gemeinde ein Elektrizitätsversorgungsnetz, das eine Versorgung entsprechend den Zielen des 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sicherstellt. Die Verteilungsanlagen stehen im Eigentum oder in der Verfügungsgewalt der Konzessionärin. Sie führt als Netzbetreiber in der Gemeinde nach den Bestimmungen des EnWG sowie der auf dessen Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen den Netzbetrieb zur Ermöglichung der allgemeinen Versorgung mit elektrischer Energie durch. Die Konzessionärin wird demgemäß jedermann in der Gemeinde nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen an ihr Versorgungsnetz anschließen und ihm die Entnahme von elektrischer Energie aus dem Netz ermöglichen. Die vertragliche Formulierung folgt insoweit den Anforderungen des 46 EnWG unter Verweis auf die Vorgaben in 1 Abs. 1 EnWG, geht jedoch über das bloße Recht der Nutzung öffentlicher Verkehrswege hinaus und normiert zusätzliche Leistungspflichten; sie ist folglich Dienstleistungskonzession nach dem GWB n.f. Die gesetzliche Anschlusspflicht ergibt sich zwar auch aus 18 EnWG, 10 der neben der Beachtung der Ziele des 1 Abs. 1 EnWG zur Begründung einer Lieferverpflichtung herangezogen werden kann. Der Gesetzgeber belässt es aber 6 Theobald/Wolkenhauer, EnWZ 2015, 483; Wagner/Pfohl, ZfBR 2014, 745; Weiß, NVwZ 2014, 1415; Knauff, EnWZ 2015, 51; Kment/Vorwalter, EnWZ 2015, Vgl. zur alten Rechtslage: Danner/Theobald, Energierecht, 2015, 162. Vergaberecht für Versorgungsbetriebe, Rn. 90 ff. 8 Vgl. Huber, in: Kment, Energiewirtschaftsgesetz, 2015, 46 Rn. 16; Hellermann, in: Britz/Hellermann/Hermes, Energiewirtschaftsgesetz, 2. Auflage, 46 Rn Vgl. BT-Drucks. 343/11, S. 222: Kriterien des 1 EnWG dienen als sachgerechte Kriterien der Beschränkung auf Aspekte des Netzbetriebs im Rahmen der Auswahlentscheidung; BGH, Urteil vom KZR 66/12, Rn. 36 f. 10 Bourwieg, in: Britz/Hellermann/Hermes, Energiewirtschaftsgesetz, 2. Auflage, 18 Rn. 1 f.; Gerstner, in: Kment, Energiewirtschaftsgesetz, 2015, 18 Rn. 1. EWeRK 1/
3 Sonderbeilage Konzessionsvertragsrecht Brück von Oertzen/Kreggenfeld Die Novelle des 46 EnWG bewusst nicht bei den bestehenden gesetzlichen Pflichten, sondern verpflichtet ergänzend und weitergehend die Kommunen, die Konzessionsverträge im Rahmen der Konzessionsvergabe auszugestalten. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Lieferverhältnis zwischen dem Kunden und dem Versorger gemäß den Vorgaben der Entflechtung von Netzanschluss und seiner Nutzung getrennt ist. Denn bezogen auf das physikalische Medium Strom erkennt selbst der BGH 11 an, dass z.b. durch Umspannung ein Produkt Elektrizität entsteht, welches durch den Netzbetreiber an den Endkunden geliefert wird. Folgt man diesen Erwägungen, sind qualifizierte Wegenutzungsverträge als Konzessionen im Sinne des GWB n.f. anzusehen, da im Konzessionsvertrag selbst Lieferverpflichtungen begründet werden. 3) Ausnahme nach der Konzessionsvergaberichtlinie Gleichwohl vertritt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Ansicht, dass die Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen nicht der Konzessionsvergaberichtlinie unterfalle. 12 Das BMWi begründet seine Auffassung ausdrücklich unter Verweis auf den Erwägungsgrund 16 der Konzessionsvergaberichtlinie 13 in dem es heißt: Außerdem sollten Vereinbarungen über die Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze, über die eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbracht werden soll, ebenfalls nicht als Konzessionen im Sinne dieser Richtlinie gelten, sofern derartige Vereinbarungen weder eine Lieferverpflichtung auferlegen, noch den Erwerb von Dienstleistungen durch den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber für sich selbst oder für Endnutzer vorsehen. Erwägungsgründe sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH rechtlich nicht verbindlich, sondern dienen lediglich der Auslegung einzelner Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtsaktes. 14 Betrachtet man den Erwägungsgrund eingehender, so fällt auf, dass diesem kein eigenständiger Regelungsgehalt zukommt, sondern er vielmehr eine Selbstverständlichkeit des Vergaberechts wiedergibt. Danach unterfallen solche Vereinbarungen nicht der Konzessionsvergaberichtlinie, die lediglich die Einräumung von Rechten zum Gegenstand haben; sie unterfallen somit auch nicht dem Begriff der Konzession nach dem nationalen Vergaberecht und auch nicht den Vorschriften der 97 ff. GWB n.f. oder der KonzVgV- E. 15 Dies trifft allerdings lediglich auf einfache Wegenutzungsverträge nach 46 Abs. 1 EnWG-E zu, nicht hingegen auf solche nach 46 Abs. 2 EnWG-E. Der Verweis auf den Erwägungsgrund Nr. 16 trägt daher nicht die vom BMWi eingenommene Rechtsauffassung. II. Verhältnis GWB n.f./konzvgv-e zu 46 EnWG-E Unterfallen energiewirtschaftliche Konzessionen gem. 46 Abs. 2 EnWG-E den Regelungen der 97 ff. GWB n.f. und der KonzVgV-E, stellt sich ergänzend die Frage nach deren Verhältnis zu den geplanten Neuregelungen des 46 (Wegenutzungsverträge), 46 a (Auskunftsanspruch der Gemeinde) und 47 (Rügeobliegenheit, Präklusion) EnWG-E. 16 Das EnWG enthält Sonderregelungen für energiewirtschaftliche Konzessionen, die als speziellere Regelungen gegenüber dem GWB n.f. und der KonzVgV-E zu betrachten sind. Sofern die Regelungen der 46 ff. EnWG-E zulässige strengere Anforderungen an die Vergabe der Konzession stellen, verdrängen sie die Vorschriften des GWB n.f. und der KonzVgV- E, ansonsten werden sie durch diese ergänzt. Im Ergebnis entsteht somit eine Dreieckskonstellation zwischen den Regelungen des EnWG, GWB n.f. und der KonzVgV-E, die stets mit der übergeordneten Konzessionsvergaberichtlinie in Einklang zu bringen ist. III. Auswirkung auf die Vergabe energiewirtschaftlicher Konzessionen Diese Dreieckskonstellation hat Konsequenzen für die praktische Konzessionsvergabe und die zu beachtenden Regelungen. 1) Bekanntmachung/Veröffentlichung Nach 46 Abs. 3 EnWG-E muss eine Kommune spätestens 2 Jahre vor Ablauf des Konzessionsvertrages diesen Umstand, die nach 46 a EnWG-E zu veröffentlichenden Daten sowie den Ort ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger beziehungsweise im Amtsblatt der Europäischen Union, sofern mehr als Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, bekannt geben. Die Bekanntmachung hat eine Frist zur Interessenbekundung von mindestens 3 Monaten zu enthalten Abs. 1 KonzVgV-E bestimmt demgegenüber, dass Konzessionsgeber ihre Absicht, eine Konzession zu vergeben, in einer Konzessionsbekanntmachung mitzuteilen haben, so sie den erforderlichen Schwellenwert überschreitet. 18 Nach 22 Abs. 1 KonzVgV-E sind Bekanntmachungen dem Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union elektronisch zu übermitteln. Die Regelungen der KonzVgV-E setzen damit die Vorgaben der Konzessionsvergaberichtlinie, insbesondere Art. 33, um, wonach es stets einer Bekanntmachung im EU- 11 BGH, Urteil vom VI ZR 144/ Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom , S Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe, Erwägungsgrund EuGH, Urteil vom 02. April 2009, Tyson, C-134/08, Slg. 2009, I-02875, EU:C:2009:229 m.w.n. 15 Vgl im Umkehrschluss die Aufzählung der vom Vergaberecht umfassten Verträge, Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, 99 Rn Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom , S. 17 und 21, in denen von einer Bekanntmachung unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten ausgehen GWB n.f., wonach die Regelungen des 4. Teils des GWB erst ab einer Überschreitung des Schwellenwertes Anwendung finden. 14 EWeRK 1/2016
4 Die Novelle des 46 EnWG Brück von Oertzen/Kreggenfeld Sonderbeilage Konzessionsvertragsrecht Amtsblatt bedarf. Wie angesprochen finden die Regelungen der KonzVgV-E ab Überschreitung des Schwellenwertes, der aktuell Euro beträgt, Anwendung. 19 Im Rahmen der Feststellung des Schwellenwertes kommt es bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen auf den geschätzten Vertragswert an, der anhand einer objektiv zu berechnenden Methode in den Vergabeunterlagen anzugeben ist und nach dem Gesamtumsatz ohne Mehrwertsteuer zu bestimmen ist, den der Konzessionär während der Vertragslaufzeit als Gegenleistung erhält, 2 Abs. 1 und Abs. 3 KonzVgV-E. Auf dieser Basis dürfte die überwiegende Mehrzahl der Konzessionsverträge diesen Schwellenwert erreichen. Die KonzVgV-E enthält somit die strengeren Vorgaben für die Bekanntmachung, sodass diese an die Stelle der Regelung des 46 Abs. 3 EnWG-E treten oder mit dieser konkurrieren. Die betroffenen Kommunen sind daher gut beraten, auch unterhalb der Kundengrenze ergänzend den Weg der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt zu wählen. Die Kommune hat sodann im Rahmen der weiteren Kommunikation den Interessenten nach 46 Abs. 4 S. 4 EnWG-E eine Gewichtung der Zuschlagskriterien mitzuteilen. Sowohl 29 Abs. 1 KonzVgV-E als auch Art. 41 Abs. 3 der Konzessionsvergaberichtlinie bestimmen, dass diese in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung anzugeben sind. Die Regelung im EnWG-E ist diesbezüglich als strenger einzuordnen und damit wohl primär im Rahmen energiewirtschaftlicher Konzessionen anzuwenden. Auch das OLG Düsseldorf hat sich in seinem Beschluss vom (Az. VI-2 Kart 1/15) dahingehend geäußert, dass die Reihenfolge festgelegter Auswahlkriterien lediglich dann von Relevanz sei, wenn es an einer Gewichtung der beschlossenen Auswahlkriterien fehle. 20 Auch wenn sich keine Rechtsverletzung hinsichtlich der Bekanntmachungsregelungen feststellen lässt, so handelt es sich bei diesen nichtsdestotrotz um unübersichtliche und nur bei intensiver Betrachtung zu durchdringende Regelungen. Um Rechtsklarheit zu schaffen, sollte der Gesetzgeber auch die formellen Anforderungen einer Veröffentlichung im 46 Abs. 3 EnWG-E aufnehmen. Unter formellen Gesichtspunkten bietet es sich darüber hinaus ebenfalls an, auf die Veröffentlichung mittels eines Musterformulars zu verweisen. 46 EnWG-E schweigt hierzu, sodass aktuell auf die Regelung in 18 Abs. 2 KonzVgV-E zurückgegriffen werden müsste. 2) Rechtsschutz Im Referentenentwurf aus Dezember 2015 fehlte es, anders als in den Neuregelungen zum Vergaberecht, zunächst an einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung. Dies verwunderte insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass sämtliche Neuregelungen aus demselben Ministerium stammen. Nach den 155 ff. GWB n.f. sind für den Primärrechtsschutz bei der Vergabe von Konzessionen nach dem GWB n.f. ausschließlich die Vergabekammern zuständig. Lediglich im Sekundärrechtsschutz ergibt sich eine Zuständigkeit der Zivilgerichte. Demgegenüber hätte im Rahmen der Vergabe energiewirtschaftlicher Konzessionen nach der Regelung im Referentenentwurf aus Dezember 2015 eine unnötige Rechtsunsicherheit bestanden, ob Rechtsschutz nunmehr ebenfalls vor den Vergabekammern oder wie bislang vor den Zivilgerichten 21 zu suchen ist. Diese Unsicherheit soll nunmehr im Kabinettsbeschluss dadurch ausgeräumt werden, dass gem. 47 Abs. 5 EnWG-E gerügte Rechtsverletzungen vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen sind. Auch wenn eine Rechtswegzuweisung im Rahmen der Überprüfung energiewirtschaftlicher Konzessionen zu den Vergabekammern dazu geführt hätte, dass ein bewährtes Rechtsschutzverfahren bei der Vergabe von Konzessionen ebenfalls auf diese ausgedehnt worden wäre, ist die Normierung einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung auch zu den ordentlichen Gerichten zu begrüßen. Dem Gesetzgeber ist zu empfehlen, diese Rechtswegzuweisung auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren aufrecht zu erhalten 3) Rügeobliegenheiten Nunmehr neu in 47 EnWG-E finden sich Regelungen zur Rügeobliegenheit und Präklusion. Danach kann ein beteiligtes Unternehmen eine Rechtsverletzung durch Nichtbeachtung der Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens nach 46 nur geltend machen, soweit es diese nach Maßgabe von Absatz 2 gerügt hat. Nach 47 Abs. 2 S. 1 EnWG-E hat die Rüge in Textform zu erfolgen. Sie ist hinsichtlich einer Rechtsverletzung, die auf einer Bekanntmachung nach 46 Abs. 3 oder 46 Abs. 4 S. 4 EnWG-E beruht, nur innerhalb der in der Bekanntmachung selbst zu bestimmenden Frist 22 zulässig. Sofern es sich um die Rüge einer Rechtsverletzung im Rahmen der Auswahlentscheidung handelt, ist diese innerhalb von 30 Kalendertagen ab deren Zugang beim unterlegenen Unternehmen zu erheben. 23 Voraussetzung ist jedoch stets, dass der Interessent die Rechtsverletzung erkennen konnte. Diese Neuregelung ist sowohl mit Blick auf die durch die Gemeinde selbst zu bestimmende Frist, als auch mit Blick auf das Erfordernis der Erkennbarkeit der Rechtsverletzung, kritisch zu betrachten. Künftige Streitpunkte werden die Angemessenheit der Frist sowie die Erkennbarkeit einer Rechtsverletzung sein. Die Kommune sollte daher bereits ihre Ausschreibungsunterlagen mit möglichst weitgehenden Informationen anreichern, um auf diesem Wege die Geltendmachung etwaiger Rechtsverletzungen mangels rechtzeitiger Rüge aus- 19 Delegierte Verordnung (EU) 2015/2172 der Kommission vom 24. November 2015 zur Änderung der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Schwellenwerte für Vergabeverfahren. 20 OLG Düsseldorf, Beschluss vom VI-2 Kart 1/15, S Vgl. Dieck-Bogatzke, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, GWB, 116 Rn. 14 ff. 22 Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom , S Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom , S. 24. EWeRK 1/
5 Sonderbeilage Konzessionsvertragsrecht Sauer "Übergriffe" der örtlichen Energiepolitik in Wirkungsbereich der Netzregulierung zuschließen. Ungeachtet der praktischen Fragestellung bietet es sich auch hier im Rahmen einer Vereinheitlichung an, auf die bewährten Fristenregelungen des GWB n.f. zurückzugreifen. IV. Fazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Versuch des Gesetzgebers, unter Bezugnahme auf den Erwägungsgrund Nr. 16 Strom- und Gaskonzessionen dem Anwendungsbereich des Konzessionsvergaberichtlinie zu entziehen, nach diesseitiger Ansicht nicht gelingen kann. Konsequenter und mit positiven Wirkungen für die Praxis wäre die bewusste und klarstellende Einordnung unter die Regelungen des GWB n.f. und der KonzVgV-E. Hieraus resultiert ein Mehr an Rechtssicherheit für die beteiligten Akteure. So der Gesetzgeber die streitige Frage der Zulässigkeit von Inhouse-Vergaben scheut, so ist es ihm unbenommen durch verschärfende Regelungen im EnWG ( 46 Abs. 6 EnWG-E) die Regelung des 108 Abs. 1 GWB n.f. nicht zum Tragen kommen zu lassen. Übergriffe der örtlichen Energiepolitik in den Wirkungsbereich der Netzregulierung am Beispiel der Forderung nach niedrigen Netzentgelten und Netzentgeltrabatten bei der Vergabe von Strom- und Gaskonzessionsverträgen Dr. Mirko Sauer* A. I. Parallelität von Netzregulierung und Wettbewerb um den örtlichen Netzbetrieb Ausgangslage Der Netzbetrieb unterliegt als natürliches Monopol der sektorspezifischen Netzregulierung. Dies betrifft beinahe sämtliche Tätigkeitsfelder (Netzbereitstellung, Netzentwicklung, technische und organisatorische Abwicklung des Netzzugangs, Netzanschluss, Netzentgelterhebung u.v.m.). Auf diese ex ante Regulierung haben sich sowohl die Netzbetreiber als auch die Regulierer eingestellt. Es werden Lösungen entwickelt, die auf die Effizienz und Preisgünstigkeit des Elektrizitäts- oder Gasversorgungssystems als Ganzes gerichtet sind. Die netzübergreifende gesamtwirtschaftliche Effizienz darf als ein Anspruch der Netzregulierung verstanden werden. In dieses bipolare Regulierungsverhältnis drängen nun verstärkt die Gemeinden, denen mit der Vergabe ihrer Strom- und Gas-Konzessionsverträge nach 46 Abs. 2, 3 EnWG die Aufgabe zugedacht ist, eine auf den Netzbetrieb bezogene örtliche Energiepolitik zu betreiben. Getrieben von der Rechtsprechung und Kartellamtspraxis der letzten Jahre 1 machen sich diese auf die Suche nach geeigneten Auswahlkriterien. Dabei werden zwangsläufig auch Bereiche betreten, die bereits Gegenstand der Netzregulierung sind. Mit der Festlegung von netzbetriebsbezogenen Auswahlkriterien wird an die Bewerber die Forderung gestellt, sich in einem Ausschreibungswettbewerb mit entsprechenden Leistungsversprechen zu überbieten. Dasjenige Unternehmen, das die Kriterien am besten erfüllt, soll den Konzessionsvertrag erhalten und künftig den Netzbetrieb übernehmen. Aus der Sicht der Gemeinde könnte dies im Idealfall dazu führen, dass im örtlichen Netz- bzw. Konzessionsgebiet die regulatorischen Standards zugunsten der ansässigen Gemeindeeinwohner (Netzkunden) übertroffen werden. II. Wechselseitige Friktionen Dass dieser parallele Ansatz eines Wettbewerbs um den örtlichen Netzbetrieb auch zu Friktionen der Netzregulierung führen kann, liegt nicht fern. Die Ergebnisse eines nur auf ein bestimmtes Gemeinde- bzw. Netzgebiet bezogenen Ausschreibungswettbewerbs müssen schließlich nicht zwangsläufig auch dem von der Netzregulierung angestrebten energiepolitischen (gesamtwirtschaftlichen) Optimum entsprechen. 2 Insbesondere vom BKartA ist daher mit Blick auf den örtlichen Ausschreibungswettbewerb im Allgemeinen auch auf die Gefahr einer volkswirtschaftlich bedenklichen Netzzersplitterung 3 hingewiesen worden. 4 * Wissenschaftlicher Mitarbeiter am EWeRK e.v. 1 An prominenter Stelle: BGH, Urt. v , KZR 66/12 Stromnetz Berkenthin ; Gemeinsamer Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers vom , in der zweiten, überarbeiteten Auflage vom Vom Ausschreibungswettbewerb betroffen ist stets nur der Netzbetrieb der allgemeinen Versorgung in der jeweiligen Gemeinde. 3 Kleinteilige gemeindliche Netze werden aus den überörtlichen Verteilernetzen der bisherigen Regionalversorger entflochten. 4 Gemeinsamer Leitfaden von BKartA und BNetzA, a.a.o., Rz. 3 (S. 2). 16 EWeRK 1/2016
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