Fachtagung Konzessionen, Netze, Kommunale Betriebe Unsere Konzession läuft aus was können/müssen wir tun?
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- Paulina Braun
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1 Fachtagung Konzessionen, Netze, Kommunale Betriebe Unsere Konzession läuft aus was können/müssen wir tun? Dr. Marius Raabe Rechtsanwalt Fachanwalt für Verwaltungsrecht Lehrbeauftragter an der Universität Kiel Rechtliche Rahmenbedingungen Kiel Walkerdamm 4-6 Telefon (0431) Telefax (0431) raabe@weissleder-ewer.de
2 Einleitung I: Entwicklung Bis 1998 galt das System der geschlossenen Versorgungsgebiete. Konzessionsverträge genossen eine kartellrechtliche Freistellung. Energieversorgungsunternehmen waren vor brancheninternem Wettbewerb sicher. Durch die Energierechtsreformen 1998, 2003 und 2005 wurde dieses System in einem grundlegenden Paradigmenwechsel aufgehoben: Das Modell des Allgemeinversorgers in einem Gebiet wurde aufgegeben; jedermann muss nunmehr zu allgemeinen Bedingungen und Preisen beliefert werden. Konzessionsverträge sind in das Wettbewerbssystem einbezogen Dr. Marius Raabe 2
3 Einleitung II: EnWG 2005 Entflechtung (sog. Unbundling) der Transport- und Verteilernetze von Produktion Handel/Verkauf Recht auf diskriminierungsfreien Netzzugang Strom und Gasversorgung als Ganzes sind keine Monopole mehr, jedenfalls nicht auf Ebene Produktion/Förderung sowie Handel/Verkauf. faktisch noch auf Transport- und Verteilungsebene (Netz) Wettbewerbsformen: Wettbewerb in Netzen Wettbewerb zwischen Netzen Wettbewerb um Netze. Dr. Marius Raabe 3
4 Wettbewerb in Netzen Grundgedanke der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie und der Gasbinnenmarktrichtlinie: Öffnung der jeweiligen Märkte für den Wettbewerb Verpflichtung der Netzbetreiber zur Durchleitung (Netznutzung) Jeder Energielieferant soll bereits bestehende Netze nutzen dürfen, um Kunden beliefern zu können. Wettbewerb soll in erster Linie bzgl. der Nutzung bestehender Leitungen entstehen. Bau von Parallelnetzen ist sehr kostenintensiv. Dr. Marius Raabe 4
5 Wettbewerb zwischen Netzen 46 Abs. 1 Satz 1 EnWG: Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Es kann also mehrere Netze in der Gemeinde geben, kein geschlossenes Versorgungsgebiet eines Netzmonopolisten Verschiedene Netzbetreiber sollen die gleiche Möglichkeit haben, zur Verlegung ihrer Leitungen die öffentlichen Verkehrswege einer Gemeinde zu nutzen und entsprechende Wegenutzungsverträge mit der Gemeinde zu schließen. Dr. Marius Raabe 5
6 Rolle der Kommunen im Netz-Wettbewerb Für örtliche Verteilnetze nicht nur Wettbewerb in Netzen, sondern Kombination mit Wettbewerb zwischen Netzen Ausgangspunkt: 46 Abs. 1 EnWG Betrifft alle Leitungen zur unm. Versorgung von Letztverbrauchern Kommunale Rolle: Diskriminierungsfreie Einräumung von nichtausschließlichen Wegerechten (einfache Wegenutzungsverträge) Wettbewerb um Netze Ausgangspunkt: 46 Abs. 2 und 3 EnWG Betrifft Leitungen eines Netzes der allg. Versorgung im Gemeindegebiet Kommunale Rolle: Konzessionsvergabe (richtiger: Abschluss qualifizierter Wegenutzungsverträge) Dr. Marius Raabe 6
7 Rahmenbedingungen: Vorschriften 46 Abs. 2 EnWG: Laufzeitgrenze und Überlassungspflicht Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Gemeinden über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, dürfen höchstens für eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen werden. Werden solche Verträge nach ihrem Ablauf nicht verlängert, so ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu überlassen. 46 Abs 3 EnWG: Bekanntmachungspflichten Die Gemeinden machen spätestens zwei Jahre vor Ablauf von Verträgen nach Absatz 2 das Vertragsende durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger bekannt. Wenn im Gemeindegebiet mehr als Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, hat die Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen. Beabsichtigen Gemeinden eine Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 vor Ablauf der Vertragslaufzeit, so sind die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende öffentlich bekannt zu geben. Vertragsabschlüsse mit Unternehmen dürfen frühestens drei Monate nach der Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung erfolgen. Sofern sich mehrere Unternehmen bewerben, macht die Gemeinde bei Neuabschluss oder Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 ihre Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt. Dr. Marius Raabe 7
8 Rechtliche Rahmenbedingungen: Unterscheidung Inhaltliche Rahmenbedingungen Maximale Vertragslaufzeit 20 Jahre Keine Übertragung der Versorgung Kein Übergang der Endverbraucher als Kunden Vorgaben der Konzessionsabgabenverordnung (Höchstsätze, Nebenleistungen) Endschaftsklauseln Ertragswert nur noch durch regulierte Netznutzungsentgelte Kaufering-Schere öffnet sich weiter Verfahrensmäßige Rahmenbedingungen Transparenzpflichten nach EnWG Vergaberechtliche/ primärvergaberechtliche Anforderungen Dr. Marius Raabe 8
9 EnWG-Transparenz Ex-ante-Transparenz Bekanntmachung Vertragsende im Bundesanzeiger (bzw. ABl. EU) mit 2-Jahres-Frist, S. 1/2 Bekanntmachung vorzeitiger Vertragsverlängerung mit 3-Monats-Frist, S. 3 (Verhältnis zu S. 1 str.) Ex-post-Transparenz ( Zweitbekanntmachung ) Bei Vorliegen mehrerer Bewerbungen Öffentliche Bekanntmachung der Entscheidung und der Gründe Sicherster Weg: Gleiches Bekanntmachungsmedium Achtung: Neutrale Formulierung wg. Geschäftsgeheimnisse Achtung: bei vergaberechlicher Bindung ggf. auch 101b GWB Entspr. Anwendung bei Konzessionierung von Eigenbetrieben Verfahrensanforderungen? Aus EnWG folgt, dass Bewerbungen vorzusehen sind Aus EnWG folgt, dass Pflicht zum Bewerbungsvergleich und zur Begründung besteht Dr. Marius Raabe 9
10 Arten vergaberechtlicher Anforderungen Konzessionsvertragsvergabe als vergaberechtlicher öffentlicher Auftrag? Nicht bei bloßem Wegenutzungsvertrag, da keine Entgeltlichkeit (keine Zahlungspflicht der Gemeinde) Auftragscharakter (Dienstleistungsauftrag) aber möglich! z.b. Netzerwerb gegen Entgelt mit privatem Partner, der Leistungen übernimmt (Betriebspflichten) Funktionaler (eingekapselter) öffentlicher Auftrag Geschäftsanteilserwerb mit Betriebspflicht Vor Einleitung des Verfahrens bedenken Dienstleistungskonzession? OLG Düsseldorf hat pauschal Verfahrensanforderungen verneint, aber Vorsicht! Dr. Marius Raabe 10
11 Hintergrund: Dienstleistungskonzessionen Dienstleistungskonzessionen Art. 1 Abs. 4 RL 2004/18/EG: Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Ausnahmeregelung in Art. 17 RL 2004/18/EG Im deutschen Recht nicht ausdrücklich übernommen, aber h. M. Dienstleistungskonzessionen unterliegen nicht dem förmlichen Vergaberecht, aber primärrechtlichen Anforderungen Primärvergaberecht ( Vergaberecht light ) EuGH: Transparenz und Diskriminierungsfreiheit Kommission: Auftragsbeschreibung und alle Kriterien müssen transparent sein! impliziert Bekanntgabe der Leistungsbeschreibung, Kriterien, Gewichtung usw. Dr. Marius Raabe 11
12 Konzession als Dienstleistungskonzession? Entscheidend m. E.: Bloßes Nutzungsrecht oder Betreiberpflichten? IdR sind Pflichten vereinbart Gestaltung? Vorsicht, da sonst keine aussagekräftigen Zuschlagskriterien möglich Folgen bei Missachtung Primärrechtsschutz im Verfahren? Bei bloßer Dienstleistungskonzession nach hm nicht Bei echtem Öff. Auftrag idr Vergabekammerverfahren Vertrag nichtig? Bei Konzession, soweit zugleich 46 EnWG verletzt. Bei echtem Öff. Auftrag Nichtigkeit bei De-facto-Vergabe ( 101b GWB) Verweigerung der Netzüberlassung durch bisherigen Konzessionär Schadensersatzpflichten Evtl. Gemeinschaftsrechtliches Durchführungsverbot Dr. Marius Raabe 12
13 Strukturiertes Konzessionsverfahren: Phasen 1. Vorbereitungsphase Welche Modelle sollen angeboten werden können? (Wichtig für Einordnung: Auftrag/Dienstleistungskonzession/bloße Nutzung) Festlegung Teilnahmekriterien (noch nicht Zuschlagskriterien): (1) Eignung, (2) Auswahl 2. Bekanntmachung These: Schlichte Bekanntmachung des Endes ist idr fehlerhaft! Medium hängt von Netzgröße und von vergaberechtlicher Einordnung je nach Modell ab! Erfordernisse, damit Interessen alle relevanten Informationen haben (ggf. Info-Memo) Wirtschaftliche und rechtliche Eckdaten, mögliche Modelle Teilnahmekriterien: Eignungs- und Auswahlkriterien 3. Bewerber-Auswahlphase Prüfung von Vollständigkeit, Eignung, erst dann Auswahl anhand Auswahlkriterien 4. Erstangebotsphase 5. Verhandlungsphase Am Ende Festlegung auf Anforderungen an Angebote und Zuschlagskriterien für letzte Runde! 6. Aufforderung zum definitiven Angebot Mitteilung aller Anforderungen, Zuschlagskriterien, Gewichtung und Bewertungsmethode! Angabe/Abforderung definitiver Vertragstexte! 7. Wertung, Zuschlag 8. Ex-post-Bekanntmachung Bei Auftragscharakter aber Bieterinformation 10 Tage vor Zuschlag ( 101a GWB)! Dr. Marius Raabe 13
14 Kriterien bei der Konzessionsvergabe Teilnahmekriterien für Bewerbungsphase Fachkunde, Leistungsfähigkeit, rechtliche Zuverlässigkeit unternehmensbezogen, ja/nein-kriterien Zuschlagskriterien hängen vom Modell ab, daher abschließende Definition am Anfang des Verfahrens häufig schwierig Aber: Transparenz spätestens vor letzter Angebotsabgabe nötig! Für Konzessionsvertrag Bewertung der typischen Klauseln, zb Gemeinderabatt /zulässige Zusatzleistungen nach KAV Endschaftsregelungen Folgekostenregelungen Haftungsverteilung Ansprechpartner (Präsenz, Netzbetrieb) Achtung, Diskriminierungsgefahr! Für weitergehende Modelle (z. B. Netzgesellschaft) komplexer Dr. Marius Raabe 14
15 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Ihre Fragen bitte... Dr. Marius Raabe 15
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