Perspektiven der gerontopsychiatrischen Versorgung. H. Gutzmann
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1 Perspektiven der gerontopsychiatrischen Versorgung H. Gutzmann 1
2 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 2
3 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 3
4 Entwicklung der Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen (ohne Demenzen) Millionen Jahr 4 Bartels AmJGeriatPsy 2003
5 Entwicklung der Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen (ohne Demenzen) Millionen Jahr 5 Bartels AmJGeriatPsy 2003
6 Entwicklung der Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen (ohne Demenzen) Millionen Jahr 6 Bartels AmJGeriatPsy 2003
7 Entwicklung der Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen (ohne Demenzen) Millionen > Jahr 7 Bartels AmJGeriatPsy 2003
8 Entwicklung der Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen (ohne Demenzen) 15 Millionen Die Gerontopsychiatrische Klientel wächst am stärksten Jahr >65 8 Bartels AmJGeriatPsy 2003
9 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 9
10 Was gehört zum gerontopsychiatrischen Wissen? Konsequenzen der Physiologie des Alterns für Pharmakokinetik und dynamik psychotroper Medikamente Kompetenz im Umgang mit gerontopsychotherapeutischen Verfahren Kenntnis chronischer und akuter Krankheiten des alten Menschen Vertrautheit mit der Medikation chronischer Erkrankungen unmittelbare Effekte auf Kognition und Verhalten? problematische Interaktionen mit Psychopharmaka? Erfahrungsbasierte Expertise hinsichtlich evidenzbasierter therapeutischer pharmakologischer und nichtpharmakologischer Interventionen Kenntnis der Altenhilfe und sonstiger ambulanter und komplementärer Netzwerke Expertise bei der Bewertung der vielfältigen rechtlichen Fragestellungen Biographische Besonderheiten und Kohorteneffekte lassen gute Kenntnisse der Geschichte, mindestens der letzten 80 bis 100 Jahre, unverzichtbar erscheinen
11 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 11
12 Umriß eines regionalen Verbundsystems zur gerontopsychiatrischen Versorgung Bausteine: Poliklinik, Tagesklinik, stationäre Assessment-Unit ( Gerontopsychiatrisches Zentrum ) Aufgabenschwerpunkte: Versorgung, Weiterbildung, Forschung Besonderes Gewicht in der Versorgung: Verbesserung der fachärztlichen Betreuung von Heimbewohnern Sondervorschlag: in einigen Standardversorgungsgebieten ein Gerontopsychiatrisches Verbundsystem unter Einbezug aller an der Versorgung Beteiligten zu erproben. (Kapitel des Abschlussberichts) 12 Psychiatrie-Enquête 1975
13 Die Reform geht weiter Alles harrte der Umsetzung, doch es kam anders: Die Allgemeinpsychiatrie profitierte vom Schwung der Reform, die Gerontopsychiatrie blieb im Abseits Expertenkommission: die Gerontopsychiatrie hat sich international als Forschungsgebiet und als Versorgungspraxis etabliert In Deutschland ist die Versorgungssituation für psychisch kranke ältere Menschen durch die eingeleiteten Reformmaßnahmen nahezu nicht beeinflusst worden Vielmehr ist die Situation in vielen Fällen als persönlich entwürdigend zu bezeichnen Insgesamt sind in der Konkurrenz um diagnostische und therapeutische Chancen alte Menschen gegenüber Jüngeren benachteiligt 13 Expertenkommission 1988
14 Das abgespeckte GPZ als Kernstück Die gerontopsychiatrische Versorgung wurde in den Empfehlungen auf den extramuralen Bereich fokussiert und die Assessment-Units der Psychiatrie-Enquête unter Hinweis auf die inzwischen entstandenen eigenständigen gerontopsychiatrischen Abteilungen verworfen Als treibende Kraft der gerontopsychiatrischen Versorgung ist in jeder Planungseinheit (kreisfreie Städte und Landkreise) ein Gerontopsychiatrisches Zentrum vorzusehen, das in seinem Kernbestand eine teilstationäre Behandlungs- und Rehabilitationseinrichtung (Tagesklinik) und einen ambulanten Dienst umfassen und Altenberatung mit einbeziehen soll 14 Expertenkommission 1988, S. 457
15 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 15
16 Stigma ist auch bei Profis ein Problem WPA & WHO. Reducing stigma and discrimination against older adults with mental disorders: A technical consensus statement (2002) Vorurteile: z.b. die Einstellung, psychisch kranke Alte seien gefährlich, schwächlich, unverantwortlich usw Ageism: Alte seien kränklich, schrullig, unflexibel, unproduktiv usw Negative Einstellung psychiatrischer Profis gegenüber älteren Patienten, fußend auf solchen Vorurteilen Negative Einstellung psychiatrischer Profis gegenüber KollegInnen, die sich um alte Patienten kümmern Royal College of Psychiatrists: Age discrimination in mental health services: making equality a reality (2009) Für eine angemessene Versorgung einer Region ist es nicht akzeptabel, nur einen altersübergreifenden allgemeinpsychiatrischen Dienst anzubieten, wie es an vielen Stellen weiterhin Standard ist, vielmehr muss ein solches Vorgehen ohne Einschränkung als Altersdiskriminierung bezeichnet werden WHO: RCP:
17 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 17
18 Anteil von Patienten > 65 Jahren: 1994 bis 1999 In der Somatik in JEDER Disziplin zunehmend für alle Fächer von 31,5 auf 35,8% gestiegen In der Psychiatrie in den PKH s von 17,6 auf 18,2% zunehmend in den psychiatrischen Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern von 14,6 auf 12,8% abnehmend obwohl die Gesamtzahl psychiatrischer Patienten in diesem Zeitraum sogar um 17,8% zugenommen hatte
19 Die GMK zu gerontopsychiatrischentageskliniken Eine wichtige Rolle bei der Versorgung psychisch kranker alter Menschen spielen die gerontopsychiatrischen Tageskliniken. Zwischen 1991 und 2006 ist ihre Anzahl von 14 auf 42 gestiegen. Tageskliniken leisten einerseits nachstationäre Therapie. Dadurch gelingt es häufig, die vollstationäre Verweildauer zu verkürzen. Andererseits stellen sie eine Alternative zur vollstationären Therapie dar 19 GMK-Bericht 2012
20 Patientenstrukturen nach PsychPV : Tageskliniken In 20 Jahren: Allgemeinpsychiatrisch und Gerontopsychiatrisch eine Verdreifachung der TK-Plätze Also ist alles gut? Das Dreifache von wenig Ist immer noch nicht viel!
21 Anteil tagesklinischer Behandlungen) Gesamt: Allgemeinpsychiatrie: 18,6% Sucht/Abhängigkeitserkrankungen: 3,9% Gerontopsychiatrie: 8,6 % Kliniken: Allgemeinpsychiatrie: 16,1% Sucht/Abhängigkeitserkrankungen: 3,9% Gerontopsychiatrie: 8,9 % Abteilungen: Allgemeinpsychiatrie: 24,5% Sucht/Abhängigkeitserkrankungen: 3,8% Gerontopsychiatrie: 7,5 % Stand
22 GKV-Versicherte, ICD-10 F-Diagnosen und Psychotherapie Jüngere Depressive erfahren acht mal häufiger eine psychotherapeutische Behandlung als Ältere 22 Melchinger 2011
23 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 23
24 Geriatrie ist gefordert Immer wenn ein alter Mensch wegen eines akuten somatischen Problems (z.b. Sturz, Fraktur, Schlaganfall, Delir wegen Herzinfarkt oder Pneumonie etc.) ins Krankenhaus aufgenommen wird und nach der Akutversorgung (z.b. TEP) infolge der Komplexität der Situation (z.b. Multimorbidität) einer besonderen Behandlung bedarf oder sich nicht wie erwartet erholt (z.b. failure to thrive Syndrom) hat das Assessment und die Behandlung durch die Geriatrie Vorrang
25 Gerontopsychiatrie ist gefordert Wenn akute oder chronische psychische Erkrankungen eine fachärztliche psychiatrischpsychotherapeutische Behandlung erfordern z.b. Depression, Demenz, Wahnerkrankungen gehört der Patient in gerontopsychiatrische Behandlung ambulant, teilstationär oder stationär Nur die Gerontopsychiatrie ist Teil der psychiatrischen Pflichtversorgung
26 Weder Geriatrie noch Gerontopsychiatrie Unkomplizierte Verläufe von Demenzerkrankungen (ohne schwerwiegende Verhaltensstörungen oder psychiatrische Symptomatik) oder leichtere Depressionen können und müssen (aus Gründen der begrenzten Kapazitäten sowohl der Geriatrie als auch der Gerontopsychiatrie) im primärärztlichen Bereich behandelt werden Beide Fächer haben eine Aufgabe in der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie der Beratung der Hausärzte
27 Agenda Warum ist Gerontopsychiatrie überhaupt ein Thema? Die Frage der Quantität Die Frage der Qualität Hat die Reform der Psychiatrie nicht genug getan? Die Enquête Die Expertenkommission Überdauerndes Stigma Versorgungsrealitäten Gibt es da nicht noch die Geriatrie? Gemeinsamkeiten und Differenzen Was zu tun ist 27
28 Komplexe gerontopsychiatrische Planung 28 Halton-Peele 2002:
29 Komplexe gerontopsychiatrische Planung Planerische Verschränkung von Somatik, Psychiatrie (inkl. Sucht) und Langzeit 29 Halton-Peele 2002:
30 Was zu tun ist Gerontopsychiatrische Versorgungsangebote für ein breites Diagnosespektrum optimieren Stationär Teilstationär Ambulant Aufsuchende Dienste etablieren Psychotherapie zu Standardangebot ausbauen Schnittstellenmanagement planen z.b. SBG V / SGB XI Qualifizierung aller beteiligten Berufsgruppen fördern z.b. Schwerpunkt Gerontopsychiatrie in der MWBO Erhalt der Altenpflege Klare Abgrenzungen zwischen Geriatrie und Gerontopsychiatrie Good fences make good neighbours Stigma identifizieren und bekämpfen Vorurteile sind auch bei Profis hartnäckig Wenn man Gerontopsychiatrie nicht verpflichtend plant, findet sie sie zu wenig statt
31 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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