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1 4/2017 April Aufsätze Große BRAO-Reform Magazin Pro-bono-Arbeit Aus der Arbeit des DAV Juristenausbildung DeutscherAnwaltVerein 4/2017 April Report Pro-bono-Arbeit: Zum Wohle der Allgemeinheit app App Store + Google Play Aufsätze Prütting, Hirtz, Kilian, Henssler, Uwer, Maxl, Brügmann, Hartung, Schons, Reelsen, Ewer, Härting, Singer, Gasteyer: Schwerpunkt Große BRAO-Reform ab 368 Magazin Anwaltsköpfe: Reyhan Akar 418 Legal Tech: Hackathon 422 Jahrestagung Köln: Berufsrecht Schellenberg: Große BRAO-Reform 427 Aus der Arbeit des DAV Juristenausbildung 432 DAV-Erfolg im Vergaberecht 433 Rechtsprechung BGH: Fachanwaltsantrag nachbessern 442 BGH: Vertrauen auf Fristverlängerung 446 neu: Anwaltsblatt-App Rationalisieren und Sparen durch PC-Netzwerk-Virtualisierung: V Kanzlei-EDV Jetzt informieren Das Baukastensystem für jede Kanzleigröße

2 KONZENTRATION AUF DAS WESENTLICHE. Machen Sie Ihre Kanzlei effizienter. Mit der Kanzleisoftware Advolux nutzen Sie die Chancen der Digitalisierung auf die einfachste und zuverlässigste Art und Weise. Advolux

3 Editorial Anwaltschaft 4.0 Herbert P. Schons, Duisburg Rechtsanwalt und Notar, Herausgeber des Anwaltsblatts Als der Deutsche Anwaltverein (DAV) im Juni 2013 auf dem Deutschen Anwaltstag in Düsseldorf die Studie Anwaltschaft 2030 vorgestellt hatte, da hoffte so mancher Optimist, jetzt werde ein Ruck durch die Anwaltschaft gehen. Mit Hilfe des Gesetzgebers werde man das Berufsrecht ebenso zeitnah reformieren und dem aktuellen Bild der Anwaltschaft anpassen, wie die Kanzleien sich auf die Digitalisierung und die sich rasch ändernden Anforderungen des Rechtsdienstleistungsmarktes einstellen würden. Und in der Tat wird und wurde einiges auf den Weg gebracht: Der über viele Jahre hinweg aufrecht gehaltene Widerstand gegen eine Konkretisierung und Kontrollierbarkeit der anwaltlichen systemischen Fortbildungsverpflichtung schwand, wie man auf vielen Kammerversammlungen und Anwaltstagen in den letzten Jahren hören konnte. So war die 6. Satzungsversammlung guten Mutes, noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Konzept verabschieden zu können, nachdem das Bundesjustizministerium eine entsprechende Kompetenzerteilung in Aussicht gestellt hatte. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) erfüllte bereitwillig und mit hohem finanziellen Aufwand den gesetzgeberischen Auftrag zur Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches (bea) mit dem die Digitalisierung der Justiz beginnen und ernst werden sollte. Echte Aufbruchsstimmung findet sich natürlich auch beim DAV, der den diesjährigen Deutschen Anwaltstag diesmal in Essen optimistisch unter das Motto Innovationen und Legal Tech stellt. Allein die Realität gibt inzwischen nicht allzu viel Anlass zum Optimismus. Warum soll es bei uns auch anders sein, als in der großen Politik? Wer hätte ernsthaft an einen Brexit geglaubt oder an einen solchen Präsidenten, wie er derzeit in Amerika regiert? Wer hätte ernsthaft in Betracht gezogen, dass die Kompetenzübertragung für die Konkretisierung der anwaltlichen Fortbildungsverpflichtung an die Satzungsversammlung am Gesetzgeber noch scheitern könnte? Und wer hätte noch mit Widerstand gegen die Überlegung gerechnet, dass sich Anwälte obligatorisch mit ihrem eigenen Berufsrecht vertraut machen sollten? Zweitens kommt es offensichtlich doch anders als man erstens denkt! Und selbstkritisch wird man konstatieren müssen, dass auch große Teile in der Anwaltschaft sich nicht gerade als Zukunftsgipfelstürmer gerieren: Da wird das millionenschwere Projekt bea mit gerichtlichen Verfahren verzögert oder über einen unzumutbar hohen Beitrag geklagt. Wohlgemerkt: Ein Jahresbetrag für ein hochkomplexes modernes Kommunikationssystem, das den anwaltlichen Gerichtsalltag revolutionieren und die Kosten deutlich senken wird. Ein Jahresbetrag, den wahrscheinlich mancher dann allerdings nicht steuerlich absetzbar schnell für andere Sachen ausgibt. Wer diese Bestandsaufnahme als eine langen Tages Reise in die Nacht empfindet, dem sei Einstein ans Herz gelegt: In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten. f und + Die Datenbank des Anwaltsblatts mit mehr als Fundstellen* zum Anwaltsrecht zur Anwaltshaftung zur Anwaltsvergütung zum Anwaltsmarkt zur Rechtspolitik zum Deutschen Anwaltverein * bereit gestellt von unter AnwBl 4 /

4 Anwaltsblatt Jahrgang 67, 4 / 2017 Im Auftrag des Deutschen Anwaltvereins herausgegeben von der Rechtsanwältin und den Rechtsanwälten: Edith Kindermann Herbert P. Schons Prof. Dr. Heinz Josef Willemsen Redaktion: Dr. Nicolas Lührig (Leitung) Udo Henke Manfred Aranowski Jessika Kallenbach Aufsätze Magazin Editorial 353 Anwaltschaft 4.0 Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons, Duisburg Herausgeber des Anwaltsblatts Nachrichten 356 Ach, SPD Peter Carstens, Berlin Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 358 Gemeinsames Europäisches Asylsystem wie viel Solidarität? Rechtsanwältin Dorothee Wildt, Brüssel 360 Nachrichten 451 Stellenmarkt des Deutschen Anwaltvereins 458 Bücher & Internet 462 Deutsche Anwaltakademie Seminarkalender Schlussplädoyer 464 Nachgefragt, Comic, Mitglieder-Service 450 Fotonachweis, Impressum Anwaltsrecht 368 Berufsrecht 2020 Ausgangspunkt 2016 Prof. Dr. Dr. h.c. Hanns Prütting, Köln 369 Reformbedarf bei Anwaltsgesellschaften Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Hirtz, Köln 370 Die Zukunft des Berufsrechts für eine bessere Regulierung Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln 378 Quo vadis Sozietätsrecht? Prof. Dr. Martin Henssler, Köln 386 Berufsrecht der Zukunft: Statt kleines Karo bitte think big Rechtsanwalt Prof. Dr. Dirk Uwer, LL.M., Düsseldorf 390 Berufsrecht Wirtschaftsprüfer Schrittmacher der Reform? Rechtsanwalt Peter Maxl, Berlin 395 Der Wandel im Ausland als Anregung für uns Rechtsanwalt Dr. Cord Brügmann, Berlin 397 Mehr Freiheit bei der interprofessionellen Zusammenarbeit Rechtsanwalt Markus Hartung, Berlin 401 Das Was und Wie der modernen Regulierung Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons, Duisburg Imke Reelsen, Hamm 407 Konvergenz der Berufsrechte Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Kiel 407 Wettbewerb der Regulierer Rechtsanwalt Prof. Niko Härting, Berlin 407 Interprofessionelle Sozietät Prof. Dr. Reinhard Singer, Berlin 407 Internationale Regulierung Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Gasteyer, Frankfurt am Main Anwaltsmarkt 408 Die Altersstruktur der Anwaltschaft: Stirbt Generalist aus? Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln 411 Bücherschau: Sozietätsrecht Report 414 Die Pro-bono-Arbeit wird professioneller: Zum Wohle der Allgemeinheit Corinna Budras, Frankfurt am Main Anwaltsköpfe 418 Rechtsanwältin Reyhan Akar: Die kann was Jochen Brenner, Hamburg Report 422 Hackathon für Legal Tech: Die Lösung denken Nora Zunker, Berlin 424 Berufsrecht 2020 Was steht auf dem Wunschzettel? Rechtsassessorin Jessika Kallenbach, Anwaltsblatt-Redaktion, Berlin Kommentar 427 Die Anwaltschaft braucht die große BRAO-Reform Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Berlin 428 Anwaltschaft quo vadis? Rechtsanwältin Sirka Huber, München Gastkommentar 429 Mehr Gesetze bedeuten nicht mehr Sicherheit Janina Lückoff, Bayerischer Rundfunk Anwälte fragen nach Ethik 430 Wie viel Nähe verträgt ein Mandat? DAV-Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur 354 AnwBl 4 / 2017

5 philips.com/dictation Premiere im Pocket Memo: Professionelle Dragon- Spracherkennung und Philips- Diktiersystem in einem. Aus der Arbeit des DAV Rechtsprechung 432 DAV begrüßt Schlankheitskur für die Juristenausbildung 433 Studierende besuchen den DAV in Berlin 433 Vergabe freiberuflicher Leistungen: DAV erreicht Änderung 433 Rechtsberatung als Maßnahme humanitärer Hilfe verankern 434 AG Bank- und Kapitalmarktrecht: Jahrestagung 435 DAV-Stellungnahmen 435 DAV-PR-Referat: Jour Fixe zur Reform der Pflegeversicherung Euro Tombola-Erlös für Rechtsberatung auf Lesbos 436 Besserer Schutz für Anwältinnen und Anwälte in China 436 AG Erbrecht: 10. Fachtagung Testamentsvollstreckung 436 DAV Italien: Eröffnung des Gerichtsjahres in Mailand 437 Deutsche Anwaltakademie: Nachrichten 437 Mitgliederversammlungen: Deutscher Anwaltverein / AG Allgemeinanwalt / AG Mietrecht und Immobilien / AG Kanzleimanagement / Forum Junge Anwaltschaft / AG Migrationsrecht 438 Personalien: Neue Vorsitzende Haftpflichtfragen 440 Die Handakten des Anwalts welche Pflichten treffen den Anwalt? Jacqueline Bräuer, Allianz Versicherung, München Anwaltsrecht 442 BGH: Nachbessern vor Gericht für Fachanwaltsantrag 443 BGH: 40 Hauptverhandlungstage für Fachanwalt für Strafrecht 443 AGH Hamm: Versicherungsmitarbeiter als Syndikusrechtsanwalt 444 AGH Hamm: Freigestellter Betriebsrat kann kein Syndikus sein Anwaltshaftung 445 BGH: Eingeschlafene Verhandlungen wachen nicht mehr auf 446 BGH: Blindes Vertrauen auf erste Fristverlängerung 446 BGH: Unterschiedliche Haftungsansprüche Anwaltsvergütung 447 BGH: Erstattungsfähige Anwaltskosten bei Kindschaftssache 448 OLG Celle: Nichtigkeit 448 OLG Koblenz: Fehlfaxe 448 OLG Nürnberg: Geschäftsgebühr 449 LSG Schleswig: Wartezeit Prozessrecht 449 BGH: Vorlegen von Urkunden 450 BGH: Beweisverfahren SpeechExec Pro 10 Mit wenigen Klicks eingerichtet und sofort einsatzbereit Schneller, einfacher und kostengünstiger zum anwaltlichen Dokument Verbindet Anwalt und ReNo, bindet Mandanten! Kostenlos testen unter 030/ Pocket Memo. Das Diktiergerät. Für Rechtsanwälte entwickelt.

6 Bericht aus Berlin Ach, SPD Neulich hat ein Berliner Journalisten- Kollege etwas Ungeheuerliches erlebt: Gute Laune auf einer SPD-Veranstaltung. Die Sozis feierten am Vorabend der Präsidenten-Wahl, Sigmar Gabriel hatte auf den Parteivorsitz verzichtet und Martin Schulz wird ihr Kanzlerkandidat. Heitere Stimmung, optimistische Reden, entspannte Gespräche wie verwandelt wirkte die alte Tante. Endlich steht wieder ein Mann an der Spitze der Sozialdemokraten, der wirklich regieren will und nicht unter Qualen (Steinmeier) oder gegen seine eigene Partei (Steinbrück) oder eben gar nicht (Gabriel) antritt. Zu den Signalen des Aufbruchs gehört auch, dass einige tausend Neumitglieder die Partei beleben. Man trifft außerdem Jusos und Leute mit angestaubten Mitgliedsbüchern, die wieder für ihre SPD kämpfen wollen, und damit auch für die Demokratie. Denn die funktioniert ja nur mit lebendigen Parteien. Die Wiedergeburt der Zuversicht im roten Lager hat die Union verstört. Sie dachten wohl, trotz giftigem Streit und einer ausgelaugt wirkenden CDU-Vorsitzenden, bleibe Merkel am Ende Kanzlerin. Aber dann der Schock: Die SPD holt auf. Was daraus wird, ist noch nicht ausgemacht. Vielleicht bleibt ja der Schulz-Effekt nur ein kurzes Feuerwerk. Im Bundestag richten sich die Regierungsfraktionen jedenfalls auf alle Eventualitäten ein. Das erkennt man auch am Stellen-Segen, der vor Weihnachten die Ministerien beglückte. Reihenweise wurden gut dotierte Ministerial-Posten angeboten und ruckzuck besetzt. Unter den erfolgreichen Bewerbern waren auffallend viele fleißige Referenten aus den Fraktionen von SPD und Union. Schäfchen, die ins Trockene gebracht werden. Manche der Neuen wurden in den Ministerien nie gesehen, weil sie nach zwei Verwaltungssekunden im Staatsdienst gleich wieder in ihren Fraktionen erschienen. Es ging schließlich nicht darum, die Arbeit in den Ministerien zu verbessern, sondern um Rückversicherungen für den Fall einer Wahlniederlage. Zu den Merkwürdigkeiten des Frühlings gehört die wahlkampfvorbereitende Gesetzesinitiative. Und die geht so: Man lässt das jeweilige Ministerium Gesetzesvorlagen erarbeiten, die beispielsweise Sozialleistungen drastisch erhöhen oder eine ganz harte Gangart bei der Inneren Sicherheit versprechen. Dann folgen: Pressekonferenz, Interviews, Debatte im Parlament. Das Ziel ist aber keineswegs das Gesetz, sondern die größtmögliche Aufmerksamkeit für Vorschläge der jeweiligen Partei. Das Scheitern der Vorlagen ist vorprogrammiert. Denn das Verfahren dient alleine der Wahlwerbung. Als Meisterin dieser parteipolitischen Instrumentalisierung kann übrigens Familienministerin Manuela Schwesig gelten, die Kaskaden von Vorschlägen und Gesetzentwürfen zur 32- Stunden-Woche für Eltern, Gehältergleichheit bei Männern und Frauen, flächendeckende Nachmittagsbetreuung für Schüler, Frauenquoten in Aufsichtsräten und noch viel mehr in Aussicht gestellt hat. Chancen auf Verwirklichung in dieser Legislaturperiode: Null. Aufmerksamkeitsfaktor: Zehnmal höher als mit einer SPD-Broschüre zur Wahl. Die Union macht es ebenso, und keineswegs besser. Der Autor Peter Carstens, Berlin ist Korrespondent der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Er schreibt im Wechsel mit Christian Bommarius von der Berliner Zeitung. Gesetzgebung Insolvenzrecht Bereits im Dezember 2015 in den Bundestag eingebracht, hat das Gesetz zu Verbesserung der Rechtssicherheit bei Insolvenzanfechtungen am 10. März 2017 schließlich den Bundesrat passiert (Drs. 18/7054, AnwBl 2016, März-Heft). Auch der Gesetzentwurf zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen ist schon älter (Drs. 18/407, AnwBl 2014, Mai-Heft). Nach der Ersten Lesung Mitte Februar 2014 hat der Bundestag das Gesetz am 9. März 2017 verabschiedet. Geheimnisschutz Insbesondere Rechtsanwälte betrifft ein Regierungsentwurf zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen (BR-Drs. 163/ 17). Der Berufsgeheimnisträger soll sich nach 203 Abs. 4 Nr. 1 StGB-E bei der unbefugten Offenbarung von Geheimnissen durch den Dienstleister nur noch dann strafbar machen, wenn er diesen nicht zur Geheimhaltung verpflichtet hatte. Damit entfällt anders als im Referentenentwurf die Strafbarkeit für fehlerhafte Auswahl oder mangelhafte Überwachung. In der BRAO bleibt die Auswahlpflicht jedoch erhalten. Baurecht Der Bundesrat hat am 10. Februar 2017 zu einem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt Stellung genommen (Drs. 18/ 10942). Neben zahlreichen weiteren Bereichen geht es um die Erleichterung von Wohnungsbau. Einen älteren Gesetzentwurf zum Bauvertragsrecht hat der Bundestag am 9. März 2017 verabschiedet (Drs. 18/8486, Anwbl 2016, Juli-Heft). Hinterbliebenengeld Die Bundesregierung möchte unter anderem in 844 BGB einen Anspruch auf Hinterbliebenengeld bei fremdverursachter Tötung einführen. Am 10. März 2017 befasste sich der Bundesrat mit dem Regierungsentwurf (BR-Drs. 127/17), parallel beriet der Bundestag am 9. März 2017 einen entsprechenden von den Regierungsfraktionen eingebrachten Entwurf (Drs. 18/11397). 356 AnwBl 4 / 2017

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8 Bericht aus Brüssel Gemeinsames Europäisches Asylsystem wie viel Solidarität? Solidarität bedeutet in allen EU-Sprachen dasselbe und: Eine Solidarität à la carte kann es nicht geben. Dies sagte der EU-Migrationskommissar Dimitrio Avramopoulos am 28. Februar 2017 bei einem Interparlamentarischen Treffen in Brüssel zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS). Vertreter des Europäischen Parlaments trafen auf jene nationaler Parlamente und ganz unterschiedliche Sichtweisen einer europäischen Asylpolitik prallten aufeinander. Wie steht es in den laufenden Gesetzgebungsverfahren zu einem gemeinsamen System der Asylpolitik um diesen europäischen Grundwert der Solidarität? Angesichts der Flüchtlingskrise befinden sich in Brüssel derzeit zahlreiche Gesetzgebungsverfahren auf dem Wege. Die sogenannte Dublin-Verordnung zur Bestimmung des für Asylanträge zuständigen Staates wird überarbeitet, aber auch die weiteren das Asylverfahren bestimmenden Gesetze: die Asylverfahrensverordnung, die Anerkennungsverordnung über die Gründe für die Gewährung internationalen Schutzes und die Richtlinie über die Aufnahmebedingungen. Ziel der Maßnahmen ist es, das Gemeinsame Asylsystem zukunftsfester zu machen, eine erneute Überforderung der Staaten an den EU-Außengrenzen zu verhindern und das Asylverfahren an eine hohe Zahl Asylsuchender anzupassen. So weit, so gut. Betrachtet man jedoch die Vorschläge genauer, so fällt auf, dass Solidarität nur zum Teil deren Leitmotiv ist. Bei der Dublin-Verordnung soll es bei der grundsätzlichen Zuständigkeit der Staaten an den Außengrenzen bleiben hier gibt es also kein grundsätzliches Umdenken. Zwar ist erstmals ein Fairness-Mechanismus vorgesehen, wonach, wenn das Asylbewerberaufkommen in einzelnen Ländern gemessen an ihrer Größe und ihrem relativen Wohlstand auf das Anderthalbfache eines auf dieser Grundlage berechneten Schwellenwerts steigt, alle weiteren neuen Asylbewerber auf die übrigen EU-Mitgliedstaaten verteilt werden sollen. Doch hiergegen wird seit Veröffentlichung des Vorschlags scharfe Kritik laut. Schon geistert seit der slowakischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2016 das Konzept der effektiven Solidarität durch Europa. Das Beisteuern von Geld oder Grenzschützern soll die Aufnahme von Flüchtlingen ersetzen können. Im Februar 2017 konkretisiert die maltesische Ratspräsidentschaft das Solidaritätspaket : Staaten könnten wählen. Nehmen sie weniger als die ihnen zugeteilten Flüchtlinge auf (75 oder 50 Prozent), müssen sie mehr Geld in einen Fonds zahlen und mehr Grenzbeamte stellen. Soviel zur Solidarität der Mitgliedstaaten beim GEAS. Und die Zukunftsfestigkeit? Hier können Zweifel aufkommen, etwa bei genauerer Betrachtung der Asylverfahrensverordnung. Durch sehr kurze Fristen droht die Verkürzung des Rechtsschutzes von Asylsuchenden. Selbst unbegleitete minderjährige Flüchtlinge können beschleunigten Verfahren unterzogen werden das beste Kindeswohl kann so kaum berücksichtigt werden. Und auch das Konzept der sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten erlaubt eine Berücksichtigung der Einzelfallumstände nur unzureichend. So entsteht der Eindruck, dass aktuell noch nicht das zukunftsfeste Gemeinsame Europäische Asylsystem vorliegt und dass mit effektiver Solidarität eher eine zügige Abwicklung von Verfahren gemeint scheint, als die Solidarität der Staaten untereinander und erst recht als die Solidarität der EU-Mitgliedstaaten mit den Schutzsuchenden. Die Autorin Dorothee Wildt, LL.M., Brüssel ist Rechtsanwältin und Referentin im DAV-Büro Brüssel. Gesetzgebung Regulierung von Dienstleistungen Die Europäische Kommission hat in dem am 22. Februar 2017 veröffentlichten Länderbericht für Deutschland im Zyklus des Europäischen Semesters kritisiert, dass es in Deutschland an einer Strategie fehle, um den Wettbewerb im Dienstleistungssektor über geringfügige Anpassungen hinaus substanziell zu verbessern und die reglementierten Berufe zu modernisieren. Dabei weise Deutschland im Dienstleistungssektor auch bei den Rechtsanwälten gemäß dem neuen Restriktivitätsindikator der Kommission ein hohes Maß an restriktiver Regulierung auf, welches über dem EU-Durchschnitt liege. Jenes Regulierungsniveau beeinträchtige die Dynamik und Investitionen der Unternehmen in diesem Bereich. Die Bundesregierung habe nur begrenzte Maßnahmen zur weiteren Liberalisierung freiberuflicher Dienstleistungen angekündigt und damit teilweise nur auf Entscheidungen nationaler Gerichte reagiert (zum Beispiel die Entscheidung des BVerfG zur beruflichen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Ärzten). Insgesamt habe Deutschland nur begrenzte Fortschritte bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2016 erzielt und weise daher weiter makroökonomische Ungleichgewichte auf. Der Rat erörtert nun die Länderberichte der Mitgliedstaaten, während die Kommission hierzu in Dialog mit den nationalen Parlamenten und Interessenträgern tritt. EuGH-Rechtsprechungsstatistik Die Anzahl der erledigten Rechtssachen (704) konnte für 2016 beim EuGH im Vergleich zu anderen Jahren gesteigert werden und übersteigt die Zahl der erledigten Rechtssachen. Auch ist die Verfahrensdauer im Durchschnitt gesunken. Das geht aus der am 17. Februar 2017 vom EuGH vorgelegten Rechtssprechungsstatistik hervor. Der Trend zur Erledigung aus dem Jahr 2015 setzt sich mithin fort. So lag die durchschnittliche Dauer bei den Vorabentscheidungssachen im Jahr 2016 bei 15 Monaten. Dies ist der niedrigste Wert seit 30 Jahren. 470 neue Vorabentscheidungsersuchen nationaler Gerichte gingen 2016 neu beim EuGH ein ein Rekordwert in der Geschichte des Gerichtshofs. Diesen führt der EuGH auf die Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens für die Umsetzung des Unionsrechts sowie auf das Vertrauen, das die nationalen Gerichte diesem Verfahren im Hinblick auf die einheitliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts zubilligen, zurück. 358 AnwBl 4 / 2017

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10 Nachrichten Anwaltsrecht Kleine BRAO-Reform: Im fünften Anlauf durch Rechtsausschuss Die kleine BRAO-Reform kommt nun doch noch. Der Rechtsausschuss des Bundestags hat das Gesetz im fünften Anlauf am 8. März 2017 beschlossen und so den Weg für die zweite und dritte Lesung im Bundestag freigemacht. Damit könnte das Gesetz noch am 31. März 2017 den Bundesrat passieren und im April verkündet werden. Die Geschichte des Gesetzgebungsverfahrens zieht sich jetzt ungewöhnlich lange hin. Ursprünglich sollte das Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe, mit dem nicht nur die Richtlinie umgesetzt, sondern auch die BRAO und das RDG reformiert werden sollten, bereits im Herbst durch den Bundestag sein. Eile war und ist geboten, weil die Umsetzungsfrist für die Richtlinie seit 18. Januar 2016 abgelaufen ist und die EU inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. Zu ersten Verzögerungen kam es dann vor allem wegen der RDG-Änderungen. Die einen befürchteten eine zu weitgehende Liberalisierung, den anderen ging die Abschottung des deutschen Marktes zu weit. Nachdem für die RDG-Änderung eine Lösung gefunden worden war, wurde das Gesetz gleichwohl im Dezember 2016 im Rechtsausschuss vertagt. Die geplante und dem Bundesverfassungsgericht geschuldete (BVerfG, AnwBl 2005, 427) Liberalisierung des Werberechts der Notare sorgte für Streit. Ende Januar 2017 und im Februar 2017 kam es dann erneut zu keiner Beschlussfassung im Rechtsausschuss. Inzwischen sind die Gründe bekannt: Gerungen wurde hinter den Kulissen um die sanktionierbare allgemeine Fortbildungspflicht (samt Geldbuße). Die Konkretisierung der Fortbildungspflicht war vom Deutschen Anwaltverein und der Bundesrechtsanwaltskammer gefordert worden. Das Bundesjustizministerium hatte die Idee umgesetzt. Doch die Rechtspolitiker von CDU-/CSU- sowie SPD-Fraktion wollten keine Fortbildungspflicht. Ebenso gestrichen wurde die obligatorische Ausbildung im anwaltlichen Berufsrecht. Damit war dann auch die geplante Geldbuße bei der Rüge hinfällig. Was von der kleinen BRAO-Reform jetzt übrig bleibt? Sie wird eine Nutzungspflicht ab 2018 für das bea schaffen. Zudem wird dann auch der Vorratsbeschluss der Satzungsversammlung zur Zustellung von Anwalt zu Anwalt aktuell werden (siehe AnwBl 2017, 8). Bei den Syndikusanwälten wird durch eine Rückwirkung der Zulassung auf den Tag des Zulassungsantrags die Lücke bei der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen Antragsstellung und Bescheidung geschlossen (siehe Hartmann/ Horn, AnwBl 2016, 726). Außerdem werden die Kammervorstände ab 1. Juli 2018 per Briefwahl gewählt. Das dürfte in der Praxis für viele Anwältinnen und Anwälte noch die Änderung sein, die sie am meisten spüren werden. Nur zum Wählen muss man sich zukünftig nicht mehr zur Kammerversammlung aufmachen. Fazit: Viel Lärm um wenig. Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin Anwaltsrecht BGH: Wenn zwei sich streiten kein Notanwalt Der Kläger wollte Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einlegen und hatte bereits einen BGH-Anwalt gefunden. Dann gab es jedoch am letzten Tag der Rechtsmittelfrist Streit um das Honorar. Die bereits gefertigte Beschwerdeschrift wurde nicht eingereicht. Den Antrag des Klägers auf Bestellung eines Notanwalts für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH abgelehnt (BGH, Beschl. v III ZA 22/16, abrufbar unter Eine Beiordnung habe zu erfolgen, wenn die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Anwalt nicht finden und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheinen. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Auch komme eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht, denn die Fristversäumung sei nicht unverschuldet. Entweder habe der Anwalt oder der Kläger den Dissens, der zum Verstreichen der Frist führte, zu vertreten. Rechtsprechung BGH: Strafsenate halten Großen Strafsenat auf Trab: Weitere Vorlagen Selbstverschuldete Trunkenheit Kein Bonus wegen selbstverschuldeter Trunkenheit: Der 3. Strafsenat ruft den Großen Strafsenat an (BGH, Beschl. v StR 63/15). Der Senat ist der Auffassung, dass der Tatrichter sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft ausübe, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stütze, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruhe. Nach seiner Auffassung wirkt jede verschuldete Trunkenheit eines Angeklagten in einem Maße schulderhöhend, dass allein deswegen die Strafrahmenmilderung nach 21, 49 Abs. 1 StGB versagt werden könne, ohne dass es dabei auf das Vorliegen einschlägiger Vorerfahrungen des Täters oder sonst das Risiko erhöhendes Verhalten ankomme. Die anderen Strafsenate (mit Ausnahme des 4.) wollen hingegen an ihrer entgegenstehenden Rechtsprechung festhalten. Strafzumessung bei sexuellem Kindesmissbrauch Der 3. Strafsenat ist in einer weiteren Rechtsfrage der Auffassung, dass dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung bei Taten des sexuellen Missbrauchs eines Kindes die gleiche Bedeutung zukomme wie bei anderen Straftaten. Auch diese Rechtsfrage hat er dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung vorgelegt (BGH, Beschl. v StR 342/15). Bis auf den 1. Strafsenat stimmten die anderen Senate der Rechtsauffassung des 3. Strafsenats zu. Der 1. Strafsenat will hingegen an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung festhalten (Beschluss vom 10. Mai Ars 5/16). JK Sämtliche Beschlüsse sind abrufbar unter AnwBl 4 / 2017

11 Kompaktkurse im 1. Halbjahr 2017 Wählen Sie Ihre Seminarblöcke! Sie haben die Möglichkeit, jeweils den gesamten Kurs oder auch Seminarblöcke nach Ihrer Wahl zu buchen. Arbeitsrecht kompakt (in Hamburg) Block 1: Sozialrechtliche Fallstricke beim Aufhebungsvertrag Donnerstag, , Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 2: Prozesstaktik im Arbeitsrecht Freitag, , 8.00 Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 3: Aktuelle Rechtsprechung des BAG zum Kündigungsschutzrecht Freitag, , Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 4: Social Media und Persönlichkeitsrechte im Arbeitsrecht Samstag, , 9.00 Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Mietrecht kompakt (in Berlin) Block 1: Kündigung und Räumung erfolgreich durchsetzen Donnerstag, 6. Juli 2017, Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 2: Die gebrauchte Mietsache Schönheitsreparaturen, Instandsetzung, Rückbau Freitag, 7. Juli 2017, 8.00 Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 3: Wohnungseigentums- und Bauträgerrecht in der Praxis Freitag, 7. Juli 2017, Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 4: Wohnbauförderung Samstag, 8. Juli 2017, 9.00 Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Ehe- und Familienrecht kompakt (in Berlin) Block 1: Aktuelle Fragen des Unterhalts- und Verfahrensrechts mit besonderem Schwerpunkt der Befristung und Begrenzung des nachehelichen Unterhaltes gem b BGB Donnerstag, , Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 2: Vermögensauseinandersetzung zwischen Eheleuten mit dem Schwerpunkt aktueller Fragen zum Zugewinnausgleich und Behandlung des einstweiligen Rechtsschutzes Freitag, , 8.00 Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 3: Familien- und strafrechtliche Aspekte bei der Anwendung des Gewaltschutzgesetzes und aktuelle Probleme im Versorgungsausgleich Freitag, , Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Block 4: Verfahren zum elterlichen Sorgerecht und zum Umgangsrecht in materiell-rechtlicher, verfahrensrechtlicher und kostenrechtlicher Betrachtung Samstag, , 9.00 Uhr bis Uhr (5 Vortragsstunden) Gebühr je Kompaktkurs 425,- EUR 2 Blöcke 555,- EUR 3 Blöcke 645,- EUR 4 Blöcke (gesamter Kurs) zzgl. gesetzl. USt. DeutscheAnwaltAkademie GmbH Littenstraße Berlin Fon 030 / Fax 030 / daa@anwaltakademie.de

12 Nachrichten Leserreaktion» Was nichts kostet, ist auch nichts wert Zum Beitrag Professionelles Kanzleimanagement in Zeiten des Fachkräftemangels von Yvonne Müller im März-Heft des Anwaltsblatts (AnwBl 2017, 264): Zu den Berufspflichten eines Rechtsanwalts gehört auch der 26 Abs. 2 BORA: Der Rechtsanwalt darf andere Mitarbeiter und Auszubildende nicht zu unangemessenen Bedingungen beschäftigen. Es stellt sich die Frage, was unangemessen ist. Die Leserinnen und Leser erahnen sicherlich, auf welches konkrete Problem ich mit Verweis vor allem auf die aktuelle Situation in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in vielen anderen Gegenden in der Bundesrepublik, aufmerksam machen möchte: Die Gehaltssituation und die empfohlenen Ausbildungsvergütungen der Rechtsanwaltskammern (in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel 400 Euro im ersten Ausbildungsjahr). Die durchschnittliche tarifliche Ausbildungsvergütung in IHK- und Handwerkskammerberufen liegt im ersten Ausbildungsjahr in den ostdeutschen Bundesländern bei rund 700 Euro. Rechtsanwaltsfachangestellte halten es für absolut unangemessen, dass ihnen oft nur das Mindestarbeitsentgelt nach 1 MiLoG angeboten wird oder ein Entgelt, dass lediglich geringfügig darüber liegt. Der sogenannte Mindestlohn wurde als unterste Einkommensgrenze für ungelernte beziehungsweise gering qualifizierte Arbeitskräfte eingeführt. Rechtsanwaltsfachangestellte sind versierte und auf Anwaltskanzleien spezialisierte Fachkräfte und absolvieren eine dreijährige und umfangreiche Berufsausbildung. Die Anwaltschaft bildet ihre Fachangestellten selbst aus und gewährt ihnen anschließend die Vergütung, als wären sie ungelernt oder gering qualifiziert. Im Grunde genommen stellt sich nach meiner Auffassung die ausbildende Anwaltschaft damit selbst ein schlechtes Zeugnis aus: Wir haben euch schlecht ausgebildet. Oder aber die nicht ausbildenden Kanzleien übernehmen anderswo ausgebildete Fachangestellte und unterstellen, dass die Ausbildungskanzleien schlechte Ausbildungsarbeit geleistet haben. Viele KollegInnen, die in andere Branchen wechseln, tun dies nicht, weil ihnen die Arbeit in Anwaltskanzleien keinen Spaß mehr macht. Sie wechseln, weil sie mit Mindestlohn, Mindesturlaub, Mindestbüroausstattung (Technik, Literatur) nicht mehr auskommen wollen. Zumindest kann ich das für Mecklenburg-Vorpommern klar sagen. Starre Arbeitszeiten von 40 Stunden pro Woche, die selbstverständlich auch am Freitag mindestens bis 16 Uhr dauern, am liebsten täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr mit bestenfalls noch einer Stunde Mittagspause sind bei einem Mindestlohn von Euro brutto nicht mehr seriös. Es ist nicht angemessen, Gehälter zu zahlen, die eine Vollzeitbeschäftigte dazu zwingen, ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu beanstragen. Es ist nicht angemessen, Niedriglöhne zu zahlen (der Niedriglohnsektor beginnt gemäß Statistischem Bundesamt seit 2014, wenn eine Person weniger als 11,09 Euro pro Stunde verdient, 2018 wird der Betrag neu ermittelt und dürfte dann in etwa bei 11,30 Euro pro Stunde liegen). Selbstverständlich bestimmt der Markt den Preis, aber dann sollten Kanzleien akzeptieren, dass dieser Lohn nicht mehr von den Schulabgängern und den ausgebildeten Fachkräften hingenommen wird. Es genügt nicht, die Fähigkeiten und Fertigkeiten von Rechtsanwaltsfachangestellten zu schätzen, es bedarf auch einer entsprechenden Wertschätzung. Jana Gelbe-Haußen, Geprüfte Rechtsfachwirtin, Rostock Der Aufsatz greift sehr viel Richtiges auf. Was allerdings fehlt und vielen Anwälten nicht bewusst ist: Viele Fachangestellte wechseln in die freie Wirtschaft, weil dort die Bezahlung angemessen ist. Welches freie Unternehmen zahlt heute für eine 40-Stunden- Fachkraft den Mindestlohn von Euro brutto? Keines! Nur Anwälte in Ballungsräumen wie München etc. zahlen einen angemessenen Lohn. Sobald man sich von dort wegbewegt, reduziert sich das Bruttogehalt teilweise um 800 Euro und mehr. Dies ist bei großen Baufirmen etc. in Kreisstädten nicht so. Da ist es nicht verwunderlich, dass man als ausgebildete Fachkraft dorthin wechselt. Annett Obetzhauser, Rechtsanwalts-Fachangestellte Anwalt digital Legal Tech Konferenz: Digitalisierung des Rechts in der Praxis Wie können bestehende und neue Technologien für die anwaltliche Rechtsdienstleistungspraxis genutzt werden? Die Referenten der Berlin Legal Tech Konferenz am 10. Februar 2017 gaben Einblicke in den Stand der Technik, sowie Denkanstöße zu aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Industrialisierung, Künstliche Intelligenz und Blockchain. Unter den 200 Konferenzbesuchern waren auch viele Teilnehmer des vorangegangen Hackathons (siehe in diesem Heft, Zunker, AnwBl 2017, 422). Bereits während des zweitägigen, von Workshops begleiteten Wettbewerbs haben 100 Juristen, Legal Engineers und Entwickler in interdisziplinären Teams neue softwarebasierte Ansätze für die Zukunft des Rechtsdienstleistungsmarktes präsentiert. Ein ausführlicher Konferenzbericht zu der Berlin Legal Tech Konferenz findet sich auf blatt.de bei den News. Weitere Informationen: Anwaltsrecht RAK Berlin: Anwalt beim BGH abschaffen Die Kammerversammlung der Rechtsanwaltskammer Berlin hat sich am 8. März 2017 gleich mit zwei Themen von bundesweiter Bedeutung beschäftigt. In den Fokus der Kritik kam vor allem die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) als Dachorganisation aller 28 Rechtsanwaltskammern in Deutschland. Ihr wurde vor allem mangelnde Transparenz bei bea und den Finanzen vorgeworfen. Außerdem forderte die Kammerversammlung die Abschaffung des speziell und nur beim BGH zugelassen Rechtsanwalts. Eine ausführliche Meldung ist unter blatt.de/de/news zu finden. 362 AnwBl 4 / 2017

13 Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser. 68. DeutscherAnwaltstag Mai 2017 in Essen Innovationen und Legal Tech DAT FÜR EINSTEIGER am 24. Mai 2017 von Uhr mit anschließendem Netzwerk- und E-Gaming-Event! Der Deutsche Anwaltstag bietet ein besonderes Programm für junge Juristen und Berufseinsteiger. Zu Beginn des 68. Deutschen Anwaltstages in Essen erwartet Sie der DAT für Einsteiger (Teilnahme: 15 ) mit Fachvorträgen und anschließendem Netzwerk- und E-Gaming-Event. Daneben eignen sich zahlreiche weitere Veranstaltungen des Deutschen Anwaltstages für junge Juristen, Berufseinsteiger, Referendare und Studierende (im Programm mit einem E gekennzeichnet). Programm und Anmeldung unter: Anwalt der Anwälte

14 Nachrichten Rechtsprechung BGH: Kein Revisionsgrund, weil Referendar Protokoll geschrieben hat Es muss nicht immer der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle sein, der das Protokoll bei Gericht führt. Auch Referendarinnen und Referendare dürfen für diese Aufgaben herangezogen werden. Dabei muss es sich nicht um die der erkennenden Strafkammer als Stationsreferendare zugewiesenen Stationsreferendare handeln. Der BGH hat eine hierauf gestützte Revision verworfen (BGH, Beschl. v StR 548/16, abrufbar unter gerichtshof.de). Die Angeklagten hatten sich gegen ihre Verurteilung mit der Begründung gewandt, die Hauptverhandlung sei nicht in ununterbrochener Gegenwart eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgt. Damit liege ein Verstoß gegen 226 Abs. 1, 338 Nr. 5 StPO vor. Referendare dürften nicht mit Aufgaben des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut werden, wenn sie im Zeitpunkt der Protokollführung nicht der erkennenden Strafkammer als Stationsreferendare zugewiesen seien. Das sah der BGH anders und berief sich auf 153 Abs. 2 und 5 Satz 1 GVG. Die in Bremen geltenden Vorschriften sehen vor, dass Referendare mit der selbständigen Wahrnehmung von Aufgaben der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beauftragt werden können ( 20 Abs. 1 AGGVG Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetz). Die von den Beschwerdeführern geforderte Einschränkung enthielten sie jedoch nicht, so der BGH. Auch an der erforderlichen Befähigung der eingesetzten Referendare hatte der Senat nichts auszusetzen. Mängel in der Protokollführung hatte aber auch die Verteidigung nicht geltend gemacht. Es sei fernliegend, dass den Referendaren die erworbene Befähigung nur bei aktueller Zuweisung an die jeweils erkennende Strafkammer oder an das betroffene Landgericht zukommen könne, so der Senat weiter. JK Europa EuGH-Generalanwalt: Elektronischer Rechtsvekehr für alle Anwälte Einem Rechtsanwalt, der in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist, darf der Zugang zum elektronischen Rechtsverkehr in einem anderen Mitgliedstaat nicht alleine aus dem Grund verwehrt werden, dass der Rechtsanwalt nicht Mitglied der dortigen Rechtsanwaltskammer ist. So äußerte sich EuGH-Generalanwalt Wathelet in seinen Schlussanträgen vom 9. Februar 2017 in der Rechtssache Lahorgue ( C-99/16, nur in englischer Sprache verfügbar). Ihnen liegt der Fall eines in Luxemburg zugelassenen, französischen Rechtsanwalts zugrunde, dem die Einrichtung eines Zugangs zu dem Virtuellen Privaten Anwaltsnetzwerk (RPVA) in Frankreich, welches der elektronischen Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und Gerichten dient, von der Rechtsanwaltskammer Lyon verwehrt wurde. Nach Auffassung des EuGH-Generealanwalts verstößt die Verwehrung des Zugangs zum elektronischen Rechtsverkehr gegen Art. 4 der anwaltlichen Dienstleistungsrichtlinie 77/249/EWG. Einschränkungen der freien Dienstleistung seien zwar aus Gründen der ordentlichen Rechtspflege möglich. Allerdings sei die Maßnahme unverhältnismäßig. Ein hiervon betroffener Rechtsanwalt müsste nämlich in Rechtsangelegenheiten, in denen kein sogenannter Einvernehmensanwalt erforderlich ist, faktisch auf einen bei der örtlichen Kammer zugelassenen Rechtsanwalt zurückgreifen. Zudem werde auch bei der postalischen Zustellung nicht systematisch die Anwaltseigenschaft geprüft. Der EuGH ist an die Anträge des Generalanwalts nicht gebunden, folgt diesen jedoch in einer Vielzahl von Fällen. Der Beitrag wurde zuerst in dem DAV-Newsletter Europa im Überblick (EiÜ) des Brüsseler DAV- Büros veröffentlicht. Rechtsprechung BGH: Gedrucktes Siegel reicht für Behörde nicht In Zeiten des elektronischen Rechtsverkehrs mutet der Fall ziemlich skurril an. Der BGH hat entschieden, dass ein Ersuchen des Insolvenzgerichts an das Grundbuchamt in einer Wohnungseigentumssache mit einem gedruckten Siegel nicht reiche. Der BGH hat auf 17 Seiten ausführlich begründet, dass ein lediglich drucktechnisch erzeugtes Behördensiegel den im Grundbuchverfahren geltenden Formanforderungen des 29 Abs. 3 GBO (Grundbuchordnung) für ein Behördenersuchen nicht genüge. Erforderlich sei vielmehr eine individuelle Siegelung mit einem Prägesiegel oder einem Farbdruckstempel (BGH, Beschl. v V ZB 88/ 16, abrufbar unter hof.de). JK Deutscher Anwaltverein Gut zu finden das aktuelle Anwaltsverzeichnis 2017 Im Herbst 2017 erscheint die Neuauflage des Anwaltsverzeichnisses, herausgegeben vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Es beruht auf den beim DAV gespeicherten Daten von Anwältinnen und Anwälten. Im Anwaltsverzeichnis werden auf Wunsch auch Anwältinnen und Anwälte aufgeführt, die nicht Mitglied eines örtlichen Anwaltvereins sind. Um die Daten für den kostenlosen Eintrag korrekt wiederzugeben, empfiehlt der DAV deren Prüfung und gegebenenfalls Korrektur für die Neuauflage. Bis zum 27. April 2017 können Datenänderungen oder auch die Bestätigung der korrekt erfassten Daten mitgeteilt werden. Die DAV-Online-Plattform ermöglicht es jeder Rechtsanwältin und jedem Rechtsanwalt, unabhängig von einer Mitgliedschaft, die beim DAV gespeicherten Daten (einschließlich der Angaben zu den Teilbereichen der Berufstätigkeit) selbstständig online zu prüfen und zu aktualisieren. Eine gesonderte postalische Abfrageaktion wird es nicht geben. DAV-Online-Plattform: line_plattform 364 AnwBl 4 / 2017

15 Recht einfach finden! Die SoldanFachsuche ist Ausgangspunkt für jede juristische oder steuerrechtliche Recherche. Sie vereint den Zugang zu Online-Datenbanken, die Simultansuche in ausgesuchten Quellen und eine Online-Bibliotheksverwaltung in einem Portal. soldan.de/fachsuche

16 Der gebundene Schönfelder mit Stand Januar Schönfelder Deutsche Gesetze Gebundene Ausgabe I/2017 Stand: Januar Rund 4480 Seiten. Gebunden 39,80 ISBN NeuimMärz2017 Mehr Informationen: Die gebundene Ausgabe istdiekompaktealternativezur Loseblatt-Sammlung Schönfelder, Deutsche Gesetze, dem Standardwerk der Juristen. Sie ist ideal für diejenigen, die auf ein Nachsortieren von Ergänzungslieferungen verzichten möchten und Wert auf einen dokumentierten Gesetzesstand legen.derinhaltistmitderloseblatt- Textsammlung identisch und enthält allewichtigengesetzeimbereichdes Zivil-, des Straf- und des zugehörigen Verfahrensrechts. Ein ausgefeiltes Sachverzeichnis erleichtert das Auffinden der gesuchten Normen und spartvielzeit. Jetzt wieder neu DieaktuelleAusgabeI/2017mitStand Januar2017enthältu.a.dieÄnderungen durch das EU-KontenpfändungsVO-DurchführungsG (EuKoPfVODG) Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber undausübendenkünstlerauf angemessene Vergütung und zur Regelung von Fragen der Verlegerbeteiligung Erhältlich im Buchhandel oder bei: beck-shop.de Verlag C.H.BECK ohg München Preise inkl. MwSt

17 Aufsätze 368 Die kleine BRAO-Reform ist viel zu klein: Was braucht eine große BRAO-Reform? Mit Beiträgen von Prof. Dr. Dr. h.c. Hanns Prütting (Köln), Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Hirtz (Köln), Prof. Dr. Matthias Kilian (Köln), Prof. Dr. Martin Henssler (Köln), Rechtsanwalt Prof. Dr. Dirk Uwer (Düsseldorf), Rechtsanwalt Peter Maxl (Berlin), Rechtsanwalt Dr. Cord Brügmann (Berlin), Rechtsanwalt Markus Hartung (Berlin), Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons (Duisburg), Oberstaatsanwältin Imke Reelsen (Hamm), Rechtsanwalt Prof. Dr.Wolfgang Ewer (Kiel), Rechtsanwalt Prof. Niko Härting (Berlin), Prof. Dr. Reinhard Singer (Berlin) und Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Gasteyer (Frankfurt am Main) Das mag Anwältinnen und Anwälte freuen: Ein Berufsrecht, das mit der Wirklichkeit nicht mehr viel zu tun hat. Denn wo es keine wirksame Regulierung gibt, wird es auch keine Aufsicht geben. Doch diese Bequemlichkeit könnte sich rächen: Ein Berufsrecht jenseits der Wirklichkeit, mag nicht stören, verhindert aber die Modernisierung der Anwaltschaft im Wettbewerb der Rechtsdienstleister. Warum aus der kleinen BRAO-Reform nur eine klitzekleine Reform geworden ist, erläutert Dirk Uwer (ab Seite 386). Ansonsten liefern die Vorträge der Jahrestagung des Kölner Instituts für Anwaltsrecht aus dem Dezember 2016 einen guten Überblick, was der Gesetzgeber hätte regeln sollen und noch regeln sollte. Im Zentrum steht vor allem eine Erleichterung bei der interprofessionellen Zusammenarbeit (einen Tagungsbericht gibt es im Magazin: Kallenbach, AnwBl 2017, 424). 408 Die Altersstruktur der deutschen Anwaltschaft stirbt der Generalist aus? Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln Über das Alter deutscher Anwältinnen und Anwälte hat lange niemand nachgedacht. Doch inzwischen ist der Strom von Nachwuchsjuristen versiegt, die Anwaltschaft wächst nicht mehr. Damit steigt auch das Durchschnittsalter. Eine Erkenntis der Zahlen: Der Generalist könnte einfach aussterben. 411 Bücherschau: Sozietätsrecht Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln Scheinkonstruktionen zur Vermarktung von angestellten Anwälten und freien Mitarbeitern sind nach wie vor beliebt. Wichtige Bücher zum Sozietätsrecht stellt der Autor diesmal in seiner monatlichen Bücherschau zum Anwaltsrecht vor.

18 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Berufsrecht 2020 Ausgangspunkt 2016 Die Reformbaustellen des Berufsrechts sind zahlreich daran ändert die kleine BRAO-Reform nichts * Prof. Dr. Dr. h.c. Hanns Prütting, Köln Das anwaltliche Berufsrecht hat im Jahre 2016 eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht. In einem Symposium am 9. Dezember 2016 in Köln wurde der Versuch gemacht, die vielfältigen Facetten der aktuellen Entwicklung und der nahen Zukunft aufzuzeigen und zu analysieren. Der folgende Beitrag versteht sich als Überblick und Einführung in die Thematik. Das Kölner Institut für Anwaltsrecht hatte im Dezember 2015 zu einem Berufsrechts-Symposium über die Frage der anwaltlichen Fortbildung eingeladen (vgl. Prütting, AnwBl 2016, 272). Damals schien es so, als ob dies die vielleicht wichtigste aktuelle Frage aus dem Spektrum des anwaltlichen Berufsrechts sei. Tatsächlich hat das Bundesjustizministerium dieses Thema in seiner kleinen BRAO-Reform 2016 auch aufgegriffen, der Bundestag hat es allerdings wieder gestrichen. Was allerdings im Jahre 2015 noch nicht so deutlich hervortrat, ist die Tatsache, dass sich 2016 die aktuellen und drängenden Probleme und Themen vervielfacht haben, wie das Symposium gezeigt hat. Bereits am 1. Januar 2016 ist das Gesetz zur Neuordnung der Syndikus-Rechtsanwälte vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I 2517) in Kraft getreten. Die Neuregelung hat mancherlei Fragen offen gelassen, die 2016 intensiv diskutiert wurden (vgl. Schafhaussen, AnwBl. 2016, 719; Ewer, AnwBl. 2016, 721; Posegga, AnwBl. 2016, 723; Hartmann/Horn, AnwBl. 2016, 726; Huff, AnwBl. 2017, 40). Offen geblieben sind insbesondere Fragen der rückwirkenden Anwendung des Gesetzes, des Betroffenseins von Altsyndikus-Rechtsanwälten sowie der Vertretung des eigenen Arbeitgebers durch den Syndikusrechtsanwalt. Die am 19. Juli 2016 ergangene Verfassungsgerichtsentscheidung (BVerfG, AnwBl. 2016, 764) hat zu einzelnen Punkten wertvolle Hinweise gebracht, obgleich sie formal die Verfassungsbeschwerden als unzulässig abgewiesen hat. Am 12. Januar 2016 hat das BVerfG in der Horn-Entscheidung das Verbot einer Sozietät von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern beseitigt (BVerfG, AnwBl 2016, 261). Die Folgerungen aus dieser Entscheidung sind bis heute noch nicht geklärt. Das gilt in gleicher Weise für die zurückliegende Entscheidung des BVerfG vom 14. Januar 2014 zu den Mehrheitserfordernissen in der Anwalts- und Patentanwalts-GmbH (BVerfG, AnwBl 2014, 270). Diese Themenbereiche wurden auf dem Symposium intensiv behandelt. Seit Anfang Mai 2016 gibt es einen Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungs-Richtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe, gerne auch als kleine BRAO- Reform bezeichnet. Das Gesetz hat am 8. März 2017 endlich den Rechtsausschuss des Bundestags passiert und wird im Frühjahr in Kraft treten. Große Schwierigkeiten bereitet allen freien Berufen in besonderer Weise der desolate Zustand des Personengesellschaftsrechts und die dringend erforderliche saubere Trennung von Berufsrecht und Sozietätsrecht. Dieses Thema hat bekanntlich der 71. Deutsche Juristentag im September 2016 in Essen eingehend behandelt (vgl. Prütting, AnwBl 2016, 637). Martin Henssler hat sich mit der Thematik in umfassender und vertiefter Weise beschäftigt (in diesem Heft, AnwBl 2017, 378). Bereits diese Aufzählung von Themen macht den umfassenden Reformbedarf im Gesellschafts- und Berufsrecht der freien Berufe überdeutlich. Dabei handelt es sich keineswegs um eine erschöpfende Liste. So ist von Härting darauf hingewiesen worden, dass Fragen des Datenschutzes im Bereich der freien Berufe demnächst stark nach vorne drängen werden, spätestens wenn am 25. Mai 2018 die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft treten wird (in diesem Heft, AnwBl 2017, 407, Volltext AnwBl Online 2017, 181). Überraschend hat im Dezember 2016 schließlich das Bundesjustizministerium noch einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen veröffentlicht (mit Änderungen von 203 StGB und 43 a Abs. 2 BRAO sowie der Einfügung eines neuen 43 f BRAO), der überarbeitet im Februar 2017 zum Regierungsentwurf geworden ist. Nicht behandelt werden konnten im Rahmen des Symposiums die Fragen eines künftigen Berufsrechts der Insolvenzverwalter, der zertifizierten Mediatoren und der Schiedsrichter in Abgrenzung zur jeweiligen anwaltlichen Tätigkeit. Hier stehen die Überlegungen teilweise noch ganz am Anfang oder werden bisher durch Scheinlösungen verdeckt. Übt der Rechtsanwalt eine konkrete Tätigkeit als Insolvenzverwalter, als Mediator oder als Schiedsrichter aus, so ergeben sich jeweils Fragen zum anwendbaren Berufsrecht, die vor allem deshalb Schwierigkeiten bereiten, weil es bisher kein eigenes Berufsrecht für diese Tätigkeiten gibt. Insbesondere im Insolvenzrecht wird zur Lückenfüllung das allgemeine anwaltliche Berufsrecht herangezogen (zuletzt BGH, ZIP 2015, 1546). Diese Lösung überzeugt nicht (Prütting, Festheft für Knauth, Beilage zu ZIP 22, 2016, S. 61). Hier wäre in Wahrheit ein Tätigwerden des Gesetzgebers dringend erforderlich. Aber auch die Tätigkeit als Schiedsrichter wirft vergleichbare Fragen auf. Auch hier zeigt eine vertiefte Analyse, dass die schiedsrichterliche Tätigkeit keine spezifische Ausübung des Anwaltsberufs ist und daher das anwaltliche Berufsrecht nicht anwendbar ist (Prütting, SchiedsVZ 2011, 233, 237 ff.). Ein Sonderfall ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Mediator. Hier bestimmt 18 BORA eindeutig und überzeugend, dass ein Rechtsanwalt, der als Mediator tätig wird, die Regeln des anwaltlichen Berufsrechts zu beachten habe. Prof. Dr. Dr. h.c. Hanns Prütting, Köln Der Autor ist Direktor des Instituts für Verfahrensrecht sowie Geschäftsführender Direktor des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die erweiterte Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Einführungsvortrag (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). 368 AnwBl 4 / 2017 Berufsrecht 2020 Ausgangspunkt 2016, Prütting

19 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Reformbedarf bei Anwaltsgesellschaften Kleines Fazit der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht Köln Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Hirtz, Köln Die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit anderen Berufen zu erleichtern und das Berufsrecht der Anwaltsgesellschaft zu reformieren: Das waren die vielleicht wichtigsten Reformimpulse der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln. Der Autor moderierte die Podiumsdiskussion und zieht sein persönliches Fazit. Das Berufsrecht der Rechtsanwälte bedarf in vielen Bereichen einer zeitnahen Erneuerung. Das im Tagungstitel genannte Jahr 2020 mag unter Berücksichtigung rechtspolitischer Erfahrungen zwar ein realistischer Zeitpunkt sein. Die Tagung hat gezeigt, dass insbesondere im Bereich interprofessioneller Berufsausübungsgesellschaften eine frühere Reform geboten ist. Aus dem Bericht von Matthias Kilian (in diesem Heft, AnwBl 2017, 370) über die Erfahrungen in England und Wales mit der Zulassung von interprofessionellen Sozietäten und Fremdkapital (Alternative Business Structure) war für mich der Befund bedeutsam, dass nach wie vor Empfehlungen von Mandanten für die Mandatsakquise eine besondere Bedeutung haben. Auch wenn der Entitätsgedanke für die Berufsrechtsreform in Deutschland fruchtbar gemacht werden muss, bleibt in Hinblick darauf, dass der Anwaltsberuf ein Vertrauensberuf ist (und bleiben sollte), eine Anknüpfung der Berufspflichten an die Person des einzelnen Berufsträgers von Bedeutung. Sie muss allerdings ergänzt werden durch eigene berufsrechtliche Regelungen für Berufsausübungsgemeinschaften. Die konkrete Form der Berufsausübung durch eine Gesellschaft wird bislang von der BRAO nicht hinreichend reflektiert. Sinnvoll wäre eine eigene Zulassung der Gesellschaft, wie sie grundsätzlich bereits für die Anwalts GmbH (wenngleich mit untauglichen Voraussetzungen) vorgesehen ist. Der durch internationale Erfahrungen geschärfte Blick von Cord Brügmann (in diesem Heft, AnwBl 2017, 395) bestätigt die Notwendigkeit, das deutsche Modell anwaltlicher Selbstverwaltung, das sich am Gemeinwohlinteresse und Mandanteninteresse orientiert, durch aktive Mitwirkung und ein modernes Berufsrecht zu stärken. Der Vortrag von Wolfgang Ewer (in diesem Heft, AnwBl 2017, 407, Volltext AnwBl Online 2017, 175) hat verdeutlicht, dass die Vorstellung einer Vereinheitlichung der Berufsrechte der freien Berufe jedenfalls dann zu kurz greift, wenn die sich aus den einzelnen Berufen ergebenden Besonderheiten planiert würden. Die Skepsis von Ewer in Hinblick auf ein einheitliches Berufsrecht der freien Berufe muss indessen nicht im Widerspruch stehen zum Plädoyer von Peter Maxl (in diesem Heft, AnwBl 2017, 390) für ein möglichst einheitliches Berufsrecht. Die Besonderheiten der verschiedenen freien Berufe (zum Beispiel Wirtschaftsprüfer einerseits und Rechtsanwalt andererseits) erfordern zwar wegen unterschiedlicher Schutzzwecke auch unterschiedliche berufsrechtliche Regelungen. Das ändert aber nichts daran, dass in den Berufsrechten Regelungen daraufhin zu überprüfen sind, ob sie (insbesondere in Hinblick auf gewerbliche Tätigkeit und/oder Werbung) sachgerecht sind. Für interprofessionelle Berufsausübungsgemeinschaften wird auch hier der Entitätsgedanke fruchtbar sein. Der bisher schon bestehende Grundsatz, wonach sich das jeweils strengere Berufsrecht durchsetzt, ermöglicht durchaus eine liberale Zulassung von interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaften. Die Regelung anwaltlicher und interprofessioneller Berufsausübungsgemeinschaften steht vor dem von Martin Henssler (in diesem Heft, AnwBl 2017, 378) herausgearbeiteten Dilemma, dass sowohl das allgemeine Personengesellschaftsrecht als auch das Berufsrecht der Sozietäten dringenden Reformbedarf aufweist. Ob die von Henssler vorgeschlagene Reform des Personengesellschaftsrechts zeitnah umgesetzt wird, erscheint mir fraglich. Deshalb halte ich es für geboten, die berufsrechtlichen Fragen anwaltlicher und interprofessioneller Berufsausübungsgemeinschaften jedenfalls zeitnah durch eine Reform zu regeln, ohne auf eine Änderung des Personengesellschaftsrechts zu warten. Dazu ist es erforderlich, einheitliche Regeln für alle Anwaltsgesellschaftstypen aufzustellen und bei allen Gesellschaftsformen deren Zulassung und Trägerschaft von Berufspflichten zu regeln. Insoweit ist es auch dringend geboten, zugleich die Regelungen zu Tätigkeitsverboten im Sinne des 45 BRAO zu überarbeiten. Nach meinem Eindruck werden die von Henssler vorgetragenen Überlegungen jedenfalls im Ergebnis durch die Ausführungen von Markuns Hartung (in diesem Heft, AnwBl 2017, 397) und Reinhard Singer (in diesem Heft, AnwBl 2017, 407, Volltext AnwBl Online 2017, 178) bestätigt. In der Tat ist 59 a BRAO in Hinblick auf die Entscheidungen des BVerfG (AnwBl 2014, 270 und 2016, 261) ohne zeitliche Verzögerung zu reformieren. Der Kreis der sog. sozietätsfähigen Berufe ist zu erweitern. Zugleich sind die berufsrechtlichen Anforderungen an Rechtsanwaltsgesellschaften (nicht nur wegen der gebotenen Streichung der verfassungswidrigen Mehrheitserfordernisse; 59 e ff. BRAO) gänzlich neu zu fassen. Eine Orientierung an den Regelungen zur Anwalts GmbH ( 59 c ff. BRAO) empfiehlt sich auch deshalb nicht, weil diese Regelungen schon jetzt ein Fremdkörper sind. Die Überregulierung anwaltlicher Kapitalgesellschaften kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil entsprechende Regelungen zu anwaltlichen Personengesellschaften auch nach dem derzeitigen Rechtszustand fehlen. Indessen scheint mir eine Aufgabe des Fremdbesitzverbotes weder sinnvoll noch geboten. Prof. Dr. Bernd Hirtz, Köln Der Autor ist Rechtsanwalt und Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln. Er ist auch Vorsitzender des Zivilverfahrensrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. Aufsätze Reformbedarf bei Anwaltsgesellschaften, Hirtz AnwBl 4 /

20 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung Paradigmenwechsel zwischen Risk-based regulation und Entity-based Regulation * Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln Das Berufsrecht in Deutschland knüpft noch immer an der einzelnen Anwältin oder dem einzelnen Anwalt an. Sie alleine treffen die Berufspflichten. Tatsächlich prägen den Rechtsdienstleistungsmarkt heute aber Kanzleien und zunehmend nicht-anwaltliche Dienstleister. Als Auftakt zur Tagung Berufsrecht 2020 des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln stellte der Autor die neuen Regulierungsansätze aus dem Ausland vor. Bezugspunkt von Regulierung ist dort immer öfter zum einen die von Rechtsanwälten erbrachte Rechtsdienstleistung als solche oder die Entität, in der Rechtsanwälte zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen tätig sind. Der Autor untersucht dabei auch, in wie weit diese Lösungen Vorbild für eine große BRAO-Reform sein könnten. I. Einleitung Das anwaltliche Berufsrecht stammt in seinen Grundentscheidungen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert und damit aus einer Zeit, als es in Deutschland rund Rechtsanwälte gab 1. Sie legten allmorgendlich Frack und Zylinder an, stiegen in eine Kutsche, ließen sich in ihre herrschaftliche Kanzlei fahren, in der sie im günstigsten Fall von einem Bürovorsteher, einem Büroboten und einer Schreibkraft unterstützt wurden. Rechtsanwalt und Kanzlei waren ein und dasselbe, Sozietäten waren nicht nur überörtlich, sondern auch örtlich unbekannt 2. Nennenswerte Konkurrenz von anderen Anwälten oder sonstigen ernsthaften Rechtsdienstleistern gab es zumeist nicht 3. Der Rechtsanwalt, tief verwurzelt im lokalen Umfeld und in seinem beruflichen Wirken örtlich beschränkt, betreute Mandate von allen Bürgern und Unternehmern vor Ort, die sich einen Rechtsanwalt leisten konnten und wollten. Spezialisierung gab es nicht 4, wie überhaupt viele Rechtsgebiete, mit denen sich Juristen heute beschäftigen, noch nicht erfunden waren. Legal Tech beschränkte sich auf eine Schreibmaschine, internationales Geschäft war unbekannt, anwaltliche Tätigkeit war stark von Auftreten vor Gericht geprägt. Heute, mehr als 130 Jahre später, ist das Bild gänzlich anders und der Gegenwartsbefund bedarf keiner näheren Skizzierung 5. Auch wenn das Berufsrecht immer wieder modernisiert worden ist, häufig aufgrund korrigierender Eingriffe des Bundesverfassungsgerichts, so lässt sich der Stammbaum der BRAO nicht verleugnen legt man die RAO von 1879 neben die BRAO von 1959, so sind die zentralen Grundentscheidungen unverändert. Hierzu zählt insbesondere, dass zentraler Anknüpfungspunkt von Regulierung durch Berufsrecht der einzelne Rechtsanwalt ist. Deutschland reguliert von jeher Berufsträger, nicht etwa Kanzleien als die eigentlichen Marktteilnehmer der Gegenwart oder die Rechtsdienstleistung als das auf dem Markt gehandelte Produkt. Historisch gibt es für diesen Ansatz gute Gründe: Kanzleien bestanden lange Zeit fast ausnahmslos nur aus einem einzelnen Berufsträger 6, und seine professionelle Dienstleistung bot kein anderer Rechtsdienstleister an. Der Anwaltsvertrag war noch etwas so besonderes, dass er als Vertrag sui generis angesehen wurde 7, rechtsfähige Berufsausübungsgesellschaften als rechtliches Gegenüber von Mandanten waren noch nicht bekannt. Die Anknüpfung von Regulierung, aber auch der Rechtsbeziehungen von Mandanten beim Rechtsanwalt als Berufsträger führte deshalb zu keinen Friktionen. Hierin unterscheidet sich das deutsche Berufsrecht nicht von Grundentscheidungen, die vor 150, 100 Jahren in anderen Rechtsordnungen getroffen worden sind. International wird allerdings, insbesondere in den angelsächsisch geprägten Rechtsordnungen, seit einiger Zeit hinterfragt, ob dieser Regulierungsansatz zukunftsweisend ist. Aus den Gründen hierfür macht man keinen Hehl: So berichtet dass Legal Services Board, der sog. Super Regulator in England und Wales 8, mit gewissem Stolz vom Ergebnis der ersten Reformstufe, nämlich dass zwischen 2007 und 2014 der Umsatz mit Rechtsdienstleistungen in England und Wales von jährlich 27 Mrd. auf 32 Mrd. Euro und der Export von Rechtsdienstleistungen aus Großbritannien heraus in andere Länder um 33 Prozent zugenommen habe 9. Australien hat bereits kurz nach der Jahrtausendwende weitreichende Reformen mit dem Wunsch begründet, Australien zum Zentrum des Rechtsdienstleistungsmarktes im asiatisch-pazifischen Raum zu machen und australischen Kanzleien durch ein modernes Berufsrecht eine internationale Expansion zu ermöglichen 10. Dieser Beitrag erläutert, in welche Richtung gegenwärtig Reformüberlegungen in anderen Rechtsordnungen gehen. Eine Vergegenwärtigung der Diskussion, die andere führen, kann dazu beitragen, die erforderliche gedankliche Klarheit zu gewinnen, über welche Fragestellungen auch in Deutschland nachgedacht werden sollten zu welchem Ergebnis dieser Diskurs dann in Folge dieses Nachdenkens auch immer kommen mag. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und mit Fußnoten versehene Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). 1 Kilian/Dreske (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft 2015/16, S Kilian/Koch, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2017, Rn. B Ausführlich zur Entwicklung der vergesellschafteten Berufsausübung Ganster, Freier Beruf und Kapitalgesellschaft das Ende der freien Professionen?, 2000, S. 20ff.; ferner Zuck, NJW 1990, 954, 955; Henssler, JZ 1992, 697, kamen auf einen Rechtsanwalt Bürger, gegenwärtig kommen auf einen Rechtsanwalt 500 Bürger, Kilian/Dreske (Hrsg.), aao (Fn. 1), S. 33f. 4 Die Idee einer Spezialisierung kam erstmals in den 1920er Jahren auf, näher Hommerich/ Kilian, Fachanwälte, 2011, S. 29 ff. 5 Zu Strukturen der anwaltlichen Berufsausübung im Detail Kilian, Anwaltstätigkeit der Gegenwart, Vgl. Weißler, Geschichte der Rechtsanwaltschaft, 1905, S Kilian/Koch, aao (Fn. 2), Rn. B Zu diesem Passmore, AnwBl 2014, 140ff. 9 Legal Services Board, Evaluation: Changes In the Legal Services Market 2006/ / 15: An analysis of market outcomes associated with the delivery of the regulatory objectives, Summary, 2016, S NSW Legislative Council Hansard, 12 October 2000, S. 9153: The [ILP] will allow Australia to become the legal hub for the provision of legal services in the Asia-Pacific region. 370 AnwBl 4 / 2017 Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung, Kilian

21 Anwaltsrecht II. Bestandsaufnahme 1. Entwicklungslinien des Berufsrechts Wichtig ist Reflektion über internationale Entwicklungen, weil sich der Umgang mit der Normsetzung im Bereich des Berufs- und Rechtsdienstleistungsrechts in Deutschland traditionell von anderen Rechtsordnungen unterscheidet. Großangelegte Konsultationen, die Einsetzung externer Analysten, ob sie denn David Clementi 11 oder Rupert Jackson 12 heißen, ein Reformagenden forcierender unabhängiger Regulierer 13 sind uns fremd. Hierfür gibt es einen zentralen Grund: In Deutschland steht Berufsrecht im Schatten des Verfassungsrechts 14. Jede berufsrechtliche Vorschrift muss dem Schutz eines wichtigen Gemeinwohlinteresses dienen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein. Diese Verschränkung steht Überregulierung entgegen, führt zu Selbstverwaltung anstelle von Selbstregulierung und gewährleistet damit idealiter Freiheit. Allerdings ist es Deutschland auf europäischer Ebene bislang noch nicht gelungen, zu verdeutlichen, dass sich Deutschland bei berufsrechtlicher Normsetzung zwar nicht an anderswo populärer Regulierungstheorie oder an ökonomischen Modellen der Regulierung von Märkten orientiert 15, gleichwohl aber an den jedenfalls für deutsche Juristen klaren Leitlinien des Verfassungsrechts. Dies bedeutet freilich auch, dass die Rechtspolitik in Deutschland nicht die Freiheit hat, nach Belieben politisch motivierte regulatory objectives zu definieren, an denen sodann die rechtlichen Rahmenbedingungen des Rechtsdienstleistungsmarktes ausgerichtet werden können. Deutsche Teilnehmer am internationalen Diskurs werden selbstbewusst darauf hinweisen, dass der deutsche Ansatz für alle Stakeholder Verlässlichkeit und Belastbarkeit schafft. Beobachter mit Außenperspektive werden wohl eher den Eindruck gewinnen, dass die Tatsache, dass bei uns Berufs- und Rechtsdienstleistungsrecht im Schatten des Verfassungsrechts steht, im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen zu einer gewissen gestalterischen Lethargie führt. In der Tat lässt sich nicht leugnen, dass sich Berufsrecht in Deutschland von jeher eher evolutionär fortentwickelt, nicht revolutionär umgestaltet wird 16. Änderungen des Berufsrechts der vergangenen 30 Jahre waren häufig nicht das Resultat rechtspolitischer Reformprojekte, sondern Ergebnis vorangegangener Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 17 : Von der interprofessionellen Sozietät 18 über das Erfolgshonorar 19, die Konturierung des Sachlichkeitsgebots 20, die Begrenzung von Disqualifikationsnormen bei Interessenkonflikten 21, die Nutzbarkeit moderner Vertriebsformen 22, die Grenzen der Kanzleipflicht 23, die Beseitigung des faktisch bestehenden Werbeverbots 24 bis hin zur Simultanzulassung 25 und den Möglichkeiten zweitberuflicher Betätigung 26 alle diese Berufsrechtsthemen hat das BVerfG und nicht die Rechtspolitik auf die Agenda gesetzt. Die entsprechenden Entscheidungen haben zuvor bestehende Beschränkungen überwunden, oder, wie man neudeutsch sagen würde, zu Deregulierung geführt. Die Überlegungen, die das Bundesverfassungsgericht im Gewand des Verfassungsrechts angestellt hat, haben sich hierbei nicht sonderlich von jenen unterschieden, die etwa in England und Wales unter den Stichworten regulatory objectives, public interest oder consumer protection angestellt werden. Dies hat durchaus Vorteile: Berufsrecht ist nicht zum Gegenstand politischer Beliebigkeit geworden, hat sich aber gleichwohl fortentwickelt. Allerdings fehlt es dieser Fortentwicklung, dies ist die Kehrseite der Medaille, letztlich an Kohärenz: Mit welchen berufsrechtlichen Themen sich das Bundesverfassungsgericht befassen muss, hängt letztlich von Zufälligkeiten ab und häufig muss sich der Gesetzgeber wegen des nach Entscheidungen aus Karlsruhe zur Verfügung stehenden Zeitraums zur Anpassung des Berufsrechts, der ausgiebige Diskussion, vielleicht sogar vorbereitende Forschung nicht erlaubt, mit kleinen Lösungen begnügen 27. Rechtssetzung im Bereich des deutschen Berufsrechts ist aufgrund dieser Rahmenbedingungen häufig reaktiv, während sie im Ausland häufiger proaktiv ist und eine größere Dynamik entfaltet 28. Dynamik mancher würde vielleicht auch sagen: Aktionismus ist freilich kein Selbstzweck. Allerdings ist Deutschland im internationalen Berufsrechtsdiskurs häufig Nachzügler oder findet gar nicht erst statt 29 ohne dass damit lange Zeit unerwünschte Entwicklungen dauerhaft aufgehalten werden könnten. Beispiele hierfür sind die vom BVerfG erzwungene Öffnung des Berufsrechts etwa für Erfolgshonorare 30 oder die interprofessionelle Berufsausübung 31. Aktueller Beleg für den Befund eines Versagens des Gesetzgebers bei der zeitgemäßen Fortentwicklung des Berufsrechts ist die Groteske um die sanfte Modernisierung der anwaltlichen Berufsbildung in den Bereichen Ausbildung im Berufsrecht und Fortbildung hier haben sich die für den Gesetzgeber Handelnden aus Gründen, die sich rationaler Betrachtung entziehen, trotz der in den Gesetzesmaterialien selbst konstatierten Defizite 32, trotz Bitten der Berufsorganisationen und trotz gegenläufiger Rechtsentwicklungen in praktisch allen anderen europäischen Staaten (mit Ausnahme von Bulgarien, Zypern und Malta 33 ) und allen andere regulierten freien Beru- 11 Vgl. Hellwig, AnwBl 2005, 342ff.; Tomars, AnwBl 2005, 626; Ahlers, AnwBl 2004, 430; Kilian, AnwBl 2004, 389ff. 12 Dux, AnwBl 2010, 274; dies. 2009, Boon, England And Wales: A Cocktail of Strategies for Legal Services Reform, in: Boon (Hrsg.), International Perspectives on the Regulation of Lawyers and Legal Services, 2017 (im Erscheinen). 14 Kilian, Germany: The Constitutional Court as the Driver of Change in the Regulation of Legal Professions, in: Boon (Hrsg.), aao (Fn. 13). 15 Zu solchen Regulierungsansätzen etwa Boon, aao (Fn. 13). 16 Kilian, Legal Ethics 15 (1):123 (2012). 17 Zusammenfassend Kilian, aao (Fn. 14) (für den Zeitraum 2000 bis 2016), Hartung, NJW 2003, 261 (für den Zeitraum 1987 bis 2003). 18 BVerfG AnwBl 2016, 261 = NJW 2016, 700ff. 19 BVerfGE 117, 163ff. 20 BVerfG NJW-RR 2010, 204ff. 21 BVerfGE 108, 150ff. 22 BVerfG AnwBl 2008, 292ff. = NJW 2008, 1298ff. 23 BVerfG AnwBl 2005, 578f. = NJW 2005, 1418f. 24 BVerfG NJW 2003, 1307ff. NJW 2003, 1816ff. 25 BVerfG NJW 2001, 1563ff. 26 BVerfGE 87, 287ff. 27 Beispielhaft hierfür die vom BVerfG erzwungene Reform des Verbots des anwaltlichen Erfolgshonorars, näher Kilian, NJW 2008, 1905ff. 28 So hat der CEO der reformfreudigen Nova Scotia Barristers Society, Darrel Pink, das Selbstverständnis seiner Organisation wie folgt zusammengefasst: Our obligation as regulators is to be out in front and not simply be responding to things that are happening in the profession, zitiert nach Kowalski, Entity regulation comes to Canada, Business Post, Feb. 23, Beispielhaft hierfür die internationale Berufsrechtskonferenz ILEC VII der International Association of Legal Ethics ( an der 2016 fast 500 Personen aus 60 Rechtsordnungen teilnahmen. Deutschland als einer der an Umsatz und Berufsträgern weltweit größten Rechtsdienstleistungsmärkte war mit gerade einmal sechs Teilnehmern repräsentiert und damit mit weniger Teilnehmern als etwa Israel, Nigeria oder Südafrika. Großbritannien, Deutschlands großer Rivale auf dem europäischen Rechtsdienstleistungsmarkt, nahm an der Konferenz etwa mit 40 Delegierten teil. 30 Vgl. etwa Stüer, AnwBl 2007, 431ff. 31 Hierzu Kilian/Glindemann, BRAK-Mitt. 2016, 102ff. 32 BT-Drucks. 18/9521, S Henssler, AnwBl 2016, 279ff. Aufsätze Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung, Kilian AnwBl 4 /

22 Anwaltsrecht fen 34 (mit Ausnahme der Steuerberater 35 ) gegen eine Reform und für die Beibehaltung des aus der Frühzeit des modernen Berufsrechts stammenden Status Quo entschieden. Der Blick ins Ausland 36 ist daher notwendig und sinnvoll, damit hierzulande über Zukunftsfragen des Berufsrechts etwas Grundsätzlicher und Substanzieller diskutiert wird als dies bisher der Fall ist und sich Deutschland stärker in den internationalen Diskurs einbringt nicht, um zwingend anderen unkritisch nachzueifern, sondern auch, um ggf. ein fundiertes Gegenkonzept zu Entwicklungen in anderen Rechtsordnungen entwickeln zu können. 2. Aktuelle Reformanstöße In den zurückliegenden Monaten hat Deutschland um eine kleine BRAO-Reform gerungen 37. Die gängige Charakterisierung des Gesetzgebungsvorhabens als kleine BRAO-Reform impliziert, das Großes wohl noch aussteht. Bei dem fraglichen Reformgesetz handelt sich um eine recht bunte Sammlung von Änderungen der BRAO, die jeweils für sich genommen eine sehr unterschiedliche Vorgeschichte haben. Im anderen großen europäischen Rechtsdienstleistungsmarkt, in England und Wales, wird hingegen die nächste große Reform konzeptionell vorbereitet während Deutschland nach wie vor mit gewissem Schaudern auf die vorangegangene Reformstufe des Jahres schaut hat das Legal Services Board (LSB) einen Blueprint for Reforming Legal Services Regulation 39 veröffentlicht, im Herbst 2016 ein Regulatory Vision Document 40 publiziert und zur Diskussion gestellt. Das Regulatory Vision Document stützt sich auf zwei große Studien zum englischen Rechtsdienstleistungsmarkt, die im Spätsommer 2016 veröffentlicht wurden: Die eine vom Legal Services Board selbst 41, die andere von der Competition and Market Authority (CMA) 42. Diese Studien zu den seit 2007 ermittelten Veränderungen des Rechtsdienstleistungsmarktes in England und Wales sind lesenswert. In welchem Umfang die Reformen der letzten zehn Jahre allerdings zu Veränderungen am Markt beigetragen haben, bleibt trotz einer gewaltigen Datenschau recht vage. Bekanntlich war ein zentrales Anliegen der Reformen des Jahres 2007 die Intensivierung von Wettbewerb, wozu nicht nur die in Deutschland vielzitierten 43 und in ihren Wirkungen wohl überschätzten 44 Alternative Business Structures (ABS) beitragen sollten, sondern zum Beispiel auch ein direkter Zugang der Rechtssuchenden zu Prozessanwälten (Barristern), die Trennung der Repräsentativ- und Legislativfunktionen der Berufsorganisationen oder ein Wettbewerb der Regulierer. Das Legal Services Board (LSB) stellt in seinem Report fest, dass der Wettbewerb in der Tat zugenommen habe, auch wenn die Zahl neuer Marktteilnehmer zuletzt rückläufig war. Die Reformen haben aber wohl nicht zu spürbar mehr echten Innovationen am Markt geführt. Interessant hierbei ist, dass rund vier Fünftel der Betroffenen Regulierung nicht als Hindernis für Innovationen ansehen. Das LSB räumt ein, dass der intensivere Wettbewerb keine unmittelbare Auswirkung auf den Preis und die Qualität von Rechtsdienstleistungen oder den erleichterten Zugang zu ihnen gehabt hat was das LSB als Auftrag für weitere Reformen ansieht, da ansonsten das Risiko bestehe, dass Rechtssuchende sich verstärkt informeller Problemlösungsmechanismen bedienen, anstatt fachkundige Rechtsdienstleister zu beauftragen. Zusammengefasst lässt sich konstatieren, dass wie beabsichtigt der Wettbewerb zugenommen hat. Allerdings ist es, so die CMA, im Bereich kleinerer und mittlerer Kanzleien nicht zu einer nennenswerten Konsolidierung des Marktes gekommen, der weiterhin stark fragmentiert bleibt. Das LSB räumt zudem ein, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der intensivere Wettbewerb unmittelbare Auswirkungen auf den Preis und die Qualität von Rechtsdienstleistungen oder den erleichterten Zugang zu ihnen gehabt hat 45. Die Reformen haben, dies legen beide Studien nahe, wohl auch nicht zu spürbar mehr echten Innovationen am Markt geführt. Diese Befunde begreift das LSB als Auftrag für weitere Reformen, da ansonsten das Risiko bestehe, dass Rechtssuchende sich verstärkt informeller Problemlösungsmechanismen bedienen, anstatt fachkundige Rechtsdienstleister zu beauftragen 46. Interessant ist ein Befund der CMA: Sie betont in ihrer Studie, dass zentrales Problem offenbar nicht die Regulierung der Leistungserbringer, sondern die defizitäre Informiertheit der Nachfrager sei 47. Wichtiger als Deregulierung ist demnach eine Verbesserung der Transparenz von Kosten, Qualität und Leistungserbringern. Beide Studien betonen, dass sich aufgrund der fehlenden Transparenz von Markt, Markteilnehmern und Rechtsdienstleistungen Rechtssuchende in starkem Maße auf Empfehlungen von Personen aus ihrem Umfeld verlassen 48 ein Befund, den das Soldan Institut vor einigen Jahren auch für Deutschland ermittelt hat 49 und isolierte Änderungen des Berufs- und Rechtsdienstleistungsrechts am traditionellen Nachfrageverhalten wenig ändern werden. Insgesamt lässt sich resümieren, dass die Umbrüche auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt in England und Wales in Folge der Reform 2007 in der Breite eher übersichtlich geblieben sind. Die Ideen, die das Legal Services Board deshalb für eine zweite Reformstufe zur Diskussion stellt, sollten auch in Deutschland wahrgenommen und diskutiert werden. 34 Details bei Kilian, Fortbildung zwischen Freiheit und Zwang, 2016, S. 91ff. 35 Die allerdings ebenfalls über Reformen diskutieren, näher DWS Institut (Hrsg.), Qualitätssicherung durch Fortbildungspflicht?, Ein knapper Überblick über Reforminitiativen in verschiedenen Rechtsordnungen findet sich etwa bei Stephen, Lawyers, Markets And Regulation, 2013, S. 67ff. 37 Dahns, NJW Spezial 2016, 383f.; Lührig, AnwBl 2016, Durch den Legal Services Act 2007 wurden die traditionellen Funktionen der Berufsorganisationen der Rechtsberufe (Regulierung, Interessenvertretung) entflochten und für die Rechtsberufe sog. Approved Regulators geschaffen. Aufsicht über diese führt als sog. Super-Regulator das neu geschaffene Legal Services Board. Diese zusätzliche Aufsichtsebene trägt dem in Deutschland in dieser Form nicht virulenten Problem Rechnung, dass es in England und Wales acht regulierte Berufe gibt, die in unterschiedlichem Umfang Rechtsdienstleistungen erbringen. Das LSB wurde u.a. ermächtigt, im Wege delegierter Normsetzung alternative Organisationsmodelle (ABS) zu schaffen. Weitere Elemente des LSA 2007 waren die Schaffung eines Office Of Legal Complaints und des Legal Ombudsman als zentrale Beschwerde- bzw. Konfliktlösungsinstanzen bei Problemen zwischen Rechtsdienstleister und Mandant. Näher zum LSA 2007 etwa Stephen, aao (Fn. 32), S. 111ff. 39 Legal Services Board, Blueprint for Reforming Legal Services Regulation, Legal Services Board, A Vision for Legislative Reform of the Regulatory Framework for Legal Services in England and Wales, Legal Services Board, Evaluation: Changes In the Legal Services Market 2006/ / 15: An Analysis of Market Outcomes Associated with the Delivery of the Regulatory Objectives, Competition & Markets Authority, Legal Services Market Study: Interim Report, Weberstaedt, AnwBl 2014, 899ff.; Kilian, AnwBl. 2014, 111ff.; Passmore, AnwBl 2014, 140ff. 44 Vgl. zu den Auswirkungen der ABS auf das Konzept der professional partnership, nach dem freiberufliche Dienstleistungen primär im Gemeinwohlinteresse und nur nachrangig eigennützigen Zwecken dienen, jüngst Aulakh/Kirkpatrick, 23 International Journal of the Legal Profession 277 (2016). 45 Legal Services Board, aao (Fn. 38), S Legal Services Board, aao (Fn. 40), S. 70ff. 47 Competition & Markets Authority, aao (Fn. 42), S Legal Services Board, aao (Fn. 38), S. 94; Competition & Markets Authority, aao (Fn. 42), S. 108, Hommerich/Kilian, Mandanten und ihre Anwälte, 2006, S. 107ff. 372 AnwBl 4 / 2017 Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung, Kilian

23 Anwaltsrecht III. Risk-based regulation : Differenzierende, risikobasierte Regulierung Traditionell arbeitet Rechtsdienstleistungsrecht und in der Folge das Berufsrecht mit dem Konzept von Vorbehaltsaufgaben oder wie es auf Englisch heißt, mit reserved activities : Bestimmte Rechtsdienstleistungen werden zu Gunsten von bestimmten Leistungserbringern monopolisiert. Dies geschieht entweder, wie im deutschen RDG, durch eine abstrakt-generelle Regelung, oder durch eine relativ detaillierte Liste von konkreten rechtsdienstleistenden Betätigungen. In England und Wales sind dies etwa das Auftreten vor Gericht, die Prozessführung, die Anfertigung von Dokumenten im Gründstücksverkehr, Rechtsdienstleistungen zu letztwilligen Verfügungen, notarielle Tätigkeiten und die Abnahme von Eiden. Solche Vorbehaltsaufgaben werden nach deutschem Verständnis mit der Notwendigkeit gerechtfertigt, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (vgl. 1 Abs. 1 S. 2 RDG). Dieser Ansatz führt in der Folge zu einer alles oder nichts -Regulierung: Sind Tätigkeiten Vorbehaltsaufgaben, gelten für ihre Erbringung unterschiedslos stets identische Berufszugangs- und Berufsausübungsregeln. Ein anderer Ansatz wird nun in England und Wales vorgeschlagen: Dienstleistungen mit rechtlichem Bezug sollen auf das ihnen innewohnende Risikopotenzial untersucht werden. Auf der Basis einer Risikoanalyse ist zu entscheiden, ob ihre Erbringung Gegenstand von traditioneller Regulierung sein soll oder ob es ausreichend ist, Dienstleistungsempfänger mit den allgemeinen zivil- beziehungsweise verbraucherschutzrechtlichen Instrumenten zu schützen oder ob es möglicherweise ausreichend ist, dass sich Leistungserbringer freiwillig Verhaltensempfehlungen unterwerfen. Die Risikoanalyse soll sich hierbei etablierter Methoden der Risikoevalution aus dem Risikomamangement bedienen und Kosten-Nutzen-Analysen, die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, die Zahl der voraussichtlich Betroffenen und die Auswirkungen von Schäden beinhalten. Erwartet wird, dass sich auf der Basis dieser Methodik Tätigkeiten den Kategorien hohes Gesamtrisiko, Elemente von hohem und geringem Risiko und geringes Risiko zuordnen lassen. Beispielhaft der Kategorie hohes Risiko zugeordnet wird die Beratung von Asylbewerbern, weil diesen unwiderrufliche, schwere Nachteile drohen, die Betroffenen besonders schutzbedürftig sind, Wissensasymmetrien zwischen Rechtsdienstleister und Rechtssuchendem besonders ausgeprägt sind und die Betroffenen ihr Problem typischerweise ohne Nutzung einer Rechtsdienstleistung nicht lösen können. Als Rechtsdienstleistung mit Elementen von hohem und geringem Risiko wird beispielhaft die Beratung und Vertretung im Familienrecht diskutiert. Hier variierten Rechtsdienstleistungen von der Beratung bei einvernehmlicher Scheidung bis hin zur Prozessvertretung besonders schutzbedürftiger Parteien wie Opfern häuslicher Gewalt oder von Kindern, die eine hohe Schutzintensität erfordern und in starkem Maße öffentliche Interessen beruhen. Dies könnte für unterschiedliche Aktivitäten im Bereich des Familienrechts unterschiedlich intensive Regulierung erfordern. Beispielhaft als Rechtsdienstleistung mit geringen Risiken wird die Beratung bei Verbrauchsgüterkäufen angeführt. Hier sei das Risiko erheblicher und/oder unumkehrbarer Schäden gering und öffentliche Interessen seien kaum berührt, so dass bei der Regulierung größere Zurückhaltung möglich sei. Folge eines solchen Ansatzes wäre, dass für unterschiedliche Gruppen von Dienstleistungen mit rechtlichem Inhalt unterschiedliche Anforderungen an das Ob und Wie ihrer Erbringung gestellt werden. Überzeugend erscheint dieser Regulierungsansatz nicht. Eine Kategorisierung von Aktivitäten liest sich auf dem Papier gefällig, ist aber in der Praxis mit Unsicherheiten behaftet, da jenseits definitorisch eindeutiger oder judizierter Fälle Unsicherheiten entstehen können, nach Maßgabe welcher Regeln eine konkret zu entfaltende Tätigkeit zu erbringen ist. Es wäre im Verlauf eines sich entwickelnden Mandats auch denkbar, dass sich die Zuordnung zu einer Kategorie plötzlich ändert oder dass in einem einheitlichen Mandat verschiedene Probleme zu behandeln sind, deren Lösung nach unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben zu erfolgen hat. Befürworter eines solchen Ansatzes werden Bedenken freilich mit gewisser Berechtigung entgegenhalten, dass wir mit Problemen dieser Art von jeher bei der Beurteilung der Eröffnung des Anwendungsbereichs des Rechtsdienstleistungsgesetzes über den Begriff der Rechtsdienstleistung zu kämpfen und uns deren Lösung zugetraut haben. IV. Entity-based Regulation : Regulierung von Entitäten, nicht von Personen Ein Ansatz, der nicht nur seit Kurzem in England und Wales, sondern bereits seit mehr als einem Jahrzehnt in Teilen Kanadas 50 oder in Australien verfolgt wird, ist die sog. entity-based regulation, also die Regulierung auch der Entität, in der der Beruf ausgeübt wird, und nicht nur des in ihr tätigen Berufsträgers. Dieser Ansatz, über dessen Übernahme aktuell zum Beispiel auch Schottland diskutiert 51, wird häufig als hybrid regulation bezeichnet, weil mit ihm keineswegs ein völliger Verzicht auf berufsträgerbezogene Regulierung einhergeht. Entity-based regulation ( EBR ) geht von der Erkenntnis aus, dass die traditionelle Regulierung ausschließlich von einzelnen Berufsträgern nicht mehr zu zufriedenstellenden Ergebnissen führt, wenn Kanzleien nicht länger aus lediglich ein oder zwei Berufsträgern bestehen. Der kanadische Rechtswissenschaftler Adam Dodek hat dies anschaulich mit der Bemerkung law firms are at least as important as individual lawyers in the legal marketplace. They exert tremendous power and control over the lawyers and employees who work for them veranschaulicht 52. Viele die Wahrnehmung von Berufsaufgaben betreffende Entscheidungen, die in der Vergangenheit noch der einzelne Berufsträger traf, seien, so das übliche Argumentationsmuster, in zunehmendem Maße durch eine definierte Kanzleipolitik, vorgegebene interne Verfahrensabläufe und etablierte Willensbildungsprozesse vorbestimmt. Probleme, die festzustellen sind, beruhten nicht auf persönlichem Versagen eines Berufsträgers, sondern auf defizitärer Unternehmenskultur The Law Society of Upper Canada, Task Force on Compliance-Based Entity Regulation, Promoting Better Legal Practices, The Law Society of Scotland, Regulation in the 21st Century: Entity Regulation, 2015, S Zitiert nach Kowalski, The Rush to Regulate Law Firms, National Post, Feb 24, The Law Society of Scotland, aao (Fn. 51). Die Law Society of Upper Canada, aao (Fn. 50), formuliert wie folgt: Entity regulation recognizes that many professional decisions that were once made by an individual practitioner are increasingly determined by firm policies and procedures and firm decision-making processes. Aufsätze Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung, Kilian AnwBl 4 /

24 Anwaltsrecht Auf viele Abläufe in der Kanzlei, die berufsrechtliche Risiken bergen etwa im Bereich Fremdgelder oder Interessenkonflikte hätten Berufsträger faktisch keine Einwirkungsmöglichkeiten mehr oder seien an ihnen überhaupt nicht beteiligt. Hierdurch entsteht etwas, das im internationalen Diskurs gerne als regulation gap bezeichnet wird. Durch die Möglichkeit, nicht nur Berufsträger, sondern zugleich auch die Struktur zu regulieren, in der Berufsträger ihren Beruf ausüben, soll Zugriff auf das faktische Machtzentrum in Kanzleien der Gegenwart gewonnen werden. Auf diese Weise soll es zugleich möglich sein, das nicht-anwaltliche Personal in Anwaltskanzleien zu erfassen, das bei einer Regulierung von Berufsträgern traditionell außen vor bleibt. 54 Missverständnisse beim Blick auf EBR sind naheliegend, deshalb zu deren Vermeidung einige ergänzende Hinweise: Bei EBR geht es nicht darum, Pflichten, die bislang den Berufsträger treffen, der Entität aufzuerlegen, also nach deutschem Verständnis in BRAO und BORA das Wort Rechtsanwalt durch Kanzlei zu ersetzen. Das Fundament dieses Regulierungsansatzes ist zumeist etwas, das als PMBR bezeichnet wird. Diese Abkürzung steht für Proactive management-based regulation 55. Der Begriff beschreibt einen relativ liberalen Ansatz, der auf größtmögliche Autonomie der Kanzleien setzt und dem Konzept des comply and declare folgt. Deshalb arbeitet dieser Regulierungsansatz typischerweise auch mit der Figur eines Chief Compliance Officers, den es in jeder Kanzlei geben muss 56. In gewisser Weise hat die Aufsichtsbehörde in diesem Modell auch die Funktion eines unternehmensberatenden Partners, der Hilfestellungen zur Etablierung von optimierten Strukturen und Abläufen in den von ihnen beaufsichtigten Kanzleien bietet. Zudem geht es typischerweise nicht allein um berufsrechtliche Fragestellungen. Der Ansatz der entity-based regulation ist vielmehr hollistisch, er soll u.a. auch das Risiko von Haftung oder ganz allgemein der Verletzung von vertraglichen Pflichten minimieren und damit etwas leisten, was in Deutschland in den 1990er Jahren unter dem Stichwort TQM in Anwaltskanzleien bekannt geworden ist 57. Es geht damit um die Etablierung von Rahmenbedingungen, die die Gefahren der Verletzung von beliebigen Pflichten der Kanzlei, der in ihr tätigen Berufsträger und des Hilfspersonals minimieren. Dies ist letztlich auch Ausdruck eines gewandelten Verständnisses der Funktion von Berufsrecht, das stärker als Verbraucher- bzw. Mandantenschutzrecht begriffen wird. Die Regulierung von Entitäten erscheint nicht ohne Risiken: Es besteht bei einem solchen Ansatz naturgemäß die Gefahr, dass das Bewusstsein persönlicher Verantwortlichkeit beim einzelnen Berufsträger abnimmt und dieser es persönlich mit seinen Pflichten weniger genau nimmt. Fragt man in Australien oder in der kanadischen Provinz Nova Scotia nach, die bereits seit mehr als einem Jahrzehnt dem Ansatz der Regulierung von Entitäten folgen, wird allerdings berichtetet, dass solche Bedenken unbegründet sind 58. Zweifelsfrei ist aber, dass die Etablierung des erforderlichen Rahmens für ein solches Regulierungsmodell kleine Kanzleien deutlich stärker belastet als große Kanzleien. Und eine Fernwirkung lässt sich nicht von der Hand weisen: Entity-based regulation bereitet mittelbar auch das Feld für fremdkapitalisierte Kanzleien. Wer gegen Fremdkapital in Anwaltskanzleien ist, wird sich daher nach dem Motto wehret den Anfängen gegen eine entity-based regulation aussprechen. V. Rechtsdienstleistungsrecht anstatt Berufsrecht So exotisch die Idee der entity-based regulation für deutsche Ohren noch klingt dort, wo sie bereits Realität geworden ist, wird bereits über ihre Ablösung nachgedacht. Sie ändert nämlich nichts an dem tradierten Grundsatz des Berufsrechts, der Regulierung eines Marktteilnehmers. Eine vorgeschlagene Alternative hierzu ist eine Regulierung der Rechtsdienstleistung. Ein solcher Ansatz wird als logische Konsequenz einer risikobasierten Regulierung gesehen: Soweit bestimmte Rechtsdienstleistungen auf die mit ihnen verbundenen Risiken untersucht werden, soll es nur konsequent sein, dann auch die Rechtsdienstleistung als solche zu regulieren und nicht den Rechtsdienstleister, der sie erbringt. Die dahinterstehende Idee ist, dass nur noch die Erbringung solcher Rechtsdienstleistungen, die im Rahmen einer Risikoanalyse mit hohen Risiken verbunden sind, einer Lizensierung bedürfen. Es wird in diesem Kontext von before-theevent-regulation gesprochen 59. In diesem Fall ist dann eine Anknüpfung auch an den Leistungserbringer unausweislich, allerdings soll diese Anknüpfung an die Entität und nicht an den Berufsträger erfolgen. Bei Aktivitäten, die als solche mit geringem Risiko verbunden sind, soll es keinen Erlaubnisvorbehalt geben, sondern lediglich der Zugang zu einem Mechanismus etabliert werden, der Pflichtverletzungen adressiert und Schäden kompensiert. Die Idee, die hinter einer regulation by activity steht, will auch Merkwürdigkeiten vermeiden, die uns gelegentlich in Deutschland begegnen, führt doch die Regulierung von Berufsträgern bisweilen zu schwer erklärlichen Konsequenzen. Eine Entscheidung des OLG Düsseldorf 60, in der es um die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars von zwei Prozessbevollmächtigten ging, die für Mandanten vor dem EGMR tätig waren, illustriert dies anschaulich: Das kuriose Ergebnis der Vergütungsklage gegen die zahlungsunwilligen Mandanten: Der eine Prozessbevollmächtige war mit seiner Klage erfolgreich und konnte sich über ein hohes Honorar freuen, der andere hingegen ging leer aus. Freuen durfte sich der Prozessbevollmächtigte, der als Hochschullehrer für die Mandanten tätig geworden war, das Verlustgeschäft machte hingegen der Prozessbevollmächtigte, der als Rechtsanwalt tätig war. Die Entscheidung des OLG ist nicht zu beanstanden: Nur den Rechtsanwalt trifft ein in der BRAO bestimmtes Verbot des Erfolgshonorars, nicht aber andere Rechtsdienstleister, für die es keine tätigkeitsbezogenen Vorschriften gibt 61. Die (seltenen) Fälle, in denen Hochschullehrer zu anderen rechtlichen Rahmenbedingungen für Mandanten werden 54 Der Begriff Entität ist hierbei nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit einer anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft. Entity-based Regulation kann es z.b. auch ermöglichen, Rechtsabteilungen von Unternehmen, Beratungseinrichtungen für Verbraucher, ja sogar Legal Clinics von Universitäten, zu erfassen. 55 Vgl. im Kontext der Anwaltschaft etwa Terry, The Power of Lawyer Regulators to Increase Client & Public Protection Through Adoption of a Proactive Regulation System, 20 Lewis & Clark Law Review 717 (2016); Fortney/Gordon, Adopting Law Firm Management Systems to Survive and Thrive: A Study of the Australian Approach to Management-Based Regulation of Law Firms, 10 University of St. Thomas Law Journal 152 (2012); Schneyer, The Case for Proactive Management-Based Regulation to Improve Professional Self- Regulation for U.S. Lawyers, 42 Hofstra Law Review 233 (2013). 56 Vgl. zum australischen Konzept Kilian, NZG 2004, 71ff. 57 Hierzu etwa Steinbrück, AnwBl 1999, 372ff.; Adams, AnwBl 1997, 436ff.; Anker/Sinz, AnwBl 1996, 372ff. 58 Taddese, Canadian Lawyer, Oct Legal Services Board, aao (Fn. 40), S OLG Düsseldorf AnwBl 2016, Vgl. zu diesem Problem asymmetrischer Regulierung identischer Rechtsdienstleistungen Kilian/Koch, aao (Fn. 2), Rn. C AnwBl 4 / 2017 Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung, Kilian

25 Anwaltsrecht als Rechtsanwälte, mag man als quantité negligable ansehen. Das Problem unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen für ein und dieselbe Rechtsdienstleistung stellt sich freilich mit stetig zunehmender Intensität, je mehr Rechtsanwälte die ihnen historisch einmal zugedachten Vorbehaltsaufgaben verlieren und weitere Rechtsdienstleister tätig werden können. Seit Inkrafttreten des RDG gibt es mehr alternative Rechtsdienstleister als noch vor 20 oder 30 Jahren 62 sei es, weil sie nach 5 RDG Annex-Rechtsdienstleistungen erbringen oder Rechtsdienstleistungsbefugnisse aus 6 oder 7 RDG in Anspruch nehmen. Eine ungeklärte, aber verfassungsrechtlich klärungsbedürftige Frage ist, warum Rechtsanwälte bei der Erbringung von Rechtsdienstleistungen andere Regeln, nämlich jene des Berufsrechts, zu beachten haben als alternative Rechtsdienstleister, die exakt dieselbe Rechtsdienstleistung erbringen, aber allenfalls durch vertraglich begründete Pflichten gebunden sind. Verfassungsrechtlich stellt sich die Frage, welche im Sinne der Schrankensystematik des Art. 12 GG wichtigen Gründe des Allgemeinwohls durch berufsrechtliche Berufsausübungsregeln geschützt werden, wenn exakt dieselbe Tätigkeit durch Nicht-Anwälte nicht den Bindungen unterliegt, die für Rechtsanwälte gelten. Es geht dann ersichtlich nicht um Verbraucherschutz, nicht um den Schutz der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, nicht um den Schutz vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen. Dienen bestimmte Berufsausübungsregeln dann möglicherweise in verfassungsrechtlich problematischer Art und Weise der bloßen Pflege des anwaltlichen Berufsbilds, weil ein und dieselbe Rechtsdienstleistung zu gänzlich unterschiedlichen Rahmenbedingungen erbracht werden darf? Interessanterweise hat der Gesetzgeber selbst das Problem in anderem Kontext bereits erkannt: Eine Dienstleistung, die in identischer Form nicht nur von Rechtsanwälten, sondern auch von anderen Anbietern erbracht werden darf, ist die Mediation. Für diese hat der Gesetzgeber im Mediationsgesetz Berufsausübungsregeln vorgesehen, die alle Mediatoren unabhängig von den für ihren Quellberuf maßgeblichen Vorschriften zu beachten haben und die im Kern Nicht- Anwälte anwaltstypischen Pflichten unterwerfen, die sie in ihrem Quellberuf nicht kennen. Wenn man unterstellt, dass Berufsausübungsregelungen, die für Rechtsanwälte erdacht wurden, wichtig und richtig für eine ordnungsgemäße Erbringung von Rechtsdienstleistungen sind, wäre es konzeptionell an sich konsequent, wenn nicht sogar verfassungsrechtlich zwingend notwendig, diese auch als Standard für andere Rechtsdienstleister zu etablieren. Will man dies nicht, fällt es schwer, Rechtsanwälte bei der Ausübung solcher Tätigkeiten an ihr eigenes Berufsrecht zu binden dies gilt naturgemäß nicht nur im Kontext Mediaiton, sondern auch bei Tätigkeiten wie der Insolvenzverwaltung oder Betreuung, in denen auch Nicht-Anwälte tätig sind 63. Das eigentliche Problem einer regulation by activity liegt freilich in einer anderen Fernwirkung, derer man sich bewusst sein muss: Sie könnte perspektivisch existierende, gesetzlich geschützte Berufsbezeichnungen entbehrlich machen. Damit verbunden wäre konsequenterweise auch ein Verzicht auf verschiedene Regulierer und das hat nur teilweise etwas mit der in Deutschland unbekannten Zweiteilung der englischen Anwaltschaft in Barrister und Solicitor zu tun: Es geht bei einer Übertragung der Situation auf Deutschland etwa um die Frage, ob für Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, registrierte Rechtsdienstleister nach 10 RDG oder Annex- Dienstleister nach 5 RDG verschiedene Kammern, die Justizverwaltung oder (im letztgenannten Fall) niemand für Regulierung und Aufsicht zuständig ist oder eine Behörde, die sich um Rechtsdienstleistungen kümmert. Damit ebenfalls verbunden, wenngleich von den englischen Policy Makern nicht offen thematisiert, ist am Ende all dieser denkbaren Entwicklungen die sehr fundamentale Frage nach der Zukunft von Professionen. Bohrt man etwas tiefer, zeigt sich allerdings ein unlauteres Motiv des in England unterbreiteten Vorschlags: Die vorbereitenden Studien legen nahe, dass die nach wie vor starke Position der anwaltlichen Rechtsdienstleister offenbar nicht darauf beruht, dass sie von ungebührlichen Schutzzäune profitieren würden ein zentraler Grund liegt vielmehr darin, dass Rechtssuchende zu diesem Typus Rechtsdienstleister besonderes Vertrauen haben, sich dort gut betreut fühlen, mit den Leistungen zufrieden sind und sie anderen weiterempfehlen. Das Legal Services Board spricht hier, sachlich etwas unglücklich, von einem extremely strong brand power der Anwälte 64, so als ob ihre Position nicht ehrlich erarbeitet, sondern Folge geschickten Marketings sei. Alternative Rechtsdienstleister werden von Rechtssuchenden entweder nicht wahrgenommen oder mit ihnen werden falsche Erwartungen assoziiert, etwa, indem fälschlich angenommen wird, dass diese Rechtsdienstleister nach denselben Regeln am Markt tätig sind wie Rechtsanwälte 65. Für die englische Politik ist dies misslich, weil die in den letzten Jahren erfolgten massiven Einschnitte in die staatliche Kostenhilfe nicht in dem intendierten Maße zur Inanspruchnahme nicht-anwaltlicher Beratungsangebote geführt haben und sich hierdurch der Zugang der Bevölkerungsteile zum Recht verschlechtert hat, die sich keinen Rechtsanwalt leisten können. Daher besteht ein Anreiz, unter dem Deckmantel einer Regulierung der Rechtsdienstleistung bislang wenig erfolgreichen Billiganbietern den Zutritt zum Markt zu erleichtern, indem eine Lizensierung nicht mehr an eine geschützte Berufsbezeichnung gekoppelt wird. Dies ist besonders bemerkenswert, weil sogar Ökonomen darauf hinweisen, dass geschützte Berufsbezeichnungen das Verhalten einer durch sie zusammengefassten Gruppe von Berufsträgern positiv beeinflussen und zu einem konsistenten Verhalten der Berufsträger beitragen 66. VI. Regulierung zur Etablierung von Verbraucherschutzrecht Eine risiko- und dienstleistungsbasierte Regulierung stößt das Tor auch zu einem weiteren Paradigmenwechsel auf: Deutlich unterschiedliche Risiken bestehen für Mandanten in Abhängigkeit davon, ob sie wissens- und machtunterlegene One-Shot-Player auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt sind oder Rechtsanwälten erfahrungsbasiert als Repeat Player auf Augenhöhe begegnen. Oder etwas eingängiger formuliert: Ob Mandanten Verbraucher oder Unternehmer sind. Ein Berufs- und Rechtsdienstleistungsrecht mit den vorste- 62 Vgl. Kilian, AnwBl 2014, 618ff.; ders., AnwBl 2009, 636f. 63 Zu diesem Problem bereits Kilian, WuB 2015, 683ff. sowie Deckenbrock, AnwBl 2016, 316ff. unter der das Problem anschaulich beschreibenden Überschrift Grenzenlose Reichweite des anwaltlichen Berufsrechts?. 64 Legal Services Board, aao (Fn. 40), S Legal Services Board, aao (Fn. 40), S Decker/Yarrow, Understanding the economic rationale for legal services regulation, 2010, S. 5. Aufsätze Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung, Kilian AnwBl 4 /

26 Anwaltsrecht 67 Kilian, aao (Fn. 5), S Hierzu Jung, AnwBl 2015, 724ff. 69 Kritisch hierzu Kilian, in: Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl. 2014, 43d Rn BGH NJW 2014, 3669ff. 71 Grundlegend Sherr, Client Care for Lawyers, 2. Aufl So etwa 43 d BRAO, 49 b Abs. 5, 11 BORA. 73 Näher Kilian/Koch, aao (Fn. 2), Rn. B 858f. 74 Hierzu Kilian, NZG 2016, 90ff. 75 Kilian/Koch, aao (Fn. 2), Rn. B 355ff. hend skizzierten Charakterisika würde dazu führen, dass ein Zwei-Sektoren-Recht für die Bereiche B2B und B2C entstehen könnte und Regulierung vor allem der Etablierung eines Verbraucherschutzrechts dienen würde. Angesichts der Tatsache, dass der Rechtsdienstleistungsmarkt sich in Deutschland relativ exakt in 50 Prozent Privatkundengeschäft und 50 Prozent Geschäft mit Unternehmern und Organisationen aufgliedert 67 und es zwischen diesen Bereichen auf der Seite der Leistungserbringer nur wenige Überlappungen gibt, würde nicht nur faktisch, sondern auch formell eine zweigeteilte Anwaltschaft entstehen. Der Grundgedanke eines Berufsrechts, das für alle Betätigungen eines Rechtsanwalt gilt und gleichsam als ein alle Berufsträger einigendes Band dient, wäre damit gegenstandslos. Es gäbe verschiedene Berufsrechte für verschiedene Segmente des Marktes und kein monistisches Berufsrecht mehr. Möglicherweise würden hieraus langfristig auch unterschiedliche Anwaltsberufe entstehen, die wenig mehr verbindet als dass sie beide Rechtsdienstleistungen erbringen wenn auch sehr unterschiedlicher Natur. Das hört sich befremdlich an, allerdings lässt sich nicht leugnen, dass es sublime Ansätze in diese Richtung auch in Deutschland bereits gibt: Festzustellen ist mit wachsender Dynamik ein Trend hin zu einer Ausgestaltung des Berufsrechts durch Rechtsprechung und europäischen Normgeber, das der Sache nach ein Sonderrecht für Verbrauchermandanten mit sich bringt. Bewerkstelligt wird dies durch die Etablierung zahlreicher Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber Verbrauchern oder Privatpersonen 68, die über die Aufnahme sonderprivatrechtlicher Vorschriften wie etwa 43 d BRAO bereits Eingang in die BRAO gefunden haben 69. Letztlich beruht auch die strafgerichtliche Rechtsprechung zur Begründung einer Garantenstellung des Rechtsanwalts aufgrund der Verletzung berufsrechtlicher Informationspflichten auf Verbraucherschutzgedanken 70, auch wenn sie dogmatisch nicht auf diesen Personenkreis beschränkt ist. Die in den letzten Jahren unterschwellig auch in Deutschland forcierte Idee des Client Care 71, des Mandantenschutzes, führt letztlich dazu, dass die Grenzen zwischen Berufsrecht im engeren Sinne, Zivilrecht, Strafrecht und Wettbewerbsrecht immer stärker verschwimmen. Im Berufsrecht finden sich immer häufiger Normen, die bei Licht betrachtet zivilrechtlichen Charakter haben und konzeptionell eigentlich nicht Gegenstand des Berufsrechts sein sollten, weil sie in die Art und Weise der Mandatsbearbeitung eingreifen 72. Andererseits erfinden die Zivilgerichte immer wieder neue Berufspflichten, die sie in das Gewand von Vertragspflichten kleiden 73. Dies ist nicht nur dogmatisch unbefriedigend, sondern für die Berufsträger auch mit dem unzumutbaren Problem verbunden, dass ein relativ unübersichtlicher und von der Rechtsprechung kontinuierlich erweiterter und sich wandelnder Katalog von Pflichten geschaffen wird von dem Problem einmal abgesehen, dass durch die Beteiligung von Spruchkörpern mit Zuständigkeiten für Haftungsrecht, Wettbewerbsrecht, Strafrecht oder Berufsrecht dasselbe Grundproblem durchaus unterschiedlich gelöst wird ein Beispiel ist etwa der Umgang mit der Scheinsozietät 74, ein anderes die Rechtsprechung zur Verwendung qualifizierender Zusätze 75. Erwägenswert erscheint, diese Gemengelage etwas zu ordnen, etwa um die Ergänzung der BRAO um einen sonderprivatrechtlichen Teil, in dem besondere Schutzvorschriften für Mandate im Allgemeinen und Verbrauchermandate im Besonderen etabliert und in den existierende, aber sachlich falsch verortete Vorschriften überführt werden könnten. Dies wäre eine Möglichkeit, die Idee eines monistischen Berufsrechts zukunftsfähig zu machen und die Zentrifugalkräfte, die aus der Segmentierung der Anwaltschaft resultieren, mit Blick auf das Berufsrecht kontrollierbar zu machen. VII. Ausblick Während die nun bereits ein Jahrzehnt und mehr zurückliegenden Reformen des Anwaltsrechts in traditionell reformfreudigen Rechtsordnungen wie England und Wales, Australien oder Kanada, zu denen Deutschland bis heute keine abschließende Position bezogen hat, eher von der Erweiterung eines überkommenen Rechtsrahmens geprägt waren, ist die aktuelle Reformphase durch fundamentale Paradigmenwechsel charakterisiert. Die bisherigen Erfahrungen des Auslands mit der Regulierung von Entitäten sind hierbei durchaus positiv. Eine solche erscheint auch für Deutschland sinnvoll, um den Realitäten des Rechtsdienstleistungsmarktes Rechnung zu tragen und aktuell bestehende Widersprüchlichkeiten im Berufsrecht aufzulösen. Der ebenfalls im Ausland forcierte Ansatz, Aktivitäten anstelle von Berufsträgern risikobasiert zu regulieren, kann zwar Wettbewerbsnachteile für Anwälte dort minimieren, wo aufgrund der fortschreitenden Zurückdrängung von Vorbehaltsaufgaben alternative Rechtsdienstleister mit Rechtsanwälten in Wettbewerb treten können. Eine Entwicklung weg von einem Berufsrecht hin zu einem Rechtsdienstleistungsrecht birgt freilich die Gefahr, das Konzept der Anwaltschaft als einer Profession zur Disposition zu stellen. Viele der Anliegen, die mit einem solchen Paradigmenwechsel im Ausland verfolgt werden, würden sich auch durch eine konsequente Entwicklung eines sonderprivatrechtlichen Mandantenschutzrechts adressieren lassen, mit dem zugleich die immer stärker um sich greifende Vermischung der berufs-, zivil-, straf- und wettbewerbsrechtlichen Ebenen des Anwaltsrechts Einhalt geboten werden könnte. Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln Der Autor ist Direktor des Soldan Instituts. Er lehrt und forscht an der Universität zu Köln. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 376 AnwBl 4 / 2017 Die Zukunft des Berufsrechts neue Ansätze für eine moderne Regulierung, Kilian

27 WhiteCollarCrime. EinFallfürdieblaueExtraklasse. NEU! Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis Wirtschaftsstrafrecht Kommentar mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. Herausgegeben von Prof. Dr. Robert Esser, RA Dr. Markus Rübenstahl, Prof. Dr. Frank Saliger und RA Prof. Dr. Michael Tsambikakis. Bearbeitet von 45 namhaften Experten im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. 2017, ca Seiten, Lexikonformat, gbd. 299,. ISBN Die Kommentare der blauen Extraklasse von Otto Schmidt stehen für höchste Praxistauglichkeit, erstklassige Autoren und Maßstäbe setzende Kommentierungen. Diesen Anspruch erfüllt auch der brandneue Großkommentar Wirtschaftsstrafrecht Kommentar mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. Einzigartiges Konzept: 87 Gesetze, thematisch nach Problemfeldern gegliedert für die fachbezogene Orientierung im Normendschungel. Konzentration aufs Wesentliche: Kommentierung der für die Praxis wichtigen Vorschriften mit allen relevanten Fragen und Problemstellungen. Brillant verfasst: Von ausgewiesenen Experten im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. Und natürlich topaktuell: Rechtsstand Machen Sie sich selbst ein Bild und überzeugen Sie sich mit einer Leseprobe unter

28 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht? Die überfällige Reform des Rechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften * Prof. Dr. Martin Henssler, Köln Nach den zwei Entscheidungen des BVerfG zur Unzulässigkeit von Mehrheitserfordernissen in einer Rechts- und Patentanwalts-GmbH (AnwBl 2014, 270) und zur Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses von Ärzten und Apothekern aus dem Kreis der sozietätsfähigen Berufe (AnwBl 2016, 261) besteht im Recht der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Der Autor verdeutlicht, dass es mit einer bloßen Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht getan ist. Er fordert eine völlig neue Architektur des Personengesellschaftsrechts im Allgemeinen und des anwaltlichen Gesellschaftsrechts ( 59 a ff. BRAO) im Besonderen. Gegenstand seines Beitrags sind neben der Skizzierung eines schlüssigen Gesamtkonzepts konkrete Vorschläge für die notwendige Reform. I. Die doppelte Herausforderung: Neuordnung sowohl des Gesellschafts- als auch des Berufsrechts Das anwaltliche Berufsrecht der gemeinschaftlichen Berufsausübung weist nahezu in jeder Hinsicht Defizite auf. Die Schwächen beginnen bereits im Gesellschaftsrecht: Anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften sind in aller Regel personalistisch und nicht kapitalistisch strukturiert, so dass die Personengesellschaften nach wie vor die beliebtesten Rechtsformen stellen. Das deutsche Recht der Personengesellschaften leidet indes seit Jahrzehnten an der Untätigkeit des Gesetzgebers, der zwar in Permanenz Reformen des Kapitalgesellschaftsrechts verabschiedet, die Personengesellschaften aber in seinen Reformüberlegungen links liegen lässt. Es fehlt damit an einem stimmigen, auf die Bedürfnisse der Praxis abgestimmten Gesamtkonzept der verschiedenen Personengesellschaften. In einem ähnlich desolaten Zustand befindet sich das Berufsrecht der Anwaltsgesellschaften, das einem Torso gleicht. Einschlägige berufsrechtliche Vorschriften finden sich konzeptlos verstreut in der BRAO, der BORA und für die Berufsausübung in der Partnerschaft im PartGG. Zudem ist die Regelungsdichte für die einzelnen Rechtsformen ganz unterschiedlich. Die BRAO spricht die für die Praxis unverändert wichtigste 1 Rechtsform, nämlich die Sozietät als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nur in 59a BRAO an. Ihr zur Seite stellt das Gesetz in den 59 c ff. BRAO eine reformbedürftige Überregulierung der Rechtsanwaltsgesellschaft mbh. Weitere Rechtsformen wie die Partnerschaft, 2 die Rechtsanwaltsaktiengesellschaft oder die Rechtsanwalts-KGaA werden von der BRAO ebenso vollständig ignoriert wie ausländische Rechtsformen, die nach der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit 3 auch für eine rein auf Deutschland beschränkte kooperative Berufstätigkeit gewählt werden können. 4 Allenfalls 8 EuRAG spricht hier mit Blick auf den niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt Teilprobleme an. Der unbefriedigende Zustand ist seit Jahrzehnten bekannt und unter Fachleuten völlig unbestritten, ohne dass sich der Gesetzgeber der Problematik angenommen hat. Wieder einmal muss offenbar das BVerfG als Motor für notwendige Reformen herhalten. Gleich zwei aktuelle Entscheidungen des BVerfG, nämlich diejenige zur Verfassungswidrigkeit von 59e Abs. 2 S. 1, 59 f Abs. 1 BRAO 5 und diejenige zur Verfassungswidrigkeit der Beschränkung der sozietätsfähigen Berufe in 59 a BRAO, 6 erzwingen nunmehr ein Handeln des Gesetzgebers, der angesichts der vielen Baustellen unbedingt mit einer großen Lösung aufwarten muss. II. Reformbedarf im Recht der Personengesellschaft 1. Die Schwächen des geltenden Rechts Der 71. Deutsche Juristentag hat sich 2016 in Essen in seiner wirtschaftsrechtlichen Abteilung mit der Neuordnung des Personengesellschaftsrechts befasst und Reformen angemahnt. Auch wenn die Ansichten über das Ausmaß des Reformbedarfs auseinander gingen, so ist den gefassten Beschlüssen doch im Ergebnis ein deutliches Votum für eine grundlegende Neuordnung zu entnehmen. 7 In der Tat ist das derzeitige System antiquiert, inkohärent und nicht praxisgerecht. Bei der BGB-Gesellschaft besteht eine eklatante Diskrepanz zwischen Gesetzestext und Rechtsprechung, die selbst dem juristischen Experten das Verständnis des geltenden Rechts aufgrund bloßer Gesetzeslektüre schlicht unmöglich macht. Die Vorschriften des BGB sind für unternehmenstragende Gesellschaften und damit für die gemeinschaftliche Berufsausübung aller Freien Berufe ungeeignet. Das gilt insbesondere für den Grundsatz Auflösung vor Ausscheiden. Das Recht der Personenhandelsgesellschaften OHG und KG knüpft am längst nicht mehr zeitgemäßen Begriff des Handelsgewerbes an und verwehrt damit den Freien Berufen diese Rechtsformen, wobei besonders inkonsequent ist, dass die GmbH & Co. KG systemwidrig für einen Teil * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und mit Fußnoten versehene Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424) Prozent aller Berufsausübungsgesellschaften sind auch heute noch in der Rechtsform der GbR organisiert, vgl. Kilian, Management von Haftungsrisiken in Anwaltskanzleien, 2014, S. 46 ff. 2 Etwas anderes gilt nur, wenn man mit BT-Drucks. 16/3655, S. 82f. unter Sozietät auch die Partnerschaftsgesellschaft versteht. 3 Vgl. NJW 1999, 2027 Centros; NJW 2002, 3614 Überseering; EuGH NJW 2003, 3331 Inspire Art; BGH NJW 2003, 1461; NJW 2005, 1648; NJW 2009, 569 Cartesio. 4 AGH Berlin, AnwBl 2007, 794 (Ls.) = BRAK-Mitt. 2007, BVerfGE 135, 90 = AnwBl 2014, 270 = NJW 2014, 613; dazu Deckenbrock, in: Mittwoch/ Klappstein/Botthoff u.a., Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2015, 2016, S. 119, 130ff.; Henssler, EWiR 2014, 203f.; Glindemann AnwBl 2014, 214ff. 6 BVerfG AnwBl 2016, 261 = NJW 2016, 700 auf Vorlage von BGH AnwBl 2013, 660 = NJW 2013, 2674; dazu Henssler/Deckenbrock, AnwBl 2016, 211ff.; Kilian/Glindemann, BRAK- Mitt. 2016, 102ff.; Michel, GuP 2016, 106ff. 7 Vgl. Glindemann, AnwBl 2016, 797, 798. In der Frage, ob die Trennung zwischen (handels-)gewerblichen und nichtgewerblichen Personengesellschaften aufgegeben werden sollte, konnte zwar keine Einigkeit erzielt werden; eine breite Mehrheit fand sich jedoch für die Öffnung von KG und GmbH & Co. KG für alle Freien Berufe. 378 AnwBl 4 / 2017 Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler

29 Anwaltsrecht der Freien Berufe doch geöffnet wird. 8 Als fragwürdige Kompensation wird den Freien Berufen die haftungsrechtlich privilegierte Partnerschaftsgesellschaft mit der Sonderform der PartmbB zur Verfügung gestellt. Sie bringt allerdings anders als die KG und ausländische Rechtsformen wie etwa die englische LLP keine Haftungsbegrenzung im außerberuflichen Bereich, 9 bleibt damit aus Sicht vieler Berufsträger auf halbem Wege stehen und ist zudem für kleinere Gesellschaften mit verhältnismäßig hohen Kosten verbunden Eckpfeiler einer neuen Architektur des Personengesellschaftsrechts Vor dem Hintergrund der Vielfalt der aufgezeigten Schwächen bietet allein die vollständige Neuordnung des Personengesellschaftsrechts einen überzeugenden Ausweg aus dem derzeitigen Dilemma. 11 Ausschlaggebend sollte eine empirische Analyse des Bedarfs der Praxis hinsichtlich der Regelungsdichte des dispositiven Rechts und der verschiedenen Formen der Haftungsbeschränkung sein. Ein denkbares Konzept für die hier allein interessierenden Außengesellschaften könnte vier bis fünf Rechtsformen umfassen: Erstens: Zunächst sollte eine Grundform für nicht beziehungsweise nur in geringem Umfang unternehmerisch tätige Außengesellschaften im Sinne der bisherigen GbR beibehalten werden. Sie wäre weiterhin nicht registerpflichtig und sollte auch im Übrigen eine geringe Regelungsdichte der ausschließlich dispositiven Vorschriften aufweisen. Sie könnte für kleinste beziehungsweise kleinere Anwaltsgesellschaften, deren Haftungsrisiken (jedenfalls weitgehend) durch die allgemeine Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt sind, weiterhin eine mögliche Rechtsform bilden. Ihr Vorteil läge insbesondere in der nach wie vor nicht formalisierten und vollständig kostenfreien Gründung, die berufsrechtlich durch einen Verzicht auf einen Zulassungszwang bei kleinen Gesellschaften flankiert werden könnte. Zweitens: Als zweite Kategorie sollte eine geeignete Rechtsform für eine registerpflichtige unternehmenstragende Außengesellschaft mit unbeschränkter Gesellschafterhaftung zur Verfügung gestellt werden. Die Bindung an eine gewerbliche Tätigkeit sollte insoweit aufgegeben werden. Diese Rechtsform würde einerseits die Funktion der derzeitigen OHG übernehmen, zugleich aber für alle Angehörigen der Freien Berufe, die keinen Wert auf eine gesellschaftsrechtliche Haftungsbegrenzung legen, die sachgerechte Gesellschaftsform bilden. Die Regelung des Innenverhältnisses müsste, anders als dies bislang bei den 705ff. BGB der Fall ist, dem Charakter als Unternehmensträgerin Rechnung tragen. Drittens: Als dritte Rechtsform bedarf es einer für alle unternehmerischen (gewerblichen wie beruflichen) Tätigkeiten geöffneten KG. Die Öffnung würde zwangsläufig auch die Sonderform der GmbH & Co. KG umfassen, die damit allen Freien Berufen zur Verfügung stehen würde. Schon der Umstand, dass diese Rechtsform aufgrund verfassungsrechtlich bedenklicher Sondervorschriften bislang nur von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern gewählt werden kann, zeigt zum einen, dass tatsächlich ein praktisches Bedürfnis für sie auch bei den Freien Berufen besteht und dass zum zweiten der Charakter der Freiberuflichkeit mit ihr ohne weiteres vereinbar ist. Viertens: Da sowohl die einfache Partnerschaft mit ihrer Haftungskonzentration auf den handelnden Gesellschafter als auch die PartmbB mit ihrem vollständigen Haftungsausschluss in der Praxis gut angenommen werden, gibt es gute Gründe, dieser Rechtsform in einem neu zu entwickelnden Gesamtkonzept bei gleichzeitiger Öffnung für alle unternehmerischen Tätigkeiten weiterhin Raum zu gewähren. Gerade für die Freien Berufe bilden sowohl die Haftungskonzentration mit der verbleibenden Haftung der handelnden Vertrauensperson als auch die Versicherungslösung Haftungsmodelle, die auf ihre Art der Berufstätigkeit und ihre Stellung als Vertrauensberuf zugeschnitten sind. Zugleich gibt es eine ganze Reihe gewerblicher Berufe, bei denen ein vergleichbares Haftungskonzept ebenfalls umsetzbar wäre. Die derzeitige Verknüpfung der Versicherungslösung allein mit der Freiberuflichkeit in 8 Abs. 4 PartGG ist sachlich nicht gerechtfertigt. Es gibt zahlreiche reglementierte gewerbliche Berufe, bei denen ein Versicherungsmodell in vergleichbarer Weise praktizierbar wäre. Verwiesen sei etwa auf den Anlageberater, für den es in 36 c WpHG sogar ein eigenständiges Register gibt und damit eine berufsrechtliche Kernregelung, an der man für eine Versicherungslösung anknüpfen könnte. Weitere Beispiele bieten die Versicherungsmakler und Versicherungsvermittler, für die sich berufsrechtliche Regelungen in den 34d ff. GewO finden. Auch hier könnte man ohne weiteres Versicherungslösungen verankern, wie wir sie derzeit ja ohnehin nur bei einem Teil der Freien Berufe kennen. Die Öffnung der PartmbB für Gewerbetreibende müsste also nicht bedeuten, dass nun allen gewerblichen Unternehmen diese Form einer Haftungsbeschränkung offen stünde. Genauso wie bei den Freien Berufen könnte man im Einzelfall entscheiden, ob das Gläubigerschutzkonzept des 8 Abs. 4 PartGG passt. Will man noch einen Schritt weitergehen, könnte man sogar an eine subsidiäre, im Gesellschaftsrecht verortete Auffangregelung für ein Versicherungskonzept denken, wie es derzeit für die Freien Berufe vermisst wird. Eine entsprechende subsidiäre Regelung könnte etwa vorsehen, dass sich die Gesellschaft gegen Haftungsrisiken aus bestimmten Kernbereichen ihrer Geschäftstätigkeit mit einer Mindestversicherungssumme von 2,5 Millionen Euro versichern muss, wenn die Rechtsform der PartmbB gewählt werden soll. Ein Systembruch wäre eine derartige Öffnung jedenfalls nicht, wohl aber müsste man überlegen, ob mit der Basisversicherung die Haftungsrisiken aus der Vielzahl aller gewerblichen Risiken auch wirklich sachgerecht abgebildet werden. Fünftens: Einer vertiefenden Analyse bedarf schließlich die Einführung einer vollständig haftungsbeschränkten Personengesellschaft. Sie wäre ebenso wie die englische LLP ein Hybrid, stünde quasi zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Diese Einteilung hat heute im Gesellschaftsrecht ohnehin ihre Bedeutung verloren und dient lediglich noch Systematisierungszwecken. Das entscheidende Argument für die Einführung einer solchen Rechtsform in das deutsche Recht ist, dass sie der Sache nach ohnehin schon existiert: Die sog. Einheitsgesellschaft in der Form der Einheits-GmbH & Co. KG oder der Einheits-UG & Co. KG, bei der die Komplementärin der KG gleichzeitig 8 So für Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften BGHZ 202, 92 Rn. 10ff. = AnwBl 2014, 960 = NJW 2015, 61; kritisch zur dogmatischen Begründung Henssler/ Markworth, NZG 2015, 1, 5f.; Henssler, NZG 2011, 1121 mwn. 9 S. bereits Henssler, AnwBl 2014, 96, 104. Zu den Vorteilen der LLP gegenüber der PartmbB Henssler, NJW 2014, Dazu Kilian, Berufsrechtsbarometer 2015, 2015, S. 21ff., 27f. 11 S. auch das Referat des Verfassers in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages, Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages Essen 2016, Bd. II/1, S. O 53 ff. (erscheint Mitte 2017). Aufsätze Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler AnwBl 4 /

30 Anwaltsrecht ihre Tochtergesellschaft ist, 12 damit ihr gehört, ist genau dieses Hybrid. Nur ist sie in einer der deutschen Gesellschaftsrechtskultur unwürdigen Weise völlig gekünstelt und ohne klares dogmatisches Fundament ausgestaltet und nur über unbefriedigende Umwege wählbar. In der Praxis führt sie ein Schattendasein, weil die strukturell komplexe und in der Vertragsgestaltung sowie Anwendung fehleranfällige Willensbildung bei der Komplementärin als Risiko angesehen wird. 13 Auch diesem Missstand sollte im Rahmen der gebotenen Neuordnung des Personengesellschaftsrechts abgeholfen werden. Eingehender Diskussion bedürfen das Gläubigerschutzkonzept einer solchen Hybridgesellschaft und ihre Abgrenzung zur GmbH. Denkbar erscheint ein Schutz durch eine Kombination aus Rechnungslegungs- und Insolvenzantragspflichten ( 19 InsO), ergänzt um eine Form der Existenzvernichtungshaftung, um die gezielte Entziehung von Gesellschaftsvermögen im Krisenfall zu sanktionieren. 14 III. Vorfrage: Allgemeine Reform des Rechts der Freiberuflergesellschaften? Nicht nur die Anwaltschaft, auch viele andere Freie Berufe leiden unter den Schwächen des Personengesellschaftsrechts und ihrer jeweiligen Berufsrechte. Im Grunde kann kein einziger Freier Beruf ein Berufsrecht vorweisen, das als Muster beziehungsweise Vorbild für eine Regelung der Berufsausübungsgesellschaften gelten könnte. Außerdem weisen die Berufsrechte selbst vergleichbarer Berufe, wie etwa die Berufsgesetze der wirtschaftsnahen Beratungsberufe, erhebliche Unterschiede auf, die vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG problematisch sind. Wünschenswert wäre eine einheitliche Regelungsstruktur der Berufsgesetze der verschiedenen Freien Berufe mit Blick auf die gemeinschaftliche monoprofessionelle und interprofessionelle Berufsausübung. Die Ausgangsfrage, welche Rechtsformen den Berufsangehörigen zur Verfügung gestellt werden sollten, lässt sich im Sinne der Organisationsfreiheit für alle Freien Berufe recht einfach beantworten: Alle Rechtsformen, die als Rechtsträger für (gewerbliche) Unternehmen in Betracht kommen, sollten auch den Freien Berufen offenstehen. Die Eigenart der Freien Berufe rechtfertigt, wie die Anerkennung der Freiberufler-Kapitalgesellschaft zeigt, generell keine gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten. Dies entspräche auch den Forderungen der EU-Kommission im Rahmen ihrer Binnenmarktstrategie. 15 Auf diesem breiten Fundament stellen sich bei den Berufsausübungsgesellschaften sämtlicher Freier Berufe folgende Kernfragen in grundsätzlich identischer Form: Soll die Berufsausübungsgesellschaft selbst Trägerin von Berufspflichten sein? Soll sie selbst Kammermitglied sein? Wie wird in ihr die Einhaltung der Berufspflichten und die berufliche Unabhängigkeit der Berufsträger sichergestellt? Welche Vorgaben gelten für die Haftpflichtversicherung? Welche Beschränkungen gelten für die interprofessionelle Zusammenarbeit? Gilt das Postulat der aktiven Mitarbeit aller Gesellschafter? Diese Fragen geben für alle Berufsgesetze, und damit auch für die angestrebte Regelung in der BRAO, die Grundstruktur für das Recht der Berufsausübungsgesellschaften vor. Die wünschenswerte einheitliche Regelungsstruktur der Berufsgesetze würde zugleich Divergenzen deutlich zu Tage treten lassen und auf den verfassungsrechtlich durch Art. 12, 3 GG vorgegebenen Rechtfertigungsbedarf hinweisen. Das BVerfG und der BGH bejahen etwa für die Berufe der Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer eine grundsätzliche Pflicht zur Gleichbehandlung. 16 Jede Beschränkung der gemeinschaftlichen Berufsausübung ist ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung, der zudem das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu achten hat. Auch praktische Gründe sprechen für eine möglichst weitgehende Harmonisierung der Berufsgesetze, da sich anderenfalls bei der wünschenswerten interprofessionellen Zusammenarbeit aufgrund des Prinzips der Geltung des strengsten Berufsrechts 17 (sog. Meistbelastungsprinzip, vgl. auch 30 BORA) Schwierigkeiten ergeben. Derzeit sind verfassungsrechtlich nicht haltbare Unterschiede etwa bei den Inkompatibilitätsregeln und der Möglichkeit der Berufsausübung in der GmbH & Co. KG festzustellen. Die Unterschiede haben sich in jüngerer Zeit eher noch verschärft. Hintergrund ist die unzureichende Abstimmung der jüngsten Berufsrechtsreformen als Folge der Zuständigkeit unterschiedlicher Ministerien für die verschiedenen Freien Berufe. 18 Der Handlungsbedarf ist in jüngerer Zeit etwa durch die Entscheidung des BVerfG zum Verbot gewerblicher Tätigkeit von Geschäftsführern einer Steuerberatungsgesellschaft deutlich geworden. 19 IV. Reformbedarf im anwaltlichen Berufsrecht 1. Überblick über die Schwächen des geltenden Rechts Die aufgezeigten Schwächen im Recht der Personengesellschaft setzen sich im anwaltlichen Berufsrecht fort. Analysiert man die Regelungen der BRAO, so fällt auf, dass es ein berufsrechtliches Drei-Klassen-System der Rechtsformen gibt. Es ist gekennzeichnet durch: (1) eine Überregulierung der Anwalts-GmbH in 59 c ff. BRAO, deren Sonderbehandlung spätestens mit Einführung der PartmbB ihre Rechtfertigung verloren hat, (2) eine nur rudimentäre und antiquierte Regelung von Sozietät und PartG in 59 a BRAO und PartGG, wobei die partielle Auslagerung des Berufsrechts in das PartGG überholt ist, wie zum Beispiel die Regelungen des Firmenrechts und der Geschäftsführung in 2, 6 PartGG zeigen, und (3) eine vollständige Untätigkeit des Gesetzgebers bei alternativen Rechtsformen, wie der Rechtsanwalts-AG/KGaA, 12 Zur Zulässigkeit vgl. etwa BGH NZG 2007, 751; Gummert, in: Gummert/Weipert, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 2, 4. Aufl. 2014, 51 Rn Holler, in: Born/Ghassemi-Tabar/Gehle, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 7, 5. Aufl. 2016, 75 Rn. 17; Brosius/Frese, NZG 2016, Zu denkbaren Gläubigerschutzkonzepten vgl. Teichmann, Binnenmarktkonformes Gesellschaftsrecht, 2006, S. 500ff.; ders., NJW 2006, 2444ff.; Mülbert, EBOR 2006, 357, 379ff. 15 Vgl. die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen, COM (2015) 550 final, Ziff. 2.3., S. 10; dazu Michel, AnwBl 2017, 128, 131f. 16 Vgl. BVerfGE 80, 269, 280f. = NJW 1989, 2611, 2612; BVerfGE 98, 49, 63ff. = NJW 1998, 2269, 2271; s. auch Henssler, FS Kreutz, 2010, S. 635ff.; ders., JZ 1998, 1065ff.; ders., ZIP 1998, 2121ff.; ders., NZG 2011, 1121ff. 17 Dazu Henssler, WPK-Mitt 1999, 2, 4 sowie Hartung, in: Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl. 2014, 59a Rn. 137; Lenz, in: Meilicke/Graf v. Westphalen/Hoffmann/Lenz/Wolff, PartGG, 3. Aufl. 2015, 1 Rn Dazu Deckenbrock, AnwBl 2014, 118, 128; Henssler, AnwBl 2014, 762, BVerfG AnwBl 2013, 825 = NJW 2013, AnwBl 4 / 2017 Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler

31 Anwaltsrecht der Rechtsanwalts-SE und ausländischen Rechtsformen, wie der LLP. 20 Der Umgang des Rechtsanwenders mit diesem inkohärenten Gesamtkonzept wird zusätzlich erschwert durch Begrifflichkeiten, deren Verwendung in BRAO und BORA nur als chaotisch bezeichnet werden kann. 21 So wird in 59 a, 59 b Abs. 2 Nr. 8 BRAO; 7 Abs. 3, 8, 10, 30, 32, 33 Abs. 2 BORA der Begriff der beruflichen Zusammenarbeit verwendet, während die 45 Abs. 3, 59 a, 59c Abs. 2 BRAO; 7 Abs. 3, 8, 24 Abs. 1 Nr. 4, 27, 30, 32, 33 Abs. 1 BORA von gemeinschaftlicher Berufsausübung sprechen. Der Begriff der Sozietät findet sich in 45 Abs. 3, 52 Abs. 2, 172a BRAO; 8, 24 Abs. 1 Nr. 4, 30, 32 Abs. 1, 33 Abs. 1 BORA; dagegen greifen die 49 b Abs. 4, 52 Abs. 1 BRAO, 3 Abs. 2 und 3 BORA auf die Berufsausübungsgemeinschaft und die Neuregelung in 46 Abs. 1 BRAO auf die Berufsausübungsgesellschaft 22 als Oberbegriff zurück. Sachgerecht ist es, künftig rechtsformübergreifend den Begriff der Berufsausübungsgesellschaft für alle Formen der gemeinschaftlichen Berufsausübung zu verwenden und ihn von sonstigen Formen der Zusammenarbeit wie der Kooperation und der Bürogemeinschaft abzugrenzen, bei denen der Zusammenschluss nicht als Partner des Anwaltsvertrags mit dem Mandanten auftritt. 2. Die rechtstechnische Umsetzung des Reformbedarfs Obwohl diese Schwächen seit langem bekannt sind und vielfach kritisiert werden, finden sich im Schrifttum bislang kaum Vorschläge, wie denn die überfällige Reform der BRAO umgesetzt werden könnte. Meines Erachtens sollte zum einen die bisherige Grundregelung des 59 a BRAO zu einem allgemeinen Teil des Berufsrechts von Anwaltsgesellschaften weiterentwickelt werden. Darauf aufbauend könnten sodann in einem besonderen Teil für einzelne Rechtsformen, beziehungsweise Gruppen von Rechtsformen, Sonderregeln aufgenommen werden, sofern aufgrund der Eigentümlichkeiten ein zusätzlicher Regelungsbedarf besteht. 3. Der allgemeine Teil des Rechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften a) Überblick über notwendige rechtsformübergreifende Regelungen Die Aufteilung in einen (rechtsformübergreifenden) allgemeinen und einen (rechtsformbezogenen) besonderen Teil gehört, wie die Vorbilder des BGB und des HGB zeigen, zu den Errungenschaften deutscher Rechtskultur, die sich seit über 100 Jahren bewährt haben. Sie erlauben eine deutliche Entschlackung der rechtsformbezogenen Regelungen, wie sich insbesondere bei der Regelung der Rechtsanwaltsgesellschaft mbh zeigen wird. Zu den in einem allgemeinen Teil zu regelnden Themen zählen: 1. Vorschriften zur Zulassungspflicht und zu einem (vereinfachten) Zulassungsverfahren, 2. die Regelung der Kammermitgliedschaft der Berufsausübungsgesellschaft, 3. die berufsrechtliche Pflichtenstellung der Gesellschaft, 4. die Neugestaltung der unbefriedigenden Sozietätsklauseln für Interessenkonflikte und sonstige Tätigkeitsverbote in 3 BORA, 45 Abs. 3 BRAO, 5. Vorgaben zur Sicherung der Unabhängigkeit der anwaltlichen Gesellschafter, 6. eventuelle Vorgaben für die Benennung eines Compliance Officers, der über die Einhaltung des Berufsrechts in der Gesellschaft wacht, 7. die eigenständige Versicherungspflicht der Gesellschaft als Partnerin des Mandatsvertrags (Schließlich richten sich auch die Haftungsansprüche des Mandanten in erster Linie gegen die Berufsausübungsgesellschaft, selbst wenn es sodann je nach Rechtsform zu einer akzessorischen Mithaftung einzelner oder sämtlicher Gesellschafter kommt. In der Praxis wird schon derzeit verbreitet auf sog. Sozietätspolicen zurückgegriffen.), 8. eine einheitliche Regelung zu einer erhöhten Berufshaftpflichtversicherung für all jene Rechtsformen, die im beruflichen Bereich eine gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkung ermöglichen, 9. eine einheitliche Regelung der Postulationsfähigkeit aller Berufsausübungsgesellschaften unter Einbeziehung der hiervon bislang systemwidrig ausgeklammerten Sozietät; als Vorbilder können insoweit die bisherigen Regelungen in 59l BRAO, 7 Abs. 4 PartGG dienen, 10. eine einheitliche und gegenüber 59a BRAO liberalisierte Regelung der interprofessionellen Zusammenarbeit, sofern die nicht anwaltlichen Gesellschafter aktiv in der Gesellschaft mitarbeiten, und 11. eine sehr behutsame Zulassung des sog. Fremdbesitzes im Sinne einer Beteiligung von Personen, die nicht aktiv in der Gesellschaft mitarbeiten. Zu den Beschränkungen, die abweichend vom geltenden Recht gerade nicht mehr in eine gesetzliche Regelung aufgenommen werden sollten, zählen insbesondere anwaltliche Mehrheitserfordernisse für Gesellschafter, Gesellschaftsanteile, Organmitglieder und Prokuristen. Auf solche Beschränkungen, wie sie derzeit für die Rechtsanwaltsgesellschaft mbh ( 59e Abs. 2, 59 f Abs. 1, Abs. 3 BRAO) angeordnet werden, sollte künftig vollständig verzichtet werden. 23 b) Berufspflichten der Gesellschaft Sachgerecht erscheint es, künftig in einem allgemeinen Teil eigenständige Berufspflichten der Gesellschaft zu regeln. 24 Bislang kennt die BRAO in 59 m systemwidrig solche Pflichten nur für die Rechtsanwalts-GmbH. Offensichtlich ist ein Bedarf nach gesellschaftsbezogenen Regeln insbesondere bei den Berufspflichten, die an die zivilrechtliche Stellung als Vertragspartner des Mandanten anknüpfen, wie etwa der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung bei Mandatsablehnung ( 44 BRAO) oder den Vorgaben zu Vergütungsvereinbarungen ( 49 b BRAO) und vertraglichen Haftungsbeschränkungen ( 52 BRAO). Gleiches gilt für die in 43 b BRAO normierte Werbung, die in der Regel die Gesellschaft und nicht einzelne Berufsträger hervorhebt. Belässt man es hier bei einer auf den einzelnen Berufsträger bezogenen Pflicht, so würde diese bei einer gemeinsamen Berufsausübung häufig weitgehend leerlaufen. Anhaltspunkte für Berufspflichten, die auf die Gesellschaft erstreckt werden sollten, liefert der Katalog des 59m Abs. 2 BRAO. Er müsste allerdings im Detail kritisch hinterfragt werden. Ein bislang vernachlässigter Aspekt betrifft die Einhaltung der Berufspflichten der Rechtsanwaltsgesellschaften. Begeht die Gesellschaft eine Pflichtverletzung, so sollten Verstöße nach 113 ff. BRAO gegenüber der Gesellschaft geahndet werden können. Bei Geldbußen käme eine Verbands- 20 Dazu Henssler, in: Henssler/Prütting (Fn. 17), Vor 59c Rn. 16ff., Anh. 59c ff. Rn. 13ff. 21 Siehe bereits BGH AnwBl 2012, 840 Rn. 33 = NJW 2012, 3102; Deckenbrock, in: Henssler/Streck, Handbuch Sozietätsrecht, 2. Aufl. 2011, M Rn. 5; ders., AnwBl 2014, 118, Kritisch zu diesem erstmals im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte neu eingeführten Begriff Deckenbrock, AnwBl 2015, 469, Vgl. auch Henssler/Deckenbrock, AnwBl 2016, 211, 215; Michel, AnwBl 2017, 128, Zu diesem Vorschlag bereits Henssler, AnwBl 2014, 762, 765 mwn. Zum geltenden Recht vgl. Henssler in: Henssler/Prütting (Fn. 17), 33 BORA Rn. 14. Aufsätze Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler AnwBl 4 /

32 Anwaltsrecht geldbuße nach dem Muster des 30 OWiG in Betracht. 25 Voraussetzung für ein Einschreiten der Rechtsanwaltskammer wäre, dass die Gesellschaft auch selbst Kammermitglied ist, wie das bislang aber nur bei der Rechtsanwaltsgesellschaft mbh der Fall ist. Sie sollte m.e. generell angestrebt werden. Die individuelle Verantwortlichkeit des einzelnen Gesellschafters für eigene Verstöße bliebe von der Sanktionierung der Gesellschaft selbstverständlich unberührt. Um Schutzlücken zu Lasten der Mandanten zu vermeiden, sollten alle anwaltlichen Gesellschafter verpflichtet sein, für die Einhaltung der Berufspflichten in ihrer Gesellschaft zu sorgen. Bislang gibt es eine solche Verpflichtung lediglich für die Regeln der Berufsordnung ( 33 Abs. 2 BORA), 26 mit dem völlig unbefriedigenden Ergebnis, dass bei einer Verletzung von nur in der BRAO geregelten Pflichten von einem Gesellschafter ausschließlich das Unterlassen der Berufsausübung in der sich berufsrechtswidrig verhaltenden Gesellschaft verlangt werden kann. 27 Ergänzend sollte darüber nachgedacht werden, nach englischem Vorbild einen berufsrechtlich primär verantwortlichen Compliance Officer einzuführen, der auf die Einhaltung des Berufsrechts zu achten hat. 28 Ein solches Modell könnte den Stellenwert der anwaltlichen Berufspflichten und der Berufsethik in größeren anwaltlichen Zusammenschlüssen verbessern. Insbesondere bei einer Erweiterung des Kreises der sozietätsfähigen Personen erscheint die namentliche Benennung einer verantwortlichen Person unabdingbar. c) Reform der Haftpflichtversicherung: Keine Privilegierung von Großkanzleien Das geltende Recht begrenzt die Haftungsvorteile von PartmbB und Rechtsanwaltskapitalgesellschaft faktisch auf große (international operierende) Anwaltsgesellschaften. Der Grund liegt in den hohen Anforderungen an den Versicherungsschutz. All jene Kanzleien, die allgemeine Mandatsbedingungen verwenden möchten, müssen damit nach 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BRAO ihren Deckungsschutz auf 10 Mio. Euro erweitern, der aber bei kleineren Kanzleien das Haftungsrisiko deutlich überschreitet. Für sie lohnen sich damit die hohen Versicherungsprämien nicht, da ihnen keine adäquaten Vorteile gegenüberstehen. 29 Die Praxis zeigt, dass zwar der Vermögensverfall ein praktisch bedeutsamer Anlass für den Widerruf der Zulassung ist, 30 dass aber Haftungsfälle eher selten der Anlass für einen derartigen Vermögensverfall sind. Eine Lösung könnte sein, bei Jahresumsätzen von weniger als 5 Mio. Euro den notwendigen Versicherungsschutz auf 1 Mio. Euro zu beschränken. Abzustellen wäre insoweit auf den Umsatz des Vorjahres oder den durchschnittlichen Jahresumsatz der vorangegangenen drei Jahre, so dass jeweils nachträglich erst eine Anpassung erforderlich wäre, die sodann erst für die Zukunft eine erhöhte Versicherungspflicht nach sich ziehen würde. d) Neuregelung der interprofessionellen Zusammenarbeit Die überzeugende Vorgabe für die Neuregelung der interprofessionellen Zusammenarbeit bietet der Reformvorschlag in 59 a Abs. 4 BRAO-E, der bereits anlässlich der Einführung des RDG erarbeitet und als Regierungsentwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurde, 31 schließlich aber im Rechtsausschuss des Bundestages scheiterte. 32 Inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen geändert, der Ruf nach besserer Zusammenarbeit von Experten ist noch lauter geworden und die Gefahren für die Verschwiegenheitspflicht sind künftig besser kontrollierbar. Es empfiehlt sich daher eine Öffnung für die Angehörigen sämtlicher vereinbarer Berufe, die ein Rechtsanwalt auch als Zweitberuf ( 7 Nr. 8 BRAO) ausüben dürfte. 33 Die Rahmenbedingungen für eine entsprechende Erweiterung werden derzeit mit dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen 34 quasi schon vorbereitet. Berufsgeheimnisträger sind bei ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit auf die Hilfeleistung anderer Personen angewiesen. In vielen Fällen ist es für sie wirtschaftlich sinnvoll, diese Tätigkeiten nicht durch eigene Angestellte ausführen zu lassen, sondern auf darauf spezialisierte Unternehmen oder selbständig tätige Personen zurückzugreifen. Bislang ist ungeklärt, inwieweit einer solchen Heranziehung dritter Personen die straf- und berufsrechtlich sanktionierte Schweigepflicht des Berufsgeheimnisträgers entgegensteht. Für Anwälte gibt es derzeit lediglich auf der Ebene des Satzungsrechts eine nicht in jeder Hinsicht überzeugende Regelung ( 2 BORA). Nach dem Entwurf soll nun durch eine ausdrückliche Regelung in 203 StGB sichergestellt werden, dass das Offenbaren von geschützten Geheimnissen gegenüber Personen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken, nicht als strafbares Handeln zu qualifizieren ist, soweit dies für die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit der mitwirkenden Personen erforderlich ist. Die damit verbundene Verringerung des Geheimnisschutzes wird dadurch kompensiert, dass mitwirkende Personen, die bei der ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Tätigkeit die Möglichkeit erhalten, von geschützten Geheimnissen Kenntnis zu erlangen, in die Strafbarkeit nach 203 StGB einbezogen werden. Damit ist zugleich klargestellt, dass erst recht auch alle nicht anwaltlichen Mitgesellschafter der strafrechtlich sanktionierten Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Die weitgehende Zulassung der interprofessionellen Zusammenarbeit würde auch die Gelegenheit bieten, den Grundsatz der Geltung des jeweils strengsten Berufsrechts für alle Gesellschafter (sog. Meistbelastungsprinzip) 35 zu kodifizieren. Das Gleiche gilt für eine ausdrückliche Verankerung des Berufsträgervorbehalts bei Vorbehaltsaufgaben, mit dem klargestellt wird, dass Rechtsdienstleistungen ausschließlich durch zugelassene Rechtsanwälte erbracht werden dürfen. Im Übrigen gelten die in jeder Berufsausübungsgesellschaft zu beachtenden Vorgaben zur Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit, mit der Folge, dass der Berufsträger im Bereich seiner Berufsausübung keinen Weisungen unterworfen sein darf. 25 S. dazu bereits Deckenbrock, in: Mittwoch/Klappstein/Botthoff u.a. (Fn. 5), S. 119, 136ff.; ders., AnwBl 2014, 118, 121f. 26 Zu den Schwächen dieses Ansatzes und den daraus folgenden Problemen Henssler, in: Henssler/Prütting (Fn. 17), 33 BORA Rn. 9ff. 27 Henssler, in: Henssler/Prütting (Fn. 17), 33 BORA Rn Deckenbrock, in: Mittwoch/Klappstein/Botthoff u.a. (Fn. 5), S. 119, 140; Henssler, AnwBl 2014, 762, Vgl. dazu auch die empirischen Erkenntnisse bei Kilian, (Fn. 10), S. 27. Danach halten 36 % der Befragten die zusätzlichen Kosten für zu hoch. 30 Henssler, in: Henssler/Prütting (Fn. 17), 14 Rn Vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 15, 83f. 32 BT-Drucks. 16/6634, S. 50; dazu Henssler, AnwBl 2007, 553, 558f. 33 Dazu Henssler, in: Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Aufl. 2015, Einl. Rn. 91ff.; Henssler/ Deckenbrock, AnwBl 2016, 211, 214f.; Kilian/Glindemann, BRAK-Mitt. 2016, 102, 104f. 34 BR-Drucks. 163/ Dazu oben unter III. 382 AnwBl 4 / 2017 Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler

33 Anwaltsrecht e) Die Beteiligung nicht aktiv mitarbeitender Gesellschafter der sog. Fremdbesitz Im Gegensatz zu den Beschränkungen der interprofessionellen Zusammenarbeit hat das Gebot der aktiven Mitarbeit der Gesellschafter mit seiner Kehrseite des Verbotes reiner Kapitalbeteiligungen für anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften seine Berechtigung behalten. 36 Gesellschafterstrukturen, die eine Gewinnabschöpfung durch außenstehende Personen ermöglichen, sind geeignet, die Unabhängigkeit der Berufsträger zu gefährden. Auch wäre etablierten Berufsträgern die rechtspolitisch bedenkliche Möglichkeit eröffnet, über von ihnen beherrschte Gesellschaften jüngere Kollegen über längere Zeit in Abhängigkeit zu halten. Solche Kapitalgeber würden im Bereich originärer freiberuflicher Tätigkeit gewerblich agieren, was zugleich die idealtypische Idee der Freiberuflichkeit in Frage stellen würde. 37 Erleichterungen sind allerdings für Sonderfälle denkbar. So erscheint es berufspolitisch unbedenklich, wenn ehemals aktive Berufsträger nach Eintritt in den Ruhestand noch eine gewisse Zeit den Status als Gesellschafter behalten dürfen. Ebenfalls gut vertretbar ist eine zeitlich begrenzte (max. 5 Jahre) Beteiligung von Erben ohne Stimmrecht Das Berufsrecht der Sozietät a) Geltendes Recht Das anwaltliche Berufsrecht geht noch von einer Sozietät (GbR) aus, die über keine eigene Rechtsfähigkeit verfügt, und erweist sich schon aus diesem Grunde als nicht zeitgemäß. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist die Sozietät selbst Partnerin des Mandatsvertrags und damit zugleich selbst Anspruchsgegnerin von Schadensersatzforderungen bei Pflichtverletzungen der Gesellschafter oder von Mitarbeitern der Gesellschaft. 39 Dieser Umstand wird vom geltenden Recht ignoriert. So knüpfen berufsrechtliche Vorschriften wie 113 Abs. 1 BRAO allein an den Einzelanwalt an. Die GbR verfügt anders als die PartG über keine eigene Postulationsfähigkeit. 40 Offene Fragen stellen sich auch bei der Bevollmächtigung der Sozietät. 41 Die Pflicht zur Beiordnung nach 48 BRAO erfasst nur den Anwalt, obwohl inzwischen auch die Beiordnung der Sozietät anerkannt ist. 42 Zu den zentralen Schwächen der derzeitigen berufsrechtlichen Erfassung der Sozietät zählt ferner, dass es kein Register gibt, aus dem der Rechtsverkehr Einblicke in die Verfassung der Gesellschaft, den Gesellschafterkreis und die Vertretungsregeln gewinnen kann. Das ist bei der Sozietät anders als bei PartG und Rechtsanwaltsgesellschaft mbh besonders unbefriedigend, weil es hier auch keine sonstige Form einer Registerpublizität gibt. In das Rechtsanwaltsregister werden derzeit keine Sozietäten eingetragen, sondern nur die die Sozietät bildenden Anwälte. Selbst die Rechtsanwaltsgesellschaften, die über eine eigene Zulassung verfügen, sind aus dem Rechtsanwaltsregister nicht ersichtlich. 43 Die unter Publizitätsgesichtspunkten unzureichende Vorschrift des 24 Abs. 1 Nr. 4 BORA verpflichtet den Rechtsanwalt lediglich, dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer unaufgefordert und unverzüglich die Eingehung oder Auflösung einer Sozietät, Partnerschaftsgesellschaft oder sonstigen Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung anzuzeigen. In der Praxis wird diese Berufspflicht allerdings kaum ernst genommen. 44 Mangels einer Möglichkeit der Einsichtnahme hilft die Regelung Rechtsuchenden zudem nicht weiter. b) Reformbedarf Solange es keine Novellierung des Personengesellschaftsrechts unter Einführung einer registerpflichtigen Personengesellschaft gibt, muss insbesondere bei der Sozietät die fehlende Registerpublizität durch ein Kanzleiregister aufgefangen werden. 45 Bloße Informationen auf dem Briefbogen und den Kanzleischildern bieten keine geeignete Alternative. Bei ihnen stellt sich das Aktualitätsproblem, auch führt die Aufnahme aller relevanten Informationen bei größeren Zusammenschlüssen zu einer Überfrachtung der Briefbögen. Das für nicht anwaltliche Rechtsdienstleister eingeführte Rechtsdienstleistungsregister ( 16 f. RDG) hat sich bewährt und kann damit als zeitgemäßes Vorbild und Maßstab zugleich dienen. Dem von den Kammern befürchteten Mehraufwand stehen erhebliche Vorteile gegenüber. Im Übrigen empfiehlt sich eine sehr schlanke Regelung der Sozietät, da die wichtigsten Fragen bereits im allgemeinen Teil erfasst sind. Bei der Sozietät ist angesichts der Zielgruppe, für die sie geeignet ist, eine einfache unbürokratische Gründung sicherzustellen. Das legt nahe, für sie kein generelles Zulassungsverfahren vorzuschreiben. Für kleinere Gesellschaften mit maximal fünf Gesellschaftern, die zudem nur an einem Standort tätig sind, dürfte eine bloße Anzeigepflicht bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer ausreichen. Unverzichtbar ist dagegen eine Anerkennung der Postulationsfähigkeit, sofern sich diese nicht bereits aus dem Allgemeinen Teil ergibt. Angesichts der vielfältigen Fragen, die sich in diesem Kontext stellen, bietet sich darüber hinaus eine Regelung des Außensozius und der sog. Außensozietät an. Nachdem die Rechtsprechung diese Rechtsform gebilligt hat und das entsprechende Auftreten nicht mehr als wettbewerbswidrig einstuft, 46 sollten die berufsrechtliche Zulässigkeit und die haftungsrechtlichen Folgen einer eindeutigen Regelung zugeführt werden. 47 Dabei bietet es sich an, die verfehlte BGH- Rechtsprechung, die sich von den allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen entfernt und den Scheingesellschafter auch ohne Nachweis, dass der gesetzte Rechtsschein aufseiten des Dritten eine Disposition ausgelöst hat, wie einen Gesellschafter haften lässt, 48 zu korrigieren. Auch die Rechtsscheinvollmacht aller auf dem Briefbogen benannten Mitarbeiter bedarf einer klarstellenden Regelung. 36 Eingehend dazu Henssler, BRAK-Mitt. 2007, 186ff., 238ff. 37 Zwar würde sich berufsrechtlich nichts an der Freiberuflichkeit des Kapitalgebers ändern, wohl aber die steuerrechtliche Betrachtung. 38 Vgl. zur vergleichbaren Regelung in Österreich Henssler/Wambach, Die Lage der freien Berufe in ihrer Funktion und Bedeutung für die europäische Zivilgesellschaft, Zusammenfassung, 2014, S. 80; Reiner, Die Rechtsanwaltsgesellschaft, Wien 2016, S. 227; Kilian, AnwBl 2016, 217, 218f. 39 Allgemein zur GbR BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 (ARGE Weißes Ross); BGHZ 188, 233 Rn. 23 = NJW 2011, 2040; speziell zur Sozietät BGHZ 193, 193 Rn. 15ff. = AnwBl 2012, 773 = NJW 2012, 2435; s. dazu Deckenbrock, AnwBl 2012, 723ff. 40 Dazu Deckenbrock, in: Mittwoch/Klappstein/Botthoff u.a. (Fn. 5), S. 119, 142ff.; ders., AnwBl 2014, 118, Dazu Henssler/Michel, NJW 2015, 11ff. 42 BGH NJW 2009, 440; dazu Deckenbrock, AnwBl 2014, 118, 122f. 43 S. bereits die Kritik bei Deckenbrock, in: Mittwoch/Klappstein/Botthoff u.a. (Fn. 5), S. 119, 144; ders., AnwBl 2014, 118, 119f. 44 Offermann-Burckart, AnwBl 2010, 743, 744; Deckenbrock, AnwBl 2014, 118, Deckenbrock, in: Mittwoch/Klappstein/Botthoff u.a. (Fn. 5), S. 119, 144ff.; ders., AnwBl 2014, 118, 119ff.; Henssler, AnwBl 2014, 762, BGHZ 194, 79 = AnwBl 2012, 840 = NJW 2012, Das gilt auch für die PartG, bei der sich trotz der Registerpublizität ähnliche Probleme ergeben. 48 Vgl. BGHZ 194, 79 Rn. 36 = AnwBl 2012, 840 = NJW 2012, 3102; kritisch dazu Markworth, Scheinsozius und Scheinsozietät, 2016, S. 155ff., 369ff.; ders., AnwBl 2014, 797, 800f.; Deckenbrock/Meyer, ZIP 2014, 701, 704ff. Aufsätze Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler AnwBl 4 /

34 Anwaltsrecht 5. Die berufsrechtliche Regelung der Partnerschaftsgesellschaft und PartmbB Ausgangspunkt muss für die berufsrechtliche Erfassung der anwaltlichen PartG beziehungsweise PartmbB zunächst die überfällige Deregulierung des PartGG sein. Das in 2 Abs. 1 PartGG verankerte Erfordernis der Personenfirma ist ebenso wie die in 6 Abs. 2 PartGG zwingend angeordnete Geschäftsführungsbefugnis in beruflichen Angelegenheiten ersatzlos zu streichen. Bei beiden Vorschriften handelt es sich um berufsrechtliche Besonderheiten, die im Gesellschaftsrecht ein Fremdkörper sind. Sie sind außerdem überholt, beziehungsweise beruhen auf Missverständnissen. So entspricht das in 2 PartGG verankerte Erfordernis einer Personenfirma einem heute bei den meisten Freien Berufen nicht mehr zeitgemäßen Verständnis der Außendarstellung. Das gilt insbesondere für das anwaltliche Berufsrecht, in dem für die Sozietät schon 2004 das zuvor in 9 BORA a.f. verankerte Verbot der Führung von Sach- oder Fantasiefirmen durch die Satzungsversammlung zum aufgehoben wurde. 49 Etwas länger hat sich der Gesetzgeber bei der Rechtsanwaltsgesellschaft mbh Zeit gelassen, bis er mit dem Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht 50 zum die Beschränkung auf die Personenfirma in 59 k BRAO aufgehoben hat. Die Regelung des 2 PartGG ist damit überholt. 51 Die Untätigkeit des Gesetzgebers lässt sich nur mit fehlendem Problembewusstsein erklären. Die in 6 Abs. 2 PartGG verankerte Pflicht zur Beteiligung der freiberuflichen Partner an der Geschäftsführung im beruflichen Bereich beruht auf einem Missverständnis. Aufgrund des Unabhängigkeitspostulats muss auch bei anwaltlichen Partnern lediglich sichergestellt sein, dass der Berufsträger im Bereich seiner Berufsausübung keinen Weisungen unterworfen ist. Einer Beteiligung an der Geschäftsführung bedarf es hierfür nicht. Sie wäre auch kein hinreichender Schutz, da im Kreis der Geschäftsführer Beschlüsse nach dem Mehrheitsprinzip gefasst werden können, sofern dies vertraglich vereinbart wird. Berücksichtigt man, dass entsprechende Vorgaben auch für die Berufsausübung in der GbR nicht bestehen, entbehrt eine eigenständige gesellschaftsrechtliche Vorgabe für die Partnerschaft jeder Logik. Es ist die Aufgabe des Berufsrechts, die Reichweite der beruflichen Unabhängigkeit jeweils berufsspezifisch vorzugeben, und zwar für alle Berufsausübungsgesellschaften. Im Übrigen drängt sich keine eigenständige Regelung der PartG im besonderen Teil des Rechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften auf. Das gilt insbesondere dann, wenn mit dem hier präsentierten Vorschlag bereits in den allgemeinen Teil des Rechts der Anwaltsgesellschaften rechtsformübergreifende Vorschriften für den Versicherungsschutz in all jenen Gesellschaften aufgenommen werden, die eine Haftungsbeschränkung im beruflichen Bereich erlauben. 6. Die Regelung der Rechtsanwaltskapitalgesellschaften (Deregulierung der 59 c ff. BRAO) Die Neuregelung des Rechts der anwaltlichen Kapitalgesellschaften muss zwei zentrale Schwächen des geltenden Rechts ausgleichen. Zum einen muss sie sämtliche Kapitalgesellschaften in die Regelung einbeziehen und zum zweiten die Überregulierung in den 59 c ff. BRAO zurückfahren. 52 Ersatzlos zu streichen wären die Beschränkung der Beteiligungsmöglichkeiten von Kapitalgesellschaften in 59a Abs. 2 BRAO, die von 59 e Abs. 2 BRAO aufgestellten Mehrheitserfordernisse hinsichtlich Anteile und Stimmrechte sowie die ebenfalls verfehlten Mehrheitserfordernisse für Geschäftsführer, Prokuristen und Generalbevollmächtigte in 59 f Abs. 1, Abs. 3 BRAO. Andere Vorschriften sollten in den allgemeinen Teil des Berufsrechts der Anwaltsgesellschaften verschoben werden. Dazu zählen die Regelung des zugleich zu vereinfachenden Zulassungsverfahrens in 59 d BRAO, die in 59 i BRAO verortete Kanzleipflicht, die bislang in 59 l BRAO geregelte Postulationsfähigkeit und die in 59 m BRAO normierten Berufspflichten. Empfehlenswert erscheint es, für Kapitalgesellschaften 53 (anders als bei der Sozietät) ein Zulassungsverfahren weiterhin unabhängig von der Größe der Gesellschaft zwingend vorzuschreiben, um angesichts der Haftungsbeschränkung eine stärkere Kontrolle zu ermöglichen. Auch nach dieser Entschlackung verbleiben zahlreiche regelungsbedürftige Punkte, weitere müssten neu aufgenommen werden. Das Verhältnis zwischen Zulassung und Eintragung ins Handelsregister sollte ausdrücklich geklärt werden. Es sollte nicht nur ein Anspruch auf eine Unbedenklichkeitserklärung eingeführt werden, mit der sodann die Eintragung der noch nicht zugelassenen Gesellschaft im Handelsregister erreicht werden kann. Darüber hinaus sollte auch die Möglichkeit eröffnet werden, aufgrund eines Satzungsentwurfs vorab die Zulassungsfähigkeit der Gesellschaft zu klären und Bedenken der Rechtsanwaltskammer vorab überprüfen zu lassen. Es ist den Gesellschaften nicht zumutbar, zunächst das gesamte Gründungsverfahren voranzutreiben, um dann letztlich doch im Zulassungsverfahren zu scheitern. Das gilt insbesondere für bereits bestehende Gesellschaften, die zusätzlich die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft erreichen wollen. Derzeit weigern sich einzelne Rechtsanwaltskammern, solche Vorabprüfungen vorzunehmen. Denkbar, wenn auch nicht zwingend erforderlich wäre die Regelung der (Fremd-)Geschäftsführung. 54 Insoweit sollte es grundsätzlich ausreichen, dass der Geschäftsführer einen sozietätsfähigen Beruf ausübt; seine aktive Mitarbeit in der Gesellschaft ist ohnehin selbstverständlich. Rechtspolitisch erwägenswert erscheint es aber auch, zu verlangen, dass in einer Rechtsanwaltsgesellschaft mindestens ein anwaltlicher Geschäftsführer/Vorstand bestellt werden muss. Im Übrigen gilt auch für die Kapitalgesellschaft, dass die Unabhängigkeit der anwaltlichen Gesellschafter nicht notwendig über eine Beteiligung an der Geschäftsführung sichergestellt werden muss. Den Geschäftsführern sollte zudem aus Gründen des Mandantenschutzes im beruflichen Bereich jeweils Einzelvertretungsmacht zugebilligt werden. 49 BRAK-Mitt. 2004, Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften v , BGBl. I S Die Schwächen zeigen sich deutlich in der aktuellen Entscheidungspraxis der Gerichte vgl. nur OLG Hamm NZG 2016, 1351; OLG Hamm, Beschl. v W 130/16, BeckRS 2016, Deckenbrock, in: Mittwoch/Klappstein/Botthoff u.a. (Fn. 5), S. 119, 147f.; ders., AnwBl 2014, 118, 129; Henssler, AnwBl 2014, 762, Das Gleiche gilt u.u. auch für die PartmbB. 54 Sie könnte ggfs. auch rechtsformneutral eingeführt werden. Eine entsprechende Regelung könnte etwa dahin gehen, dass nur Personen, die einem sozietätsfähigen Beruf angehören, Vertretungsmacht erteilt werden darf. Hält man das für zu restriktiv, könnte das Verbot auf eine Vertretungsmacht in Berufsangelegenheiten oder ab einem gewissen Umfang begrenzt werden. 384 AnwBl 4 / 2017 Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler

35 Anwaltsrecht Überlegenswert 55 erscheint es, künftig den bereits etablierten Firmenzusatz Rechtsanwaltsgesellschaft weiterhin ausschließlich zugelassenen Kapitalgesellschaften vorzubehalten, so wie dies derzeit in 59 k BRAO für die GmbH angeordnet ist. Sofern keine einheitliche Regelung für Gesellschaften, die eine Haftungsbeschränkung im beruflichen Bereich ermöglichen, im allgemeinen Teil des Berufsrechts verankert wird, muss die erhöhte Versicherungspflicht des 59 j BRAO grundsätzlich beibehalten und auf alle Kapitalgesellschaften erstreckt werden. Zugleich sollte aber generell der Versicherungsschutz für kleinere und mittlere Gesellschaften überarbeitet werden. Neu aufzunehmen wären für die mitbestimmte GmbH, die AG, KGaA und die SE gesetzliche Vorgaben für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats. 56 Hier empfehlen sich vor dem Hintergrund der Kontrollfunktion dieses Gremiums abgeschwächte Anforderungen. Keine Voraussetzung sollte es sein, dass die Aufsichtsratsmitglieder aktiv in derselben Gesellschaft ihren Beruf ausüben müssen. Auch ehemalige Berufsträger, die bereits im Ruhestand sind, kommen völlig unproblematisch als Aufsichtsratsmitglieder in Betracht. Der Personenkreis richtet sich im Übrigen nach dem liberalisierten Recht der interprofessionellen Zusammenarbeit. V. Reformbedarf im Recht der Auslandsgesellschaften Im Zuge der anstehenden Neuordnung des Berufsrechts der Anwaltsgesellschaften sollte auch die derzeit nur sehr rudimentäre berufsrechtliche Erfassung von Auslandsgesellschaften ausgebaut werden. 57 Selbst bei der hier präferierten Einführung eines allgemeinen Teils bedarf es jedenfalls der Klarstellung, ab wann die deutschen Vorgaben greifen: schon bei bloßen Dienstleistungen oder erst bei Niederlassung der Gesellschaft in Deutschland? Das geltende Recht lässt in 8 EuRAG viele praktisch bedeutsame Fragen ungeklärt, etwa die Frage des Versicherungsschutzes bei einer Gesellschaft mit ausländischer Rechtsform und deutschem Verwaltungssitz. Sind in der Gesellschaft nur deutsche Anwälte tätig, so greift 8 Abs. 2 EuRAG nicht, da diese keine europäischen Rechtsanwälte im Sinne der Legaldefinition des 1 EuRAG sind. Es empfiehlt sich, von ausländischen Gesellschaften, die in Deutschland tätig sind, generell einen Versicherungsschutz von mindestens 2,5 Mio. Euro zu verlangen, wenn die Gesellschaft eine rechtsformbedingte Haftungsbegrenzung aufweist. Klärungsbedürftig ist außerdem, ob für ausländische Gesellschaften ebenfalls eine Zulassungspflicht und eine Pflicht zur Eintragung in das neu zu schaffende elektronische Kanzleiregister gelten soll, wenn sie eine Zweigniederlassung in Deutschland unterhalten. Vorgaben zu den Mehrheitserfordernissen im Kreise der Gesellschafter und Geschäftsführer erübrigen sich dagegen, wenn entsprechende Erfordernisse auch für nationale Rechtsformen aufgegeben werden. Bei einer Liberalisierung der interprofessionellen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten wäre gleichwohl noch zu klären, wie ausländische Gesellschaften zu behandeln sind, deren Gesellschafter reine Kapitalanleger beziehungsweise jedenfalls nicht aktiv mitarbeitende Personen sind. Betroffen sind u.a. englische Anwaltsgesellschaften, die von der Möglichkeit sog. alternative business structures 58 Gebrauch machen. Auch insoweit besteht dringend Klärungsbedarf. VI. Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sowohl im Gesellschaftsrecht als auch im Berufsrecht ein dringender Handlungsbedarf besteht. Allerdings wird die notwendige Reform des Personengesellschaftsrechts mit Sicherheit noch einige Jahre auf sich warten lassen, selbst wenn sich der Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode diesem Großprojekt widmen sollte. Die noch dringendere Reform des Berufsrechts kann diese Entwicklung nicht abwarten. Vielmehr sollte noch in dieser Legislaturperiode mit den notwendigen Vorarbeiten begonnen werden. Die Rechtsanwälte sollten insoweit als Pilotberuf fungieren und die Systematik für die ebenfalls anstehenden Reformen des Berufsrechts der anderen Freien Berufe erarbeiten. Anzustreben ist eine große rechtsformübergreifende Lösung, die auf einer sorgfältigen Analyse der Schwächen des geltenden Rechts aufbaut. Generalziel muss es sein, zum einen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der großen deutschen Kanzleien zu stärken und zum anderen auch für kleine und mittlere Anwaltsgesellschaften attraktive Zusammenschlussformen anzubieten. Aufsätze 55 Angesichts der geringen Zahl zugelassener Gesellschaften erscheint auch eine Umstellung für den Rechtsverkehr verkraftbar. Vom Wortsinn her ließe sich die Bezeichnung jedenfalls problemlos auch auf Personengesellschaften erstrecken, so dass ein Firmierungsprivileg der Kapitalgesellschaften nicht zwingend ist. 56 Problematischer ist die Besetzung des Verwaltungsrats der monistischen SE wegen der Kumulierung von Aufsichts- und Geschäftsführungsfunktionen. Hier könnte entweder zwischen geschäftsführenden und nicht geschäftsführenden Direktoren unterschieden werden oder es könnten die (strengeren) Regeln für den Vorstand gelten. 57 Zu den berufsrechtlichen Rahmenbedingungen für Auslandsgesellschaften Henssler, in: Henssler/Prütting (Fn. 17), Anh. 59c ff. Rn. 13ff., ders., FS Busse, 2005, S. 127, 143ff.; Kilian, in: Henssler/Streck (Fn. 21), G Rn. 29ff. 58 Gegen die Zulässigkeit eines Auftretens in Deutschland Dahns/Keller, NJW-Spezial 2012, 126; Kilian, NJW 2014, 1766, 1767ff. Prof. Dr. Martin Henssler, Köln Der Autor ist Prorektor für Planung und wissenschaftliches Personal der Universität zu Köln und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln, des dortigen Instituts für Anwaltsrecht sowie des Europäischen Zentrums für Freie Berufe. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. Die Anwaltschaft als Pilotberuf: Quo vadis Sozietätsrecht?, Henssler AnwBl 4 /

36 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Berufsrecht der Zukunft: Statt kleines Karo bitte think big Der Reformbedarf aus wirtschaftsanwaltlicher Sicht ist groß * Rechtsanwalt Prof. Dr. Dirk Uwer, LL.M., Düsseldorf Endlich: Im fünften Anlauf hat die kleine BRAO-Reform am 8. März 2017 den Rechtsausschuss des Bundestag passiert und kann im März noch nach Redaktionsschluss vom Deutschen Bundestag in zweiter und dritter Lesung beschlossen werden. Warum die kleine BRAO-Reform sehr klein geraten ist und jetzt der Blick schnell auf die große BRAO-Reform gelenkt werden sollte, begründet der Autor in ersten Teil in einem lesenswerten Kommentar. Im zweiten Teil erläutert der Autor dann anhand der mandatsbezogenen Berufspflicht zum Führen von Handakten, wie das anwaltliche Berufsrecht an einer Regulierung der Wirklichkeit scheitert und daran auch die Änderungen im Recht der Handakte in der kleinen BRAO-Reform nichts ändert (zur Handakte aus haftungsrechtlicher Sicht siehe auch in diesem Heft in den Haftpflichtfragen : Bräuer, AnwBl 2017, 440). I. Die kleine BRAO-Reform, ihre Genese und ihr drohendes Scheitern Kaum ein Vorgang könnte plakativer den Zustand des anwaltlichen Berufsrechts in Deutschland dokumentieren als die legislativen und partizipativen Wirren um ein Gesetzgebungsvorhaben mit dem unscheinbaren Titel Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe. 1 Am 15. Februar 2017 wurde bekannt, dass es der Gesetzentwurf auch im vierten Anlauf nicht durch den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags geschafft hatte, obwohl, wie das Anwaltsblatt ad hoc meldete, alles auf eine Beschlussfassung hindeutete und noch kurz vor der Sitzung ein großkoalitionärer Änderungsantrag 2 als konsensgeeignet bekannt wurde. 3 Das deutsche Anwaltsrecht ist historisch-genetisch von ebenso singulärer wie prekärer Änderungsresistenz, und vor diesem Hintergrund erweist sich selbst eine kleine Reform offenbar als überambitioniert. Wer noch von großen Reformen reden wollte, riskierte, sich den Vorwurf der Kontrafaktizität, mindestens aber naiver Realitätsverweigerung zuzuziehen. Dabei hat das Mäandern des Gesetzentwurfs nicht einmal seine Ursache im Europarecht, dort also, wo die organisierte Anwaltschaft allzu oft und unbedacht den Gegner auszumachen weiß, wenn etwa gesagt wird, mit eben jenem Gesetz stärke sich der freie Beruf gegen weitere Angriffe aus Brüssel. 4 Die wenigen erforderlichen Anpassungen des Rechts der freien Berufe an die Berufsanerkennungsrichtlinie in der geänderten Fassung der Richtlinie 2013/55/EU kümmerten Parlamentarier und Berufsorganisationen eher wenig materiell zu Recht, und so bleibt insofern allenfalls festzuhalten, dass die Richtlinie 2013/55/EU bis zum 18. Januar 2016 umzusetzen war, mithin zu einem Zeitpunkt, als noch nicht einmal der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in die Verbändeanhörung gegeben worden war. Das deutsche Recht der freien Berufe und das Europarecht, so scheint es, bleiben ein Fall wechselseitiger Missverständnisse und unilateraler mitgliedstaatlicher Nichtachtung. Die berechtigten mahnenden Hinweise der Europäischen Kommission auf in Millionenhöhe festzusetzende Bußgelder bei weiter verzögerter Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU sind jedenfalls bislang folgenlos geblieben. Brüssel dürfte als wohlfeiler Schuldiger für die dilatorische, wenn nicht dysfunktionale Behandlung der kleinen Novelle für dieses Mal ausfallen. Der parlamentarische Dissens betraf nämlich merkwürdigerweise einen Bereich, über den die Anwaltschaft (BRAK und DAV) nach intensiven Diskussionen Konsens erzielt hatte: die Reform der allgemeinen Fortbildungspflicht nach 43 a Abs. 6 BRAO die einzige statusbegründende Berufspflicht, zu deren Konkretisierung die Satzungsversammlung bislang gesetzlich nicht ermächtigt und die deshalb in der BORA nicht ausgestaltet ist. Dass man das anwaltliche Rechtsberatungsmonopol wiederum aus Brüssel angegriffen sah (und sieht), wenn es nicht durch Schließung jener Lücke in der systemischen Qualitätssicherung 5 verteidigt werde, mag die Konsensfindung seinerzeit erleichtert haben. Es würde freilich einen Schatten auf die Anwaltschaft werfen, wenn deren Berufsorganisationen, das, was für andere Freiberufe von jeher eine Selbstverständlichkeit ist, nämlich systemisch verankerte, strukturierte Fortbildung, tatsächlich nur aufgrund exogener Faktoren ( Druck aus Brüssel ) akzeptieren wollten. Ein rechtsvergleichender Blick 6 zeigt die Selbstverständlichkeit, mit der Anwälte in anderen Jurisdiktionen solchen Fortbildungs- und entsprechenden formalisierten Nachweispflichten genügen müssen, die weit über das System der FAO hinausgehen. Dass eine solche Fortbildungspflicht nun, wie die FAZ berichtete, 7 auch daran scheiterte, dass sie aus Sicht federführender Parlamentarier ein (offenbar illegitimes) Konjunkturprogramm für Fortbildungsinstitute von BRAK und DAV zu werden drohte, irritiert, belegt aber vor allem eine Entfremdung zur Anwaltschaft, der man redliche berufspolitische Motive offenbar kaum noch abzunehmen gewillt ist. Aus wirtschaftsanwaltlicher Sicht ist kontinuierliche, strukturierte Fortbildung eine Selbstverständlichkeit, ihre be- * Bei dem Beitrag handelt es sich um die aktualisierte schriftliche und mit Fußnoten versehene Fassung eines Teils des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Zu weiteren Teilen seines Vortrags wird der Verfasser in einem der nachfolgenden Hefte des Anwaltsblatts veröffentlichen. 1 Gesetzentwurf der Bundesregierung vom (Bundestags-Drucksache 18/9521). 2 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom (18(6)293 neu neu neu) U. Schellenberg, BB 29/2016 vom , S.I. 5 Ausführlich zur Genese der Fortbildungspflicht bei Anwälten und anderen Freiberuflern M. Kilian, Fortbildung zwischen Freiheit und Zwang, 2016; zu Fortbildungspflicht de lege ferenda ders., AnwBl 2016, 729ff.; ders., AnwBl 2016, 800f. 6 S. etwa zur Verschärfung der Anforderungen an die Continuing Professional Development ab i.s.d. Principle 5 des SRA Handbook (2011) und der praktischen Handhabung ge. 7 H. Wieduwilt, Keine Fortbildungspflicht: Juristenverbände scheitern am Widerstand der Union, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom , S AnwBl 4 / 2017 Berufsrecht der Zukunft: Statt kleines Karo bitte think big, Uwer

37 Anwaltsrecht rufsrechtliche Absicherung keine Frage des Ob, sondern nur des Wie, also von Inhalten, Methoden, Standards und Dokumentation. 8 Eine solche Selbstverständlichkeit sollte nicht im Zentrum der Modernisierung und Novellierung des anwaltlichen Berufsrechts stehen müssen, sondern als überfällig an der Peripherie miterledigt werden. Die Schwierigkeiten ihrer Implementation nähren indes Skepsis hinsichtlich jenes Reformstaus, der zweifellos eine große Novelle der BRAO erfordert. Die BRAO, das ist eine ebenso triviale und weitverbreitete wie überwiegend folgenlose Erkenntnis, ist noch immer vom Leitbild des Einzelanwalts, dem Anwalt in seiner Kanzlei geprägt; sie atmet in Struktur, Schwerpunktsetzung und Terminologie den Geist ihrer Entstehungszeit. Dass vom Inkrafttreten der BRAO am 1. August 1959 rund 40 Jahre vergingen, ehe zum 1. Januar 2000 in 59 c ff. BRAO wenigstens die Rechtsanwalts-GmbH positiv-rechtlich verankert wurde, während sich das Gesetz noch immer zur Anwalts-AG und anderen gängigen, international konkurrenzfähigen Formen der beruflichen Zusammenarbeit ausschweigt, ist symptomatisch für die immer weiter auseinander klaffende Schere zwischen dem überkommenen gesetzlichen Leitbild und der Wirklichkeit anwaltlicher Berufsausübung im 21. Jahrhundert. Exemplarisch sollen im Folgenden die Defizite des geltenden Berufsrechts anhand eines Beispiels aus dem Bereich der mandatsbezogenen Berufspflichten angesprochen werden, nämlich der Handaktenpflicht ( 50 BRAO). Zum einen zeigt der Blick auf solch kleine Münze in der Fokussierung auf die wirtschaftsanwaltliche Tätigkeit im globalisierten Rechtsberatungswettbewerb die fehlende Situationsadäquanz von im anwaltlichen Diskurs zu wenig hinterfragten Berufsrechtsvorschriften. Zum anderen ist die große Münze der Rückständigkeit und persistenten Europarechtswidrigkeit des deutschen anwaltlichen Gesellschaftsrechts erst jüngst von H.-J. Hellwig im Anwaltsblatt hervorgehoben worden. 9 II. Das Fossil der Handakte oder: zur Handhabbarkeit von mandatsbezogenen Daten im Gigabite-Bereich 50 Abs. 1 BRAO verpflichtet den Rechtsanwalt zur Anlegung von Handakten, um so ein geordnetes Bild über die von ihm entfaltete Tätigkeit geben zu können. Die in ihrer heutigen Fassung im Wesentlichen von 1994 stammende, durch 17 BORA geringfügig konkretisierte Norm rührt konzeptionell aus einer Zeit her, in der die mandatsbezogene schriftliche Kommunikation des Anwalts überwiegend noch zwischen zwei Aktendeckel zu passen schien. Immerhin darf der Anwalt, so ist aus 50 Abs. 5 BRAO zu schließen, die Handakten auch im Wege der elektronischen Datenverarbeitung führen. Mit der kleinen BRAO-Novelle soll 50 BRAO ein moderneres Gewand erhalten, in der materiell und strukturell verunglückten Vorschrift wird ein bisschen aufgeräumt. Aus Schriftstücken und Briefwechsel in 50 Abs. 3, 4 BRAO werden technik-offen Korrespondenz und Dokumente, Handakten müssen nicht mehr bloß angelegt, sondern geführt werden, sie müssen (in Anlehnung an 51 b WPO) künftig auch ein zutreffendes Bild der Tätigkeit des Rechtsanwalts ermöglichen (was vorgeblich die Überprüfung im Wege der Aufsicht erleichtern soll), die Aufbewahrungsfrist wird in Anlehnung an 147 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 5 AO auf sechs Jahre verlängert, beginnend nicht mehr mit dem Datum, sondern dem Ablauf des Kalenderjahres der Mandatsbeendigung eine Präzisierung, die der Koordination mit den datenschutzrechtlichen Löschungsverpflichtungen dient und zu begrüßen ist. Auch das Verwirrspiel unterschiedlicher und unsystematischer Begrifflichkeiten die Handakte im Sinne des 50 Abs. 1 BRAO ist etwas anderes als die in 50 Abs. 2 5 BRAO thematisierte Handakte soll beendet werden: 50 Abs. 2 4 BRAO-E stellt klar, dass sich der Herausgabeanspruch des Auftraggebers nur auf bestimmte Dokumente, also einen Teil der Handakte bezieht. 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO-E entscheidet die umstrittene Frage, ob neben der zivilrechtlichen Herausgabepflicht nach 667, 675 BGB auch eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht, zugunsten letzterer, insoweit dem BGH folgend. 10 Dies sind zweifellos überwiegend wichtige und teilweise notwendige Änderungen, doch die Chance, 50 BRAO einem Realitätstest zu unterziehen und darauf basierend komplett neu zu konzipieren, bleibt ungenutzt. Das gilt zum einen für die durch 50 BRAO de lege lata wie de lege ferenda nicht explizit beantwortete Frage nach einem Gleichlauf zwischen der Verjährung des zivilrechtlichen Herausgabeanspruchs nach 195, 199 BGB und einer berufsrechtlichen Herausgabepflicht, deren gesetzlich festgelegte Dauer noch nichts über die Verjährung eines berufsrechtlichen Herausgabeanspruchs besagt. Zum anderen wird die partielle Regelung allein der bilateralen Beziehung zwischen Auftraggeber und Anwalt der Komplexität und dem Umfang vieler wirtschaftsanwaltlicher Beratungsmandate nicht gerecht, wie folgende Beispiele zeigen: In kartellrechtlich, wertpapierhandels- oder übernahmerechtlich geprägten Mandaten, aber auch in Auktionsverfahren, bei denen ein Unternehmen in einem strukturierten Bieterprozess veräußert wird, folgt der Informationsfluss einer regelmäßig außer-berufsrechtlich vorgegebenen, notwendig multipolaren Struktur. Sie umfasst häufig den Informationsaustausch zwischen den beratenden Anwälten unter Ausschluss der Informationsweitergabe an den jeweiligen Auftraggeber. So können (und müssen unter Umständen) Mandant (zum Beispiel der prospektive Unternehmenskäufer) und Gegner (Unternehmensverkäufer) vereinbaren, dass bestimmte sensible Unternehmensinformationen der Zielgesellschaft auf der Grundlage von besonderen Vertraulichkeitsvereinbarungen nur den Beratern der jeweils anderen Seite (oder nur einer Teilmenge davon) zugänglich gemacht, aber keinesfalls an den Auftraggeber weitergegeben werden dürfen (siehe dazu Abbildung 1 auf der nächsten Seite). In der wirtschaftsanwaltlichen Praxis bereiten solche Szenarien typischerweise keine Probleme, sie werden durch passgenaue, etablierte Marktstandards reflektierende Vereinbarungen abgesichert. 8 Exemplarisch zur Entwicklung eines strukturierten Fortbildungsprogramms mit universitärer Kooperation und Zertifizierung D. Uwer, Die HM-Akademie St. Gallen bei Hengeler Mueller, in: Staub/Hehli Hidber (Hrsg.), Management von Anwaltskanzleien. Zürich 2012, S. 472ff. 9 H-J. Hellwig, AnwBl 2016, 776ff. 10 BGH NJW-RR 2015, 186; BGH, Urt. v AnwSt (R) 5/14, BeckRS 2014, Aufsätze Berufsrecht der Zukunft: Statt kleines Karo bitte think big, Uwer AnwBl 4 /

38 Anwaltsrecht Abbildung 1: Informationsfluss in kartellrechtlich, wertpapierhandels- oder übernahmerechtlich geprägten Mandaten, aber auch in Auktionsverfahren, bei denen ein Unternehmen in einem strukturierten Bieterverfahren veräußert wird. Die Graphik unten (Abbildung 2 auf dieser Seite) illustriert aus der Sicht des Mandanten, wie der Informationsfluss in ein und demselben Auftrag multipolar ausgestaltet werden und die Kommunikation unter verschiedenen von ihm beauftragten Beratern erfassen kann, von denen manche (Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Rechtsanwälte) einer berufsrechtlichen Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegen, andere (Investmentbanken, nicht-anwaltliche Restrukturierungsberater, Kommunikationsberater, PR-Agenturen) hingegen nicht. Der Mandant kann den Informationsfluss seiner verschiedenen Betrater untereinander steuern, aber auch verlangen, dass sein Anwalt ihm solche Informationen, die unzweifelhaft Teil der Handakte im Sinne des 50 BRAO sind, nicht zugänglich macht. Solche Advisors only -Kommunikation ist vielfach üblich und sinnvoll. Der Mandant kann im Sinne einer Optimierung und Verschlankung des Transaktionsprozesses bestimmen, dass beispielsweise steuerliche oder vergleichbare Vorüberlegungen zunächst unter den Beratern angestellt werden und ihm nur das konsolidierte Ergebnis mit- Abbildung 2: Der Informationsfluss aus Sicht des Mandanten in ein und demselben Auftrag, der multipolar unter den verschiedenen Beratern ausgestaltet ist. Dabei unterliegen einzelne Berater einer berufsrechtlichen Verschwiegenheit, andere nicht. 388 AnwBl 4 / 2017 Berufsrecht der Zukunft: Statt kleines Karo bitte think big, Uwer

39 Anwaltsrecht geteilt wird. In diesem Prozess wird vielfältig kommuniziert, es entstehen riesige Mengen elektronischer Daten, bestehend aus -Verkehr, Entwürfen von Transaktionsdokumenten, Änderungsvorschlägen dazu ( Mark-ups ) usw. Was für Transaktionen der genannten Art gilt, hat in den letzten Jahren eine Erweiterung für den Beratungstypus unternehmensinterner Ermittlungen ( Internal Investigations ) erfahren. Hier wie da entstehen Informations- und Datenmengen, die sich ihrer papiernen Vorhaltung im Sinne der überkommenen Handakten -Vorstellung entziehen, sie können ausschließlich elektronisch bewältigt werden. Was bedeutet das für den Handakten-Herausgabeanspruch ( 50 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 2 4 BRAO)? Welche Dokumente und welche Korrespondenz (in der Terminologie von 50 BRAO-E) sind im ersten Schaubild Handakte der Kanzlei A und im zweiten Bestandteile der Handakte der Rechtsanwälte, auf die sich die Pflicht erstreckt, ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung des Mandats zu geben? Welche Dokumente und Korrespondenz sind in dem Sinne handaktenpflichtig, dass sie der Anwalt für den Auftraggeber erhalten und ihm deshalb herauszugeben hat? Ist für den Auftraggeber erhalten auch jede zwischen nicht-anwaltlichen Beratern, die dem Anwalt nur in Kopie (cc) zugeht? Kann der Auftraggeber es sich später anders überlegen und nach Mandatsbeendigung auch die Advisors only -Kommunikation herausverlangen, obwohl sie in dem Bewusstsein geführt wurde, gerade nicht für den Mandanten bestimmt zu sein? Wie praktisch bedeutender und heikler verhält es sich, wenn statt des Auftraggebers ein Rechtsnachfolger Herausgabeansprüche erhebt, etwa der Insolvenzverwalter des früheren Mandanten? Wie ist mit dem Umstand umzugehen, dass Korrespondenz mit den anwaltlichen Beratern der Gegenseite, die ausdrücklich als (anwalts-)vertraulich gekennzeichnet wurde, nach deutschem Recht abweichend von den meisten Rechtssystemen keine eigenen Vertraulichkeitsschutz genießt, 11 dies aber in grenzüberschreitenden Sachverhalten unverständlich und praktisch kaum durchsetzbar ist? Auf alle diese Fragen gibt es in der Praxis Antworten, doch ohne Rechtssicherheit, notfalls klären die Gerichte im Einzelfall, wozu das Berufsrecht schweigt. 50 BRAO ist in diesen Konstellationen de lege lata und auch in der Fassung der kleinen BRAO-Novelle eine kraftlose, insuffiziente Norm. Man kann durchaus bezweifeln, dass 50 BRAO als Kombination so unterschiedlicher Pflichten wie der zur ordnungsgemäßen, nachprüfbaren Mandatsdokumentation und zur Herausgabe von Informationen so reformierbar ist, dass die Norm der Komplexität anwaltlicher Dienstleistungen in all ihren Facetten gerecht wird und Antworten auf die vorgenannten, bei weitem nicht abschließenden Fragen gibt. Deshalb muss viel grundsätzlicher bezweifelt werden, ob es einer berufsrechtlichen Pflicht zur Handaktenführung überhaupt bedarf. Im Kern geht es doch um den in 11 BORA mehr versteckten denn hervorgehobenen zentralen Gedanken: Der Auftraggeber hat ein Recht darauf, von seinem Anwalt unverzüglich über alle wesentlichen Schritte der Mandatsbearbeitung unterrichtet zu werden und Kenntnis zu erlangen von aller für ihn wesentlichen Kommunikation. Die konkrete Ausgestaltung der korrespondierenden anwaltlichen Pflicht 11 Henssler/Prütting/Offermann-Burckart, BRAO, 4. Aufl. 2014, 50 Rn Der Herausgabeanspruch nach 667 BGB ist abdingbar (vgl. nur V. Wiese/R. Schulze, in: Schulze u.a., BGB, 9. Aufl. 2017, 667 Rn. 1) und damit auch einschränkbar. 13 Vgl. VG Berlin, Urt. v K 246/09, BeckRS 2010, 56855, beck-online. ist keine eigentliche Frage des Berufsrechts. So wie der Mandant im Rahmen des 43 a Abs. 2 BRAO als Herr des Geheimnisses über den Umfang der anwaltlichen Schweigepflicht disponieren kann, genügt es erst recht, ihn über den Umfang der Informationsrechte einerseits und Informations- und Herausgabepflichten andererseits in Abhängigkeit von den Anforderungen des konkreten Mandats disponieren zu lassen, und zwar im Mandatsvertrag nach 667, 675 BGB. 12 Das gesamte Regime (einschließlich Änderungen oder Einwendungen) unterliegt dann dem Zivilrecht, die berufsrechtliche Pflicht reduziert sich auf das Residuum des in 11 BORA, richtigerweise aber in 43 a BRAO zu verankernden Gedankens. Nur eine solchermaßen reduzierte Berufspflicht ist der aufsichtsrechtlichen Überprüfung wirklich zugänglich. So ist es anders als im Wirtschaftsprüferrecht den Rechtsanwaltskammern entgegen den Annahmen der Autoren der kleinen BRAO-Novelle nicht möglich, in verfassungskonformer Weise zu überprüfen, ob die Handakte ein zutreffendes Bild von der anwaltlichen Tätigkeit widerspiegelt. Die Einhaltung der qualitätssichernden Vorgabe des 51 b Abs. 1 WPO lässt sich hinsichtlich der Dokumentationspflichten anhand des vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) veröffentlichen Prüfungsstandards IDW PS 460 (Arbeitspapiere des Abschlussprüfers) oder eines anderen anerkannten Prüfungsstandards verifizieren. 13 Für Anwälte gibt es keine solchen Standards und es kann sie mangels Standardisierbarkeit der Rechtsberatung auch nicht geben. III. Kleine Novelle große Aufgaben Eine große BRAO-Novelle tut not, wie gezeigt auch und gerade im Kleinen mandatsbezogener Berufspflichten. Hat sie Chancen, Wirklichkeit zu werden? Sicher nicht in dieser Legislaturperiode und in der nächsten allenfalls abhängig vom Willen des Souveräns, der wie stets in der Demokratie vermutlich die Regierung bekommt, die er verdient. Deren Interesse an Berufsrechtsreformen wird auch künftig kaum größer sein als das der anwaltlichen Berufsorganisationen selbst. Wer bei der Anpassung des Leitbilds anwaltlicher Berufstätigkeit nur die Ideale von gestern verteidigt, disqualifiziert sich als Impulsgeber und Ansprechpartner für Politik und Gesetzgeber. Die kleine BRAO-Novelle mag wahrhaft klein und vielleicht zu klein geraten sein, doch gibt sie der Anwaltschaft Anlass zu manch kritischer Selbstreflexion. Prof. Dr. Dirk Uwer, LL.M., Mag.rer.publ., Düsseldorf Der Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Partner von Hengeler Mueller und gehört seit 2015 dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf an. Er vertritt hier allein seine persönliche Auffassung. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. Aufsätze Berufsrecht der Zukunft: Statt kleines Karo bitte think big, Uwer AnwBl 4 /

40 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer Schrittmacher der Modernisierung? Wie sich das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer vom Anwaltsrecht wegentwickelt hat * Rechtsanwalt Peter Maxl, Berlin Die große BRAO-Reform seht vor der Herausforderung, das tradierte Berufsrecht der Anwälte zu modernisieren. Weiter als die Anwaltschaft sind die Wirtschaftsprüfer. Dort hat das Berufsrecht in vielerlei Hinsicht auf die Änderungen im Beruf reagiert und setzt inzwischen vor allem auf Prävention statt auf Aufsicht. Der Autor wirbt dafür, die Berufsrechte verwandter Berufe wieder stärker aufeinander abzustimmen. Kritisch sieht er die Entwicklung, dass für bestimmte Aufsichtsfälle inzwischen eine berufsunabhängige Aufsichtsbehörde, die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), zuständig ist. Die Fragestellung des Veranstalters des Symposiums Berufsrecht 2020 am 9. Dezember lässt ahnen: Das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer 2 hat sich jedenfalls in Teilen anders entwickelt als das der Anwaltschaft. Dies beleuchten zu können, war der Reiz dieser Fragestellung. Ein weiterer Reiz lag darin, Teil einer berufsübergreifenden Betrachtung zu sein; dem Gesichtspunkt abgestimmter berufsrechtlicher Regelungen verwandter Berufe muss mehr Bedeutung beigemessen werden. I. Harmonisierung der Berufsrechte Jedenfalls im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer geht die Erwartungshaltung der Berufsangehörigen dahin, ihnen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, die eine interprofessionelle Tätigkeit erlauben. Unterschiedliche Regelungen in den Berufsrechten stoßen nur dann auf Akzeptanz und sind auch nur dann rechtssicher, wenn durch unterschiedliche Funktionen und Aufgaben erklärlich. Die Erwartungshaltung der Wirtschaftsprüfer erklärt sich dadurch, dass sie überwiegend interprofessionell aufgestellt und tätig sind. Gut 85 Prozent der Wirtschaftsprüfer sind zugleich auch als Steuerberater bestellt. Es gibt mittlerweile auch rund 650 sogenannte Dreifachbänder, also zugleich als Steuerberater bestellte und als Rechtsanwalt zugelassene Wirtschaftsprüfer. Auch die Berufsausübungsformen belegen die interprofessionelle Ausrichtung des Wirtschaftsprüferberufs. Der Einzel-Wirtschaftsprüfer, der allein in eigener Praxis tätig ist, befindet sich in der Minderheit. Von rund Wirtschaftsprüfern/vereidigten Buchprüfern sind dies gerade noch gut Berufsangehörige und dies werden in der Mehrzahl sog. Feierabendpraxen überwiegend angestellt tätiger Wirtschaftsprüfer sein und Formalpraxen der Älteren, die nicht mehr beruflich tätig sind. Die anderen Berufsangehörigen sind in rund Berufsgesellschaften, Sozietäten und 800 Partnerschaftsgesellschaften tätig nicht nur als Mitgesellschafter, sondern viele in den großen und ausnahmslos interprofessionell ausgerichteten Berufsgesellschaften auch im Rahmen einer Anstellung. 3 Eine Harmonisierung der Berufsrechte kann aber auch rechtlich geboten sein. Soweit die Berufe und Berufsangehörigen gleichförmige Funktionen und Aufgaben haben, setzt Art. 3 GG unterschiedlichen Regelungen Grenzen. Beispielhaft sei auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 zur Sozietät eines Anwaltsnotars mit einem Wirtschaftsprüfer hingewiesen, die dem Anwaltsnotar bis dahin nur mit einem anderen Anwalt ermöglicht wurde 4. Die Kammern haben die Notwendigkeit einer Harmonisierung des Berufsrechts immer gesehen, auch bei den Ministerien ist dieser Ansatz bei jeder Berufsrechtsnovelle ein Thema. Es gab aber noch nie eine Berufsrechtsnovelle, bei der die Harmonisierung im Mittelpunkt stand 5. Vor inzwischen mehr als zehn Jahren gab es einen Arbeitskreis mehrerer Bundeskammern 6, der sich die Harmonisierung der Berufsrechte auf die Fahne schrieb. Er scheiterte. Die Arbeitskreismitglieder konnten nur mit dem sogenannten Gremienvorbehalt agieren und das Hin- und Her-Spielen der Themen zwischen dem Arbeitskreis und den Gremien von vier Kammern war nicht zu leisten. Eigentlich schade wahrscheinlich kann ein solches Projekt nur von einer Regierungskommission angegangen werden. Die Grundsatzentscheidung müsste die Politik treffen; diese und die Arbeitsergebnisse der Kommission würden dann wie in jedem Gesetzgebungsverfahren zur Diskussion gestellt werden. II. Die Entwicklung der materiellen Berufsrechte Die Vorstellung des Verfassers beim Wechsel von einer Steuerberaterkammer zur Wirtschaftsprüferkammer (WPK) war die, dass das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer moderner im Sinne einer größeren Liberalität war und durch die WPK pragmatischer im Sinne einer gewissen Großzügigkeit als bei den Steuerberater- und Rechtsanwaltskammern angewandt wurde. Ich machte dies in erster Linie am Werberecht fest, aber auch am Recht der Berufsgesellschaften und der damaligen Sozietätsregelungen. 1. Das Werberecht sichtbarer Indikator einer Liberalisierung des Berufsrechts Das Werberecht war in den früheren Jahrzehnten ein vorherrschendes Thema und wurde von den immer schon vorhandenen Kritikern mit dem Vorurteil belegt, es würden die Praxisschilder vermessen. Man sprach auch nicht vom Werberecht, sondern vom Werbeverbot. Im Berufsstand der Wirtschafts- * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und mit Fußnoten versehene Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). 1 Veranstaltung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln am 9. Dez Nachfolgend auch WP; gemeint sind immer auch vereidigte Buchprüfer (vbp). Das Berufsrecht der WP wird durch die Wirtschaftsprüferordnung (WPO) und die Berufssatzung WP/vBP (BS WP/vBP) geregelt. 3 Zu den statistischen Angaben vgl. auch WPK Magazin 2017, BVerfG , AnwBl 1998, BVerfG , Stbg 92, 252: Harmonisierung insbesondere bei verwandten Berufen ist in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers. 6 Bundesrechtsanwaltskammer, Bundessteuerberaterkammer, Wirtschaftsprüferkammer und Patentanwaltskammer. 390 AnwBl 4 / 2017 Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer Schrittmacher der Modernisierung?, Maxl

41 Anwaltsrecht prüfer kamen früher als in den anderen freien Berufen die internationalen Einflüsse zur Geltung. Die internationalen Verbünde hatten mehr Gestaltungsmöglichkeiten. So war eine damals noch als unzulässig angesehene Bandenwerbung einer XY Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei einem Fußball- Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande in Gelsenkirchen eine solche der niederländischen Schwestergesellschaft der deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gleichen Namens. Steter Tropfen höhlt den Stein und die Rechtsprechung zur zunehmenden Liberalisierung des Werberechts bei fast allen freien Berufen ist Legende. Die WPO-Verfahren kann man allerdings an einer Hand abzählen, das heißt nicht jeder Grenzfall wurde von der Wirtschaftsprüferkammer zum Anlass für ein Berufsaufsichtsverfahren genommen, sondern als Teil der Fortentwicklung der Berufsauffassung und des Berufsrechts akzeptiert. Heute dürfte es in den drei Berufen keine großen Unterschiede im praktischen Umgang mit den Werbemöglichkeiten mehr geben. Im Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer ist die Liberalisierung aber immer noch ein Stück deutlicher als in den anderen Berufsordnungen festgeschrieben. In der WPO gibt es keinen freiberufsspezifischen Verbotsüberhang mehr, der Wirtschaftsprüfer kann ausdrücklich wie gewerbliche Marktteilnehmer werben. Seine Restriktionen sind die des allgemeinen Wettbewerbsrechts Berufsausübungsgesellschaften die WPO lässt im Rahmen berufsrechtlicher Eckwerte keine Wünsche offen Die Anwälte dürften die ersten gewesen sein, die ihre gemeinsame Berufsausübung in Gesellschaften bürgerlichen Rechts und dies auch in nennenswertem Umfang organisierten. Der Wirtschaftsprüferberuf war demgegenüber Vorreiter bei den Kapitalgesellschaften, die als Gesellschaft die beruflichen Vorbehaltsaufgaben erbringen können. a) Berufsgesellschaften Berufsgesellschaften erbringen als solche die Vorbehaltsaufgaben, woraus traditionell abgeleitet wird, dass sie auch von Berufsangehörigen verantwortlich geführt werden. Spezielle Vertretungsreglungen und Beteiligungsregelungen ergänzen dies. Bei den Wirtschaftsprüfern/Steuerberatern gibt es seit jeher die Möglichkeit der Berufsausübung über Berufsgesellschaften. Bei den Anwälten wurde erst deutlich später die GmbH und diese mit zum Teil prohibitiv wirkenden Rahmenbedingungen zugelassen. Auch mancher im Wirtschafsprüferberuf sieht die Berufsgesellschaften kritisch. Sie sind natürlich nicht die Ursprungsform der freiberuflichen Berufsausübung, die großen Gesellschaften werden gerne als industrielle Prüferfabriken abgestempelt. Dies alles hat jedoch nichts mit den berufsrechtlichen Rahmenbedingungen zu tun, die für Berufsgesellschaften gelten. Diese entsprechen genau denen der Freiberufler bis hin sogar zur berufsaufsichtsrechtlichen Verantwortung 8 und sind zum Teil sogar formalistischer ausgestaltet. Soweit in Teilen des Berufs Vorbehalte geäußert werden, sind das andere Faktoren wie die Größe und eine andere Marktausrichtung. Nach der jüngsten und stark EU-rechtlich geprägten Änderung der WPO Mitte sind bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften alle Rechtsformen nach deutschem Recht und europäischem Recht zugelassen ( 27 Abs. 1 WPO). Die berufsrechtlichen Anforderungen an die Führung und an die Kapitalbindung gelten selbstverständlich noch. Durch die Öffnung der Rechtsformalternativen ist auch nicht ansatzweise eine negative Verschiebungen im Berufsbild oder im Zusammenwirken der verschiedenen Berufsgruppen zu erwarten. b) Partnerschaftsgesellschaft (mbb) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rechtsanwälte Auch Partnerschaftsgesellschaften (mbb) können nach dem Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer als Wirtschaftsprüfungsgesellschaften anerkannt werden. Dies setzt eine Mehrheit der Wirtschaftsprüfer auf Gesellschafter- und Vertretungsebene voraus. Eine sogenannte Drei-Bänder-Gesellschaft (WPG/StBG/RAG) ist im Zweifel nicht darstellbar. Interessant ist daher die Variante, dass eine Partnerschaftsgesellschaft (mbb) unter Berücksichtigung der Mehrheit der Wirtschaftsprüfer insoweit als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anerkannt wird und die in der Partnerschaftsgesellschaft vertretenen Rechtsanwälte in Person ihre anwaltliche Tätigkeit namens der Partnerschaftsgesellschaft ausüben und dies durch den Namenszusatz Rechtsanwälte verdeutlichen 10. Diese Form einer Berufsausübungsgesellschaft ist bei der Wirtschaftsprüferkammer bisher neunmal registriert, was dafür spricht, dass sie auch zumindest von einzelnen Rechtsanwaltskammern und Steuerberaterkammern akzeptiert wird. c) Berufliche Zusammenschlüsse (ohne Anerkennung als Berufsgesellschaft) Eine Regelung zur gemeinsamen Berufsausübung kam erst 1995 in die WPO. Die Regelung ( 44 b WPO) beschränkte sich auf die Regelung einer Zusammenarbeit im Rahmen einer GbR. Anders als in den Berufsordnungen der Rechtsanwälte und Steuerberater enthielt die Regelung keine Aufzählung der Berufe, mit denen der Beruf gemeinsam im Rahmen einer GbR ausgeübt werden konnte. Vielmehr beschränkte sich die Regelung auf die Sicherstellung, dass die Mitgesellschafter eines WP selbst der Berufsaufsicht einer Berufskammer eines freien Berufs unterliegen und dass sie ein Zeugnisverweigerungsrecht besitzen. Im Übrigen ließ die Regelung von Anfang an auch die GbR mit anderen Personengesellschaften zu. Die Regelung hat sich insoweit bewährt, als der Wirtschaftsprüferberuf keine Verfahren und verfassungsgerichtlichen Entscheidungen zur Zulässigkeit der Zusammenarbeit mit Angehörigen bestimmter anderer Berufe hatte 11. Dies heißt andererseits aber auch nicht, dass es einen irgendwie gearteten Wildwuchs bei den Wirtschaftsprüfern gibt. Im Berufsregister sind nur Sozietäten von Wirtschaftsprüfern mit anderen Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten oder Steuerberatern registriert die auch aus dem Ausland kommen oder auch in der Form einer anerkannten Berufsgesellschaft organisiert sein können. Die Regelung erstreckt 7 52 WPO: Werbung ist zulässig, es sei denn, sie ist unlauter. Aktuelle Ausarbeitungen zum anwaltlichen Werberecht bestätigen, dass die WPO Regelung auch für die dortige Rechtswirklichkeit besser passen würde, vgl. Becker-Eberhard, AnwBl 2017, 148, 154 und Ringer, AnwBl 2017, 155, Abs. 2 WPO, wonach die Berufsaufsicht und die Berufsgerichtsbarkeit bei bestimmten Fallkonstellationen auch für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gelten. 9 Abschlussprüfungsaufsichtsreformgesetz (APAReG) vom , BGBl. I, 518 = auch 8. WPO Novelle und Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) vom , BGBl. I, 1142 = HGB Novelle. 10 Henssler in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 3. Aufl., 7 PartGG, Rn Anders zur abschließenden Regelung der sozietätsfähigen Berufe in 59a BRAO, BVerfG , AnwBl 2016, 261: Eine abschließende Regelung ist unverhältnismäßig. Aufsätze Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer Schrittmacher der Modernisierung?, Maxl AnwBl 4 /

42 Anwaltsrecht sich seit der letzten WPO-Novelle 12 auf die Zusammenarbeit in Personengesellschaften, ist also nicht mehr beschränkt auf die GbR ( 44 b WPO). Das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer benötigt insoweit also keine ausdifferenzierten Regelungen für verschiedene Spielarten von Personengesellschaften 13. d) Zusammenfassung Berufsausübungsgesellschaften Im Ergebnis lässt das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer sowohl Kapitalgesellschaften als auch Personengesellschaften in allen gesellschaftsrechtlich denkbaren Formen zu. Das Berufsrecht regelt nur bestimmte und noch für unverzichtbar gehaltene Spezifika 14. Bei Berufsgesellschaft sind dies insbesondere die verantwortlichen Führung und die Kapitalbindung. Bei Personengesellschaft wird als Pendant zur verantwortlichen Führung bei der Berufsgesellschaft die Pflicht zur Beendigung der Zusammenarbeit postuliert, wenn ein pflichtgemäßes Arbeiten in der Personengesellschaft nicht mehr möglich ist ( 44 b Abs. 5 WPO) und da eine Personengesellschaft nicht wie die Berufsgesellschaft als solche versicherungspflichtig ist, müssen Wirtschaftsprüfer bei interdisziplinär aufgestellten Personengesellschaften in ihren Versicherungsbedingungen regeln, dass im Fall gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme der gesetzlich vorgeschriebene Versicherungsschutz für jeden Versicherungsfall uneingeschränkt zur Verfügung steht ( 44 b Abs. 4 WPO). 3. Verbot gewerblicher Tätigkeit, Ablehnung eines Syndikus- Wirtschaftsprüfer die WPO ist hier enger Das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer kannte bis zur letzten Novellierung der WPO Mitte 2016 ein absolutes Verbot gewerblicher Tätigkeit, seitdem kann die WPK dann Ausnahmegenehmigungen erteilen, wenn die gewerbliche Tätigkeit einer zulässigen oder vereinbaren Tätigkeit ähnelt und kein Verstoß gegen Berufspflichten zu befürchten ist ( 43 a Abs. 3 Satz 2 WPO). Dies gilt auch für außerberufliche Anstellungsverhältnisse; auch sie sind nur mit einer im Ausnahmefall erteilten Genehmigung zulässig, die WPO kennt also nicht den Syndikuswirtschaftsprüfer. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die WPO hat das Bundesverwaltungsgericht noch Anfang 2016 in einer ausführlichen und auch europarechtliche Aspekte berücksichtigenden Entscheidung eine Absage erteilt 15. Aus Sicht des Verfassers stellt sich gleichwohl unter dem Blickwinkel des Art. 12 GG die Frage, ob das derzeitige Ventil einer Ausnahmegenehmigung in Einzelfällen ausreicht, verfassungsrechtliche Bedenken zurückstellen zu können. Vorbildfunktion hat die anwaltliche Regelung, wonach ein Verbot einer Tätigkeit im Einzelfall aus den grundsätzlichen Pflichten zur eigenverantwortlichen und unabhängigen Berufsausübung abgeleitet werden muss ( 7 Nr. 8 BRAO). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an absolute Verbotstatbestände sind hoch und solange bei einer Regulierung über Einzelfallbeurteilungen keine Missstände zu befürchten sind, ist dieser Ansatz als der des geringeren Eingriffs für die Betroffenen immer vorzuziehen. Sicher ist es für die Berufsaufsicht bei einer nicht trennscharfen Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen Berufsausübungsmöglichkeiten nicht immer einfach. Aber auch ein absolut formuliertes Verbot ist nicht zwingend einfacher zu handhaben; solche Verbote fördern vielmehr kreative Gestaltungsmöglichkeiten oder auch Umgehungstatbestände. Tatsächlich gibt es im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer/vereidigten Buchprüfer jetzt auch vermehrt Diskussionen über eine Erweiterung des Berufsbildes, über den Umfang der möglichen Ausnahmegenehmigungen und über die Einführung eines Syndikuswirtschaftsprüfers. 4. Fortbildungspflicht Wirtschaftsprüfer unterfallen weit mehr Pflichten zur Qualitätssicherung In der Anwaltschaft 16 und im Steuerberaterberuf 17 wird aktuell im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur kleinen BRAO-Reform im Rahmen der Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie eine satzungsrechtliche Konkretisierung der Fortbildungspflicht diskutiert, zum Teil auch im Zusammenhang mit der Frage nach deren Kontrolle. Der Wirtschaftsprüferberuf kennt eine konkretisierte Fortbildungspflicht und deren Überwachung seit langem und darüber hinaus weit mehr Qualitätssicherungspflichten die Fortbildungspflicht des Freiberuflers macht nur einen Teil der Qualitätssicherungspflichten aus, die einen Freiberufler treffen. a) Zunächst zur Fortbildungspflicht Der Wirtschaftsprüferberuf erhielt 2007 eine Satzungsermächtigung zur Konkretisierung der Fortbildungspflicht. Die Berufssatzung ( 5 BS WP/vBP) verlangt seitdem 40 Stunden Fortbildung im Jahr, davon 20 Stunden im Rahmen satzungsrechtlich vorgegebener Fortbildungsmaßnahmen. Die Fortbildung soll ihren Schwerpunkt in der ausgeübten oder beabsichtigten Berufstätigkeit des Wirtschaftsprüfers haben. Insofern ginge die Entwicklung bei den Anwälten und Steuerberatern in die Richtung des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer und wäre ein Beitrag zur weiteren Harmonisierung. Die Musik spielt jedoch weniger in der berufsrechtlichen Konkretisierung der Fortbildungspflicht, sondern in deren Überwachung. Diskutiert wird in der Anwaltschaft, dass die Rechtsanwaltskammern Verfahren zur proaktiven oder präventiven Überwachung einführen müssten. Weiter wird diskutiert, dass eine bloße Rüge als mögliche Maßnahme unzureichend sei, so dass über eine im Wirtschaftsprüferrecht schon seit langem mögliche Verknüpfung einer Rüge mit einer Geldbuße nachgedacht wird. Im Wirtschaftsprüferberuf wird die Einhaltung der Fortbildungspflicht vorrangig im Rahmen präventiver Aufsichtsverfahren, das heißt in Inspektionen der Abschlussprüferaufsichtsstelle (früher WPK, jetzt APAS, 62 b WPO) und in Qualitätskontrollen der Wirtschaftsprüferkammer ( 57 a WPO) nachgehalten. Diese Verfahren können anders als in der herkömmlichen Berufsaufsicht ohne einen hinreichenden Tatverdacht berufswidrigen Verhaltens eingeleitet werden und festgestellte Verstöße führen in der Regel auch nicht zu Berufsaufsichtsmaßnahmen, sondern zu präventiv wirkenden Maßnahmen wie etwa eine Auflage (vgl. noch näher zu Abschnitt III.). Die Diskussionen in der Anwaltschaft problematisieren die gesetzliche Grundlage einer speziellen Aufsicht über die 12 Vgl. Fn Michel, Die Anwaltschaft und die Deregulierungsvorschläge der EU-Kommission, AnwBl 2017, 128, 133, sieht daher in der WPO Regelung Vorbildfunktion. 14 Selbst diese werden teilweise hinterfragt mit Hinweis darauf, dass es letztlich auf die in den Gesellschaften aktiven Personen ankomme und dass diese ihre Pflichten erfüllen: Anm. Kämmerer zu BVerfG , DStR 2014, 669, BVerwG , WPK-Mag. 2016, 76, DStRE 2017, Dahns, Reform der Fortbildungspflicht, NJW Spezial Anwalt und Kanzlei, 2016, Kilian, Die Fortbildungspflicht der Steuerberater, DStR 2017, AnwBl 4 / 2017 Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer Schrittmacher der Modernisierung?, Maxl

43 Anwaltsrecht Einhaltung einer Fortbildungspflicht nicht. Aus Sicht des Verfassers bestehen erhebliche Zweifel, dass ein präventiver Stichprobenansatz satzungsrechtlich eröffnet werden kann. Er wäre eine grundlegende Abkehr von der gesetzlich geregelten anlassbezogenen Berufsaufsicht. Er dürfte daher eine gesetzliche Grundlage erfordern, zumindest aber einer diese Weichenstellung vornehmenden gesetzlichen Satzungsermächtigung zur Ausgestaltung des Verfahrens im Einzelnen. Der Stichprobenansatz als solcher mit allen daraus folgenden Mitwirkungspflichten des betroffenen Berufsangehörigen muss in der Satzungsermächtigung eröffnet sein. b) Weitere Qualitätssicherungspflichten Die präventiven Aufsichtsverfahren der WPO wurden nicht speziell für die Überwachung der Fortbildungspflicht geschaffen. Dieses bereits im Jahr 2000 eingeführte Verfahren erfasst eine Vielzahl von Qualitätssicherungspflichten, die insbesondere, aber nicht nur bei gesetzlichen Abschlussprüfungen zu beachten sind. Zu den gesetzlich und satzungsrechtlich geregelten Qualitätssicherungspflichten gehören zum Beispiel als allgemeine Berufspflicht die Einrichtung und Überwachung eines Qualitätssicherungssystems, eine spezifizierte Fortbildungspflicht, die Verpflichtung zur Schulung und Belehrung von Mitarbeitern, Regeln zur Führung von Mitarbeitern und die Führung von Handakten, als spezielle Berufspflichten im Rahmen gesetzlicher Abschlussprüfungen 18 die Pflicht zur Beachtung von Vorgaben für ein weit umfassenderes Qualitätssicherungssystem mit Regeln zur Annahme, Planung, Durchführung eines Prüfungsauftrages und der Berichterstattung mittels Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk hierüber einschließlich einer späteren (jährlichen) Nachschau der Prozesse, die Pflicht zur Führung einer speziellen Auftragsdatei, Pflichten zum Umgang mit Beschwerden und einiges mehr. Das Regelungskonvolut der Qualitätssicherungspflichten hat sich der Wirtschaftsprüferberuf nicht aus freien Stücken geschaffen. Motor war die internationale Entwicklung. Bereits im Jahr 2000 war Deutschland eines der letzten Länder in der EU, das im Rahmen der Abschlussprüferaufsicht durch die Einführung des Qualitätskontrollverfahrens den Qualitätssicherungspflichten und ihrer Bedeutung den ersten Schub verpasste 19. Ein weiterer Schub kam durch die letzte WPO-Novellierung 2016, die wiederum auf EU-rechtliche Vorgaben zurückzuführen ist 20. Aus Wirtschaftsprüfersicht bedeutet das Regelungskonvolut einerseits erheblichen zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Kosten für die Praxen. Für die Praxen mit mehreren Partnern und/oder mehreren Mitarbeitern sind die Pflichten und deren externe Überwachung aber auch Hilfestellungen. Der Einzelwirtschaftsprüfer sieht dies naturgemäß anders, wird aber im Rahmen der erforderlichen differenzierten Anwendung der Berufspflichten und deren Überwachung (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) nicht vor unlösbare Probleme gestellt. Mittlerweile gehören die Berufspflichten zur Qualitätssicherung daher genauso zu den Berufspflichten wie die Verschwiegenheitspflicht, die Pflicht zur Unabhängigkeit oder andere wichtige Berufspflichten. Nicht zuletzt kann der Wirtschaftsprüferberuf jeder Kritik der EU an dem Sonderstatus der freien Berufe entgegenhalten, dass dieser durch zahlreiche und überwiegend sogar von der EU geforderter Regulierungen mehr als gerechtfertigt ist. III. Die umfassende Berufsaufsicht nach der WPO Die Aufsichtsinstrumente bei den Wirtschaftsprüfern gehen deutlich über die bei den Anwälten und Steuerberatern seit 1961 tradierten Verfahren hinaus. Die WPO kennt insbesondere auch das schon angesprochene präventive Aufsichtsverfahren (im Jahr 2000 Einführung des Qualitätskontrollverfahrens, 57 a WPO und im Jahr 2007 Einführung von Inspektionen für bestimmte Abschlussprüfungen, 62 b WPO). Parallel wurde aber auch das herkömmliche anlassbezogene Berufsaufsichtsverfahren weiterentwickelt. Eine Besonderheit für eine berufliche Selbstverwaltung: Teile sowohl der präventiven als auch der anlassbezogenen Aufsicht wurden auf eine neue, berufsstandunabhängige Behörde übertragen. 1. Präventive Aufsicht Die Basis der präventiven Aufsicht bildet die Qualitätskontrolle, nach der in einem Verfahren der WPK bei Berufsangehörigen, die gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen, Qualitätskontrollen durchgeführt werden ( 57 a WPO). Diese dienen der Überwachung, ob die Regelungen zur Qualitätssicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und der Berufssatzung insgesamt und bei der Durchführung einzelner Aufträge eingehalten werden. Die Qualitätskontrollen sind mindestens alle sechs Jahre durchzuführen Anlassbezogene Aufsicht Die WPO kennt seit 2004 die Rüge mit Geldbuße. Der Bußgeldrahmen fing mit maximal Euro an, wurde im Rahmen einer weiteren Novellierung (2007) auf bis zu Euro erweitert und reicht heute, seit der Novellierung Mitte 2016, bis Euro. Letzteres ging einher mit der Entscheidung des Gesetzgebers, das berufsgerichtliche Verfahren neu zu strukturieren. Die WPK übernimmt die Rolle der Generalstaatsanwaltschaft und entscheidet als Verwaltungsbehörde über alle Maßnahmen bis hin zum Ausschluss aus dem Beruf und in diesem Rahmen eben auch über entsprechend hohe und bisher den Gerichten zur Entscheidung vorbehaltene Geldbußen ( 61 a, 67, 68 WPO). Das berufsgerichtliche Verfahren dient jetzt dazu, die Aufsichtsentscheidungen der WPK zu überprüfen ( 71 a ff. WPO). Dann spielt auch die Generalstaatsanwaltschaft wieder mit ( 84 WPO), während die WPK wieder in die bekannte Rolle der zuhörenden Beteiligten wechselt ( 99 Abs. 2 WPO). Das sind in aller Kürze für Nicht-Wirtschaftsprüfer viele neue Stichworte 22. Es ist nicht immer einfach, unter Kollegen gravierende, ja sogar existenzielle Maßnahmen zu treffen. Andererseits: Mehr Selbstverwaltung geht nicht. Hinzu kommt, dass sich die Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüfer/ vereidigte Buchprüfer weit stärker als die Berufsaufsicht über Anwälte und Steuerberater auch auf die Überprüfung 18 In bestimmten Fällen gelten diese Pflichten auch bei freiwilligen Prüfungen und Gutachten. 19 Sahner/Clauß/Sahner, Qualitätskontrolle in der Wirtschaftsprüfung, Petersen/Geithner, Neue und geänderte Berufspflichten die neugefasste Berufssatzung für WP/vBP Sonderausgabe Oktober 2016 des WPK-Magazins, Seite 6; die Abhandlung gibt einen guten Gesamtüberblick auf der Grundlage der Berufssatzung. 21 Sahner/Clauß aao (Fn. 21) zur Einführung des Verfahrens und Riese/Veidt/Clauß, Wesentliche Anpassungen des Qualitätskontrollverfahrens, zum aktuellen Stand in Sonderausgabe Oktober 2016 des WPK-Magazins, Seite Ausführlich Gelhausen/Krauß, Änderungen in der Berufsaufsicht, Sonderausgabe Oktober 2016 des WPK-Magazins, Seite 39. Aufsätze Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer Schrittmacher der Modernisierung?, Maxl AnwBl 4 /

44 Anwaltsrecht des fachlichen Vorgehens eines Wirtschaftsprüfers/vereidigten Buchprüfers erstreckt, das wiederum im Prüfungsbereich durch zahlreichere gesetzliche und untergesetzliche Vorgaben bestimmt wird, als dies bei der Rechtsdienstleistung der Fall ist. Die Verfahren haben gezeigt, dass die bisher bei der Generalstaatsanwaltschaft anhängigen Verfahren nicht ohne die Expertise der WPK betrieben wurden, sodass es aus Sicht des Gesetzgebers nur ökonomisch war, die zum Teil ohnehin lange Dauer der Verfahren nicht durch Doppelzuständigkeiten zu belasten. 3. Neue Berufsaufsichtsbehörde für einen Teil der Berufsaufsicht Gegenläufig war die Entwicklung allerdings in einem speziellen Segment der Berufsaufsicht der WPK, nämlich in dem Segment der Überwachung von Abschlussprüfungen bei Unternehmen, die im öffentlichen Interesse stehen. Das sind Unternehmen, die an Börsen registriert sind, hinzugekommen sind im Rahmen der letzten WPO-Novellierung auch dort nicht registrierte Banken und Versicherungen. Soweit ein Wirtschaftsprüfer Pflichtverletzungen im Rahmen eines solchen Mandates verantworten muss, muss er sich nicht mehr im Rahmen der Berufsaufsicht der WPK verantworten, sondern der Berufsaufsicht einer neu eingerichteten Behörde 23. Dieser wurden die Inspektionen und die anlassbezogene Berufsaufsicht im Bereich der Abschlussprüfungen von Unternehmen im öffentlichen Interesse übertragen. Neben diesen Aufgaben musste die WPK auch das in diesem Bereich eingesetzte Personal abgeben (immerhin rund 35 Mitarbeiter/innen, überwiegend Wirtschaftsprüfer). Diese Entwicklung ist nicht das Ergebnis einer kritischen Einordnung der beruflichen Selbstverwaltung in Deutschland, sondern durch EU-Recht vorgegeben. Die Entwicklung zeigt, welche Auswirkungen die zunehmende internationale Vernetzung mitbringen kann. Ganz andere Wertevorstellungen aus Brüssel binden Deutschland und der Wirtschaftsprüferberuf kann sogar noch froh sein, dass ihm nicht auch noch die Berufsaufsicht im Übrigen genommen wurde. Diese Entwicklung ist umso enttäuschender, als die Wirtschaftsprüferkammer überzeugt ist, dass das Qualitätskontrollverfahren und die weitergehenden Maßnahmenmöglichkeiten in der Berufsaufsicht positive Auswirkungen zeigten. Die Fälle der repressiven Aufsicht gingen zurück 24. Die EU- Kommission war jedoch nicht von ihrem politischen Ansatz abzubringen, dass die Finanzmarktkrise im Jahr 2007 weitere Verschärfungen der materiellen und formellen Berufsaufsicht über Wirtschaftsprüfer erfordert. Sie war auch nicht bereit, ihren Ansatz vor dem Hintergrund der Effizienz der vorhandenen Aufsicht zu spiegeln sie befasste sich nicht einmal mit einer Analyse der bestehenden Aufsicht 25. IV. Zusammenfassung und Fazit Erstens: Einerseits geht die Entwicklung des Berufsrechts in Richtung Deregulierung und zwar insbesondere, soweit es um formelle Rahmenbedingungen der Berufsausübung geht (Niederlassungsrecht, Kundmachung/Werbung, Kooperationsrecht, gewerbliche Tätigkeit, Zweitberufe). Das Bundesverfassungsgericht und Art. 12 GG korrigieren seit Jahrzehnten immer wieder nach! Zweitens: Ein gegenläufiger Trend ist für den Bereich der fachlichen Berufsausübung/die Dienstleistung der beratenden und prüfenden Berufe festzustellen (Erweiterung des Pflichtenkataloges, Qualitätssicherungsanforderungen). Dies korrespondiert aber auch mit dem Anspruch der Freien Berufe auf die aus dem Sonderstatus der Freien Berufe folgenden Privilegien. Drittens: Eine Harmonisierung der Berufsrechte muss wieder stärker in den Blickwinkel rücken. Die interprofessionelle Zusammenarbeit wird weiter zunehmen, unterschiedliche berufsrechtliche Hürden sind ebenfalls verfassungsrechtlich zu messen (zusätzlich zu Art. 12 GG wird hier Art. 3 GG relevant). Viertens: Bei den Wirtschaftsprüfern ging der Trend zu immer mehr Aufsicht. Effektiver und aus Berufsstandsicht auch verträglicher ist dabei eine Ausweitung des präventiven Ansatzes (Fortbildungsverpflichtung statt Rüge oder Organisationsverbesserung statt Geldbuße). Dann lässt sich vielleicht auch eher eine Ausweitung der disziplinarisch wirkenden Maßnahmen (Geldbuße) zwecks Abschreckung und Erhöhung der Außenwirkung (Effektivität) verschmerzen, weil die Fälle zurückgehen werden. Das Damoklesschwert über der Berufsaufsicht einer beruflichen Selbstverwaltung ist das der Verlagerung der Zuständigkeit auf eine berufsstandunabhängige Behörde. 23 Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die APAS ist eine fachlich unabhängige Abteilung der BAFA. 24 Vgl. auf der Homepage der WPK die Berichte zur Berufsaufsicht sowie die Pressemitteilungen hierzu. 25 Für den WP-Beruf ist es daher ein Treppenwitz, dass die EU-Kommission aktuell im Rahmen ihrer Vorstellungen zu Dienstleistungserleichterungen von den Mitgliedstaaten verlangt, vor dem Erlass neuer Berufsreglementierungen eine ausdifferenzierte Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Hätte doch die EU-Kommission dies ebenfalls beherzigt. Peter Maxl, Berlin Der Autor ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Wirtschaftsprüferkammer (Körperschaft des öffentlichen Rechts), zuvor war er Geschäftsführer der Steuerberaterkammer Düsseldorf (Körperschaft des öffentlichen Rechts). Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 394 AnwBl 4 / 2017 Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer Schrittmacher der Modernisierung?, Maxl

45 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Der Wandel im Ausland als Anregung für uns Berufsrecht der Zukunft Gedanken aus der Praxis * Rechtsanwalt Dr. Cord Brügmann, DAV, Berlin Ein Blick ins Ausland ist immer auch ein Blick in die eigene Zukunft. Und: Das Berufsrecht wird der Wirklichkeit folgen und nicht umgekehrt. Die Wirklichkeit ist wie der Autor zeigt in Bewegung. In sechs Schlaglichtern wird der Autor einige Blicke auf den Markt werfen, auf dem Rechtsdienstleistungen gehandelt werden. Daraus können sich Anregungen für eine Modernisierung des Berufsrechts ergeben. I. Limited License Legal Technician (LLLT) Im Jahr 2003 hat eine Studie zum Zivilrechtsberatungsbedarf im US-Bundesstaat Washington herausgefunden, dass mehr als 80 Prozent der Menschen dort mit niedrigem oder mittlerem Einkommen Rechtsprobleme hatten und keine Hilfe suchten, weil sie sie sich nicht leisten konnten oder schlicht nicht wussten, an wen sie sich wenden sollten. 1 Daraufhin schuf der Washington Supreme Court, der für die Berufsregulierung auf dem Rechtsberatungsmarkt zuständig ist, im Jahr 2012 den Limited License Legal Technician, einen kleinen Rechtsberater, der die Aufgabe hat, Bürgerinnen und Bürgern beim Ausfüllen von Formularen zu helfen, Sachverhalte zu klären, und überhaupt darüber zu informieren, welche rechtlichen Implikationen ihr Problem hat. 2 Der Triple L T (LLLT) darf bestimmte Behörden- und Gerichtsschriftsätze entwerfen und überprüfen und erklären und er darf dafür sorgen, dass nicht anwaltlich vertretene Bürgerinnen und Bürger die richtigen Dokumente zu Anhörungen und Terminen vor Gericht mitbringen. Er darf nicht Mandanten außergerichtlich oder gerichtlich vertreten. Ziel: Der LLLT soll günstiger sein als ein Anwalt. Mittlerweile gibt es bei knapp Anwälten in Washington State 18 LLLTs. Allerdings soll der Andrang auf die Ausbildung groß sein. Die Mehrzahl der LLLTs sind bei Anwaltskanzleien beschäftigt, was wiederum zeigt, dass es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind, die das Marktpotential dieser neuen Rechtsberater erkannt haben. Fazit: Wenn wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht den Zugang zum Recht gewährleisten oder zumindest organisieren, machen es andere. Eine interessante Frage zu diesen anderen Rechtsberatern: Braucht es für sie eigentlich eine Berufsaufsicht? Und: Wer soll diese Berufsaufsicht sein? In Washington werden die LLLTs von der dortigen Kammer beaufsichtigt. Auch in Finnland etwa ist die Rechtsanwaltskammer die Berufsaufsicht für die wilden Anwälte, das sind Rechtsberater ohne Anwaltszulassung, die in dem völlig freien finnischen Markt Rechtsdienstleistungen anbieten dürfen. Die Ratio hinter diesen Entscheidungen: Nicht nur Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sondern alle nicht unerheblich auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt tätigen Berater sollen im Sinne des Mandantenschutzes einer Berufsaufsicht unterliegen. II. Unmet Legal Needs Der Blick ins Ausland fördert eine weitere Anregung zutage: Um wirklich empirisch belastbare Zahlen dazu zu haben, wo Rechtsberatungsbedarfe nicht von der Rechtspflege gedeckt werden, gibt es seit vielen Jahren so genannte unmet legal needs-studien. Das sind Umfragen, die herausarbeiten, wo der Zugang zum Recht aus welchen Gründen auch immer nicht existiert. 3 Gesetzgeber, Justizministerien und Anwaltschaften profitieren sehr von den empirisch abgesicherten Erkenntnissen. Vielleicht unternimmt es die nächste Bundesregierung nach den Wahlen im Herbst 2017, dem Gesetzgeber, der Justiz und der Anwaltschaft mit einer unmet-legalneeds-studie aufzuzeigen, wo in Deutschland nicht erfüllter Rechtsberatungsbedarf existiert. III. Fortbildungspflicht Wir hinken in Deutschland der internationalen Wirklichkeit hinterher. Fast alle Länder um uns herum haben die Fortbildungspflicht berufsrechtlich konkretisiert. Eine solche berufsrechtliche Pflicht hat zwei Haupt-Zwecke: Erstens soll sie zeigen, dass Anwälte systemisch verpflichtet sind, sich fortzubilden. Das ist für die berufspolitische und berufsrechtliche Diskussion besonders in Europa sehr wichtig. Denn dort schaut man anders als wir auf systemische Qualitätssicherungsmechanismen, wenn es um die Rechtfertigung von Vorbehaltsaufgaben geht. Zweitens wäre eine in BRAO und BORA konkretisierte Verpflichtung geeignet, einer noch ausgeprägteren Fortbildungskultur innerhalb der Anwaltschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Das zeigt auch die internationale Erfahrung. Wichtig ist nicht die didaktisch durchaus zu hinterfragende Pflicht zur Fortbildung als Selbstzweck, sondern der Anstoß zu einer neuen Fortbildungskultur in der Anwaltschaft. Der DAV will die konkretisierte Fortbildungspflicht, aber er fordert gleichzeitig, dass Berufskollegen im Hinblick auf Inhalte und Formate eine größtmögliche Freiheit eingeräumt wird. Fortbildung ist viel mehr als nur Frontalunterricht in Seminaren. Fortbildung findet unter anderem statt in Qualitätszirkeln, In-House-Veranstaltungen, durch reflektierte Mandatsarbeit und Lektüre von Fachpublikationen mit Lernerfolgskontrolle. 4 Fortbildungseinrichtungen werden mehr Ressourcen als bisher in moderne, intuitive, in den Arbeitsprozess des Anwalts integrierte Fortbildung stecken. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und aktualisierte Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Der Autor dankt seinen Kolleginnen und Kollegen aus der DAV-Geschäftsführung Peter Altemeier, Nicolas Lührig, Nicole Narewski und Eva Schriever für Anregungen zu den Themen dieses Kurzreferats. Nur der guten Ordnung halber sei klargestellt, dass dies nicht Gedanken eines Kanzleipraktikers sind, sondern Überlegungen eines Verbandsmanagers, der die Praxis national und international seit einigen Jahren beobachtet und mit Praktikern intensiv erörtert. 1 zuletzt abgerufen am 25. Februar SCt %20Order%20%20Legal%20Technician%20Rule.ashx, zuletzt abgerufen am 25. Februar Vgl. hierzu schon Kilian, AnwBl 2008, 236, Für eine Lösung der Lernerfolgskontrolle vgl. Aufsätze Der Wandel im Ausland als Anregung für uns, Brügmann AnwBl 4 /

46 Anwaltsrecht Fazit: Unabhängig von einer gesetzlichen oder untergesetzlichen Konkretisierung wird es Aufgabe des DAV sein, die bestehende Fortbildungsverpflichtung in 43 a Abs. 6 BRAO mit Leben zu füllen. IV. England & Wales: Better Regulation? Die Entwicklungen in England & Wales sind Inhalt weiterer Referate dieses Symposiums. Daher will ich mich hier nur auf ein Thema beschränken: In England & Wales streiten zur Zeit die traditionelle Selbstverwaltung und die vor einigen Jahren neu geschaffene Solicitors Regulation Authority darüber, wer die eigentliche Berufsaufsicht sein soll. Ist England & Wales auf dem Weg zu einer Staatsverwaltung durch Nicht- Anwälte? Es gibt Entwicklungen wie in England & Wales auch in Nordamerika, wo sich die Berufsaufsicht mehr von der Selbstverwaltung wegbewegt, als uns das lieb sein kann. Man kann diesen Verlust in das Vertrauen der Anwaltschaft, sich selbst zu verwalten, kritisieren. Man muss aber wohl zugestehen, dass das regelmäßig dort passiert, wo Selbstverwaltung die Interessen der eigenen Mitglieder mehr im Blick hat als die der Mandanten und ihren Zugang zum Recht. Fazit: Selbstverwaltung, die nicht gemeinwohlorientiert ist, ist gefährdet. Achten wir darauf, dass die Rahmenbedingungen unserer Selbstverwaltung europafest sind und das Gemeinwohl also das Mandanteninteresse im Blick haben. V. Legal Tech Nach einem Blick auf neue Rechtsberaterberufe, auf Entwicklungen der Berufsaufsicht und einigen Sätzen zum Thema rechtliche Rahmenbedingungen der Fortbildung möchte ich eine Marktentwicklung in den Blick nehmen, die uns bis 2020 und darüber hinaus beschäftigen wird: Legal Tech. Legal Tech ist einmal die Technik zur Unterstützung von anwaltlichen Dienstleistungen, also ein Kanzleimanagement- Thema. Legal Tech ist aber mehr: Es ist das Versprechen, anwaltliche Dienstleistungen und überhaupt die Aufgaben der Rechtspflege durch Algorithmen zu ersetzen und ins Internet zu verlegen. Die Legal-Tech-Angebote und -Ankündigungen umfassen Dienstleistungen der Beratung, aber auch der Streitentscheidung und sonstigen Konfliktlösung. Ich nenne nur wenige Beispiele für Erscheinungsformen von Legal Tech: Da gibt es Plattformen wie 123recht.net, die Anwälte und Mandanten zusammenbringen und selbst Angebote wie Mustertext-Generatoren über das Internet machen, mithin über eine reine Anwaltssuche hinausgehen. Es gibt Rechtsdienstleistungsunternehmen wie Flightright ( right.de), die eine Lücke dort entdeckt haben, wo ein Tätigwerden von Anwälten sich eigentlich nicht rechnet, weil die Gegenstandswerte zu gering sind, während die Sachverhaltsrecherche durchaus aufwendig ist. Seit einiger Zeit sehen wir vermehrt so genannte Chatbots wie Smartlaw ( oder Donotpay ( die Kunden durch strukturierte Abfragen zu personalisierten Verträgen oder Schriftsätzen führen. Und es gibt Streitlösungsplattformen wie Modria ( die bei typischen Streitigkeiten aus dem Online-Handel algorithmusgestützt Sachverhalte erfassen und Lösungsvorschläge präsentieren. Die Technologie von Modria steckt beispielsweise in Streitlösungstools von Ebay und Paypal; mit ihr sind mehrere hundert Millionen Konflikte gelöst worden, zu mehr als 90 Prozent ohne Einschaltung menschlicher Berater, Vertreter oder Entscheider. Zuletzt werden Angebote angekündigt, die mithilfe künstlicher Intelligenz Rechtsfragen verstehen sollen, die in natürlicher Sprache gestellt werden. Ein Beispiel hierfür ist der auf dem IBM-Supercomputer Watson aufbauende, selbst lernende Super Intelligent Attorney Ross ( Auf welchem Hintergrund entstehen gerade Legal-Tech- Angebote? Einmal werden, das sagt schon die DAV-Zukunftsstudie aus dem Jahr , gewerbliche Mandanten ihre Rechtsprobleme effizienter, ökonomischer, verlässlicher und schneller lösen wollen. Verbraucher also Bürgerinnen und Bürger werden in einer digitalen Welt umworben werden, in der sie gewohnt sind, alles immer überall und sofort zu erhalten. Das schürt Erwartungen auch im Dienstleistungssektor. Diese Erwartungen befriedigen die Legal-Tech-Unternehmen übrigens ziemlich gut. Zwingt Legal Tech uns dazu, über unsere berufsrechtlichen Rahmenbedingungen nachzudenken? Eher nein, denn BRAO, RDG und RVG gelten auch für Legal-Tech-Anbieter. Und sie passen im Großen und Ganzen ziemlich gut auf die Angebote aus der Legal-Tech-Branche. Die Legal- Tech-Branche ist sehr selbstbewusst. Die Start-ups in dieser Branche orientieren sich an den Vorbildern aus dem Silicon Valley. In den USA war die Bugwelle des Legal Tech schon vor einigen Jahren zu spüren. Einerseits erlaubt das exponentielle Wachstum von Rechnerleistung bei sinkenden Kosten langsam, dass Computer natürliche Sprache erkennen. Das Versprechen echter künstlicher Intelligenz ist also keine weit entfernte Science-Fiction-Vorstellung. Andererseits können Big Data und neue Analysetools große Mengen juristischer Texte so strukturieren, dass Antworten auf Rechtsfragen auch ohne künstliche Intelligenz jedenfalls teilautomatisch abrufbar sind. Die Frage ist aber, ob Legal Tech wirklich disruptiv ist, das heißt geeignet, den Rechtsdienstleistungsmarkt kurzfristig erheblich durcheinanderzuwirbeln und die aktuellen Player auf dem Markt zu verdrängen. Wohl kaum. Insgesamt erinnert die Legal-Tech-Industrie nämlich eher an Herrn Turtur aus dem Kinderbuchklassiker Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer. Herr Turtur ist Scheinriese. Aus der Ferne wirkt er wie ein gefährlicher Gigant, aber je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er. Wenn man neben ihm steht, ist er ein freundlicher, bescheidener kleiner Mann, der keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte. Wahrscheinlich gilt für die Legal-Tech-Industrie, was für alle Technologien gilt: Kurzfristige Effekte werden überschätzt, langfristige dagegen unterschätzt. 6 In den USA zeigt sich, dass die erfahrensten Legal- Tech-Unternehmen erkannt haben, dass die besten Lösungen entstehen, wenn Legal Techies und Rechtsanwälte zusammenarbeiten. Fazit: In der Zusammenarbeit können Angebote entstehen, die einen günstigen und effizienten Zugang zu rechtlichen Lösungen bieten gerade dort, wo ein Mandat betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll bearbeitet werden kann, wenn Anwälte ihr bisheriges Handwerkszeug benutzen Dieser Satz wird dem Zukunftsforscher Roy Amara ( ) zugeschrieben. 396 AnwBl 4 / 2017 Der Wandel im Ausland als Anregung für uns, Brügmann

47 Anwaltsrecht V. Europa Zuletzt ein Blick nach Europa: Wenn wir über europäisches Berufsrecht sprechen, hören wir oft, dass Regeln nicht harmonisiert seien, beklagen, dass double deontology Probleme bereitet, weil verschiedene nationale Regeln innerhalb Europas nicht kohärent seien. Ich liefere ein Gegenbeispiel: Nicht aus dem Bereich der grenzüberschreitenden Transaktionen oder des Familienrechts binationaler Ehen, sondern aus einem ganz anderen Feld. Beobachtung eins: Es gibt keine befriedigende Rechtsberatung für Flüchtlinge und Migranten an den EU-Außengrenzen. Beobachtung zwei: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte wollen sich engagieren. Die positive Antwort: Europäisches Berufsrecht erlaubt das. Denn wir haben klare Regeln zur grenzüberschreitenden Rechtsdienstleistungsfreiheit. Im Ergebnis ist im Jahr 2016 ein gemeinsames Projekt des DAV und unseres europäischen Dachverbandes, des Rates der Europäischen Anwaltschaften (CCBE), entstanden: European Lawyers in Lesvos ( In Kooperation mit der örtlichen Rechtsanwaltskammer der Inselhauptstadt Mytilene beraten europäische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Registrierungszentrum Moria pro bono und wirken so daran mit, rechtsstaatliche Strukturen in einer humanitären Krisensituation aufrecht zu erhalten. Fazit: Anwältinnen und Anwälte engagieren sich im Rahmen der Freiheiten, die das europäische Berufsrecht gewährt. Das ist auch berufsrechtlich eine Erfolgsgeschichte. VI. Schluss Zuletzt zurück nach Deutschland: Mit Blick ins Ausland ist das deutsche Anwaltsrecht modern, liberal, verfassungs- und europafest. Das soll uns aber nicht abhalten, aus Beobachtungen der Situation um uns herum die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit wir auch weiterhin Motor der internationalen berufsrechtlichen Entwicklung sind. Dr. Cord Brügmann, Berlin Der Autor ist Rechtsanwalt, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Anwaltvereins und seit 2016 Präsident des International Institute of Law Society Chief Executives (IILACE). Anwaltsrecht Mehr Freiheit bei der interprofessionellen Zusammenarbeit Zum Reformvorschlag des DAV für einen neuen 59 a BRAO * Rechtsanwalt Markus Hartung, Berlin Alle Vorstöße, das Verbot der interprofessionellen Zusammenarbeit in der BRAO weiter zu liberalisieren, sind bislang gescheitert. Der 59 a Abs. 1 BRAO erlaubt Anwälten die multidisziplinäre Partnerschaft mit Patentanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern. Inzwischen sind auch Ärzte und Apotheker zusammenarbeitsfähig (BVerfG AnwBl 2016, 261). Viele andere Berufe bleiben aber außen vor. Der Autor stellt die im Berufsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins erarbeiteten Reformüberlegungen vor. Der DAV plädiert im Interesse der Mandanten für eine weitgehende Öffnung. I. Einführung Das Thema der beruflichen Zusammenarbeit von Anwälten mit Angehörigen anderer Berufe (die sog. interprofessionelle Zusammenarbeit) ist für den Deutschen Anwaltverein (DAV) ein Dauerbrenner. Nur für den DAV? Nach dem Berufsrechtsbarometer 2015 haben 62 Prozent der befragten Anwälte eine klare Meinung: Eine Erweiterung des Kreises der sozietätsfähigen Berufe halten sie für unnötig. 31 Prozent der Anwälte sind dafür, und 7 Prozent ist es egal. 1 Bei genauerer Betrachtung hängt die Einstellung der Anwälte gegenüber diesen Liberalisierungen allerdings sehr von ihrem Alter sowie von ihrer Spezialisierung ab. Das Soldan Institut: Anwälte im Alter von bis zu 40 Jahren sprachen sich lediglich zu 47 Prozent für eine Beibehaltung des Status Quo aus. Keine Änderung wünschten sich 59 Prozent im Alter zwischen 51 und 60 Jahren, bei Anwälten über 60 Jahren waren es sogar 69 Prozent. Während Generalisten nur mit 21 Prozent für eine Erweiterung des Kreises der sozietätsfähigen Berufe plädierten, waren es bei den Spezialisten für Rechtsgebiete mit 34 Prozent deutlich mehr. Aus diesen Zahlen hat Matthias Kilian, Direktor des Soldan Instituts, gefolgert: Die Erweiterung der Sozietätsfähigkeit wird perspektivisch in der Anwaltschaft immer mehr Befürworter finden, da die älteren Rechtsanwälte sukzessive aus der Anwaltschaft ausscheiden und zugleich der Anteil der Spezialisten kontinuierlich zunimmt. 2 Aufsätze Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und erweiterte Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). 1 Kilian, NJW 2015, 3144, 3146; ders., AnwBl 2016, 217ff. 2 Zitiert nach der Homepage des Soldan-Instituts: index.php?id=36&tx_ttnewsprozent5btt_newsprozent5d=217&chash=b7ec9ab37b38a 9f2fc0dcb5d219dce51 (abgefragt am ). Mehr Freiheit bei der interprofessionellen Zusammenarbeit, Hartung AnwBl 4 /

48 Anwaltsrecht Weiterhin zeigt der immense Erfolg der multidisziplinären Partnerschaften aus Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und häufig auch noch angegliederten Unternehmensberatern deutlich, dass die Bündelung verschiedener Disziplinen für Mandanten gerade attraktiv ist. Nach dem Berufsrechtsbarometer 2007 ergab sich ein erhebliches Interesse der Anwaltschaft an der Assoziierung mit Architekten, Unternehmensberatern, Versicherungsagenten, Sachverständigen, Finanzdienstleistern, Mediatoren oder Ingenieuren und damit am Zusammenschluss sowohl mit Angehörigen anderer verkammerter Freiberufe (Architekten, Ingenieure), aber auch mit regulierten Freiberuflern (Mediatoren), nicht regulierten Freiberuflern (Unternehmensberatern) oder mit Gewerbetreibenden (Finanzdienstleister, Versicherungsagenten). 3 Eine Zusammenarbeit mit Ärzten oder Apothekern stand nicht auf der Wunschliste der Anwaltschaft. Aber das ist nun genau die Konstellation, mit der sich das BVerfG in der Sache Horn 4 befassen musste. Wie auch immer: Ein maßgeblicher Teil der Anwaltschaft hat die unternehmerische Einschätzung, dass die Zusammenarbeit mit heute noch nicht sozietätsfähigen Berufen aus Mandantensicht gewünscht ist und nachgefragt würde. Soll das Berufsrecht dann dort verharren, wo es vor 20 Jahren stand? Muss die Frage nicht umgekehrt lauten, welche Gründe eigentlich dagegen sprechen, Anwälten die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen zu erlauben? Darauf kommt es von Verfassungs wegen an, nicht so sehr auf vermeintliche Mehrheitsvoten einer Berufsgruppe. II. Reformvorschläge aus dem Jahr 2006 Schon lange vor dem Beschluss des BVerfG vom 12. Januar 2016 in Sachen Horn, nämlich im Jahr 2006, hatte sich der Berufsrechtsausschuss für eine Reform des schon damals unzeitgemäßen und reformbedürftigen 59 a BRAO eingesetzt. Im Kern ging es darum, die Zusammenarbeit mit Angehörigen vereinbarer Berufe zu ermöglichen. Ausgangspunkt war unter anderem die Annahme, dass ein Anwalt, der neben dem Anwaltsberuf gleichzeitig im Rahmen von 7 Nr. 8 BRAO einen anderen Beruf ausüben darf, auch mit solchen Berufsangehörigen gemeinsam zusammenarbeiten dürfe. Der DAV hatte die damaligen Reformvorschläge zu 59 a BRAO nicht isoliert erarbeitet, sondern im Rahmen eines umfassenden Reformvorschlages der BRAO. Diskutiert wurden die Vorschläge dann im Zusammenhang mit der Einführung des RDG. Bezogen auf unser Thema muss man daher zwei Normen miteinander lesen, um zu verstehen, wie tiefgreifend seinerzeit die Vorschläge waren: Nach dem damaligen 5 Abs. 3 RDG-E sollte es ermöglicht werden, dass Rechtsdienstleistungen auch durch jemanden erbracht werden, der selber keine entsprechende Erlaubnis dazu hat, wenn die Dienstleistung selber nur durch einen Rechtsanwalt vorgenommen würde. Dazu korrespondierend erklärte sich die vorgeschlagene Neufassung des 59 a Abs. 3 BRAO-E keine Norm, die sich auf den ersten Blick erschließt. 5 Die Erinnerung an die damaligen Reformvorschläge ist für viele ein Schmerzensthema. Das liegt nicht alleine daran, dass damals keiner dieser Vorschläge Gesetz geworden ist mit so etwas muss man leben. Es war die Art des Scheiterns, kurz vor der Ziellinie, angeblich wegen erheblicher Meinungsunterschiede innerhalb der Anwaltschaft. Wer da die Apologeten der Meinungsverschiedenheiten waren, interessiert heute schon wegen Zeitablaufs nicht mehr, wir decken den Mantel des mildtätigen Schweigens über diese Sache. Der Rechtsausschuss hielt es damals jedenfalls für besser, den 5 Abs. 3 RDG-E mit dem Kampfwort Hinterzimmeranwalt über Bord zu werfen, und damit auch die Reformvorschläge zur interprofessionellen Zusammenarbeit. Es sollte allerdings nur vorläufig geschoben und demnächst wieder in Angriff genommen werden. Dazu kam es aber bis heute, fast zehn Jahre danach, nicht. III. Der aktuelle Reformvorschlag des DAV Der Berufsrechtsausschuss des DAV hatte sich bereits im Jahre 2012 wieder mit dem Thema befasst. Die Reform der interprofessionellen Zusammenarbeit stand in einem größeren Zusammenhang mit dem Thema Fremdbesitz sowie der grundsätzlichen Überzeugung, dass das anwaltsspezifische Gesellschaftsrecht (also neben dem 59 a auch die 59 c ff. BRAO) dringend reformiert werden muss. Dazu gehört auch, dass anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften als solche Objekt der berufsrechtlichen Regulierung sein müssten denn dass große Sozietäten als solche nicht reguliert werden, sondern nur die dort zusammengeschlossenen Rechtsanwälte individuell, ist schon nicht mehr nur von gestern. Schließlich war es offensichtlich, dass schon die Zusammenarbeit im Rahmen des Erlaubten, also zwischen Anwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Patentanwälten zum Teil vor unüberwindlichen und nicht erklärbaren Hürden stand: wenn es nämlich um die Zusammenarbeit in einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbh ging, war es wegen der erforderlichen Mehrheitsverhältnisse nach 59 e Abs. 2 S. 1 BRAO sowie des Prinzips der von Anwälten verantworteten Geschäftsführung nach 59 f Abs. 1 BRAO häufig nicht möglich, sich zusammenzuschließen. 6 Für den Ausschuss stellte sich also nicht nur die rechtspolitische Gestaltungsfrage de lege ferenda, sondern auch der Reparaturbedarf de lege lata. Da die vorbeschriebenen Themen sehr umfangreich sind, empfahl sich eine Vorgehensweise in einzelnen Schritten. Daher begann die Arbeit im Berufsrechtsausschuss mit der interprofessionellen Zusammenarbeit. Zunächst stellte sich die Frage, ob nicht eine bloße Wiederaufnahme des seinerzeitigen Reformvorschlags möglich wäre. Dagegen sprachen aber eine Reihe von Gründen, unter anderem die Tatsache, dass seinerzeit eine Paketlösung mit dem RDG vorgesehen war, der Ausschuss aber diese Diskussion nicht wiederbeleben wollte. Weiterhin wusste der Ausschuss von den anhängigen Verfassungsbeschwerden in der Sache Horn und we- 3 Kilian, AnwBl 2016, BVerfG v BvL 6/13 (Horn), AnwBl 2016, Die Reformvorschläge aus dem Jahr 2006 sind November-Heft 2016 (AnwBl 2006, 721) veröffentlicht (die Neuregelung zu 59a Abs. 3 BRAO-E findet sich auf S. 729 unter lfd. Nr. 49, die Begründung zur Änderung finden sich auf S. 742f.); die Vorschläge wurden im Jahr 2007 im Hinblick auf das laufende Gesetzgebungsverfahren überarbeitet und sind im Oktober-Heft 2007 (AnwBl 2007, 679) veröffentlicht (die Neuregelung zu 59a Abs. 3 BRAO-E findet sich auf S. 685 unter lfd. Nr. 49, die Begründung zur Änderung finden sich auf S. 696f.). 6 Die Entscheidung BVerfG v BvR 2998/11, AnwBl 2014, 270, betrifft diese Konstellation, hat sie aber nur für die Zusammenarbeit zwischen Rechts- und Patentanwälten geklärt; eingehend dazu Hellwig, AnwBl 2016, 776ff. 398 AnwBl 4 / 2017 Mehr Freiheit bei der interprofessionellen Zusammenarbeit, Hartung

49 Anwaltsrecht gen der Mehrheitsverhältnisse, so dass sich die Frage stellte, ob man nicht einfach abwarten sollte, bis die verfassungsrechtlichen Segelanleitungen vorliegen würden. Da das aber zeitlich nicht abzusehen war 7, entschloss sich der Ausschuss, mit den Arbeiten zu beginnen. 1. Grundannahmen Dabei ließ er sich von folgenden Grundannahmen leiten: Durch eine Erweiterung der sozietätsfähigen Berufe über den derzeitigen Katalog des 59 a BRAO hinaus darf der Schutz der Vertraulichkeit (berufs- und strafrechtliche Schweigepflicht, Zeugnisverweigerungsrecht, Durchsuchungs- und Beschlagnahmeverbote) nicht beeinträchtigt werden. Der Ansatzpunkt der vereinbaren Berufe sollte beibehalten werden, brauchte allerdings schärfere Konturen. Grundsätzlich unproblematisch erschienen diejenigen Berufe, die schon heute eine Regelung der Berufsverschwiegenheit (Beispiel: Steuerberater), flankiert durch 203 StGB, und einen eigenen prozessualen Vertraulichkeitsschutz haben (Beispiele in 53 Abs. 1 Nr. 3 und 97 Abs. 2 StPO). Hingegen hielten wir den Aspekt der Verkammerung für irrelevant. Die Frage war, ob darüber hinaus alle freien Berufe nach 1 Abs. 1 und 2 PartGG sozietätsfähig sein sollten, auch soweit es bei ihnen derzeit keinen Vertraulichkeitsschutz gibt. Damit wäre die berufliche Zusammenarbeit etwa von Anwälten mit Architekten und Ingenieuren oder Unternehmensberatern möglich; eine solche Zusammenarbeit erscheint auch aus Mandantensicht häufig sinnvoll (mehr jedenfalls als die dann ebenfalls mögliche Zusammenarbeit mit Hebammen oder Heilmasseuren). Allerdings birgt die Anknüpfung der Sozietätsfähigkeit an die Definition des 1 PartGG die Gefahr, dass der dortige Katalog durch den Gesetzgeber in eine Richtung verändert wird, dass von einer Vereinbarkeit mit der anwaltlichen Berufsausübung nicht (mehr) gesprochen werden kann. Die Konkretisierung des unbestimmten Begriffs der Vereinbarkeit durch Anknüpfung an die gesetzliche Definition des PartGG kann deshalb zu unsachgemäßen Ergebnissen führen. Wie immer die sozietätsfähigen Berufe definiert werden, der Vertraulichkeitsschutz muss gesichert bleiben beziehungsweise werden. Bei einem Zusammenschluss mit anwaltlicher Mehrheit muss und kann de lege ferenda gegebenenfalls der anwaltliche Vertraulichkeitsschutz auf diejenigen Berufsträger erstreckt werden, die keinen eigenen berufsspezifischen Vertraulichkeitsschutz haben. Hier bietet sich der Weg des 97 Abs. 2 Satz 2 StPO (Ärtzedaten) an, indem der Vertraulichkeitsschutz nicht personal an den Berufsträger (und dessen Gehilfen) angeknüpft wird, sondern funktional an die vertraulichkeitsgeschützte Information, wer immer sie hat. Einigkeit bestand auch darin, dass die Erweiterung der Sozietätsfähigkeit für alle Gesellschaftsformen gelten muss. Die Änderung erfordert schließlich parallele Änderungen in 203 StGB sowie in 53 a StPO. Maßgeblich ist der Vertraulichkeitsschutz aus Sicht des Mandanten, der sich einem Rechtsanwalt anvertraut und sichergehen muss, dass durch eine berufliche Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen der strafrechtliche und strafprozessuale Schutz der Vertraulichkeit keine Lücken bekommt. 2. Der neue 59 a Abs. 3 BRAO Der Vorschlag des DAV für einen neuen 59 a BRAO: (3) Der Rechtsanwalt darf sich mit Angehörigen anderer Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung im Rahmen der jeweiligen beruflichen Befugnisse verbinden, wenn diese Berufe mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege, vereinbar sind und die Verbindung die anwaltliche Unabhängigkeit, die Pflicht zur Verschwiegenheit und das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen nicht gefährden kann. Zu diesen vereinbaren Berufen gehören insbesondere 1. die in 203 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 StGB genannten Berufe, sowie 2. Architekten und Ingenieure, 3. zertifizierte Mediatoren im Sinne des 5 Abs. 2 MediationsG, 4. beratende Volks- und Betriebswirte, 5. hauptberufliche Sachverständige. (4) Für Bürogemeinschaften gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. Mit dieser Formulierung eines neuen Absatz 3, der in seinem Satz 1 an den damaligen Reformvorschlag erinnert, wird zunächst eine klarere Konturierung des Begriffs der vereinbaren Berufe erreicht und festgeschrieben, dass die Wahrung bestimmter anwaltlicher Grundwerte immer im Vordergrund zu stehen hat. Bei den in Nummern 1 bis 5 genannten Berufen handelt sich um solche, deren Kombination mit dem Anwaltsberuf schon aus heutiger Sicht sinnvoll erscheint oder gewünscht wird. Der Katalog ist aber nicht abschließend, um weitere Entwicklungen des anwaltlichen Berufsfelds zu ermöglichen, unter Wahrung der grundlegenden Voraussetzungen des Satzes 1. Es ist so etwas wie eine kontrollierte Öffnung mit dem Ziel, die Bedeutung des Anwaltsberufs im System der Rechtspflege beizubehalten. 3. Änderungsvorschläge im Straf- und Strafprozessrecht Im Hinblick auf die nachfolgenden strafrechtlichen und strafprozessualen Änderungsvorschläge ging der Ausschuss vom damaligen Rechtszustand aus. Inzwischen sind sowohl 203 StGB wie auch 53 a StPO Gegenstand von Reformbemühungen, die jetzt im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Outsourcing in Kanzleien diskutiert werden. Wann und wie dieses Reformvorhaben umgesetzt wird, ist nicht absehbar. Die nachfolgenden Vorschläge sind dann möglicherweise überholt, sollen aber erst einmal illustrieren, wie das übergeordnete Ziel Erweiterung der Zusammenarbeitsmöglichkeiten bei Wahrung des Prinzips der Vertraulichkeit erreicht werden könnte. Zunächst 203 StGB nachfolgend die heutige Fassung mit hervorgehobenen Änderungen: (3) Einem in Absatz 1 Nr. 3 genannten Rechtsanwalt stehen andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer gleich. Den in Absatz 1 und Satz 1 Genannten stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen und die Personen gleich, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind. Dasselbe gilt für die Angehörigen anderer Berufe, mit denen sich ein Rechtsanwalt zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat, soweit diese in Mandaten des Rechtsanwalts mitarbeiten oder von dem Geheimnis auf Grund der Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung anderweitig Kenntnis erlangen. Den in Absatz 1 und den in Satz 1 bis 3 Genannten steht nach dem Tod des zur Wahrung des Geheimnisses Verpflichteten ferner gleich, wer das Geheimnis von dem Verstorbenen oder aus dessen Nachlass erlangt hat. 7 Das Horn-Verfahren dauerte einige Jahre: Die erste Entscheidung des AG Würzburg stammte vom , die Beschwerdeentscheidung des OLG Bamberg war vom , und nach der Entscheidung des BVerfG vom dauerte es noch einmal bis zum : Erst dann hob der BGH die Entscheidungen des AG Würzburg und OLG Bamberg auf. Aufsätze Mehr Freiheit bei der interprofessionellen Zusammenarbeit, Hartung AnwBl 4 /

50 Anwaltsrecht Durch diese funktionsbezogene Änderung soll erreicht werden, dass der Schutz der Vertraulichkeit auch bei Zusammenarbeit mit solchen Berufsgruppen gewahrt bleibt, die ihrerseits nicht von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Wenn etwa ein Rechtsanwalt und ein Unternehmensberater ein unternehmensrechtliches Mandat gemeinsam bearbeiten, unterliegt der Unternehmensberater den gleichen Strafdrohungen wie der Rechtsanwalt. Bearbeitet der Unternehmensberater hingegen in Sozietät mit einem Anwalt einen eigenen Auftrag, der kein anwaltliches Mandat ist, unterliegt er nicht der Verschwiegenheitspflicht. Erhält er allerdings Kenntnisse von mandatsbezogenen vertraulichen Informationen, ohne in einem Mandat mitzuarbeiten, unterliegt er wiederum der Verschwiegenheitspflicht. Gedacht ist an solche Fälle, in denen in gemeinsamen Bürobesprechungen der anwaltlichen und nichtanwaltlichen Gesellschafter über Mandate berichtet wird und nichtanwaltliche Gesellschafter dadurch Kenntnis davon erhalten. Aus Sicht des Mandanten spielt es keine Rolle, ob der nichtanwaltliche Gesellschafter durch Mitarbeit in einem Mandat oder zufällig, durch die räumliche Verbindung, Kenntnis von Mandatsgeheimnissen erhält. Wenn er eine interprofessionelle Berufsausübungsgemeinschaft beauftragt, wird er sicher noch damit rechnen oder sogar wünschen, dass auch Nichtanwälte mit seiner Sache befasst sind. Seine Geheimnisse müssen aber auch geschützt werden, wenn die Informationserlangung allein durch die räumliche Nähe geschieht. 8 Die neue Formulierung verweist bewusst nicht auf eine Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung nach einem neuen 59 a BRAO. Es sind Fälle denkbar, in denen eine berufliche Zusammenarbeit gerade keine solche im Sinne des 59 a BRAO ist. Aus Sicht eines Mandanten darf das wiederum keine Rolle spielen, denn er kann nicht beurteilen, ob die Berufsausübungsgemeinschaft den Vorgaben des 59 a BRAO entspricht. Die funktionsbezogene Regelung verhindert auch eine Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht auf Berufe, die so etwas für sich gesehen nicht benötigen. Abgesehen davon sind die anwaltlichen Grundwerte des 43 a BRAO wesentliche Unterscheidungsmerkmale des Anwaltsberufs von anderen Dienstleistungsberufen. Sie dürfen nicht verwässert werden. Parallel zum Änderungsvorschlag des 203 StGB ist die Änderung in 53 a StPO. Nachfolgend wieder die heutige Fassung mit hervorgehobenen Änderungen: (1) Den in 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 Genannten stehen ihre Gehilfen und die Personen gleich, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen. Das gilt entsprechend für Angehörige derjenigen Berufe, mit denen sich Rechtsanwälte zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden haben, soweit diese in Mandaten des Rechtsanwalts mitarbeiten oder von dem Geheimnis auf Grund der Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung anderweitig Kenntnis erlangen. Über die Ausübung des Rechtes dieser Personen, das Zeugnis zu verweigern, entscheiden die in 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 Genannten, es sei denn, dass diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden kann. Der vorläufig gescheiterte Vorschlag einer Neuregelung des 53 a StPO im Rahmen des Regierungsentwurf zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie (kleine BRAO-Reform) kam dem Vorschlag des Berufsrechtsausschusses inhaltlich sehr nahe, weil dort das Prinzip der mitwirkenden Person eingeführt werden soll. Der Vorschlag des Berufsrechtsausschusses liegt schließlich auch auf einer Linie mit den oben genannten Entscheidungen des BVerfG in Sachen Horn und Mehrheitserfordernis. Beide Entscheidungen verbieten keinesfalls gesetzgeberische Gestaltungen, sondern haben nur für bestimmte Einzelfälle Regelungen für unwirksam erklärt. Eine Pflicht zur Freigabe jeglicher Zusammenarbeit ist damit keinesfalls verbunden. Die jetzige Situation ist aber absolut unbefriedigend. Man mag die Hände ringen über den mikroinvasiven Entscheidungstenor des BVerfG in der Sache Horn, aber man sollte wenigstens zur Kenntnis nehmen, dass das BVerfG im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nicht anders entscheiden konnte, als es entschieden hat. 9 Mit den beiden BVerfG-Entscheidungen kann man nicht leben, sondern muss entlang dieser Entscheidungen ein modernes Sozietätsrechts schaffen, das Mandanteninteressen sowie die übergeordneten Interessen einer geordneten Rechtspflege in Einklang bringt. IV. Eine abschließende Bemerkung Zum Schluss für das Stammbuch der Anwaltschaft: Die protektionistische und rückwärtsgewandte Haltung der verfassten Anwaltschaft hat sich noch nie als vorteilhaft erwiesen. Das Gegenteil ist der Fall. Nur als Beispiel: Das Verbot der überörtlichen Sozietät bis 1989 hat dafür gesorgt, dass das Segment der heutigen Top-30-Kanzleien fest in englischer oder amerikanischer Hand ist. Die Weigerung, über eine Modernisierung von Finanzierungsmöglichkeiten auch nur nachzudenken, bewirkt erhebliche Wettbewerbsnachteile für die deutsche Anwaltschaft. Die Abschottung des deutschen Rechtsmarkts in einem vereinten Europa erinnert an das Kind, das sich die Augen zuhält in der Hoffnung, dadurch unsichtbar zu werden. Die vielen weiteren Beispiele, in denen das BVerfG der Anwaltschaft auf die verfassungsgemäßen Sprünge helfen musste, kann man gar nicht mehr aufzählen, ohne vor Scham zu erröten. 10 Der DAV wird sich nicht für eine völlige Freigabe jeglicher Beschränkung aussprechen, denn das wäre nicht sachgerecht. Aber es gehört zu unserer Aufgabe, an der Schaffung eines regulatorischen Umfelds mitzuwirken, das der Anwaltschaft erlaubt, auch morgen noch wettbewerbsfähig und die erste Adresse für Rechtssuchende zu sein. Der Vorschlag ist ein Diskussionsvorschlag! Wir freuen uns auf die Diskussion. Markus Hartung, Berlin Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin und Direktor des Bucerius Center on the Legal Profession an der Bucerius Law School in Hamburg. Er ist außerdem Vorsitzender des Berufsrechtsausschusses des DAV. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 8 Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung bei der Frage der Erforderlichkeit der heutigen Regelung nur auf den ersten Aspekt hingewiesen, vgl. BVerfG v BvL 6//13, AnwBl 2016, 261 Rn Darauf weist Kilian, AnwBl. 2016, 217, zu Recht hin. 10 Vgl. dazu die Philippika von Kleine-Cosack, BRAO, 6. Aufl. 2009, Rz. 7ff. zu 177 BRAO. 400 AnwBl 4 / 2017 Mehr Freiheit bei der interprofessionellen Zusammenarbeit, Hartung

51 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Das Was und Wie der modernen Regulierung Zusätzliche Kompetenzen der Kammern Gedanken zu einer Reform der Sanktionen * Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons, Duisburg Die Berufspflichten der BRAO können auf vielfältige Weise von den Rechtsanwaltskammern bei einem Verstoß sanktioniert werden. Die Diskussion über das Sanktionensystem der BRAO ist vor allem durch den Regierungsentwurf zur kleinen BRAO-Reform (BT-Drucksache 18/9521 vom 5. September 2016) ausgelöst worden. Die Bundesregierung wollte den Rechtsanwaltskammern die Möglichkeit einräumen, eine Rüge mit einer Geldbuße von bis Euro zu verbinden. Gedacht ursprünglich nur als Sanktion bei einem Verstoß gegen die geplante konkretisierte allgemeine Fortbildungspflicht, sollte diese Kombination nun generell möglich werden. Auch wenn beide Neuerungen konkretisierte Fortbildungspflicht für alle und die Geldbuße bei einer Rüge nun das Gesetzgebungsverfahren nicht überlebt haben (siehe in diesem Heft, AnwBl 2017, 360), bleibt die Frage: Wie das Sanktionensystem modernisieren? Brauchen die Rechtsanwaltskammern neue Kompetenzen? Der Autor stellt die Möglichkeiten dar und wirbt für ein ausgefeilteres Sanktionensystem. Die Rechtsanwaltskammern sollten möglichst flexibel sein. Wenn sie auf Pflichtverstöße abgestuft und angemessen reagieren können, ließen sich so Verfahren bei den Generalstaatsanwaltschaften vermeiden. I. Das Grundsystem: Kammerbelehrung und -rüge sowie anwaltsgerichtliches Verfahren Das mir gestellte Thema kann man als eher trivial bezeichnen, wenn man sich die hochkarätigen Themen des bisherigen Tagesverlaufes in Erinnerung ruft. Laut dem mir vorgegebenen Thema geht es um das Was und Wie der modernen Regulierung und insbesondere um zusätzliche Kompetenzen der Kammern. Das Was und Wie der modernen Regulierung mag als Herausforderung und Kritik am derzeitigen Zustand verstanden werden. Wer moderne Regulierung einfordert, der kritisiert jedenfalls in der Regel die derzeitige Situation. Ob solche Kritik gerechtfertigt ist und Änderungswünsche rechtfertigen kann, hängt von der Frage ab, wie sich die Ist-Situation darstellt. Derzeit beschränken sich die Kompetenzen der Kammervorstände bei Verstößen gegen Berufspflichten darauf, den betroffenen Mitgliedern der Kammer eine Rüge auszusprechen und dies nur dann, wenn die Schuld des Rechtsanwalts gering ist und ein Antrag auf Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint. Erscheint hingegen die Rüge nicht ausreichend, um das beanstandete Verhalten ausreichend zu ahnden, ist eine Abgabe ins anwaltsgerichtliche Verfahren unumgänglich. Daneben kennt nicht das Gesetz, wohl aber die Kommentierung die Belehrung oder gar die missbilligende Belehrung. Die Abgrenzung zwischen Rüge und Belehrung ist deshalb von Bedeutung und oftmals Anlass zum Streit, weil mit den unterschiedlichen Maßnahmen auch unterschiedliche Rechtsfolgen und unterschiedliche Anfechtungsmöglichkeiten verbunden sind. Während die Belehrung allenfalls über den generalklauselartigen Auffangtatbestand von 112 a Abs. 1 BRAO anfechtbar ist, ermöglicht die Rüge den Einspruch und den Antrag auf Entscheidung durch das Anwaltsgericht. Die Belehrung setzt zudem keine Gewährung des rechtlichen Gehörs voraus, während dies vor Ausspruch einer Rüge zwingend vorgeschrieben ist. Wünschenswert wäre es, wenn sich auch die Rechtsprechung des BGH der Abgrenzung anschließen würde, wie sie in der Literatur vorzufinden ist. In der Tat wird man auch in einer missbilligenden Belehrung eher eine zukunftsbezogene präventive Auskunft sehen, während die Rüge mit einem Schuldvorwurf verbunden ist. II. Die Idee: Rüge kann mit Geldbuße verbunden werden Weitere Sanktionsmöglichkeiten und Kompetenzen sind den Rechtsanwaltskammern nicht zugewiesen. Auch wenn der Plan des Bundesjustizministeriums im Gesetzgebungsverfahren nun gescheitert ist, die Rüge mit einer Geldbuße bis zu Euro zu verbinden, bleibt die Frage: Ist das eine Idee, die bei einer zukünftigen großen BRAO-Reform weiterverfolgt werden soll. Ausgangspunkt für diese doch sehr einschneidende Veränderungsidee im Referentenentwurf 1 aus dem Mai 2016 für ein Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (kurz der kleinen BRAO-Reform) war die Überlegung des Bundesjustizministeriums, demnächst bei einem Verstoß gegen eine sanktionierte Fortbildungsverpflichtung Rügen mit Geldbußen einzuführen. Die Kritik an diesen Überlegungen hat nicht etwa dazu geführt, auf Geldbußen, verbunden mit einer Rüge, zu verzichten, sondern hat den Bundesjustizministerium veranlasst, im späteren Regierungsentwurf 2 aus dem August 2016 grundsätzlich zum ersten Mal die Möglichkeit zu eröffnen, bei Berufsverstößen den Kammern zu erlauben, Rügen mit Geldbußen zu verbinden. Soweit sich das Präsidium der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) auch gegen diese Überlegungen ausgesprochen hat, fand dies nicht die Zustimmung der meisten Präsidenten. Zu Recht wurde vom Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Hamburg darauf hingewiesen, dass die Verbindung einer Rüge mit einer Geldbuße durchaus auch für den betroffenen Rechtsanwalt mit Vorteilen verbunden sein könne, nämlich dergestalt, dass es zu einem Strafklageverbrauch kommen kann. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und aktualisiert Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Kurzvortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Die Vortragsform ist trotz der Aktualisierung beibehalten worden. 1 Siehe dazu die Anwaltsblatt Online-Meldung vom 11. Mai 2016: anwaltverein.de/de/news/bundesjustizministerium-will-anwaltsrecht-renovieren-undrdg-europafest-machen 2 Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe, BT-Drucksache 18/9521. Aufsätze Das Was und Wie der modernen Regulierung, Schons AnwBl 4 /

52 Anwaltsrecht 115 a BRAO sieht nämlich vor, dass der Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens gegen einen Rechtsanwalt der Ausspruch einer Rüge nicht entgegensteht. Lediglich dann, wenn das Anwaltsgericht den Rügebescheid aufgehoben hat, weil eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht feststellbar war, kann ein anwaltsgerichtliches Verfahren wegen desselben Verhaltens nur aufgrund solcher Tatsachen und Beweismittel eingeleitet werden, die dem Anwaltsgericht bei seiner Entscheidung nicht bekannt waren. Anders sieht es aus, wenn die Rüge nunmehr mit einer Geldbuße verbunden wird. Dann lässt sich 115 b BRAO entnehmen, dass von einer anwaltsgerichtlichen Ahndung wegen desselben Verhaltens jedenfalls abzusehen ist, wenn durch ein Gericht oder eine Behörde eine Strafe, eine Disziplinarmaßnahme, eine berufsgerichtliche Maßnahme oder eine Ordnungsmaßnahme verhängt wurde. Nur dann, wenn eine zusätzliche anwaltsgerichtliche Maßnahme erforderlich erscheint, um den Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten, gilt dies nicht. Eine mit einer Geldbuße verbundene Rüge könnte demgemäß in Zukunft einer anderweitigen Ahndung beziehungsweise der Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens in der Regel entgegenstehen. III. Die Idee der Geldbuße weitergedacht: Kammeraufsicht aufwerten Insoweit erscheint es in der Tat vorteilhaft, wenn die Kompetenzen der Rechtsanwaltskammern insoweit erweitert werden. Damit stellt sich dann aber gleichzeitig die Frage, ob die Kompetenzerweiterung hier bereits Halt machen muss. 114 BRAO sieht als anwaltsgerichtliche Maßnahmen in entsprechender Reihenfolge und je nach Schwere des Verstoßes vor: 1. Warnung 2. Verweis 3. Geldbuße bis zu Euro 4. Verbot auf bestimmten Rechtsgebieten als Vertreter und Beistand für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren tätig zu werden 5. Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft Wer A sagt, kann durchaus auch B sagen und wer in Zukunft den Kammern die Möglichkeit einer Verhängung einer Geldbuße geben will, was so neu und ungewöhnlich keineswegs ist (vgl. nur 73 b zur Dienstleistungsinformationspflichtenverordnung), der kann auch darüber nachdenken, den Maßnahmenkatalog aus 114 BRAO, soweit die Ziffern 1 bis 3 betroffen sind, den Kammern zuzuweisen. Völlig problemlos erscheint mir dies bei der Warnung (vgl. 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO). Dies ist die leichteste Maßnahme, die in dem Katalog vorzufinden ist und sie findet Anwendung bei weniger schwerwiegenden Pflichtverletzungen, bei denen die Interessen der Mandanten nicht berührt wurden. Besondere Folgen sind mit ihr nicht verbunden und insbesondere bleibt der betroffene Rechtsanwalt wählbar in den Kammervorstand und kann in der Anwaltsgerichtsbarkeit tätig sein. Schließlich wird die Warnung nach fünf Jahren nach 205 a BRAO getilgt. Anders verhält es sich sicherlich beim Verweis und bei der Geldbuße bis zu Euro. Hiermit sind schwerwiegende Rechtsfolgen für den betroffenen Rechtsanwalt verbunden. So wird für die Dauer von fünf Jahren die Wählbarkeit in den Vorstand der Rechtsanwaltskammer verhindert und die Tilgung beträgt 10 Jahre. Gleichwohl sollte dies meines Erachtens nicht hindern, über eine Kompetenzerweiterung der Kammern nachzudenken, die gleichzeitig die Bedeutung der Selbstverwaltung dokumentieren und herausstellen würde. Es kommt hinzu, dass die Aufsichtssachen in den Vorständen der Kammern sorgfältig bearbeitet und erörtert werden. Zunächst erfolgt jedenfalls in vielen Kammern eine Vorbereitung durch hierfür eingestellte Referenten, die auch Entscheidungsvorschläge dem jeweiligen Berichterstatter unterbreiten. Soweit der Berichterstatter mit dem Vorschlag des Referenten einverstanden ist, erfolgt eine Diskussion innerhalb der zuständigen Abteilung und aufgrund eines Abteilungsbeschlusses wird dann die entsprechende Maßnahme erst getroffen. Letztendlich gehen einer Maßnahme, derzeit beispielsweise einer Rüge, drei Kontrolldurchläufe voraus, nämlich die durch den zuständigen Referenten, die durch den Berichterstatter und schließlich die entscheidende Beschlussfassung durch die Abteilung. Es kommt hinzu, dass die jeweils zuständigen Sachbearbeiter, also sowohl die Referenten als auch die Vorstandsmitglieder, über eine langjährige Erfahrung in oder bei berufsrechtlichen Maßnahmen verfügen. Während bei der Generalstaatsanwaltschaft die dort zuständigen Sachbearbeiter eher in kürzeren Abständen wechseln, sind Referenten und Vorstandsmitglieder oftmals über viele Jahre hinweg mit der berufsrechtlichen Problematik befasst und können auf entsprechend langjährige Erfahrung zurückgreifen. Insoweit muss es gerade nicht von Nachteil sein, wenn auch durchgreifendere Maßnahmen, wie sie in 114 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BRAO vorzufinden sind, in Zukunft den Kammern zugewiesen würden. Begleitet und flankiert werden sollten solche Änderungen allerdings durch mehr Transparenz und Offenheit den jeweiligen Beschwerdeführern gegenüber. Es ist in der Tat ein Manko und auch nicht einzusehen, dass hier Rechtsanwälte über Gebühr dadurch geschützt werden, dass dem Beschwerdeführer nicht mitgeteilt wird, welche Folgen seine Beanstandung hatte und ob die Beanstandung als gerechtfertigt angesehen wurde oder nicht. Ein schützenswertes Interesse des betroffenen und zu Recht beschuldigten Anwalts daran, dass der Beschwerdeführer über das Ergebnis seiner Beanstandung im Unklaren gelassen wird, ist nicht erkennbar. Dies ist schon desöfteren festgestellt worden und war auch ein Punkt der Kritik bei der vorletzten Veranstaltung in Köln. 3 Herbert P. Schons, Duisburg Der Autor ist Rechtsanwalt und Notar. Er ist Herausgeber des Anwaltsblattes. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 3 Vgl. Schons im Editorial des April-Heft 2015 des Anwaltsblatts, AnwBl 2015, M AnwBl 4 / 2017 Das Was und Wie der modernen Regulierung, Schons

53 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Was und Wie moderner Regulierung in der Anwaltsgerichtsbarkeit Mehr Transparenz im Verfahren keine Geldbuße bei der Rüge * Imke Reelsen, Hamm Die anwaltliche Berufsgerichtsbarkeit, insbesondere ihre institutionelle Ausgestaltung, ist seit jeher abhängig von dem Verständnis der Rolle der Anwaltschaft in und gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit. Die Diskussion um die Kompetenzverteilung auf dem Gebiet des Disziplinarrechts war daher stets geprägt von dem Spannungsverhältnis zwischen dem anwaltlichen Interesse an einer möglichst staatsfreien, auch die Disziplinargerichtsbarkeit umfassenden Selbstverwaltung einerseits und dem öffentlichen Interesse an einer gleichmäßigen und effektiven Handhabung des Disziplinarrechts im Interesse der Rechtsuchenden andererseits. Dabei darf und soll die staatliche Einflussnahme auf das anwaltliche Disziplinarrecht nicht der willkürlichen Gängelung und Willfährigmachung einer manchmal unbequemen Anwaltschaft dienen. Vielmehr muss das anwaltliche Disziplinarrecht vorrangig am Interesse des rechtsuchenden Bürgers an einer fachkundigen, unabhängigen und integren Wahrnehmung seiner rechtlichen Belange ausgerichtet sein. Nur eine unabhängige und starke Anwaltschaft ist in der Lage, eine sachgerechte Wahrnehmung der Belange der Rechtsuchenden auf Augenhöhe mit staatlichen Behörden und Gerichten zu gewährleisten. Machen wir uns nun Gedanken über das Was und Wie moderner Regulierung, so bewegen wir uns auch heute in diesem Spannungsverhältnis zwischen anwaltlichen Bestrebungen nach möglichst umfassender Selbstverwaltung und dem staatlichen Interesse, die Rahmenbedingungen für die anwaltliche Selbstverwaltung festzuschreiben und deren Grenzen abzustecken. Denn diese sind nicht statisch, sondern müssen sich auch an sich ändernden (europa-)rechtlichen und gesellschaftlichen Anschauungen, Werten und Herausforderungen messen lassen. Es gilt demnach zu fragen, ob die in ihren wesentlichen Zügen seit Inkrafttreten der BRAO unverändert gebliebene Anwaltsgerichtsbarkeit noch in der Lage ist, im Interesse der Rechtsuchenden das Ansehen der Rechtsanwaltschaft, die sog. Reinhaltung des Standes zu gewährleisten, wo etwaige Defizite liegen und wie diesen ggf. zu begegnen ist. Aufsätze Das Sanktionen- und Rechtsschutzsystem der BRAO mit Rüge, Warnung, Verweis, Geldbuße, Tätigkeitsverbot für bestimmte Rechtsgebiete und Ausschließung aus der Anwaltschaft überblicken selbst Anwältinnen und Anwälte meist nicht. Während für die Rüge die Rechtsanwaltskammer zuständig ist, bedarf es für die anderen Sanktionen einer Anschuldigung durch die Generalstaatsanwaltschaft als unabhängiger Behörde. Für eine Reform des Sanktionen- und Rechtsschutzsystems wünscht sich die Autorin mehr Öffentlichkeit, Beteiligungsrechte für Betroffene und mehr Transparenz. Die Idee des Bundesjustizministeriums, bei der Rüge im Rahmen der kleinen BRAO-Reform auch generell eine Geldbuße einzuführen, lehnt die Autorin ab. Übrigens: Die kleine BRAO-Reform hat am 8. März 2017 im fünften Anlauf den Rechtsausschuss des Bundestags passiert und die Geldbuße bei der Rüge ist von der Regierungskoalition herausgestrichen worden. Mit der zweiten und dritten Lesung der kleinen BRAO-Reform ist noch im März nach Redaktiosnschluss zu rechnen. I. Einleitung II. Historischer Abriss Zum Verständnis der heutigen Anwaltsgerichtsbarkeit dabei möchte ich mich unter Ausblendung der anwaltsrechtlichen Verwaltungssachen auf die anwaltlichen Disziplinarsachen beschränken lohnt ein kurzer historischer Abriss: Bis in das 19. Jahrhundert unterstanden in den deutschen Staaten die Advokaten (die Terminologie war nicht einheitlich) grundsätzlich der Disziplinargewalt der Gerichte. Eine feste Verfahrensordnung gab es dabei nicht, vielmehr lag das Verfahren im Ermessen der Gerichte. Eine Anklagebehörde war noch nicht vorhanden, Anklage sowie Urteilsfindung oblagen allein den Gerichten. Unter dem Einfluss französischer Gesetzgebung änderte sich das Selbstverständnis der Anwaltschaft. Es entwickelte sich das Verständnis des Rechtsanwaltes als ein den Gerichten gleichgeordnetes Organ der Rechtspflege. Nach diesem selbstbewussten Verständnis einer freien Advokatur im Gefüge der Justiz wurde es als nicht angängig angesehen, Rechtsanwälte der Disziplinargewalt von Gerichten und Staatsanwaltschaften auszusetzen, vor denen diese die Rechte ihrer Mandantschaft zu verteidigen hatten. Nach längeren Diskussionen wurde zwar mit der Rechtsanwaltsordnung (RAO) von 1878 eine einheitliche freie deutsche Rechtsanwaltschaft mit beruflicher Selbstverwaltung im gesamten Deutschen Reich geschaffen, die Anwaltschaft wurde der richterlichen Disziplinargewalt entzogen. Weil sich der Staat jedoch im Interesse der Rechtsuchenden seine Eingriffsmöglichkeiten nicht völlig aus der Hand nehmen lassen konnte und wollte, wurde die Beteiligung der Staatsanwaltschaft konstituiert, bei der es bis zum Inkrafttreten der BRAO verblieb. Als Hauptaufgabe des anwaltlichen Disziplinarrechts wurde die Reinhaltung des Standes angesehen, nicht dagegen die Bestrafung des Berufsträgers. Grundlegende Änderungen hat das System des anwaltlichen Disziplinarrechts seitdem weder im Bereich des materiellen Disziplinarrechts noch hinsichtlich der Verfahrensordnung erfahren. Soweit 1994 der Stand der Anwaltschaft durch den schlichten Beruf und die Standes- oder Ehrengerichtsbarkeit durch die Anwaltsgerichtsbarkeit ersetzt worden ist, ist diese Änderung weitestgehend als reine Begrifflichkeit ohne sachlichen Gehalt aufgefasst worden. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und um wenige Fußnoten ergänzte Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Was und Wie moderner Regulierung in der Anwaltsgerichtsbarkeit?, Reelsen AnwBl 4 /

54 Anwaltsrecht III. Stand der derzeitigen Diskussion Erst seit wenigen Jahren wird überhaupt vertieft über die anwaltliche Berufsgerichtsbarkeit diskutiert. Allerdings hat die geführte Diskussion zum Reformbedarf des anwaltlichen Berufsrechts ihren Ausgang weniger von den Disziplinarsachen als von den anwaltlichen Verwaltungssachen her genommen, die 2009 dem Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht unterstellt worden sind. Anknüpfend an die nunmehr anzuwendenden Verfahrensregeln lag es nicht fern, auch an eine Verlagerung der gerichtlichen Zuständigkeiten auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu denken, wie Klaus Rennert es erstmals forderte. 1 Von den anwaltlichen Disziplinarsachen war in diesem Zusammenhang zunächst jedoch keine Rede. In jüngster Zeit allerdings schlägt Rennert auch für die anwaltsgerichtlichen Disziplinarsachen die Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung als sachnächster Prozessordnung vor. 2 Die Anwendung der Strafprozessordnung sei überholt und daher beispielsweise auch im Beamtendisziplinarrecht beseitigt worden. Des Weiteren ist vorgeschlagen worden, die Ahndungskompetenzen der Rechtsanwaltskammern auszudehnen. Begründet wird dies mit der Erwägung, das anwaltliche Disziplinarrecht sei im Vergleich mit anderen Berufsordnungen wenig eingriffsintensiv. Zudem seien in anderen Berufsordnungen weiterreichende Sanktionsmöglichkeiten der Kammervorstände statuiert, so dass sich ein Harmonisierungsbedarf aufdränge. Dieser Gedanke hat auch im derzeit zur Verabschiedung anstehenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe in der Form Niederschlag gefunden, dass die Rechtsanwaltskammern zukünftig befugt sein sollen, die Rüge ( 74 BRAO) mit der Verhängung einer Geldbuße bis zu EUR zu koppeln. Dazu werde ich gleich noch weiter ausführen. Schließlich wird vorgeschlagen, auch im anwaltlichen Disziplinarverfahren verstärkt dem Gedanken der Transparenz durch erweiterte Möglichkeiten zur Herstellung der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung und Einräumung von Beteiligungsrechten des von der Berufspflichtverletzung Betroffenen Rechnung zu tragen. IV. Bewertung Wie sind diese Reformvorschläge aus der Sicht der anwaltsgerichtlichen Praxis nun zu bewerten? Werden sie den Ansprüchen an eine moderne Regulierung des anwaltlichen Berufsrechts gerecht? 1. Auslöser für Reformdiskussion Auffallend ist hier zunächst, dass die Reformdiskussion ihren Ausgang nicht etwa an etwaigen Defiziten des geltenden Anwaltsgerichtsverfahrens genommen hat, sondern kaum verbrämt aus dem Wunsch der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach neuen Aufgabenfeldern entstanden ist. Auch der Gedanke der Harmonisierung des Berufsrechts mit dem anderer freier Berufe (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Patentanwälte) ist nachvollziehbar und mag auch angesichts eines erweiterten europarechtlichen Blickwinkels wünschenswert sein, ist aber nicht primär an dem sachlichen Bedürfnis nach einer effizienten Disziplinargerichtsbarkeit ausgerichtet. Auch zwingen weder verfassungs- noch europarechtliche Rahmenbedingungen zu einer derartigen Umgestaltung. Die Anwaltsgerichtsbarkeit in ihrer derzeit geltenden Form ist sowohl mit dem Grundgesetz als auch mit europäischem Recht vereinbar. Aus meiner Sicht die eine ausschließlich praxisbezogene ist sollten derartige Erwägungen bei einer modernen Regulierung indes nicht im Vordergrund stehen. Es drängt sich bei einer derartigen Herangehensweise der Gedanke auf, dass eine Regulierung um ihrer selbst willen im Vordergrund steht und nicht in erster Linie durch sachliche Erfordernisse getragen wird. Es kann nicht Aufgabe einer zeitgemäßen Regulierung sein, eine Harmonisierung unterschiedlicher Berufsgerichtsbarkeiten um ihrer selbst willen voranzutreiben. Sie darf sich nicht als Selbstzweck darstellen. Daher ist nach meinem Dafürhalten zunächst zu klären, ob überhaupt sachlich begründeter Reformbedarf auf dem Gebiet des anwaltlichen Disziplinarrechts besteht und ob die diskutierten Ansätze im Interesse des rechtsuchenden Bürgers einen Gewinn an Effektivität und Rechtsstaatlichkeit bedeuten. Im Zentrum jeglicher Reformüberlegungen sollte die Frage stehen, was die heute existierende Anwaltsgerichtsbarkeit zu leisten imstande ist, welche Defizite die derzeit geltenden Regelungen aufweisen und welche Ziele es zukünftig zu erreichen gilt. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dass die Anwaltsgerichtsbarkeit im Wesentlichen unverändert in der derzeitigen Form bestehen bleiben soll. Jeglichen modernen Regulierungsüberlegungen muss jedoch eine gründliche Analyse der Schwachstellen der bestehenden Regelungen und den bei der Umsetzung der Normen auftretenden praktischen Schwierigkeiten vorausgehen, des Weiteren folgt aus der Benennung von Schwächen zwanglos das Erfordernis der Formulierung von Zielen etwaiger Neuregelungen. Beides steht nach meiner Einschätzung indes bei der gegenwärtig geführten Diskussion eher nicht im Vordergrund. 2. Defizit: Ausschluss der Öffentlichkeit im anwaltsgerichtlichen Verfahren Wo aber liegen die Defizite der derzeit geltenden Berufsgerichtsbarkeit und wie kann eine moderne Regulierung ihnen begegnen? An dem über lange Zeit im Wesentlichen unverändert gebliebenen Anwaltsgerichtsverfahren ist verschiedentlich Kritik geübt worden. Ich erwähne lediglich die in Berufsrechtskreisen sicherlich allgemein bekannte Kritik von Joachim Wagner in seinem Buch Vorsicht Rechtsanwalt. Bekanntlich bewertet der Verfasser die Anwaltsgerichtsbarkeit als lasch und langsam und sieht in der Spruchpraxis der Gerichte vielfach eine der Sache nicht angemessene kollegiale Rücksichtnahme unter Anwaltskollegen, die seiner Auffassung nach dadurch gefördert wird, dass das Anwaltsgerichtsverfahren weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wird. Diese empirisch nicht belegte und pointierte, wenn nicht gar polemisch gehaltene Kritik muss sicherlich nicht ohne Weiteres als zutreffend zugrunde gelegt werden. Gleichwohl sollte man die einzelnen Kritikpunkte nicht vorschnell von der Hand weisen. 1 Rennert, AnwBl 2014, Rennert, AnwBl 2016, AnwBl 4 / 2017 Was und Wie moderner Regulierung in der Anwaltsgerichtsbarkeit?, Reelsen

55 Anwaltsrecht In der Tat gilt es gerade im Sinne einer modernen Regulierung zu hinterfragen, ob das Anwaltsgerichtsverfahren sowie auch das oft vorgelagerte Beschwerdeverfahren gemäß 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO nicht mehr Transparenz vertragen könnte, wie es erstmals soweit ersichtlich von der Präsidentin des Anwaltsgerichtshofs Rostock Doris Geiersberger vor zwei Jahren auf dieser Veranstaltung gefordert wurde. 3 Auch mit Blick auf die fehlende Transparenz des Beschwerdeverfahrens gemäß 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO erscheint auch die Verlagerung weiterer Aufsichtsbefugnisse auf die Rechtsanwaltskammern bedenklich, dazu werde ich später noch kurz ausführen. Nach derzeitiger Rechtslage gilt für alle anwaltsgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit ( 135 BRAO). Auch im anwaltsgerichtlichen Ermittlungsverfahren sind Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des von einer anwaltlichen Pflichtverletzung betroffenen Bürgers nicht vorgesehen. Zwar sind gemäß 116 Abs. 1 S. 2 BRAO auf das anwaltsgerichtliche Verfahren grundsätzlich die Vorschriften des GVG und der StPO anzuwenden, die in der StPO statuierten Rechte des durch eine Straftat Verletzten, beispielsweise das Klageerzwingungsrecht, das über einen Rechtsanwalt vermittelte Akteneinsichtsrecht oder die Befugnis, sich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen der öffentlichen Klage als Nebenkläger anzuschließen, sind auf das Anwaltsgerichtsverfahren als allein im öffentlichen Interesse durchzuführendes Verfahren nicht anwendbar. Aber auch im Vorfeld des anwaltsgerichtlichen Verfahrens räumt das Gesetz dem von einer möglichen Berufspflichtverletzung betroffenen Bürger keine Beteiligungs und kaum Informationsrechte ein. Wendet sich ein betroffener Bürger mit dem Vorwurf einer Berufspflichtverletzung unmittelbar an die Rechtsanwaltskammer, obliegt es allein der Entscheidung des betroffenen Rechtsanwalts, ob die Stellungnahme, die er auf Verlangen des Vorstands der Rechtsanwaltskammer zu den Vorwürfen abzugeben hat, auch dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangen soll. Ohne Einverständnis des Rechtsanwalts sehen sich die Kammern unter Berufung auf die Verschwiegenheitspflicht gemäß 76 BRAO an einer Weiterleitung der Stellungnahmen des Rechtsanwalts gehindert, unabhängig davon, ob wie häufig die Weiterleitung zur Klärung des Sachverhaltes und zur Befriedung des Konfliktes zwischen Rechtsanwalt und Beschwerdeführer beitragen kann. Zwar hat der Beschwerdeführer seit der mit Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom eingeführten Unterrichtungspflicht des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einen Anspruch auf eine mit knappen Gründen versehene Mitteilung vom Ausgang des Verfahrens, diese ist indes gemäß 73 Abs. 3 S. 4 BRAO nicht anfechtbar. Gibt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Hamm das Beschwerdeverfahren an die Generalstaatsanwaltschaft ab, fehlt jede weitere Möglichkeit, von dem Ausgang des Verfahrens Kenntnis zu erlangen. Die in der StPO normierten Beteiligungsmöglichkeiten sind auf das anwaltsgerichtliche Ermittlungsverfahren nicht anwendbar. Kommt es sodann nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen zur Anschuldigung des Rechtsanwalts und zur Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgericht, ist der von der zu verhandelnden Pflichtverletzung betroffene Bürger zwar zum Erscheinen vor dem Anwaltsgericht und zur Zeugenaussage verpflichtet, hat aber nach Tätigung seiner Aussage den Gerichtssaal wieder zu verlassen und erneut keine Möglichkeit, auf den Verfahrensausgang Einfluss zu nehmen oder auch nur von dem Ausgang des Verfahrens Kenntnis zu erlangen. Deutlicher kann man den Bürger kaum zum bloßen Objekt des Verfahrens degradieren. Dieser Grundsatz der Nichtöffentlichkeit des berufsgerichtlichen Verfahrens, der im Widerspruch zu 169 ff. GVG steht, ist vom Bundesverfassungsgericht im Jahre 1954 für verfassungsgemäß erachtet worden und wird allgemein mit den Besonderheiten des anwaltsgerichtlichen Verfahrens begründet. Welche Besonderheiten indes genau gemeint sind, die die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens rechtfertigen sollen, wird selten klar benannt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieser Grundsatz der Nichtöffentlichkeit des anwaltsgerichtlichen Verfahrens nahezu ausschließlich im Interesse der betroffenen Rechtsanwälte liegt, die naturgemäß befürchten, dass eine öffentliche Erörterung etwaiger Verfehlungen sich nachteilig auf die künftige Praxis auswirken könnte. Dies ist indes ein Gesichtspunkt, der als innere Rechtfertigung für die Durchführung eines vollständig nicht-öffentlichen Verfahrens nicht mehr zeitgemäß erscheint. Nicht umsonst wächst die Kritik an der für den Bürger gegebenen Intransparenz des Verfahrens. Dass durch die Beteiligung der Generalstaatsanwaltschaft sichergestellt wird, dass die Belange der Öffentlichkeit und damit mittelbar auch die der Rechtsuchenden nicht aus dem Blick geraten, vermag an der Objektstellung des Betroffenen Bürgers nichts Grundlegendes zu ändern und stellt keinen befriedigenden Ersatz für eigene Beteiligungs- und Informationsrechte dar. Hier sollte es Aufgabe einer modernen Regulierung sein, sowohl das Beschwerdeverfahren gemäß 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO als auch das anwaltsgerichtliche Verfahren transparenter zu gestalten. Der immer wieder geäußerte Vorwurf der allzu großen kollegialen Rücksichtnahme, dem durch die Intransparenz des derzeit normierten Geheimverfahrens noch Vorschub geleistet wird, könnte mit einer Öffnung des Anwaltsgerichtsverfahren für die Öffentlichkeit und mit der Einräumung von Beteiligungs- und Informationsrechten für den betroffenen Bürger wirksam begegnet werden. Letztlich müssen die Entscheidungen der Rechtsanwaltskammern, der Generalstaatsanwaltschaften und der Anwaltsgerichte aus sich heraus überzeugen. Sie bedürfen der Abschottung nicht. 3. Fehlende Transparenz: Keine weiteren Aufsichtsbefugnisse für die Kammern Gerade vor dem Hintergrund der nach gegenwärtiger Rechtslage fehlenden Transparenz in der anwaltlichen Selbstverwaltung erscheint auch die Übertragung weiterer Aufsichtsbefugnisse auf die Rechtsanwaltskammern bedenklich. Der aktuelle Vorschlag der Bundesregierung sieht bekanntlich vor, Rechtsanwaltskammern zukünftig neben dem Rügerecht auch die Befugnis einzuräumen, Geldbußen bis zur Höhe von Euro zu verhängen. Anders, als im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zunächst vorgesehen, soll dies nach dem Regierungsentwurf nicht nur für Verstöße gegen die ebenfalls zur Normierung anstehende Fortbildungspflicht gemäß 43 Buchst. a Abs. 6 BRAO und 3 Geiersberger, AnwBl 2015, 287. Aufsätze Was und Wie moderner Regulierung in der Anwaltsgerichtsbarkeit?, Reelsen AnwBl 4 /

56 Anwaltsrecht die besondere Fortbildungspflicht nach 15 FAO gelten, sondern für alle denkbaren anwaltlichen Berufspflichtverletzungen. Eine derartige Regelung ist zunächst in das System des derzeit bestehenden Sanktionensystems nur schwer einzupassen. Ist die Rügemöglichkeit nach noch geltender Rechtslage für Verstöße gegen berufsrechtliche Vorschriften vorgesehen, wenn die Schuld des Rechtsanwalts gering ist und ein Antrag auf Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint ( 74 Abs. 1 S. 1 BRAO), stellt die Geldbuße im Sanktionensystem des 114 BRAO die viertschwerste Maßnahme dar, die für schon schwerere Pflichtverletzungen in Betracht kommt. Beide Maßnahmen zu koppeln erscheint wertungswidersprüchlich. Auch hinsichtlich der dem Rechtsanwalt zustehenden Rechtsmittel ergeben sich Friktionen: So steht ihm gegen eine vom Anwaltsgericht verhängte Geldbuße in Höhe von Euro jedenfalls die Berufung zum Anwaltsgerichtshof und bei Vorliegen der einschränkenden Voraussetzungen des 145 Abs. 1 BRAO noch die Revision zum BGH zu, wird indes eine mit einer Rüge gekoppelte Geldbuße in gleicher Höhe vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer verhängt also im Vergleich zur isolierten Geldbuße sogar ein Mehr, bleibt gemäß 74 a BRAO lediglich der Weg zum Anwaltsgericht. Zudem erscheint fraglich, ob mit der Einräumung dieser erweiterten Aufsichtsbefugnisse die beabsichtigte Entlastung von Generalstaatsanwaltschaft und Anwaltsgericht tatsächlich erreicht werden kann. Die den Rechtsanwaltskammern zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts sind beschränkt. So können sie keine Zeugen vernehmen, auch die im anwaltsgerichtlichen Ermittlungsverfahren anwendbaren strafprozessualen Zwangsmaßnahmen wie etwa die Durchsuchung können die Kammern nicht bewirken. Zwar mögen im Bereich der Verletzung von Fortbildungspflichten oder sonstiger formaler Verstöße, die mit geringem Aufwand auszuermitteln sind, die Ermittlungsmöglichkeiten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer zur Aufklärung des Sachverhalts noch ausreichen. Nicht selten werden aber bereits nach derzeitiger Rechtslage Beschwerdeverfahren an die Generalstaatsanwaltschaft abgegeben, weil die Rechtsanwaltskammern zur Ausermittlung des Sachverhalts mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ermittlungsbefugnissen nicht in der Lage sind. Vor allem aber erscheint bedenklich insbesondere mit Blick auf die oben dargestellte Intransparenz des Rügeverfahrens, dass der Vorstand der Rechtsanwaltskammer über die Abgabe von Beschwerdesachen an die Generalstaatsanwaltschaft nur nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, dem Legalitätsprinzip aber insoweit nicht unterliegt. Eine Kontrolle der Ermessensausübung durch die Rechtsanwaltskammern ist daher, wie oben bereits ausgeführt, kaum möglich: Etwaige Beschwerdeführer haben lediglich Anspruch auf knappe Information über den Verfahrensausgang und können die Entscheidung der Rechtsanwaltskammer nicht anfechten ( 73 Abs. 3 BRAO). Da die Generalstaatsanwaltschaft gemäß 74 Abs. 4 S. 3 BRAO zwar von einer verhängten Rüge, in Zukunft gegebenenfalls gekoppelt mit einer Geldbuße, zu unterrichten ist, aber eine Unterrichtung über sanktionslos eingestellte Beschwerdeverfahren im Gesetz nicht vorgesehen ist, bleibt die Ermessensausübung durch die Rechtsanwaltskammern in diesem Bereich ohne jede außerhalb der anwaltlichen Selbstverwaltung liegende Kontrolle. V. Fazit Erstens: Aufgabe einer modernen Regulierung sollte zunächst eine an der Sache orientierte effektive Verbesserung des anwaltsgerichtlichen Verfahrens sein. Die Forderung, die derzeit bestehende Anwaltsgerichtsbarkeit in die Verwaltungsgerichtsbarkeit einzugliedern, sowie das Bedürfnis nach Harmonisierung mit anderen Berufsgerichtsordnungen stellt eine solche sachlich orientierte Verbesserung nicht dar. Zweitens: Dem aus Rechtsstaats- und Demokratieprinzip abgeleiteten Transparenzgedanken sollte eine moderne Regulierung stärker Rechnung tragen, um die Akzeptanz der Anwaltsgerichtsbarkeit und daraus folgend auch das Ansehen der Rechtsanwaltschaft zu stärken. Drittens: Die Verlagerung weiterer Aufsichtsbefugnisse auf die Rechtsanwaltskammern ist mit einer modernen, am Transparenzgedanken ausgerichteten Regulierung nicht zu vereinbaren und daher abzulehnen. Imke Reelsen, Hamm Die Autorin ist Oberstaatsanwältin bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 406 AnwBl 4 / 2017 Was und Wie moderner Regulierung in der Anwaltsgerichtsbarkeit?, Reelsen

57 Anwaltsrecht Anwaltsrecht Anwaltsrecht Konvergenz der Berufsrechte der Freien Berufe notwendig oder entbehrlich? Plädoyer für eine Teilharmonisierung, um die interprofessionelle Zusammenarbeit zu stärken * Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Kiel Wettbewerb der Regulierer: Die Aufsicht über Kanzleien Die Datenschutzaufsicht als Hüter der Anwaltsgeheimnisse? * Rechtsanwalt Prof. Niko Härting, Berlin Aufsätze Es ist ein alter Traum vieler Berufsrechtler: Die zersplitterten Berufsrechte mit ihren zum Teil divergierenden Regulierungskonzepten in einem Allgemeinen Teil des Berufsrechts der freien Berufe zu kodifizieren. Der Autor untersucht, ob diese Version das Ziel einer Reform des anwaltlichen Berufsrechts sein könnte. Sein Ergebnis ist ernüchternd. Gleichwohl wirbt der Autor dafür, die Berufsrechte in Kernbereichen zu harmonisieren, um so die Möglichkeiten der interprofessionellen Zusammenarbeit zu ermöglichen. Die Aufsicht über Anwältinnen und Anwälte führen die Rechtsanwaltskammern. Doch wo die Gesellschaft Mängel sieht, kommen neue Regulierer ins Spiel. Der Autor erläutert das am Beispiel des Datenschutzrechts. Mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 könnten die Datenschutzbehörden mächtige Regulierer werden. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 175). In der Anwaltsblatt-App ist der Beitrag ins April-Heft integriert und kann dort komfortabel gelesen werden. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 181). In der Anwaltsblatt-App ist der Beitrag ins April-Heft integriert und kann dort komfortabel gelesen werden. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Die Vortragsform ist beibehalten worden. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und mit Fußnoten versehene Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Anwaltsrecht Anwaltsrecht Interprofessionelle Berufsausübung wie soll sie aussehen? Plädoyer gegen den Abriss und für eine Sanierung des Berufsrechts * Prof. Dr. Reinhard Singer, Berlin Regulierung im internationalen Wettbewerb Das anwaltliche Berufsrecht sollte sich der Wirklichkeit stellen * Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Gasteyer, Frankfurt am Main Wie soll die Zusammenarbeit von Anwältinnen und Anwälten mit anderen Berufen neu geregelt werden? Der Autor plädiert nicht für radikale Reformen, sondern für eine behutsame Lockerung des verfassungsgerichtlich als zu weitgehend beurteilten Verbots in 59 a BRAO. Internationale Sozietäten müssen viele nationale Vorschriften beachten. Der Autor selbst in einer solchen Kanzlei tätig wirbt dafür, bei der Modernisierung des deutschen Anwaltsrechts stärker den Markt und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Kanzleien in den Blick zu nehmen. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 178). In der Anwaltsblatt-App ist der Beitrag ins April-Heft integriert und kann dort komfortabel gelesen werden. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 183). In der Anwaltsblatt-App ist der Beitrag ins April-Heft integriert und kann dort komfortabel gelesen werden. * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und mit Fußnoten versehene Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Vortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). * Bei dem Beitrag handelt es sich um die schriftliche und mit Fußnoten versehene Fassung des am 9. Dezember 2016 auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 gehaltenen Kurzvortrags (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). AnwBl 4 /

58 Anwaltsmarkt Soldan Institut Die Altersstruktur der deutschen Anwaltschaft Durchschnittsalter steigt Der Wandel im Anwaltsmarkt spiegelt sich auch in den empirischen Zahlen wider Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln Die Altersstruktur der Anwaltschaft ist ein Thema, das bislang kaum Interesse gefunden hat. Zu sehr sind die Betroffenen daran gewöhnt, dass ein nie versiegender Strom von Nachwuchsjuristen zu einem stetigen Wachstum der Anwaltschaft führt. Das Nullwachstum der vergangenen Jahre, insbesondere aber die im nächsten Jahrzehnt demographisch bedingt einbrechenden Studierendenzahlen werden die Altersstruktur zu einem wichtigen Zukunftsthema für den Beruf machen. Besonders bedeutsam sind hierbei Erkenntnisse zur Altersstruktur in den unterschiedlichen fachlichen Betätigungsfeldern von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und zu der Frage, welche Bedeutung die unterschiedlichen Konzepte der Ausübung des Anwaltsberufs in der Gegenwart haben. I. Alter 1. Gesamtbetrachtung Allgemein zugängliche Erkenntnisse zum Alter deutscher Rechtsanwälte werden nur gelegentlich publiziert. Die letzte veröffentlichte Altersstatistik der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) datiert aus dem Jahr 2012, damals betrug das Durchschnittsalter der deutschen Anwaltschaft 47,5 Jahre. 1 Seitdem hat es aufgrund der seit nunmehr fast zehn Jahren kontinuierlich geringer werdenden Zahl neu zugelassener junger Rechtsanwälte in einem unbekannten Umfang zugenommen. Was die Altersstatistik der BRAK nicht zu leisten vermag, nämlich eine weitergehende Analyse, welche altersbedingten Unterschiede es bei den Inalten der Berufstätigkeit, der Berufstätigkeit oder dem beruflichen Status gibt, hat die Studie Anwaltstätigkeit der Gegenwart 2 des Soldan Instituts untersucht. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer dieser Studie beträgt 50 Jahre. Es liegt damit nahe an dem wahrscheinlichen Durchschnittsalter aller deutschen Anwälte im Jahr Den verhältnismäßig größten Anteil machen die 40 bis 49jährigen Anwälte aus (33 Prozent), gefolgt von den 50 bis 59jährigen Anwälten (27 Prozent). Bemerkenswert ist, dass 7 Prozent der befragten Anwälte 70 Jahre und älter sind und damit den Beruf weit jenseits des Rentenalters ausüben. 2. Differenzierende Betrachtung Bei einem Vergleich der Kanzleitypen ergibt sich der Befund, dass Anwälte in überörtlichen Sozietäten im Schnitt etwas jünger (46 Jahre) und in der Altersstruktur homogener sind, die Streuung hinsichtlich des Alters also geringer ist. Mit durchschnittlich 53 Jahren etwas über dem Gesamtdurchschnitt liegen die Anwälte aus generalistisch ausgerichteten Kanzleien beziehungsweise Kanzleien mit nur einem Rechtsanwalt. Dies deutet darauf hin, dass diese Formen der anwaltlichen Berufstätigkeit perspektivisch an Bedeutung verlieren werden. Differenziert man nach der Stellung innerhalb der Kanzlei, ergibt sich, dass die angestellten Anwälte mit 39 Jahren im Schnitt deutlich jünger als Partner (52 Jahre) und freie Mitarbeiter (51 Jahre) sind. Das relativ hohe Durchschnittsalter freier Mitarbeiter beruht darauf, dass die freie Mitarbeit, anders als die angestellte Tätigkeit, nicht typischerweise eine Durchgangsstation zum (echten) Unternehmertum ist: So nimmt der Anteil der freien Mitarbeiter unter den Rechtsanwälten, die 60 Jahre und älter sind, wieder zu freie Mitarbeit ist also offensichtlich auch ein Beschäftigungskonzept für Rechtsanwälte, die altersbedingt aus ihrer Kanzlei aussteigen, dieser aber durch eine freie Mitarbeit verbunden bleiben. (Mit)eigentümer/in, Partner(in) Angestellte/r einer Kanzlei unter 30 Jahre 1% durchschnittliches Alter: 50 Jahre Freie/r Mitarbeiter/in bis unter 40 Jahre 19% Insgesamt bis unter 50 Jahre 33% bis unter 60 Jahre 27% Abb. 2: Durchschnittliches Alter der Rechtsanwälte nach beruflichem Status 60 bis unter 70 Jahre 15% 70 Jahre und älter 7% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abb. 1: Alter der Rechtsanwälte 1 Abgedruckt bei Kilian/Dreske (Hrsg.), S. 32. Die Altersstruktur auf der Ebene der Rechtsanwaltskammern ist dokumentiert bei Kilian/Dreske (Hrsg.), S Die vorangegangenen Altersstrukturanalysen der Bundesrechtsanwaltskammer stammen aus den Jahren 2002, 1998, 1985 und Kilian, Anwaltstätigkeit der Gegenwart: Rechtsanwälte, Kanzleien, Mandanten und Mandate, 341 S., ISBN , Anwaltverlag, Bonn An der Studie beteiligte sich eine repräsentative Stichprobe von berufsausübenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten. 408 AnwBl 4 / 2017 Die Altersstruktur der deutschen Anwaltschaft Durchschnittsalter steigt, Kilian

59 Anwaltsmarkt Weibliche Anwälte sind mit 45 Jahren gegenüber männlichen Anwälten mit 52 Jahren im Mittel etwas jünger. Dies erklärt sich mit dem kontinuierlich steigenden Frauenanteil unter den neu zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, der dazu führt, dass überdurchschnittlich viele jüngere Rechtsanwältinnen die weibliche Anwaltschaft bilden. 3. Rechtsgebietsspezifische Betrachtung Die durchschnittlich ältesten Rechtsanwälte finden sich unter jenen, die im Schwerpunkt Erbrecht tätig sind (69 Prozent 50 Jahre und älter in der Gesamtanwaltschaft sind es 51 Prozent), gefolgt von jenen, die als fachlichen Schwerpunkt das Bilanz- und Steuerrecht (61 Prozent), Gesellschaftsrecht (59 Prozent), Bau- und Architektenrecht (58 Prozent), Familienrecht (57 Prozent) oder Verwaltungsecht (56 Prozent) angegeben haben. Besonders jung sind Rechtsanwälte mit Tätigkeitsschwerpunkten im Insolvenzrecht (71 Prozent unter 50 Jahre in der Gesamtanwaltschaft sind dies 49 Prozent), im Recht des geistigen Eigentums (69 Prozent), im Medizinrecht (66 Prozent) und im Wirtschaftsverwaltungsrecht (64 Prozent). Tätigkeitsschwerpunkt Erbrecht Bilanz- und Steuerrecht Gesellschaftsrecht Bau- und Architektenrecht Familienrecht Verwaltungsrecht / Öffentliches Recht Bank- und Kapitalmarktrecht Allgemeines Zivilrecht Handels- und Wirtschaftsrecht Versicherungsrecht Arbeitsrecht Strafrecht Miet- und Wohnungseigentumsrecht Verkehrsrecht 31% unter 50 Jahre 39% 41% 42% 43% 44% 47% 48% 49% 49% 52% 52% 54% 54% 50 Jahre und älter 69% 61% 59% 58% 57% 56% 53% 52% 51% 51% 48% 48% 46% 46% weniger als 10 Jahre 10 bis unter 20 Jahre 20 bis unter 30 Jahre 30 bis unter 40 Jahre 40 Jahre und länger 5% 14% 20% 23% Anwälte (9 Jahre). Freie Mitarbeiter haben im Schnitt eine 19jährige Berufserfahrung. Der relativ größte Anteil der Anwälte (37 Prozent) ist seit 10 bis 19 Jahren als Rechtsanwalt zugelassen. Ein Fünftel der Anwaltschaft hat eine Berufserfahrung von unter zehn Jahren, mit 23 Prozent haben etwas mehr Rechtsanwälte 20 bis 29 Jahre Berufserfahrung. Immerhin 14 Prozent verfügen über eine Berufserfahrung von 30 bis 39 Jahren. 40 Jahre und mehr sind 5 Prozent aller Rechtsanwälte zugelassen. Der Anteil von Anwälten mit Berufserfahrung unter zehn Jahren ist in überörtlichen Sozietäten etwas höher (30 Prozent) als in örtlichen Sozietäten (18 Prozent) und Einzelkanzleien (17 Prozent). Anwälte mit 30 Jahren und mehr Berufserfahrung arbeiten dagegen seltener in überörtlichen Kanzleien (12 Prozent) als in örtlichen Sozietäten (21 Prozent) und Einzelkanzleien (22 Prozent). Durchschnittlich die größte Berufserfahrung ist bei Einzelkanzleien und örtlichen Sozietäten zu finden (im Schnitt 20 Jahre), Anwälte in überörtlichen Sozietäten haben durchschnittlich 16 Jahre Berufserfahrung. Der Befund erklärt sich aus der Tatsache, dass die sog. leverage, also das Verhältnis von Partnern/Eigentümern zu Angestellten, in großen und dann häufig auch national oder international überörtlich strukturierten Kanzleien durch ei- 37% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abb. 4: Berufserfahrung der Rechtsanwälte Gesamtbetrachtung durchschnittliche Berufserfahrung in Jahren: 19 Aufsätze Sozialrecht 57% 43% Öffentliches Wirtschaftsrecht / Wirtschaftsverwaltungsrecht Medizinrecht / Gesundheitsrecht 64% 66% 36% 34% weniger als 10 Jahre Einzelkanzlei örtliche Sozietät überörtliche Sozietät 17% 18% Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 69% 31% 30% 36% Insolvenzrecht 71% 29% 10 bis unter 20 Jahre 37% Ges. 49% 51% 24% 39% 0% 20% 40% 60% 80% 100% 20 bis unter 30 Jahre 25% 20% Abb. 3: Alter der Rechtsanwälte nach Tätigkeitsschwerpunkt II. Berufserfahrung Die durchschnittliche Berufserfahrung eines deutschen Rechtsanwalts beträgt nach den Ergebnissen der Studie 19 Jahre. Partner und Miteigentümer haben durchschnittlich wesentlich mehr Berufserfahrung (21 Jahre) als angestellte 30 bis unter 40 Jahre 15% 16% 8% 7% 40 Jahre und länger 5% 4% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abb. 5: Berufserfahrung der Rechtsanwälte nach Kanzleityp (statistisch signifikanter Zusammenhang (p < 0.05)) Die Altersstruktur der deutschen Anwaltschaft Durchschnittsalter steigt, Kilian AnwBl 4 /

60 Anwaltsmarkt nen hohen Anteil jüngerer angestellter Berufsträger geprägt ist, die sich in der Regel in einem Wettbewerb um das Aufrücken in eine Partnerstellung befinden. Konzeptionell sind Karrierekonzepte in solchen Kanzleien zumeist darauf angelegt, dass nur ein kleiner Teil der Angestellten in der Kanzlei selbst einen entsprechenden Karrieresprung machen kann. Die Mehrzahl der jüngeren angestellten Anwälte wechselt nach einigen Jahren in kleinere Kanzleien oder gründet eine eigene Kanzlei. Daher ist die durchschnittliche Berufserfahrung der Berufsträger in überörtlichen Zusammenschlüssen geringer als in anderen Kanzleitypen. Nachteilig ist dies nicht, da in Kanzleien diesen Zuschnitts der einzelne Berufsträger in den Hintergrund tritt und sich die Wahrnehmung durch den Markt stärker an der Kanzleimarke oder prominenten älteren Partnern festmacht. Des Weiteren ergibt sich der Befund, dass Anwälte in generalistisch ausgerichteten Kanzleien durchschnittlich etwas mehr Berufserfahrung haben (22 Jahre) als Anwälte, die in Kanzleien anderer Ausrichtung arbeiten (19 Jahre). Anwälte in Kanzleien mit einer generalistischen Ausrichtung können mehrheitlich (53 Prozent) und signifikant häufiger als ihre Kollegen in spezialisierten Kanzleien (hier sind es 39 bis 41 Prozent) bereits auf 20 oder mehr Berufsjahre zurückblicken. Die Mehrheit der Rechtsanwälte aus spezialisierten Kanzleien verfügt über weniger als 20 Jahre Berufserfahrung (59 bis 61 Prozent je nach Art der Spezialisierung). Dies dürfte vor allem Ausdruck des die Anwaltschaft seit rund 25 Jahren stark prägenden Prozesses einer immer stärkeren fachlichen Spezialisierung und strategischen Fokussierung von Kanzleien sein: Jüngere Anwälte sind immer seltener in generalistisch ausgerichteten Kanzleien tätig, so dass die Gruppe der Generalisten immer stärker von älteren, berufserfahrenen Rechtsanwälten geprägt ist, deren Berufskarriere sich in generalistischer Tätigkeit entwickelt hat. Hier wird ein gegenläufiger Trend einsetzen, sobald diese Rechtsanwälte in großem Umfang in den Ruhestand treten. III. Ausblick Eine nähere Analyse der Alterstruktur (und der Berufserfahrung) der Anwaltschaft belegt ein kontinuierlich steigendes Durchschnittsalter der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zahl der Neuzulassungen wird sich der Alterungsprozess der Anwaltschaft intensivieren. Für die nachrückende Anwaltsgeneration ist eine zentrale Erkenntnis, dass das Durchschnittsalter von Rechtsanwälten mit Spezialisierung auf ein bestimmtes Rechtsgebiet sehr unterschiedlich ist, so dass der kurz- und mittelfristige Ersatzbedarf und damit die beruflichen Potenziale für Berufseinsteiger in einigen Rechtsgebieten deutlich größer sind als in anderen. Besonders großer Ersatzbedarf wird im Erbrecht, Steuerrecht, Gesellschaftsrecht und dem Bau- und Architektenrecht bestehen. Deutlich jünger und deshalb weniger Potenzial für nachrückende Anwälte haben Rechtsgebiete wie das Sozialrecht, Medizinrecht und das Geistige Eigentum sowie das Insolvenzrecht. Ein Grund hierfür liegt auch darin, dass in den meisten dieser Rechtsgebiete Frauen überdurchschnittlich stark vertreten sind, die im Durchschnitt sieben Jahre jünger als männliche Rechtsanwälte sind. In der Altersstruktur spiegelt sich auch der sukzessive Bedeutungsverlust generalistischer Anwaltstätigkeit wider: Rechtsanwälte, die nach eigenem Bekunden Generalisten sind, weisen ein höheres Durchschnittsalter auf als spezialisierte Rechtsanwälte. weniger als 20 Jahre 20 Jahre und länger Ø generalistische Ausrichtung 47% 53% 22 J. Ausrichtung der Kanzlei spezialisierte Rechtsanwälte bearbeiten verschiedene Rechtsgebiete Spezialisierung auf bestimmtes Rechtsgebiet Spezialisierung auf Zielgruppe 59% 61% 59% 41% 39% 41% 19 J. 19 J. 19 J. Prof. Dr. Matthias Kilian Der Autor ist Direktor des Soldan Instituts. Er lehrt und forscht an der Universität zu Köln. Leserreaktionen an Gesamt 57% 43% 19 J. 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abb. 6: Berufserfahrung der Rechtsanwälte nach Spezialisierung (statistisch signifikanter Zusammenhang (p < 0.05)) 410 AnwBl 4 / 2017 Die Altersstruktur der deutschen Anwaltschaft Durchschnittsalter steigt, Kilian

61 Bücherschau Bücherschau Sozietätsrecht Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln 1 Die Vermarktung angestellter Rechtsanwälte und freier Mitarbeiter als Sozien, von Bürogemeinschaften als Sozietäten ist seit Langem ein endemisches Problem der Anwaltschaft so werden nach einer Studie des Soldan Instituts sieben von zehn angestellten Junganwälten von ihren Arbeitgebern in einer Weise vermarktet, die sie dem Risiko einer Haftung als Scheingesellschafter aussetzt. David Markworth hat dieses Phänomen zum Anlass seiner umfassenden Untersuchung Scheinsozius und Scheinsozietät genommen. Die Studie gliedert sich in vier große Teile: Ein erster Teil enthält die notwendigen Grundlegungen und erörtert die Rechtsscheinhaftung als allgemeinen Rechtsbegriff, den Sozietätsbegriff und die Begrifflichkeiten Scheinsozietät und Scheinsozius (mit einer Kategorisierung, wie es in der Praxis zu Scheinsozietäten und zur Stellung als Scheinsozius kommen kann). Auf mehr als 200 Seiten werden sodann die Grundlagen der Rechtsscheinhaftung in der Sozietät ausführlich erläutert, während kürzere Kapitel den Rechtsschein und die PartG sowie die werbe- und wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Scheinsozietät untersuchen. Markworth kritisiert, dass die Rechtsscheinhaftung im Falle von Rechtsanwälten längst ihre dogmatischen Wurzeln verlassen hatte und entgegen ihrer Konzeption nicht mehr dem Schutz eines konkreten Vertrauens diene, sondern als ein das Wettbewerbsrecht ersetzendes Sanktionsinstrument fungiere. Er plädiert Scheinsozius und Scheinsozietät: Die Auswirkungen des Rechtsscheins in GbR und PartG David Cassian Markworth, Carl Heymanns Verlag, Köln 2016, 474 S., ISBN, Euro. fordert er die Rechtsprechung zum UWG zu einer Neubewertung auf, da der Rechtsschein zwingend irreführend sei und das gegenteilige Ergebnis nur durch einen unzulässigen Verzicht auf ein Kausalitätserfordernis bewirkt werde. Eine sehr sorgfältige Untersuchung zu einem wichtigen Gegenwartsproblem der Anwaltschaft, vor dem verbreitet die Augen verschlossen werden. 2 Elisabeth Wimmer hat in ihrer Dissertationsschrift Gesellschaftsformen für Freiberufler im Vergleich eine tour d horizon des Gesellschaftsrechts der freien Berufe unter Konzentration auf haftungsrechtliche Fragestellungen unternommen. Angesichts der Vielzahl sozietätsrechtlicher Promotionsprojekte, die es in den letzten 20 Jahren zu verzeichnen galt, bietet die Arbeit daher vor allem eine systematische Bestandsaufnahme des Status Quo. Einzelne Kapitel befassen sich mit der GbR, der PartG, den Personenhandelsgesellschaften, der LLP und den Kapitalgesellschaften. Besonderes Augenmerk richtet Wimmer auf die PartGmbB, in der sie zwar einen Schritt in die richtige Richtung sieht, die sie aber nicht als gleichwertige Alternative zur LLP erachtet. Sie stellt die Hypothese auf, dass die GmbH & Co. KG für die Berufe, denen diese Personenhandelsgesellschaft nicht offen steht, möglicherweise die sinnvollere Alternative zur LLP gewesen wäre als die PartGmbB. Im Hinblick auf Restrisiken bei der Beurteilung der Haftungsverfassung der LLP rät sie aus Gründen der Rechtssicherheit zur Nutzung der PartGmbB. De lege ferenda fordert Wimmer eine Angleichung der Mindestversicherungssummen für Berufsträger und zugelassene Gesellschaften, die zügige Umsetzung der Vorgaben des BVerfG zu den Mehrheitserfordernissen in Kapitalgesellschaften und die gesetzliche Regelung der Anwalts- Gesellschaftsformen für Freiberufler im Vergleich unter besonderer Berücksichtigung der Haftungssituation und der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bei Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern Elisabeth Wimmer, Deutscher Anwaltverlag, Bonn 2016, 313 S., ISBN , 48,50 Euro. daher dafür, die aktuell vorherrschende, dogmatisch unvertretbare Auffassung zur Reichweite der Rechtsscheinhaftung zu modifizieren. Er wendet sich gegen die im Schrifttum vertretene Kodifikation eines abstrakten Vertrauensschutzes und für eine Einschränkung der Rechtsscheinhaftung durch eine Rückbesinnung auf die strengen Rechtsscheingrundsätze, insbesondere durch ein enges Verständnis der Anforderungen an die Rechtsscheingrundlage. Allerdings will Markworth dies nicht als Wohltat für die Anwaltschaft verstanden wissen: Eine Einschränkung der Rechtsscheinhaftung würde zugleich eine umfassende Sanktionierung der Rechtsscheinvermittlung durch das allgemeine Wettbewerbsrecht und das anwaltsspezifische Werberecht ermöglichen. Markworth fordert ergänzend eine Adressierung des Problems in einem aus seiner Sicht zu schaffenden soft law (ethische Standards). Er hält aber auch Änderungen im Berufsrecht selbst für angezeigt: So sei 10 BORA, der der Benennung von Scheinsozien Vorschub leiste, abzuschaffen und stattdessen ein Kanzleiregister zu etablieren und über ein Verbot der Rechtsscheinvermittlung nachzudenken. Zudem AG. Hinsichtlich der KG verlangt Wimmer eine gesetzliche Klarstellung in WPO und StBerG, dass für die Eintragungsfähigkeit ausreichen müsse, wenn überhaupt (und nicht überwiegend) Treuhandtätigkeit entfaltet wird. Zudem plädiert Wimmer für eine Öffnung der KG auch für Rechtsanwälte. Mit Blick auf die PartGmbB schlägt Wimmer eine Fortentwicklung dieser zu einer PartGmbH vor und spricht sich gegen eine Mindestkapitalisierungspflicht für diese aus. Hinsichtlich der Besteuerung soll diese PartGmbH wie eine Personengesellschaft zu besteuern sein. 3 Federführend in der Diskussion über das Gesellschaftsrecht der freien Berufe ist traditionell die Anwaltschaft, was bisweilen wie jüngst bei der Diskussion um die PartGmbB zu der Anmutung führt, dass ein Sonderrecht für Rechtsanwälte kreiert wird. Hilfreich ist daher, wenn sich auch die anderen freien Berufe vernehmlich äußern. Die Steuerberater haben dies jüngst mit dem Band Quo Vadis Freiberuflergesellschaft? getan, der die Ergebnisse der Berufsrechtstagung des Instituts der Steuerberater aus dem Jahr 2015 dokumentiert. Riedlinger als Präsident der BStBK ver- Bücherschau, Kilian AnwBl 4 /

62 Bücherschau Quo Vadis Freiberuflergesellschaft DWS Institut (Hrsg.), DWS Verlag, Berlin 2016, 96 S., ISBN , 12 Euro. Interdisziplinäre Rechtsanwaltsgesellschaften? Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit Interdisziplinäre Rechtsanwaltsgesellschaften Friedrich Rüffler/Christoph Müller, MANZ Verlag, Wien 2016, 68 S., ISBN , 22,80 Euro. neint in seinem Beitrag die Frage, ob eine Steuerberatungsgesellschaft auch ohne einen Steuerberater in der Geschäftsführung zulässig sein kann, da eine Bezeichnung als Steuerberatungsgesellschaft ohne Steuerberater im Leitungsorgan irreführend wäre. Im Zentrum des Bands steht ein ausführlicher Beitrag von Kluth, der die aktuelle Rechtsprechung zur interprofessionellen Freiberuflergesellschaft und und ihre möglichen Folgen für die Freien Berufe aufzeigt. Er prognostiziert eine grundlegende Veränderung der Freiberuflergesellschaft. Er plädiert für eine Öffnung für die Zusammenarbeit mit anderen Professionen mit Hilfe der Konzepte der multiprofessionellen Berufsgesellschaft oder der Freiberuflergesellschaft ohne Denomination. Kluth verbindet dies mit der Hoffnung, dass eine solche Entwicklung dazu beitragen könnte, die gemeinsamen Mindeststandards der reglementierten freien Berufe wieder deutlicher herauszuarbeiten, so dass das Konzept des Freien Berufs gestärkt werden könnte. Dokumentiert ist zudem eine Podiumsdiskussion zum Generalthema. 4 Einen interessanten Ansatz hat der österreichische Rechtsanwaltskammertag für die Auseinandersetzung mit einer berufspolitischen Herausforderung gewählt er hat ein wissenschaftliches Gutachten beauftragt, das Friedrich Rüffler und Christoph Müller mit dem Titel Interdisziplinäre Rechtsanwaltsgesellschaften? veröffentlicht haben. Es kommt für Österreich zu dem Ergebnis, dass die reine Kapitalbeteiligung mit anwaltlichen core values unvereinbar sei und auch die Beteiligung von Gewerbetreibenden und anderen freien Berufen massiv anwaltliche Grundwerte gefährde: Gesellschaftsrechtliche Schutzmaßnahmen seien unpraktikabel, weil zahlreiche anwaltstypische Verbote auf den anwaltsfremden Bereich erstreckt werden müssten. Unionsrechtliche Bedenken haben die Verfasser nicht, sie halten die Wouters-Entscheidung für einen hinreichenden Schutz gegen Deregulierungstendenzen. Die Erfahrungen in England sehen sie als Bestätigung für ihre skeptische Sicht: Die Einführung von ABS hätte dort nicht Vorteile für Verbraucher bewirkt, erhebliche Bürokratie mit sich gebracht und zu unerwünschten Aktivitäten der Versicherungswirtschaft geführt. 5 Christopher Kühn hat sich in seiner betriebswirtschaftlichen Studie Corporate Entrepreneurship in Professional Service Firms mit der Fragestellung befasst, wie in Wirtschaftsprüfungs- und Anwaltskanzleien auf individueller und organisationsbezogener Ebene internes Unternehmertum unterstützt und umgesetzt wird. Als umfassende wissenschaftliche Studie legt das Werk zunächst intensiv theoretische Grundlagen: Es arbeitet die Charakteristika von Professional Service Firms heraus, zum Beispiel durch Analyse von Hierachie- und Organisationsstrukturen und von Dienstleistungs- und Prozessinnovationen, gefolgt von Betrachtungen zu den Ansätzen unternehmerischen Handelns in Unternehmen (etwa durch Intrapreneurship und Mitunternehmertum). Auf der Basis dieser Grundlegungen entwickelt Kühn sodann ein Forschungsdesign, das auf sechs Fallstu- Corporate Entrepreneurship in Professional Service Firms: Eine Fallstudienuntersuchung von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Anwaltskanzleien Christopher Kühn, Spinger Gabler, Wiesbaden 2016, 533 S., ISBN , 79,99 Euro. dien und semi-strukturierten Experteninterviews mit mehr als 40 Führungskräften und Funktionsträgern beruht. Kühn arbeitet heraus, dass häufig Unternehmertum eingefordert wird, ohne dass im Unternehmen selbst begriffliche Klarheit herrscht, was darunter zu verstehen ist und welche konkreten Erwartungen bestehen. Auch fehlt es häufig an adäquaten Prozessen der Potentialerkennung im Sinne eines gezielten Vorgehens zur Identifikation junger, unternehmerisch denkender Mitarbeiter. Die sog. Innovativeness wird nach Kühns Erkenntnissen häufig dadurch behindert, dass es an bottom-up-innovationsinitiativen fehle, die es jungen Berufsträgern erlauben, sich mit Ideen einzubringen die Entwicklung neuer Konzepte sei zu häufig Partnersitzungen vorbehalten, in denen junge Professionals nicht zugegen seien. Ein Problem sei auch, dass nur Partnern zeitliche Freiräume für die Entwicklung von Ideen und Konzepten eingeräumt sind, während sich kreative jüngere Berufsträger in ein enges Korsett von Vorgaben zu abrechenbaren Stunden und Aufgabenerledigungen eingebunden sehen. Erforderlich seien auch Modifikationen von Lock-Step-Systemen, um Innovationsfreude durch die Honorierung von Bemühungen zur Unterstützung anderer bzw. der Kanzlei als solcher zu verbessern. Das Resümee? Wie immer ist es reizvoll, wenn andere Wissenschaftsdisziplinen die Rechtsanwaltschaft beleuchten und ihr gleichsam den Spiegel vorhalten nicht zuletzt, weil Rechtsanwälte berufsbedingt zu der irrigen Meinung neigen, von allem Ahnung zu haben. Jedenfalls in Sachen corporate entreneurship ist dies aber offensichtlich nicht so. Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln Der Autor ist Inhaber der Hans-Soldan-Stiftungsprofessur an der Universität zu Köln und Direktor des Soldan Instituts. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 412 AnwBl 4 / 2017 Bücherschau, Kilian

63 414 Die Pro-bono-Arbeit wird professioneller: Zum Wohle der Allgemeinheit Corinna Budras, Frankfurt am Main Pro bono ist mehr als Prozesskosten- und Beratungshilfe. Immer mehr Anwaltskanzleien helfen dort umsonst, wo Rechtsrat fehlen würde. Die berufsrechtliche Grauzone wird immer weißer, weil es eigentlich keinen Gemeinwohlzweck gibt, Pro-bono-Arbeit zu verbieten. Magazin 418 Rechtsanwältin Reyhan Akar: Die kann was Jochen Brenner, Hamburg (Text) und Franz Brück, Berlin (Fotos) Als Einzelanwältin erfolgreich? Geht das denn überhaupt noch? Reyhan Akar hat ihre Kanzlei in Bad Homburg gegründet, macht Arbeits- und Gesellschaftsrecht und ist erfolgreich, weil sie anwaltlichen Ethos und Dienstleistungsmentalität vereint. Ihr Rezept: Der Verzicht auf jeden Standesdünkel. 424 Berufsrecht 2020 Was steht auf dem Wunschzettel? Rechtsassessorin Jessika Kallenbach, Berlin Der Wunschzettel wurde im Laufe der Jahrestagung des Kölner Instituts für Anwaltsrecht immer länger. Denn deutlich wurde schon im Dezember 2016: Die kleine BRAO-Reform am 8. März 2017 endlich im Rechtsausschuss des Bundestags beschlossen ist so klein, dass der Handlungsbedarf bleibt. 427 Die Anwaltschaft braucht die große BRAO-Reform Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltverein Ganz oben auf dem Wunschzettel für eine große BRAO-Reform steht beim Deutschen Anwaltverein eine moderne Regelung zur interprofessionellen Zusammenarbeit. Warum das weitgehende Verbot in der BRAO ein Bremsklotz für die Anwaltschaft ist, erläutert der DAV-Präsident.

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65 Zum Wohle der Allgemeinheit Die Pro-bono-Arbeit der Kanzleien wird immer professioneller: Grund dafür sind die Amerikaner und die Flüchtlingskrise Corinna Budras, Frankfurt am Main Dem Gemeinwohl dienen: Für viele Anwältinnen und Anwälte ist diese Aufgabe schon erfüllt, wenn sie ihre Mandate professionell bearbeiten. Doch immer mehr Anwaltskanzleien reicht das nicht mehr. Sie arbeiten dort umsonst, wo Rechtsrat sonst fehlen würde. Der 27. Januar 2017, das lässt sich vermuten, war ein ganz normaler Arbeitstag für die Anwälte von Mayer Brown bis Donald Trump seine Bombe platzen ließ: Mit einem seiner inzwischen schon berüchtigten Erlässe ordnete er an jenem Freitag den sofortigen Einreisestopp für Bürger aus sieben muslimisch geprägten Ländern an. Es dauerte nicht lange, bis sich Chaos an den Flughäfen im ganzen Land ausbreitete. Während in den darauffolgenden Tagen Tausende Demonstranten ihren Protest lautstark in die Straße trugen, leisteten die Wirtschaftsanwälte hinter geschlossenen Türen Widerstand. Zwei Brüder aus dem Jemen waren am Samstag nichtsahnend am Flughafen in der Nähe der amerikanischen Hauptstadt Washington angekommen und wurden dort festgehalten, ihre Visa für ungültig erklärt. In Windeseile sammelten die Anwälte Fakten und juristischen Argumente zusammen und reichten zusammen mit der gemeinnützigen Organisation Legal Aid Justice Centre Klage ein. Doch die Entscheidung in dem Eilverfahren war noch nicht getroffen, da schufen die amerikanischen Behörden schon Fakten: Sie wiesen die beiden Brüder aus; mehr als eine Woche mussten die beiden an Flughäfen in Äthiopien und Dschibuti ausharren, bis Mayer Brown ihre Rückkehr in die Vereinigten Staaten durchsetzen konnte. Für ihre Arbeit, mag sie auch noch so aufwendig gewesen sein, hat die Kanzlei keinen Cent erhalten. Und das wäre auch absolut unüblich. Denn solche Aufgaben erledigen Anwälte pro bono publico, wie es so schön heißt: zum Wohle der Öffentlichkeit. Mayer Brown, so formuliert es die Kanzlei nicht ohne Stolz, hat eine lange Tradition, Einwanderer und Asylbewerber mit Pro-bono-Tätigkeit zu unterstützen. Es ist kein Zufall, dass solche aufsehenerregenden, Mandate wie im Fall der jemenitischen Brüder vor allen Dingen aus Amerika zu berichten sind. Das liegt nicht nur an dem eigenwilligen amerikanischen Präsidenten, der im Weißen Haus seit Mitte Januar das Sagen hat. In Amerika gehört die Pro-bono-Arbeit schon lange nicht nur zum guten Ton, sondern ist Teil der Geschäftsstrategie von Anwaltskanzleien. Wer Mandate akquirieren will, muss sein soziales Gewissen unter Beweis stellen. Das amerikanische Pro-bono-Institut fordert die Kanzleien geradezu heraus: Von den durchschnittlich billiable hours pro Anwalt und Jahr sollen drei Prozent in die gemeinnützige Arbeit fließen, das sind 60 Stunden im Jahr. Dazu haben sich inzwischen viele Kanzleien selbst verpflichtet. Magazin Aus Privatvergnügen wird koordinierte Anwaltshilfe Von so viel Selbstzwang sind die deutschen Kanzleien weit entfernt. Doch das heißt noch lange nicht, dass den Sozietäten das Konzept hier fremd wäre, im Gegenteil. Von beeindruckender Pro-bono-Arbeit lässt sich auch hierzulande berichten. Anwälte haben sich schon immer sozial engagiert, haben Ehrenämter übernommen, an Weihnachten Geld gesammelt oder ihrem lokalen Tierschutzverein mit Rechtsrat ausgeholfen. Doch das war stets eher Privatvergnügen und geschah weitaus unkoordinierter und zufälliger als bei den amerikanischen Kollegen. Denn lange Zeit machte das Berufsrecht allzu viel unentgeltliches Engagement zunichte. AnwBl 4 /

66 Report Früher gab es bei der Probono-Arbeit oft die Gefahr, dass sie zerfasert, das hatte immer etwas von Jugend forscht. Doch dazu ist die Arbeit zu wichtig. Hubertus Kolster, Managing Partner, CMS Hasche Sigle So ist es, wenn sich der Staat um alles kümmert: Er sichert in Deutschland den Zugang zum Recht. Er zahlt Beratungs- und Prozesskostenhilfe, damit sich die Mandanten ihren Anwalt auch leisten können. Damit soll der Rechtssuchende vor Dumpingpreisen geschützt werden, die in den Augen des Gesetzgebers zwangsläufig zu einem Qualitätsverfall führen. Und mancher Anwalt befürchtet noch immer, dass ihm durch allzu viel soziales Engagement wohlhabender Kollegen die Geschäftsgrundlage entzogen wird. Diese Gemengelage macht das Angebot in Deutschland übersichtlicher; im Mittelpunkt steht nicht die alleinerziehende Mutter, die wegen eines Ladendiebstahls den Knast fürchten muss. Stattdessen geht es um die Identifizierung von Regelungslücken, in denen sich Pro-bono-Anwälte austoben können. Wir haben Mandate im Fokus, für die es keinen Markt gibt, sagt Christian Bunsen, Partner der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer und Gründungsmitglied des Vereins Pro Bono. Das allerdings führt zu einem Paradox: Die wenigen, die hierzulande durchs Raster fallen, die keinen Anspruch auf Beratungs- und Prozesskostenhilfe haben, haben großes Glück: Sie bekommen exzellenten Rechtsrat kostenlos. Denn es tut sich etwas in Deutschland. In den vergangenen Jahren hat sich die Pro-bono-Tätigkeit in den Kanzleien gehörig verändert und professionalisiert. Schon an den Universitäten sehen Jurastudenten die gute Arbeit, die law clinics leisten können. Es hat sich eine Infrastruktur entwickelt, die Anfragen bündelt und weiterleitet, zum Beispiel die Vermittlungsplattformen Proboneo. Seit nunmehr sechs Jahren gibt es den gemeinnützigen Verein Pro Bono e.v. Für inzwischen 40 Mitgliedskanzleien, vom kleinen Einzelanwalt über mittelständische Kanzleien wie Schalast bis hin zu internationalen Großkanzlei wie Mayer Brown oder Freshfields, bietet er eine Plattform für gegenseitigen Rat und gemeinsame Lobbyarbeit. Alle vier bis sechs Wochen trifft sich der Vorstand in Frankfurt. Das Engagement nimmt aber auch noch andere Formen an: Mit CMS Hasche Sigle hat im November erstmals eine Kanzlei eine eigene Stiftung gegründet, die all ihre Aktivitäten unter einem Dach bündelt. Das Berufs- und Vergütungsrecht mit der Grauzone leben alle Die neue Professionalität mag daran liegen, dass das strenge Berufsrecht gelockert wurde, auch wenn noch einiges im Unklaren bleibt, wie die heutige Freshfields-Anwältin Borbála Dux vor einigen Jahren in ihrer Dissertation darlegte (lesenswerte Zusammenfassung: Dux, AnwBl 2011, 96). Die Rechtsanwaltskammern jedenfalls hüten sich davor, dem erwünschten sozialen Engagement allzu viele Steine in den Weg zu legen. Wirklich vorangetrieben haben das Thema allerdings all die angloamerikanischen Kanzleien, die sich hier niederlassen und eine regelrechte Kultur eines Pro-bono-Wettbewerbs etablieren. Mit einer Pro-bono-Week und Newslettern lockt das Management die Juristen in die gemeinnützige Arbeit. Zwanzig Stunden pro Jahr sollten sie leisten, das wird zwar nicht verlangt, aber doch erwartet. Und das wird nicht nur mit einem freundlichen Händedruck belohnt. Bei der Kanzlei Latham & Watkins, bekommen alle diejenigen, die dieses Soll erfüllen, einen Aufkleber auf das Büroschild, wer mehr als 60 Stunden leistet, erhält eine kleine Trophäe. Und in der Regel werden die Arbeitsstunden der Associates, die für die Pro-bono-Tätigkeit draufgeht, eins zu eins als billable hours gewertet, die als Grundlage für den Jahresbonus dienen. Die Flüchtlingskrise zeigt: Nicht jeder kann sein Recht bekommen Einen großen Schub, das kam noch hinzu, hat die Flüchtlingskrise gebracht, die im vergangenen Jahr das Land beschäftigte. Auf einmal war die Not nicht nur groß, sondern ganz nah. Das hat viele aufgescheucht, auch die Anwälte. Viele Flüchtlinge standen ohne Papiere vor einem Berg komplexer rechtlicher Fragen, da können selbst Anwälte helfen, die sich normalerweise durch die Niederungen des Aktienrechts wühlen. Sie haben jetzt Gelegenheit, einen Flüchtling zu einer Anhörung zu begleiten und können sehen, welchen Unterschied sie dabei machen können. 416 AnwBl 4 / 2017

67 Report Auch der Deutsche Anwaltverein betreibt zusammen mit dem Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) auf der griechischen Insel Lesbos eine law clinic, die die Flüchtlinge dort mit kostenlosem Rechtsrat versorgt. Die Flüchtlingskrise hat der Pro-bono-Tätigkeit einen enormen Impuls gegeben, sagt Peter Braun, Partner der Kanzlei Dentons und Vorstandssprecher von Pro Bono. Besonders engagiert sind übrigens nicht diejenigen, die sich auf der Suche nach dem Sinn des Arbeitslebens in die Pro-bono-Arbeit flüchten, um nicht länger dröge Vertragstexte glätten zu müssen. Oft sind es immer die gleichen, die in den späten Abendstunden nach ihrer Großfusion auch noch den Antrag für ihre Lieblings- NGO beackern. Die meiste gemeinnützige Arbeit, so hört man immer wieder, leisten die Steuerrechtler in den Kanzleien, sie kommen mitunter auf mehrere Hundert Pro-Bono-Stunden im Jahr. Meist geht es um die Gründung von gemeinnützigen Vereinen, bei der viel zu berücksichtigen ist. Nichtregierungsorganisationen sind die Hauptauftraggeber für diese Arbeit, schon um den Kollegen von der Einzelkanzlei um die Ecke nicht ins Gehege zu kommen. Ob Amnesty International, Welthungerhilfe oder Transparancy International für sie fertigen die Anwälte umfangreiche rechtsvergleichende Gutachten, bauen komplizierte grenzüberschreitende Organisationsstrukturen oder bieten ganz handfeste Unterstützung: Linklaters zum Beispiel überlässt der Nichregierungsorganisation Ashoka Räume in seinem Münchner Büro. Magazin Corinna Budras, Frankfurt am Main Die Autorin arbeitet als Wirtschaftsredakteurin bei der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.). Leserreaktionen an anwaltverein.de. Wer wirklich pro bono arbeitet, nimmt kein Geld Der kleine Mann, die kleine Frau auf der Straße hat jedoch anders als in Amerika nicht viel von der Pro-bono-Tätigkeit der teuren Anwälte. Das hat System. Viele Anfragen müssen wir von vorneherein ablehnen, weil die Mandanten anderweitig Rechtsrat bekommen würden, sagt Mathias Fischer von Latham & Watkins. Wenn ratsuchende Bürger bei ihm anrufen, und das passiert häufig, muss er sie oft erst einmal an die Gerichte oder an die Rechtsberatungsstellen verweisen. PKH-Fälle selbst sucht man in den großen Wirtschaftskanzleien vergebens. Dort verbietet es sich, für Pro-bono-Arbeit überhaupt Geld zu nehmen, selbst Kleckerbeträge. Die Begründung liegt auf der Hand: Weil man ansonsten in den Wettbewerb eingreifen würde, und dafür hüten sich die Elite-Advokaten wohlweislich. Womit wir bei einem Problem wären, das sich nur in einem Land mit einem soliden PKH-System wie in Deutschland stellt. Denn der Staat zahlt zwar, aber er zahlt nicht sonderlich viel. Und so kann es vorkommen, dass der Anwalt ein komplexes sozialrechtliches Problem für einen Lohn von 80 Euro beackern muss, und schon aus rein finanziellen Gründen nicht immer mit Verve in die Rechtsberatung stürzen kann. Die Großkanzleien mit ihrer effektiven Pro-bono-Arbeit und die Einzelanwälte mit ihren mühevollen PKH-Mandaten diese Diskrepanz hat auch CMS Hasche Sigle erkannt. Die Sozietät ist deshalb einen anderen, für die Branche ganz ungewöhnlichen Weg gegangen. Wir bearbeiten hochkarätige wirtschaftsrechtliche Mandate, für die wir überdurchschnittlich bezahlt werden, sagt der Managing Partner Hubertus Kolster. Auf der anderen Seite des Rechtsberatungsspektrums nehmen Rechtsanwälte viele Aufgaben wahr, die gesellschaftlich enorm wichtig sind, aber oft nicht gut genug bezahlt sind, um mit ausreichend Engagement erbracht zu werden. Dabei soll nun die Stiftung helfen, die die Kanzlei mit einem Startkapital von einer Million Euro ausgestattet hat, jedes Jahr sollen eine halbe Million dazu kommen. Damit will die Stiftung gemeinnützige Organisationen und Law Clinics finanziell unterstützen und bei der Weiterbildung von Beratungsstellen und Anwälten helfen. Doch sich nur auf der Stiftung auszuruhen, will auch CMS nicht. Auch dort sind die Anwälte gehalten, mitzumachen, bei der Beratung von Mietverträgen von Frauenhäusern oder bei der Gestaltung arbeitsrechtlicher Verträge. Früher gab es bei der Pro-bono-Arbeit oft die Gefahr, dass sie zerfasert, das hatte immer etwas von Jugend forscht, sagt CMS-Partner Kolster. Doch dazu ist die Arbeit zu wichtig. AnwBl 4 /

68 Die kann was Text: Jochen Brenner, Hamburg Fotos: Franz Brück, Berlin Rechtsanwältin Reyhan Akar

69 Anwaltsköpfe Einzelanwältin zu sein, ist für Reyhan Akar eine Berufung. Der Beitrag ist zuerst im November 2016 im Heft 2/2016 (Wintersemester) von Anwaltsblatt Karriere erschienen. Anrufe, Schriftsätze, Rechnungen, Terminsachen: Reyhan Akar erledigt alles selbst. Weil sie es so will. Früh in ihrer Karriere hat sie sich für den Beruf der Einzelanwältin entschieden. Und verteidigt den Job leidenschaftlich gegen seinen schlechten Ruf. Als der Brief aus Karlsruhe auf ihrem Schreibtisch landet, triumphiert Reyhan Akar. Sie hat es geschafft. In dem Schreiben des Bundesgerichtshofs geht es um Einzelheiten ihres Falls, den ihre Kanzlei betreut, auf ihre Verantwortung. Das oberste deutsche Gericht tauscht sich mit ihr aus. Für einen Moment erinnert sich Reyhan Akar an ihre Kindheit, als sie 13 Jahre alt ist und ein aufgewecktes türkisches Mädchen aus Frankfurt-Rödelheim. Damals, Ende der 1980er, beginnt ihre juristische Karriere. So erzählt Reyhan Akar heute ihre Geschichte. Sie sitzt hinter dem mächtigen Schreibtisch ihrer Kanzlei in Bad Homburg, draußen lärmen die Vögel im nahegelegenen Kurpark, die Sonne fällt in den hellen Raum einer repräsentativen Altbauetage. Seit ich ein kleines Mädchen war, war ich die Anwältin meiner Familie, sagt sie. Bis ich hier sitzen konnte und die Chefin meiner eigenen Kanzlei wurde, war es ein ziemlich langer Weg. Was sie dann erzählt, ist die Geschichte eines Mädchens, das als Kind türkischer Gastarbeiter Stufe für Stufe einer Treppe erklomm, die sie von einer Hochhaussiedlung bis in die ehrwürdige Kaiser-Friedrich-Promenade in Bad Homburg führte. Der Brief vom BGH war deshalb so etwas wie ein Treppenabsatz, den Akar nie zu erreichen glaubte. Mit dreizehn übersetzt sie zum Beispiel die Kreditgespräche der Eltern bei der Bank. Mein erster Fall im Wirtschaftsrecht, sagt Akar. Als ihr Vater später einen Arbeitsunfall erleidet er arbeitet, wie die Mutter, über Jahrzehnte Vollzeit als Fabrikarbeiter besucht ein fremder Mann die Familie und bietet eine Abfindung an. Das Geld reicht uns doch nur bis übermorgen, habe ich ihm gesagt und ihn weggeschickt, sagt sie. Der Mann wollte, dass mein Vater einen Auflösungsvertrag unterschreibt. Heute gehört Arbeitsrecht zu meinen Spezialgebieten. Akars Leben quillt über vor solchen Geschichten. Da ist der Gymnasialrektor, der die damals 10-jährige Reyhan fragt, ob sie sich das Gymnasium wirklich zutraut. Dann aber gibt es auch die Grundschullehrerin, die ihr Mut macht. Mit 16 besorgt sich Reyhan Akar damals noch türkische Staatsbürgerin eine Arbeitserlaubnis und fängt bei Rewe an der Kasse an. Bis der Marktleiter sie schließlich die Abrechnung machen lässt, weil er merkt: Die kann was. Talent ist Reyhan Akars Rettung. Talent in der Schule, Talent im Sport, als Studentin spielt sie Volleyball in der 2. Bundesliga. Talent mit Menschen. Talent im Glücklichsein. Lachen alle Menschen so viel wie ich?, fragt sie irgendwann mitten im Gespräch. Als Kind, erzählt sie, wollte sie Klavier lernen. Ging nicht, das Geld war zu knapp, der Vater hatte schon einen zweiten Job, um die Klassenreisen seiner drei Kinder zu bezahlen. Seit vergangenem Jahr steht ein Klavier in Akars Haus, einmal in der Woche kommt eine Lehrerin zum Unterricht. Das war noch längst nicht alles ist mein Lebensmotto, sagt sie, es ist nie zu spät anzufangen. Heute weiß Akar, dass sie sich schon als Kind eine Fähigkeit aneignete, die Psychologen Resilienz nennen, eine Art Widerstandsfähigkeit der Psyche. Ich musste früh viele Bälle gleichzeitig in der Luft halten, Verantwortung übernehmen und trotzdem Kind sein. Das war mitunter ziemlich stressig. Reyhan Akar hat lange überlegt, ob sie in einem Porträt ihre Geschichte erzählt wissen möchte. Vom türkischen Mädchen aus Frankfurt-Rödelheim zur gutverdienenden Anwältin in Bad Homburg, mit Eigenheim, großem Wagen und ein paar teuren Urlauben im Jahr. Das allerletzte, was ich brauche, ist Mitleid, sagte sie, als sie schließlich einwilligte. Meine Mandanten messen mich an meinen Fähigkeiten als Wirtschaftsanwältin. Mein Lebensweg interessiert sie gottseidank nicht, sagt Akar, aber wer verstehen will, wie ich zu dem Menschen wurde, der ich heute bin, der muss die Umstände kennen. Nach dem Abitur schreibt sie sich an der Universität Frankfurt für Jura ein, als Teilzeitstudentin. Nebenbei arbeitet Akar erst weiter im Supermarkt, in einem Callcenter und schließlich als Assistentin in der Schadensregulierung der Allianz. Daneben ist sie noch Jugendtrainerin ihres Volleyballvereins. Ich hatte schon früh ein ordentliches Pensum. Das hilft mir heute auch als Einzelanwältin, sagt sie. Der Job ist nichts für Schwächlinge. Nach dem vierten Semester bittet ihr Zivilrechtsprofessor die junge Studentin zu sich an den Lehrstuhl. Ob sie Lust hätte, mitzuarbeiten? Schließlich standen 14 Punkte unter ihrer letzten Klausur im Kondiktionsrecht. Im Geist ging Akar ihre Magazin AnwBl 4 /

70 Anwaltsköpfe Ständige Erreichbarkeit ist Akars Markenzeichen finanziellen Verpflichtungen durch. Die Vergütung für studentische Mitarbeiter am Lehrstuhl hätte die Kosten ihres Lebensunterhalts bei weitem nicht gedeckt. Sie sagte ab. Ein Fehler, natürlich. Nicht der erste, nicht der letzte. Aber so war ich damals, sagt sie. In solchen Situationen hätte ich den Rat eines erfahrenen Menschen gebraucht. Bei der Vorbereitung aufs Erste Staatsexamen spürt Akar, dass sie zum ersten Mal an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gerät. Vorher hatte sie sich auf ihre schier unerschöpflichen Ressourcen verlassen, jetzt merkte sie: Das wird steinig. Ein privates Repetitorium kommt nicht in Frage, die Uni bietet nur mäßigen Ersatz. Wenn ich heute zweifle, sagt mein Mann, dass ich eine Langstreckenläuferin bin, erzählt Akar. Und so kämpft sie sich eisern über die Ziellinie. Erstes Examen, kurz Verschnaufen, Zweites Examen. Zulassung. Einatmen, ausatmen. Geschafft. Der harte Wettbewerb beim Berufseinstieg in die Anwaltschaft schreckt sie nicht ab. Selbstbewusst geht Akar ihren Weg. Beweisen muss sie sowieso niemandem mehr etwas. Also macht sie es kurz. Ich habe für die Examina selektiv gelernt. Und mir das dann zunutze gemacht. Bei Bewerbungen fügt sie einfach die Zettel bei, auf denen ihre Noten in den zivilrechtlichen Fächern stehen und die konnten sich in einer Welt, die sich stark über Examensnoten definiert, sehen lassen. Sie bewirbt sich ausschließlich in Kanzleien, die wirtschafts- und zivilrechtlich orientiert waren. Das Manöver funktioniert. Und die junge Rechtsanwältin heuert bald als Angestellte in einer mittelständischen Wirtschaftskanzlei in Bad Homburg mit damals drei Partneranwälten an. Zwei Jahre lang lernt sie das Geschäft von der Pike auf. Schriftsätze, Recherche, ein paar Termine. Aber an den Mandanten bin ich nicht so nahe rangekommen, wie ich es wollte, sagt sie. Schließlich merkt Akar, dass sie zu große Lust auf die erste Reihe hat, um weiter Angestellte zu sein. Und selbstbewusst denkt sie bei sich: Den Job kann ich auch alleine. Genau so macht sie es schließlich. Erst kurz als Untermieterin, schließlich in ihrem eigenen Büro in bester Bad Homburger Lage. Am Anfang habe ich meinen Mann gebeten, ab und an mal in der Kanzlei anzurufen, damit das Telefon klingelt. So spricht Akar über die ersten Wochen ihrer Selbständigkeit im Sommer Heute ist es eher die Ausnahme, dass das Telefon mal nicht klingelt. Über die Jahre hat sich Reyhan Akar einen Mandantenstamm aufgebaut, dem sie überwiegend im Handels-, Gesellschafts- und Arbeitsrecht ihre Dienste anbietet. 80 Prozent sind kleine und mittlere Unternehmen, ein paar Große finden sich darunter, und die übrigen kommen als Privatpersonen zu ihr. Meine Mandanten sind mein Schatz. Ganz überwiegend ist die Akquise ein Empfehlungsgeschäft. Ich bin stolz darauf, dass die Fluktuation bei mir gegen Null geht. Wer Reyhan Akar mit Mandanten erlebt, lernt eine Frau kennen, deren Freude am Beruf noch den hochnäsigsten Kommentar im Schriftsatz der Gegenseite neutralisiert. Sie empfängt ihre Klienten persönlich an der Tür, führt sie in ihr Büro, 420 AnwBl 4 / 2017

71 Anwaltsköpfe 1976 Geboren in Frankfurt 1995 Abitur auf dem Liebiggymnasium in Frankfurt 1995 bis 2006 Studium (erstes Staatsexamen) an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt am Main 2005 Heirat 2006 bis 2008 Referendariat (Stammdienststelle Landgericht Gießen) November 2008 Zweites Staatsexamen April 2009 Zulassung zur Anwaltschaft 2008/2009 Fachanwaltslehrgang für Arbeitsrecht Ab 1. Juli 2009 angestellte Rechtsanwältin in einer mittelständischen wirtschaftsrechtlich orientierten Kanzlei in Bad Homburg redet in ihrem sanften Hessisch auf sie ein und kommt dann schnell zur Sache. Mir macht das keinen Spaß, wenn Rechtsanwälte in Schriftsätzen so sehr drohen, sagt sie zu ihrer Mandantin, einer Unternehmerin aus der Region, ich erkläre Ihnen das jetzt gerne, Sie müssen ja wissen, worum es geht. Die persönliche Beratung, das wird schnell klar, ist Akars große Stärke. Mensch, Frau Akar, was machen wir denn da?, sagt sie bisweilen in der dritten Person über sich Berufskrankheit der Einzelanwälte. Und als der Sachverhalt etwas unübersichtlich wird: Nun wird es zu meiner großen Freude juristisch etwas komplizierter. Wer Reyhan Akar zu seiner Rechtsanwältin macht, weiß genau, was er bekommt. Die Leute erreichen keine Assistentin oder Kollegen am Telefon, sondern immer persönlich mich. Die wissen, wann ich im Urlaub bin, wenn ich sie mal eine Stunde vertrösten muss oder vor Gericht bin. Totale Transparenz ist mein Geschäftsmodell, sagt Akar. Wenn sie Unterstützung braucht, holt sie qualifizierte Kollegen für die Mandatsbearbeitung mit ins Boot. So funktioniert es doch auch in den Großkanzleien. Die holen sich ihre Spezialisten einfach Inhouse dazu. Ich hingegen habe mir einfach ein wertvolles Netzwerk mit vielen anderen Einzelanwälten aufgebaut. Die ersten Aufträge der Kanzlei Akar waren nicht immer wirtschaftlich attraktiv. Akar hat sie trotzdem angenommen und gewissenhaft erledigt. Wer durch Leistung überzeugt und sich für die kleineren Aufträge am Anfang nicht zu fein ist und konstant gute Arbeitsergebnisse abliefert, wird früher oder später die Erfahrung machen, dass größere Aufträge folgen, sagt sie. Auch wirtschaftlich unattraktive Aufträge fördern immerhin die anwaltliche Berufserfahrung. Zu ihrem Erfahrungsschatz gehört inzwischen auch, dass es echte Pausen vom Job der Einzelanwältin für sie nicht gibt, nicht geben muss. Per oder per Handy bin ich permanent erreichbar, gerne auch unter der Palme am Urlaubsstrand. Mich stört das nicht und die Technik macht es möglich. Permanente Erreichbarkeit macht mich frei, sagt Akar. Der krampfhafte Versuch, Arbeit und Privatzeit zu trennen, mache unzufrieden und schade dem Geschäft, jedenfalls als Einzelanwalt in den Gründungsjahren. Wenn man gerne Unternehmen beraten möchte, dann halte ich eine solche Erreichbarkeit für unerlässlich. Nach fünf Jahren als Einzelkämpferin hat Reyhan Akar für sich ein persönliches Fazit gezogen, das sie jungen Absolventen gerne zurufen würde. Ich mache einen Job, der in vielem jedem anderen im Unternehmen oder einer Großkanzlei ähnelt. Viel Arbeit, viel Verantwortung, Überstunden, Akten lesen auch mal am Sonntag. Aber, sagt Akar, legt ihre Hand auf das schon wieder klingelnde Telefon, lächelt, Einzelanwalt zu sein, ist keine Notlösung, sondern eine Berufung. Magazin 2010/2011 Ausbildung bei der IHK Frankfurt zur Wirtschaftsmediatorin Sommer 2011 Kanzleigründung nach Eigenkündigung in Bad Homburg 2013 Fachanwaltslehrgang für Handelsund Gesellschaftsrecht Bis heute Einzelanwältin in Bad Homburg Ohne Akten geht es in einer Kanzlei nicht AnwBl 4 /

72 Report Hackathon für Legal Tech: Die Lösung denken Der Nachwuchs entwickelt und testet Innovationen einfach mal machen Nora Zunker, Berlin Was braucht man für eine zündende Legal Tech-Idee? Zunächst einmal eine gemeinsame Sprache. Dass diese tatsächlich gar nicht so schwer zu finden ist, wurde auf dem Berlin Legal Tech-Hackathon Anfang Februar deutlich. In einer Charlottenburger Wohnung trafen sich 100 Entwickler, Legal Engineers und Juristen, um bei einem Wettbewerb im Vorfeld einer Legal Tech-Konferenz gemeinsam den Rechtsdienstleistungsmarkt neu zu denken. Einen Legal-Tech Hackathon hat es so vorher noch nicht gegeben. Daher wussten viele der Teilnehmer zu Beginn des zweitägigen Events nicht, was von der Veranstaltung zu erwarten war. Trotzdem waren sie da, neugierig und bereit sich darauf einzulassen. Und genau das braucht man im Legal Tech-Bereich: Offenheit. Es geht nicht darum, bereits vorhandene Muster digital nachzubilden oder darum, die eigenen eingeschliffenen Methoden zu verteidigen. Ziel des Hackathons war es, sich gerade von der Andersartigkeit der technischen Ansätze für den Juristenalltag inspirieren zu lassen und umgekehrt. Die gemeinsame Sprache finden Der Begriff Legal Tech kann vieles umfassen, von den aktuellen Trends der Blockchain-Technologien über Kanzleimanagement-Software bis hin zu alternativen Geschäftsmodellen. Um ein gemeinsames Grundverständnis zu schaffen, begann der Wettbewerb mit einem Brainstorming in kleineren angeleiteten Teams. Themenschwerpunkte waren Industrialisierung, künstliche Intelligenz und Blockchains. Dabei wurden jeweils die in diesen Bereich fallenden Probleme aus dem juristischen und nichtjuristischen Alltag aufgenommen und bereits mögliche Lösungsansätze skizziert. Klar war schnell: An Bedarf an effizienten Legal Tech-Lösungen mangelt es nicht. Inspiriert durch die Diskussionsrunden oder schon mit eigenen Ideen angereist ging es an die Teambildung. Unter den Teilnehmern waren neben Juristen und Entwicklern auch zahlreiche Legal Engineers, sozusagen die Hybridform von beidem. 422 AnwBl 4 / 2017

73 Report Zwei Tage lang suchten Juristen und Entwickler in Teams, die sich spontan bildeten, nach innovativen Lösungen für den Rechtsdienstleistungsmarkt. Ein Fazit: Interdisziplinäre Teams schaffen mehr Innovationen. Und: Der Legal Engineer an der Schnittstelle von Recht und IT gewinnt an Profil. Nora Zunker, Berlin Die Autorin studiert Jura an der Humboldt-Universität und schreibt regelmäßig für Anwaltsblatt und Anwaltsblatt Karriere. Leserreaktionen an anwaltverein.de. Jeder fünfte Teilnehmer verfügte sowohl über tiefgreifendes juristisches als auch technisches Verständnis, was zeigt, dass zu Legal Tech nicht nur neue Geschäftsmodelle, sondern auch neue Berufsbilder gehören. Die Wettbewerbsteilnehmer hatten die Gelegenheit, in Pitches ihre Projektideen vorzustellen, sodass sich jeder nach seinen persönlichen Interessen einem gemischten Team anschließen konnte. Die Herausforderung in der Umsetzung der neuen Ideen lag aber zunächst vor allem in der Kommunikation. Denn was dem Juristen logisch erscheint, ist es nicht zwangsläufig für die Umsetzung in eine Programmiersprache. Daher erfordert die Zusammenarbeit eine hohe sprachliche Präzision und eine Zerlegung der Idee in ihre einzelnen Elemente. So mussten die Juristen beispielsweis klar formulieren, in welcher Form Dokumente für eine Vertragsanalysesoftware ausgelesen werden können müssen und welche inhaltlichen Informationen herausgefiltert und aufbereitet werden sollen. Genauso mussten die Entwickler bei der Prototyperstellung für eine sprachgesteuerte Kanzleimanagementsoftware klar die einzelnen Funktionen erklären, um den notwendigen Inhalt von den Juristen geliefert zu bekommen. Während des gesamten Prozesses mussten sich alle Teammitglieder immer wieder die Frage stellen: Was soll das Produkt liefern? Was brauchen wir dafür? Parallel zum Wettbewerb wurden Workshops für Juristen angeboten, um sich mit verschiedenen technischen Ansätzen vertraut zu machen. Wer hierfür keine Zeit bei der Prototypentwicklung verlieren wollte, konnte die Vorträge auch per Youtube-Stream verfolgen, was großen Anklang fand. Innerhalb kurzer Zeit konnten so auf dem Hackathon neue Kenntnisse erworben und Kontakte geknüpft werden. Vor allem aber konnten die Teilnehmer im zwanglosen Austausch an einer gemeinsamen Sprache arbeiten. Für künftige Projekte kann so gefiltert werden, welche Informationen für die andere Seite notwendig sind, sodass beide das Ziel vor Augen haben und ihren Teil der Entwicklung fokussiert leisten können. Interdisziplinäre Teams schaffen mehr Innovation Die Ergebnisse der zweitägigen Zusammenarbeit konnten sich sehen lassen. Neben Vertragsanalyse- und Kanzleimanagementsoftware wurden auch Lösungsansätze zur Umsetzung der neuen Datenschutzregeln, eine App für ein offenes Klageportal oder eine Blockchain-basierte Umstrukturierung der Teilzeitarbeitsvermittlung präsentiert. Nicht alle Teams werden ihre Projekte auch weiter verfolgen. Jedoch hat der Hackathon gezeigt, wie viele Ideen in kurzer Zeit entstehen können und wie schnell die technische Umsetzung zumindest eines Prototyps gehen kann, wenn man sich in einem interdisziplinären Team austauscht und dann auch loslegt. Auffällig war, dass vor allem junge Juristinnen und Juristen am Hackathon teilnahmen, der Altersdurchschnitt beim Wettbewerb war noch einmal niedriger als bei der dazugehörigen Konferenz. Die Anwältinnen und Anwälte interessieren sich für die aktuellen technologischen Entwicklungen und Trends auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt vor allem aber wollen sie sie ausprobieren und mitgestalten. Das Potential und die Grenzen von Legal Tech lassen sich am besten einschätzen, wenn man sie erfährt. Diese Erfahrung wiederum fällt umso leichter, desto unbefangener man sich ihr stellt. Fest steht, wer keine Berührungsängste mit Legal Tech hat, riskiert auch nicht, den Rechtsdienstleistungsmarkt aus den Händen zu geben. Ein ausführlicher Konferenzbericht zu der Berlin Legal Tech Konferenz findet sich auf bei den News, eine Meldung in diesem Heft vorne (AnwBl 2017, 362). Magazin AnwBl 4 /

74 Report Berufsrecht 2020 Was steht auf dem Wunschzettel? Weil die kleine BRAO-Reform wirklich klein ist, wird längst die große BRAO-Reform diskutiert Rechtsassessorin Jessika Kallenbach, Berlin Das Berufsrecht der Zukunft 2020 wie sieht es aus? Wenn es nach den Referenten der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht der Kölner Universität geht, zumindest anders als heute. Immer wieder wurde gefordert, dass die Regulierung des Anwaltsmarkts die Wirklichkeit in den Blick nehmen sollte und die Selbstverwaltung transparenter werden müsse. Gute Ideen für Reformen wurden am 9. Dezember 2016 viele präsentiert. Die Tagung war wie in den Vorjahren wieder vom Anwaltsblatt unterstützt worden. Im Rahmen der Konferenz wurde diesmal auch der Soldan Kanzleigründerpreis verliehen, der von Soldan, DAV, BRAK und FAZ getragen wird Moderator Prof. Dr. Dr. h.c. Hanns Prütting (Direktor des Kölner Instituts für Anwaltsrecht, Universität zu Köln, Bild 1) wies auf die Ambivalenz des Themas Berufsrecht 2020 hin. Auf der einen Seite gebe es Reformen. Auf der anderen Seite sähen die Praktiker, dass vieles im Berufsrecht nicht mehr passe. Das Berufsrecht 2020 biete noch genügend zum Regeln, so sein Fazit. Der erste Teil der Veranstaltung diente der Bestandsaufnahme, machte dann aber rasch deutlich, wie schnell sich die Wirklichkeit des Rechtsdienstleistungsmarktes gerade verändert. Legal Tech beschränkte sich bei Inkrafttreten der Rechtsanwaltsordnung 1879 noch auf die Schreibmaschine, so Prof. Dr. Matthias Kilian (Universität zu Köln, Direktor des Soldan Instituts, Bild 2). Er vermisste ein konzeptionelles Nachdenken der Rechtspolitik über das Berufsrecht. Noch immer entwickle sich das Anwaltsrecht am stärksten durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Anders im Ausland. Nach den Reformen in England und Wales mit der Zulassung von interprofessionellen Sozietäten und Fremdkapital in der so genannten Alternative Business Structure (ABS) werde momentan bereits die nächste Reformstufe vorbereitet, so Kilian. Er stellte sehr detailliert die im Ausland diskutierten Regulierungsmodelle vor. Das Fazit von Kilian: Man steht staunend vor den Überlegungen in England und Wales. Die dort geführte Diskussion führt dazu, dass wir uns in Deutschland positionieren müssen. Berufsrecht muss an die Praxis angepasst werden Eine pointierte Analyse der Gegenwart aus Sicht der wirtschaftsrechtlichen Praxis bot Rechtsanwalt Dr. Dirk Uwer (Hengeler Mueller, Düsseldorf, Bild 3) vor. Er konstatierte zunächst eine Krise der anwaltlichen Selbstverwaltung und beklagte einen Mangel an Partizipation und Transparenz. Auch er bedauerte, dass das Berufsrecht viel zu oft durch das Bundesverfassungsgericht reguliert werde. Nötig sei eine Liberalisierung der interdisziplinären Berufsausübungsgemeinschaften. Auch das Thema Fremdbesitzverbot müsse angepackt werden. Gerade im Hinblick auf technische Neuerungen wie Cloud Computing und Legal Tech forderte er eindringlich, das Berufsrecht müsse endlich der Praxis angepasst werden. Die Mandanten haben immer höhere Erwartungen an den Anwalt. Viele Entwicklungen im Ausland könnten als Anregung für Innovationen dienen. Der Blick ins Ausland ist ein Blick in die deutsche Zukunft, sagte Rechtsanwalt Dr. Cord Brügmann (Bild 4), DAV-Hauptgeschäftsführer und seit kurzem Präsident des International Institute of Law Association Chief Executives (IILACE). Gerade auch die Entwicklungen im Bereich Legal Tech zwinge dazu, die Wirklichkeit mehr in den Blick zu nehmen, so Brügmann. Er wies zudem darauf hin, dass anwaltliche Selbstverwaltung nicht selbstverständlich sei und mahnte daher in einem Fazit: Wenn wir nicht tätig werden, machen es andere. Achten wir also selbst darauf, dass unser Modell der Selbstverwaltung das Gemeinwohlinteresse und Mandanteninteresse im Blick hat und europafest ist. 424 AnwBl 4 / 2017

75 Report Nicht nur ein Vergleich der berufsrechtlichen Regelungen für Anwälte im Ausland zeigte große Unterschiede. Auch die Berufsrechte der freien Berufe innerhalb Deutschlands unterscheiden sich in wesentlichen Punkten stark. Das Bedürfnis nach interprofessioneller Zusammenarbeit wachse immer mehr. Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer (aus dem DAV-Präsidium, Berlin, Bild 5) stellte in seinem Vortrag daher die Frage, ob eine Vereinheitlichung der Berufsrechte Sinn ergebe und verneinte dies im Ergebnis. Eine Lanze für eine Harmonisierung brach hingegen der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsprüferkammer, Rechtsanwalt Peter Maxl (Berlin, Bild 6). Nötig sei die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen gerade für interprofessionelle Kooperationen. Maxl stellte zudem die anlassbezogene Aufsicht im Rahmen präventiver Aufsichtsverfahren bei den Wirtschaftsprüfern vor und warb für eine Ausweitung des präventiven Ansatzes. Das Sozietätsrecht der Zukunft und interprofessionelle Zusammenarbeit Prof. Dr. Martin Henssler (Geschäftsführender Direktor des Instituts für Anwaltsrecht, Köln, Bild 7) forderte eine grundlegende Neuordnung des anwaltlichen Personengesellschaftsrechts. Das derzeitige System sei antiquiert, inkohärent und nicht praxisgerecht. Er beklagte zudem ein unbefriedigendes Ineinandergreifen mit dem Berufsrecht und eine unzureichende Abstimmung der Berufsrechtsreformen. Er warb für ein schlüssiges System der berufsrechtlichen Regulierung und zeigte in einem fulminanten Parforce-Ritt, wie es aussehen könnte. Kernpunkt war, dass alle Anwaltsgesellschaften Träger von Berufspflichten werden sollen (und damit auch Kammermitglieder mit allen Rechten und Pflichten). Sein Fazit: Große rechtsformübergreifende Lösungen seien unverzichtbar. Konkret wurden auch Rechtsanwalt Markus Hartung (Vorsitzender des Berufsrechtsausschusses des DAV, Berlin) und Prof. Dr. Reinhard Singer (Direktor des Instituts für Anwaltsrecht der Humboldt-Universität, Berlin, Bild 8). Wie sollte die interprofessionelle Berufsausübung zukünftig aussehen? Beide stellten jeweils einen detaillierten Regelungsvorschlag für einen zeitgemäßen 59 a BRAO vor. Hartung präsentierte den DAV-Vorschlag. Singer untersuchte mit Blick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, AnwBl 2014, 270 und AnwBl 2016, 261), welche Beschränkungen der gemeinschaftlichen Berufsausübung erforderlich und angemessen seien. Beide waren sich einig, dass der Gesetzgeber nun am Zuge sei. Wettbewerb der Regulierer Rechtsanwalt Prof. Niko Härting (DAV-Berufsrechtsausschuss und DAV-Informationsrechtsausschuss, Bild 9) zeigte unter der Überschrift Wettbewerb der Regulierer anhand von Beispielen, wie Anwälte von außen, nämlich von den Datenschutzbehörden, reguliert werden sollen. Viele Anwälte setzten sich zudem zu wenig mit der 2018 in Kraft tretenden Datenschutzgrundverordnung auseinander. Die Anwaltschaft sollte diesen Bereich nicht Fremdregulierern überlassen. Den Blick auf die Wirklichkeit lenkte auch Rechtsanwalt Prof. Dr. Thomas Gasteyer (Clifford Chance, Frankfurt). In Deutschland scheine die Regulierung statisch zu sein, die Realität werde oft ausgeblendet. Das berge Gefahren. Denn dann schafften sich die Beteiligten pragmatische Lösungen am Regulierer vorbei. Er wünschte sich zudem eine Regulierung, die international kompatibel und europafest sei und idealerweise die Wettbewerbsfähigkeit fördere. Wie viele Aufsichtsbefugnisse für die Kammern? Geldbuße bei der Rüge? Rechtsanwalt und Notar Herbert Schons (Präsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Bild 10) beleuchtete, welche Instrumente den Kammern für die Aufsicht zur Verfügung stehen und stehen sollten. Er plädierte dafür, die Kammerbefugnisse um das Verhängen von Warnungen und Verweisen zu erweitern, um die Selbstverwaltung zu stärken. Die Reformvorschläge ( kleine BRAO-Reform ) aus Sicht der anwaltsgerichtlichen Praxis bewertete Oberstaatsanwältin Imke Reelsen (Generalstaatsanwaltschaft Hamm, Bild 11). Sie nahm dabei konsequent die Position des Bürgers und der Öffentlichkeit ein. Reelsen beklagte fehlende Beteiligungsrechte und nur wenig Informationsrechte des Bürgers im anwaltsgerichtlichen Verfahren. Sie forderte eindringlich eine Öffnung des anwaltsgerichtlichen Verfahrens für die Öffentlichkeit. Magazin AnwBl 4 /

76 Report Auf dem Podium bei der Abschlussdiskussion (v.l.n.r.): Ulrich Schellenberg (DAV-Präsident), Sirka Huber (DAV-Berufsrechtsausschuss), Prof. Dr. Bernd Hirtz (Fördervein des Anwaltsinstituts), Dr. Doris Geierberger (AGH-Präsidentin Mecklenburg-Vorpommern) und Dr. Ulrich Wessels (Präsident Rechtsanwaltskammer Hamm). 13 Bestandsaufnahme machten (v.l.n.r.): Dr. Cord Brügmann, Dr. Dirk Uwer, Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Prof. Dr. Matthias Kilian, Peter Maxl, Prof. Dr. Dr. Hanns Prütting Das Publikum konnte mitdiskutieren: Markus Hartung (selbst Referent und Vorsitzender des Berufsrechtsausschusses, Bild 4) und Wieland Horn (Bild 5), der die Anwalt-Arzt-Apotheker- Partnerschaft erstritten hat. Jessika Kallenbach, Berlin Die Autorin ist Rechtsassessorin und ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Deutschen Anwaltvereins Mitglied der Anwaltsblatt-Redaktion. Leserreaktionen an anwaltverein.de. Was für die große BRAO-Reform zu tun bleibt Es ist eine gute Übung, dass die Kölner Jahrestagungen mit einer Podiumsdiskussion enden. Rechtsanwältin Dr. Doris Geiersberger (Präsidentin des AGH Mecklenburg Vorpommern, Rostock) forderte unter anderem mehr Transparenz in der anwaltlichen Selbstverwaltung sowie im anwaltsgerichtlichen Verfahren. Nach Ansicht von Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg (Präsident des DAV, Berlin) stehe ganz oben die Beschäftigung mit der interdisziplinären Zusammenarbeit. Er wünsche sich zudem schnellere und entschlossenere Entscheidungen: Wer nicht gestaltet, wird gestaltet.. Mehr berufspolitisches Engagement gerade der jungen Kollegen erhoffte sich Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin Sirka Huber (München). Der Vizepräsident der BRAK Rechtsanwalt Dr. Ulrich Wessels (Hamm/Berlin) bewerte es als positiv, dass die Kammern den Repressionsgedanken nicht mehr in den Vordergrund stellen würden. Die Jahrestagung war nicht nur auf dem Podium hochkarätig besetzt. Auch im Publikum fanden sich namhafte Fachleute. Auch die neue Richterin des Bundesverfassungsgerichts Dr. Yvonne Ott war darunter. Sie ist im Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts als Nachfolger von Prof. Dr. Reinhard Gaier unter anderem für das anwaltliche Berufsrecht zuständig. Referate und Diskussion haben gezeigt, dass die berufsrechtlichen Regelungen für Anwälte in vielen Bereichen der Wirklichkeit hinterherhinken. Der Bedarf für eine große BRAO-Reform ist da. Und die Jahrestagung bot viele Ideen, worüber der Gesetzgeber nachdenken sollte. Die Referate der Jahrestagung veröffentlicht das Anwaltsblatt in diesem Heft im Aufsatzteil. Die Beiträge sind mit Blick auf die kleine BRAO-Reform aktualisiert worden, die am 8. März 2017 im fünften Anlauf endlich den Rechtsausschuss des Bundestags passiert hat. 426 AnwBl 4 / 2017

77 Kommentar Bei dieser großen BRAO-Reform sind flexiblere Formen der beruflichen Zusammenarbeit ein wichtiger Baustein für einen schnellen und nachhaltigen Umbau des Berufsbildes. Ziel ist ein auf der Höhe der Zeit stehender Rechtsdienstleister. Die Anwaltschaft braucht die große BRAO-Reform Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die interprofessionelle Zusammenarbeit reformieren * Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Berlin Der Deutsche Anwaltverein setzt sich als Anwalt der Anwälte dafür ein, dass das anwaltliche Berufsrecht der wichtigste rechtliche Rahmen für die Berufsausübung von Anwältinnen und Anwälten die Bedürfnisse der Praxis widerspiegelt. Das hat ein einfachen Grund: Wenn wir Marktmechanismen, die Wünsche der Mandanten und die Gemeinwohlinteressen ausblenden, mag das Berufsrecht den Berufsträgern gefallen. Die Wirklichkeit wird dann aber über kurz oder lang das Berufsrecht sehr schnell hinweg fegen und andere Regulierer werden auf den Plan treten, die dann die Aufgaben der anwaltlichen Selbstverwaltung übernehmen wollen. Die Wirtschaftsprüfer wissen, wovon ich rede (siehe dazu in diesem Heft: Maxl, AnwBl 2017, 390). Machen wir uns klar: Die Welt der Mandanten und der Anwälte hat sich längst schon weiterentwickelt. Globalisierung ist genauso wie die Digitalisierung unübersehbar, unüberhörbar und vermutlich von der generellen Ausrichtung auch eine unumkehrbare Entwicklung. Mobile Kommunikation, die rasant sich verdichtende Vernetzung der Menschen und die verschiedene Erscheinungsformen von Legal Tech sowie eine sich andeutende Neudefinition der Konfliktregelungsmechanismen passen nicht mehr zu den bisher praktizierten Arbeits- und Gestaltungsmodellen in Kanzleien. Diese Mega-Mega-Trends zwingen Anwältinnen und Anwälte, ihre Berufsvertretungen und insbesondere die Politik, die Anwaltsregulierung so schnell wie möglich an die neue Wirklichkeit anzupassen. Bei dieser großen BRAO-Reform sind flexiblere Formen der beruflichen Zusammenarbeit ein wichtiger Baustein für einen schnellen und nachhaltigen Umbau des Berufsbildes. Ziel ist ein auf der Höhe der Zeit stehender Rechtsdienstleister. Die beiden Verfassungsgerichtsentscheidungen zur Rechtsanwalts-/Patenanwalts GmbH (BVerfG, AnwBl 2014, 270) und Anwalts-/Arzt-/Apotheker-PartG (BVerfG, AnwBl 2016, 261) haben deutliche Löcher in das gewachsene, aber inzwischen arg verfilzte und verkrautete Gestrüpp des Sozietätsrechts gerissen. Sie machen es ohnehin nötig, zur beruflichen Zusammenarbeit eine neue Regulierung möglichst aus einem Guss und nicht wieder nur Flickwerk zu schaffen. Der DAV steht nicht ratlos vor dem Thema. Vielmehr steckt der DAV schon mittendrin in der Diskussion und den Überlegungen für eine praxistaugliche Lösung. Ein erster Anlauf für eine Neuregelung im Zusammenhang mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz im Jahre 2007 war wohl noch zu früh, zu mutig und fand keine Mehrheit im damaligen Rechtsausschuss (siehe den Ausgangsvorschlag AnwBl 2006, 721, 729). Es sollte eine Öffnung der Zusammenarbeit mit geeigneten Berufen im Sinne von 7 Nr. 8 BRAO formuliert werden. Inzwischen hat der Berufsrechtsausschuss des DAV im Jahr 2014/2015 ein Modell für die Erweiterung der beruflichen Zusammenarbeit entwickelt (siehe dazu in diesem Heft Hartung, AnwBl 2017, 397). Das beim DAV diskutierte Modell künftiger interdisziplinärer Zusammenarbeit knüpft an den Katalog der Berufsgeheimnisträger aus 203 StGB an, nimmt aber auch dort nicht aufgeführte andere Berufsgruppen in die Überlegungen auf (zum Beispiel Architekten, Ingenieure, zertifizierte Sachverständige). Auch für die Verschwiegenheitsproblematik wird es nun eine Lösung geben, wenn der Gesetzgeber wie geplant das Outsourcing in Kanzleien regelt. Ob der Katalog der Berufe noch erweitert werden sollte, ob es noch alternativer Schutzmechanismen für die anwaltliche Vertraulichkeit als dem Kernelement anwaltlicher Tätigkeit geben muss, all dies wird noch zu diskutieren sein. Bei aller Reformnotwendigkeit: Wir wollen auch keine Fehlentwicklung einleiten, bei der die Anwälte am Ende die Verlierer sind. Der Status-quo hat aber keine Zukunft. Magazin * Der Autor hat am 9. Dezember 2016 an der Schlussdiskussion auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 teilgenommen (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Ulrich Schellenberg, Berlin Der Autor ist Rechtsanwalt und Notar. Er ist Präsident des Deutschen Anwaltvereins. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. AnwBl 4 /

78 Kommentar Anwaltschaft quo vadis? Die kostenoptimierten Einzelkämpfer im Blick behalten: Berufsrecht darf Innovationen nicht verhindern * Rechtsanwältin Sirka Huber, München Vor allem die jüngere Anwaltsgeneration, mit Smartphone, Laptop und Tablett bestens ausgerüstet, bearbeitet ihre Mandate nicht mehr nur in der Kanzlei, sondern von nahezu jedem beliebigen Ort aus. Damit stellt sich die Frage, ob die berufsrechtlichen Anforderungen an die Einrichtung einer Kanzlei noch zeitgemäß sind. Anwaltschaft quo vadis? Diese Frage stellt sich die Anwaltschaft in regelmäßigen Abständen und war auch Gegenstand des am 9. Dezember 2016 vom Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln veranstalteten Berufsrechtssymposiums. Unter der Überschrift Berufsrecht der Zukunft 2020 fanden sich namhafte Vertreter juristischer Hochschulen, der Anwaltschaft, diverser Kammern und Anwaltvereine sowie einzelner Ministerien ein, um über die Weiterentwicklung des anwaltlichen Berufsrechts zu diskutieren. Einigkeit bestand vor allem in einem Punkt: das Berufsrecht hinkt der Weiterentwicklung der anwaltlichen Berufsausübung hinterher und bedarf dringend der Anpassung. Diese darf aber nicht allein im Hinblick auf veränderte Arbeitsweisen von Anwaltssozietäten erfolgen. Auch Einzelanwälte, die auf Grund der stetigen Öffnung des Rechtsberatungsmarktes vor besondere und nicht zuletzt existenzielle Herausforderungen gestellt werden, sollten bei den Überlegungen Berücksichtigung finden. Gerade Einzelkanzleien müssen ihre Anwaltstätigkeit und Kanzleiorganisation verstärkt auf die Bedürfnisse der Mandanten ausrichten, wollen sie sich auch künftig am Rechtsberatungsmarkt behaupten. Kreativität allein wird dabei nicht ausreichend sein. Schon heute wickeln viele Anwälte ihre Mandate ausschließlich über , Fax und das Telefon ab. Der persönliche Kontakt zu dem Mandanten tritt mehr und mehr in den Hintergrund, was einerseits der zunehmenden Technisierung zu verdanken, aber auch der Zeitnot der Mandanten geschuldet ist. Das Bedürfnis nach persönlichem Kontakt tritt hinter dem Wunsch nach einer zügigen und für den Mandanten möglichst kosten- und zeitsparenden Mandatsbearbeitung in den Hintergrund. Onlineberatung stößt aber nicht nur bei Mandanten auf gesteigertes Interesse. Vor allem die jüngere Anwaltsgeneration, mit Smartphone, Laptop und Tablett bestens ausgerüstet, bearbeitet ihre Mandate nicht mehr nur in der Kanzlei, sondern von nahezu jedem beliebigen Ort aus. Damit stellt sich die Frage, ob die berufsrechtlichen Anforderungen an die Einrichtung einer Kanzlei noch zeitgemäß sind. Ähnlich stellt sich diese Frage für Anwälte, die ihre Kanzlei auf vier Räder stellen, um Mandanten den persönlichen Kontakt zu einem Anwalt zu ermöglichen. In diesen Fällen findet die Beratung des Mandanten nicht in der Kanzlei, sondern direkt bei dem Mandanten statt und die Mandatsbearbeitung erfolgt von unterwegs oder gar aus einem vollständig zu einem fahrenden Büro umfunktionierten Bus. Gerade für ländliche Gebiete könnten mobile Kanzleien zu einem Gewinn werden. Die bedeutendste Mandantengruppe ist nach dem aktuellen Forschungsbericht des Soldaninstituts nach wie vor die der Verbraucher. Soll diese Mandantengruppe auch in ferner Zukunft und über das Jahr 2020 hinaus die Möglichkeit haben, Rechtsrat von qualifizierten Rechtsanwälten einzuholen, wird es Zeit, das Berufsrecht auch insoweit zu überdenken und zeitgemäß auszugestalten. Auch die Bedürfnisse der Ratsuchenden dürfen bei der Ausgestaltung berufsrechtliche Normen nicht aus dem Auge verloren werden. * Die Autorin hat am 9. Dezember 2016 an der Schlussdiskussion auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln zum Thema Berufsrecht 2020 teilgenommen (siehe auch den Bericht in diesem Heft, AnwBl 2017, 424). Sirka Huber, München Die Autorin ist Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin. Sie ist Mitglied des Berufsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 428 AnwBl 4 / 2017

79 Gastkommentar Mehr Gesetze bedeuten nicht mehr Sicherheit Kaum ein Kabinettsmitglied legt so regelmäßig Entwürfe für Gesetzesverschärfungen vor wie der Bundesinnenminister Janina Lückoff, Bayerischer Rundfunk Doch blickt man auf den Fall Anis Amri, den Berlin-Attentäter, dann hätte kein einziges dieser neuen Gesetze den Anschlag verhindern können. Ein Vollzug der bestehenden Gesetze dagegen sehr wohl. Was ist Sicherheit? Laut Duden ist Sicherheit der Zustand des Sicherseins, Geschütztseins vor Gefahr oder Schaden; höchstmögliches Freisein von Gefährdungen. Es ist politisch die ureigenste Aufgabe, geradezu die Bestimmung eines Innenministers, zu gewährleisten, dass die Bürger seines Landes sich dieses Geschütztseins gewahr sind. Dass sie es spüren, sich wirklich sicher fühlen. Gelingt das, beruhigt es nicht nur die Menschen, es sichert auch Wählerstimmen. Nach einem Anschlag ist deshalb so die Meinung des Innenministers die Notwendigkeit besonders groß, dem Volk den Zustand des Sicherseins zurückzugeben, liefert doch jedes Attentat den Beweis dafür, dass das Freisein von Gefährdungen stets nur Ziel des Strebens ist. Und so hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière jedes Mal, wenn dieses Ziel offensichtlich verfehlt wurde, neue Gesetzesverschärfungen auf den Weg gebracht. Im August vergangenen Jahres, nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach, legte er Geplante Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Deutschland vor. Im Januar, nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, waren es die Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Zeiten, die de Maizière veröffentlichte. Beide Kataloge sind keine Konsequenz aus etwaigen Ermittlungsergebnissen nach den Anschlägen so viel Zeit blieb nicht. Vielmehr lesen sie sich wie der Wunschzettel eines außer Kontrolle geratenen Mannes mit welch Paradox! Kontrollzwang, und wenn er so könnte wie er wollte, bliebe nicht nur ein Grundrecht unberührt. De Maizière arbeitet, unbeirrt von jeglicher öffentlichen Diskussion, mit Ausdauer und Konsequenz einen Punkt nach dem anderen ab. 22 Gesetzentwürfe hat er seit Anfang November 2016 auf den Weg gebracht. Darunter unter anderem: das Gesetz zum Ausbau der Videoüberwachung. Das zur Einführung von Kennzeichenlesesystemen. Das zur Nutzung von Fluggastdaten. Das zum sogenannten Burkaverbot im öffentlichen Dienst. Das zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht inklusive Auslesen der Handydaten von Geflüchteten zur Identitätsfeststellung. Eingeführt werden auch ein neuer Haftgrund für Gefährder sowie die Fußfessel für Gefährder wobei nicht definiert wird, wer ein Gefährder ist. Und de Maizière will noch mehr: Ein Bundesausreisezentrum wird diskutiert, Bundeswehreinsätze im Inneren werden geprobt und sogar die Abschaffung der Landesverfassungsämter strebt der Bundesinnenminister an. Doch blickt man auf den Fall Anis Amri, den Berlin-Attentäter, dann hätte kein einziges dieser neuen Gesetze den Anschlag verhindern können. Ein Vollzug der bestehenden Gesetze dagegen sehr wohl. Die Behörden, die Amri lange vor dem Attentat als Gefährder eingestuft hatten, hätten eine Meldepflicht aussprechen und ihn inhaftieren können, wenn er gegen diese verstoßen hätte. Auch eine Fußfessel hätte den Anschlag nicht verhindert die Überwacher hätten lediglich gesehen, wo Amri unterwegs war; seine Absichten wären im Dunkeln geblieben. Was ist Sicherheit? Der Duden führt eine weitere Definition auf: Danach ist Sicherheit das Freisein von Fehlern und Irrtümern. Das muss man Innenminister de Maizière absprechen. Denn nicht immer mehr und immer schärfere Gesetze sind es, die uns Bürgern das Gefühl des Geschütztseins vor Gefahr oder Schaden vermitteln. Es ist der Umstand, dass es einen Bundesinnenminister gibt, der dafür sorgt, dass bestehende Gesetze funktionieren, eingehalten und umgesetzt werden. Dann wäre möglicherweise nicht nur das Ziel des Freiseins von Gefährdungen greifbarer, sondern auch die gefühlte Sicherheit eines jeden Einzelnen. Magazin Janina Lückoff, Berlin Die Autorin ist Hauptstadt-Korrespondentin des Bayerischen Rundfunks. Leserreaktionen an AnwBl 4 /

80 Anwälte fragen nach Ethik Du, Wie viel Nähe verträgt ein Mandat? Die Frage nach dem richtigen Handeln stellt sich im Alltag: Wie weit würden Sie gehen? * Ein Strafverteidiger baut im Rahmen einer Verteidigung, die sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, persönliche Beziehungen zu dem Beschuldigten auf (gemeinsame Reise, persönliche Freundschaft mit vertraulicher Anrede, gemeinsame Segeltour etc.). ln der Hauptverhandlung redet der Verteidiger den Angeklagten mit Du an und bringt durch weitere Äußerlichkeiten (Schulterklopfen, Armauflegen, Arm um die Schulter legen, etc.) auch für Außenstehende zum Ausdruck, dass er mit dem Angeklagten vertraulich verbunden ist. * Diese Ethikfrage ist in einer Variante unter der Überschrift Wie viel Distanz braucht ein Mandat? zuerst in AnwBl 2016, 567 (Juli-Heft) erschienen. Ist eine solche persönliche Verbindung des Verteidigers mit seinem Mandanten berufsethisch zu missbilligen? Wenn man von einer solchen Missbilligung nicht ausgeht: Ist es berufsethisch vertretbar, die enge persönliche Beziehung nach außen offenbar werden zu lassen, zum Beispiel in der Hauptverhandlung, in einem Pressegespräch? 430 AnwBl 4 / 2017

81 Anwälte fragen nach Ethik Neu: Seit Januar gibt es Antworten Ein Mitglied aus dem DAV-Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur gibt seine ganz persönliche Antwort. Wenn Sie es anders sehen: Schreiben Sie dem Ausschuss Antworten werden im Anwaltsblatt veröffentlicht. Vorab: Ich bin keine Strafverteidigerin und habe in meinem Berufsleben nur zwei (klitzekleine) Strafverteidigungen geführt. Trotzdem habe ich zur Frage die klare Meinung, dass eine echte Freundschaft, die zwischen Strafverteidiger und Mandanten entsteht, nicht zu missbilligen ist. Der Anwalt/die Anwältin ist Mensch, hat (hoffentlich!) Freunde und erwirbt im Laufe des Lebens auch immer wieder Freunde hinzu. Das Entstehen von Freundschaften kann (und muss) man nicht immer steuern. Ebenso wie es grundsätzlich nicht unethisch wäre, die Verteidigung von Freunden zu übernehmen, ist es grundsätzlich nicht unethisch, sich mit Mandanten zu befreunden. In beiden Fällen muss man allerdings besonders darauf achten, dass die persönliche Verbundenheit nicht die Integrität der anwaltlichen Berufsausübung einerseits und deren Qualität und Nutzen für den Mandanten andererseits negativ beeinflusst. Auch für Freunde darf man nicht zum Komplizen werden, auch bei Freunden muss man das notwendige Maß an kritischer Distanz wahren, wenn man ihre Sache gut führen und ihre Interessen gut vertreten will. Es gibt den Satz, dass ein Anwalt in eigener Sache einen Narren zum Mandanten hat. Er gilt keineswegs immer, es gibt Anwälte, die auch ihre eigene Sache sachlich und gut einschätzen und vertreten können. Ein Freund hat wie jeder andere Mandant Anspruch darauf, keinen Narren zum Anwalt zu haben. Kritische Reflexion ist in dieser Situation gefragt, wenn das erforderliche Maß an Sachlichkeit und Distanz nicht mehr gegeben ist, muss man das Mandat abgeben. Es kann durchaus berufsethisch auch vertretbar sein, die enge persönliche Beziehung nach außen offenbar werden zu lassen. Grundvoraussetzung ist für mich hier, dass das gezeigte Verhalten authentisch und nicht aufgesetzt ist. Wer die Freundschaft zu Mandanten besonders betont, um beispielsweise selbst an deren Prominenz teilzuhaben und dabei entstehende Ressentiments zu Lasten der Mandanten in Kauf nimmt, verhält sich berufsethisch nicht korrekt. Wer seinem Mandanten im Prozess das Gefühl geben will, nicht allein dazustehen und wer erkennt, dass dafür der Mandant das öffentliche Du dringend braucht, handelt berufsethisch, wenn er es verwendet. Alles dazwischen sind Persönlichkeits-und Geschmacksfragen, die man nicht mit Ethik verwechseln sollte. Um auch die Persönlichkeits-und Geschmacksfrage zu beantworten: Wenn ich es steuern kann, ziehe ich es vor, Sympathie zu Mandanten erst nach Abschluss eines Verfahrens in Richtung Freundschaft zu vertiefen. Rechtsanwältin Petra Heinicke, München DAV-Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur Der DAV hat einen Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur. Dieser Ausschuss will eine Diskussion darüber führen und auslösen, ob die anwaltliche Tätigkeit auch ethischen Maßstäben unterliegt, und wenn ja, welchen. Der Vorstand des DAV hat beschlossen, keinen Ethikkodex zu formulieren. Einmal fehlt hierfür die Legitimation. Zum anderen läuft ein solcher Kodex Gefahr, beschlossen und vergessen zu werden. Eine beständige Diskussion um ethische Fragen vermag das Problembewusstsein mehr zu prägen und zu schärfen. Die Rurik gibt es seit 2012 im Anwaltsblatt, seit 2017 antworten Ausschussmitglieder. Es sind jeweils ihre persönliche Antworten, keine Stellungnahmen des gesamten Ausschusses oder des DAV. Dem DAV-Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur gehören die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte an: Dr. Jörg Meister (Vorsitzender), Dr. Joachim Frhr. von Falkenhausen, Prof. Niko Härting, Markus Hartung, Petra Heinicke, Hartmut Kilger, Ingeborg Rakete-Dombek (auch Notarin), Eghard Teichmann (auch Notar) und Silke Waterschek. AnwBl 4 /

82 Aus der Arbeit des DAV DAV begrüßt Schlankheitskur für die Juristenausbildung Länderbericht setzt viele Anregungen und Ideen des DAV um noch ist aber nichts entschieden Aus der Arbeit des DAV 432 DAV begrüßt Schlankheitskur für die Juristenausbildung 433 Aus- und Fortbildung Studierende besuchen den DAV in Berlin 433 Deutscher Anwaltverein Vergabe freiberuflicher Leistungen: DAV erreicht Änderung Rechtsanwältin Bettina Bachmann, DAV 433 Deutscher Anwaltverein Rechtsberatung als Standardmaßnahme humanitärer Hilfe verankern 434 AG Bank- und Kapitalmarktrecht Über alle Lager hinweg: Austausch zu den Stellschrauben des Rechts Rechtsanwältin Ines Straubinger 435 DAV-Stellungnahmen 435 DAV-PR-Referat Jour Fixe zur Reform der Pflegeversicherung Rechtsassessorin Alexandra Nier, DAV 436 Hamburgischer Anwaltverein Euro Tombola-Erlös für Rechtsberatung auf Lesbos 436 Deutscher Anwaltverein Besserer Schutz für Anwältinnen und Anwälte in China 436 AG Erbrecht Testamentsvollstreckung in Rechtsprechung und Praxis Rechtsanwalt Christoph Peter, Würselen 436 DAV Italien Eröffnung des Gerichtsjahres in Mailand 437 Deutsche Anwaltakademie Nachrichten 437 Mitgliederversammlungen Deutscher Anwaltverein / AG Allgemeinanwalt / AG Mietrecht und Immobilien / AG Kanzleimanagement / Forum Junge Anwaltschaft / AG Migrationsrecht 438 Personalien Neue Vorsitzende Die Juristenausbildung soll nach der Reform von 2003 wieder einmal reformiert werden. Auch wenn es nicht der ganz große Wurf wird: Der DAV begrüßt die Pläne der Bundesländer, den Prüfungsstoff zu vereinheitlichen und zu straffen. Vorstöße zur Reform der Juristenausbildung hat es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gegeben. Kernpunkte der Reformen waren meistens die Gesamtdauer der Ausbildung (mit Studium und Referendariat), der Umfang des Pflichtstoffs für das Erste Examen, die Form der Prüfungen, die Verkürzung oder Verlängerung des Vorbereitungsdienstes zum Zweiten Staatsexamen sowie dessen Vergütung wurde im Jura-Studium die Schwerpunktsbereichsprüfung als nicht-staatliche Prüfung eingeführt. Nach mehreren Jahren der Vorarbeit ist 2016 erneut Bewegung in die Reformdebatte gekommen. Anlass neben anderen: Wie andere Fachgebiete auch, so hat der juristische Bereich ein Nachwuchsproblem. Diskussionen zur Prüfungsgerechtigkeit und Notentransparenz, Gleichauf von universitären Lehrinhalten und Anforderungen der Staatsexamina sind ebenso Themen wie Anpassungen der Ausbildung an die sich wandelnden Anforderungen der juristischen Berufswelt. In dieser Reformrunde werden offenbar diejenigen Rahmenbedingungen verstärkt diskutiert, von deren Verbesserung man sich erhofft, das Studium für die potentiellen Absolventinnen und Absolventen (wieder) attraktiver zu gestalten. Ein im Herbst 2016 veröffentlichter Bericht des Ausschusses zur Koordinierung der Juristenausbildung (KOA) der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (JuMiKo) hat auf rund 250 Seiten Harmonisierungsmöglichkeiten für die juristischen Prüfungen analysiert und spricht Empfehlungen aus. Der Ausschuss greift viele dieser mittlerweile zu Hauptströmungen der immerwährenden Reformdiskussion kulminierten Diskussionsstränge auf. Zu der Ausarbeitung mit ihren drei Teilberichten Harmonisierung und Begrenzung des Pflichtstoffs (I.), Schwerpunktbereichsprüfung (II.) sowie Harmonisierung einzelner Bereiche (III.) hat der DAV nun im Februar mit der DAV-Stellungnahme Nr. 9/2017 (abrufbar unter Stellung genommen und die Empfehlungen weitgehend positiv bewertet. Wissenschaft und Praxis Bereits im vergangenen Jahr hatte der DAV deutlich gemacht: Der DAV fordert weiterhin eine wissenschaftliche, praxisnahe Ausbildung, die auf die berufliche Wirklichkeit von Juristinnen und Juristen Bezug nimmt und sich mit dieser verknüpft (siehe dazu nur DAV-Vizepräsident Dr. Friedwald Lübbert im Oktober-Heft des Anwaltsblatts, AnwBl 2016, 742). Solche Kritikpunkte finden sich in den KOA-Empfehlungen wieder. Auch weitere Inhalte des Berichts decken sich mit den vom DAV bereits seit langem erhobenen Forderungen zum Beispiel die KOA-Empfehlungen, den Pflichtstoffkatalog bundesweit einheitlich zu straffen sowie anzugleichen und dabei stärkeres Augenmerk auf die Vermittlung von methodischen und Systematikkenntnissen zu legen. Der DAT teilt auch die Einschätzung des KOA, dass die universitären Schwerpunktbereichsprüfungen bundesweit uneinheitlich und aufgrund ihrer fehlenden Vergleichbarkeit reformbedürftig sind und der Schwerpunkt zu verschlanken sei. Dies müsse allerdings nicht dazu führen, dass Forschung und Lehre sich nicht mehr entfalten könnten. Nicht zuletzt sind die Bestrebungen des KOA begrüßenswert, bundesweite Unterschiede in verschiedenen Bereichen, insbesondere Prüfungs- und Anrechnungsmodalitäten, mit dem Ziel der Verbesserung von Prüfungsgerechtigkeit und Chancengleichheit anzugleichen. Die Empfehlungen des KOA wurden der Justizministerkonferenz (JuMiKo) auf der letzten Sitzung im November 2016 vorgelegt. Mit dem Bericht als Diskussionsgrundlage wird der Austausch zwischen den an der Juristenausbildung beteiligten Fakultäten, Prüfungsämtern und Justizministerien der Länder sowie den Berufsverbänden nun vorangetrieben und soll im Herbst 2017 in weiteren Beschlüssen der JuMiKo münden. Rechtsassessorin Friederike Pfeifer, DAV, Berlin 432 AnwBl 4 / 2017

83 Aus der Arbeit des DAV Aus- und Fortbildung Studierende besuchen den DAV in Berlin Rund 60 Studierende der Ludwig-Maximilians-Universität München haben ihre Studienfahrt nach Berlin genutzt, um auch den Deutschen Anwaltverein im DAV-Haus zu besuchen. Der DAV informierte die Jurastudentinnen und Jurastudenten aus dem 2. bis 8. Fachsemester nicht nur über seine Angebote für Studierende, Referendare, junge Anwältinnen und Anwälte, sondern erläuterte auch die verschiedenen Berufsbilder von Juristen, zeigte Wege in die Anwaltschaft auf und beantwortete Fragen zum Arbeitsmarkt für Juristen: Für die Studierenden eine Gelegenheit, den DAV als anwaltlichen Berufsverband und Akteur im politischen Gefüge kennenzulernen. Weitere Stationen der Gruppe führten zum Beispiel ins Verteidigungsministerium und ins Auswärtige Amt. Für den DAV bot der Besuch die tolle Möglichkeit, sich mit den Studierenden über die aus ihrer Sicht sinnvolle Gestaltung der Ausbildung auszutauschen und Anregungen für sein Engagement in der Nachwuchsförderung zu erhalten. Deutscher Anwaltverein Vergabe freiberuflicher Leistungen: DAV erreicht Änderung Unterschwellenvergabeordnung im Bundesanzeiger veröffentlicht Aufgrund einer konzertierten Aktion des Deutschen Anwaltvereins, des Städte- und Gemeindebunds und der Bundesarchitektenkammer wurde für die Vergabe freiberuflicher Leistungen eine Sonderregelung in die Unterschwellenvergabeordnung ( 50 UVgO) aufgenommen. Diese hatte der Diskussionsentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vom 31. August 2016 noch nicht vorgesehen. Zwar sind öffentliche Aufträge über Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden, grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben, allerdings ist im Gegensatz zum Referentenentwurf keine Verfahrensart mehr vorgesehen. Vielmehr ist so viel Wettbewerb zu schaffen, wie dies nach der Natur des Geschäfts und den besonderen Umständen möglich ist. Der DAV hatte sich in seiner DAV- Stellungnahme Nr. 62/2016 vehement dafür eingesetzt, dass freiberufliche Leistungen nicht im Verhandlungsvergabeverfahren mit oder ohne Teilnahmewettbewerb unter Beteiligung von mindestens drei Bietern vergeben werden müssen. Die ursprüngliche Regelung hätte den Besonderheiten freiberuflicher Tätigkeiten, die in hohem Maße ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Dienstleister voraussetzen, widersprochen. Die Unterschwellenvergabeordnung ist mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger noch nicht in Kraft getreten. Sie muss jeweils für den Bund und jedes Land durch einen Anwendungsbefehl in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundeshaushalts beziehungsweise der jeweiligen Landeshaushaltsordnung/Landesvergabegesetze in Kraft gesetzt werden. Für den Bund laufen hierzu die Vorbereitungen; anvisiert ist ein Inkraftsetzen im Frühjahr Rechtsanwältin Bettina Bachmann, DAV, Berlin Deutscher Anwaltverein Rechtsberatung als Standardmaßnahme humanitärer Hilfe verankern In der Not braucht es nicht nur Obdach, Nahrung und medizinische Versorgung, sondern auch belastbare Hinweise, wie das Leben weitergehen kann. Daher macht sich der Deutsche Anwaltverein in seiner DAV-Stellungnahme Nr. 13/2017 dafür stark, dass individuelle und unabhängige Rechtsberatung als Standardmaßnahme der humanitären Hilfe etabliert wird. Die Erste-Hilfe-Rechtsberatung, welche das von DAV und Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) getragene Projekt European Lawyers in Lesvos bislang schon leistet (siehe im März-Heft, AnwBl 2017, 310), dient als Vorbild. Damit individuelle und unabhängige Rechtsberatung in humanitären Notfällen zukünftig flächendeckend und systematisch zur Verfügung steht, macht sich der DAV für ihre Aufnahme in die Verordnung (EG) Nr. 1257/96 stark. Bei einem Interparlamentarischen Treffen im Europäischen Parlament am 28. Februar 2017 warb der Vorsitzende des CCBE Migration Law Committee, David Conlan- Smyth, für das Anliegen. AnwBl 4 /

84 Aus der Arbeit des DAV AG Bank- und Kapitalmarktrecht Über alle Lager hinweg: Austausch zu den Stellschrauben des Rechts Jahrestagung hat sich zum Treffen der Szene entwickelt Die Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht des Deutschen Anwaltsvereins schafft es Jahr für Jahr wieder, die Bank- und Kapitalmarktrechtler aus allen Lagern der Anwaltschaft zu versammeln. Im November 2016 kamen 553 Teilnehmer nach Hamburg. Immer mehr Anwältinnen und Anwälte aus dem Bank- und Kapitalmarktrecht genießen die ansprechenden Vorträge der hochkarätigen Experten zu den drängenden Fragen und den offenen Austausch mit den Kollegen, die an den vielfältigen Stellschrauben des Rechts wirken. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft, Rechtsanwalt Paul Assies, startete das Programm mit Dr. Christian Grüneberg (Richter am BGH), der in seinem Vortrag die aktuelle Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH vorstellte. Danach referierte Florian Weber (Schnigge Wertpapierhandelsbank SE) zu dem Thema Entwicklungen an den Wertpapierbörsen warum, wieso?. Weber offenbarte spannende Einblicke in die Funktion der Börse und beantwortete die Fragen: Was ist die Börse, wie sieht die Börse aus? Neu: Update zu früheren Vorträgen Im Anschluss daran wurde erstmals ein Update zu den Vorträgen aus dem vergangenen Bank- und Kapitalmarktrecht Tagen angeboten. So erläuterte Rechtsanwalt Dr. Timo Gansel die neuesten Entwicklungen im Bereich Widerruf. Das zweite Update lieferte Rechtsanwalt Dr. Jochen Weck zu den Swaps unter Berücksichtigung der BGH- Rechtsprechung. Prof. Dr. Jens Koch (Universität Bonn) sprach zur Bearbeitungsgebühr. Zum Abschluss der Sparte Update führte Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe aus Hamburg Gedanken zur Kündigung des Bauspardarlehens aus. Prof. Dr. Omlor (Universität Marburg) stellte die Immobilienkreditrichtlinie vor. Ebenfalls zu diesem Themenkomplex referierte Privatdozent Dr. Bernhard Kreße (Technische Universität Dortmund). Er beleuchtete die europaund verfassungsrechtlichen Probleme rückwirkender Umsetzung und sprach im Hinblick auf den Immobilienverbraucherdarlehensvertrag, (IVD-Vertrag) von einer Sunset-Regelung. Pflicht für alle waren die Erläuterungen von Prof. Dr. Lutz Strohn (Stellvertretender Vorsitzender am BGH) zur aktuellen Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH in gewohnter Manier als fallbezogene Replik auf das vergangene Jahr. Mit Spannung wurde auch der Vortrag von Rechtsanwalt Andreas Tilp zu dem Thema VW-Dieselgate die kapitalmarktrechtliche Dimension erwartet. Zum Ausklang des ersten Tages setzte Tilp dem Auditorium die Zusammenhänge von VW und der PSE, einer reinen Holdinggesellschaft, die an VW mit rund 52 Prozent der Stimmen beteiligt ist, auseinander. Den zweiten Tag begann Prof. Dr. Markus Artz (Universität Bielefeld) mit dem Thema Konto für jedermann nach 31 Abs. 1 S. 2 ZKG. Artz wies darauf hin, dass von dem Anspruch wirklich jeder umfasst sei. Auf die persönliche Schutzbedürftigkeit komme es dabei gar nicht an. Christian Tombrink (Richter am BGH im III. Zivilsenat) berichtete über die Kapitalanlage, nach seiner Aussage eine Art Dauerbrenner bei Gericht. Darauf folgend sprach Rechtsanwalt Dr. Thomas Zwissler über Unternehmensanleihen, dargestellt an ausgewählten Fällen aus der Praxis. Prof. Dr. Dörte Poelzig (Universität Passau) referierte zu Versicherungsanlageprodukten. Was Rechtsanwälte in Sachen Datenschutz und Geldwäsche beachten müssen, erklärte Rechtsanwalt Prof. Niko Härting. Der Großteil des Auditoriums war überrascht über die Vorschriften zur Erfassung und Aufbewahrung von Personaldaten. Zum Abschluss referierte Lars Iffländer (Richter am Landgericht Frankfurt am Main) zu dem Thema Stolperfalle Klageerhebung einschließlich Zustellproblemen pointiert zum Brot-und-Butter-Geschäft. Rechtsanwältin Ines Straubinger, München Der nächste Termin am 9. und 10. November 2017 zum 14. Tag des Bank- und Kapitalmarktrechts in Berlin ist bereits vorgemerkt. 1 Zur aktuellen Rechtsprechung sprach Dr. Christian Grüneberg (Richter am BGH). 2 Prof. Dr. Jens Koch gab ein Update zur Bearbeitungsgebühr. 3 Prof. Dr. Dörte Poelzig referierte zu Versicherungsanlageprodukten. 4 8 Beim 13. Tag des Bank- und Kapitalmarktrechts traf sich die Anwaltschaft zum kollegialen Austausch. 9 Paul Assies (Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft) begrüßte die Teilnehmer. 10 Prof. Niko Härting sprach zu Regularien für Rechtsanwälte AnwBl 4 / 2017

85 Aus der Arbeit des DAV AG Handels- und Gesellschaftsrecht DAV-Stellungnahmen Verfassungsbeschwerde: Berufsverbot wegen Unwürdigkeit (8/17) Der Deutsche Anwaltverein hält durch seinen Verfassungsrechtsausschuss die Verfassungsbeschwerde der Frau N. für begründet. Es stellt einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, dass die Rechtsanwaltskammer und ihr folgend der AGH und der BGH Frau N. die Zulassung zur Anwaltschaft wegen Unwürdigkeit verweigert hat. Diskussion über Kinderehe (7/17) Die Diskussion um die Änderung des Eheschließungsrechts ist aus Sicht des Familienrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins unverständlich. Die Vorstellung, den Interessen von minderjährigen Verheirateten durch die Einführung der Nichtigkeit der Ehe besser gerecht zu werden, geht fehl. Der Schutz von Minderjährigen, die als solche im Ausland geheiratet haben und ihren Aufenthalt in Deutschland nehmen, ist durch familien-, straf- und kollisionsrechtliche Normen sichergestellt. Kein Richter auf Zeit (16/17) Der DAV hält den Richter auf Zeit im Verwaltungsprozess für verfassungswidrig, weil das Gewaltenteilungsprinzip den Einsatz von Lebenszeitbeamten verbietet. Art. 20 Abs. 2 GG gebietet eine klare Trennung zwischen Rechtsprechung und Exekutive, betont der DAV durch seinen Verfassungsrechtsausschuss in der DAV-Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht. Konkret geht es um den 18 VwGO, der mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz 2015 eingeführt wurde. Juristisches Referendariat (15/17) Angesichts der teilweise an Sozialhilfemaßstäben orientierten Unterhaltsoder Ausbildungsbeihilfen im Referendariat ist ein Zuverdienst für viele Referendare existenznotwenig. Der DAV fordert in seiner Initiativstellungnahme durch seine Ausschüsse Aus- und Fortbildung und Sozialrecht, die Referendarvergütung zu verbessern und bundesweit harmonisierte Bedingungen zu schaffen. Alle Stellungnahmen finden Sie im Internet unter DAV-PR-Referat Jour Fixe zur Reform der Pflegeversicherung Änderungen und Konsequenzen für Betroffene Thema des Jour Fixe des Deutschen Anwaltvereins mit Pressevertretern im November 2016 war die Reform der sozialen Pflegeversicherung. Rechtsanwalt Professor Ronald Richter (Vorsitzender AG Sozialrecht) vermittelte den Journalisten einen Überblick über die Änderungen und Konsequenzen für Betroffene. Ab dem 1. Januar 2017 gibt es mit der Neuformulierung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs grundlegende Änderungen im Pflegebereich. Dennoch informieren weder die Pflegekassen ihre Mitglieder noch der Gesetzgeber die Öffentlichkeit, so Richter kritisch. Vor allem Demenzkranke hätten noch bis zum Ablauf des Jahres 2016 einen Antrag auf Feststellung der eingeschränkten Alltagskompetenz stellen müssen, da sie in diesem Jahr noch einen Rabatt von 20 Prozent für die Zuerkennung des Pflegegrades erhielten. Ebenso hätten ambulant Versorgte noch 2016 tätig werden müssen, wenn sie 2017 in ein Pflegeheim möchten, da der Zuschuss der Pflegekassen künftig im stationären Bereich sinkt. Wer bereits zum 31. Dezember 2016 in einem Pflegeheim untergebracht ist, für den ändert sich hingegen nichts; dieser erhält Bestandsschutz, stellte Richter klar. Bei den Leistungsansprüchen ändert sich für bereits anerkannte Pflegebedürftige wenig. Die Leistungsansprüche werden aus den bisherigen Pflegestufen in die neu eingeführten fünf Pflegegrade automatisch zum Übergangsstichtag am 1. Januar 2017 übergeleitet. Damit sind entweder gleich hohe oder sogar höhere Leistungen als bisher verbunden. Erkrankte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz werden ab Januar 2017 immerhin um zwei Pflegegerade höher eingestuft (sog. Doppelsprung ). Die neue Gesetzeslage setzt damit insgesamt mehr auf Prävention und ambulante Versorgung. Wer ab 2017 eine stationäre Pflege begehrt, ist aber zweifelsohne schlechter gestellt als bisher. Rechtsassessorin Alexandra Nier, DAV, Berlin Die GmbH im Gesellschaftsund Steuerrecht 23. bis 24. Juni 2017 in München Aus dem Veranstaltungsprogramm: Gesellschafterkonflikt sowie Ausgestaltung der Geschäftsführung Die unbeschränkte Steuerpflicht der GmbH, die beschränkte Steuerpflicht der Kapitalgesellschaft ausländischer Rechtsform Fragen der Betriebsaufspaltung Schenkungsteuer bei Zuwendungen der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter 15 Stunden gem. 15 FAO Informationen und Anmeldung unter AnwBl 4 /

86 Aus der Arbeit des DAV Hamburgischer Anwaltverein Euro Tombola-Erlös für Rechtsberatung auf Lesbos Es war eine große Ballnacht, die der Hamburgische Anwaltverein (HAV) unter der Schirmherrschaft des Hamburger Justizsenators Till Steffen im Februar veranstaltete. Knapp 400 Gäste genossen den Hamburger Juristenball im Hotel Atlantic. Ein Höhepunkt: Die Tombola, mit der der HAV knapp Euro netto erlöste. Der HAV-Vorsitzende Andreas Schulte erklärte, warum der Verein die Einnahmen dem gemeinsamen Projekt des Rates der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) und des DAV European Lawyers in Lesvos spendet: Die Menschen, die an den EU-Außengrenzen ankommen, brauchen nicht nur Nahrung, Wasser und ein Dach über dem Kopf. Sie fragen nach Rechtsrat, und den wollen europäische Anwälte leisten. DAV-Hauptgeschäftsführer Dr. Cord Brügmann dankte den Ballbesuchern: Europäische Rechtsanwälte haben schon knapp Stunden Pro-bono- Rechtsrat erteilt. Mit Ihrem Beitrag können wir es weiteren Kollegen erlauben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Foto: DAV-Hauptgeschäftsführer Dr. Cord Brügmann nimmt den Scheck von Dr. Martin Wilhelmi entgegen (hinten HAV-Geschäftsführerin Claudia Leicht). Deutscher Anwaltverein Besserer Schutz für Anwältinnen und Anwälte in China Der DAV setzt sich gemeinsam mit namhaften Juristen aus aller Welt für den besseren Schutz von Anwältinnen und Anwälten in China ein. In einem Schreiben an den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping erinnerten die Experten an die Achtung der Menschenrechte. Insbesondere Fälle, in denen es offensichtlich zu Misshandlungen von Anwältinnen und Anwälten gekommen ist, seien unverzüglich aufzuklären. Anlass war der jährlich stattfindende Tag des bedrohten Anwalts im Januar AG Erbrecht Testamentsvollstreckung in Rechtsprechung und Praxis 10. Fachtagung ErbR in Karlsruhe Die Fachtagung ErbR der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht konnte in diesem Jahr zum Thema Testamentsvollstreckung in Rechtsprechung und Praxis ein Jubiläum feiern und mit 100 Teilnehmern an bisherige Erfolge anknüpfen. Doch damit nicht genug: In diesem Jahr bot die als Tagesseminar etablierte Veranstaltung am Vortag mit einer Auftaktveranstaltung Forum großes Nachlassgericht auf, zu der bereits 70 Teilnehmer anreisten. Am Vortrag der Tagung stellt der Ausschuss Erbrecht im DAV die Frage, ob es einer Spezialisierung der Gerichte im Erbrecht und vielleicht sogar einer Einrichtung eines Großen Nachlassgerichts in Erbsachen bedarf. Hierzu war zu einer offenen Podiumsdiskussion unter Leitung des Vorsitzenden des Gesetzgebungsausschusses Prof. Dr. Andreas Frieser eingeladen worden. Eingeleitet wurde diese durch einführende Kurzreferate, bei denen sich der Gesetzgebungsausschuss mit Prof. Dr. Rainer Kanzleiter, Prof. Dr. Ludwig Kroiß und Dr. Stefan Poller der Unterstützung namhafter und erfahrener Erbrechtler gewiss sein durfte. Rechtsanwalt Richard Lindner schaute zu Beginn der eigentlichen Tagung auf 10 erfolgreiche Jahre der ErbR-Tagung zurück. Ihm dankte der Vorsitzende der AG Erbrecht Dr. Wolfram Theiss für sein jahrelanges Engagement. Prof. Dr. Ingo Drescher, Richter des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes, bedankt sich zu Beginn des ersten Referates dafür, als Gesellschaftsrechtler im Erbrecht wildern zu dürfen und präsentierte die Rechtsprechung seines Senates zum Thema Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen. Die Tatsache, dass es nur von einer überschaubaren Anzahl von Fällen zu berichten gab, deutete Drescher positiv: Dies zeige, dass es in der Praxis bei allen dogmatischen Fragen letztlich gut laufe. Eberhard Rott, Rechtsanwalt aus Bonn und Vorsitzender der AGT, widmet sich mit der Vergütung des Testamentsvollstreckers einem weiteren streitanfälligen Thema. Empirische Daten zeigten, dass es in letztwilligen Verfügungen kaum praxistaugliche Regelungen zur Vergütung des Testamentsvollstreckers gebe, was wohl nicht zuletzt an einer Ermüdung von Mandant und Berater am Ende des Beratungsprozesses liege. Last but not least referierte Roland Wendt (ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof), der seit der ersten ErbR- Tagung 2007 in jedem Jahr in Karlsruhe mit dabei war. In diesem Jahr trug sein Vortrag den gewohnt literarischen Titel Der Regent und sein Vollstrecker: Regieren aus dem Grab! Beschränkungen des Testamentsvollstreckers: Bindung, Dauer, Ersetzung, Bedingung. Den Testamentsvollstrecker kennzeichnet Wendt als einen vom Erblasser als Sonnenkönig mit Allmacht ausgestatteten Verwalter. Seine Macht sei allein durch das Gesetz begrenzt. Rechtsanwalt Christoph Peter, Würselen Die nächste ErbR-Tagung wird am 12. Oktober 2017 in München zum Thema Erbschaftsteuerrecht stattfinden. DAV Italien Eröffnung des Gerichtsjahres in Mailand Der Deutsche Anwaltverein Italien (DAV Italien) hatte auch 2017 die Ehre, den Deutschen Anwaltverein (DAV) bei der Eröffnung des italienischen Gerichtsjahres in Mailand auf Einladung der Rechtsanwaltskammer Mailand zu vertreten. Für den DAV Italien nahm im Januar 2017 seine Schatzmeisterin Avvocata und Rechtsanwältin Paola della Campa am Runden Tisch teil, dieses Mal unter dem Motto New families: which rights. Sowohl lokale als auch internationale Redner befreundeter Rechtsanwaltskammern und internationaler Institutionen beleuchteten verschiedene Aspekte des Themas, dessen Wahl auf die seit Juni 2016 in Italien geltende Regelung zur eingetragenen Lebenspartnerschaft zurückgeht. Paola della Campa erläuterte in diesem Zusammenhang die Sicht des DAV auf das europäische Familienrecht, ging dabei auf Inhalt und Bedeutung der neuen EU-Verordnung Nr. 2016/1104 zu Fragen der güterrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften ein und begrüßte, dass die Verordnung am 29. Januar 2019 in Kraft trete. 436 AnwBl 4 / 2017

87 Aus der Arbeit des DAV Deutsche Anwaltakademie Zusatztermine Reform Bauvertragsrecht Wegen der großen Nachfrage bietet die Deutsche Anwaltakademie weitere Zusatztermine des Seminares Reform des Bauvertragsrechts an. Am 17. Mai findet eine Veranstaltung mit diesem Thema in Frankfurt am Main statt und am 18. Mai eine weitere in München. Die Teilnehmer erhalten dort einen Überblick über die umfassenden Änderungen im privaten Baurecht, über die jeder in diesem Bereich agierende Anwalt informiert sein sollte. Qualitätsmanagementsystem ist rezertifiziert Vor kurzem wurde das Qualitätsmanagement der Deutschen Anwaltakademie erneut nach der Qualitätsnorm DIN EN ISO 9001:2008 rezertifiziert. Damit ist erneut bestätigt, dass die Anwaltakademie auch weiterhin Seminare und Fachanwaltskurse auf höchstem Niveau anbieten kann. Durch das QM-System wird gleichzeitig dafür gesorgt, dass immer weiter an Verbesserungen gearbeitet wird. Arbeitsrecht kompakt In dem neu strukturierten Kurs Arbeitsrecht kompakt können sich Rechtsanwälte vom 11. bis 13. Mai auf einen Schlag auf den neuesten Stand im Arbeitsrecht bringen. Losgelöst von der Hektik des Büroalltags werden aktuelle Brennpunkte der arbeitsrechtlichen Praxis behandelt. Der Kurs besteht aus 4 Blöcken zu je fünf Vortragsstunden. Die Teilnehmer können den gesamten Kurs besuchen oder sich aus den Themenblöcken das für sie passende Seminar zusammenstellen. DAT für Einsteiger Gemeinsam mit dem Deutschen Anwaltverein, der AG Sportrecht und dem Forum Junge Anwaltschaft lädt die Anwaltakademie beim Deutschen Anwaltstag in Essen Junganwälte zum Deutschen Anwaltstag für Einsteiger ein. Am 24. Mai ab Uhr erwarten die Teilnehmer Vorträge zur Future of The Legal Profession und zu Neuen Tätigkeitsfeldern für Anwälte am Beispiel E-Gaming. Mehr Informationen dazu unter Weitere Informationen finden Sie im Internet unter Mitgliederversammlung Deutscher Anwaltverein am Mittwoch, den 24. Mai 2017, Beginn: Uhr im Congress Center Essen, Messe Essen West, Norbertstrasse 2, Essen. Tagesordnung 1. Begrüßung und Eröffnung durch den Präsidenten 2. Grußworte 3. Verleihung der Ehrenzeichen 4. Kassenbericht der Schatzmeisterin 5. Tätigkeitsbericht des Hauptgeschäftsführers 6. Aussprache zum Tätigkeitsbericht des Hauptgeschäftsführers und zum Kassenbericht der Schatzmeisterin 7. Wahl der Stimmzähler für eventuelle schriftliche Abstimmungen 8. Genehmigung des Jahresabschlusses Wahl des Kassenprüfers 2017 und seines Vertreters 10. Entlastung des Vorstandes 11. Vorstandswahl 12. Verschiedenes Anträge und Ergänzungen zur Tagesordnung werden gemäß 16 Abs. 2 der Satzung des Deutschen Anwaltvereins bis spätestens zwei Wochen vor Beginn der Mitgliederversammlung in schriftlicher Form an die Geschäftsstelle des Deutschen Anwaltvereins, Littenstraße 11, Berlin, Fax: 0 30/ erbeten. Mitgliederversammlung AG Allgemeinanwalt Mitgliederversammlung am Freitag, 26. Mai 2017, Uhr Congress Center Essen, Norbertstraße 2, Essen Tagesordnung 1. Eröffnung durch den Vorsitzenden 2. Tätigkeitsbericht des Geschäftsführenden Ausschusses 3. Kassenbericht des Schatzmeisters 4. Allgemeine Aussprache 5. Genehmigung des Jahresabschlusses Entlastung des Geschäftsführenden Ausschusses 7. Wahl des Kassenprüfers 2017/ Wahl des Geschäftsführenden Ausschusses 9. Weitere Arbeitsplanung 10. Verschiedenes. Nach 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwalt sind Anträge und Ergänzungen zur Tagesordnung bis 21 Tage vor der Mitgliederversammlung an die Geschäftsstelle des Deutschen Anwaltvereins (Littenstr. 11, Berlin) zu richten. Mitgliederversammlung AG Mietrecht und Immobilien Der Geschäftsführende Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im DAV lädt alle Mitglieder herzlich zur Mitgliederversammlung am Freitag, 26. Mai 2017, von bis Uhr in der Messe Essen, Saal Deutschland (Messe-Süd), Norbertstraße 2, Essen, ein. Tagesordnung 1. Begrüßung, Eröffnung, Formalia 2. Jahresbericht für Ausblick für 2017/ Bericht des Schatzmeisters 5. Bericht der Kassenprüfer 6. Aussprache 7. Entlastung des Geschäftsführenden Ausschusses 8. Wahl der Kassenprüfer für Verschiedenes Anträge von Mitgliedern sind auf die Tagesordnung zu setzen, wenn sie spätestens 21 Tage vor der Mitgliederversammlung dem Geschäftsführenden Ausschuss vorliegen und von mindestens 10 Mitgliedern unterstützt werden. Bitte senden Sie Ihre Anträge an die Anschrift: Deutscher Anwaltverein, Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien, Littenstraße 11, Berlin. Die Mitgliederversammlung findet während der DAT-Tagung der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien (26. Mai 2017, Uhr) statt, welche die Arbeitsgemeinschaft alljährlich auf dem Deutschen Anwaltstag (DAT) veranstaltet. Fragen zur Organisation beantwortet Ihnen gerne Dr. Cornelia Fabian, Deutsche Anwaltakademie, Littenstr. 11, Berlin, Tel.: , Fax: Das Programm der Tagung finden Sie auf unserer Website im DAT-Programm, das dem März-Heft des Anwaltblatts beilag und unter Die Teilnahme allein an der Mitgliederversammlung von Uhr ist kostenfrei möglich. AnwBl 4 /

88 Aus der Arbeit des DAV Mitgliederversammlung AG Kanzleimanagement Die Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement findet im Rahmen des Deutschen Anwaltstages am 25. Mai 2017 ab 18 Uhr im Congress Center Essen; AdvoTec 1 (Messe West), statt. Zur Mitgliederversammlung lädt der Geschäftsführende Ausschuss die Mitglieder hiermit herzlich ein. Die Tagesordnung wird wie folgt bekannt gegeben: Tagesordnung 1. Geschäftsbericht des Geschäftsführenden Ausschusses 2. Bericht des Schatzmeisters 3. Bericht des Kassenprüfers 4. Aussprache 5. Entlastung des Geschäftsführenden Ausschusses 6. Wahl der Kassenprüferin/des Kassenprüfers 7. Verschiedenes Anträge von Mitgliedern zur Tagesordnung sind nach der Satzung bis spätestens 21 Tage vor der Mitgliederversammlung (Eingang) schriftlich an den Geschäftsführenden Ausschuss der AG Kanzleimanagement im Deutschen Anwaltverein, Littenstraße 11, Berlin, zu richten. Mitgliederversammlung Forum Junge Anwaltschaft Der Geschäftsführende Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Forum Junge Anwaltschaft im DAV lädt ein zur Mitgliederversammlung am Mittwoch, den 24. Mai 2017 um Uhr auf dem Deutschen Anwaltstag, Messe Essen- West, Saal Rheinland, Norbertstraße 2, Essen. Tagesordnung 1. Eröffnung durch die Vorsitzende 2. Geschäftsbericht des Geschäftsführenden Ausschusses 3. Bericht des Schatzmeisters 4. Bericht des Kassenprüfers 5. Aussprache 6. Entlastung des Geschäftsführenden Ausschusses 7. Wahl der Kassenprüferin/des Kassenprüfers 8. Erhöhung des Mitgliedsbeitrages 9. Änderung der Geschäftsordnung 10. Wahl des Geschäftsführenden Ausschusses 11. Verschiedenes Anträge von Mitgliedern sind auf die Tagesordnung zu setzen, wenn sie spätestens 21 Tage vor der Mitgliederversammlung dem Geschäftsführenden Ausschuss schriftlich vorliegen und von mindestens 10 Mitgliedern unterstützt werden. Die Anträge sind zu richten an den Deutschen Anwaltverein e.v., Arbeitsgemeinschaft Forum Junge Anwaltschaft, Littenstraße 11, Berlin. 2 Abs. 1 S. 1 der Geschäftsordnung soll durch folgenden Satz ersetzt werden: (1) Das Forum Junge Anwaltschaft fördert zur Unterstützung des und im Einvernehmen mit dem DAV die sich aus der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit ergebenden ideellen und wirtschaftlichen Interessen der jungen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie der Rechtsassessoren, Rechtsreferendare, Absolventen des ersten juristischen Staatsexamens und der Studenten der Rechtswissenschaften, die den Anwaltsberuf ergreifen wollen. 3 Abs. 1 S. 1 der Geschäftsordnung soll durch folgenden Satz ersetzt werden: (1) Mitglied des Forum Junge Anwaltschaft kann jede Rechtsanwältin und jeder Rechtsanwalt sein, die/der das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sowie alle Rechtsassessoren, Rechtsreferendare, Absolventen des ersten juristischen Staatsexamens und Studenten der Rechtswissenschaften. 4 Abs. 1 S. 1 der Geschäftsordnung soll durch folgenden Satz ersetzt werden: (1) Die Mitgliedschaft endet durch Tod, durch Austritt, durch Verlust der Zulassung als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt, durch Vollendung des 45. Lebensjahres zum Jahresende, wenn das Mitglied zwei Jahre nach Erstzulassung als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt und Aufnahme in das Forum Junge Anwaltschaft einem dem DAV angeschlossenen Anwaltverein nicht beigetreten ist, zum Jahresende, durch Verlust der Mitgliedschaft im DAV oder einem dem DAV angeschlossenen Anwaltverein zum Jahresende oder durch Ausschluss. 6 Abs. 1 S. 2 der Geschäftsordnung soll durch folgenden Satz ersetzt werden: Dieser setzt sich aus bis zu sieben Mitgliedern und zwei vom Gesamtvorstand des Deutschen Anwaltvereins im Einvernehmen mit dem Forum Junge Anwaltschaft zu benennenden Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälten, die Mitglied in einem dem Deutschen Anwaltverein angeschlossenen Anwaltverein oder im Deutschen Anwaltverein sind, zusammen. Mitgliederversammlung AG Migrationsrecht Der Geschäftsführende Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im DAV lädt alle Mitglieder ein zur Mitgliederversammlung am , bis ca Uhr im Stadthotel Am Römerturm, St. Apern-Str. 32, Köln Tagesordnung 1. Begrüßung durch den Vorsitzenden des Geschäftsführenden Ausschusses 2. Geschäftsbericht des Geschäftsführenden Ausschusses 3. Bericht des Schatzmeisters 4. Bericht des Kassenprüfers 5. Aussprache zu den Punkten Entlastung des Geschäftsführenden Ausschusses 7. Neuwahl des Geschäftsführenden Ausschusses 8. Wahl eines Kassenprüfers 9. Anregungen zu Aktivitäten (Fortbildung, Mitgliederversammlung, Sonstiges) 10. Verschiedenes Personalien Christian Semmler Würzburger Anwaltverein: Zum neuen Vorsitzenden ist Rechtsanwalt Christian Semmler gewählt worden. Er löst damit Rechtsanwältin Christina Glück ab, die den Verein seit 2006 führte. Der Würzburger Anwaltverein besteht seit über 100 Jahren und zählt 313 Mitglieder. Axel Fachtan Anwaltverein Fürstenwalde: Rechtsanwalt Axel Fachtan ist zum neuen Vorsitzenden gewählt worden. Er löst damit Rechtsanwalt Uwe Treptau ab der den Vorsitz zwei Jahre inne hatte. Der Anwaltverein Fürstenwalde wurde 1996 gegründet und zählt heute 21 Mitglieder. 438 AnwBl 4 / 2017

89 Haftpflichtfragen 440 Die Handakten des Anwalts welche Pflichten treffen den Anwalt? Jacqueline Bräuer, Allianz Versicherung, München Rech tsprechung 442 Fachanwalt werden: Nachbessern des Antrags im Gerichtsverfahren möglich BGH, Urt. v AnnwZ (Brfg) 53/15 Der Fachanwaltskurs ist absolviert, aber die Fälle fehlen noch? Deswegen müssen sich Anwältinnen und Anwälte immer pflichtfortbilden. Bei Antrag auf Verleihung des Fachanwalts gibt es manchmal Streit um die Fortbildung nach dem Kurs. Jetzt ist klar: Der Antrag kann auch vor Gericht nachgebessert werden. 446 Anwalt darf bei Überlastung und Urlaub auf erste Fristverlängerung blind vertrauen BGH, Beschl. v IX ZB 34/16 Bei Arbeitsüberlastung und Urlaub darf ein Anwalt grundsätzlich darauf vertrauen, dass seinem ersten Antrag auf Fristverlängerung stattgegeben wird. Er muss auch nicht bei Gericht nachfragen selbst, wenn das monatelang auf den Fristverlängerungsantrag nicht reagiert ,5 Stunden Wartezeit sind bei Terminsgebühr erhöhend zu berücksichtigen LSG Schleswig, Beschl. v L 5 SF 91/15 B E Nicht immer beginnt die mündliche Verhandlung pünktlich. Wartezeiten des Anwalts von mehr als 15 Minuten sind bei seiner Vergütung zu berücksichtigen. Das hat das LSG Schleswig entschieden. Amtsgericht_Seligenstadt Rechtsprechung Saubere Aktenführung liegt im ureigenen Interesse des Anwalts. Die Regelungen zur Handakte in der BRAO sind schwer verständlich und die kleine BRAO-Reform ändert sie jetzt. Die Autorin erläutert, was die Anwältin und der Anwalt über seine Handakten unbedingt wissen sollte.

90 Haftpflichtfragen Haftpflichtfragen Die Handakten des Anwalts welche Pflichten treffen den Anwalt? Gesetzgeber will in der kleinen BRAO-Reform 50 BRAO klarer fassen Jacqueline Bräuer, Allianz Versicherung, München Nicht nur der Anwalt hat Handakten zu führen, sondern auch Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. So vergleichbar die Berufe auch sind, die Regelungen über die Handaktenführung sind nicht einheitlich, so gibt es beispielsweise bereits hinsichtlich der Aufbewahrungsfristen Unterschiede. Nachdem sich diese verschiedenen Berufe immer öfter assoziieren, wären gleichförmige Regelungen generell wünschenswert. Regelungen zu den Handakten des Anwalts finden sich in der BRAO und in der anwaltlichen Berufsordnung (BORA). Der Begriff Handakte wird in den einzelnen Vorschriften von BRAO und BORA mit offensichtlich unterschiedlichem Inhalt und insofern missverständlich verwendet. Dieser Wirrwarr soll durch die kleine BRAO-Reform entschärft werden die bei Erscheinen des Heftes vor der Verkündung stehen wird (siehe dazu in diesem Heft AnwBl 2017, 360). Was muss der Anwalt aktuell in Bezug auf die Handakten tun oder lassen? Und was genau sind die Handakten eigentlich? I. Was sind Handakten? Gemäß 50 Abs. 1 BRAO muss der Anwalt durch Anlegung von Handakten ein geordnetes Bild über die von ihm entfaltete Tätigkeit geben können. Das meint wohl, dass man anhand der Handakte nachvollziehen können muss, wie das Mandat verlaufen ist, wann mit wem wie korrespondiert wurde. Man würde also erwarten, dass gemeint ist, dass sämtlicher Schriftwechsel chronologisch abgeheftet ist. Wenn man dann in 50 BRAO weiterliest, kommt allerdings Verwirrung auf. In Absatz 4 heißt es nämlich, Handakten im Sinne der Absätze 2 und 3 seien nur Schriftstücke, die der Anwalt von seinem Mandanten oder für seinen Mandanten erhalten hat, nicht aber der geführte Schriftwechsel. Offensichtlich enthält die Vorschrift des 50 BRAO den Begriff Handakte mit zwei unterschiedlichen Bedeutungen: auf der einen Seite in Absatz 1 und dann anders in den Absätzen 2 und 3. Was der Anwalt vom Mandanten erhält (vgl. Absätze 2 und 3), ist je nach Mandatsgegenstand sehr unterschiedlich. Das kann der Original-Mietvertrag sein oder der Original-Arbeitsvertrag oder eine Notarurkunde oder diverses mehr, beispielsweise auch Korrespondenz, die der Mandant selbst schon mit seinem Gegner geführt hatte. Dass der Mandant solche Originale irgendwann wieder zurück haben will, spätestens, wenn das Mandat beendet ist, liegt auf der Hand. Der Anwalt braucht diese (Original-)Unterlagen schließlich auch nur vorübergehend, um das Mandat ordentlich bearbeiten zu können. Absatz 2 befasst sich mit der Aufbewahrung der Handakten, Absatz 3 mit der Herausgabe der Handakten an den Mandanten. Beide Absätze meinen die Unterlagen des Mandanten. Absatz 1 dagegen hat die Schriftstücke im Fokus, die der Anwalt im Verlauf der Mandatsbearbeitung produziert, welche er eben sortiert abheften soll, um seine Tätigkeit nachvollziehbar werden zu lassen. Ohne diese klare Ansage in Absatz 4, dass die Absätze 2 und 3 anders zu verstehen sind als der Absatz 1, würde man die Unterscheidung aus den Regelungen selbst nicht ohne weiteres erkennen. Der Gesetzgeber hat hier eine sehr unglückliche Wortwahl getroffen derselbe Begriff wird für zwei ganz unterschiedliche Dinge verwendet. Man muss also immer genau überlegen, was gerade gemeint ist, wenn der Begriff Handakte im Raum steht. Immer wieder sind die Anwälte selbst verunsichert. Insofern ist die geplante Neufassung längst überfällig. II. Geordnetes Bild der Tätigkeit Dass der Anwalt über die Mandatsbearbeitung chronologisch Buch führt, eigene Schriftsätze in Kopie und Schriftsätze des Gegners und sonstige Dinge geordnet abheftet, sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Schließlich wird er nicht nur dieses eine Mandat bearbeiten und muss sich jedes Mal, wenn er die Sache erneut in die Hand nimmt, wieder vergegenwärtigen, wie der aktuelle Stand ist, wann mit wem worüber kommuniziert wurde. Und auch nach Beendigung des Mandats muss nachvollzogen werden können, was unternommen wurde oder nicht. Ansonsten wäre der Anwalt Haftungsvorwürfen generell vollkommen schutzlos ausgesetzt. Saubere Aktenführung liegt also im zwingenden ureigenen Interesse des Anwalts. Ob die Akten als Papierhefter geführt werden oder elektronisch, ist nicht vorgeschrieben. War die Papierakte noch vor wenigen Jahren völlig selbstverständlich, geht der Trend jetzt deutlich zur digitalen Aktenführung nicht zuletzt natürlich aus Platzgründen; viele Kanzleien tun sich schwer damit, Papierberge jahrelang aufzubewahren. Es ist dann letztlich eine Frage der Handhabbarkeit, wie man in einer Besprechung oder vor Gericht mit einer digitalen Akte klarkommt. Die Gerichte selbst forcieren inzwischen die digitale Akte, Stichwort besonderes elektronische Anwaltspostfach, und Richter führen beispielsweise zunehmend selbst am Notebook Protokoll. Wenn die Anwälte auf beiden Seiten dann in der Verhandlung auch noch ihre Notebooks auspacken, hat das also längst nichts Exotisches mehr. Papier oder digital wichtig ist, dass man sich problemlos zurechtfindet und eine längerfristige Archivierung erfolgt. III. Herausgabeverlangen nachfolgend beauftragter Kollegen Immer wieder kommt es vor, dass das Mandat beendet und ein neuer Kollege seitens des Mandanten beauftragt wird. Wenn der Anwalt ordentlich gearbeitet hat, hatte er natürlich dem Mandanten sämtlichen Schriftwechsel jeweils in Kopie geschickt. Der Ex-Mandant müsste also seinen neuen anwaltlichen Vertreter mit allem Erforderlichen versorgen können, damit dieser auf den aktuellen Stand kommt. Trotzdem bittet immer wieder der nachfolgend beauftragte Anwalt um die Herausgabe der Unterlagen, der Handakte oder wie immer es formuliert wird. Man ist oft nicht sicher, was denn wirklich gewollt ist, also was genau auf der anderen Seite eigentlich 440 AnwBl 4 / 2017 Die Handakten des Anwalts welche Pflichten treffen den Anwalt?, Bräuer

91 Haftpflichtfragen fehlt. Die Unschärfe des Begriffes Handakte trägt sicher zur Verunsicherung bei. Geht es dem neu beauftragten Kollegen wirklich um den geführten Schriftwechsel, weil beispielsweise der Mandant die in Kopie erhaltenen Schriftsätze nicht sorgsam aufgehoben hat, so hat das nichts mit der Herausgabe der Handakte zu tun, die in 50 Abs. 3 BRAO und 17 der Berufsordnung geregelt ist. Hier ist vielmehr die rein kollegial gemeinte Bitte zu verstehen, die Kopien, die der Mandant eigentlich schon hat, aber nicht mehr findet, doch einfach nochmal direkt an den neuen Kollegen zu schicken, damit dieser sein Mandat bearbeiten kann. Ob man dieser Bitte nachkommt oder nicht, ist dann eben auch eine Frage der vorhandenen oder fehlenden Kollegialität. Eine Pflicht zur Erstellung erneuter Kopien, die schon an den Mandanten herausgegeben worden waren, besteht nicht. Absolut unsinnig wäre es allerdings, dem neuen Kollegen einfach die eigene (Original-)Akte, die alle abgelegten Schriftsätze enthält, herauszugeben, ohne selbst noch Unterlagen zu behalten. Bei digitaler Aktenführung stellt sich das Problem so nicht, eine Reproduktion ist immer wieder möglich. Aber bei Herausgabe der eigenen Papierakte steht der Anwalt letztendlich völlig ohne Unterlagen da; im nicht selten nachfolgenden Haftungsfall damit zugleich auch ohne Aufklärungs- und Verteidigungsmöglichkeit. In letzter Konsequenz wird der Anwalt dann den neu beauftragten Kollegen um einen Satz Kopien bitten müssen. Natürlich sollte man sich in diese Sackgasse nicht begeben man vereitelt zudem auch die eigene Aufbewahrungspflicht nach 50 Abs. 2 S. 1 BRAO. Wenn man Teile der eigenen Handakte weitergibt, dann sinnvollerweise nur in Form von Kopien oder Ausdrucken oder elektronisch. IV. Unterlagen des Mandanten Zurückbehaltung oder Herausgabe Verlangt dagegen der Mandant oder dessen neuer Anwalt die Originalunterlagen des Mandanten zurück, die im Lauf des Mandats dem Anwalt überlassen worden waren, so geht es letztlich um einen Anspruch auf Herausgabe fremden Eigentums. Es besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Herausgabe, unter Umständen kann der Anwalt die Herausgabe aber als Druckmittel für die vorherige Bezahlung seiner Rechnung benutzen. Allerdings kann man hier viel falsch machen. 50 Abs. 3 S. 2 BRAO verbietet die Zurückbehaltung, soweit die Verweigerung der Herausgabe nach den Umständen unangemessen ist. Was ist hier gemeint? Der Wert der offenen Rechnung im Verhältnis zum verkörperten Inhalt der Unterlagen? 17 der Berufsordnung eröffnet einen Mittelweg: hier ist allerdings die Rede von einem berechtigten Herausgabeinteresse des Mandanten. Soll dies das Pendant sein zur unangemessenen Verweigerung? Vor dem Hintergrund der berechtigten Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts soll der Anwalt ersatzweise Kopien statt der Originale an den Mandanten herausgeben können, wenn dessen Herausgabeinteresse quasi genauso stark ist wie das anwaltliche Zurückbehaltungsrecht. Diese Regelung wird wohl in der Praxis nur Relevanz haben, wenn der Mandant seine Originale tatsächlich weggegeben hatte, ohne sich davon vorher Kopien gemacht zu haben. Und wenn schließlich der Mandant unbedingt die Originale braucht und nicht nur Kopien davon, so soll ein weiterer Anwalt als Treuhänder für die Originale fungieren können, allerdings wegen 3 Abs. 1 S. 2 BORA besser nicht der neu beauftragte Anwalt des Mandanten. Aber der Mandant wird die Originale nun gerade benötigen, um sie irgendwo vorzulegen. Was nützt es ihm also an dieser Stelle, dass ein anderer Anwalt sie für ihn verwahrt? Zur Verwendung bekommen kann er die Originale erst nach Zahlung der Anwaltsrechnung. Ansonsten läuft der Treuhänder Gefahr, dem Anwalt, dessen Rechnung immer noch unbezahlt ist, für den Verlust seines Zurückbehaltungsrechts zu haften. Hier dreht man sich offensichtlich im Kreis. V. Aufbewahrungspflicht Derzeit sieht 50 Abs. 2 S. 1 BRAO eine Aufbewahrung der Unterlagen für fünf Jahre ab Beendigung des Auftrags vor. Dies scheint nicht stimmig vor dem Hintergrund, dass etwaige Regressansprüche gegen den Anwalt grundsätzlich in längstens zehn Jahren ab Schadenentstehung beziehungsweise in drei Jahren ab Jahresende in dem Jahr der Kenntnis des Mandanten vom möglichen Schadenersatzanspruch verjähren das wird oft erst nach Ende der fünfjährigen Aufbewahrungszeit sein. Insofern bietet es sich im eigenen Interesse des Anwalts an, die Unterlagen deutlich länger aufzubewahren, zehn Jahre ab dem Jahresende des Jahres, in dem das Mandat endete, scheinen jedenfalls sinnvoll. VI. Geplante Gesetzesänderung: kleine BRAO-Reform Kern der geplanten Änderung des 50 BRAO in der kleinen BRAO-Reform ist, zum einen die Aufbewahrungspflicht auf sechs Jahre ab dem Jahresende des Jahres, in dem das Mandat beendet wurde, zu verlängern sowie zum anderen die Begrifflichkeiten klarer zu fassen. So soll künftig zwischen der Handakte als der Ablage des Anwalts auf der einen Seite und den Schriftstücken des Mandanten auf der anderen Seite unterschieden werden. Das Gesetz sieht künftig auch eine eigenständige Aufbewahrungspflicht für die vom Mandanten erhaltenen Unterlagen vor. Dieser wohl als Belastung empfundenen Aufbewahrungspflicht solcher Mandantenunterlagen soll der Anwalt künftig entgehen können, wenn er den Mandanten zur Entgegennahme der Originale aufgefordert hat und dieser in den nächsten sechs Monaten der Aufforderung nicht nachkommt. Der Anwalt wird dann wohl Originalurkunden künftig binnen kurzer Zeit vernichten. Nach bisherigem Recht sind solche Unterlagen immerhin fünf Jahre zu verwahren, so wie die gesamte Handakte eben. Die kleine BRAO-Reform hat nun im fünften Anlauf am 8. März 2017 den Rechtsausschuss des Bundestags passiert. Der Durchlauf beim Bundesrat könnte am 31. März 2017 erfolgen. 50 BRAO würde einen Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Jacqueline Bräuer, München Die Autorin ist Assessorin und bei der Allianz Versicherungs AG tätig. Der Beitrag gibt ihre persönliche Meinung wieder. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. Rechtsprechung Die Handakten des Anwalts welche Pflichten treffen den Anwalt?, Bräuer AnwBl 4 /

92 Rechtsprechung Anwaltsrecht Fachanwalt werden: Nachbessern des Antrags im Gerichtsverfahren möglich FAO 5 Abs. 1q, 15 Im anwaltsgerichtlichen Verfahren über die Verleihung eines Fachanwaltstitels ist der gesamte Streitstoff bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu verwerten. Daher sind bis zu diesem Zeitpunkt entsprechender Vortrag des Anwalts sowie vorgelegte Fortbildungsnachweise zu berücksichtigen. (Leitsatz der Redaktion) BGH, Urt. v AnwZ (Brfg) 53/15 Aus den Gründen: [8] 2. Der Senat hat die Berufung zugelassen, weil ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Anwaltsgerichtshofs bestanden, der die Abweisung der Klage mit dem nicht erbrachten Nachweis der erforderlichen Fortbildung für das Jahr 2009 begründet hat. Nach allgemeinem Verwaltungsprozessrecht gilt der Grundsatz, dass im anwaltsgerichtlichen Verfahren über die Verleihung der Befugnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung der gesamte Streitstoff bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu verwerten ist (Senat, Urteil vom 8. April 2013 AnwZ (Brfg) 16/12, NJW 2013, 2364 Rn. 12). Der betreffende Vortrag des Klägers in der Klageschrift und in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung sowie die von ihm in diesem Zusammenhang vorgelegten Nachweise sind zu berücksichtigen. Hiernach hat der Kläger die erforderlichen Fortbildungsnachweise für die Jahre 2009 und 2011 erbracht. [9] Zum Inhalt der Herbsttagung 2009 der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwaltverein hat der Kläger in der Begründung seines Antrages auf Zulassung der Berufung und in der Berufungsbegründung näher vorgetragen und hierdurch den Nachweis der nach 4 Abs. 2 i.v. m. 15 FAO a. F. erforderlichen mindestens zehn Fortbildungsstunden erbracht. [10] Dies gilt gleichermaßen für den Fortbildungsnachweis für das Jahr Wie auch die Beklagte nicht bestreitet, ist die vom Kläger nachgewiesene Teilnahme an der Herbsttagung 2011 der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwaltverein mit 12,5 Fortbildungsstunden anerkennungsfähig gemäß 15 FAO. [...] [15] b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 8. April 2013 AnwZ (Brfg) 54/11, BGHZ 197, 118 Rn. 20, 31 und vom 9. Februar 2015, aao Rn. 63 m.w. N.) ist im Anschluss an die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Fälle zu prüfen, welches Gewicht den einzelnen Fällen zukommt, das heißt ob Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit einzelner Fälle zu einer höheren oder niedrigeren Gewichtung führen ( 5 Abs. 4 FAO; zur Verfassungsgemäßheit dieser Regelung vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2013, aao Rn. 20 ff.). Die Gerichte haben regelmäßig eigenständig zu prüfen, ob die der angefochtenen Entscheidung der Rechtsanwaltskammer zugrunde liegenden Fallbewertungen zutreffend sind. Dem Fachausschuss kommt bei der Gewichtung der Fälle kein der richterlichen Nachprüfung entzogener Beurteilungsspielraum zu (Senat, Urteil vom 8. April 2013, aao Rn. 40). [...] [23] Zwar ist, wenn sich dem Rechtsanwalt in unterschiedlichen Fällen dieselben fach rechtlichen Fragen gestellt haben, eine Mindergewichtung der Wiederholungsfälle (nicht des ersten Falls) nicht zwingend. Sie ist jedoch gerechtfertigt, wenn Wiederholungsfälle eng miteinander verknüpft sind, etwa weil ihnen im Wesentlichen derselbe Lebenssachverhalt und eine gleich gelagerte rechtliche Problematik zugrunde liegt (Senat, Beschluss vom 20. April 2009 AnwZ (B) 48/ 08, BRAK-Mitt. 2009, 177, 179f.; Urteil vom 8. April 2013 AnwZ (Brfg) 54/11, aao Rn. 38). Dies trifft auf die Fälle 134 und 135 zu. Ihnen lagen mit Ausnahme der abgebildeten Person derselbe Lebenssachverhalt und dieselben Rechtsfragen aus dem Bereich des 14 j Nr. 3 FAO zugrunde. Dies begründet eine deutliche Mindergewichtung der Bearbeitung des Falls 135 mit einem Faktor von allenfalls 0,5. Anmerkung der Redaktion: Der Weg zum Fachanwaltstitel kann mühsam sein. Nicht nur muss der Fachanwaltskurs samt Klausuren absolviert werden. Falllisten sind zu erstellen. Und nach dem Kurs trifft den Anwärter die Pflicht zur Fachanwaltsfortbildung als wäre er schon Fachanwalt. Der Nachweis dieser Fortbildung kann für viel Streit sorgen, vor allem wenn zwischen Kurs und Verleihung einige Jahre vergangen sind oder die Inhalte der Fortbildung am Ende gar nicht für die Fachanwaltschaft taugen sollten. Im konkreten Fall hatte der Anwalt beantragt, ihm das Führen der Bezeichnung Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht zu gestatten. Als Fortbildungsnachweis hatte er unter anderem eine Teilnahmebescheinigung und ein Programm der Herbsttagung 2009 der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwaltverein eingereicht. Nach einem Hinweis der Anwaltskammer, dass Fortbildungsnachweise für 2011 bis 2013 fehlten, legte er für die Jahre 2012 und 2013 Kopien von Lehrgangszertifikaten vor. Gegen den ablehnenden Bescheid der Anwaltskammer ist er vorgegangen. Im Verfahren vor dem Hessischen Anwaltsgerichtshof hatte er für 2011 eine weitere Teilnahmebescheinigung und ein Programm der Herbsttagung 2011 der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwaltverein vorgelegt. Der Hessische Anwaltsgerichtshof hielt die Ablehnungsentscheidung der Anwaltskammer trotzdem für gerechtfertigt. Es fehle bereits an dem Fortbildungsnachweis für das Jahr Dem Programm der DAV-Herbsttagung 2009 könne eine zwölfstündige Fortbildung mit medien- und urheberrechtlichen Bezügen im Sinne von 15 FAO nicht entnommen werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit sei zudem der Erlass des angefochtenen Bescheids. Zu diesem Zeitpunkt hätten die erforderlichen Fortbildungsnachweise aber auch die nötige Anzahl der Fälle nicht vorgelegen. Der Bundesgerichtshof sah das anders und hat die Berufung des Anwalts zugelassen (BGH, AnwBl 2016, M 206). Der Anwaltssenat stellt nun in seinem Urteil klar, dass der Anwalt die erforderlichen Fortbildungsnachweise für die Jahre 2009 und 2011 erbracht habe, da es auf den Schluss der mündlichen Verhandlung ankäme. Der betreffende Vortrag des Anwalts in der Klageschrift und in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung sowie die in diesem Zusammenhang vorgelegten Nachweise seien zu berücksichtigen. Die Berufung des Anwalts hatte trotzdem im Ergebnis keinen Erfolg, weil ihm nicht der Nachweis der erforderlichen praktischen Erfahrungen gelungen war. Der Senat hat hinsichtlich einer Reihe der vorgelegten Fälle eine Höher- und Mindergewichtung vorgenommen. Danach ergab sich, dass die erforderliche Fallzahl nicht erreicht worden war. Gleichwohl ist das Urteil wichtig: Der Antrag auf Verleihung des Fachanwaltstitels kann im anwaltsgerichtlichen Verfahren notfalls nachgebessert werden. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 185). 442 AnwBl 4 / 2017 Anwaltsrecht

93 Rechtsprechung Fachanwalt Strafrecht: 40 Hauptverhandlungstage innerhalb von drei Jahren FAO 5 Abs. 1 Die für den Nachweis des Erwerbs besonderer praktischer Erfahrungen für den Fachanwalt für Strafrecht erforderlichen 40 Hauptverhandlungstage vor dem Schöffengericht oder einem höheren Gericht müssen innerhalb des Dreijahreszeitraums ( 5 Abs. 1 FAO) stattgefunden haben. (Leitsatz der Redaktion) BGH, Beschl. v AnwZ (Brfg) 49/16 Aus den Gründen: [3] 1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ( 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beklagte hat den Antrag des Klägers zu Recht abgelehnt. Wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, ist schon dem Wortlaut des 5 Abs. 1 FAO zu entnehmen, dass die 40 Hauptverhandlungstage vor dem Schöffengericht oder einem höheren Gericht innerhalb des Dreijahreszeitraums stattgefunden haben müssen. Hiervon ist der Senat dementsprechend in seinen Entscheidungen vom 20. April 2009 AnwZ (B) 43/08, NJW 2009, 2381 Rn. 5 und vom 11. März 2013 AnwZ (Brfg) 24/12, NJW-RR 2013, 891 Rn. 4 ohne weiteres ausgegangen (vgl. auch Henssler/ Prütting/Offermann-Burckart, BRAO, 4. Aufl., 5 FAO Rn. 114). Auf die Frage, ob der Kläger an dem zu Fall Nr. 13 der Liste als geplant aufgeführten Hauptverhandlungstermin vom 28. Oktober 2014 teilgenommen hat, kommt es angesichts des Fehlens von neun Hauptverhandlungstagen nicht an. [4] Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Dass für die anderen in 5 Abs. 1 FAO geregelten Fachgebiete keine Teilnahme an einer bestimmten Anzahl von Hauptverhandlungstagen bzw. Gerichtsterminen innerhalb des Dreijahreszeitraums verlangt wird, führt nicht zu ungleicher Behandlung gleicher Sachverhalte. Die Fallbearbeitung in den jeweiligen Fachgebieten unterscheidet sich; zum Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen (im Vergleich zu anderen Anwälten) können daher zwangsläufig nicht identische Anforderungen gestellt werden. Anmerkung der Redaktion: Der Anwalt hatte beantragt, ihm den Fachanwalt für Strafrecht zu verleihen. Das hatte die Anwaltskammer mit der Begründung abgelehnt, von den in seiner Fallliste aufgeführten 42 Hauptverhandlungstagen vor dem Schöffengericht oder einem übergeordneten Gericht würden nur 31 in den Dreijahreszeitraum des 5 Abs. 1 FAO fallen. Der AGH Brandenburg hatte die Klage dagegen zurückgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung hatte der Anwalt keinen Erfolg. Der Anwaltssenat bezieht sich auf den eindeutigen Wortlaut des 5 Abs. 1 FAO. Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sieht er nicht. Zum Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen könnten im Vergleich zu anderen Fachgebieten durchaus unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 188). Als Syndikusrechtsanwalt zugelassen: Schadenanwalt einer Versicherung BRAO 46, 46 a Ein in den für Firmenschadenersatz und Betriebshaftpflicht zuständigen Bereichen eines Versicherungsunternehmens tätiger Volljurist kann als Syndikusrechtsanwalt zuzulassen sein. (nicht rechtskräftig) AGH Hamm, Urt. v AGH 34/16 Aus den Gründen: Nach den Angaben in der Tätigkeitsbeschreibung klärt die Beigeladene im Rahmen der Prüfung geltend gemachter Schadenersatzansprüche eigenverantwortlich den rechtlich relevanten Sachverhalt und prüft die sich hieraus ergebenden versicherungsrechtlichen und haftungsrechtlichen Fragestellungen anhand der Anwendung gesetzlicher, untergesetzlicher und vertragsrechtlicher Bestimmungen. Nach abschließender Prüfung der Sach- und Rechtslage werden von der Beigeladenen Lösungsmöglichkeiten erarbeitet und bewertet, über die sie im Rahmen der ihr erteilten Vollmacht eigenständig entscheidet. Die Unabhängigkeit der Tätigkeit der Beigeladenen wird nicht, wie die Klägerin meint, dadurch in Frage gestellt, dass sie aufgrund umfassender Kodifizierung durch allgemeine und besondere Versicherungsbedingungen nur geringe Beurteilungsspielräume hinsichtlich der Frage des Vorliegens von Tatbestandsvoraussetzungen habe. Es liegt in der Natur der Rechtsberatung und -vertretung, dass allgemein gültige oder individuelle vereinbarte Kodifizierungen gleich welcher Art zu beachten sind. Sie sind das Wesen der Rechtsanwendung. Die entscheidende anwaltliche Tätigkeit ist die Erfassung des rechtlich relevanten Sachverhalts und die Subsumtion desselben unter die rechtlichen Vorgaben, um ein diesen entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Weder aus der Tätigkeitbeschreibung noch aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich, dass sie bei der Aufklärung des Sachverhalts oder der rechtlichen Bewertung und der Erarbeitung und Erzielung von Lösungen in ihrer Unabhängigkeit, etwa durch unternehmensinterne Handlungsanleitungen beschränkt wäre. Die Tätigkeit der Beigeladenen erfolgt vielmehr im Rahmen der rechtlichen Vorgaben und Vereinbarungen, zu denen auch die Versicherungsbedingungen zählen weisungsfrei. Die Aufklärung versicherungsrechtlicher Sachverhalte und ihre rechtliche Bewertung ist sehr komplex und hat nicht selten unter weitergehender Beweiswürdigung zu erfolgen. Es handelt sich dabei um tatsächlich und rechtlich komplexe und anspruchsvolle Tätigkeiten. [...] Die in der Tätigkeitsbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten erfüllen durchweg die in 46 Abs. 3 BRAO genannten Merkmale, sodass davon auszugehen ist, dass die Beigeladene ganz überwiegend mit anwaltlichen Tätigkeiten beschäftigt ist, diese also das Arbeitsverhältnis beherrschen. Aus der tarifrechtlichen Eingruppierung der Beigeladenen lassen sich keine Rückschlüsse auf die Prägung ihrer Arbeit durch anwaltliche Tätigkeiten ziehen. Die Beschreibung der Merkmale einer Tarifgruppe im Anhang zum Manteltarifvertrag regelt nicht die Tätigkeit eines Arbeitgebers, sondern umschreibt nur beispielhaft die Tätigkeitsmerkmale, die für die jeweilige Tarifgruppe prägend sind. Die zwischen der Beigeladenen und ihrem Arbeitgeber individuell vereinbarte Tätig- Rechtsprechung Anwaltsrecht AnwBl 4 /

94 Rechtsprechung keitsbeschreibung ist verbindlicher Inhalt des Anstellungsverhältnisses geworden und ist damit entscheidend. Mitgeteilt von der Rechtsanwaltskammer Köln Anmerkung der Redaktion: Streitigkeiten um den Status des Syndikusanwalts bestehen trotz des Syndikusgesetzes nach wie vor. Der AGH Hamm hat bereits in mehreren Entscheidungen zur Zulassungsfrage von Syndikusanwälten entschieden (siehe dazu unten die Übersicht und das Urteil auf dieser Seite, AnwBl 2017, 444). In diesem Fall ging es um eine klassische Schadenanwältin in einer Versicherung. Sie war als Volljuristin ab 2007 im Kompetenz-Center Firmenschaden-/Betriebshaftpflicht im Bereich Haftpflicht Unfall Sachschaden im Anstellungsverhältnis beschäftigt. Im März 2016 hatte sie die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin und als niedergelassene Anwältin beantragt. Wenig später hatte sie mit ihrer Arbeitgeberin eine Nachtragsvereinbarung getroffen, in der ihr bei ihrer Beschäftigung als Syndikusanwältin die unabhängige Ausübung und Weisungsfreiheit der anwaltlichen Tätigkeit zugesichert wurde. Im Mai 2016 erfolgte die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Zu ihren Aufgaben in der Abteilung Betriebshaftpflicht-/Transportschadenersatz-/Regressansprüche gehört die Anspruchsprüfung im Rahmen der Betriebshaftpflicht- und der Transportversicherung sowie der Haupthaftpflichtnebenrisiken der bei ihrem Arbeitgeber versicherten Freiberufler. Sie reguliert berechtigte Ansprüche, wehrt unberechtigte ab und führt Regresse durch. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hatte gegen den Zulassungsbescheid Klage erhoben. Die Beschäftigung sei nicht durch eine fachlich unabhängige und vorgabenfreie anwaltliche Tätigkeit geprägt. Bei Prüfung und Feststellung des Leistungsumfangs aus einem Versicherungsvertrag habe sie auf Grund umfassender Kodifizierung durch allgemeine und besondere Versicherungsbedingungen allenfalls einen geringen Beurteilungsspielraum. Ihre Eingruppierung in Tarifgruppe V des Tarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe sei ein weiteres Indiz dafür, dass sie keine Syndikusrechtsanwaltstätigkeit ausübe, sondern sachbearbeitend tätig sei. Das hat den AGH Hamm nicht überzeugt. Er hat daher die Klage abgewiesen. Die Tätigkeit entspreche den Anforderungen des 46 Abs. 2 bis 5 BRAO. Die Berufung hat er zugelassen. Nach Auskunft der Geschäftsstelle bei Gericht ist Antrag auf Zulassung der Berufung eingereicht worden. Eine weitere mittlerweile rechtskräftige Entscheidung des AGH Hamm, in der dieser die Zulassungsfrage zugunsten eines als Gruppenleiter bei einer Versicherung angestellten Juristen entschieden hatte, hatte das Anwaltsblatt bereits im Februar-Heft veröffentlicht (AGH Hamm, AnwBl 2017, 204). In einer Pressemitteilung hat der AGH Hamm auf weitere Entscheidungen seines 1. Senats zu Zulassungsfragen als Syndikusrechtsanwalt beziehungsweise Syndikusrechtsanwältin hingewiesen: Ein als Referent und Stellvertreter des geschäftsführenden Direktors bei einem Theaterunternehmen angestellter Jurist: Zulassung bejaht (AG Hamm, AnwBl Online 2017, 227, nicht rechtskräftig) Eine als Assistentin der Geschäftsleitung bei einem Unternehmen, das mit Kosmetika und Haarpflegeprodukten handelt, angestellte Juristin: Zulassung bejaht (AG Hamm, AnwBl Online 2017, 231, rechtskräftig) Ein bei einem Rückdeckungsverband deutscher Kommunalversicherer als Syndikusrechtsanwalt angestellter Jurist: Zulassung bejaht (AG Hamm, AnwBl Online 2017, 234, nicht rechtskräftig) Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 189). Keine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für freigestellten Betriebsrat BRAO 46, 46 a Die gegenwärtig ausgeübte Tätigkeit als freigestellter Betriebsratsvorsitzender steht einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit als Spezialist im Bereich Regress/Rückforderung entgegen. (Leitsatz der Redaktion) (nicht rechtskräftig) AGH Hamm, Urt. v AGH 50/16 Aus den Gründen: Doch auch für seine bis zum ausgeübte berufliche Tätigkeit als Spezialist im Bereich Regress/Rückforderung kann er eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht erhalten, da er diese Tätigkeit seit geraumer Zeit und bis auf Weiteres gerade nicht (mehr) ausübt. Dies ergibt sich bereits aus dem insoweit deutlichen Wortlaut der Zulassungsvorschriften: Gemäß 46 a Abs. 1 Nr. 3 BRAO muss die Tätigkeit des Syndikusanwalts den Anforderungen des 46 Abs. 2 5 BRAO entsprechen. Gemäß 46 Abs. 2 S. 1 BRAO muss der Syndikusrechtsanwalt für seinen Arbeitgeber anwaltlich tätig sein. Gemäß 46 Abs. 3 BRAO liegt eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des 46 Abs. 2 S. 1 BRAO nur vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch die in 46 Abs. 3 Ziff. 1 bis 4 aufgeführten Tätigkeiten und Merkmale geprägt ist. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der ganz eindeutige Schwerpunkt der ausgeübten Tätigkeiten im anwaltlichen Bereich liegt. Bereits die Gesetzesbegründung zu 46 BRAO n. F. stellt auf eine tätigkeitsbezogene Definition des Syndikusrechtsanwalts ab. [...] Für die Rechtsansicht der Beklagten, also die Möglichkeit, bei der Frage der Zulassung als Syndikusrechtsanwait abstrakt auf die gegenwärtig nicht ausgeübte berufliche Tätigkeit des Beigeladenen abzustellen, sprechen allerdings zwei Aspekte, die aus den Bereichen des Sozial- bzw. Arbeitsrechts herrühren. So erstreckt sich sozialversicherungsrechtlich die Befreiung von der Versicherungspflicht gem. 6 Abs. 5 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Hier könnte man zwar die Auffassung vertreten, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Betriebsrat lediglich zeitlich begrenzt ist und insoweit eine abstrakte Zulassung erfolgen kann, die Übernahme dieses aus dem Sozialrecht stammenden Rechtsgedankens widerspricht jedoch dem klaren Wortlaut und der klaren Systematik des Rechts der Syndikuszulassung der BRAO. Zu beachten ist darüber hinaus, dass Mitglieder des Betriebsrats gemäß 78 S. 2 BetrVG wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden dürfen; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Die Norm des 78 S. 2 BetrVG stellt jedoch betriebsverfassungsrechtlich lediglich einen Schutzanspruch gegen Eingriffe des Arbeitgebers dar und begründet keinen grundrechtsgleichen Schutz gegenüber jedweder Beeinträchtigung auch etwa durch gesetzliche Regelungen in der BRAO. [...] Auch die Auffassung der Beklagten, eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt käme, wenn man dieser Rechtsauffassung folge, auch nicht in Betracht, wenn sich der oder die Unternehmensjurist/in in der Elternzeit befände, vermag nicht zu überzeugen. Auch in einem solchen Fall wäre eine Zulas- 444 AnwBl 4 / 2017 Anwaltsrecht

95 Rechtsprechung sung als Syndikusrechtsanwalt/-rechtsanwältin zumindest problematisch, da auch hier die Tätigkeit innerhalb des Arbeitsverhältnisses nur schwer beurteilt werden könnte und eine Rückkehr in die ehedem bekleidete Position nicht in jedem Fall sicher erscheint. Wenngleich auch hier einiges dafür spricht, auf die aktuell ausgeübte Tätigkeit abzustellen, kann dies hier jedoch dahingestellt bleiben. Das sich aus dem Betriebsverfassungsrecht ergebende Benachteiligungsverbot des Betriebsratsmitglieds stellt damit lediglich einen subjektiven Schutzanspruch des Betriebsratsmitglieds gegen seinen Arbeitgeber und keinen auch gegenüber etwaigen Zulassungs- sowie Aufsichtsbehörden, hier also der Beklagten, geltenden universellen Schutzanspruch mit Verfassungsrang gegenüber jedweder Benachteiligung dar. Doch selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnte eine verfassungskonforme Auslegung, die hier zu einer Kollision mit den aus dem Betriebsverfassungsrecht sowie dem Sozialrecht herrührenden Aspekten führte, insgesamt nicht die Hinwegsetzung über den klaren Wortlaut des 46 BRAO rechtfertigen. Mitgeteilt von der Rechtsanwaltskammer Köln Anmerkung der Redaktion: Der Anwalt war seit 1992 als angestellter Sachbearbeiter in der Rechtsabteilung eines Versicherungsunternehmens tätig. Seit 2011 arbeitete er als Spezialist im Bereich Regress/Rückforderung. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Prüfung von Regress- und Rückforderungsansprüchen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und deren außergerichtlicher und gerichtlicher Durchsetzbarkeit. Seit 2014 war er als Vorsitzender des Betriebsrates für die Dauer der Ausübung dieses Amtes freigestellt. Im Juni 2016 hatte er die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erhalten. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) hat hiergegen Klage erhoben. Nach ihrer Auffassung habe er bereits bei Bescheiderteilung die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt nicht mehr ausgeübt. Darüber hinaus entspreche aber auch die Tätigkeit nicht den Anforderungen des 46 Abs. 2 bis 5 BRAO. Der AGH Hamm folgt der DRV Bund nur zum Teil, hat aber den Zulassungsbescheid aufgehoben. Der AGH betont, dass die bis zur Aufnahme der Betriebsratstätigkeit ausgeübte Tätigkeit durchaus den Anforderungen des 46 Abs. 3 BRAO entspreche. Insbesondere hindere die tarifvertragliche Einordnung des Arbeitsverhältnisses nicht die Zulassung. Allenfalls aus der Entlohnung der Tätigkeit ließen sich Rückschlüsse ziehen. Da der Anwalt jedoch in der höchsten Tarifgruppe eingegliedert war, sah der AGH Hamm hier kein Indiz für eine nicht weisungsfreie Tätigkeit. Der Anwalt wäre demnach zuzulassen, wenn er die Tätigkeit als Beschäftigter in der Regressabteilung noch ausüben würde. Die von der DRV Bund aufgeworfenen Zweifel seien entweder ins Blaue hinein geäußert worden oder sie trügen inhaltlich nicht. Das hilft dem Anwalt aber nicht. Denn er übe aufgrund seiner Freistellung als Betriebsratsvorsitzender die anwaltliche Tätigkeit, für die ihm die Syndikuszulassung von der Kammer erteilt wurde, tatsächlich nicht (mehr) aus. Das aus dem Betriebsverfassungsrecht folgende Benachteiligungsverbot greife nur gegenüber dem Arbeitgeber, nicht gegenüber Zulassungsbehörden. Es gebe keinen universellen Schutzanspruch. Die Wortlaut BRAO lasse keine Fiktion einer Tätigkeit zu. Zu Ende gedacht heißt das: Nimmt eine Syndikusrechtsanwältin Elternzeit, gilt dann in letzter Konsequenz: Kind betreut, Zulassung futsch? Und was geschieht bei Langzeiterkrankten? Der AGH Hamm hat die Berufung zugelassen. Nach Auskunft der Anwaltskammer Köln, wird sie Berufung einlegen, um die offene Rechtsfrage durch den Anwaltssenat des BGH klären zu lassen. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 194). Anwaltshaftung Keine rückwirkende Verjährungshemmung bei eingeschlafenen Verhandlungen BGB 203 Satz 1 Die Wiederaufnahme abgebrochener Verhandlungen führt nicht zu einer auf den Beginn der Verhandlungen rückwirkenden Hemmung der Verjährung. BGH, Urt. v IX ZR 58/16 Aus den Gründen: [23] [...] Im Übrigen muss die Frage, wie die Zeiträume zwischen beendeten und wiederaufgenommenen Verhandlungen verjährungsrechtlich zu bewerten sind, in beiden Fällen des Verhandlungsendes aus systematischen Gründen gleich beantwortet werden, also sowohl in dem Fall, dass Verhandlungen endgültig abgelehnt werden, als auch in dem Fall, dass sie einschlafen. Ein nachvollziehbarer Grund, eingeschlafene und ausdrücklich abgebrochene Verhandlungen bei der Bewertung ihrer Wiederaufnahme unterschiedlich zu behandeln, ist nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber wollte eingeschlafene und abgelehnte Vergleichsverhandlungen im Rahmen des 203 BGB gleichbehandeln. Anmerkung der Redaktion: Der klagende Architekt, gegen den in einer Baurechtssache ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet worden war, hatte im Juni 2008 den ihm von seinem Haftpflichtversicherer empfohlenen beklagten Anwalt mit seiner Vertretung beauftragt. Der Anwalt vertrat den Architekten auch in dem anschließend gegen den Architekten geführten Prozess, den er verlor. Der Haftpflichtversicherer hatte dem Architekten wegen vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheiten den Versicherungsschutz entzogen, da der Versicherer seit Juli 2008 weder angeschrieben noch insbesondere über die Klageschrift informiert worden sei. Der Architekt warf dem Anwalt vor, den Haftpflichtversicherer nicht vom Gang des selbständigen Beweisverfahrens und von der Klage der Bauherren unterrichtet zu haben und verlangte von ihm rund Euro. Im Februar 2010 hatte der nunmehr anderweitig anwaltlich beratene Kläger die klageweise Inanspruchnahme angekündigt. Zwischen den Parteien wurde daraufhin mit großen Abständen mehrfach über den Anspruch über mehrere Jahre lang verhandelt. Die Klage des Architekten hatte keinen Erfolg. Der IX. Zivilsenat hat seine Revision zurückgewiesen, da der Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages verjährt sei. Für die Beendigung der Verjährungshemmung reiche es aus, wenn die Verhandlungen einschlafen. Das sind sie spätestens dann, wenn eine Erklärung der anderen Seite zu erwarten gewesen wäre, so der BGH. Feste Fristen, wann Verhandlungen einschlafen, bestünden nicht. Der Zeitraum, den man dem einen Teil als Reaktion auf die Äußerung des anderen Teils einräumen müsse, hänge von dem Verhandlungsgegenstand und der Verhandlungssituation ab. Das Berufungsgericht habe diesen Zeitraum mit drei Monaten großzügig bemessen. Die Wiederaufnahme der mehrfach abgebrochenen Verhandlungen habe nicht eine Hemmung rückwirkend auf den Zeitpunkt zur Folge, zu dem die Verhandlungen erstmalig aufgenommen worden seien, so der BGH weiter. Die Frage, wie die Zeiträume zwischen beendeten und wiederaufgenommenen Verhandlungen verjährungsrechtlich zu bewerten seien, müsse in beiden Fällen des Verhandlungsendes Ablehnung und Einschlafen aus systematischen Gründen gleich beantwortet werden. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 199). Rechtsprechung Anwaltshaftung AnwBl 4 /

96 Rechtsprechung Anwalt darf bei Überlastung und Urlaub blind auf erste Fristverlängerung vertrauen ZPO 233 Abs. 1 Satz 1, 520 Abs. 2 Satz 3 Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben wird, sofern er erhebliche Gründe wie Arbeitsüberlastung oder Urlaubsabwesenheit dargelegt hat. Der Rechtsanwalt muss sich nicht darüber vergewissern, ob seinem erstmaligen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben wurde, wenn er nach dem Inhalt der mitgeteilten Gründe auf eine Verlängerung vertrauen durfte. BGH, Beschl. v IX ZB 34/16 Aus den Gründen: Zwar muss der Rechtsmittelführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen erwarten, dass einem ersten Verlängerungsantrag dann entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund ( 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) vorgetragen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2001 VI ZB 26/01, VersR 2001, 1579, 1580; vom 21. Februar 2000 II ZB 16/99, VersR 2000, 1433, 1434; vom 1. August 2001 VIII ZB 24/01, VersR 2002, 1576; vom 13. Dezember 2005 VI ZB 52/05, VersR 2006, 568 Rn. 6; vom 16. Oktober 2007 VI ZB 65/06, NJW-RR 2008, 367 Rn. 9). Der erstmalige Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist war auf die als erheblich anerkannten Gründe der Arbeitsüberlastung (BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991 XII ZB 48/91, NJW 1991, 2080, 2081; vom 13. Dezember 2005, aao; vom 10. März 2009 VIII ZB 55/06, NJW-RR 2009, 933 Rn. 12) sowie der Urlaubsabwesenheit (BGH, Beschluss vom 7. Mai 1991, aao; vom 10. März 2009, aao; vom 5. Juni 2012 VI ZB 16/12, NJW 2012, 2522 Rn. 7) gestützt worden. Mithin durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass seinem Gesuch entsprochen wird. bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte nicht verpflichtet, sich vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist über eine Verlängerung dieser Frist durch Nachfrage bei Gericht zu vergewissern. Eine Nachfragepflicht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn hierfür ein konkreter Anlass besteht. Ein solcher konkreter Anlass ist nicht schon dann gegeben, wenn der Anwalt in der noch laufenden Berufungsbegründungsfrist noch keine auf seinen Schriftsatz bezogene Verfügung des Gerichts erhält. Der Rechtsanwalt muss sich nicht darüber vergewissern, ob seinem Antrag stattgegeben wurde. Für eine solche Rückfrage besteht kein erkennbarer Anlass, wenn der Anwalt wie im Streitfall mit der Verlängerung der Frist rechnen konnte (BGH, Beschluss vom 11. November 1998 VIII ZB 24/98, VersR 1999, 1559, 1560; vom 13. Dezember 2005 VI ZB 52/ 05, VersR 2006, 568 Rn. 7; vom 16. Oktober 2007 VI ZB 65/ 06, NJW-RR 2008, 367 Rn. 9; vom 5. Juni 2012, aao Rn. 11). Anmerkung der Redaktion: Der Anwalt war von einer Versicherungsgesellschaft auf Erstattung von Vorschusszahlungen in Anspruch genommen worden und hatte durch am 4. September 2014 verfassten und dem LG zugegangenen Schriftsatz unter Hinweis auf urlaubsbedingte Abwesenheit und damit einhergehende Arbeitsüberlastung fristgerecht die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt. Mit am 7. Oktober 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat er die Berufung dann begründet. Durch Verfügung vom 8. März 2016 hatte der Vorsitzende der Berufungskammer ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass der Antrag auf Fristverlängerung nicht bewilligt worden sei, weil sich die Akte noch bei dem Amtsgericht befunden habe. Die von dem Anwalt erhobene Rechtsbeschwerde war erfolgreich. Der BGH hat die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Es fehle an einer ablehnenden Entscheidung über den Verlängerungsantrag. Der Vorsitzende habe mit der Verfügung zwar keine Fristverlängerung gewährt, aber auch nicht abgelehnt. Eine solche Entscheidung könne grundsätzlich auch nach Fristablauf ergehen, sofern der Antrag rechtzeitig gestellt worden sei. Und für die Praxis wichtig: Der Anwalt durfte auf die erste Fristverlängerung blind vertrauen. Ihn traf nicht die Pflicht, nachzufragen auch nicht, wenn das Gericht monatelang auf eine Reaktion warten lässt. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 203). Unterschiedliche Haftungsansprüche verjähren auch unabhängig voneinander BGB 204, 675 Abs. 1 Der Schadensersatzanspruch gegen einen Rechtsanwalt, der pflichtwidrig eine Forderung des Mandanten hat verjähren lassen, verjährt unabhängig von der Verjährung eines Anspruchs auf Ersatz des Kostenschadens gegen denselben Rechtsanwalt wegen pflichtwidrigen Führens eines aussichtslosen Prozesses gegen einen Dritten. BGH, Urt. v IX ZR 91/15 Aus den Gründen: [11] a) Der Grundsatz der Schadenseinheit, auf welchen das Berufungsgericht sich bezogen hat, besagt nur, dass derjenige Schaden, der aus einem bestimmten Ereignis erwachsen ist, als einheitliches Ganzes aufzufassen ist. Es gibt nur einen Anspruch auf Ersatz dieses Schadens und nur eine Verjährungsfrist (BGH, Urteil vom 14. März 1968 VII ZR 77/65, BGHZ 50, 21, 23 f; vom 23. März 1987 II ZR 190/86, BGHZ 100, 228, 232; vom 4. April 1991 IX ZR 215/90, BGHZ 114, 150, 153). Im Bereich der Anwaltshaftung gilt dieser Grundsatz für alle Schäden, die aus einem bestimmten Beratungsfehler erwachsen. Liegt die Pflichtverletzung des Anwalts in der Erhebung einer aussichtslosen Klage, läuft für den Anspruch auf Ersatz des hieraus folgenden Kostenschadens einschließlich aller weiterer adäquat verursachter, zurechenbarer und voraussehbarer Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 IX ZR 105/10, WM 2011, 796 Rn. 10). Anmerkung der Redaktion: Die Kläger werfen der beklagten Anwältin anwaltliche Pflichtverletzungen vor und verlangen Schadensersatz in Höhe von Euro. Die Beklagte, die die Kläger in einer privaten Baurechtssache vertreten hatte, hätte einen aussichtslosen Prozess angestrengt und es zudem versäumt, eine zuvor in der Sache mandatierte Anwältin wegen deren unwirksamer Fristsetzung auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Der IX. Zivilsenat sieht darin zwei unterschiedliche Ansprüche, die unabhängig voneinander verjähren. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 205). 446 AnwBl 4 / 2017 Anwaltshaftung

97 Rechtsprechung Anwaltsvergütung Kindschaftssache: Erstattungsfähige Anwaltskosten nach Antragsrücknahme FamFG 80; ZPO 91 a) Im Rahmen von 80 Satz 1 FamFG sind Aufwendungen der Beteiligten als notwendig anzusehen, wenn ein verständiger und wirtschaftlich vernünftiger Beteiligter die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Vornahme als sachdienlich ansehen durfte, wobei der Grundsatz sparsamer Verfahrensführung gilt. b) Erstattungsfähige Kosten im Sinne von 80 Satz 1 FamFG sind auch solche, die der Antrags- oder Rechtsmittelgegner in nicht vorwerfbarer Unkenntnis von der Rücknahme des Antrags oder des Rechtsmittels verursacht hat (Abgrenzung zu BGHZ 209, 120 = FamRZ 2016, 900). BGH, Beschl. v XII ZB 447/16 Aus den Gründen: [24] (a) Den Kostenbestimmungen der 80 ff. FamFG liegt ein anderes Regelungskonzept als den 91 ff. ZPO zugrunde. Während nach der Zivilprozessordnung die Kostenlast regelmäßig dem jeweiligen Obsiegen oder Unterliegen folgt, haben die 80 ff. FamFG in viel stärkerem Maße den Einzelfall und dabei, wie 81 Abs. 2 FamFG belegt, subjektive Elemente der schuldhaften Kostenverursachung im Blick. Dies gewinnt nicht nur für die Kostengrundentscheidung, sondem auch für das Verständnis des Begriffs der Notwendigkeit in 80 Satz 1 FamFG Bedeutung. Darf ein Beteiligter nach den Informationen, die ihm zur Verfügung stehen oder zumindest stehen müssten, bei verständiger und wirtschaftlich vernünftiger, eine sparsame Verfahrensführung berücksichtigenden Herangehensweise davon ausgehen, dass eine Maßnahme sachdienlich ist, so erwächst ihm aus der Vornahme der Maßnahme kein Vorwurf. So aber verhält es sich, wenn er als Antrags- oder Rechtsmittelgegner davon ausgeht und ausgehen darf, sich in einem Verfahren zur Wehr setzen zu müssen. Eine Rücknahme, die er weder kennt noch kennen muss, hat hierauf keinen Einfluss. Veranlasser ist vielmehr letztlich allein der Antragsteller oder Rechtsmittelführer. [25] Jedenfalls im Rahmen des 80 FamFG wäre es im Gegenteil systemfremd und auch unbillig, dem Antragsoder Rechtsmittelgegner, der auf den Rücknahmezeitpunkt keinen Einfluss hat, einen verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu versagen, wenn er bei Verursachung der Kosten auch vom Standpunkt eines verständigen und wirtschaftlich vernünftigen, auf Kostengeringhaltung bedachten Beteiligten von der Notwendigkeit dieser Kosten ausgehen durfte. [26] (b) Zu keinem anderen Ergebnis führt bei 80 FamFG die Überlegung, bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Maßnahme im Kostenfestsetzungsverfahren, das auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Rechtsfragen des Kostenrechts zugeschnitten ist, sei eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Vor diesem Hintergrund sei es wenig sinnvoll, das Verfahren durch eine übermäßige Differenzierung der Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit und insbesondere durch die unter Umständen aufwändige Prüfung subjektiver Kriterien ( unverschuldete Unkenntnis von Beteiligtem und Verfahrensbevollmächtigtem) zu belasten (vgl. BGHZ 209, 120 = Fam RZ 2016, 900 Rn. 11; BGH Beschluss vom 23. November 2006 I ZB 39/06 NJW-RR 2007, 1575 Rn. 17). Im Kostenfestsetzungsverfahren nach 85 FamFG, 103 bis 107 ZPO muss ohnehin stets eine Einzelfallprüfung danach erfolgen, ob notwendige Aufwendungen im Sinne des 80 FamFG vorliegen. Dies gilt auch für Rechtsanwaltskosten, weil es an einer 91 Abs. 2 ZPO entsprechenden Norm fehlt. Die für den Ausnahmefall der vor Kostenverursachung erfolgten Rücknahme erforderliche Prüfung, ob eine unverschuldete Unkenntnis des Antrags- oder Rechtsmittelgegners vorliegt, bedeutet in diesem Zusammenhang keine Überfrachtung des Kostenfestsetzungsverfahrens. Anmerkung der Redaktion: Die Parteien stritten um die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten für eine Rechtsverteidigung in einer Kindschaftssache. Die Antragstellerin in dem Verfahren hatte ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgenommen. In Unkenntnis hiervon hatte der Antragsgegner einen Anwalt mit der Verfahrensvertretung beauftragt. Der Antragstellerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Antragsgegner hatte Anwaltskosten in Höhe von 201,71 Euro zur Festsetzung beantragt. Dem hatte das Amtsgericht entsprochen. Die Antragstellerin monierte, dass sie zum Zeitpunkt der Beauftragung des gegnerischen Anwalts ihren Antrag bereits zurückgenommen habe. Auf eine entsprechende Unkenntnis könne nicht abgestellt werden. Ihre Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hatte das OLG München zurückgewiesen (OLG München, AnwBl 2016, 854). Mit seiner Entscheidung hatte sich der 11. Zivilsenat des OLG München gegen die Rechtsprechung des BGH gestellt, nach dem entscheidend sei, ob die Maßnahme objektiv noch erforderlich war oder nicht. Das OLG München war der Ansicht, die Auffassung des BGH sei von der Begründung wie auch insbesondere von der Wertung her nicht einleuchtend beziehungsweise nicht tragbar. Dies halte rechtlicher Nachprüfung nicht stand, so nun der BGH. Das OLG München habe die Erstattungsfähigkeit der vom Antragsgegner geltend gemachten Anwaltskosten auf der Grundlage von 91 ZPO geprüft. 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sei im vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar, weil 80 Satz 2 FamFG nicht auf ihn verweise. Vielmehr erfordere die Bejahung der Notwendigkeit die auf einer einzelfallbezogenen Prüfung beruhende Feststellung, dass die Hinzuziehung eines Anwalts notwendig gewesen sei. Da es an einer solchen Feststellung fehlte, hat der BGH die Sache an das OLG zurückverwiesen. Der BGH weist darauf hin, dass die vom OLG München kritisierte Rechtsprechung des BGH zum Umfang der Kostenerstattungspflicht im Rahmen des 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergangen sei. Er stellt in der Entscheidung den Meinungsstreit noch einmal dar, betont aber, dass es vorliegend auf keine Entscheidung ankomme, da jedenfalls im Rahmen des 80 Satz 1 FamFG auch nach Antrags- oder Rechtsmittelrücknahme entstandene Kosten des Antrags- oder Rechtsmittelgegners erstattungsfähig sein könnten. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 207). Rechtsprechung Anwaltsvergütung AnwBl 4 /

98 Rechtsprechung Nichtigkeit des Anwaltsvertrages ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen ZPO 104; BRAO 45, 47 Der auf den Verstoß gegen ein gesetzliches Vertretungsverbot gestützte Einwand der Nichtigkeit des zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossenen Anwaltsvertrages ist im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen. OLG Celle, Beschl. v W 12/17 Aus den Gründen: [3] Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin angenommen, dass es sich bei dem von der Klägerin erhobenen Einwand der Nichtigkeit des zwischen der Beklagten und ihren Prozessbevollmächtigten geschlossenen Anwaltsvertrages um eine materiell-rechtliche Einwendung handelt, die im Hauptsacheverfahren hätte vorgebracht werden müssen und nicht im Kostenfestsetzungsverfahren. Das Gegenteil ist der Fall. Die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren ist bereits deshalb zu Unrecht erfolgt, weil der Verstoß eines Rechtsanwalts gegen eines der Vertretungsverbote der 45, 46 BRAO nach der höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1993, 1926) die Wirksamkeit der Prozessvollmacht und aller vom Rechtsanwalt im Namen der Partei vorgenommenen Rechtshandlungen unberührt lässt, um die Beteiligten im Interesse der Rechtssicherheit zu schützen. Dagegen hat die Nichtigkeit des Anwaltsvertrages als Geschäftsbesorgungsvertrages unmittelbare Auswirkungen für die im Kostenfestsetzungsverfahren beachtliche Frage, ob der obsiegenden Partei außergerichtliche Anwaltskosten entstanden sind, zu deren Erstattung die unterliegende Partei gemäß der Kostengrundentscheidung in dem der Festsetzung zugrunde liegenden Titel zur Kostenerstattung verpflichtet sein kann. [4] Im vorliegenden Fall steht der obsiegenden Beklagten trotz der Verurteilung der Klägerin in die Kosten des Rechtsstreits kein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten nach Maßgabe des Kostenfestsetzungsantrages vom 31. Oktober 2016 zu. [5] Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind unter Verstoß gegen das gesetzliche Vertretungsverbot gemäß 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BRAO tätig geworden. Damit ist der zugrunde liegende Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Beklagten und ihren Prozessbevollmächtigten als nichtig anzusehen, was zum Verlust eines Vergütungsanspruchs der Prozessbevollmächtigten und damit nach der von dem Senat geteilten obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Stuttgart MDR 1999, 1530f, Rn. 9; OLG Köln AnwBl 1980, 70; Sächsisches Oberverwaltungsgericht NJW 2003, 3504, Rn. 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 75. Aufl. 91 Rn. 162 Stichwort: Nichtigkeit) zugleich zum Verlust eines entsprechenden Erstattungsanspruchs der Beklagten gegen die Klägerin als Prozessgegnerin führt. Anmerkung der Redaktion: Ein Anwaltsvertrag ist nichtig, wenn der Anwalt wegen einer Interessenkollision das Mandat nicht hätte übernehmen dürfen (BGH, AnwBl 2016, 594). Das OLG Celle wirft jetzt die spannende Frage auf, ob diese Nichtigkeit auch im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen ist. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 211). Gerichtskosten: Dokumentenpauschale bei Fehlfaxen ZPO 91; GKG 3, 22, 28, 29, 66; KV GKG Nr Kommt es aufgrund eines nicht von dem Gericht zu vertretenden Umstandes zum Ausdruck von Fehlfaxen (unvollständiger Schriftsatz nebst Anlagen), handelt es sich um erstattungspflichtige Mehrausfertigung im Sinne von Nr Nr. 1 b) KVGKG. Nur der vollständig übermittelte Ausgangsschriftsatz ist von der Dokumentenpauschale ausgenommen. 2. Die Auslagen sind der Partei, nicht dem Bevollmächtigten aufzuerlegen. OLG Koblenz, Beschl. v U 138/16 Aus den Gründen: Nach 3 Abs. 2 GKG werden Kosten nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben. Nach Nr Nr. 1b) KVGKG wird für das Herstellen von Dokumenten die Dokumentenpauschale erhoben, wenn per Telefax übermittelte Mehrfertigungen von der Empfangseinrichtung des Gerichtes ausgedruckt werden. Kostenfrei ist danach nur der übermittelte Ausgangsschriftsatz nebst Anlagen. Das Ausdrucken weiterer per Telefax übermittelter Schriftstücke stellt ein solches Herstellen von Dokumenten dar und löst deshalb eine entsprechende Kostenpflicht aus. Dabei bleibt unerheblich, dass die übersandte Mehrausfertigung aus vom Gericht nicht zu vertretenden Gründe nur unvollständig gelingt (Fehlfaxe). Solche fehlerhaften Mehrausfertigungen gehen zu Lasten des Absenders, nicht des Empfängers. Entscheidend ist nach der Ratio der Norm, dass nur der Ausgangsschriftsatz von der Auslagenerhebung ausgenommen bleibt. Mitgeteilt vom 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 212). Beratungshilfe Insolvenz: Erhöhte Geschäftsgebühr auch bei Null-Plan InsO 305 Abs. 1 Nr. 1; VV RVG Nr. 2503, 2504ff. Der im Rahmen der Beratungshilfe für ein Verbraucherinsolvenzverfahren tätige Rechtsanwalt erhält auch dann eine nach Gläubigeranzahl gestaffelte erhöhte Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr , wenn er den angeschriebenen Gläubigern lediglich eine Null-Leistung bei ungewisser Zukunftsperspektive anbieten kann. OLG Nürnberg, Beschl. v Wx 698/16 Mitgeteilt vom 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg Anmerkung der Redaktion: Der Beschluss ist für die im Bereich der Schuldenbereinigung tätigen Anwälte sehr erfreulich, weil das OLG Nürnberg den tatsächlich entstandenen Arbeitsaufwand honoriert, selbst wenn die Gläubiger leer ausgehen. Das OLG Nürnberg schließt sich in seiner ausführlich begründeten Entscheidung ausdrücklich der Auffassung des OLG Köln an (Beschl. v W 85/16). Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 213). 448 AnwBl 4 / 2017 Anwaltsvergütung

99 Rechtsprechung 1,5 Stunden Wartezeit sind bei Terminsgebühr erhöhend zu berücksichtigen RVG 2 Abs. 2 S. 1, 14 Abs. 1; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3, Nr Wartezeiten eines beigeordneten Rechtsanwalts vor einem Termin zur mündlichen Verhandlung, die die in der Ladung mitgeteilte Uhrzeit um mehr als 15 Minuten überschreiten und die allein der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind, können sich bei der Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit gebührenerhöhend auswirken. LSG Schleswig, Beschl. v L 5 SF 91/15 B E Aus den Gründen: [22] Auch bei der Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung werden nach inzwischen wohl weitgehend einhelliger Meinung der Obergerichte Wartezeiten des Strafverteidigers mitgerechnet (vgl. Burhoff in: Gerold/ Schmidt, RVG, 21. Aufl. Nr VV RVG Rdnr. 25 m.w. N.). Zwar beruht diese Auffassung auf dem Rechtsgedanken der Sonderregelung des Teils 4 Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG, wonach die Terminsgebühr für den Strafverteidiger auch entsteht, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus von ihm nicht zu vertretenen Gründen nicht stattfindet. Denn erhalte der Rechtsanwalt hiernach sogar für einen geplatzten Termin eine Vergütung, müsse dies erst recht für sonstige Wartezeiten anlässlich eines tatsächlich stattfindenden Termins gelten (Burhoff aao). Soweit unter Hinweis auf die Tatsache, dass diese Sonderregelung für das sozialgerichtliche Verfahren nicht eingreift, die Auffassung vertreten wird, dass deshalb die insoweit erfolgte Meinungsbildung in Rechtsprechung und Literatur nicht auf sozialgerichtliche Verhandlungen übertragbar sei (Sächsisches LSG aao), ist dem entgegenzuhalten, dass der zeitlichen Dauer der Inanspruchnahme eines beigeordneten Rechtsanwalts für die Terminswahrnehmung auch im Sozialrecht eine besondere Bedeutung bei der Bestimmung der Terminsgebühr zukommt. Anmerkung der Redaktion: Auch Wartezeit kostet den Anwalt Geld, daher ist das eine wichtige Entscheidung für die Praxis: Der beschwerdeführende Anwalt war im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden. Termin zur mündlichen Verhandlung war am Verhandlungstag für Uhr anberaumt worden. Tatsächlich begann sie aber erst 1,5 Stunden später, nämlich um Uhr, und endete um Uhr. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hielt die vom Anwalt geltend gemachte Terminsgebühr in Höhe von 380 Euro für überhöht und hat sie auf 200 Euro runtergekürzt. Wartezeiten vor Terminen seien nicht zu berücksichtigen. Das Sozialgericht Kiel sah es genauso. Mit seiner Beschwerde vor dem LSG Schleswig hatte der Anwalt nun Erfolg. Nach Ansicht des Senats sei die Dauer der Wartezeit vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung gebührenerhöhend zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Verhandlung nicht nur geringfügig später als zu dem terminierten Zeitraum beginne. Die Geringfügigkeitsgrenze werde bei einem Zeitraum bis zu 15 Minuten Wartezeit nicht überschritten. Eine Wartezeit von dieser Dauer sei noch als üblich und entschädigungsfrei hinnehmbar anzusehen. Zwar handele es sich bei der Wartezeit noch nicht um einen Termin im Sinne des Gebührentatbestandes, es bestehe jedoch ein enger zeitlicher, örtlicher und verfahrenstechnischer Zusammenhang mit der Verhandlung, der es nicht opportun erscheinen lasse, die zeitliche Inanspruchnahme des Anwalts bei der Vergütung unberücksichtigt zu lassen. Prozessrecht Selbständiges Beweisverfahren: Urkundenvorlegung abgelehnt ZPO 142 Abs. 1, 492, 567 Abs. 1 Nr. 2 Die Ablehnung einer im selbständigen Beweisverfahren begehrten Anordnung der Urkundenvorlegung gemäß 142 Abs. 1 ZPO ist nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. BGH, Beschl. v VI ZB 23/16 Anmerkung der Redaktion: Die Antragstellerin hatte in einer Arzthaftungssache ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. Daraufhin hatte das LG die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Einen weiteren Antrag der Antragstellerin auf Beiziehung von dem Sachverständigen benötigter Behandlungsunterlagen hatte das Gericht zurückgewiesen. Ihre dagegen eingelegte Beschwerde wurde vom OLG Karlsruhe als unbegründet zurückgewiesen, weil die Vorschrift des 142 Abs. 1 ZPO im selbständigen Beweisverfahren keine Anwendung finde. Das sah auch der BGH so. Gegen die Ablehnung der Urkundenvorlegung gemäß 142 ZPO ist im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben. Weder sei im Gesetz ausdrücklich bestimmt, dass gegen die im selbständigen Beweisverfahren ergangene Entscheidung, eine Urkundenvorlegung gemäß 142 ZPO nicht anzuordnen, die sofortige Beschwerde statthaft sei ( 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) noch handele es sich in diesen Fällen um eine von 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfasste Entscheidung. Eine solche Anordnung ergehe von Amts wegen und stehe im Ermessen des Gerichts. Unabhängig von der Frage, ob 142 ZPO im selbständigen Beweisverfahren (überhaupt) Anwendung finde, sei die Beschwerde gegen einen Beschluss, durch den das Gericht eine solche Anordnung ablehne, schon deshalb nicht statthaft, weil die Entscheidung einen Antrag nicht erfordere. Es bestehe auch gar kein Grund, den Parteien im selbständigen Beweisverfahren ein solches Beschwerderecht einzuräumen. Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren gingen grundsätzlich nicht weiter als im Hauptsacheverfahren. Im Erkenntnisverfahren sei gegen die Ablehnung einer Anordnung gemäß 142 ZPO eine Beschwerde nicht statthaft. Das Unterlassen einer Anordnung nach 142 Abs. 1 ZPO sei vielmehr im Rechtsmittelverfahren überprüfbar. Würde den Parteien hier ein Beschwerderecht eingeräumt, erhielten sie ein Rechtsmittel, das ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde. Halte die Antragstellerin die Anordnung der Urkundenvorlegung für notwendig oder geboten, bleibe es ihr unbenommen, die Gründe dafür im Hauptsacheverfahren vorzutragen und dort die Anordnung der Urkundenvorlegung zu beantragen. Hinzu trete, dass die Ablehnung einer Anordnung nach 142 Abs. 1 ZPO einer Überprüfung im Beschwerdeverfahren entzogen sei. Dem Gericht sei es grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeitsoder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Ob die Behandlungsunterlagen von der Antragsgegnerin vorzulegen seien, erfordere eine Wertung, die das Gericht im selbständigen Beweisverfahren gerade nicht vornehmen könne. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 221). Rechtsprechung Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 217). Anwaltsvergütung AnwBl 4 /

100 Rechtsprechung Kosten selbständiges Beweisverfahren: Auslagenvorschuss nicht eingezahlt ZPO 269 Abs. 3 Satz 2, 494a Der Antragsteller hat in entsprechender Anwendung des 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen, wenn er den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und eine Beweiserhebung deshalb unterbleibt. Ist keine Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine solche Kostenentscheidung auf Antrag im selbständigen Beweisverfahren. BGH, Beschl. v VII ZB 29/16 Aus den Gründen: [24] Für eine solche Kostentragungsregelung besteht ein Bedürfnis. Dem Antragsgegner, der sich an einem selbständigen Beweisverfahren beteiligt, entstehen hierdurch regelmäßig Kosten. Das Gesetz sieht für den Fall, dass der Antragsteller den angeforderten Auslagenvorschuss, von dem das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und deshalb die Beweiserhebung unterbleibt, keine Kostentragungsregelung vor; insoweit besteht eine Regelungslücke. [25] Der Antragsgegner kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde weder auf eine in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren zu treffende Kostenentscheidung noch auf eine im selbständigen Beweisverfahren unter den Voraussetzungen des 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzlich mögliche Kostenentscheidung verwiesen werden. Kommt es im selbständigen Beweisverfahren nicht zur Erhebung verwertbarer Beweise ( 493 ZPO), kann in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren keine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens getroffen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 VII ZB 20/09, BauR 2011, 1045 Rn. 10 = NZBau 2011, 355; Beschluss vom 7. Dezember 2010 VIII ZB 14/10, BauR 2011, 714 Rn. 13). Für die Setzung einer Frist zur Erhebung der (Hauptsache-) Klage ( 494 a Abs. 1 ZPO) ist die Beendigung der Beweiserhebung Voraussetzung; für den Erlass einer Kostenentscheidung zugunsten des Antragsgegners nach 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO gilt Entsprechendes. An der genannten Voraussetzung fehlt es, wenn der Antragsteller den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und deshalb die beantragte Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren unterbleibt. Soweit geltend gemacht wird, der Antragsgegner könne seinerseits den Auslagenvorschuss einzahlen, um dem selbständigen Beweisverfahren Fortgang zu geben (vgl. OLG Köln, BauR 2000, 1777, 1778, juris Rn. 7; Siegburg in Festschrift für Mantscheff, 2000, S. 405, 407), kann ein solches Vorgehen dem Antragsgegner regelmäßig nicht zugemutet werden. Vom Antragsgegner kann nicht verlangt werden, dass er die vom Antragsteller beantragte Beweiserhebung auch nur im Wege des Auslagenvorschusses finanziert, um dadurch ein Vorgehen nach 494a ZPO zu ermöglichen und eventuell die Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten zu schaffen (vgl. auch Gercke, Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, 2011, S. 96). Anmerkung der Redaktion: Der BGH hat mit dem vorliegenden Beschluss die bislang in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage nunmehr entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren entsprechend 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ergehen kann, wenn der Antragsteller den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuss nicht einzahlt und die beantragte Beweiserhebung deshalb unterbleibt. Der BGH bejaht die Möglichkeit und die Kostentragungspflicht des Antragstellers. Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unter (AnwBl Online 2017, 224). Fotonachweis Seiten 353, 356, 368, 369, 376, 385, 389, 394, 397, 400, 402, 406, 410, 412, 417 (Autor), 423 (Autor), 428, 438, 441, 460, 464: Privat; Seite 358: Alexander Louvet/Brüssel; Seiten 413, 414, 415, 417: creatarka/istockphoto; Seiten 418, 419, 420, 421: Franz Brück/Berlin; Seiten 422, 423: hacking.law/ Merav Maroody; Seiten 424, 425, 426, 433, 434: Andreas Burkhardt/Berlin; Seite 426 (Autor), 427: Sven Serkis/Berlin; Seite 429: Reiner Freese; Seite 436: Martina van Kann und Ole L. Blaubach; Seite 439: Amtsgericht Seligenstadt Impressum Herausgeber: Deutscher Anwaltverein e.v., Littenstr. 11, Berlin (Mitte), Tel. 0 30/ , Fax: 0 30/ , anwaltsblatt@anwaltverein.de. Redaktion: Dr. Nicolas Lührig (Leitung, v. i. S. d. P.), Udo Henke, Manfred Aranowski und Jessika Kallenbach, Anschrift des Herausgebers. Produktion und Koordination: Steffi Köhn, Sandra Petzschner und Lisa Tramm Verlag: Deutscher Anwaltverlag und Institut der Anwaltschaft GmbH, Rochusstraße 2 4, Bonn, Tel. 0228/ , Fax: 0228 / ; kontakt@anwaltverlag.de, Konto: Deutsche Bank AG, Bonn IBAN DE Anzeigen: ad sales & services, Ingrid A. Oestreich (v. i. S. d. P.), Pikartenkamp 14, Hamburg, Tel. 0 40/ , Fax: 0 40/ , office@anwaltsblatt-media.de. Technische Herstellung: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG, Marktweg 42 50, Geldern, Tel.: 02831/ , Fax: 02381/ , harhoff@schaffrath.de. Erscheinungsweise: Monatlich zum Monatsanfang, bei einem Doppelheft für August/September. Bezugspreis: Jährlich 140, (inkl. MwSt.) zzgl. Versandkosten, Einzelpreis 14,50 (inkl. MwSt.). Für Mitglieder des Deutschen Anwaltvereins ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Bestellungen: Über jede Buchhandlung und beim Verlag; Abbestellungen müssen einen Monat vor Ablauf des Kalenderjahres beim Verlag vorliegen. Zuschriften: Für die Redaktion bestimmte Zuschriften sind nur an die Adresse des Herausgebers zu richten. Honorare werden nur bei ausdrücklicher Vereinbarung gezahlt. Copyright: Alle Urheber-, Nutzungs- und Verlagsrechte sind vorbehalten. Das gilt auch für Bearbeitungen von gerichtlichen Entscheidungen und Leitsätzen. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung ausdrücklich der Einwilligung des Herausgebers. ISSN AnwBl 4 / 2017 Prozessrecht

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104 Online-Seminare im Mai 2017 Gebührenrecht RVG Block 1: Grundlagen der Vergütung Mittwoch, 3. Mai 2017, Uhr bis Uhr Block 2: Abrechnung in den einzelnen Tätigkeitsbereichen Mittwoch, 10. Mai 2017, Uhr bis Uhr Gebühr je Block: 90,- EUR Rechtsanwälte bis 3 Jahre nach Zulassung/ Assessoren bis 3 Jahre nach 2. Examen/Referendare 120,- EUR Mitglieder Anwaltverein 125,- EUR Nichtmitglieder zzgl. gesetzl. USt. Migrationsrecht Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Block 1: Donnerstag, 11. Mai 2017, Uhr bis Uhr Block 2: Donnerstag, 18. Mai 2017, Uhr bis Uhr Gebühr für beide Blöcke: 130,- EUR zzgl. gesetzl. USt. (Die Blöcke sind nicht einzeln buchbar.) Bankrecht Crowdinvesting* Mittwoch, 10. Mai 2017, Uhr bis Uhr Insolvenzrecht Aufteilung nach strafrechtlicher Vermögensabschöpfung* Donnerstag, 18. Mai 2017, Uhr bis Uhr WEG-Recht Rechtsfragen rund ums Hausgeld* Montag, 8. Mai 2017, Uhr bis Uhr Die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen* Montag, 15. Mai 2017, Uhr bis Uhr Steuerrecht Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (StModernG)* Mittwoch, 10. Mai 2017, Uhr bis Uhr Für alle Seminare mit * gilt jeweils 2,5 Vortragsstunden nach 15 FAO Gebühr je Termin 90,- EUR Rechtsanwälte bis 3 Jahre nach Zulassung/ Assessoren bis 3 Jahre nach 2. Examen/Referendare 120,- EUR Mitglieder Anwaltverein 125,- EUR Nichtmitglieder zzgl. gesetzl. USt. In Zusammenarbeit mit Landesverbänden des DAV DeutscheAnwaltAkademie GmbH Littenstraße Berlin Fon 030 / Fax 030 / daa@anwaltakademie.de

105 Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Brasilien Belgien Frankreich Griechenland Großbritannien Italien Luxemburg Niederlande Polen Portugal Spanien Strasbourg Ukraine Anwaltspraktikum gesucht? Anwaltspraktikum gefunden! Testen Sie die Anwaltvereine: Sie helfen Jurastudierenden bei der Vermittlung eines Anwaltspraktikums. Im Deutschen Anwaltverein sind Anwältinnen und Anwälte in 243 Anwaltvereinen in ganz Deutschland und in 13 Auslandsvereinen organisiert. Die Anwaltvereine wissen besser als jeder andere, welche Kanzleien am Ort für ein Anwaltspraktikum in Betracht kommen. Alle 256 Anwaltvereine unter

106 Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser. Unwetter an der RVG-Front? Wir lassen Sie nicht im Regen stehen. Rufen Sie die HOTLINE ZUM RVG u Weitere Hinweise unter Anwalt der Anwälte

107 Lesbos, 31. Mai - 7. Juni 2017 TECHNIK: Brauch ich nicht! RESPEKT: Krieg ich nicht! Auszug aus dem Programm der 22. Studienreise Markus Hartung, Rechtsanwalt, Berlin Ole Bertram, Wolters Kluwer GmbH, Köln Legal Tech brauche ich nicht: Verloren zwischen künstlicher Intelligenz, Hype und dem bea Allein machen sie Dich ein: World Café zum Thema Einzelkämpfer oder Zusammenarbeit? Manufaktur oder Industrialisierung? Büros von heute. Zwischen High Tech und Aktenvernichter: Berufsrecht und Technik in Zeiten von elektronischen Cloud-Akten Das Besondere am Anwaltspostfach: Vom Einstieg bis zum Power-User Familienrecht aus dem Automaten: Wem nutzen welche Tools? Anwaltschaft im Internet: Kommunikation intern und extern, Werbung und Suchmaschinen Wer, wie, was: Das digitale Schriftstück - Richtiger Umgang mit digitalen Dokumenten in der Kanzlei Die perfekte digitale Kanzlei: Potentialbetrachtungen; Abschluss und letzte Frage Prof. Dr. Josef Rieforth, Diplom-Psychologe, Oldenburg Respektvoll oder Respektlos: - Von der Lebenswürze der Respektlosigkeit und warum wir sie so sehr mögen DieBedeutung vonrespektzur Lösung konflikthafter Situationen: - Die Rolle der Spiegelneuronen Wieso soll ich immer anfangen mit dem Respekt? : Interventionen und Haltungen für respektvolle Auseinandersetzungen Die Methode des Reflecting Teams (RT): - Aufbau von Respekt, Interesse, Wertschätzung und Authentizität Das Drama mit den Gefühlen und Gedanken über das eigene Selbst und das der anderen: - Einführung in die Kunst der Mentalisierung Das 9 Felder Modell: - Grundlage für Entwicklungsprozesse Selbstakzeptanz und die Sache mit der Angst: - Wie entwickle ich Respekt vor mir selbst und wie bändige ich meine inneren Kritiker? - Einführung in die Kunst der Mentalisierung Das 9 Felder Modell: - Grundlage für Entwicklungsprozesse Selbstakzeptanz und die Sache mit der Angst: - Wie entwickle ich Respekt vor mir selbst und wie bändige ich meineinnerenkritiker? Der Kontakt mit griechischen Kollegen, Amüsantes und Überraschendes der griechischen (Sprach)-kultur, eine geführte Wanderung durch die großartige, abwechslungsreiche Landschaft der Insel Lesbos und der Genuss der griechischen Küche beim gemeinsamen Tavernenbesuch sind auch in diesem Jahr eingeplant! Den detaillierten Programmablauf mit den Seminarzeiten und gebühren, vergünstigten Hotelkonditionen und ein Anmeldeformular finden Sie ab sofort auf der Homepage der AG Familienrecht unter oder über unsere Veranstaltungsagentur conventionpartners.

108 Bücher & Internet Arbeitsrecht Ausländerrecht Kurzhinweise Das neue Tarifeinheitsrecht Wolfgang Däubler/ Klaus Bepler 1. Aufl. Nomos Verlag, Baden-Baden 2016, 162 S., brosch.; ,00 Euro Ausländerrecht Winfried Kluth/ Andreas Heusch 1. Aufl. C.H. Beck Verlag, Köln 2016, XXX, S., geb.; Kommentar ,00 Euro Mietrecht Schmidt-Futterer/Hubert Blank (Hrsg.) 12. Aufl. Verlag C.H. Beck, München 2015, XXIV, 3030 S., geb.; Kommentar ,00 Euro WEG In jüngerer Zeit verabschiedete der Gesetzgeber gleich zwei Gesetze, die für das Tarifvertragsrecht von besonderer Bedeutung sind: Das Tarifautonomiestärkungsgesetz soll die Wirkkraft von Tarifverträgen erweitern, während das Tarifeinheitsgesetz regulierend in die Tarifautonomie eingreift. Die Autoren greifen in Anknüpfung an die aktuelle kritische Diskussion und der einschlägigen Rechtsprechung zahlreiche Rechtsfragen auf, setzen sich systematisch mit ihnen auseinander und bieten Lösungsansätze. Ein Wegweiser. Arbeitsrecht Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge Martin Henssler/Timon Grau 1. Aufl. Deutscher Anwaltverlag, Bonn 2017, 443 S., brosch.; AnwaltsPraxis ,00 Euro Kein Aprilscherz die Reform der Arbeitnehmerüberlassung kommt. Reagiert wird damit vor allem auf den missbräuchlichen Einsatz von Leiharbeit, Überschreitungen der Höchstüberlassungsdauer sowie auf Verletzungen des Gleichstellungsgebots. Das am 1. April 2017 in Kraft tretende Gesetzespaket nimmt zudem mit 611 a BGB erstmals eine Legaldefinition des Arbeitsvertrages vor. In diesem Handbuch geben Prof. Henssler und Dr. Grau einen Überblick über die Neuregelungen und liefern Praxishinweise für den Umgang mit den neuen Anforderungen. Die Themen Integration, Einwanderung und Asyl sind heute so brisant wie lange nicht. Massenhafte Zuwanderung ist nicht nur eine sozial-politische Herausforderung, sondern auch eine Belastungsprobe für das nationale und europäische Rechtssystem. Umso wichtiger für Praktiker, einen umfassenden Kommentar zur Hand zu haben, der die EU-Regelungen sowie das aktuelle Bundesrecht darstellt und detailliert aufarbeitet. Folgende Gesetze wurden dabei unter anderem berücksichtigt: Asylpaket I und II, Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern oder das Datenaustauschverbesserungsgesetz. Unterteilt in drei Ebenen verschafft der Kommentar dem Leser zunächst einen groben Überblick, im zweiten Teil folgt die ausführliche Kommentierung und schließt mit Praxisbeispielen, prozesstaktischen Hinweisen oder Checklisten. Mit den Autoren Prof. Dr. Winfried Kluth (Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg) und Dr. Andreas Heusch (Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Düsseldorf) ist das Werk mit einer hohen Expertise auf dem Gebiet des Ausländerrechts ausgestattet. Das Werk bietet als Druckfassung des Beck schen Onlinekommentars eine handfeste Option, die zudem entsprechend der jüngsten Änderungen des Ausländer- und Asylrechts durch das im Juli 2016 verabschiedete Integrationsgesetz umfangreich überarbeitet wurde und so einen hochaktuellen Einblick in diese dynamische Rechtsmaterie gewährt. Werner Niederführ/Egbert Kümmel/Nicole Vandenhouten 12. überarb. Aufl. Deutscher Anwaltverlag, Bonn 2017, 839 S., geb.; AnwaltKommentar, inkl. CD-ROM ,00 Euro Mietrecht Formularbuch Klaus Schach (Hrsg.) 3. Aufl. Nomos Verlag, Baden-Baden 2016, 964 S., geb.; NomosFormulare, inkl. CD-ROM ,00 Euro Beck sches Formularbuch Mietrecht Richard Gies (Hrsg.) 5. Aufl. C.H. Beck Verlag, Köln 2016, S., geb.; ,00 Euro Handbuch des Mietrechts Thomas Hannemann/Karl Friedrich Wiek/Thomas Emmert 6. neu bearb. Aufl. Deubner Verlag, Köln 2015, 1606 S., geb.; Fachinformationen für die rechtsberatenden Berufe mit CD-ROM und Onlline-Zugang ,86 Euro Basisformulare für die Anwaltskanzlei Helmut Drummen (Hrsg.) 3. Aufl. Deutscher Anwaltverlag, Bonn 2015, 472 S., geb.; AnwaltFormulare, inkl. CD-ROM ,00 Euro 458 AnwBl 4 / 2017

109 Hier geht s zur RA WIN Webseite. Überblick verloren? Mit RA WIN behalten Sie Ihre Akten und Dokumente effizient im Überblick. DerführendeSchweizer Prozessfinanzierer neu auch in Deutschland. JuraPlus AG Tödistrasse 18 CH-8002 Zürich Telefon info@jura-plus.ch Die professionelle und voll integrative Systemlösung für erfolgreiche Anwälte, Kanzleien und Rechtsabteilungen. Culemeyerstraße Berlin Tel.: info@rawin.net Fax: v. i. S. d. P.: RA 2000 Software, Inc., 1005 West Fourth Street, Carson City, NV 89703, USA RA WIN 2000 ÖSTERREICH Achtung Holland! Dijks Leijssen Advocaten & Rechtsanwälte Boddenkampsingel 76 Postbus AB Enschede NL Telefon: +31(0) Telefax: +31 (0) Website: info@dijksleijssen.nl Ihr Partner vor Ort Dr. Stefan Gloyer RECHTSANWALT ao. Mitglied des DAV steht deutschen Kollegen für Mandatsübernahmen gerne zur Verfügung Salurner Straße 16, 6020 Innsbruck +43 (0) rechtsanwalt@gloyer.at BELGIEN UND DEUTSCHLAND ADVOCAAT IN BELGIEN RECHTSANWALT IN DEUTSCHLAND (Eignungsprüfung in 1994 bestanden ) Deutsch, Flämisch, Holländisch, Englisch und Französisch PETER DE COCK steht deutschen Kollegen für Mandatsübernahme im gesamten belgischen Raum zur Verfügung. 38 Jahre Erfahrung mit Handels-, Straf- und Zivilrecht, Bau-, Transport- und Verkehrsrecht, Eintreibung, Schadensersatzforderungen, (Internationale) Zwangsvollstreckung + Sicherheitsmaßnahmen, Mediation und Arbitration KAPELSESTEENWEG 48, B-2930 BRASSCHAAT (ANTWERPEN) Tel , Fax advocaat@peterdecock.be RECHTSWIRT (FSH), BETRIEBSWIRT (FSH) ASSESSORREFERENT JUR.(FSH),WIRTSCHAFTSJURA (FSH) Bundesweit staatlich zugelassene Fernstudiengänge berufbegleitend, 4-7 Semester Fachakademie Saar für Hochschulfortbildung (FSH) An der Universität, Science-Park 2, Saarbrücken Tel. 0681/ Fax: 0681/ www:e-fsh.de TERMINE Heft Erscheint am Anzeigenschluss Druckdaten-Schluss Anzeigenaufträge bis zum Anzeigenschluss 10:00 h an: office@anwaltsblatt-media.de oder per Fax an: Weitere Informationen unter:

110 Bücher & Internet Personalisierbare Verträge: Onlinehilfe oder -bedrohung? Datenbanken wie Beck-Online, Juris, Haufe oder Jurion enthalten neben ihrem umfangreichen Angebot an Fachliteratur immer auch Formulare und Vertragsmuster. Hinzu kommen Online-Portale wie YourXpert oder Frag-einen-Anwalt, die Standardverträge vornehmlich für den Verbraucher anbieten. Neu sind Anbieter, die ähnlich wie Rocket Lawyer, Legalzoom oder Direct Law aus den USA, auch in Deutschland Muster und Verträge anbieten, die in einem gewissen Umfang interaktiv durch die Nutzer selbst an deren Bedarfe angepasst werden können. Über die Auswirkungen auf die Anwaltschaft wird engagiert diskutiert: Was leistet der Algorithmus? Wer haftet für den Algorithmus? Werden Juristen wohlmöglich überflüssig? Wo wird ein Experte aus Fleisch und Blut benötigt? Wie sieht der Juristenberuf von morgen aus? 1 Janolaw Die Firma ist als echter Legal Tech Pionier seit 2000 einer der ersten deutschen Spezialisten für die interaktive Erstellung von juristischen Dokumenten. Geboten werden beispielsweise AGBs, Arbeits- und Mietverträge, Testamente oder Patientenverfügungen. Ein Portal zur Onlineschlichtung läuft unter der Marke Jano Fair. Ein neues Angebot war zum Redaktionsschluss noch in Planung: tech.de soll sich gezielt an Kanzleien und Rechtsabteilungen von Unternehmen richten. Die Parallele zu den amerikanischen Vorgängern drängt sich hier nochmals auf. Bereits 2015 wies Justus von Daniels in seinem Artikel Generator übernehmen Sie? (AnwBl 2015, 241) darauf hin, dass der Geschäftserfolg der amerikanischen Vorläufer ganz maßgeblich im Verkauf von Lizenzabonnements für Rechtsberatung im geschäftlichen Verkehr lag und insbesondere Rechtsabteilungen von der Standardisierung profitieren könnten. 2 Smartlaw Seit 2012 bietet Smartlaw individualisierbare Rechtsdokumente zu ähnlichen Bereichen. Der Businessplan sieht eine Abonnementlösung mit verschiedenen Tarifen vor. Ein kostenfreier Test ist möglich. Bereits zur Testphase muss sich der Interessent in eine Rubrik einordnen, diese geht dann ohne Kündigung automatisch in das entsprechende Abonnement über: Das Preismodell bietet eine Staffelung von 10 Euro für Familie und Privat monatlich über 20 und 30 Euro bis zu 50 Euro für den Bereich Business und Unternehmen. 3 agreement24.de Agreement24 Die Firmengruppe ist europaweit aktiv, wurde 2004 in Schweden gegründet und ist seit 2013 von Berlin aus auf dem deutschen Rechtsmarkt aktiv. Geboten werden rechtssichere, personalisierte Verträge und Rechtsdokumente aus Bereichen wie: Mietrecht, Familienrecht, Vorsorge, Arbeitsrecht, Erbrecht etc. Bezahlt wird pro Dokument. Man muss ein Nutzerkonto erstellen. In dem Konto lassen sich die Dokumente noch 14 Tage kostenlos abändern und erneut ausdrucken. Eine Patientenverfügung kostet zum Beispiel 49 Euro, ein Arbeitsvertrag (ohne Tarif) 39 Euro oder ein Partnerschaftsvertrag 69 Euro. 4 Musterschreiben Baurecht Das Preismodell dieser Plattform sieht den kostenpflichtigen Erwerb einer Lizenz vor. Die Lizenz gilt für mindestens zwei Jahre und kostet 170 Euro. Die jährliche Lizenzverlängerung dann jeweils 65 Euro. Geboten wird der Zugriff auf zahlreiche Musterschreiben in der Bauvertragsabwicklung sowohl für BGB- als auch VOB/B-Verträge. Viele Dokumente enthalten ergänzende Verwendungshinweise. Für Verbraucher 5 patientenverfuegung.beck.de/ Beck Rechtssichere Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen bietet der Verlag den Verbrauchern für 10 Euro pro Dokument. Die Formulare werden anhand von Fragen generiert und somit an die persönlichen Erfordernisse der Nutzer angepasst. Im Kleingedruckten wird auf die mögliche Anonymität der Verfügungen hingewiesen, da die generierten Dokumente auf dem Server umgehend gelöscht werden können. 6 IT-Recht Kanzlei Die Kanzlei aus München bietet Onlinehändlern vor allem AGBs mit Updates in monatlich kündbaren AGB-Paketen (Starterpaket 10 Euro und Premium 25 Euro im Monat). Die Pakete enthalten auch Rechtstexte für den Handel sowie Leitfäden und Handlungsanleitungen. Interessant dürfte auch der integrierte Rechtsschutz im Falle von Abmahnungen sein. 7 RNK Verlag mit Bestform 24 Das umfangreiche Angebot auf Bestform 24 umfasst Formulare und Verträge, die online mit Hilfe eines Abfragesystems ausgefüllt werden. Das fertige Dokument steht dann als PDF zum Download bereit. Korrekturen sind kostenfrei möglich. Gezahlt wird pro Dokument mit einem Rabatt für Mehrfachexemplare. Das Spektrum geht über Wohn- und Gewerbemietverträge über Bürgschaften bis zu Arbeitsverträgen. Für das Anwaltsblatt im Internet: Janine Ditscheid, Dipl.-Bibliothekarin, Köln Leserzuschriften an anwaltsblatt@ anwaltverein.de 460 AnwBl 4 / 2017

111 futurelawyer 10 Jahre Anwaltsblatt Karriere Was könnte inden nächsten 10 Jahren passieren? Das Jubiläumsheft erscheint Mitte Mai Das Magazin des Deutschen Anwaltvereins für Studierende und Referendare facebook.com/anwaltsblattkarriere/ anwaltsköpfe // anwaltszukunft // anwaltseinstieg // anwaltsausbildung

112 DeutscheAnwaltAkademie Seminarkalender Anwalt in eigener Sache Online-Seminar: bea und elektronischer Rechtsverkehr (Ulrich Volk) Online Arbeitsrecht Betriebsübergang und Betriebsänderung (Stefan Broich, Prof. Dr. Thomas Kania) Düsseldorf Strategie und Taktik im Einigungsstellenverfahren (Dr. Frauke Denecke, München Dr. Philipp Wiesenecker) Kündigung und Aufhebungsvertrag arbeits-, sozial- sowie steuerrechtliche Frankfurt a. M Optimierung und Fehlervermeidung Bank- und Kapitalmarktrecht Online-Seminar: Crowdinvesting (Anja Uelhoff) Online Neues aus dem Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Anlegerschutzprozess Köln (Elke Schubert) Bau- und Architektenrecht Projektmanagement und Controlling für Bauanwälte Köln (Prof. Dr.-Ing. Dr. rer. pol. Thomas Wedemeier) Reform des Bauvertragsrechts (Dr. Alexander Zahn) Frankfurt a. M Reform des Bauvertragsrechts (Prof. Dr. Ulrich Locher) Hamburg Architektenrecht Forum für Fortgeschrittene (Dr. Wolfgang Koeble, München Dr. Alexander Zahn) Erbrecht Bindungswirkung bei gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen Hamburg (Rüdiger Gockel) Erfolg im Erbrecht: Testamente, Ansprüche durchsetzen und abwehren, Hamburg Berücksichtigung von Pflegeleistungen im Erbfall (Dr. Eva Kreienberg) Stuttgart Familienrecht Online-Seminarreihe Familienrecht: Aktuelle Fälle und Entscheidungen 2017 Online Quartal (Frank Götsche) Workshop Berechnungen im Unterhaltsrecht (Heinrich Schürmann) Berlin (Prof. Roland Böttcher) Gewerblicher Rechtsschutz Die Fassung von Unterlassungsanträgen und die Bestimmung des Streitgegenstands Hamburg im Gewerblichen Rechtsschutz (Dirk Büch) Der Patentverletzungsprozess (Dr. Eike Schaper, Ulrike Voß) Düsseldorf Das aktuelle UWG Erfahrungen, Entwicklungen und aktuelle Rechtsprechung Düsseldorf (Dieter Kehl) Handel- und Gesellschaftsrecht Kartellrecht für Gesellschaftsrechtler (Dr. Martin Beutelmann) Düsseldorf Aktuelle Rechtsprechungsübersicht im Gesellschaftsrecht (Prof. Dr. Lutz Strohn) Düsseldorf Praxis des Unternehmenskaufs (Christian Feuerer, Stephan Hettler) Stuttgart Informationstechnologierecht Beschäftigtendatenschutz zwischen Compliance und Arbeitnehmerkontrolle Frankfurt a. M (Dr. Andrea Bonanni, Michael Kamps) Auftragsdatenverarbeitung nach BDSG und DSGVO (Maria-Urania Dovas) Mannheim Insolvenzrecht Vergütung von Insolvenzverwaltern (InsVV) (Dr. Thorsten Graeber) Köln Online-Seminar: Aufteilung nach strafrechtlicher Vermögensabschöpfung Online (Ulrich Schmerbach) Insolvenzanfechtung Reform, Rechtsprechung und prozessuale Praxis Berlin (Saskia Dornheim) 462 AnwBl 4 / 2017

113 Termine Mai und Juni 2017 Kontakt Deutsche Anwaltakademie Littenstraße 11, Berlin T 030 / F 030 / daa@anwaltakademie.de Internationales Wirtschaftsrecht Europäisches Zivilverfahrensrecht (Dr. David Einhaus) Frankfurt a. M Medizinrecht Strafverfahren gegen Ärzte in Ausübung ihres Berufes, inkl. Korruptionsstrafrecht Dortmund (Rüdiger Weidhaas, Patrick Weidinger) Haftung und Versicherung von Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern Dortmund (Patrick Weidinger) Beweisprobleme im Arzthaftungsrecht (Wolfgang Frahm) Hamburg Übertragung heilberuflicher Praxen vertragsarztrechtliche, zivilrechtliche Hamburg und steuerrechtliche Aspekte (Michael Seiters) Miet- und Wohnungseigentumsrecht Die Verwertungskündigung (Jörg Hamann) Düsseldorf WEG-Verfahren typische Probleme und aktuelle Rechtsprechung Stuttgart (Dr. Frank Zschieschack) Migrationsrecht Asyl- und Aufenthaltsrecht Grundlagen und Vertiefung (Petra Haubner, Berlin Maria Kalin) Online-Seminar in zwei Blöcken: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Block (Maria Kalin) Block Sozialrecht Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (Dr. Maren Lode) Düsseldorf SGB II und XII intensiv (Philipp Stark) Frankfurt a. M Steuerrecht BWL für Wirtschaftsanwälte (Prof. Dr. Bernd von Eitzen, Prof. Dr. Thomas Frankfurt a. M Möhlmann-Mahlau) Strafrecht Datenschutz im Strafverfahren (Sascha Petzold) Frankfurt a. M Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen Anordnung und Verwertung München (Prof. Dr. Jürgen P. Graf) Das fehlerhafte Strafverfahren (Dr. Ines Kilian) Hannover Verkehrsrecht Verteidigung in Verkehrsstraf- und OWi-Sachen mit Blick auf Revision und München Rechtsbeschwerde (Carsten Staub) Typische Haftungsquoten ein Seminar für Fortgeschrittene (Dietrich Freyberger) Essen Verteidigung in Verkehrsstrafsachen (Gerhard Hillebrand) Nürnberg Verteidigung bei Ordnungswidrigkeiten aus anwaltlicher und richterlicher Sicht Rostock (Christian Janeczek, Dr. Benjamin Krenberger) Unfall mit Kindern (Nicolas Eilers) Groß-Gerau Versicherungsrecht Die Haftung des Versicherungsvermittlers (Oliver Meixner) Düsseldorf Anwaltstaktik im Versicherungsprozess (Volkhard Wittchen) Düsseldorf Verwaltungsrecht Disziplinarrecht: aktuelle Rechtsprechung (Frank Hansen) Berlin Aktuelle Rechtsprechungsübersicht im öffentlichen Baunachbarrecht Düsseldorf (Kerstin Rasche-Sutmeier, Dr. Martin Wiesmann) Zwangsvollstreckung Zwangsvollstreckung in Immobilien inklusive Wohnungs- und Teileigentum Berlin (Ernst Riedel) AnwBl 4 /

114 Schlussplädoyer Stellt sich den Fragen des Anwaltsblatts: Rechtsanwalt Dr. Marcus Werner aus Köln ist Mitglied des Vorstands des Deutschen Anwaltvereins und gehört den DAV-Ausschüssen Elektronischer Rechtsverkehr und Zivilverfahrensrecht an. Er wurde 1995 als Rechtsanwalt zugelassen und ist Partner der Sozietät Werner Rechtsanwälte Informatiker. Werner berät in den Bereichen IT-, Datenschutz- und Internetrecht sowie im Gesellschaftsrecht. Er ist Mitglied im Deutschen Anwaltverein, weil ihm das Engagement für den Berufsstand der Anwälte und die Zukunftsfähigkeit der Branche wichtig sind. Warum sind Sie Anwalt geworden? Ich bin Anwalt und nicht etwa hauptberuflich Informatiker, weil ich gerne den Dingen auf den Grund gehe, sie durchdenke, für knifflige Probleme Lösungen entwickle und mich dafür einsetze. Schon einmal überlegt, die Zulassung zurück zu geben? Auch wenn sich die Arbeit in den vergangenen Jahren verändert hat und weiter verändern wird: Ich gebe meine Zulassung erst zurück, wenn mir eines Tages meine jüngeren Kollegen sagen, ich sei nun endgültig von Gestern. Ihr größter Erfolg als Anwalt? Begeisterte Mandanten und respektvolle Gegner. Ihr Stundensatz? Immer mit Augenmaß. Ihr Traummandat? Davon haben wir einige: die Mandanten arbeiten mit, lassen sich strategisch beraten und vertrauen uns. Was sollen Ihnen Ihre Kollegen einmal nicht nachsagen? hat immer nur hart gearbeitet. Denn ab und zu muss man auch mal feiern. Welches Lob wünschen Sie sich von einem Mandanten? Es ist eine Freude, mit Ihnen zu arbeiten. Mitglieder Service DAV-Haus Littenstr. 11, Berlin Deutscher Anwaltverein Tel.: 0 30/ , Fax: dav@anwaltverein.de, Redaktion Anwaltsblatt Tel.: 0 30/ , Fax: anwaltsblatt@anwaltverein.de Deutsche Anwaltakademie Tel.: 0 30/ , Fax: daa@anwaltakademie.de Deutsche Anwaltadresse Tel.: 0 30/ , Fax: adresse@anwaltverein.de DAV-Fortbildungsbescheinigung Tel.: 0 30/ , Fax: fortbildung@anwaltverein.de Arbeitsgemeinschaften im DAV Infos unter Tel.: 0 30/ , Fax: DAV Büro Brüssel Tel.: + 32 (2) , Fax: - 13 bruessel@eu.anwaltverein.de, Deutscher Anwaltverlag Rochusstraße 2 4, Bonn Tel.: 02 28/ , Fax: - 23 kontakt@anwaltverlag.de, DAV-Depesche Die DAV-Depesche ist der wöchentliche Newsletter, welchen alle Mitglieder (über deren - Adresse der DAV verfügt) automatisch zugesandt bekommen. Darin sollen Praxistipps vermittelt, ein kurzer Überblick über die Arbeit des DAV gegeben und aktuelle Entwicklungen im Bereich der Rechtspolitik aufgezeigt werden. Alle Depeschen finden Sie unter AnwBl 4 / 2017

115 Zusammen unschlagbar juris DAV Das exklusive Angebot für DAV-Mitglieder Als DAV-Mitglied genießen Sie bei juris einen ganz besonderen Status. Durch die enge Kooperation mit dem Deutschen Anwaltverein erhalten Sie exklusiveinhalteundsonderkonditionen.diekomfortableundeinfach bedienbare Online-Recherche ermöglicht es Ihnen, schnell und effizient auch komplexe Mandate mit höchster Rechtssicherheit zu bearbeiten. NEU: juris DAV Zusatzmodul jetzt gratis testen! Mehr Informationen erhalten Sie unter:

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