Globaler Agrarhandel am Beispiel Zucker: Kolonialisierung, Zuckermarktordnung, Agrartreibstoffe und Fairer Handel
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- Franz Baumann
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1 Globaler Agrarhandel am Beispiel Zucker: Kolonialisierung, Zuckermarktordnung, Agrartreibstoffe und Fairer Handel
2 11 Jh. Zucker wird in Europa bekannt (Kreuzzüge) Um 1420 Kultivierung auf die Kanarischen Inseln Kolumbus bringt Setzlinge in die Karibik Jh. Dreieckshandel: Afrikanische SklavInnen nach Lateinamerika und in die Karibik Zucker von Lateinamerika und der Karibik nach Europa Waffen, Alkohol und billige Manufakturen von Europa nach Afrika Kolonialisierung Es gibt Schätzungen, die davon ausgehen, dass für jede zweite Tonne Zucker ein Sklave bzw. eine Sklavin stirbt. Seit 18. Jh. Einzug in die Küche Europas und eine kostengünstige und kalorienreiche Verpflegung für Soldaten und ArbeiterInnen
3 Zuckerrohr Zuckerrüben Kontinentalsperre Napoleons 1806: Durchbruch für Rüben verarbeitende Zuckerindustrie in Europa Nach Blockade 1814: Preise fallen ins Bodenlose Entwicklung der Weltzuckererzeugung: Vergleich Rohr- und Rübenzuckererzeugung EU-Zuckermarktordnung Jährlich ca. 100 Mio. Tonnen aus Zuckerrohr und ca. 40. Mio. Tonnen aus Zuckerrüben Zuckerproduktion aus Rohrzucker zu allen Zeiten billiger als aus Zuckerrübe Zuckerrüben Dennoch: EU in den letzten Jahrzehnten zweitgrößter Zuckerexporteur
4 Europäische Zuckermarktordnung Seit 1968 EU-Garantiepreis für Rübenzucker ca. 650 Euro/Tonne, das entspricht in etwa dem dreifachen Weltmarktpreis EU wird innerhalb weniger Jahre zu einem wichtigen Exporteur von Zucker Staatliche Preisstützungen und festgelegte Quoten pro Land bzw. Betrieb EU: Produktion rund 30% größer als Verbrauch bäuerliche Betriebe in EU (9.600 in Ö) Gesetzesnovelle 2006: WTO 2005 : Senkung der Zuckerproduktion, Beschränkung des Exports, Senkung des garantierten Zuckerpreises Importfreigabe aus den ärmsten Exportländern
5 Europäische Zuckermarktordnung Entwicklungspolitische Überlegungen zur Reform: Was spricht dafür? Was spricht dagegen? Senkung der Subventionierung im Zuckerbereich Abnahme des Preisdrucks auf den Weltmarktpreis für Zucker Steigender Weltmarktpreis => größere Produktion für den Binnenmarkt in LDCs Führt Preissenkung tatsächlich zum Rückgang der Zuckerproduktion in der EU? Marginale Ausgleichszahlungen für AKP- Länder Probleme der Investition in LDCs
6 Zuckeranbaugebiete
7 Agrartreibstoffe Was ist das? Agrartreibstoffe: Motortreibstoffe auf pflanzlicher Basis, wobei genauso wie zwischen Benzin und Diesel zwischen Agrosprit und Agrodiesel bzw. in den bisher gängigen Begriffen zwischen Biosprit und Biodiesel unterschieden wird. Agrosprit: Besteht zumeist aus Ethanol (die gängigste Alkoholform, deshalb auch als Agroethanol oder Bioethanol bezeichnet), das durch Fermentation und folgender Destillation aus zucker- und stärkehältigen Pflanzen gewonnen wird, z.b. Zuckerrohr (hauptsächlich in Brasilien), Zuckerrübe, Mais Agrodiesel: Dieselkraftstoff, der aus pflanzlichen Ölen und tierischen Fetten, u.a. aus Rapsöl, Sonnenblumenöl, Palmöl
8 Agrartreibstoffe und ihre Probleme Bio-Treibstoffe : Massenprodukt der agroindustriellen Produktion, zum Großteil unökologische und sozial bedenkliche Wirtschaftsweisen hoher Chemieeinsatz, verstärkte Abhängigkeit vom vor- und nachgelagerten Bereich, schlechte Energiebilanz Allein durch die Lachgasemissionen sind Biotreibstoffe 1,7 Mal so klimaschädlich wie normaler Diesel und im besten Fall gleich schädlich. (Crutzen, 2008) Weltweites Steigen der Lebensmittelpreise insgesamt: Zusammenhang zwischen Intensivlandwirtschaft, Importfuttermitteln, nachwachsenden Rohstoffen und Welthunger Nahrungsmittelkrise 2008 Ethische Seite: Brot zum Verheizen, als Sprit und Auspuffgase?
9 Agrartreibstoffe und Zuckerproduktion Beispiel Brasilien: Steigender Ölpreis Attraktivität des aus Zucker gewonnenen Ethanols als alternativer Treibstoff (seit 2002) Zuckerrohr aus Brasilien Brasilien: Großteil der Neuwagen mit Ethanol-Kraftstoff Europa: Beimischung in kleinen Mengen Anbau vor allem im Nordosten des Landes Schlechte Arbeitsbedingungen: 12 bis 14 Stunden/Tag Durchschnittliche Lebenserwartung bei 12 Jahren 52% der durch die Mobile Gruppe des Arbeitsministeriums aus der Sklavenarbeit befreiten ArbeiterInnen im Jahr 2007 arbeiteten auf Zuckerrohrplantagen für die Ethanolgewinnung: von insgesamt Vom Arbeitsministerium befreite Sklaven Aus: Conflito no Campo Brasil CPT
10 Agrartreibstoffe Beispiel Brasilien Umwidmung von Landflächen Mindestens 27% der Expansion der Zuckerrohrplantagen im Jahr 2007/08 in landwirtschaftliche genutzten Gebieten, Verdrängung der Nahrungsflächen Restlicher Teil in Gebieten zur Rinderzucht Vergrößerung der Fläche von 6,2 auf 9 Millionen Hektar bis 2012 Landkonzentration 92% aller kleinbäuerlichen Familien, die im Nordosten leben, besitzen nicht ausreichend Land. Landkonflikte Großgrundbesitz Landkonflikte im Jahr Ermordungen 259 Morddrohungen 428 Gefangennahmen vom Land vertriebene Familien vom Land vertriebene Familien durch Gerichtsbeschlüsse Von 1971 bis 2007: 819 Ermordungen im Bundesstaat Para 22 Gerichtsprozesse Verurteilungen: 13 Pistoleiros und 7 AuftraggeberInnen 1975 weniger als 10 ha 52,3% der Liegenschaften 2,8% des Landes 1975 mehr als 1000 ha 0,8% der Liegenschaften 42,6% des Landes 2003 weniger als 10 ha 31,6% der Liegenschaften 1,8% des Landes 2003 mehr als 1000 ha 1,6% der Liegenschaften 43,8% des Landes Aus: Os pobres possuirão a terra Pronunciamento de bispos e pastores sinodais sobre a terra
11 Agrartreibstoffe Beispiel Brasilien Monokulturen Verdrängung der Eigenversorgung, Hunger Wasserverschwendung Verbrauch einer Bewässerungsanlage: 1l Wasser pro Sekunde für einen Hektar Land, eine Bewässerungsanlage (100 ha) verbraucht die Wassermenge einer Kleinstadt mit EinwohnerInnen. Insgesamt sind die Bewässerungsanlagen verantwortlich für die Verschwendung von 60% des Wassers in Brasilien. Die Agrarkonzerne sind verantwortlich für den größten Teil des Wasserkonsums: 69% (ANA) Abholzung, Brandrodung von Regenwäldern und Feuchtsavannen
12 Beispiel für Fairen Handel: Panay Fair Trade Center Bio-Rohrzucker von den Philippinen Seit 1980er: Nachfragerückgang im Export Arbeitslosigkeit, Hungerkrise, Vertreibungen Seit 1991 Panay Fair Trade Center (PFTC): Vermarktung der Produkte von KleinproduzentInnen Verbesserung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation durch Sozial- und Trainingsprogramm Enge Zusammenarbeit zwischen philippinischen Basis-organisationen und alternativen Bewegungen in den sogenannten Industrieländern Netzwerk zur Durchsetzung sozialer und politischer Interessen: Landrechtsreform, Rechte der indigenen und ländlichen marginalisierten Bevölkerung auf Selbstbestimmung, Armutsbekämpfung sowie eine nachhaltige, den nationalen Interessen verpflichtete Industrialisierung Nationale Souveränität und Demokratisierung der Philippinen
13 Alternative: Fairer Handel Mindestpreise: Bezahlung unabhängig von Preisschwankungen würdiges Leben für ProduzentInnen Abdeckung der Produktionskosten Vorauszahlungen durch Import-Organisationen Aufschläge für Bio-Anbau: 10% Fairer Preis: 30% über Weltmarktpreis Investitionen in die lokale Infrastruktur, Bildung, Gesundheit, ökologische Verbesserungen Langfristige Verträge: Planung für die Zukunft, Nachhaltige Entwicklung
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