Wissenschaftspropädeutikum. Präsenzphase
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- Adolf Holst
- vor 6 Jahren
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1 Wissenschaftspropädeutikum Was ist und was will Wissenschaft? Präsenzphase Foliensatz III Empirische Sozialforschung Prof. Dr. Michael Brater, Alfter, Alanus Hochschule 1
2 Gliederung Einführung in Forschungsmethoden Forschungsansätze und Methoden Wesentliche Merkmale Geschichte der quantitativen Sozialforschung Geschichte der qualitativen Sozialforschung 2
3 Einführung Empirische Sozialforschung ist die systematische Erfassung und Deutung sozialer Erscheinungen. Empirisch bedeutet, dass theoretisch formulierte Annahmen an spezifischen Wirklichkeiten überprüft werden. Systematisch weist darauf hin, dass dies nach Regeln vor sich gehen muss. Theoretische Annahmen und die Beschaffenheit der zu untersuchenden Realität sowie die zur Verfügung stehenden Mittel bedingen den Forschungsablauf. (Atteslander 2006, S. 4-5) 3
4 Forschungsansätze und Methoden Ich kann die Bewegung der Himmelskörper berechnen, aber nicht das Verhalten der Menschen. Isaac Newton ( ), engl. Physiker, Mathematiker, Astronom, Alchemist und Philosoph 4
5 Quantitative Sozialforschung Ziele der quantitativen Forschung Explorative und hypothesenprüfende Funktion Beschreibung und Vorhersage Feststellung von Kausalitäten oder Zusammenhängen (im Sinne des Ursache- Wirkung-Prinzips) Reduktion von komplexen Sachverhalten (durch statistische Maße und/oder graphische Aufbereitung) Grundannahme: Der sozialen Wirklichkeit unterliegen Gesetzmäßigkeiten, die mathematisch erfassbar sind! 5
6 Qualitative Sozialforschung Forschungsperspektiven und Ziele 1. bezogen auf den subjektiven Sinn: Analyse der subjektiven Sichtweisen auf Gegenstände, Ereignisse, Erfahrungen, Handlungen etc. 2. bezogen auf die Herstellung sozialer Wirklichkeit: Interesse an Alltagshandlungen, an der interaktiven Herstellung sozialer Wirklichkeit 3. bezogen auf die kulturelle Rahmung subjektiver und sozialer Wirklichkeit Gemeinsame Aspekte: Verstehen als Erkenntnisprinzip Offenheit für Zugangsweisen und Forschungsprozess Fallrekonstruktionen als Ansatzpunkt Text als empirisches Material Grundannahme: Soziale Wirklichkeit ist eine Konstruktion 6
7 Quantitative Sozialforschung Forschungsablauf Fünf grundsätzliche Phasen eines Vorhabens der empirischen Sozialforschung: 1. Problembenennung 2. Gegenstandsbenennung 3. Durchführung: Anwendung der Forschungsmethoden 4. Analyse: Auswertungsverfahren 5. Verwendung von Ergebnissen 7
8 Problembenennung Problembenennung heißt die Formulierung sozialer Probleme in Form wissenschaftlicher Fragestellungen. (Atteslander, S. 18) Kriterien: Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit Gruppen Zeitliche und örtliche Bereiche Umfassende Untersuchung oder Einzelfrage Weitere Zusammenhänge Bereits vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse Klärung der Kriterien führt zur Suche nach geeigneten Theorien. 8
9 Gegenstandsbenennung Klare Forschungsgegenstandsbenennung nötig, da eine systematische Erfassung der sozialen Wirklichkeit nur in Ausschnitten möglich ist. Einfluss nehmen: Zeit: Welcher Zeitabschnitt sozialer Vorgänge soll erfasst werden? Wie viel Geld bzw. Mittel stehen zur Forschung zur Verfügung? Gegenstandsbereich: Welche Gruppen von Erscheinungen/Menschen sollen/können erfasst werden? Feldzugang: Welche Bereiche des Feldes sind zugängig? 9
10 Qualitative Sozialforschung Der Forschungsansatz der Grounded Theory Menschliches Handeln und menschliche Interaktionen im Mittelpunkt der Forschung schrittweise Entwicklung einer in den Daten begründeten ( grounded ) Theorie -> Dialog- und Prozesscharakter der Forschung keine strengen Verfahrensregeln für den Forschungsprozess, stattdessen eine dem Forschungsgegenstand angemessene, systematische Sammlung von heuristischen Schritten 10
11 Qualitative Sozialforschung Forschungsprozess Grundsätzliche Offenheit qualitativer Forschung hinsichtlich ihrer Zugangsweisen; Forschungsprozess im Voraus nicht exakt planbar und vorhersehbar. Schritte eines typischen Forschungsprozesses: 1. Fragestellung 2. Theoretical Sampling ( Untersuchungsstichprobe ) 3. Feldzugang 4. Datenerhebung 5. Forschungstagebuch 6. Datenauswertung 11
12 Quantitative Sozialforschung Datenerhebungsverfahren / Forschungsmethoden (Messen): Befragung Standardisiertes Interview Standardisierter Fragebogen Internetbefragung (nicht teilnehmende) Beobachtung Feld : Verhalten in natürlicher Situation. Experiment Labor : Verhalten in von Forscherinnen und Forschern bestimmten Situation. 12
13 Qualitative Sozialforschung Datenerhebungsverfahren Interviews: Narrative Interviews (z.b. biografische Interviews), Leitfadeninterviews (z.b. themenzentrierte Interviews) Gruppendiskussionen (teilnehmende) Beobachtung Konversationsanalyse Dokumentenanalyse (Briefe, Tagebücher, Fotos, Filme, Texte unterschiedlicher Art...) 13
14 Wesentliche Merkmale 14
15 Wesentliche Merkmale: Quantitative Sozialforschung Untersuchung anhand von Stichproben mit anschließender Verallgemeinerung Gütekritierien: Objektivität: Wiederholbarkeit der Datenerhebung und Auffindung von Gesetzmäßigkeiten ist unabhängig von den beteiligten Personen. Reliabilität (Verlässlichkeit): Die Instrumente, mit denen die Daten erhoben werden, sind verlässlich. Validität (Gültigkeit): Wird wirklich das gemessen, was gemessen werden soll? Sind die Ergebnisse der Untersuchung verallgemeinerbar? 15
16 Wesentliche Merkmale: Qualitative Sozialforschung Untersuchung sozialer Phänomene: subjektbezogen, nicht standardisierter Forschungsablauf und nicht standardisierte Erhebungsmethoden Gütekriterien: Intersubjektivität: systematische Reflexion der beteiligten Menschen und ihrer Deutungen sozialer Wirklichkeit Nachvollziehbarkeit Reproduzierbarkeit: Schulungen des Forschungspersonals für die Datenerhebung und -auswertung Interne Validität: Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit (z.b. von Interviewpartnern und -partnerinnen) 16
17 Geschichte der Quantitativen Sozialforschung "Jede Wissenschaft hat ihre Zeit." Francesco de Sanctis ( ), ital. Historiker und Literaturkritiker 17
18 Erste Belege im Altertum Volkszählungen im Altertum in z.b. China, Ägypten, Persien, Griechenland und dem Römischen Reich (wie im Neuen Testament dokumentiert) Zweck: Bevölkerungsgröße, potentielle Steuereinnahmen, wehrfähige Männer, Landverteilung Problematik: Richtigkeit der Information Quelle: commons.wikimedia.org Quelle: commons.wikimedia.org 18
19 Aufstieg der Naturwissenschaften Anfang des 18. Jahrhunderts: das naturwissenschaftliche Experiment gewinnt an Bedeutung (Galilei, Newton etc.) Entwicklung eines mechanischen Weltbildes; Ursache-Wirkung-Prinzip In den Sozialwissenschaften : ab Mitte des 19. Jahrhunderts: Einführung der naturwissenschaftlichen Sicht einher gehen damit die zugehörigen quantitativen Methoden Newton gemalt von W. Blake Charlie Chaplin in Modern Times Quelle: commons.wikimedia.org 19
20 Quantitative Methoden in der Pädagogik Anfang des 20. Jahrhundert: Forderung der Einführung experimenteller Methoden: Versuchsschulen und pädagogische Laboratorien sollen Gesetzmäßigkeiten des Lehrens und Lernens feststellen Deskriptive Pädagogik: Versuch der Deskription der erzieherischen Phänomene Realistische Wendung ab 1962: Erfahrungen als Grundlage von Theorien wird in ihrem Verlauf zu einer empirischen Wende Alltagswende ab
21 Geschichte der Qualitativen Sozialforschung 21
22 Anfänge zu Beginn des 20. Jahrhunderts Zwei Entwicklungslinien: USA und Deutschland USA Thomas/Znaniecki: The Polish Peasant in Europe and America (1918/22) Chicago School of Sociology (20er 30er Jahre); Fokus auf soziale Probleme Quelle: MarienthalStudie_Einstweilen-wird-es-Mittag Deutschland Ostwald: Großstadt-Dokumente aus Berlin ( ) Psychoanalyse & psychologische Jugendforschung Institut für Sozialforschung/ Uni Frankfurt/ Main ( ) Die Arbeitslosen von Marienthal (1933): Klassiker der Sozialforschung à Methodenmix 22
23 Wiederaufnahme von Soziologie und Sozialforschung in den 50er Jahren Nachkriegsentwicklung in Deutschland Positivismusstreit 1961: Debatte über die Herangehensweise an (sozial-) wissenschaftliche Theoriebildung 70er Jahre: Renaissance der Qualitativen Forschung in verschiedenen Disziplinen: Soziologie, Pädagogik, Psychologie, Geschichtswissenschaften Vertreter der Frankfurter Schule: Max Horkheimer (vorne links), Theodor Adorno (vorne rechts), Jürgen Habermas (hinten rechts) Quelle: Shapiro2.png 23
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