Die NVV-Mobilfalt. Mobilität in einer neuen Vielfalt
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- Luisa Baumgartner
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1 Die NVV-Mobilfalt. Mobilität in einer neuen Vielfalt Dipl.-Ing. Martin Lometsch Stadtplaner in Vertretung für Jutta Kepper Nahverkehrs-Tage 2013 Kassel, September 2013
2 Der Nordhessische Verbundraum Gegründet im Jahr km 2 Fläche - monozentrische Raumstruktur 1 Mio. Einwohner (EW), davon EW im Großraum Kassel und ca EW innerhalb der Stadt Kassel Rund 8 Mio. km SPNV und ca. 26 Mio. km Busverkehr (davon ca. 11 Mio. km regional) 6 lokale Nahverkehrsgesellschaften Rund 40 Verkehrsunternehmen 70 Mio. Fahrgäste pro Jahr
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4 1. Warum brauchen wir Mobilfalt?
5 - 5 - Zu- bzw. Abnahme der Bevölkerung in den kreisfreien Städten und Landkreisen Hessens ( ).* *Statistische Berichte, Bevölkerung in Hessen Hessisches Statistisches Landesamt 2010
6 - 6 - Anlass zum Handeln Einrichtung einer privaten Mitfahrbörse für lokale Fahrgemeinschaften in 2009 Diese wurde aufgrund des mangelnden Busangebotes gegründet. Als Beispiel wurden Verbindungen benannt, auf denen der NVV planmäßigen Taktbusverkehr anbietet. Sollen wir uns ausgerechnet dort, wo schon eine geringe Nachfrage besteht, um dieses Potential streiten? Bei Erfolg der Mitfahrbörse wäre die Konsequenz, dass wir uns als NVV aus dieser Region zurückziehen, denn wir sind dort ökonomisch auf jeden Fahrgast angewiesen. Die Bedingungen des ÖPNV - speziell im ländlichen Raum - werden sich künftig aufgrund der demographischen Entwicklungen nachhaltig verändern. Die heute üblichen Angebote werden in Zukunft auf dem Prüfstand stehen.
7 - 7 - Folge der Bevölkerungsrückgänge Konzentration von Arbeitsplätzen und Versorgungseinrichtungen in Zentren, bezogen auf Nordhessen im Raum Kassel, sowie Rhein-Main und Raum Hannover Sinkende Schülerzahlen verändern die Schullandschaft durch Zentralisierung von Schulen und weiteren Wegen zu diesen Dies führt zu steigendem Mobilitätsbedürfnis der Menschen bei immer schwierig werdender Angebotsfinanzierung des ÖPNV. Ausdünnung des Angebots gerade abends und am Wochenende Die aktuelle Studie des Potsdamer Institutes für Nachhaltigkeitsstudien (IASS) bringt eine Entsiedlung ländlicher Räume ins Spiel. (Quelle ÖPNV Aktuell 72/13)
8 - 8 - Unsere Antwort auf die mobilen Herausforderungen Mobilität Vielfalt
9 - 9 - Mobilfalt Mobilfalt garantiert in den Mobilfalt-Gemeinden eine stündliche und tägliche Erreichbarkeit aller Ortsteile von 5 Uhr bis Mitternacht für Kunden ohne Auto. Mobilfalt bindet die Ortsteile an den Gemeindehauptort, das Einkaufszentrum, den Bahnhof und das regionale Busnetz an. Mobilfalt bietet keine Parallelverkehre an. D.h. unter den oben genannten Bedingungen wird die Mobilität zwar garantiert, dies aber mit den jeweils passenden (motorisierten) Verkehrsmitteln. Mobilfalt vernetzt daher auch den Individualverkehr mit dem Öffentlichen Nahverkehr. Mobilfalt greift auf Verkehrsmittel zurück, die vor Ort vorhanden sind. Das sind neben den Taxen, Bussen und Eisenbahnen auch die privaten PKW. So entstehen vollkommen neue flexible Angebote für Nutzer und Anbieter.
10 Drei Pilotregionen für die Mobilfalt Witzenhausen Einwohner Im nördlichen Werra-Meißner-Kreis Kleinstadt, Außenstandort der Uni Kassel 16 Stadtteile Zweckverband Sontra/Nentershausen/Herleshausen Sontra: Einwohner, 16 Stadtteile Nentershausen: Einwohner, 6 Ortsteile Herleshausen: Einwohner, 11 Ortsteile Im südlichen Werra-Meißner-Kreis, nördlichen Kreis Hersfeld-Rotenburg Ländlich geprägt Niedenstein Einwohner Im nördlichen Schwalm-Eder-Kreis Umland Stadt Kassel Wohngemeinde im Einzugsbereich VW-Werk 5 Ortsteile
11 Starke Partner für Mobilfalt Die NVV-Mobilfalt ist ein Zukunftsprojekt des NVV mit dem Werra-Meißner- und Schwalm-Eder-Kreis finanziert und unterstützt durch das Land Hessen. Weitere Partner im Mobilfalt-Projekt: Beteiligte Kommunen: Nentershausen Witzenhausen Niedenstein Sontra Herleshausen
12 2. Wie funktioniert das neue Angebot?
13 Mobilfalt - Fahrplan als Baukasten Vorhandene ÖV-Linien werden durch Mobilfalt auf einen Stundentakt gefüllt. Für Mobilfalt werden an der Strecke ggf. neue Haltestellen errichtet z.b. am Einkaufsmarkt, Ärztehaus, Schwimmbad,... Der dann erstellte Fahrplan wird im NVV-Layout als Linienfahrplan veröffentlicht Alle mit M (für Mobilfalt) gekennzeichneten Fahrten im Fahrplan sind sowohl auf Nutzer- wie auch auf Anbieterseite bedarfsgesteuert. D.h. sie finden nur statt, wenn ein Nutzer mitfahren möchte, bei Vorlage eines Fahrtwunsches wird zuerst geprüft, ob ein Privat-PKW für eine Mitfahrt zur Verfügung steht. Wenn ja, dann wird die Fahrt Privat gefahren, liegt kein privates Angebot vor, wird automatisch ein Taxi bestellt.
14 Wie wird verrechnet Grundprinzip: Kosten für Mitfahrer und Anbieter sind vorher festgelegt und bedürfen keiner weiteren Verhandlung zwischen den Teilnehmern. Der Fahrtanbieter (privat) bekommt für jeden tatsächlich mit Fahrgast gefahrenen Kilometer 0,30 Euro als Zuschuss für seine Betriebskosten. Damit haben zum Beispiel Pendler die Möglichkeit ihre regelmäßig anfallenden Fahrtkosten durch Mobilfalt-Fahrten zu reduzieren Der Mitfahrer zahlt 1 Euro für die Mobilfalt-Fahrt innerhalb einer Gemeinde, d.h. zwischen zwei Gemeinden dann 2 Euro. Dieser Tarif ist Bestandteil des NVV-Tarif! Die Abrechnung erfolgt immer für beide Seiten bargeldlos über die Buchungssoftware.
15 Die rechtlichen Fragen Mit dem Projekt haben wir in großen Teilen echte Pionierarbeit geleistet. Zahlreiche sich daraus ergebende Fragestellungen mussten beantwortet werden. Dazu zählt die Konzessionsrechtliche Bewertung Mobilfalt unterliegt nicht dem Konzessionsrecht, da es sich um keine regelmäßigen Fahrten handelt. Steuerrechtliche Bewertung Private Anbieter haben keine gewerblichen Absichten, daher ist keine Gewerbeanmeldung erforderlich. Die Aufwandsentschädigung ist bei der Steuererklärung zu berücksichtigen. Versicherungsrechtliche Bewertung Die Mitfahrt kommt zwischen zwei Personen privat zustande. Der NVV tritt als Vermittler aber nicht als Anbieter auf.
16 Die Rolle der Taxiunternehmen bei Mobilfalt In jeder Mobilfaltgemeinde muss eine Absicherung der Rückfallvariante bestehen. Wenn ein Fahrgast eine Fahrt bucht, aber kein privates Angebot vorliegt, dann löst der NVV sein Versprechen der garantierten Beförderung ein. Dazu wurde jeweils ein Vertrag mit dem örtlichen Mietwagenunternehmen geschlossen. Der NVV zahlt in der Pilotphase einen Mindestumsatz an die Taxiunternehmen, die dafür die Abdeckung in der gesamten Zeit garantieren, in der Mobilfalt angeboten wird. Sie kommen zum Einsatz, wenn kein privates Angebot vorliegt. Problem: Es gibt nicht mehr in allen Kommunen Mietwagenanbieter. Ohne diese garantierte Rückfallebene kann aber keine Mobilfalt angeboten werden.
17 Das Buchungssystem Das Buchungssystem beruht auf einem bewährten Buchungssystem für AST Buchungen und wurde um die Komponente des flexiblen Fahrtanbietens erweitert. Alle wichtigen Informationen sind hier hinterlegt und mit der NVV-Fahrplanauskunft verknüpft. Nach der Anmeldung erhalten Nutzer und Anbieter eine MobilfaltCard und ein Mobilfalt-Konto. Jetzt können Fahrten gebucht oder angeboten werden. Natürlich ist eine Anmeldung und Buchung auch per Telefon möglich. Oder persönlich in der Mobilitätszentrale. Das Buchungssystem bietet eine kontinuierliche Kontrolle der Entwicklungen vor Ort.
18 3. Wie wollen wir die Menschen begeistern?
19 Weitersagen! Mobilfalt braucht Unterstützer Mobilfalt ist ein Projekt zur aktiven Selbsthilfe. Es braucht Menschen, die das System ausprobieren und nutzen. Ein umfangreiches Marketingkonzept soll dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen mitmachen. Es umfasst: Informationsveranstaltungen und -stände vor Ort Plakate, Infoflyer etc. überall dort, wo sich die Menschen aufhalten Internetauftritt Kinospot Regelmäßige Treffen usw.
20 Viele Ansprechpartner vor Ort Unterstützt und verstärkt werden die Informationsmaßnahmen durch: Starthelfer in allen Pilotkommunen: Die Starthelfer werben für das Projekt in ihrem Ort Sie informieren und erklären das neue Angebot Sie werden durch den NVV geschult und mit anderen Starthelfern vernetzt damit alle informiert sind und weiterhelfen können Anlaufstationen: Bäckerläden Arztpraxis Tankstelle Friseur,... Die Anlaufstationen werden von den Starthelfern betreut.
21 Ansprechpartner für alle Fälle die Mobilitätszentrale In Eschwege wurde die NVV-Mobilitätszentrale für das Projekt Mobilfalt aufgebaut. Dort findet sowohl die persönliche Beratung als auch die telefonische Buchung und Auskunft statt. Die Mobilitätszentrale wird zudem weitere Themenfelder besetzen: touristische Auskunft, Vermietung von Elektrofahrrädern Mittelfristig sind weitere Tätigkeiten vorgesehen: Beratung Car-Sharing Organisation von unterstützenden Bürger(bus)vereinen...
22 4. Welchen Mitteleinsatz erfordert Mobilfalt?
23 Die Kostenkalkulation Beispiel für die Stadt Witzenhausen: Das Gesamtangebot Mobilfalt beläuft sich dort auf km pro Jahr (Mobilfalt). Der prognostizierte Nutzungswert liegt bei 5% der angebotenen Fahrten ( km). Davon erwarten wir, das km über private Anbieter organisiert werden und km über die Rückfallvariante mit Taxi. Derzeit liegt die Nachfrage noch unter diesem Wert. Nachgefragte Fahrten Gesamtangebot PKW Rückfall-Taxi
24 Die kalkulierten Kosten für die Mobilfalt Witzenhausen: PKW (0,30 Euro/km) 4.082,- Rückfall-Taxi (1,20,- /km) ,- zusammen ,- Nach Abzug der Mobilfalt-Einnahmen in Höhe von 2.992, ,- Gesamtkosten in Höhe von ,- p.a. D.h. für 2,60 Euro/EW als Zuschuss kann in Witzenhausen eine organisierte, stündliche Erreichbarkeit aller Ortsteile sichergestellt werden. Nachteil bedarfsgesteuerters Systeme: Wenn die Nutzung steigt, steigen auch die Kosten!
25 5. Die Erfahrungen nach 5 Monaten
26 Wir betrachten das Projekt und stellen fest: Wir haben 522 Teilnehmer (Stand: ), davon ca. 55 Fahrtanbieter und ca. 240 Mitfahrer. Die restlichen Teilnehmer befinden sich noch zwischen Anmeldung und Freigabe durch einen Starthelfer. Die Nachfrage (d.h. Fahrtbuchungen als Fahrgast) liegt derzeit unter der Erwartung von 5%. Bei ca. 950 täglich anbietbaren Fahrten ist die Chance, Anbieter und Mitfahrer auf einer Fahrt zusammenzubringen statistisch noch gering. Daher findet derzeit der größte Anteil (über 90%) der durchgeführten Fahrten über die Rückfallvariante statt. Bisher sind 5,6% der Fahrtangebote privat angeboten. Es gibt mehrere Anbieter, die z.b. ihre Pendlerfahrten ins System stellen, aber noch keine Anbieter, die aktiv nach Fahrtwünschen suchen und diese dann anbieten.
27 Wir betrachten das Projekt und stellen fest: Das Buchungssystem funktioniert weitestgehend fehlerfrei, allerdings ist der Zugang für Ungeübte nicht leicht (Benutzeroberfläche). Im Rahmen des Pilotprojektes wäre es nicht realistisch gewesen, eine in der Nutzbarkeit so ausgereifte Software, wie z.b. von flinc oder der Deutschen Bahn zu entwickeln. Daher gibt es auch noch keine App für Mobilfalt. Da Mobilfalt einen Schwerpunkt in der persönlichen Ansprache hat, werden im Oktober in jeder Pilotkommune Treffen mit den dortigen Fahrtanbietern stattfinden um Wege zu besprechen, wie die Zahl der Angebote erhöht werden kann. Es ist vorgesehen, dass z.b. Anbieter bei Vorliegen eines Fahrtwunsches aktiv angerufen werden oder, dass z.b. der örtliche Starthelfer die Fahrtangebote der Anbieter in das Buchungssystem einträgt.
28 Weitere Ziele Durch gezielte Maßnahmen möchten wir die etwa 55 registrierten Fahrtanbieter zu aktiven Fahrtanbietern machen. Durch eine Marketingaktion sollen neue Fahrtanbieter für das System gewonnen werden. In einem weiteren Schritt soll die Nachfrage der Fahrgäste erhöht werden mit dem Ziel, die durchschnittliche Besetzung aller Autos in den Kommunen langsam zu erhöhen. Durch Mobilfalt möchten wir den Kommunen einen Weg anbieten, die Mobilität in der Kommune attraktiv zu halten und dabei weniger Verkehr zu erzeugen. Gleichzeitig möchten wir die Attraktivität des ÖPNV insgesamt erhöhen, da wir durch Mobilfalt eine öffentliche Wegekette bis in die kleinste Siedlung anbieten können.
29 Zwischenfazit Mobilfalt konnte trotz hoher Hürden innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit von einer theoretischen Planung in eine praktische Umsetzung gebracht werden. Die Landesmittel für das Projekt flossen daher weniger in Gutachten als in eine direkte Wirkung vor Ort. Das Interesse und die Begeisterung vor Ort ist hoch! Der Zugang zur Buchung muss neben der Softwarelösung verstärkt über persönliche Unterstützung angegangen werden. Wir erwarten, dass wir Ende 2014 zum Schluss der Pilotphase die gesetzten Ziele erreichen und ein positives Fazit ziehen können.
30 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Weitere Infos:
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