Integrierte Versorgung von Patient/innen mit Essstörungen am Beispiel des MVZ Dr. Hertha Mayr
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- Maya Gerhardt
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1 Integrierte Versorgung von Patient/innen mit Essstörungen am Beispiel des MVZ Dr. Hertha Mayr
2 Essstörungen haben große klinische und gesellschaftliche Relevanz Es erkranken fast ausschließlich junge Menschen mit schwerwiegenden Auswirkungen für die körperliche und seelische Gesundheit. Essstörungen sind multifaktoriell bedingte Erkrankungen, bei denen intrapsychische, psychosoziale, soziokulturelle und biologische Faktoren ineinander greifen und sich verstärken. Betroffene stehen einer Behandlung ambivalent gegenüber, erleben die Symptome der Essstörung Ich synton. Die Anorexia nervosa AN stellt eine schwer zu behandelnde psychische Störung dar, die häufig chronifiziert und auch einen lebensbedrohlichen Verlauf annehmen kann
3 Störungen des Essverhaltens Essstörungen Störungen des Essverhaltens sind von manifesten Essstörungen zu unterscheiden, sie können Vorboten für Erkrankungen aus dem Essstörungsbereich sein. Störungen des Essverhaltens: gezügeltes Essen z.b. Schlankheitsdiäten, verbotene Nahrungsmittel, Auslassen von Mahlzeiten, Sport betreiben mit dem Ziel abzunehmen Essstörungen: Anorexia nervosa, Magersucht Bulimia nervosa, Ess-Brechsucht Binge Eating Störung, Esssucht
4 Übergänge von Störungen des Essverhaltens zu manifesten Essstörungen: Selbstbewertung als zu dick ist auch bei gesunden Mädchen und jungen Frauen unseres Kulturkreises häufig. Wieviel Raum nehmen derartige Gedanken ein? Wie sehr wirken sie sich auf das Selbstwertgefühl aus? Wie sehr führen solche Gedanken zu gesundheitsgefährdendem Verhalten?
5 Psychodynamisches Verständnis der Anorexie Anorektisches Verhalten wird im Allgemeinen als Versuch verstanden, ein fragiles Selbstwerterleben und Beeinträchtigungen der Identitätsentwicklung - entstanden aus biographisch nachvollziehbaren inneren Konflikten, sowie einem oft aktuell ausgelösten, ausgeprägtem Ohnmachtserleben durch ein scheinbar selbst bestimmtes, kontrolliertes und autonomes Verhalten zu stabilisieren. Die Erkrankung wird zum sicheren Käfig, der das Bedürfnis nach emotionaler Sicherheit und Selbstkontrolle befriedigt und gleichzeitig die Entwicklung der Persönlichkeit behindert. Die Betroffenen möchten anders sein und dennoch Kind bleiben. Im Verlauf der Erkrankung setzen dann auf körperlicher und seelischer Ebene symptomverstärkende Prozesse ein. 5
6 Verhaltenstherapeutische Modellvorstellungen zur Ätiologie von Essstörungen Multifaktorielles Modell Prädisponierende Faktoren o Biologische: genetische F., höheres Set-Point Gewicht, Störungen der Hunger-Sättigungsregulation o Soziokulturelle: Diskrepanz Schlankheitsideal- tatsächliche Körpermaße o Familiäre: bestimmte Interaktionsmuster wie Überbehütung, Konfliktvermeidung, Verstrickung o Individuelle: niedriger Selbstwert, Perfektionismus, Impulsivität, dysfunktionale Grundannahmen Auslösende Faktoren Umfassen die Gesamtheit der Umstände, die das Erstauftreten einer Essstörung hervorrufen und bestimmen über den Erkrankungsbeginn - Trennungs- und Verlusterlebnisse - Neue Anforderungen, Angst vor Leistungsversagen Aufrechterhaltende Faktoren Sind Bedingungen, die dazu beitragen, dass eine Essstörung bestehen bleibt und nicht wieder abklingt - Einerseits Folge der zugrunde liegenden Probleme (siehe prädisponierende Faktoren) - Andererseits führt das gestörte Essverhalten zu einer Vielzahl von psychologischen und biologischen Veränderungen, die zur Aufrechterhaltung der Essstörung beitragen können
7 Inzidenz und Prävalenz von Essstörungen (vgl. Herpertz et. al 2008) berechnet für OÖ Punktprävalenz Frauen Männer AN 0,4% (in OÖ ca 700) 0,04% (in OÖ ca 70) BN 1,0% (in OÖ ca 1750) 0,05% (in OÖ ca 88) Einjahresprävalenz BES 1,6% (in OÖ ca 2800) 0,8% (in OÖ ca 1400) Neuerkrankungen (Inzidenz) pro Jahr in OÖ AN 70 Frauen, 5 Männer BN 89 Frauen, 5 Männer
8 Vier Säulen der Essstörungstherapie 1. Somatische Rehabilitation Ernährungstherapie und Psychoedukation, bei AN Zielgewicht BMI > Psychotherapeutische Behandlung 3. Einbeziehung der Familie 4. Medikamentöse Therapie und Behandlung der Komorbidität
9 OÖ Gesundheits- und Sozialplan zu Essstörungen Projektstart Oktober 2010 Auftraggeber: Land OÖ und OÖ Gebietskrankenkasse o o Bereichsübergreifende Planung (Prävention, Früherkennung, Behandlung) flexibles, aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken von niedergelassenen, ambulanten und stationären Angeboten Zielgruppen: Menschen mit Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge Eating Störung
10 Grundsätze und Leitprinzipien Bessere Koordinierung von Präventionsangeboten Bessere Früherkennung und Beratung (frühzeitiger Behandlungsbeginn) Priorität der Behandlungsangebote im niedergelassenen Bereich Schaffung von multidisziplinären Angeboten im niedergelassenen Bereich sowie Verbesserung der Vernetzung mit angrenzenden Behandlungsbereichen
11 Leitprinzipien für die Behandlung von Menschen mit Essstörungen (nach den Deutschen S3-Leitlinien 2010) Patientinnen mit Essstörungen soll frühzeitig eine Behandlung angeboten werden, um eine Chronifizierung zu vermeiden. Ambulante, tagesklinische und stationäre Behandlungen sollten in Einrichtungen oder bei Therapeut/innen erfolgen, die Expertise in der Behandlung von Essstörungen haben. Es sollte eine Kontinuität der Behandlung angestrebt werden im Sinne eines Gesamtbehandlungsplans. Die beteiligten Stellen der Versorgung (niedergelassenen Therapeuten, Beratungsstellen, Kliniken, Hausärzte) sollten sich um eine engmaschige Absprache und Kommunikation bemühen..
12 Netzwerk der Anbieter Ambulanter Bereich: Diagnose, Behandlung, Therapie Niedergelassene Ärzt/innen, Clearingstelle für Psychotherapie Beratungsstellen, niederschwellig, regional gut erreichbar erkennen, motivieren, behandeln Niedergelassene Psychotherapeut/innen, erkennen, Psychotherapie anbieten Stationärer Bereich Psychosomatik Früherkennung, Schulärzte, Lehrer, Allgemeinmediziner MVZ multidisziplinär, Fallführung, Vernetzung, niederschwellig Spitalsambulanzen Kinder- Jugendpsychiatrie Psychiatrie Innere Medizin Chirurgie Sozialtherapeutisches Wohnen, Wohngruppe KAYA
13 Department für Psychosomatik am Neuromed Campus des Kepler Uniklinikums MVZ Tagesklinik H203 Station D102 niederschwellig > BMI 14,5 > BMI 13
14 MVZ Multidisziplinäres Versorgungszentrum für Menschen mit Essstörungen und deren Angehörige auf Essstörungen (Anorexie, Bulimie, Binge Eating Störung) spezialisiertes, niederschwelliges ambulantes Versorgungsangebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene multiprofessionelles Team (Ärzte, Psychologen, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten, Physiotherapeutin, Tanztherapeutin, Sozialarbeiterin, Pflegefachkraft) Störungsorientiertes einzel- und gruppentherapeutisches Angebot, z.b. Essstörungsgruppe, Kochgruppe, Körperwahrnehmungsgruppe, Kunsttherapiegruppe, auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen abgestimmt Angehörige werden in die Behandlung einbezogen Vernetzung mit zuweisenden Ärzten und Psychotherapeuten
15 Behandlungsangebot im MVZ Ärztin/Psychologin/PT Physiotherapie Tanztherapie Ergotherapie Klinische Sozialarbeit Pflege Leitstelle Beratung Klin. Sozialarbeit Fallführungs -gespräche Tanztherapie Kochgruppe Körpertherapiegruppe Essstörungsgruppe Kreativgruppe
16 Fallführung im MVZ (Ärzt/innen, Psycholog/innen, Psychotherapeut/innen) Einzelgespräche alle 2-3 Wochen Zielvereinbarung im Sinne eines individuellen Gesamtbehandlungsplans, Motivationsarbeit Schweregrad der Symptomatik Komorbidität bisherige Behandlungen Motivation Vernetzung mit externen Behandler/innen Hausärzt/innen, Fachärzt/innen, Psychotherapeut/innen andere Einrichtungen Evaluierung des Therapieprozesses bei Bedarf Anpassung des Behandlungsangebotes Essprotokolle
17 Systemische Therapie - Phasenmodell Phase 1: Anamnese, Diagnose, Therapieindikation, Zuweisungskontext, Klärung des Auftrags Phase 2: Positive Bindungserfahrung im Therapiekontext, Qualität der therapeutischen Beziehung, Interventionen, die Therapiemotivation fördern, Informationen zu Krankheit und Therapie, Patientin ist die Expertin, schaffen eines Bedeutungsrahmens, in dem die Patientin positive Erfahrungen machen kann, kreieren neuer Perspektiven Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens Phase 3: Symptomverbesserung, störungsspezifische Interventionen, Normalisierung des Essverhaltens, Gewichtszunahme Symptomverbesserung Phase 4: Selbstmanagement, Autonomiestabilisierung, psychotherapeutische Interventionen zu Individuation, Ablösung von der Herkunftsfamilie und Integration in die Welt der Gleichaltrigen 17
18 Essstörung und Komorbidität Lebenszeitprävalenz komorbider psychiatrischer Störungen bei stationär behandelten Patient/innen: Affektive Störungen 60% Angst- und Zwangsstörungen 45% Posttraumatische Belastungsstörungen 25% Substanzabhängigkeit/missbrauch 20% Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen 20% Cluster-C-Persönlichkeitsstörungen 30%
19 Kooperation intern (Kepler Uniklinikum) Übergabe an die entsprechende PSYSOM Station: Tagesklinik, D102 Persönlichkeitsstörung: SKID-II Testung, Borderline Ambulanz, Teilnahme an Skillsgruppe Kooperation mit Akutpsychiatrie und Psychiatrie 5 (Abhängigkeitserkrankungen) Kooperation mit der Abteilung für Innere Medizin
20 Erreichbarkeit MVZ Multidisziplinäres Versorgungszentrum für Menschen mit Essstörungen und deren Angehörige LEITSTELLE MVZ von: Montag Donnerstag Tel: Mail:
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