Neue Wege zum Berufsabschluß

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1 Neue Wege zum Berufsabschluß Ein Handbuch zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter (junger) Erwachsener Bonn, Berlin, Nürnberg, Frankfurt/Main 1999 Herausgeber Bundesministerium für Bildung und Forschung Bundesinstitut für Berufsbildung Bundesanstalt für Arbeit Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarktund Sozialpolitik GmbH (INBAS)

2 2 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Impressum Die Publikation Neue Wege zum Berufsabschluß Ein Handbuch zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener ist Teil eines Forschungsauftrages zur Verbreitung und Aktualisierung von Informationen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB- Vorhaben ). Der Forschungsauftrag wurde durchgeführt vom Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik GmbH (INBAS) Kaiserstraße Frankfurt/Main Tel.: 069 / Fax: 069 / ,1273@compuserve.com Inbas.frankfurt@t-online.de Internet: INBAS hat im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeit (BA) die Publikation und den Vertrieb des Handbuches übernommen. Autor: Redaktion: Christoph Eckhardt Sabine Davids, Michael Kendzia Die dieser Publikation zugrundeliegenden Arbeiten wurden im Auftrag der Herausgeber durchgeführt. Der Autor trägt die Verantwortung für den Inhalt by Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Umschlaggestaltung: Layout und Druck: Grafiken: VAS, Frankfurt/Main VAS, Frankfurt/Main Joachim Becker, Peter Kaprolat, Sirius Partner Werbeagentur GmbH, Essen

3 3 Vorwort der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn Die gesellschaftliche Entwicklung fordert von Jugendlichen und jungen Erwachsenen; sich jeweils rasch und flexibel auf die sich verändernden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt einzustellen sowie individuelle und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Eine breitangelegte und zusammenhängende berufliche Erstausbildung ist deshalb für alle jungen Menschen eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt und für eine erfolgreiche berufliche und persönliche Entwicklung jedes einzelnen. Dazu gehört auch die Bereitschaft zu einer lebensbegleitenden Weiterbildung. Um so wichtiger ist es deshalb, den Start ins Berufsleben gerade für diejenigen jungen Menschen zu verbessern, die aus unterschiedlichen Gründen keine Ausbildung aufnehmen. Manche von ihnen konnten aus familiären, sozialen oder kulturellen Bedingungen heraus keine Ausbildung aufnehmen, andere sind nicht ausnahmslos den Gruppen der lern- oder leistungsbeeinträchtigten Jugendlichen zuzuordnen. Viele von ihnen insbesondere junge Ausländer und Spätaussiedler suchten auch gleich den Übergang in ein Arbeitsverhältnis nach Abschluß der Schule. Sie alle verfügen über Potentiale und über Qualifikationen, die anerkannt und gefördert werden müssen. Sie alle brauchen eine zweite Chance, um einen anerkannten Berufsabschluß nachholen zu können. Es kann nicht angehen, daß jeder siebte Jugendliche dauerhaft ohne Berufsausbildung bleibt, zumal diese Gruppe ein besonders hohes Beschäftigungsrisiko trägt. Dieser Personenkreis wird jedoch von den bestehenden Förderinstrumentarien noch nicht ausreichend erreicht. Erwerbstätige ohne formale Qualifikation sind in betrieblichen Personalentwicklungskonzepten nur marginal berücksichtigt. Deshalb müssen neue Wege zum Berufsabschluß gesucht werden. Um die Zahl der Ungelernten nachhaltig zu senken, wurde die Modellversuchsreihe Berufsbegleitende Nachqualifizierung in enger Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesinstitut für Berufsbildung initiiert. Das innovative Konzept besteht in der zielgruppengerechten Verbindung von Arbeit und Lernen im Rahmen eines regulären Beschäftigungsverhältnisses. Der Weg bis zur Abschlußprüfung wird berufsbegleitend und schrittweise durch aufeinander aufbauende Qualifizierungsmodule zurückgelegt. Die im Arbeitsprozeß und in der Qualifizierung erworbenen beruflichen Kompetenzen werden nach trägerübergreifenden Standards zertifiziert und in einem Qualifizierungspaß dokumentiert.

4 4 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Die entwickelten Instrumentarien eignen sich gut, um unterschiedliche Maßnahmen, aber auch lebenslanges Lernen in der Aus- und Weiterbildung inhaltlich und organisatorisch stärker miteinander zu verknüpfen. Der Modellversuch hat gezeigt, daß die berufsbegleitende Nachqualifizierung ein innovativer neuer Weg nicht nur zur beruflichen Qualifizierung, sondern auch zur Sicherung von Beschäftigungsverhältnissen ist. Die Ergebnisse zeigen, daß es möglich ist, in enger Zusammenarbeit zwischen Arbeitsverwaltungen, Bildungsträgern und Betrieben bestehende Fördermöglichkeiten erfolgversprechend weiterzuentwickeln, anstatt sie in Maßnahmekarrieren enden zu lassen. Damit wird deutlich, daß nicht nur der Zielgruppe geholfen werden kann, ihre schlechteren Startchancen nachhaltig zu kompensieren, sondern auch, daß die aufnehmenden Betriebe von der Investition in eine Qualifizierung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen profitieren. Das vorliegende Handbuch soll die Verbreitung und Verstetigung von neuen Wegen zum Berufsabschluß unterstützen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung wird sich auch weiterhin energisch dafür einsetzen, daß Qualifizierungswege mit Perspektiven entwickelt werden. So hat es mit Wirkung vom 1. Januar 1999 ein neues Projekt zur Weiterentwicklung der Innovativen Maßnahmen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener in Auftrag gegeben, mit dem die Innovation und die Zusammenarbeit in diesem Bereich weiter gefördert werden sollen. Edelgard Bulmahn Bundesministerin für Bildung und Forschung

5 5 Vorwort des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda Die prekäre Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt und die hohe Jugendarbeitslosigkeit beeinträchtigen die beruflichen und gesellschaftlichen Chancen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Fehlende Perspektiven führen bei vielen von ihnen zu Orientierungslosigkeit und sozialer Isolation. Die zahlreichen Maßnahmeangebote der Bundesanstalt für Arbeit unterstützen die Bemühungen zur Integration ins Arbeits- und Berufsleben. Bei Bemühungen zur beruflichen Integration junger Erwachsener haben zunächst die Möglichkeiten der beruflichen Erstausbildung und falls diese aus den verschiedensten Gründen nicht mehr greifen, die üblichen Wege der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III Vorrang. Insbesondere nach Inkrafttreten des SGB III verfügen Arbeitsämter auch durch die Kombination verschiedener Maßnahmen über ein vielfältiges Instrumentarium, den Erwerb eines Berufsabschlusses zu erreichen. Daß trotzdem auch nach neuen und unkonventionellen Wegen gesucht werden muß, ist unerläßlich. Die Bundesanstalt für Arbeit begrüßt das in einer Modellversuchsreihe des Bundesinstituts für Berufsbildung durch Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft entwickelte Konzept zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung. Das mittlerweile auch in vielen Nachfolgeprojekten erprobte Konzept bietet insbesondere für junge Erwachsene ohne Berufsabschluß gute Chancen, eine dauerhafte berufliche Integration zu erreichen. Die Innovation besteht in der Verknüpfung eines Nachholens anerkannter Berufsabschlüsse mit einem Arbeitsverhältnis im Rahmen eines modular gestalteten Qualifizierungsangebotes. Dadurch können auch unterschiedliche Maßnahmen und Förderungsmöglichkeiten flexibler miteinander verbunden werden. Herauszuheben ist, daß die berufsbegleitende Qualifizierung den Lernort Arbeitsplatz im Betrieb bzw. bei einem Beschäftigungsträger konstitutiv in den Lernprozeß einbezieht. Die enge Einbindung des Betriebes in die Qualifizierung eines ungelernten Mitarbeiters fördert die Stabilität des Arbeitsverhältnisses und unterstützt in wirksamer Form die Integration in den Arbeitsmarkt. Die modulare Ausgestaltung der Modellmaßnahmen erlaubt es, die vom Gesetzgeber in 91 SGB III eingeräumten Möglichkeiten intensiver zu nutzen. Nach 91 SGB III sind für die Weiterbildungsförderung Maßnahmeteile anerkennungsfähig, wenn die in diesem Teil vermittelten Kenntnisse für sich bereits auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sind oder der Teil so ergänzt werden kann, daß ein

6 6 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung anerkannter Berufsabschluß erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang begrüßt die Bundesanstalt die Bemühungen bezüglich der allgemeinen Anerkennung von Teilqualifikationen, die auf dem Wege einer schrittweisen und aufbauenden Qualifizierung hin zu einem anerkannten Berufsabschluß führen. Bernhard Jagoda Präsident der Bundesanstalt für Arbeit

7 7 Inhalt Einleitung Kapitel 1 Berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß Kapitel 2 Zielgruppen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung Konzeptionelle Gestaltung von Nachqualifizierungsmaßnahmen Nachqualifizierung zum Berufsabschluß aus Sicht der Teilnehmer/innen Kapitel 3 Konzeptionelle Gestaltung von Nachqualifizierungsmaßnahmen Die Maßnahmekonzeption: Qualifizierung in Kombination mit Beschäftigung Lernen im Arbeitsprozeß Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung Kapitel 4 Gliederung des Lernprozesses in Module Modularisierung in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung zum Berufsabschluß Modulzertifikate und Qualifizierungspaß Die zuständigen Stellen: Partner auf dem Weg zu trägerübergreifend anerkannten Modulsystemen Beispiele für modular gegliederte Qualifizierungsgänge Kapitel 5 Finanzierungsmöglichkeiten und rechtliche Grundlagen Grundlegende Finanzierungsanforderungen Verschiedene Modelle zur Kombination von Beschäftigung und Qualifizierung zum Berufsabschluß Finanzierungsmöglichkeiten der Arbeitsförderung nach SGB III Finanzierung der Kosten (Personal- und Sachkosten) in beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen/Lohnkostenzuschüsse nach SGB III Teilnehmerfinanzierung nach SGB III Finanzierungsmöglichkeiten nach 19 BSHG Das Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher Ergänzende Finanzierung durch andere Landesoder Bundesprogramme Finanzierungsmöglichkeiten für betrieblich Beschäftigte Rechtliche Grundlagen nach dem Berufsbildungsgesetz

8 8 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Kapitel 6 Arbeitsämter, Betriebe und Bildungsträger Partner bei der Planung und Umsetzung Die Interessen aus der Sicht der Arbeitsverwaltung Interessen aus Sicht der Betriebe Projektplanung und Projektentwicklung aus der Sicht von Bildungsträgern Kapitel 7 Entwicklungsgeschichte eines neuen Ansatz Vom Programmentwurf zur Praxis Das BIBB-Vorhaben Berufsbegleitende Nachqualifizierung Aktuelle Verbreitung des Ansatzes Projektansätze und Programme anderer europäischer Länder Kapitel 8 Literatur Kapitel 9 Anhang Hauptausschußempfehlungen Adressen auf Bundesebene Ansprechpartner für den EU-Sozialfonds auf Landesebene Modellversuche Landesprogramme zur Kofinanzierung (für arbeitslose an- und ungelernte junge Erwachsene) Tabellen zur Dokumentation des Teilnahme Abkürzungsverzeichnis Stichwortverzeichnis Informationsblätter zum Handbuch Information im Internet: Veröffentlichungen

9 9 Einleitung Das vorliegende Handbuch zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener soll die Planung und Entwicklung von Nachqualifizierungsmaßnahmen unterstützen, die berufsbegleitend zu einem Abschluß in einem anerkannten Ausbildungsberuf führen. Das Handbuch wendet sich an Verantwortliche in Ministerien, Arbeitsverwaltungen und Kammern, an Bildungs- und Beschäftigungsträger sowie Beratungsorganisationen, die mit der Planung und Bewilligung sowie mit der Durchführung von kombinierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zum Nachholen eines anerkannten Berufsabschlusses zu tun haben. Es stellt den innovativen Charakter dieses Ansatzes dar und beschreibt die bisherigen Erfahrungen unter dem Blickwinkel der Umsetzung in die Praxis mit Hilfe vorhandener Finanzierungsinstrumente. Ziel ist, mit Hilfe dieser Maßnahmen den Anteil Ungelernter zu verringern und durch die Verankerung des berufsbegleitenden Nachqualifizierungsansatzes in Beschäftigungsförderungsprogrammen des Bundes und der Länder sowie in tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen zur Arbeitsplatzsicherung die berufliche Situation von Ungelernten nachhaltig zu verbessern. Im ersten Kapitel wird zunächst ein Überblick über Ziele und Innovationen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener mit dem Ziel eines anerkannten Berufsabschlusses gegeben. Die folgenden Kapitel enthalten Informationen zu den Zielgruppen, zur konzeptionellen Gestaltung, zur Modularisierung und Zertifizierung, zu rechtlichen Grundlagen, zum Zusammenwirken zwischen Arbeitsverwaltung, Betrieben und Bildungsträgern sowie zum bisherigen Entwicklungsstand. Im Kapitel 5, wo es um Maßnahme- und Finanzierungskonzepte geht, werden auch die Möglichkeiten geschildert, die sich mit dem Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit für das Jahr 1999 ergeben haben. Diese Kapitel sind zur vertiefenden Auseinandersetzung mit den jeweiligen Aspekten geeignet. Über das Handbuch hinaus gibt das Bundesinstitut für Berufsbildung kostenlose Informationsblätter zur Modellversuchsreihe Berufsbegleitende Nachqualifizierung sowie gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Bundesanstalt für Arbeit und INBAS in der Reihe Neue Wege zum Berufsabschluß Informationen für Arbeitsämter, Kammern, Betriebe, Bildungsträger und Teilnehmer/innen heraus. Weitere Informationen sind in einer Literaturdatenbank BQJE (Berufliche Qualifizierung junger Erwachsener) und einer Trägerund Moduldatenbank zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung vorhanden, die im Internet ( veröffentlicht werden.

10 10 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Allen denjenigen, die sich mit neuen Konzepten zur beruflichen Qualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener befassen, soll dieser Band eine Orientierungshilfe für ihre Arbeit sein. Er soll zur Klärung von Problemen beitragen und Mut machen, unkonventionelle neue Wege zu beschreiten. Durch das Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit (1999) werden Gestaltungsmöglichkeiten für Nachqualifizierungsmaßnahmen für junge Erwachsene erweitert. Das Bundesinstitut für Berufsbildung und INBAS werden in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Bundesanstalt für Arbeit die weitere Verbreitung der berufsbegleitenden Nachqualifizierung verfolgen und würden sich über Rückmeldungen, Anregungen und Kritik zu diesem Handbuch freuen. Sabine Davids Bundesinstitut für Berufsbildung Berlin Telefon: (030) Fax: (030) Christoph Eckhardt INBAS GmbH Dellstraße 13, Duisburg Telefon: (0203) Fax: (0203)

11 11 Kapitel 1 Berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß

12 13 1. Berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß In diesem einleitenden Kapitel wird ein Überblick über die Ziele und Merkmale der berufsbegleitenden Nachqualifizierung gegeben. Unter der Bezeichnung berufsbegleitende Nachqualifizierung entwickelte sich seit einigen Jahren ein neuer Qualifizierungsansatz, bei dem Beschäftigung und Qualifizierung miteinander verbunden werden. Ziel ist, daß an- und ungelernte junge Erwachsene beruflich integriert werden und berufsbegleitend einen anerkannten Berufsabschluß nachholen. In die Qualifizierung wird der Arbeitsplatz als Lernort einbezogen. Der Ansatz wendet sich speziell an junge Erwachsene, die bereits Arbeitserfahrungen haben, aber aus unterschiedlichen Gründen ihren Berufsabschluß weder im Rahmen der beruflichen Erstausbildung noch in einer regulären beruflichen Weiterbildung erreichen können. Die berufsbegleitende Nachqualifizierung ist durch bildungspolitische Initiativen als Reaktion auf Forschungsergebnisse des Bundesinstituts für Berufsbildung entstanden (vgl. Kapitel 7). Auf der Grundlage der beiden im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft und des Bundesinstituts für Berufsbildung 1990 und 1998 auf repräsentativer Basis durchgeführten EMNID-Studien wird der Anteil der Jugendlichen, die dauerhaft ohne Berufsausbildung bleiben, auf 14% eines Jahrganges geschätzt.

13 14 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung An- und Ungelernte haben auf dem Arbeitsmarkt immer weniger Chancen. Nach Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesanstalt für Arbeit geht der Bedarf an Arbeitskräften ohne Ausbildungsabschluß bis zum Jahre 2010 auf etwa 10% zurück. Innerhalb von 20 Jahren wird dann etwa die Hälfte aller Arbeitsplätze für Personen ohne formalen Berufsabschluß weggefallen sein. Arbeitsmarkt 2000 Quelle: Stooß, F.: Arbeitsmarkt 2000/2010. In: Gewerkschaftliche Bildungspolitik (1989), 7/ 8, S Nach: BiBB: Seminarkonzepte zur Ausbilderförderung Aus diesem deutlichen Trend zur Höherqualifizierung der Erwerbsarbeit folgt die bildungspolitische Notwendigkeit zu verstärkten Anstrengungen, auch jungen Erwachsenen Möglichkeiten zum nachträglichen Erwerb eines anerkannten Berufsabschlusses zu bieten, die bisher keinen Berufsabschluß in der beruflichen Erstausbildung erworben haben und für die Umschulungen kein geeignetes Instrumentarium darstellen. Berufsbegleitende Nachqualifizierung ist eine von zwei Strategien in der beruflichen Bildung zur Verringerung des Anteils von Ungelernten. Der präventive Ansatz richtet sich auf eine qualitative und quantitative Verbesserung der Möglichkeiten der beruflichen Erstausbildung, um mehr Jugendliche für eine berufliche Erstausbildung zu motivieren und ihnen dort auch zu einem erfolgreichen Abschluß zu verhelfen.

14 Kapitel 1: Überblick 15 Für diejenigen, die trotz aller Anstrengungen hiervon nicht erfaßt werden konnten, bedarf es einer zweiten Chance durch das Nachholen von anerkannten Berufsabschlüssen im Verbund mit Beschäftigung. An- und Ungelernte, die bereits erwerbstätig und ohne Berufsabschluß am ehesten von Entlassung bedroht sind, sollten begleitend zur Berufstätigkeit zum Berufsabschluß qualifiziert werden können, um entweder im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb bessere Weiterbeschäftigungschancen zu haben. Für diejenigen, die arbeitslos sind, bietet die berufsbegleitende Nachqualifizierung sowohl die Chance auf einen Arbeitsplatz als auch begleitend eine auf den Berufsabschluß ausgerichtete Qualifizierung. Mit dem Begriff berufsbegleitende Nachqualifizierung wird hier zum Ausdruck gebracht, daß an- und ungelernte (junge) Erwachsene begleitend zur Berufstätigkeit nachträglich zu einem anerkannten Berufsabschluß qualifiziert werden. Damit unterscheidet sich der hier benutzte Begriff Nachqualifizierung von einer anderen, in der beruflichen Weiterbildung gebräuchlichen Verwendung für eine Anpassungsfortbildung von Teilnehmer(inne)n, die bereits einen Berufsabschluß haben. Sie Begriffsklärung Berufsbegleitende Nachqualifizierung

15 16 Keine Anpassungsfortbildung Teile eines Berufsbildes Unterschiede zur beruflichen Erstausbildung Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung werden in ihrem Beruf nachqualifiziert, um sich an weiterentwikkelte Technologien, an neue Produktionsorganisationen oder veränderte Anforderungen neuer Arbeitsplätze anpassen zu können. Die klare Ausrichtung auf den nachträglichen Erwerb eines aner- kannten Berufsabschlusses unterstreicht, daß es sich nicht lediglich um den Erwerb von betriebs- oder arbeitsprozeßbezogenen Teilqualifikationen unterhalb der Ebene eines anerkannten Berufsabschlusses handelt, wie sie in betrieblichen Anpassungsfortbildungen oder ergänzend zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen üblich sind. Vielmehr beziehen sich die einzelnen Teile der Gesamtqualifikation immer auf das Berufsbild eines anerkannten Ausbildungsberufes. Sie sind damit betriebsübergreifend verwertbar und bundesweit anerkannt. Gegenüber der beruflichen Erstausbildung gibt es vor allem zwei konzeptionelle Unterschiede: Die Qualifizierung baut auf bereits vorhandene berufliche Qualifikationen auf und bezieht die bisherigen Arbeitserfahrungen in den Qualifizierungsprozeß ein. Die Qualifizierung wird mit einem Arbeitsverhältnis verbunden und berücksichtigt damit auch das Interesse der jungen Erwachsenen an wirtschaftlicher Eigenständigkeit. Berufsbegleitende Nachqualifizierung stellt für diejenigen eine Alternative dar, die durch eine Kombination von Beschäftigung und Qualifizierung bessere Chancen haben, einen Berufsabschluß zu erreichen, als durch eine reguläre berufliche Weiterbildung. Auch diejenigen, die in einer beruflichen Erstausbildung gescheitert sind, können auf diesem Wege einen Berufsabschluß nachholen.

16 Kapitel 1: Überblick 17 Die Konzeption der berufsbegleitenden Nachqualifizierung zeichnet sich durch eine Reihe von Merkmalen aus, die an- und ungelernten jungen Erwachsenen im Vergleich zu anderen Weiterbildungsangeboten wirksamere Qualifizierungs- und Fördermöglichkeiten bieten (vgl. Kapitel 2). Konzepte zur Nachqualifizierung müssen auf die besonderen Voraussetzungen und Interessen der Teilnehmer/innen zugeschnitten sein. Bei der Planung und Projektentwicklung sind gleichermaßen auch die Wünsche der beteiligten Partner zu berücksichtigen, besonders der Betriebe und der Arbeitsverwaltung (vgl. Kapitel 6). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert fünf Modellversuche zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung, die vom Bundesinstitut für Berufsbildung fachlich betreut werden. Sie entwickeln den Zielgruppen angepaßte, modular gegliederte Qualifizierungskonzepte, die in Zusammenarbeit mit Betrieben den Arbeitsplatz als Lernort einbeziehen (vgl. S. 167). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat darüber hinaus ein neues Projekt zur Weiterentwicklung der innovativen Maßnahmen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung in Auftrag gegeben, mit dem die Weiterentwicklung und Zusammenarbeit in diesem Bereich gefördert werden sollen (vgl. S ).

17 19 Kapitel 2 Zielgruppen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung

18 21 2. Zielgruppen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung In diesem Kapitel wird dargestellt, an welchen Teil der anund ungelernten jungen Erwachsenen sich berufsbegleitende Nachqualifizierung wendet und welche besonderen Merkmale diese Zielgruppe aufweist. Die Ziele der berufsbegleitenden Nachqualifizierung bestehen erstens darin, jungen Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, einen nach 25 BBiG anerkannten Berufsabschluß nachzuholen. Dies geschieht zweitens deshalb, um ihnen bessere Chancen für eine möglichst dauerhafte Integration ins Arbeitsleben zu eröffnen. Durch das Nachholen eines Ausbildungsabschlusses und den Einstieg in die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung werden innerhalb oder außerhalb des Betriebes mehr Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung eröffnet. Für bereits Arbeitslose wird der Einstieg in Arbeitsverhältnisse erleichtert, wenn damit gleichzeitig eine berufliche Qualifizierung zum Berufsabschluß verbunden ist. Für Personen, die bereits über Arbeitserfahrungen verfügen, werden diese in den Qualifizierungsprozeß einbezogen und gegebenenfalls angerechnet. Innerhalb der Gesamtgruppe der an- und ungelernten jungen Erwachsenen wendet sich die berufsbegleitende Nachqualifizierung an diejenigen, für die andere Wege zum Berufsabschluß nicht mehr

19 22 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Zielgruppe: un- und angelernte junge Erwachsene, für die es bisher keine Wege zum Berufsabschluß gibt möglich sind. Vorrang haben zunächst die Möglichkeiten der beruflichen Erstausbildung und falls diese aus den verschiedenen Gründen nicht (mehr) greifen die üblichen Wege der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III. Erst wenn keiner dieser Wege in Frage kommt, kann durch eine modellhafte Kombination von Qualifizierung und Beschäftigung ein Berufsabschluß angestrebt werden. Viele von ihnen haben bereits Arbeitserfahrungen als An- und Ungelernte; sie haben schon eine Reihe von produktiven Fähigkeiten und beruflichen Qualifikationen erworben und mehr oder weniger bewußt den Stellenwert beruflicher Qualifizierung für die eigene berufliche Perspektive erfahren; waren mehr oder weniger lange arbeitslos; in unsicheren, häufig wechselnden Arbeitsverhältnissen sind sie mehr oder weniger bewußt auf das Problem gestoßen, ohne Berufsabschluß keine Perspektiven zu haben; haben schon an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen teilgenommen; sie sind zwar an berufliche Qualifizierung herangeführt worden, haben aber andererseits die Erfahrung gemacht, dennoch keinen Ausbildungsplatz zu erhalten; haben bereits eine Ausbildung begonnen, aber nicht erfolgreich abgeschlossen; sie verfügen einerseits zwar schon über bestimmte berufliche Qualifikationen, andererseits müssen sie aber je nachdem, wann und aus welchen Gründen sie in der Erstausbildung gescheitert sind in vielen Punkten genauso von vorne anfangen wie ihre Kolleg(inn)en, die noch keine Vorerfahrung in ihrem neuen Ausbildungsberuf mitbringen; sind u.a. auch aufgrund ihrer schulischen Voraussetzungen bisher nicht in den Genuß einer beruflichen Erstausbildung gekommen; als ehemalige Sonderschüler/innen, Jugendliche ohne Hauptschulabschluß oder auch nur mit Hauptschulabschluß sind sie im Konkurrenzkampf um die Ausbildungsplätze unterlegen oder haben sich erst gar nicht zugetraut, eine Ausbildung erfolgreich zu bestehen; sind aus anderen Ländern nach Deutschland eingewandert und benötigen für ihre berufliche und soziale Integration fachsprachliche und kulturelle Unterstützung. Insgesamt handelt es sich also um eine äußerst differenzierte Zielgruppe, sowohl hinsichtlich der schulischen und beruflichen Vorqualifikationen als auch hinsichtlich ihrer berufsbiographischen Voraussetzungen. Dies hat zur Folge, daß sich das Qualifizierungsund Förderkonzept auf eine Vielzahl unterschiedlicher Voraussetzungen einstellen und entsprechend differenzierte Lernangebote machen muß (vgl. Kapitel 3). Mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen ist durchaus daran interessiert, einen Berufsabschluß nachzuholen, insbesondere unter der Voraussetzung, daß sich abschlußbezogene Qualifizie-

20 Kapitel 2: Zielgruppen 23 rung auch mit Berufstätigkeit verbinden läßt. Sie möchten ihre Berufstätigkeit nicht zugunsten einer Qualifizierung unterbrechen oder aufschieben. Deshalb wird nur ein Teil der jungen Erwachsenen den Berufsabschluß auch im Rahmen einer beruflichen Erstausbildung oder in einer beruflichen Weiterbildung nachholen, die nicht mit Beschäftigung gekoppelt ist. Für die anderen, die nicht in erster Linie einen Berufsabschluß anstreben, stellen modular gegliederte Qualifizierungsangebote innerhalb der berufsbegleitenden Nachqualifizierung dennoch Möglichkeiten dar, Schritt für Schritt und auf längere Zeiträume verteilt, abschlußbezogene Qualifikationen zu erwerben. Diese Module als Teile des Berufsbildes können in einer Vorbereitung auf die Externenprüfung gebündelt werden (vgl. Kapitel 3). Somit stellt sich nicht mehr die Alternative, ob an- und ungelernte junge Erwachsene den Berufsabschluß nachholen oder nicht; vielmehr besteht die Frage, zu welchem Zeitpunkt, mit welcher Intensität und mit welchen Qualifizierungs- und Förderkonzepten sie berufliche Qualifikationen erwerben, die ihnen das Nachholen des Berufsabschlusses erleichtern. In vielen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Programmen sind Qualifizierungsanteile enthalten, die häufig sehr einseitig an den Erfordernissen des jeweiligen Arbeitsplatzes ausgerichtet werden, statt sie an den langfristigen Arbeitsmarkterfordernissen auszurichten und sie auch auf die Inhalte der Ausbildungsrahmenpläne zu beziehen. Dadurch würden auch diejenigen jungen Erwachsenen abschlußbezogene Qualifikationen erwerben können, die zunächst nicht dafür gewonnen werden können, in einem überschaubaren Maßnahmezeitrahmen das Ziel Berufsabschluß zu verfolgen. Modular gegliederte und auf die Zielgruppenerfordernisse ausgerichtete Qualifizierungsangebote können hier zu mehr Flexibilität führen. Für die Betroffenen hat das den Vorteil, daß ihnen zertifizierte Teile des Berufsbildes mehr Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt erschließen können als Teilqualifikationen, die sich nicht auf einen anerkannten Ausbildungsberuf beziehen oder die Ausbildungsinhalte auf einem niedrigeren Niveau enthalten. Interesse am Nachholen eines Berufsabschlusses Können alle jungen Erwachsenen einen Berufsabschluß nachholen? 2.1 Zielgruppenbeschreibung Nach wie vor sind knapp 14% der 20- bis 24jährigen ohne Berufsausbildung. In der Altersgruppe von 25 bis 29 Jahren beträgt der Anteil knapp 10%. Durch längere Such- und Orientierungsphasen nach Ausbildungsmöglichkeiten, durch vermehrte Warteschleifen vor Ausbildungsbeginn, aber auch durch insgesamt längere Ausbildungszeiten und durch Wehr- und Zivildienst (bei männlichen Jugendlichen) verschiebt sich der Zeitpunkt des Berufsabschlusses. Erst ab einem Alter von 23 und 24 Jahren wird klarer, wer langfristig ohne

21 24 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Berufsabschluß bleiben wird (BIBB/EMNID 1998). Adressaten für die berufsbegleitende Nachqualifizierung sind in besonderer Weise junge Erwachsene, die bei ihren bisherigen Bemühungen um einen Ausbildungsplatz erfolglos geblieben sind, Ausbildungsabbrecher/innen, ausländische Jugendliche, An- und Ungelernte in Betrieben. Erfolglose Lehrstellensuchende Es handelt sich um junge Menschen, die aufgrund des nicht ausreichenden Angebotes an Ausbildungsplätzen über mehrere Jahre hinweg nicht in berufliche Erstausbildung eingemündet sind. Viele von ihnen haben oft mehrere Maßnahmen der Berufsberatung oder Arbeitsvermittlung durchlaufen (Maßnahmekarrieren), waren zwischenzeitlich arbeitslos oder haben in kurzfristigen und häufig wechselnden ungesicherten Arbeitsverhältnissen gearbeitet. Darunter sind auch viele, die eine längere Phase der beruflichen Orientierung hinter sich haben oder sich zunächst auch eine Berufsausbildung gar nicht zugetraut haben. Knapp 66% der an- und ungelernten jungen Erwachsenen haben keinen Schulabschluß. Neben der Bereitstellung von Ausbildungs- bzw. Nachqualifizierungsangeboten brauchen diese jungen Menschen häufig Angebote zur Beratung, Motivierung und Stabilisierung sowie begleitende Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung. Ausbildungsabbrecher/innen Etwa ein Drittel (35,9%) der an- und ungelernten jungen Erwachsenen hat eine begonnene Berufsausbildung abgebrochen, die meisten davon eine berufliche Erstausbildung (Lehre). Die Gründe für den Ausbildungsabbruch waren zu 26% familiäre Gründe, 20% hatten eine für sie falsche Ausbildung gewählt, 13% waren nach Streit mit Vorgesetzten und Kollegen ausgeschieden, 11% wegen gesundheitlicher Probleme, und 5% hatten die praktische oder theoretische Prüfung nicht bestanden. Bei Ausbildungsabbrechern ist nicht automatisch davon auszugehen, daß sie ihre begonnene Berufsausbildung fortsetzen möchten. Häufig wird bewußt auch ein Berufswechsel angestrebt. Es sind nicht in erster Linie Lern- und Leistungsprobleme, die zum Abbruch einer Ausbildung führen. Der Zeitpunkt des Abbruchs liegt bei 27% während des ersten Ausbildungsjahres, aber nach der Probezeit, bei 51% später, aber vor der Prüfung. Während der Probezeit scheiden 14% aus, wegen nicht bestandener Prüfung 8% (vgl. BIBB 1998).

22 Kapitel 2: Zielgruppen 25 Ausländische Teilnehmer/innen, Aussiedler/innen Der Anteil Jugendlicher ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist unter den jungen Erwachsenen mit ausländischer Staatsangehörigkeit besonders hoch. Dies ist die Folge einer für den Ausbildungsstellenmarkt zum Teil unzureichenden schulischen Bildung, spezifischer kultureller Verhaltensmuster unter den Jugendlichen, die einen Verzicht auf eine Berufsausbildung zur Folge haben, sowie der Zuwanderung in einem Alter, in dem die Phase der Berufsausbildung normalerweise abgeschlossen ist. Aufgrund sprachlicher und kultureller Faktoren sowie aufgrund ihrer Qualifikationsvoraussetzungen finden sie besonders schwer einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Auch für Aussiedler/innen, die erst wenige Jahre in Deutschland leben, ist es schwierig, einen Ausbildungsplatz zu erhalten oder durchzustehen. In Betrieben beschäftigte junge Erwachsene Schätzungsweise ein Drittel der An- und Ungelernten ist nicht arbeitslos, sondern in Beschäftigungsverhältnissen. Sie sind häufiger als Facharbeiter/innen nur befristet beschäftigt und mit 19% doppelt so häufig arbeitslos. Die Dauer der Arbeitslosigkeit ist deutlich höher als bei Personen mit Berufsabschluß. Dies gilt besonders für diejenigen mit niedrigem oder keinem Schulabschluß. Unund Angelernte waren fast doppelt so häufig in Teilzeit beschäftigt wie gleichaltrige Fachkräfte (23% : 12%). Insgesamt wechseln junge Un- und Angelernte häufiger den Betrieb als Facharbeiter/innen dieser Altersgruppe. Die Häufigkeit der Betriebswechsel und die Dauer der Erwerbsunterbrechungen sind im Hinblick auf betriebliche Qualifizierungsmaßnahmen von Bedeutung. Denn eine geringe Betriebszugehörigkeit, verbunden mit einer hohen Fluktuation und geringen betriebsspezifischen Kenntnissen, kann längerfristig angelegte Qualifizierungsmaßnahmen erschweren (vgl. Bausch). Nationalität als Benachteiligungsmerkmal Unsichere Beschäftigungsverhältnisse

23 26 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Interesse an beruflicher Weiterbildung Entsprechend ihrer Qualifikation sind die meisten un- und angelernten jungen Erwerbstätigen als Hilfsarbeiter/innen beschäftigt. Ihre Tätigkeiten zeichnen sich im Unterschied zu Fachkräften durch wesentlich monotonere und stark vorgegebene Arbeitsabläufe aus (rund 60%). Ihr Handlungsspielraum ist begrenzt, und sie werden seltener vor neue Aufgaben gestellt, in denen sie etwas Neues erlernen müssen. Viele Personen ohne Berufsabschluß nehmen jedoch Statuspositionen ein, die über dem Niveau von Hilfskräften liegen (43%). Außerdem verfügen Un- und Angelernte über zahlreiche berufliche Teil- und Vorqualifikationen, die durch angefangene Ausbildungen oder im Laufe der Arbeitstätigkeit erworben worden sind. Ungelernte stufen ihre berufliche Situation deutlich unzufriedener ein als Fachkräfte. Rund ein Drittel der Ungelernten äußerte Interesse an einer beruflichen Weiterbildung. Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß betrieblich beschäftigte un- und angelernte junge Erwachsene über eine Reihe von Potentialen verfügen, an die bei einer Nachqualifizierung angeknüpft werden kann. Sie verfügen über erhebliche berufliche Vorkenntnisse, Arbeitserfahrungen und betriebsspezifische Kenntnisse, die im Rahmen von betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen gezielt für Personalentwicklung benutzt werden könnten (vgl. Davids 1998b, Davids 1999). Klärungsprozeß für Teilnehmer/ innen 2.2 Nachqualifizierung zum Berufsabschluß aus Sicht der Teilnehmer/innen Was müssen an- und ungelernte junge Erwachsene tun, wenn sie einen anerkannten Berufsabschluß nachholen wollen? Wo es bereits kombinierte Beschäftigungs- und Qualifizierungsangebote zum Nachholen von Berufsabschlüssen gibt, haben die Interessent(inn)en u. U. verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten. Sie können in eine Erstausbildung gehen, an einer regulären Umschulung teilnehmen oder einfach nur einen Arbeitsplatz als An- oder Ungelernte suchen bzw. in eine ABM vermittelt werden (vgl. Schaubild Seite 16). Mit den folgenden Fragen kann geprüft werden, ob die berufsbegleitende Nachqualifizierung ihren Wünschen am meisten entspricht.

24 Kapitel 2: Zielgruppen Welche Berufe kommen für mich in Frage, um einen Berufsabschluß nachzuholen? Welche Berufstätigkeiten, welche beruflichen Inhalte entsprechen am meisten meinen Stärken und Neigungen? Was spricht dafür, den Berufsabschluß in einem Beruf nachzuholen, in dem bereits Arbeitserfahrungen vorhanden sind? Was spricht dafür, lieber einen ganz anderen Beruf anzustreben? Gibt es für meine Berufswünsche in der Region Beschäftigungsaussichten? Welche Qualifizierungsmöglichkeiten zum Berufsabschluß gibt es (in meinen Wunschberufen) in der Region (Erstausbildung, Umschulungen bzw. Weiterbildungsangebote, kombinierte Projekte)? 2. Welche Ziele überwiegen: Arbeitsplatz, Berufsabschluß oder beides? Was spricht dafür bzw. dagegen, eine ganz normale Lehre zu machen und auf diese Weise im Rahmen der Erstausbildung zum Berufsabschluß zu kommen? Reichen die Fördervoraussetzungen, die vorhandenen beruflichen Erfahrungen und die schulische Vorbildung aus, um im Rahmen einer vom Arbeitsamt geförderten regulären Umschulung bzw. Weiterbildungsmaßnahme zum Berufsabschluß zu kommen? Was spricht dafür bzw. dagegen, das zu tun? Was spricht dafür (oder dagegen), zunächst einen Arbeitsplatz als An- oder Ungelernter zu bekommen, ohne sich gleichzeitig auch den Mühen auszusetzen, die eine auf den Berufsabschluß zielende Qualifizierung erfordert? Welche Ziele und Erwartungen ergeben sich daraus für die eigene berufliche Perspektive? Welche Anforderungen ergeben sich daraus an kombinierte Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte aus eigener Sicht? Berufswahlentscheidung Arbeitsplatz oder Berufsabschluß?

25 28 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung 3. Welche Vorteile wird die Teilnahme an einem kombinierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt mit dem Ziel eines anerkannten Berufsabschlusses für mich haben? Welche davon sind für mich besonders wichtig? Was muß ich tun, um sie verwirklichen zu können? Was brauche ich dafür von anderen (z.b. Betrieben, Bildungsträgern, Arbeitsämtern, Beratungsstellen)?

26 29 Kapitel 3 Konzeptionelle Gestaltung von Nachqualifizierungsmaßnahmen

27 31 3. Konzeptionelle Gestaltung von Nachqualifizierungsmaßnahmen In diesem Kapitel werden die konzeptionellen Besonderheiten der berufsbegleitenden Nachqualifizierung beschrieben, die sich aus den Zielsetzungen Nachholen eines anerkannten Berufsabschlusses, Beibehaltung des Beschäftigungsverhältnisses bzw. Integration in (qualifizierte) Arbeit und aus den besonderen Voraussetzungen der Zielgruppe ergeben. Der erste Teil befaßt sich mit der Konzeption der kombinierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme. Im zweiten Teil Lernen im Arbeitsprozeß geht es um den Anspruch, vorhandene Berufserfahrungen in den Lernprozeß einzubringen, den Arbeitsplatz als Lernort einzubeziehen und Theorie in die Praxis zu integrieren. Im dritten Teil werden Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung beschrieben. Einer weiteren Innovation der berufsbegleitenden Nachqualifizierung, der Gliederung der Berufsbilder in Module, wird das nachfolgende Kapitel 4 gewidmet. Berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß setzt an dem Interesse von jungen Erwachsenen an, die in erster Linie einen Arbeitsplatz anstreben, aber durchaus am Nachholen eines Berufsabschlusses interessiert sind, wenn sich dies mit dem Arbeitsprozeß verbinden läßt. Die Integration in Arbeit ist daher ein wesentlicher Bestandteil der Konzeption. Für die Teilnehmer/innen ist entscheidend, daß sie durch produktive Arbeit in das Erwerbsleben integriert sind und ein eigenes Einkommen erzielen. Sie beziehen ihr Selbstverständnis daraus, erwerbstätig zu sein. Für die Qualifizierung ergibt sich der Vorteil, daß sie sich sehr stark an betrieblichen Möglichkeiten und Anforderungen orientieren kann. Betriebe können an der Qualifizierung mitwirken und ihre spezifischen Anforderungen in den auf den Berufsabschluß zielenden Lernprozeß einbringen. Der Arbeitsplatz wird als Lernort in die Qualifizierung einbezogen. Dies erfordert flexible Organisationsformen des Lernprozesses. 3.1 Die Maßnahmekonzeption: Qualifizierung in Kombination mit Beschäftigung Maßnahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung sind im Kern eine kombinierte Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme, ergänzt durch eine Vorbereitungs- und Orientierungsphase und durch eine Nachbetreuungsphase zur Begleitung des Übergangs Kombination aus Qualifizierung und Beschäftigung

28 32 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung in dauerhafte Beschäftigung. Im Unterschied zu herkömmlichen Weiterbildungsmaßnahmen zeichnet sich die Qualifizierung dadurch aus, daß der Arbeitsplatz als Lernort einbezogen und das Berufsbild in einzelne Teile (Module) gegliedert wird (vgl. Kapitel 4). Die Dauer der Maßnahme Die Dauer der kombinierten Beschäftigungs- und abschlußbezogenen Qualifizierungsmaßnahme beträgt ca. 3 4 Jahre. In diesem überschaubaren Zeitrahmen sollte das Ziel erreicht werden können, einen Berufsabschluß in Verbindung mit Beschäftigung nachzuholen. Durch die Modularisierung kann die individuelle Dauer der Qualifizierung variabel gestaltet werden. Die Dauer der Qualifizierung orientiert sich an der für die berufliche Erstausbildung in den Verordnungen vorgesehenen Zeit. Bezogen auf das Beispiel einer dreijährigen Berufsausbildung sind

29 Kapitel 3: Konzeption 33 die Hälfte bis zwei Drittel dieser Zeit gegenüber der zuständigen Stelle als Qualifizierungszeit nachzuweisen, damit die Maßnahme genauso behandelt wird wie andere Weiterbildungsmaßnahmen auch. Die übrige Zeit entfällt auf betriebliche Beschäftigung. Genauso wie in der beruflichen Erstausbildung geht es hier um die Übung, Anwendung und Vertiefung der erworbenen Qualifikationen im Arbeitsprozeß. Berufliche Weiterbildungsmaßnahmen (nach 77 ff. SGB III) dürfen maximal zwei Drittel der regulären Ausbildungszeit betragen. Diese Verkürzung berücksichtigt, daß Weiterbildungsteilnehmer/innen bereits auf Qualifikationen aus einer vorhandenen Ausbildung aufbauen können. Das Angebot der berufsbegleitenden Nachqualifizierung richtet sich an diejenigen aus der Zielgruppe der an- und ungelernten jungen Erwachsenen, für die diese Voraussetzungen so nicht zutreffen. Verlängerte Maßnahmedauer Es gibt einige Gründe, weshalb die auf maximal zwei Drittel verkürzten Weiterbildungsmaßnahmen in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung ungefähr auf die Dauer der beruflichen Erstausbildung ausgedehnt werden: Auch wenn sie schon eine Ausbildung begonnen hatten, fehlen den Lernenden oft wesentliche Grundlagen, Lern- und Arbeitstechniken, Selbstlernfähigkeit und Berufserfahrungen aus qualifizierter Facharbeit. Vorhandene Arbeitserfahrungen beziehen sich nicht unbedingt auf den Beruf, in dem sie jetzt einen Berufsabschluß anstreben. Deshalb müssen sie meist ebenso von vorne beginnen wie Auszubildende. Die Einbeziehung von betrieblichen Lern- und Arbeitsphasen ist nicht nur ein Vehikel, um das Lernen zu erleichtern, indem die Anwendung und Übung in die Qualifizierung aufgenommen wird. Ausschlaggebend ist in erster Linie die höhere

30 34 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Zielgruppe benötigt zusätzliche Lernförderung und Beratung Gründe für ein flexibles Qualifizierungssystem Rahmenbedingungen/ Qualifizierungszeitraum Qualität des Lernergebnisses. Durch die Einbeziehung betrieblicher Arbeitsphasen wird ein Teil der Kosten für den Lebensunterhalt auf die Betriebe verlagert. Viele brauchen aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Voraussetzungen zusätzliche Lernförderung und Beratung. Viele Inhalte, die andere bereits in der Schule oder Erstausbildung erarbeitet haben, müssen wiederholt oder neu gelernt werden. Deshalb muß hier mehr Zeit zum Lernen vorgesehen werden als bei regulären Umschulungen. Die Dauer von drei bis vier Jahren ergibt sich auch aus einer anderen Berechnungsart. Um eine Externenprüfung ( 40 Abs. 2 BBiG; vgl. Kapitel 5.7) ablegen zu können, ist die doppelte Ausbildungszeit an Berufserfahrung in diesem Beruf nachzuweisen. Diese Zeit kann durch die Vorlage von Zertifikaten über entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen verkürzt werden (vgl. S. 131). Wegen der differenzierten Voraussetzungen und Vorkenntnisse sollte das Qualifizierungssystem zeitlich flexibel sein und auf die individuellen Anforderungen reagieren können. Für Lernende, die mehr Zeit zum Lernen benötigen oder besonders viele Grundlagen wiederholen müssen, aus gesundheitlichen oder familiären Gründen ihre Qualifizierung eine Zeitlang unterbrechen müssen, vorzeitig in Arbeit übergehen oder ihren Arbeitsplatz wechseln und daher nur noch einen geringen Teil ihrer Arbeitszeit zur Qualifizierung nutzen können, die Prüfung oder einen Teil der Prüfung wiederholen müssen, sollte die Möglichkeit offen sein, die Qualifizierung zu unterbrechen, ggf. die wöchentliche Qualifizierungszeit zu reduzieren und die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt zu machen. Bei den Rahmenbedingungen ist entscheidend, wieviel wöchentliche Arbeitszeit für die abschlußbezogene Qualifizierung genutzt und wie weit die Qualifizierung in den Arbeitsprozeß integriert werden kann. Handelt es sich um eine Vollzeitmaßnahme, in der (zumindest in bestimmten Phasen) die gesamte wöchentliche Arbeitszeit für qualifizierende Arbeit und/oder abschlußbezogene Qualifizierung genutzt werden kann? Ein solches Konzept wird z.b. im Thüringer Modellversuch Lernen im Arbeitsprozeß verwirklicht, wo auch im praktischen Teil der ABM berufliches Lernen für den Berufsabschluß stattfindet. Oder handelt es sich um eine Teilzeitqualifizierung, wo nur ein Anteil von bis zu 30% der wöchentlichen Arbeitszeit für externe Qualifizierung zur Verfügung steht und der betriebliche Arbeitsprozeß sich nur teilweise für berufliche Qualifizierung eignet? Ein solches Konzept wird z.b. beim Berliner Modellversuch Differenzierte Wege zu einem anerkannten Berufsabschluß im Rahmen des Programms 501/301 verwirklicht.

31 Kapitel 3: Konzeption 35 Den letztlich entscheidenden Einfluß auf die Gesamtdauer haben in der Regel die Finanzierungsinstrumente, die jeweils eine begrenzte Förderdauer haben (vgl. Kapitel 5). Die Vorbereitungsphase Die Vorbereitungs- und Orientierungsphase hat die Aufgabe, den Interessent(inn)en eine Orientierung über die Möglichkeiten und den Ablauf des berufsbegleitenden Qualifizierungsweges zu geben und ihnen damit eine Möglichkeit für eine konsequente Entscheidung anzubieten. Die Entscheidung kann für die Teilnahme an der berufsbegleitenden Nachqualifizierung gefällt werden. Es kann sich aber auch herausstellen, daß andere Perspektiven für die einzelnen sinnvoller sind, z.b. durch eine reguläre Weiterbildung schneller zum Berufsabschluß zu kommen oder zunächst ganz auf die berufliche Qualifizierung zugunsten eines Beschäftigungsangebotes zu verzichten. Auf der Grundlage eines Modulsystems kann in dieser Phase überprüft werden, welche beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse bereits vorhanden sind, die ggf. auf die Qualifizierung angerechnet werden können. Daraus können individuelle Qualifizierungspläne entwickelt werden. Sie treffen Aussagen darüber, welche Module mit welcher Intensität noch bearbeitet werden müssen. Der Verlauf der Qualifizierung kann stärker sowohl auf die individuellen Potentiale als auch auf die Anforderungen des jeweiligen betrieblichen Arbeitsplatzes bzw. des Arbeitsmarktes in der Region abgestimmt werden (z.b. durch die Einbeziehung von ergänzenden Qualifikationen, die die Vermittlungschancen erhöhen). Auch eine Verkürzung der Zeit bis zum Berufsabschluß ist möglich, wenn z.b. durch Modulprüfungen nachgewiesen werden kann, zu welchen Teilen des Berufsbildes die erforderlichen Qualifikationen bereits vorhanden sind. Diese Phase vor Beginn der eigentlichen, auf den Berufsabschluß zielenden Qualifizierung stattfinden zu lassen hat den Vorteil, daß die Teilnehmerzahl sich stabilisiert. Derartige Umorientierungen finden erfahrungsgemäß am Anfang und an den Schnittstellen der Maßnahme statt und führen oft zu einer erheblichen Fluktuation. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Vorbereitungsphase als eigenständig finanziertes Qualifizierungsangebot (z.b. Trainingsmaßnahme) der eigentlichen Beschäftigungs- und Qualifizierungsphase voranzustellen. Denn die Gründe, die später zu einem möglichen Abbruch führen können, werden in dieser Phase vorher systematisch überprüft. Das Risiko wird eingegrenzt, erforderliche Lösungsstrategien werden eingeleitet. Eine stabilere Teilnehmerzahl führt nicht zuletzt auch zu einer größeren Wirtschaftlichkeit der Qualifizierungsmaßnahme. Finanzierungsinstrumente entscheiden über die Maßnahmedauer Individuelle Qualifizierungspläne Fluktuation verringern

32 36 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Orientierung und Vorbereitung Die Ziele der Vorbereitungsphase sind: Eine Orientierung über den künftigen Beruf, seine Tätigkeiten und Aufgaben zu gewinnen, Interesse zu entwickeln und eine Entscheidung zu treffen, in diesem Beruf künftig arbeiten und auch einen Berufsabschluß nachholen zu wollen. Dies kann z.b. durch Bearbeitung berufstypischer Projekte geschehen, durch die Mitarbeit an Aufträgen, durch Praktika in Betrieben, um vorhandene Fertigkeiten zu ermitteln und Berufsrealität in Ausschnitten kennenzulernen. Eine Orientierung über den Verlauf der Maßnahme, die Schnittstellen, die vertraglichen Verpflichtungen der Partner und vor allem die gegenseitigen Anforderungen an Teilnehmer/innen und Mitarbeiter/innen zu erhalten. Einen Überblick über die vorhanden Qualifikationen und den individuellen Qualifizierungs- und Förderbedarf zu bekommen und Strategien zur Bewältigung der mit der abschlußbezogenen Qualifizierung verbundenen persönlichen Anforderungen zu entwickeln (individuelle Lern- oder Förderplanung, Qualifizierungsplanung, Zuordnung zu den Modulen). Eine Wiederholung allgemeinbildender Grundlagen, auf die die berufliche Qualifizierung aufbaut, und/oder eine Wiederholung beruflicher Grundlagen, um festzustellen, auf welche Qualifikationen die einzelnen aufbauen und an welcher Stelle die Qualifizierung und Förderung einsetzen muß. Eine Vorbereitung auf berufliches Lernen zu leisten, um erwachsenengerechte Arbeitsweisen und Lernformen der Qualifizierungsmaßnahme kennenzulernen, gegebenenfalls vorhandene Vorbehalte aufgrund negativer Lernerfahrungen von früher abzubauen, geeignete Lernstrategien zu entwickeln, persönliche Stärken deutlich werden zu lassen, um im Lernprozeß daran anknüpfen zu können. Soziale Beziehungen zu den übrigen Teilnehmer(inne)n und den Mitarbeiter(inne)n des Qualifizierungsteams aufzubauen und eine angenehme, persönliche Lern- und Arbeitsatmosphäre entstehen zu lassen. Soziale Rahmenbedingungen als persönliche Voraussetzungen für die Teilnahme abzuklären, z.b. Einkommenssicherung, Verschuldung, Wohnen, familiäre Verpflichtungen, Kinderbetreuung. Interessent(inn)en sollen prüfen können, ob sie die mit dem Nachholen eines Berufsabschlusses verbundenen Anforderungen erfüllen können. Es sollten auch andere Perspektiven geprüft werden, wenn das Nachholen eines Berufsabschlusses zunächst nicht in Frage kommt (z.b. die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses). Die Phase der Vorbereitung und Orientierung sollte Offenheit und Flexibilität hinsichtlich der individuellen Teilnahmedauer und der individuellen Entscheidungen ermöglichen. Der Schwerpunkt soll auf einer umfassenden Qualifizierungsberatung liegen.

33 Kapitel 3: Konzeption 37 Manche Bildungsträger haben die Wiederholung von allgemeinbildenden Grundlagen als festen Bestandteil einer solchen Vorbereitungsphase eingeplant. Bei anderen besteht durch ein flexibles Modulsystem die Möglichkeit, bereits während der Vorbereitungsphase in die abschlußbezogene Qualifizierung einzusteigen, wenn alle anderen Voraussetzungen geklärt sind. Auch die Entscheidung darüber, an welcher Stelle die Qualifizierung begonnen bzw. fortgesetzt werden kann, wird in der Vorbereitungsphase geklärt. Integration in Arbeit Junge Erwachsene brauchen vordringlich einen Arbeitsplatz. Qualifizierungsmöglichkeiten zum Berufsabschluß müssen begleitend dazu organisiert werden. Aus diesem Interesse heraus muß die Zielsetzung fester Bestandteil des Projektes sein, die Teilnehmer/innen im Verlaufe des Projektes in ein (betriebliches) Arbeitsverhältnis zu integrieren. Bisher haben sich folgende Varianten bewährt, die den Übergang in Arbeit in unterschiedlichen Phasen des Projektes vorsehen: Zu Beginn: Die Teilnehmer/innen werden mit Hilfe eines Lohnkostenzuschusses in betriebliche Teilzeit-Arbeitsverhältnisse als Angelernte vermittelt und erhalten das Angebot, begleitend dazu an Kursen teilzunehmen, in denen sie die für den Berufsabschluß erforderlichen beruflichen Qualifikationen erwerben können. Ergänzend dazu werden von ihnen vorund nachbereitende Lehrbriefe bearbeitet, mit denen sie betriebliche Abläufe und Informationen für das Lernen nutzen und die erworbenen Qualifikationen in der betrieblichen Praxis anwenden können. Die Kurse werden in Teilzeitform (z.b. vier Stunden pro Tag, mehrtägige Seminare oder mehrwöchige Blöcke) angeboten. Ergänzt werden sie durch Praktika in anderen Betrieben zu berufspraktischen Inhalten, die im eigenen Betrieb nicht bearbeitet werden können. Dieses Konzept wird im Berliner Modellversuch Differenzierte Wege zu einem anerkannten Berufsabschluß im Rahmen des Berliner Programms 501/301 von BBJ SERVIS ggmbh erfolgreich durchgeführt. Während des Projektes: Die Teilnehmer/innen erhalten zu Beginn der dreijährigen Maßnahme eine mehrmonatige Qualifizierung beim Bildungsträger und machen dann ein betriebliches Praktikum mit dem Ziel einer Arbeitsaufnahme. Im zweiten und dritten Jahr erhalten sie einen durch Lohnkostenzuschüsse geförderten Arbeitsvertrag. Die Qualifizierung wird im ständigen, ca. vierwöchentlichen Wechsel zwischen Betrieb und Bildungsträger bis zum Berufsabschluß fortgesetzt. Dieses Konzept wird in den beiden nordrhein-westfälischen

34 38 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Beispiele für die Organisation der Qualifizierung MASSKS-Modellversuchen bei GAW Dortmund (Industrie) und GQH Düsseldorf (Handwerk) und in ähnlicher Form auch im BIBB-Modellversuch des Bildungswerks der Hessischen Wirtschaft erprobt. Am Ende: Die kombinierte Beschäftigung und Qualifizierung beginnt mit einem Arbeitsverhältnis (ABM), woran sich eine Umschulung anschließt. Bestandteil der Umschulung sind betriebliche Qualifizierungsphasen. Ziel ist zunächst der Berufsabschluß. Der Übergang in ein betriebliches Beschäftigungsverhältnis wird im Rahmen der Nachbetreuung begleitet. Dieses Konzept wird vom Thüringer BIBB-Modellversuch Lernen im Arbeitsprozeß im Rahmen einer dreijährigen integrierten Gesamtmaßnahme erprobt. In ähnlicher Weise geschieht dies auch durch den Hamburger BIBB-Modellversuch Das integrierte Arbeits- und Lernkonzept, wo der Verbund der Lernorte, Beschäftigungsträger, Qualifizierungsträger und Betriebe im Vordergrund steht. Je früher die betriebliche Integration stattfindet und je größer die Beteiligung und Verantwortung der Betriebe ist, desto größer erscheinen auch die Chancen, daß die Teilnehmer/innen dort nach ihrem Berufsabschluß tatsächlich auch einen dauerhaft gesicherten Arbeitsplatz haben. Eine Garantie dafür kann niemand geben, weil dies letztlich von der jeweiligen Personalsituation und der Auftragslage des Betriebes abhängt. Da in manchen Regionen die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für An- und Ungelernte besonders gering ist, weil auch viele Facharbeiter/innen bzw. Gesell(inn)en arbeitslos sind, ist viel geholfen, wenn die Integration in Arbeit zunächst über öffentlich geförderte Beschäftigung stattfindet und im weiteren Verlauf in betriebliche Arbeitsverhältnisse übergeht. In den bisherigen Modellversuchen gibt es unterschiedliche Formen der Gestaltung des Nachqualifizierungsangebotes (vgl. ausführlicher Kapitel 3.2). Im Thüringer Modellversuch Lernen im Arbeitsprozeß wird Qualifizierung und Arbeit beim gleichen Träger organisiert. Das Lernen für den Berufsabschluß wird weitestgehend in den Arbeitsprozeß integriert. Die notwendigen Unterweisungen und praktischen Übungen und die Erarbeitung der erforderlichen Theorie sind Teile des Arbeitsprozesses. Die Auftragsbearbeitung beinhaltet auch die Zeit zum Lernen, die sich flexibel in den Arbeitsprozeß einfügt. Dafür stehen auf den Baustellen bzw. Einsatzorten Gruppenräume zur Verfügung (z.b. Bauwagen). Wo die Arbeitsorganisation dies nicht zuläßt, werden entsprechende Lernzeiten im Bildungszentrum vorgesehen. Im Hamburger Modellversuch Das integrierte Arbeits- und Lernkonzept wird abschlußbezogene berufliche Qualifizierung auf verschiedene Lernorte und verschiedene Träger ver-

35 Kapitel 3: Konzeption 39 teilt. Der Beschäftigungsträger ermöglicht praxisnahe Lernphasen. Beim Qualifizierungsträger nehmen die Lernenden an Kursen teil. Das Gelernte wird beim Beschäftigungsträger geübt und vertieft und in Betrieben angewendet. Im Berliner Modellversuch Differenzierte Wege zum Nachholen von Berufsabschlüssen werden die wöchentlichen Qualifizierungsanteile zu Kursen mit variabler Dauer geblockt. Die Teilnehmer/innen erhalten vor- und nachbereitende Lehrbriefe, mit denen sie die Inhalte der Kurse auf ihren Arbeitsprozeß im Betrieb übertragen. In den nordrhein-westfälischen Modellversuchen zur modularen Nachqualifizierung wird ein Wechsel zwischen ein- oder mehrmonatigen Qualifizierungsphasen beim Bildungsträger und entsprechend langen betrieblichen Beschäftigungsphasen erprobt. Nachbetreuung: Begleitung des Übergangs in längerfristige Beschäftigung Überall dort, wo Maßnahmen zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses nicht im Rahmen von unbefristeter Beschäftigung stattfinden, muß nach der Abschlußprüfung eine angemessene Zeit der Nachbetreuung vorgesehen werden. Dies gilt für Maßnahmen, bei denen die Qualifizierung mit befristeten Arbeitsverhältnissen kombiniert wird, ebenso wie für Maßnahmen, bei denen ABM und Umschulungen kombiniert werden. Die Nachbetreuung sollte ca. sechs Monate vor der Abschlußprüfung beginnen und bis ca. sechs Monate nach dem Beginn eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses dauern. Ihre Aufgaben sind: Vorbereitung auf den Übergang in betriebliche Beschäftigung bereits während der Maßnahme durch eine Unterstützung und Begleitung bei der Suche nach Arbeitsplätzen, bei Bewerbungen sowie bei den mit dem Wechsel in dauerhafte Beschäftigung einhergehenden persönlichen, sozialen oder finanziellen Veränderungen. Die Begleitung und Unterstützung des betrieblichen Integrationsprozesses. Hierunter fallen die Auseinandersetzung mit betrieblichen Arbeitsbedingungen, Kommunikationsstrukturen, Konflikten, Handlungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, die Beratung über die Weiterführung des individuellen Qualifizierungsprozesses sowie die bereits erwähnte Auseinandersetzung mit persönlichen, sozialen und finanziellen Veränderungen (vgl. auch Eckhardt 1995).

36 40 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung 3.2 Lernen im Arbeitsprozeß Gegenüber herkömmlichen Weiterbildungsmaßnahmen wird in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung der betriebliche Arbeitsplatz als Lernort systematisch in die Qualifizierung zum Berufsabschluß einbezogen. Betriebliche Aufgabenstellungen und Arbeitsabläufe werden für berufliches Lernen genutzt, sowohl innerhalb des Arbeitsprozesses als auch in den vor- und nachbereitenden Lernphasen beim Bildungsträger. Auch die Tätigkeiten in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen können zum Lernen für den Berufsabschluß genutzt werden. Theorie wird in die Praxis integriert. Die Vorteile liegen in einer stärkeren Praxisorientierung, was den Lernenden die Anwendung und den Transfer erleichtert und den Betrieben die Möglichkeit gibt, ihre Anforderungen einzubringen und den Lernprozeß mit zu gestalten. Bei Qualifizierungskonzepten in Zusammenarbeit mit Betrieben wird es in der Regel notwendig sein, einen bestimmten Anteil der Arbeitszeit für Lernen außerhalb des Arbeitsplatzes vorzusehen. Darüber hinaus wird arbeitsplatznahes Lernen mit dem Ziel eines anerkannten Berufsabschlusses auch zumindest zeitweise einen

37 Kapitel 3: Konzeption 41 Wechsel auf Arbeitsplätze vorsehen, an denen die neu zu erwerbenden Qualifikationen in der Praxis erlernt und angewendet werden müssen. Der Lern- und Arbeitsprozeß kann sich aufteilen in Training on the Job, mit zufälligen Lerneffekten im Arbeitsprozeß (50%), in lerngestaltete Arbeit mit gezielten Lerneffekten im Arbeitsprozeß (30%) und Kurse, Seminare etc. als Lernen außerhalb von Arbeit (20%). Bereits vorhandene Arbeits- und Berufserfahrungen sollen in den Lernprozeß eingebracht werden können. An vorhandenen Berufserfahrungen ansetzen An den vorhandenen Erfahrungen und Fähigkeiten anzusetzen heißt in erster Linie, den Lernenden die Ausführung von Arbeitstätigkeiten sowie die Lösung von Aufgaben und Problemstellungen zuzutrauen. An- und ungelernte Arbeitskräfte haben oft die anstehenden oder ähnliche Arbeitstätigkeiten schon einmal ausgeführt. Sie können dazu Erfahrungen weitergeben, Lösungsvorschläge und Fragestellungen einbringen und Neulinge mit anleiten. Die Teilnehmer/innen werden als lernende Arbeitskräfte angesehen, die vieles schon können und anderes noch lernen müssen. Durch das Ansetzen an den Stärken, an dem vorhandenen Wissen und Können werden Motivation und Engagement gefördert. Möglicherweise vorhandene Schwierigkeiten oder Hemmungen gegenüber Lernprozessen können durch das Lernen am Arbeitsplatz leichter umgangen oder aufgefangen werden als in reinen Lernsituationen in der Ausbildungswerkstatt oder im Unterrichtsraum. Lernen geschieht auf ganz unterschiedlichen Wegen. Die Kunst der Ausbildungsmitarbeiter/innen besteht darin, möglichst viele dieser Lernwege zu unterstützen. Lernen findet nicht nur in gezielten und geplanten Lernprozessen statt, sondern geschieht auch fast von selbst, ohne daß es als Lernanstrengung bemerkt wird. Der Anspruch, an den vorhandenen Qualifikationen und Erfahrungen anzusetzen, ist demnach in erster Linie als eine Haltung der Ausbildungsmitarbeiter/innen zu realisieren, die die Lernenden als Partner ernst nimmt und die sie beim weiteren Erwerb von Qualifikationen berät und unterstützt. Die Lernenden sind die Subjekte des Lernprozesses. Sie unternehmen die Aktivitäten, mit denen sie lernen. Sie sind letztlich für ihren Lernprozeß verantwortlich. Lernende Mitarbeiter/innen als Partner anzusehen, kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß Aufgaben und Verantwortung an die Lernenden delegiert werden, indem z.b. einzelne bei bestimmten Aufträgen Vorarbeiter- oder Anleiterfunktionen übernehmen, bestimmte Teilaufträge selbständig ausführen, für bestimmte Querschnittsaufgaben zuständig sind, indem einzelne in den Lerngruppen die Rolle als Tutoren oder Moderatoren übernehmen, indem An den Stärken ansetzen Lernende als Partner

38 42 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung die Lernenden grundsätzlich an der Auftragsplanung, Materialbeschaffung oder an Kundenkontakten beteiligt werden und hierfür Verantwortung mit übernehmen. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Vorqualifikationen erfordert es, den Lern- und Arbeitsprozeß sehr stark zu differenzieren, um den jeweiligen Möglichkeiten und Bedürfnissen der Teilnehmer/innen gerecht zu werden. Das schließt auch Angebote ein, die zur Wiederholung und Vertiefung und zum selbständigen Lernen von denjenigen Teilnehmer(inne)n genutzt werden können, die sich nicht zu den Leistungsstärkeren zählen und Bedarf an intensiverer Förderung haben. Durch die modulare Gliederung der Nachqualifizierung besteht die Möglichkeit, die Lernziele in den Modulen schneller zu erreichen oder gar einzelne Module zu überspringen. Um dies zu ermöglichen, bedarf es zwar auch formaler Diagnoseverfahren oder eines Prüfungsnachweises. Wichtiger jedoch ist die Chance, diese Qualifikationen im Arbeitsprozeß zeigen zu können. Der Nachweis, ob die nötigen Qualifikationen vorhanden sind, erfolgt durch eine fachgerechte und selbständige Ausführung der übertragenen Aufträge. Lernchancen im Arbeitsprozeß nutzen Der Arbeitsplatz als Lernort Der Arbeitsplatz als Lernort spielt in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung eine zentrale Rolle. Junge Erwachsene wollen ihre Fähigkeiten und ihr Können unter Beweis zu stellen. Arbeitsleistungen zu erbringen stärkt ihr Selbstbewußtsein, ihre Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und ihre Lernmotivation. Die Qualifizierung orientiert sich an der Berufspraxis und an betrieblichen Abläufen. Sie ist für die Betriebe besser durchschaubar. Betriebe wirken an der Qualifizierung mit und bringen ihre jeweiligen Anforderungen ein. Durch den unmittelbaren Anwendungsbezug des Gelernten in der Berufspraxis wird das Lernen leichter. Viele der an- und ungelernten jungen Erwachsenen haben aus ihrer bisherigen Lernbiographie eher Schwierigkeiten mit abstrakten, theorieorientierten Lernformen. Wenn das Lernen dagegen das praktische Tun mit einschließt, können theoretische Inhalte leichter erarbeitet, besser behalten und auch besser auf unterschiedliche Anwendungssituationen übertragen werden. Die in den Modellversuchen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung erprobten Konzepte haben die den einzelnen Modulen zugeordneten Lerninhalte nicht nur aus dem Berufsbild und dem Ausbildungsrahmenplan abgeleitet, sondern entscheidend aus zusammenhängenden betrieblichen Arbeitsabläufen und Tätigkeitsbereichen (vgl. Kapitel 4). Die Ausführung von Aufträgen oder Tä-

39 Kapitel 3: Konzeption 43 tigkeiten steht demnach auch im Mittelpunkt der in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung sich entwickelnden innovativen Lernkonzepte. Ausgangspunkt des Lernens sind betriebliche Arbeitsaufträge oder Tätigkeiten, die nach Kundenwünschen zu erledigen sind. Zeitliche und qualitative Vorgaben sind Bestandteile der Aufgabenstellung. Soweit bereits vorhandene Qualifikationen angewendet werden können, ist die Auftragsausführung eher unproblematisch. Spannend wird der Prozeß, wenn teilweise neue Qualifikationen gefordert werden, die innerhalb der Auftragsausführung erst erlernt werden müssen, oder wenn spezifische Kundenwünsche zu erfüllen sind. Hierzu müssen personelle und soziale Kompetenzen eingesetzt werden, die zu einer sorgfältigen Analyse und Planung, zur Informationsbeschaffung, zur Gruppenarbeit und zum Austausch mit Expertinnen und Experten (z.b. Ausbilder(inne)n) befähigen. Neues Wissen und Können wird nach Möglichkeit selbständig erarbeitet und verarbeitet. Ausbilder/innen, betriebliche Anleiter/innen, Lehrer/innen und sonstige Fachleute nehmen eine beratende Rolle in bezug auf den Lernprozeß und die fachübergreifenden sowie fachlichen Inhalte und Methoden ein. Die für die Abschlußprüfung nötigen praktischen und theoretischen Inhalte werden weitestgehend in die Erarbeitung von Fertigkeiten und Kenntnissen bei der Auftragsausführung integriert. Entsprechende methodisch-didaktische Konzepte zu entwickeln, die für die Praxis griffig sind, wird in den nächsten Jahren Aufgabe von Modellversuchen und Modellprojekten sein. Gemeinsam ist allen, daß vorhandene berufliche Fähigkeiten eingebracht und genutzt werden, durch die Arbeitstätigkeit Lernen stattfindet, ein hoher Praxisbezug und eine hohe Anschaulichkeit des Lernens vorhanden sind. Unterschiede bestehen zum einen darin, in welchem Ausmaß und in welcher Intensität Lernen im Arbeitsprozeß stattfindet; zum anderen in der Herangehensweise, ob der Arbeitsprozeß Ausgangspunkt des Lernens ist oder ob die Strukturierung des Lernprozesses auch auf den Arbeitsprozeß übertragen wird. Schließlich bestehen an den verschiedenen Lernorten (Bildungsträger, Beschäftigungsträger und Betrieb) auch unterschiedliche Voraussetzungen für die Integration von Theorie in die Praxis des Arbeitsprozesses. Die nachfolgenden Beispiele zeigen, daß zur Umsetzung des Prinzips Lernen im Arbeitsprozeß innerhalb der Modellversuchsreihe Berufsbegleitende Nachqualifizierung unterschiedliche Lösungsansätze erprobt werden. Wenn der Lern- und Arbeitsprozeß durch denselben Träger gesteuert wird (z.b. im Thüringer Modellversuch Lernen im Arbeitsprozeß ), läßt sich die Erarbeitung der für die Auftragsdurchführung erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse so weit wie möglich in Arbeitsaufträge als Ausgangspunkt für Lernen Unterschiedliche Lernkonzepte Lernen im Arbeitsprozeß bei ABM

40 44 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung den Arbeitsprozeß integrieren und steuern. Lernaufträge sind dort reale Kundenaufträge, die zum Lernen genutzt werden. Die Lernenden erarbeiten sich alle für die Auftragsdurchführung erforderlichen Informationen, führen die Arbeitsvorbereitung, Materialbeschaffung und Arbeitsplanung selbständig aus, eignen sich die für die Auftragsvorbereitung nötigen Fertigkeiten ggf. durch ergänzende Übungen oder Projekte an, führen den Auftrag einschließlich Qualitätskontrolle fachgerecht durch und werten anschließend den Arbeits- und Lernprozeß gemeinsam mit ihren Ausbilder(inne)n aus. Theoretische und praktische Lernvorgänge können sowohl auf der Baustelle ( Lernecken oder Gruppenräume werden dort eingerichtet) als auch im Bildungszentrum stattfinden, je nachdem, wie eng der Zeitplan auf der Baustelle ist. Indem der Erwerb von Theorie zu einem erheblichen Teil auf der Baustelle selbst oder im Rahmen der Vor- und Nachbereitung einer konkreten Auftragsdurchführung stattfindet, bieten sich optimale Voraussetzungen für die Integration von theoretischen Ausbildungsinhalten in den praktischen Arbeitsprozeß. Im Rahmen von ABM kann es leichter als in betrieblichen Arbeitsprozessen gelingen, die Aufträge so auszuwählen, daß darin qualifizierende Inhalte enthalten sind und daß die Zeitvorgaben der Auftraggeber auf die Leistungsvoraussetzungen und die Lerninteressen der Teilnehmer/innen abgestimmt werden können. Die Erfahrungen zeigen, daß Arbeitsämter, Innungen bzw. Kammern eher bereit sind, qualifizierte Aufträge für ABM zu genehmigen, wenn die ABM der abschlußbezogenen Qualifizierung dient. Realistischerweise wird es aber immer auch Teile des Gesamtauftrages geben, die sich nicht so gut für Qualifizierung eignen und für die der Beschäftigungsträger ggf. andere Kapazitäten vorhalten muß. Andererseits werden bestimmte Inhalte des Berufsbildes nur sehr schwer im Rahmen der ABM-Kriterien als Aufträge zu beschaffen sein, so daß Teile der Qualifizierung auf jeden Fall in Zusammenarbeit mit Betrieben erfolgen müssen. Voraussetzung für die Steuerung der individuellen Lernprozesse ist ein Modulsystem, das dafür sorgt, daß jede/r Teilnehmer/in alle Inhalte des Ausbildungsrahmenplanes erarbeiten kann, indem er bzw. sie jeweils alle zu einem Modul gehörenden Lernaufträge mindestens einmal bearbeitet. Wenn die Arbeitsorganisation stärker wirtschaftlichen Zwängen unterworfen ist (z.b. im Jugendberufshilfebetrieb Zukunftsbau ggmbh Berlin ), muß ein System entwickelt werden, das die qualifizierenden Tätigkeiten besonders denjenigen Mitarbeiter(inne)n zuweist, die sich auf den Berufsabschluß hin qualifizieren. Das Lernen auf der Baustelle geschieht genauso wie in richtigen Betrieben. Jeweils ein Geselle arbeitet mit ein bis zwei lernenden Mitarbeiter(inne)n zusammen, so daß vieles durch Vormachen und Nachmachen gelernt werden kann. Die erforderliche Theorie wird

41 Kapitel 3: Konzeption 45 im Betriebsunterricht mit Hilfe von Lernmaterialien erarbeitet, die auch auf der Baustelle eingesetzt werden. Wenn der Lernprozeß und der Arbeitsprozeß von verschiedenen Partnern gestaltet und gesteuert werden, ist das methodisch-didaktische Instrumentarium zur Integration von Lernen in den praktischen Arbeitsprozeß durch Kooperation und Arbeitsteilung geprägt. Im Hamburger Modellversuch Integriertes Arbeitsund Lernkonzept gibt es vier verschiedene Lernformen, die an den verschiedenen Lernorten Betriebe, Beschäftigungsträger oder Qualifizierungsträger realisiert werden. Betriebliche Phasen zeichnen sich durch unmittelbaren Praxisbezug aus, sind fach- und handlungsorientiert, jedoch sind Lernprozeß und Lerninhalte im Betrieb nur eingeschränkt steuerbar. Betriebliche Aufträge haben Auftrags- und Produktbezug, einen sehr hohen Praxisbezug durch den Ernstcharakter der Aufträge, sind fach- und handlungsorientiert, Lernprozeß und Lerninhalte sind steuerbar, allerdings ist der Konzeptions- und Umsetzungsaufwand für das Qualifizierungsteam sehr hoch. Lernaufträge als fiktive, berufsfeldtypische Aufträge mit hohem Praxisbezug schaffen ein risikofreies Erprobungsfeld der beruflichen Praxis. Sie sind fach- und handlungsorientiert und ermöglichen eine optimale Steuerung des Lernprozesses. Der Konzeptionsaufwand ist nur bei der erstmaligen Entwicklung vorhanden. Kurse haben nur einen mittelbaren bis geringen Praxisbezug, sind überwiegend fachorientiert, ermöglichen aber eine optimale Steuerbarkeit des Lernprozesses und der Lerninhalte. Je stärker das Lernen durch betriebliche Aufträge bzw. Interessen bestimmt ist, desto weniger ist es aus der Sicht des Bildungsträgers steuerbar. Im Berliner Modellversuch Differenzierte Wege zu einem anerkannten Berufsabschluß steht die Arbeitstätigkeit im Vordergrund. Die Bildungsträger bieten Kurse an, die in einem differenzierten Modul- und Bausteinsystem alle für den Berufsabschluß erforderlichen Qualifikationen enthalten. Den betrieblichen Arbeitsprozeß für das Lernen zu nutzen wird bewußt der individuellen Selbststeuerung der Lernenden übertragen. Zu den Kursen erhalten die Lernenden (zum Teil via ) vor- und nachbereitende Lehrbriefe: Vor und nach dem jeweiligen Kurs werden sie aufgefordert, zu den einzelnen Lerninhalten Informationen zu erarbeiten, die sich auf die konkrete betriebliche Praxis beziehen. Dies erleichtert ihnen das Verständnis der im Kurs bearbeiteten Inhalte sowie deren Umsetzung in die Praxis. Bei der Auswahl der Klein- und Kleinstbetriebe wird darauf geachtet, daß möglichst alle Anwendungsgebiete des Berufsbildes im Betrieb auch tatsächlich vorhanden sind oder durch Praktika in anderen Betrieben erfahren werden können. Viele Betriebe wünschen sich, diese Qualifikationen für sich bzw. Unterschiedliche Lernformen an unterschiedlichen Lernorten Selbststeuerung des Lernens durch die Teilnehmer/innen

42 46 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Feststellung der Lernchancen im Betrieb Selbständige Steuerung des Lernprozesses durch Leitfaden für die Auftragsbearbeitung auch für andere Mitarbeiter/innen zu nutzen. Von außen gesteuertes individuelles Lernen kann auf diese Weise auch für betriebliche Qualifizierung und Qualitätsverbesserung genutzt werden. Im Hessischen Modellversuch Arbeit und Qualifizierung haben die Teilnehmer/innen ein Teilzeitarbeitsverhältnis im Betrieb und sind im Rahmen einer Teilzeitumschulung während zwei Tagen in der Woche beim Bildungsträger. Betriebliche Tätigkeiten werden im Hinblick auf Lernchancen analysiert, um sie sowohl für das Lernen im Betrieb als auch für die außerbetriebliche Qualifizierung zu nutzen. Eine Lernchancenanalyse dient der Feststellung der Lernmöglichkeiten, die in Arbeitsaufgaben oder Tätigkeiten enthalten sind. Wenn man genau weiß, was man bei einer Aufgabe lernen kann, kann man Lernen und Arbeiten dadurch besser verbinden, daß man die erkannten Lernmöglichkeiten durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen deutlicher und damit für jeden Mitarbeiter zugänglich macht (Dede u.a. 1997, 21). Durch die Lernchancenanalyse erhalten sowohl die betrieblichen Mitarbeiter/innen, die für die Anleitung und Betreuung der Lernenden zuständig sind, als auch die Qualifizierungsmitarbeiter/innen Aufschlüsse darüber, welche fachlichen, fachübergreifenden, persönlichen und sozialen Kompetenzen sowie Verfahren an den jeweiligen Arbeitsbereichen oder Plätzen anzuwenden bzw. zu erlernen sind und welche Inhalte ergänzend dazu außerbetrieblich vermittelt werden müssen. Wenn die Lernchancenanalyse auch von den Teilnehmer(inne)n als Instrument zum selbständigen Lernen genutzt werden kann, hilft sie ihnen, beim Arbeiten gleichzeitig auch zu lernen und selbst den thematischen Bezug zwischen Lernen im Bildungszentrum und Arbeiten im Betrieb herstellen zu können. Einen ähnlichen Weg geht der Dortmunder MASSKS-Modellversuch Berufsbegleitende Qualifizierung mit Berufsabschluß in industriellen Metallberufen. Hier wird mit einem Leitfaden zur Auftragsbearbeitung im Betrieb experimentiert. Die Lernenden sollen ihren Lern- und Arbeitsprozeß im Betrieb selbständig steuern, gestalten und auswerten können. Der Leitfaden soll sie dabei unterstützen, das aufzuarbeiten und aufzuschreiben, was sie im Betrieb gearbeitet und gelernt haben: was sie sich selbst erarbeitet haben, was sie als Informationen vom Betrieb bekommen haben und welche Fragen oder Themen im nächsten Qualifizierungsblock im Betrieb bearbeitet werden sollen. Interessante oder neue Aufträge werden hinsichtlich der darin enthaltenen neuen Anforderungen dokumentiert: Welche Fragen mußten zur Auftragsbearbeitung beantwortet werden? Welche Fragen sollten im Qualifizierungsblock ausführlicher bearbeitet werden? Welche Ergebnisse wurden hinsichtlich der Qualitätskontrolle erzielt?

43 Kapitel 3: Konzeption 47 Auch hier sollen die Lernenden befähigt werden, ihre Arbeit im Betrieb so aufzuarbeiten, daß sie selbst den Bezug zu den Lerninhalten des Bildungszentrums besser herstellen können. Auch das Qualifizierungsteam wird dadurch in die Lage versetzt, einen didaktischen Bezug zwischen den abschlußorientierten Inhalten und dem betrieblichen Arbeitsprozeß herzustellen. Im zweiten Schritt werden dann betriebliche Lernaufträge erarbeitet, die sich auf bestimmte typische Aufträge in den Betrieben und gleichzeitig auf zentrale Inhalte der einzelnen Module beziehen. Die Themen, Fragen und Projekte/Aufträge werden in den Lernangeboten des Bildungszentrums aufgegriffen. Dies reichert die Bearbeitung der Lerninhalte durch praktische, anwendungsbezogene Beispiele an und fordert auch das Interesse der Lernenden heraus. Kooperation mit Betrieben Junge Erwachsene berufsbegleitend zu qualifizieren erfordert eine gute Zusammenarbeit mit Betrieben. Ausgangspunkt für die Gestaltung der Kooperationsbeziehungen ist die Frage, welchen Nutzen die Betriebe von der Beschäftigung an- und ungelernter junger Erwachsener haben und welche Erwartungen sich daraus an den Bildungsträger ergeben. Das Interesse der Betriebe bezieht sich auf den aktuellen zusätzlichen Personalbedarf, die Einstellung von Fachkräften mit Qualifikationen, die bisher im Betrieb nicht oder zu wenig vorhanden sind, die Erhöhung der Produktivität durch die Qualifizierung der Mitarbeiter/innen, die Möglichkeit, selbst an der Qualifizierung mitwirken zu können und betriebliche Erfordernisse und Bedürfnisse darin einzubringen, die Nutzung von Qualifizierungsteilen als externe Dienstleistung; also z.b. die Verantwortung über das Erreichen der Ausbildungsziele dem Bildungsträger übertragen zu können und dessen Kompetenz bezogen auf die Zielgruppe zu nutzen (vgl. auch Kapitel 5). Je stärker das Konzept auf die betrieblichen Erfordernisse und Interessen abgestimmt ist, desto leichter lassen sich Betriebe zur Zusammenarbeit gewinnen. Die Aufgabe des Bildungsträgers besteht darin, betriebliche Interessen mit den Interessen der Teilnehmer/ innen und dem Qualifizierungsziel Berufsabschluß in Einklang zu bringen. Die Abstimmung läßt sich aber nur im Prozeß des gemeinsamen Handelns erreichen. Wichtige Voraussetzungen hierfür sind klare Ansprechpartner und verbindliche Absprachen bei Bildungsträger und Betrieb.

44 48 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Vom Anbietermarkt zur Kundenorientierung Eine solche Zusammenarbeit wird sich auch auf andere Bereiche auswirken. Die Einführung neuer Techniken oder Organisationsformen der Produktion ist in den meisten Fällen mit Qualifizierungsprozessen der Mitarbeiter/innen verbunden. Für in den Prozeß integrierte Qualifizierung bedarf es externer Bildungsfachleute und Berater/innen, die mit dem Betrieb vertraut sind. Meist entstehen auch Fortbildungsbedarfe zur Anpassungsfortbildung von Facharbeiter(inne)n, die über den Berufsabschluß hinausgehen und als Fortbildungsmodule in das modulare Qualifizierungskonzept der berufsbegleitenden Nachqualifizierung aufgenommen werden. Eine Reihe von betrieblichen Veränderungsprozessen hat unmittelbar zur Folge, daß langjährig in Betrieben beschäftigte an- und ungelernte Mitarbeiter/innen entweder für neue Aufgaben im Betrieb weitergebildet oder für neue berufliche Tätigkeiten außerhalb des Betriebes qualifiziert werden müssen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden. In Module gegliederte Qualifizierungsangebote der berufsbegleitenden Nachqualifizierung erlauben es Bildungsträgern, flexibel und kompetent auf solche Bedürfnisse zu reagieren. Konzepte der berufsbegleitenden Nachqualifizierung stehen somit im Zusammenhang mit einer Veränderung des Aufgabenverständnisses von Bildungsträgern. Traditionelle, curricular mehr

45 Kapitel 3: Konzeption 49 oder weniger festgelegte Bildungsangebote (Lehrgänge etc.), die von Betrieben oder Einzelpersonen nachgefragt und in die betriebliche/ individuelle Qualifizierungsplanung einbezogen werden können, werden ergänzt durch Konzepte, die auf die jeweiligen Bedürfnisse des Betriebes und der einzelnen Personen bzw. Zielgruppen hin konzipiert und entsprechend offen gestaltet werden können, so wie es im Rahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung möglich ist. Durch ein strategisches Bildungsmarketing, also die Entwicklung von Bildungsangeboten, die auf die Anforderungen der Kunden zugeschnitten sind, können neue Marktchancen in der beruflichen Weiterbildung erschlossen werden. Viele Betriebe benötigen die Unterstützung externer Fachleute für die Planung und Durchführung betrieblicher Qualifizierungs- und Veränderungsprozesse. Bildungsträgern bieten sich hier neue Chancen, wenn sie über Instrumente und Konzepte verfügen, mit denen sie betriebliche Bedarfe ermitteln und paßgenaue Qualifizierungsangebote entwickeln können. Bildungsträger verfügen über vielfältige Erfahrungen und zielgruppengerechte Konzepte der beruflichen Qualifizierung, hier insbesondere von An- und Ungelernten. Sie können Betriebe bei der Entwicklung arbeitsplatzbezogener Lernkonzepte unterstützen. Bildungsmarketing eine Chance für Bildungsträger Didaktik: Integration von Theorie und Praxis Zielgruppenorientierte Nachqualifizierungskonzepte zeichnen sich dadurch aus, daß sie in besonderer Weise auf die Voraussetzungen und Interessen der Lernenden eingehen und ihnen Lernmöglichkeiten bieten, die ihnen angemessen sind. Der Anspruch, berufliche Vorerfahrungen in den Lernprozeß einzubeziehen und evtl. vorhandene Lernschwierigkeiten oder negative Schulerfahrungen zu berücksichtigen, zielt darauf ab, besonders viel Wert auf die Integration von Theorie in die Praxis zu legen. Denn es gilt, an den Stärken, die eher im praktischen Bereich der Lernenden liegen, anzusetzen. Ebenso gilt es, Lernformen und Methoden zu vermeiden, die durch die bisherige Lernbiographie negativ besetzt sind. Daraus erklärt sich auch der hohe Stellenwert des Prinzips Lernen im Arbeitsprozeß. Im vorangegangenen Abschnitt wurde aber bereits deutlich, daß außer dem Arbeitsplatz auch andere Lernorte und Lernformen einbezogen werden. Dazu zählen im wesentlichen Kurse oder Qualifizierungsangebote beim Bildungsträger in Theorie- oder Praxisräumen sowie Lernmaterialien (Lehrbriefe, Lernaufträge etc.), die eine Brücke zwischen der Praxis und der Theorie herstellen. Auch hier gilt es, Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen und einen anschaulichen Bezug zum Arbeitsprozeß herzustellen. Zur Umsetzung dieser Grundsätze bedarf es einer Reihe unterschiedlicher Lernmethoden, die Theorie und Praxis miteinander verbinden.

46 50 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Grundsätze für die Gestaltung der zielgruppenorientierten Lernprozesse Die Lernenden haben die für sie nötige Zeit zum Lernen. Das Lernen verläuft in überschaubaren Schritten. Das Lernen erfolgt anschaulich und modellhaft. Theoretische Inhalte werden in praktische Arbeit integriert. Es wird deutlich, wo und wie das Gelernte angewendet und verwertet werden kann. Die Förderung der Motivation zum Lernen und zum Arbeiten hat einen hohen Stellenwert. Lernen macht auch Spaß. Lernerfolge werden sichtbar und finden Anerkennung. Eine positive Lernatmosphäre und ein angenehmes soziales Klima regen zum Lernen an. Die Beziehungen untereinander sind durch Kommunikation und Kooperation geprägt. Die Aufgabenstellungen werden nach dem Leistungsvermögen und der Motivation der Lernenden differenziert. Es kann z.b. eine Unterscheidung in Kernaufgaben (oder Kernaufträge) für alle und Zusatzaufgaben für diejenigen vorgenommen werden, die mit ihrer Kernaufgabe schneller fertig sind und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten vertiefen und erweitern möchten. Das Lernen erfolgt in kleinen Gruppen, um die einzelnen besser zu beteiligen. Je nach Thema können die Gruppen leistungsdifferenziert zusammengesetzt sein (hier lernen die Stärkeren mit den Schwächeren ) oder leistungshomogen (hier kann gezielt auf die Lernbedürfnisse der Schwächeren eingegangen und den Stärkeren mehr Entfaltungsspielraum gegeben werden). Es werden vielfältige Lernmethoden angewendet, um den jeweils unterschiedlichen Lernbedürfnissen und den Lernwegen der einzelnen Lernenden gerecht zu werden und den Lernprozeß insgesamt abwechslungsreicher zu gestalten. Es ist genügend Raum und Zeit vorhanden für Themen und Probleme außerhalb der Ausbildung oder Maßnahme, die für die persönliche Entwicklung junger Menschen im Übergang zum Erwachsenenalter von großer Bedeutung sind. Die in der Berufsausbildung immer noch am weitesten verbreitete Vier-Stufen-Methode Erklären, Vormachen, Nachmachen, Üben ist zwar nach wie vor in vielen Situationen sinnvoll. Zur Förderung beruflicher Handlungsfähigkeit bedarf es aber darüber hinaus weiterer Methoden. Zum Beispiel können Produktanalyse, Herstellungsaufgaben, Fallstudien, Lehrgespräch und Diskussion, aber auch Rollen- und Planspiele ebenfalls gezielt zum Erwerb be-

47 Kapitel 3: Konzeption 51 rufsübergreifender Qualifikationen und zum Abbau von Lernschwierigkeiten eingesetzt werden. Leittext-Methode und Projektmethode enthalten eine Reihe von methodischen Elementen, die sich besonders gut für das Lernen im Arbeitsprozeß eignen: die systematische Erarbeitung von Informationen, die für die Arbeitsausführung nötig sind, mit Hilfe von Leitfragen, die Integration von Theorie in die praktische Bearbeitung von Aufträgen, die Förderung der Fähigkeit zu selbständigem Arbeiten und Lernen, die systematische Planung und Strukturierung des Arbeitsprozesses und des damit verbundenen Lernens, die Qualitätskonstrolle bezogen auf die Auftragsausführung, eigene Gestaltungsmöglichkeiten bezogen auf die Auftragsdurchführung (im Rahmen vorhandener Vorgaben), die Förderung der Fähigkeiten zum Lernen und zur Verarbeitung von Informationen, von Handlungs- und Problemlösungsfähigkeit, die Förderung der Fähigkeiten zu Kooperation und Kommunikation, zur Begründung und Bewertung sowie zur Übernahme von Verantwortung. Beide Methoden stützen sich auf das Modell der vollständigen Handlung. Die Handlung eines Facharbeiters, der selbständig eine Aufgabe lösen muß, läßt sich in sechs Schritte unterteilen: 1. Er muß die Zeichnung lesen, um sich ein Bild von der Aufgabe zu machen. 2. Er macht sich Gedanken über die Reihenfolge der Arbeitsschritte und das nötige Werkzeug. 3. Er entscheidet sich für einen Fertigungsweg. 4. Er führt die Arbeit aus. 5. Er kontrolliert, ob das Arbeitsergebnis mit den Vorgaben in der Zeichnung übereinstimmt. 6. Er wertet das Kontrollergebnis aus und entscheidet, ob Korrekturen notwendig sind (IG Metall 78). Dieses in sechs Stufen aufgeteilte Handlungsmodell eignet sich besonders gut, um Lernen im Arbeitsprozeß zu strukturieren, denn es bildet den tatsächlichen Ablauf eines Auftrages in der Arbeitsrealität ab, der sich in dieser Form immer wiederholt. Wenn Kundenaufträge in der Realität oft komplexer sind, indem sie sich aus verschiedenen Teilaufträgen oder Aufgaben zusammensetzen (z.b. können Arbeitsvorbereitung und Materialbeschaffung eigenständige Teilaufträge vor der Ausführung des eigentlichen Auftrages sein), lassen sich die einzelnen Teilaufträge ebenfalls nach diesen sechs Stufen strukturieren. Die Lernenden erarbeiten sich eine Systematik, mit der sie jede Auftragsbearbeitung in der Praxis selb- Lernmethoden Sechs Stufen der vollständigen Handlung Handlungsmodell zur Strukturierung von Arbeitsprozessen

48 52 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Nach: Leittexte ein Weg zu selbständigem Lernen. BIBB-Seminarkonzept zur Ausbilderförderung, Berlin und Bonn Teilnehmer-Unterlagen, S. 9 ständig strukturieren und die dafür erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erarbeiten können. Der Trick dieser Methode besteht im Grunde nur darin, Fragen oder Aufgabenstellungen zu formulieren, die auf die praktische Ausführung der Handlung ausgerichtet sind. Leitfragen sind daher das wichtigste Element der Leittext-Methode (die vielleicht besser Leitfragen-Methode genannt worden wäre). Sie sollen die selbständige Auseinandersetzung mit den erforderlichen fachlichen Inhalten erleichtern. Leitfragen sind handlungsorientiert, d.h., sie be-

49 Kapitel 3: Konzeption 53 ziehen sich auf den Handlungsablauf und die auszuführenden Arbeitstätigkeiten. Leitfragen sollen zu eigenen Überlegungen anregen, um mit Hilfe der bereits vorhandenen Qualifikationen die geforderte Problemlösung selbst zu finden, statt nur Arbeitsanweisungen nachzuvollziehen; sollen auf Schwierigkeiten hinweisen, die bei der Aufgabenstellung auftreten können, und das Finden von Problemlösungen herausfordern; sollen zum Lernen auffordern, zur Anwendung bereits vorhandener Kenntnisse anregen und auf die Erarbeitung neuer Kenntnisse abzielen; können die Beachtung von Arbeitssicherheitsvorschriften oder Umweltgesichtspunkten immer wieder ins Gedächtnis rufen; können direkt auf die Arbeitsplanung abzielen, die Arbeitsteilung innerhalb der Gruppe betreffen und gezielt zur Nutzung bestimmter Informationsquellen anregen (z.b. Arbeit mit dem Fach- oder Tabellenbuch); sollen der Leistungsfähigkeit und den Voraussetzungen der jeweiligen Lerngruppe entsprechen; sollen konkret formuliert und so gestaltet sein, daß sie selbständig bearbeitet werden können; sollen in einer einfachen, verständlichen Sprache gehalten werden, unterstützt durch Bilder oder Grafiken, mit denen vieles leichter zu veranschaulichen ist als durch Text; sollten auf höchstens zehn Fragen pro Lerneinheit beschränkt bleiben (der Übersichtlichkeit halber und wegen des Durchhaltevermögens der Lernenden); möglichst nur ein bis zwei Fragen bzw. Aufgaben pro Arbeitsblatt; sollten auf vorhandene Informationsquellen wie Lehrgangs- oder Projektunterlagen, Fachbücher, Handbücher, Bedienungsanleitungen, Primärquellen usw. verweisen und ggf. Auszüge daraus bereitstellen und den Umgang mit Fachbüchern und Texten üben. Damit erübrigt sich die Produktion umfangreicher Leittexte. Leitfragen lassen sich in vielen Lernsituationen einsetzen: in Aufträgen oder Projekten genauso wie in Lehrgängen oder Erkundungen. Das Bestechende an dieser Methode besteht darin, die durch Fragen gestützte Erarbeitung von Theorie immer in einen praktischen Handlungszusammenhang zu stellen. Anfangs wird es sinnvoll sein, die Fragen in schriftlicher Form zu präsentieren. Mit zunehmender Gewöhnung werden Ausbildungsmitarbeiter/innen die handlungsorientierte Fragetechnik auch spontan und situationsbezogen einsetzen können, so daß der Aufwand zur Erarbeitung ständig neuer Unterlagen mit der Zeit geringer wird. Zur Perfektion getrieben ist die Methode dann, wenn die Lernenden selbst die Kriterien für Leitfragen Flexibler Einsatz einer Leittext-Methode

50 54 Projektmethode Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Fragen formulieren können, die sie dann auch selbst beantworten: Welche Fragen muß ich beantworten, um die neuen Anforderungen erfüllen und den Auftrag fachgerecht ausführen zu können? Bei der Leittext-Methode liegt die aktive Seite bei den Lernenden, die durch Aufgabenstellungen und Fragen zu selbständigen und eigenverantwortlichen Lern- und Arbeitsaktivitäten angeregt werden. Die Ausbildungsmitarbeiter/innen sind nicht in erster Linie als Fachleute gefragt, die Wissen weitergeben; vielmehr besteht ihre Aufgabe darin, diesen Prozeß (z.b. durch Fragen) anzuregen, zu strukturieren und zu steuern sowie die Ergebnisse des Lern- und Arbeitsprozesses auszuwerten und mit den Lernenden neue Vereinbarungen über die nächsten Lern- und Arbeitsschritte zu treffen. Die Arbeit mit Leitfragen ergänzt damit Lern- und Unterweisungsstile wie Vortrag und Referat, also Lernformen, die durch die Aktivität der Fachleute gekennzeichnet sind, während die Lernenden in die Rolle der passiven Zuhörer oder Zuschauer gedrängt werden. Die Projektmethode stellt eine Erweiterung des Grades an Selbständigkeit und Gestaltungsfähigkeit durch die Lernenden dar (gegenüber der Leittext-Methode). Sie ermöglicht mehr Selbständigkeit und mehr Gestaltungsmöglichkeiten als die durch Leitfragen oft sehr stark vorstrukturierten Arbeitsabläufe. Sie kann als eine Art Simulation des Lernens an realen Aufträgen angesehen werden. Deshalb eignet sie sich gut, um im Bildungszentrum auftragsähnliche Situationen praxisorientiert zu bearbeiten und Theorie im praktischen Anwendungszusammenhang zu erlernen. Gegenüber realen Aufträgen, die meist sehr detaillierte Vorgaben machen, wie die Arbeiten auszuführen sind, besteht die Vorgabe beim Projekt lediglich in der Initiative oder der Projektidee und ggf. in den Zielen. Alle weiteren Schritte, die Projektskizze, die Planung, die Durchführung und der Abschluß des Projektes, werden durch die Projektgruppe selbständig gestaltet. Der Anteil an Eigenaktivität, an Verantwortung und Gestaltung ist daher recht hoch. Dadurch wird eine hohe Identifikation mit dem Ergebnis wie auch mit dem Prozeß und der Arbeitsweise erreicht, besonders dann, wenn die Projektergebnisse einen konkreten Nutzen für die Gruppe haben. Leitfragen können nützlich sein, um die einzelnen Projektstufen selbständig zu strukturieren oder erforderliche Informationen zu erarbeiten. Gruppenarbeit, wichtige Form der Arbeitsorganisation Gestaltung des Lernprozesses durch Gruppenarbeit Gruppenarbeit ist heute in immer mehr Bereichen der industriellen Fertigung die vorherrschende Form der Arbeitsorganisation. In Instandhaltungsgruppen müssen Spezialist(inn)en aus verschiedenen Berufen in kürzester Zeit Fehler analysieren und beheben. Auch im Handwerk arbeiten häufig Arbeitsteams unterschiedlicher Gewerke am selben Objekt. Kooperation, Kommunikation und Team-

51 Kapitel 3: Konzeption 55 fähigkeit, Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, problemlösendes Denken und Handeln sowie lebenslanges Lernen gehören deshalb zu den berufsübergreifenden Qualifikationen, die heute in der Ausbildung erworben werden müssen. Dementsprechend setzen auch die Leittext-Methode oder die Projektausbildung auf Gruppenarbeit bei der Informationsbeschaffung, bei der Arbeitsplanung, bei der Fertigung wie auch bei der Auswertung. Deshalb sollte Gruppenarbeit nicht nur als Methode, sondern auch als vorherrschende Form der Lern- und Arbeitsorganisation eingesetzt werden. Nicht mehr die Maßnahmegruppe von 15, 16 oder gar 24 Teilnehmer(inne)n bildet die Bezugsgruppe für die Steuerung des Arbeits- und Lernprozesses, sondern kleine Lerngruppen von drei bis fünf Teilnehmer(inne)n, die gemeinsam Aufträge bearbeiten und daran lernen. Das ergibt sich allein schon daraus, daß in der Praxis selten Großbaustellen als Aufträge in Frage kommen, wo 12 oder 15 Personen unter Anleitung eines Ausbilders bzw. einer Ausbilderin gleichzeitig eingesetzt werden. So wie in der Realität auch wird es möglich, die Gesamtgruppe auf Arbeitsoder Projektgruppen aufzuteilen, die an unterschiedlichen Aufträgen oder Themen arbeiten. Diese Gruppen können je nach Anforderungen des Auftrages bzw. der Aufgabenstellung und je nach dem individuellen Entwicklungsstand der Lernenden unterschiedlich zusammengesetzt sein: nach Leistungsvoraussetzungen heterogen, um möglichst viel miteinander und voneinander lernen zu können; oder homogen, um z.b. mit einer Elitegruppe schnell und zuverlässig einen Kundenauftrag zu erfüllen oder einer Nachzüglergruppe die Chance zu geben, bestimmte Inhalte, Fertigkeiten oder Kompetenzen sorgfältig und in ihnen angemessenem Tempo zu bearbeiten. Das Lernen in (Klein-)Gruppen verknüpft individuelles Lernen also die selbständige Bearbeitung einer (Teil-)Aufgabe mit dem gemeinsamen Lernen und Arbeiten an einem gemeinsamen Produkt oder an einer gemeinsamen Aufgabenstellung. Mit Gruppenarbeit läßt sich die Qualifizierung besser auf die individuellen Voraussetzungen zuschneiden. Sie nimmt Rücksicht auf unterschiedliche Lerntempi, auf unterschiedliche Vorkenntnisse und Vorerfahrungen. Sie schafft Anreize zum Lernen und Arbeiten. Wenn die Gruppe mit ihrer Aufgabe fertig ist, beginnt sie eine neue, auch wenn die anderen Gruppen ihre Aufgaben noch nicht beendet haben oder schon längst etwas Neues machen. Wenn einzelne aus der Gruppe nachhinken, können die anderen unterstützend eingreifen oder ihnen Dampf machen, damit sie sich mehr beeilen. Für die Gruppenarbeit müssen folgende Voraussetzungen bedacht werden: Gruppenarbeit muß erlernt werden. Dazu brauchen die Gruppenmitglieder Anleitung und Beratung, Rückmeldung und wenn nötig Hilfen bei der Konfliktlösung. Soziales Lernen in der Gruppe ein wichtiges Thema für die Sozialpädagogik in der Berufs- Unterschiedliche Lerngruppen Voraussetzungen für Gruppenarbeit

52 56 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung ausbildung findet in der Ausbildungspraxis statt. Hilfreich ist es, gemeinsame Regeln für die Gruppenarbeit zu entwickeln, die von den Mitgliedern selbst überwacht und weiterentwickelt werden. In den Auswertungsbesprechungen muß immer wieder auch der Aspekt aufgegriffen werden, wie der gemeinsame Arbeitsprozeß geklappt hat, welche Schwierigkeiten aufgetaucht sind und wie die Zusammenarbeit verbessert werden kann. Gruppenarbeit braucht Vorbilder. Ausbilder/innen bzw. das Team der Weiterbildungsmitarbeiter/innen haben auch bezogen auf Gruppenarbeit eine wichtige Vorbildfunktion. Eine intensive Zusammenarbeit im Team ist eine wichtige Voraussetzung, um mit den Lernenden Gruppenarbeit praktizieren zu können. Die Begleitung von Lern- und Arbeitsgruppen ist Aufgabe aller Berufsgruppen im Team. Sowohl während der praktischen als auch während der mehr theorieorientierten Gruppenphasen bieten sich viele Gelegenheiten zur Verknüpfung von Theorie und Praxis, zur individuellen Lernförderung oder zum sozialen Lernen und zur Persönlichkeitsentwicklung. Gruppenarbeit stellt Anforderungen an die räumlichen Voraussetzungen. Werkstätten sollten mit Gruppenarbeitsplätzen ausgestattet sein. Lernecken innerhalb der Werkstatt oder auf der Baustelle dienen den Kleingruppen zur Ausführung von Planungsaufgaben. Neben Arbeitsmöglichkeiten für Kleingruppen müssen auch Räume für die gesamte (Maßnahme-)Gruppe vorhanden sein. Solche Kommunikationsräume in Arbeitsplatznähe lassen sich auch im Arbeitsprozeß schaffen, z.b. in Baubuden oder Containern, in vorübergehend als Lern- und Sozialräumen genutzten Zimmern oder Lerninseln in der Produktion.

53 Kapitel 3: Konzeption Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung Lernende sind auf vielfältige Unterstützung und Beratung angewiesen, um ihren Lernprozeß selbständig zu gestalten und die sozialen und beruflichen Anforderungen bewältigen zu können. Qualifizierungsberatung Eine Qualifizierungsberatung vor Beginn der Maßnahme und beim Übergang in dauerhafte betriebliche Beschäftigung informiert die Teilnehmer/innen über die Ziele der Maßnahme, gibt eine Berufswahlorientierung und zeigt Alternativen auf. Um einen individuellen Qualifizierungsplan entwickeln zu können, werden auch die Vorqualifikationen der Lernenden erfaßt. Individuelle Qualifizierungsberatung ist somit zielfindungs- und ergebnisorientiert. Beratung zu Beginn der Maßnahme: Ermittlung der beruflichen Interessen und Vorkenntnisse der Teilnehmer/innen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden Identifizierung fehlender Basisqualifikationen oder mangelnder Sprachkenntnisse, um Wege aufzuzeigen, wie diese im Vorfeld oder während der Maßnahme aufgearbeitet werden können Feststellung, ob besondere Schwierigkeiten im sozialen Umfeld vorliegen, um zu klären, ob ein Einstieg zu empfehlen ist Frühzeitige Vermittlung eines realistischen Bildes von den Anforderungen und dem Aufwand, der benötigt wird, um das Lernziel (Berufsabschluß) zu erreichen, z.b. Einschränkung der Freizeit etc. Am Ende der Maßnahme, während der Nachbetreuung, werden durch Qualifizierungsberatung individuelle Strategien zum Übergang in betriebliche Beschäftigung erarbeitet. In dieser Phase liegt der Schwerpunkt auf der Integration in ein betriebliches Arbeitsverhältnis. Für das Gelingen des Übergangs von der Qualifizierung in ein Beschäftigungsverhältnis werden individuelle Strategien entwickelt. Lernförderung wird notwendig, wenn Lernschwierigkeiten zu überwinden sind oder wichtige allgemeinbildende Grundlagen fehlen, auf die die Berufsbildung aufbaut. Lernförderung ist also sowohl eine methodische als auch eine inhaltliche Aufgabe. Qualifizierungsberatung Lernförderung Lernförderung findet besonders intensiv am Anfang statt, ist aber durchgängiger Bestandteil des gesamten Lernkonzeptes. Sie geschieht immer dort, wo es von der Situation her erforderlich ist: bezogen auf bestimmte Themen, Aufgabenstellungen oder auch Durchgängige Lernförderung

54 58 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung soziale Randbedingungen. Wenn dies z.b. durch innere Differenzierung von Gruppenarbeit geschieht, besteht die Chance, Stigmatisierungen zu vermeiden. Lernförderung ist auch die ausführliche Behandlung des Themas Nutzung von Fachbüchern oder Lesen von Fachtexten, was ohne weiteres in der Gruppe geschehen kann. Häufig sind aber auch spezielle Gruppenangebote oder Einzelförderungen nötig (äußere Differenzierung). Wenn es gleichzeitig auch spezielle Gruppenangebote für die Leistungsstärkeren gibt, in denen z.b. ergänzende Inhalte oder Transferaufgaben bearbeitet werden, ergibt sich die unterschiedliche Gruppenzusammensetzung aus verschiedenen Themen (und nicht so sehr daraus, daß manche Teilnehmer/innen Stütz- oder Förderunterricht nötig haben). Die Integration allgemeinbildender Grundlagen in den beruflichen Lernprozeß erscheint vorteilhafter als ihre Wiederholung in Form einer eigenständigen Lernphase zu Beginn der Qualifizierung. Denn wenn sie gewissermaßen als Lernschleifen - immer dann erarbeitet werden, wenn sie für den beruflichen Handlungsprozeß benötigt werden, erschließt sich ihre Sinnhaftigkeit leichter. Um Material zu bestellen oder zu besorgen, sind zunächst Berechnungen von Flächen und Volumen nötig. Deren Wiederholung wird als Bestandteil des beruflichen Lernens angesehen. Die Motivation dazu ist wesentlich größer, als wenn der Ausgangspunkt eine Defizitbeschreibung ist, etwas nicht zu können. Teilnehmer/innen mit Lernschwierigkeiten werden leichter in den Lernprozeß hineinwachsen, wenn an ihren vorhandenen und neuen beruflichen Perspektiven angesetzt wird. Zudem sind die Lernvoraussetzungen individuell meist so unterschiedlich, daß es kaum wahrscheinlich ist, dieses Ziel tatsächlich bei allen zu erreichen, zumal auch nirgends festgeschrieben ist, welche Grundlagen im einzelnen für den Beruf tatsächlich benötigt werden. Lernberatung hilft Lernziele zu erreichen Lernberatung Die Lernberatung ist ein prozeßbegleitendes Beratungsinstrument während der gesamten Maßnahme. Sie begleitet und unterstützt die Lernenden bei der selbständigen und aktiven Gestaltung ihres individuellen Lernprozesses und bei der Auseinandersetzung mit den von außen durch die Ausbildungsziele und deren Umsetzung durch die Lehrenden gesetzten Lernanforderungen sowie mit den Möglichkeiten und Hindernissen des Lernsystems. Lernberatung setzt an den individuellen Ausgangsbedingungen der Lernenden an und befähigt zur Entwicklung von Lernstrategien und zur Auswahl geeigneter Lernmethoden. Lernberatung baut auf ein Verständnis von Lernen als aktiver, von den Lernenden selbst gesteuerter Prozeß auf. Lernen führt zu einer Veränderung der Person und der Umwelt. Die Lernenden sind die Subjekte des Lernprozesses. Sie selbst tragen die Verantwor-

55 Kapitel 3: Konzeption 59 tung für den Prozeß und die Ergebnisse des Lernens. Durch entdeckendes Lernen werden Kenntnisse und Einsichten weitgehend selbständig erworben. Neben einem besseren Behalten des Gelernten kommt es zur Ausbildung wirksamer Strategien für die Lösung unterschiedlicher Probleme. Lernberatung befähigt die Teilnehmer/innen, Ziele und Teilziele für ihren Lernprozeß zu formulieren, fördert die Transparenz und die Akzeptanz der von außen gesetzten Lernanforderungen, befähigt zur Auswahl geeigneter Lernmethoden und Lernstrategien. Lernberatung bezieht sich auf drei Strategien: a) Wie geht der/die Lernende selbst mit Lernen um? Wie kann er/sie unter den gegebenen Rahmenbedingungen das Lernen selbst optimieren? z.b. durch Veränderung der Lernstrategien, Formulierung realistischer Ziele, Veränderung von Haltungen. b) Wie kann der/die Lernende Einfluß auf das Lernsystem nehmen und damit zu seiner/ihrer Weiterentwicklung beitragen? z.b. durch die Bildung von Lerngruppen, Lernpartnerschaften, die Übernahme von Tutorenfunktionen, das Aushandeln von Veränderungen von Lernformen, die Verbesserung der Beziehungen der Lernenden untereinander und zu den Lehrenden. c) Wie kann der/die Berater/in zur Veränderung des Lernens/des Lernsystems beitragen? z.b. durch die Veränderung der Gruppenzusammensetzung, den Wechsel der Lernformen, spezielle Angebote zur Lernförderung, Veränderung der Konzeption, Veränderung der Aufgabenstellungen für die Lernenden, Veränderungen der Beziehungen, Strukturen und Kommunikationsformen im Lernsystem. Ergebnisse der Lernberatung Die einzelnen Phasen von Lernberatungen werden durch Vereinbarungen darüber abgeschlossen, welchen Anteil der/die Lernenden selbst, der/die Berater/innen an der Problemlösung haben. In solchen Vereinbarungen werden (realistisch erreichbare) Ziele, die Prüfkriterien für die Ziele (Woran merke ich, daß das Ziel erreicht ist?), die erforderlichen Aktivitäten, der Zeitrahmen für die Zielerreichung festgelegt.

56 60 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Anlässe für Lernberatung Lernberatung muß den Ratsuchenden unterschiedliche Wege eröffnen, um das festgelegte Ziel erreichen zu können. Sie sollten die Ziele reflektieren und ggf. verändern. Lernberatung kann ausgelöst werden durch die Lernenden selbst, die Probleme, Fragestellungen, krisenhafte Entwicklungen zum Anlaß nehmen, Beratungsbedarf zu formulieren. Die Problemdefinition wird durch die Lernenden selbst vorgenommen. das Ausbildungsteam bzw. einzelne Teammitglieder, die eigene Beobachtungen oder Feststellungen zum Anlaß nehmen, um Probleme oder Fragestellungen mit den Lernenden zu

57 Kapitel 3: Konzeption 61 besprechen und ihnen die Formulierung der Problemdefinition zu erleichtern. Auch hier gilt: Die Entscheidung darüber, ob und mit welchem Ziel ein Beratungsprozeß eingeleitet wird, treffen die Lernenden selbst. Schnittstellen im Maßnahmeverlauf (z.b. Vorbereitung auf betriebliche Phasen) oder im individuellen Lernprozeß (z.b. Bearbeitung des nächsten Moduls), um reflexiv die Erfahrungen aus dem vorangegangenen Abschnitt auszuwerten und individuelle Ziele für das Lernen in der nächsten Phase zu entwickeln. Lernberatung ist ein aktiver und wechselseitiger Prozeß zwischen dem Ratsuchenden und dem/der Beratenden. Für beide Seiten stellt Lernberatung einen Prozeß des Lernens und der Veränderung dar. Beide sind gleichberechtigte Partner und übernehmen Verpflichtungen im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen. Daraus ergibt sich auch die Verpflichtung der Beratenden, Einfluß auf die Veränderung des Lernsystems bzw. der Konzeption zu nehmen. Dazu gehört auch eine regelmäßige Bestandsaufnahme und Weiterführung des Lernkonzeptes und des Lernsystems im Team der Mitarbeiter/innen. Dazu gehören Zielvereinbarungen, Planungen, Ergebnisüberprüfungen und Weiterentwicklung der Ziele. Die Rolle der Beratenden Sozialpädagogische Begleitung Die sozialpädagogische Beratung und Begleitung ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Maßnahmekonzeption. Sie beginnt bereits im Vorfeld, bei der Teilnehmer/innengewinnung, und endet erst im Zusammenhang mit der erfolgreichen Integration in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis (etwa ein halbes Jahr nach der Abschlußprüfung). Neben Lernberatung und Lernförderung geht es um eine Begleitung der Arbeits- und Lernprozesse, darüber hinaus aber auch um Hilfe bei familiären, sozialen oder finanziellen Problemstellungen. Häufig ist mit der Teilnahme an einer abschlußbezogenen Bildungsmaßnahme auch ein tiefer Einschnitt in die persönliche Biographie verbunden, der unter Umständen nicht konflikt- oder krisenfrei bewältigt werden kann, so daß hier eine sozialpädagogische Unterstützung nötig ist. Sozialpädagogisches Handeln kann allgemein als Beitrag zur Erweiterung der individuellen Handlungsfähigkeit im beruflichen und privaten Bereich verstanden werden. Dazu gehören der Abbau von (z.b. durch Arbeitslosigkeit entstandenen) Einschränkungen der Handlungsfähigkeit, die Förderung der subjektiven Handlungsbereitschaft, das Heranführen an Konfliktbereiche und Konflikterfahrungen, die Entwicklung von Zielen und Handlungsstrategien. Die sozialpädagogische Beratung dient dazu, Schwierigkeiten und Probleme frühzeitig zu erkennen und diese Informationen zu nutzen, um zusätzliche Hilfestellungen anzubieten, damit die Teilnehmer/ innen brauchen sozialpädagogische Begleitung Alltagsprobleme behindern den Qualifizierungsprozeß

58 62 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Teilnehmer/innen realistische Wege zur Bewältigung der beruflichen Anforderungen erlernen können. Sozialpädagogische Arbeit als Bestandteil der beruflichen Bildung unterstützt die Teilnehmer/innen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben und Anforderungen sowohl im Zusammenhang mit dem Lern- und Arbeitsprozeß als auch bezogen auf familiäre, soziale oder persönliche Probleme. Sie befähigt die Lernenden, Probleme zu erkennen, Problemlösungen zu erarbeiten und möglichst selbständig umzusetzen. Ziele und Strategien sozialpädagogischer Arbeit haben einen hohen Grad an Übereinstimmung mit den berufsübergreifenden Qualifikationen wie Handlungsfähigkeit, Selbständigkeit, Eigenverantwortung, Fähigkeit zur Kommunikation und Kooperation. Indem sozialpädagogische Arbeit zur Herausbildung dieser Fähigkeiten beiträgt, ist sie integrierter Bestandteil des Qualifizierungsprozesses. Angebot an Fachsprache Sprachliche und kulturelle Integration Berufsbildung setzt die Beherrschung von Sprache und ausreichende Kenntnisse gesellschaftlicher Verständigungsformen voraus. Für ausländische Teilnehmer/innen oder Aussiedler/innen müssen auch Angebote zum Erwerb von Fachsprache vorhanden sein. Diese müssen berücksichtigen, daß die Teilnehmer/innen unterschiedlich große sprachliche Vorkenntnisse haben, daß sie aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen und bereits unterschiedlich lange im deutschen Kulturraum leben. Auch hier gilt, daß Sprachvermittlung und Spracherwerb sich besonders auf fachliche Inhalte und auf berufliche Anwendungssituationen beziehen (Arbeitsvorgänge, Sprache der Ausbilder/innen etc., Fachtexte etc., Fachbegriffe) (siehe hierzu ausführlich: BMBW 1991). Um eine möglichst alle Bereiche umfassende sprachliche Förderung zu erreichen, sollten Sprachlehrer/innen sehr eng mit den Ausbilder(inne)n und den übrigen Lehrkräften kooperieren, zum einen, um möglichst viele berufsfachliche Inhalte in den Sprachunterricht aufnehmen zu können, zum anderen aber auch, um die übrigen Ausbildungsmitarbeiter/innen zu befähigen und zu unterstützen, den Spracherwerb in der beruflichen Anwendungssituation gezielt fördern zu können.

59 Kapitel 3: Konzeption 63

60 65 Kapitel 4 Gliederung des Lernprozesses in Module

61 67 4. Gliederung des Lernprozesses in Module In diesem Kapitel wird begründet, warum in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung der Weg zum Berufsabschluß modular gestaltet wird. Es wird beschrieben, was unter Modulen verstanden wird und nach welchen Gesichtspunkten sie gegliedert werden. Der Qualifizierungspaß als Vorschlag für die maßnahme- und trägerübergreifende Dokumentation von Qualifikationen wird vorgestellt. Es wird auf einige Beispiele für Modulgliederungen aus Modellversuchen hingewiesen. Zwei wesentliche Ausgangsüberlegungen haben dazu geführt, die modulare Gliederung von Ausbildungsberufen in die Konzeption der berufsbegleitenden Nachqualifizierung aufzunehmen: Um auf bereits vorhandene berufliche Qualifikationen aufbauen zu können, ist eine Systematik erforderlich, mit der überprüft werden kann, in welchem Umfang diese Erfahrungen und Qualifikationen mit den Anforderungen des Berufsbildes/ Ausbildungsrahmenplanes übereinstimmen. Daraus lassen sich dann individuelle Qualifizierungspläne ableiten. Da die Qualifizierung bis zum Berufsabschluß häufig über einen längeren Zeitraum verläuft, Unterbrechungen stattfinden oder auf verschiedene Maßnahmen verteilt werden muß, ist ein System nötig, mit dessen Hilfe bereits erworbene Qualifikationen beschrieben und nachgewiesen werden können. Ausgangsüberlegungen für modulare Gliederungen

62 68 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Flexibilität von Bildungswegen Unterbrechung der Qualifizierung Differenzierter Nachweis vorhandener Qualifikationen Verteilung der Qualifizierung auf mehrere Lernorte und Maßnahmen Durch Modularisierung lassen sich Bildungswege flexibler, besser auf die individuellen Voraussetzungen der Lernenden abgestimmt und den betrieblichen Anforderungen entsprechend gestalten. Wenn Teilnehmer/innen ihren Qualifizierungsweg vorläufig unterbrechen, z.b. weil sie zunächst eine Vollzeit-Beschäftigung aufnehmen, weil sie eine Familienpause einlegen oder aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten müssen, können die bereits erworbenen Qualifikationen durch Modulzertifikate bescheinigt werden. Bei einer späteren Wiederaufnahme der Qualifizierung können sie angerechnet werden, so daß die Qualifizierung dort weitergeführt werden kann, wo sie unterbrochen wurde. Arbeitgebern gegenüber dienen Modulzertifikate als Nachweis, welche Tätigkeiten und Arbeitsanforderungen von den Mitarbeiter(inne)n bereits qualifiziert ausgeführt werden können, im Sinne der Fähigkeit zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit, die insbesondere selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren einschließt ( 2 Abs. 4 der Verordnungen über die Berufsausbildung). Das erleichtert während des Qualifizierungsprozesses innerbetriebliche Versetzungen auf Arbeitsplätze mit anspruchsvolleren Anforderungen. Für die Planung von Praktikumsphasen geben Module Auskunft, welche Qualifikationen bereits erworben wurden und in der Praxis angewendet werden können und welche Tätigkeiten im betrieblichen Arbeitsprozeß neu gelernt werden sollen. Diejenigen, die die Qualifizierung nicht bis zum Berufsabschluß fortsetzen, können sich mit Hilfe der Modulzertifikate u.u. auch qualifiziertere Arbeitsplätze als Angelernte erschließen. Auch Facharbeiter/innen setzen an ihren Arbeitsplätzen immer nur einen Ausschnitt ihrer Gesamtqualifikation ein. Mit Modulzertifikaten können Angelernte differenziertere Aussagen darüber liefern, welche Teile des Berufsbildes sie qualifiziert beherrschen, was ihre Arbeitsmarktchancen erhöhen dürfte. Durch modular gegliederte Qualifizierungsgänge könnten auch solche Maßnahmen für eine abschlußbezogene Qualifizierung genutzt werden, die nur begrenzte Qualifizierungsanteile enthalten, also auch Maßnahmen, deren Dauer auf ein Jahr begrenzt ist oder bei denen nur 20% für Qualifizierung genutzt werden können (z.b. ABM) oder Programme zur betrieblichen Integration arbeitsloser junger Erwachsener. Innerhalb der Qualifizierungszeit wird dann eine bestimmte Zahl von Modulen bearbeitet, die auf den Berufsabschluß zielen.

63 Kapitel 4: Modulgliederung 69 Modularisierungsziele/positive Modularisierungseffekte Differenziertes Eingehen auf unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen der Lernenden Verbindung von Aus- und Weiterbildung Module eines Weiterbildungsberufes werden als Zusatzmodul während der Ausbildung vermittelt. Anerkennung von Berufserfahrung Nicht formal anerkannte Qualifikationen und über ungeregelte Qualifizierungsprozesse erworbene Qualifikationen können nach Modulkriterien geprüft und zertifiziert werden. Schnellere und flexible Reaktion auf veränderte Anforderungen des Beschäftigungssystems Bei modularen Systemen muß nicht das gesamte Berufsbild geändert werden, sondern jeweils nur ein oder mehrere Module. Risikolose Erprobung neuer Qualifikationen Neu entwickelte Module lassen sich als kleinere Einheiten gegenüber kompletten Berufsbildern ohne größeres Risiko auf dem Arbeitsmarkt testen. Qualitätssicherung und Koordination Dezentrale Entscheidungen von Bildungsträgern über Angebot und Gestaltung der Qualifizierung werden durch Modulstandards (z.b. Zertifikate) koordiniert. Mehrfachverwendbarkeit einzelner Module für verschiedene Bildungsgänge (Sharing) Identische Module sollten für möglichst viele Aus- und Weiterbildungsberufe oder als Zusatzmodule einsetzbar sein. Weiterentwicklung der europäischen Dimension der Berufsbildung Auf der Ebene von kleineren Einheiten (Modulen) lassen sich europäische Identitäten leichter durchsetzen als bei kompletten Berufsbildern. (Kloas 1997, 30) 4.1 Modularisierung in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung zum Berufsabschluß In der ursprünglichen, technischen Wortbedeutung sind Module Teile eines Ganzen. Jedes System besteht aus einer Vielzahl von Modulen, wovon jedes einzelne zum Funktionieren des gesamten Systems beiträgt oder gar unerläßlich ist (Sellin 1994).

64 70 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Gliederungsprinzipien: Berufsbild/ Ausbildungsrahmenplan, berufliche Tätigkeiten In der berufsbegleitenden Nachqualifizierung sind Module Teile eines anerkannten Ausbildungsberufes. Ziel ist die Abschlußprüfung bei der Kammer bzw. zuständigen Stelle. Alle Module eines Berufes zusammengenommen ergeben die Gesamtheit der im Berufsbild/Ausbildungsrahmenplan beschriebenen Fertigkeiten und Kenntnisse. Grundlage der Gliederung in Module sind das Berufsbild und der Ausbildungsrahmenplan. Als zweites Gliederungskriterium werden in den Modellversuchen Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche verwendet, die aus der Berufspraxis abgeleitet werden. Module geben Auskunft darüber, zu welchen qualifizierten beruflichen Tätigkeiten des Berufsbildes sie befähigen, die selbständig und verantwortlich ausgeführt werden können, was insbesondere selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren einschließt ( 3 der Ausbildungsverordnungen). Ergebnisse des Lernprozesses Untergliederung in Bausteine Modulzertifikate Module beschreiben die Ergebnisse eines Lernprozesses, also die Qualifikationen (Fertigkeiten, Kenntnisse, Kompetenzen), die durch das Modul erlangt werden sollen. Module sind untergliedert in einzelne Bausteine/Lerneinheiten (oder auch Lern- und Arbeitsaufträge). Alle Bausteine/Lerneinheiten zusammengenommen umfassen ein Modul. Alle Module zusammengenommen umfassen den gesamten Ausbildungsberuf. Durch Modulzertifikate wird dokumentiert, daß diese Qualifikationen erworben worden sind. Sie enthalten eindeutige, auf die Berufsbildpositionen und Ausbildungsrahmenpläne anerkannter Ausbildungsberufe bezogene Aussagen darüber, was gelernt worden ist und welche Arbeitstätigkeiten damit ausgeführt werden können (vgl. Kapitel 4.2).

65 Kapitel 4: Modulgliederung 71 Module als Teile eines Gesamtsystems beziehen sich immer auf die Gesamtqualifikation des Ausbildungsberufes. Module sind Teile dieser Gesamtqualifikation, die zur Gesamtfunktion unerläßlich sind (vgl. Kloas 1997). Als Teile des Berufsbildes sind sie die Grundlage für eine trägerübergreifende Anerkennung der Modulzertifikate. Damit unterscheiden sie sich von dem üblichen Begriff von Teilqualifikationen, die allgemein als Qualifikationen unterhalb der Schwelle anerkannter Ausbildungsberufe verstanden werden, ohne daß ein definierter Bezug zum Berufsbild vorhanden ist und ohne daß sich die einzelnen Teile zur Gesamtqualifikation des Berufsbildes zusammensetzen lassen, wie es bei den Modulen geschieht. Trägerübergreifende Anerkennung Die Verwertbarkeit von Modulen als Teile des Ganzen ergibt sich damit aus ihrem Bezug zum Berufsbild und zum Ausbildungsrahmenplan. Darin sind sie miteinander vergleichbar, auch wenn die Orientierung an beruflichen Tätigkeiten von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Modulzuschnitten führt. Wie die Qualifikationen erworben werden, ist je nach Rahmenbedingungen der Qualifizierung, nach Lernortkombinationen und Konzeption der Maßnahme von Träger zu Träger unterschiedlich und kann nicht trägerübergreifend vereinheitlicht werden. Dies Berufsbild/ Ausbildungsrahmenplan

66 72 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Module in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung Eine Gesamtqualifikation besteht aus einer Kombination von Modulen bzw. Teilqualifikationen, die zur Gesamtfunktion unerläßlich sind. Ein Modul ist Teil eines Ganzen. Die Gesamtfunktion ist mehr als die Summe der Einzelfunktionen. Berufliche Handlungsfähigkeit wird durch gesellschaftliche Standards bestimmt (deutsches Berufskonzept). Module sind das Ergebnis von Qualifizierungsprozessen (Kompetenz- bzw. Output-Kategorie). Die Freiheit der zeitlichen Abfolge des Erwerbs von Modulen unterliegt pädagogischen Einschränkungen. Berufsmodule (Module des Berufsbildes) können sinnvoll durch Zusatzmodule ergänzt werden. Module sind ohne Standards, die Transparenz und Vergleichbarkeit ermöglichen, nicht denkbar. Module setzen betriebs- und trägerübergreifende (möglichst bundesweit geltende) Standards voraus. Modulsysteme in der beruflichen Bildung sind effektiv/ökonomisch, wenn die Module für mehrere Berufsbilder passen. Module in der beruflichen Bildung sind einzeln veränderbar, erneuerbar bzw. anpaßbar, ohne daß die Gesamtqualifikation neu geregelt werden müßte. (vgl. Kloas 1997, 17) Gliederung und Gestaltung des Lernprozesses wäre schon allein deshalb nicht sinnvoll, weil eine trägerübergreifende Vereinheitlichung der Lernformen und Lernkonzepte einer Individualisierung und Differenzierung des Lernprozesses entgegenwirken würde. Aus Sicht der Bildungsträger sind Module auch Instrumente zur Gliederung und Steuerung des Lernprozesses. Die Aussage, ein Modul durchlaufen zu haben, bedeutet zweierlei: bestimmte Qualifikationen erworben zu haben (ergebnisorientierte Seite des Modulbegriffs) und einen bestimmten Abschnitt des Qualifizierungsprozesses beendet zu haben (prozeßorientierte Seite). Bei der Beschreibung der Gliederungs- und Steuerungsfunktion modularer Konzepte geht es um den Input, wie der Prozeß gestaltet wird, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen: wie auf die vorhandenen Voraussetzungen der Lernenden aufgebaut werden kann; wie die Lern- und Arbeitsmöglichkeiten der Betriebe und Bildungsträger gestaltet werden; welche Formen der Lernortkooperation genutzt werden, also wie das Lernen zwischen Bildungsträgern und Betrieben/

67 Kapitel 4: Modulgliederung 73 Aus der Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung zur Qualifizierung von Personen ohne formalen Berufsabschluß durch Nachholen von anerkannten Ausbildungsabschlüssen im Verbund mit Beschäftigung vom 28./ 29. Februar 1996: Die Einlösung des Ziels, im Verbund mit Beschäftigung anerkannte Berufsabschlüsse zu vermitteln, setzt seitens der Maßnahmeträger und der privaten und öffentlichen Unternehmen/ Institutionen eine Gestaltung der organisatorischen und inhaltlichen Bedingungen in der Weiterbildung voraus, daß die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für alle im Ausbildungsrahmenplan beschriebenen Positionen des Berufsbildes ein Qualifizierungsangebot vorfinden. Sofern dieses Ziel nicht erreicht werden kann beispielsweise, weil die Finanzierung der Maßnahmen nicht über den Zeitraum gesichert ist, der zur Vermittlung aller Positionen des Berufsbildes erforderlich wäre oder falls die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Nachqualifizierung unterbrechen, abbrechen oder die Abschlußprüfung nicht bestehen, sind die bis dahin erworbenen Qualifikationen durch die verantwortlichen Maßnahmeträger (Weiterbildungsträger/Betrieb) nach einer einheitlichen Systematik zu zertifizieren und möglichst in einem Qualifizierungspaß/Portfolio festzuhalten. Die Systematik ergibt sich aus den in der Ausbildungsordnung bzw. im Ausbildungsrahmenplan beschriebenen Positionen des Berufsbildes. Es sollte erkennbar sein, welche Berufsbildpositionen erworben wurden bzw. für das komplette Berufsbild noch fehlen. Auch evtl. über das Berufsbild hinausgehende Zusatzqualifikationen können so festgehalten werden (vgl. Anhang). Beschäftigungsträgern verteilt und wie das Lernen zwischen den verschiedenen Lernorten abgestimmt wird; welche Formen der Lernorganisation verwendet werden, also z.b. Lernen in Kursen gekoppelt mit Lehrbriefen, weitestgehende Integration des beruflichen Lernens in den Arbeitsprozeß, Kurse beim Bildungsträger mit unterschiedlichen Lernformen im Betrieb oder Beschäftigungsträger; wie die Lern- und Arbeitsorganisation aussieht und welche Lernmethoden eingesetzt werden. Die konkrete Gestaltung des Qualifizierungsprozesses wird je nach Rahmenbedingungen und Region von Träger zu Träger unterschiedlich sein. Deshalb macht es keinen Sinn, in Modulsystemen auch Formen der Lernorganisation, Lernortkooperation und Lernmethoden verbindlich festzuschreiben, weil dadurch die angestrebte Transparenz und Flexibilität des Systems nicht mehr gegeben ist.

68 74 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Module beschreiben das Ergebnis des Lernprozesses Module in der Ausbildungsvorbereitung Um die Verwirrung zwischen unterschiedlichen Modulbegriffen zu klären und deutlicher zu machen, von welcher der beiden Seiten jeweils die Rede ist, wird hier vorgeschlagen, von Modulen nur noch dann zu sprechen, wenn tatsächlich die Ergebnisse eines Qualifizierungsprozesses gemeint sind und wenn es sich um einen auf einen anerkannten Ausbildungsberuf bezogenen Qualifizierungsprozeß handelt (Kloas 1998). Wenn bestimmte Qualifizierungsphasen gemeint sind, sollten sie auch als solche bezeichnet werden, z.b. Lehrgang zum Modul oder Lehrbausteine zum Modul oder Projekt zum Modul oder Lernauftrag zum Modul oder Lernmaterialien zum Modul. Diese Bezeichnungen geben zugleich auch Auskunft über die Form, wie die Qualifikationen erworben werden. Durch den Bezug zum Berufsbild und durch die Beschränkung auf die Beschreibung der Ergebnisse eines Lernprozesses unterscheidet sich diese Begriffsbestimmung von der in der Weiterbildung verbreiteten Beschreibung von Modulen als Lehrgänge oder Lehrgangsteile, die oft gleichzeitig auch eine bestimmte Form der Durchführung (z.b. Lehrgang) festschreiben. Auch in den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit werden Module als Instrumente der Unterweisungs- und Ausbildungsplanung benutzt und bezeichnen thematisch und zeitlich eingrenzbare Qualifizierungssequenzen innerhalb eines Lehrganges. So werden z.b. Angebote der Allgemeinbildung, Sprachförderung, Förderunterricht, Betriebspraktika als Module bezeichnet, deren Ziele sich aus den Zielsetzungen der jeweiligen Lehrgangskonzeption und den Zielgruppenerfordernissen ableiten. Auch hier wird die prozeßbezogene Seite des Modulbegriffes in den Mittelpunkt gerückt, also durch welche Teile einer Maßnahme bestimmte Ziele bzw. Teilziele erreicht werden und wie dies konzeptionell und organisatorisch umgesetzt werden soll. Aus der Betrachtungsweise des Modulbegriffes, wie er hier für die berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß beschrieben wird, macht diese Verwendung des Begriffes Modul wenig Sinn. Denn die Definition eines Ganzen, das in eine Vielzahl von für das Funktionieren des Systems unerläßlichen Modulen gegliedert ist, wird dem Charakter der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen nicht gerecht, die offen, durchlässig und flexibel sein sollen, um den differenzierten Bildungsbedürfnissen und Zielen unterschiedlicher Teilzielgruppen gerecht zu werden. Das Ganze ist ein bei jedem Träger oder in jeder Region unterschiedlich gestaltetes Angebotssystem, das baukastenartig ganz unterschiedlich zusammengesetzt werden kann. Auch hier wird die Beschreibung von Qualifizierungsergebnissen mit der Beschreibung von Prozessen oder Angebotsformen vermischt. Nützlicher wäre es, wenn auch in der Berufsvorbereitung nur dann von Modulen gesprochen würde, wenn es sich um die Beschreibung beruflicher Grundlagen und Grundfertigkeiten handelt

69 Kapitel 4: Modulgliederung 75 bzw. wenn damit auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Qualifikationen zertifiziert werden können. Aus unterschiedlichen konzeptionellen Gesichtspunkten heraus werden in vielen berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen berufliche Grundlagen vermittelt, die sich aus den Inhalten des ersten Ausbildungsjahres anerkannter Ausbildungsberufe ableiten und sich immer auf anerkannte Berufsbilder beziehen. Wenn diese durch ein Zertifikat bescheinigt werden, können damit bessere Startchancen bei der Suche nach Ausbildungsplätzen erreicht, gleichzeitig kann aber auch eine unnötige Wiederholung dieser Qualifizierung in der Berufsausbildung vermieden werden. Die Beweggründe, die in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung zur Modulgliederung und Zertifizierung geführt haben, gelten an diesem Punkt auch für die Schnittstelle zwischen Berufsvorbereitung und Berufsausbildung sowie die Schnittstelle zwischen Berufsvorbereitung und berufsbegleitender Nachqualifizierung bzw. beruflicher Weiterbildung. Für junge Menschen, die ihre Erstausbildung nicht erfolgreich abschließen, können Modulzertifikate nach dem Vorbild der berufsbegleitenden Nachqualifizierung differenziertere Informationen liefern, welche Qualifikationen aus dem Berufsbild sie bereits erworben haben und welche qualifizierten Tätigkeiten sie trotz nicht abgeschlossener Ausbildung qualifiziert ausführen können. Das erleichtert den Wiedereinstieg in die berufliche Erstausbildung und das Anknüpfen an den bereits vorhandenen Qualifikationen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung bzw. berufsbegleitenden Nachqualifizierung. Anders als bei jüngst erörterten Modellen des kleinen Gesellenbriefes bezieht sich die Zertifizierung nicht nur auf die praktischen Fertigkeiten, sondern auf die Gesamtheit der Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten eines Moduls. Modulare Gliederungen könnten auch eine Alternative zu der Einführung von Teilabschlüssen darstellen. Statt neuer Berufsbezeichnungen können Module, die sich auf die vorhandenen Berufe beziehen, differenziertere und flexible Qualifizierungsgänge ermöglichen.

70 76 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Modulprüfungen 4.2 Modulzertifikate und Qualifizierungspaß Der erfolgreiche Abschluß von Modulen wird mit einem Modulzertifikat bescheinigt. Die Modulzertifikate werden zusammen mit anderen auf die Qualifizierung bezogenen Unterlagen in einem Qualifizierungspaß gesammelt. Dieser dient gegenüber Arbeitgebern, Bildungsträgern und Verbundpartnern als Nachweis darüber, welche Qualifikationen/Module bereits erworben worden sind. Er enthält darüber hinaus auch Informationen darüber, wie sie erworben worden sind. Qualifizierungspässe sind ein ideales Instrument zur fortlaufenden Dokumentation erworbener Qualifikationen. Sie stellen eine Ergänzung zum Gesellen- bzw. Facharbeiterbrief dar und können bei Bewerbungen den Arbeitgebern vorgelegt werden. Der Berliner Modellversuch Differenzierte Wege zum Nachholen von Berufsabschlüssen hat einen Qualifizierungspaß entwikkelt, der auch für die übrigen Modellversuche zum Vorbild geworden ist. Darin sind alle wesentlichen Informationen über schulische und berufliche Erfahrungen und Qualifikationen in differenzierter Form enthalten, die auch bei einer Bewerbung vorgelegt werden können, so lange noch kein Facharbeiter-/Gesellenbrief vorliegt. Mit dem Qualifizierungspaß werden die Qualifikationsanforderungen/Lerninhalte des Berufsbildes standardisiert und zum Ausbildungsrahmenplan/Rahmenlehrplan in Bezug gesetzt. Der Qualifizierungspaß ist wie eine persönliche Bewerbungsmappe aufgebaut, die neben den berufsspezifischen Qualifikationen auch Nachweise über schulische Abschlüsse und Zusatzqualifikationen bis hin zu weiteren persönlichen Qualifikationen erfaßt (Below, Dellbrück 1998, 40-41). Der Qualifizierungspaß ist sowohl Qualifizierungsplan als auch Qualifizierungsnachweis. Er regelt den Erwerb und die Zertifizierung der Module bis zum Berufsabschluß. Der Qualifizierungspaß umfaßt neben fachtheoretischer und fachpraktischer Qualifizierung auch berufsfeldübergreifende Zusatzqualifikationen, die in bezug auf eine berufliche Tätigkeit von Bedeutung sein können. Die Bewertung, Kontrolle und Eintragung der Module wird in Absprache mit der jeweiligen Kammer durch den Herausgeber des Qualifizierungspasses BBJ-Service ggmbh vorgenommen. Nach Absolvierung aller im Qualifizierungsplan festgelegten Module erfolgt die Zulassung zur Externenprüfung nach 40.2 BBiG (Modellversuchsinfo 2, Modellversuch Differenzierte Wege...). Modulzertifikate bestätigen, daß die zu dem Modul gehörenden Inhalte des Ausbildungsrahmenplanes erworben worden sind. Der Nachweis wird durch eine fachliche Beurteilung der berufspraktischen Leistungen im (betrieblichen) Arbeitsprozeß und/oder durch eine Modulprüfung erbracht, die sich in Form und Inhalt an

71 Kapitel 4: Modulgliederung 77 die im jeweiligen Beruf üblichen Kammerprüfungen anlehnt. Bezogen auf die jeweilige Form der Prüfung (als Multiple-Choice-Test, als offene Fragen, als Planungs- oder Problemlösungsaufgaben bis hin zu praktischen Aufgaben) sind die Modulprüfungen auch als Training für die Prüfungssituation anzusehen. Bezogen auf die Inhalte umfassen sie nur die zu dem jeweiligen Modul gehörenden Fragen und Aufgabenstellungen. Modulprüfungen ersetzen nicht die Abschlußprüfung selbst. Die Vorlage aller in dem jeweiligen Beruf erforderlichen Modulzertifikate rechtfertigt vielmehr die Anmeldung zur Prüfung. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Qualifikationen über einen längeren Zeitraum hinweg oder auf verschiedene Maßnahmen verteilt erworben worden sind. Bei der Anmeldung zur Externenprüfung können Modulzertifikate als Nachweis dafür anerkannt

72 78 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung werden, daß die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben worden sind, auch wenn noch nicht das Zweifache der üblichen Ausbildungszeit als Berufserfahrung vorliegt ( 39 BBiG bzw. 36 HWO, vgl. Kapitel 5. 9). Letztlich ist der Facharbeiter-/Gesellenbrief der entscheidende Qualifikationsnachweis. Modulsysteme, Zertifikate und Qualifizierungspässe, die sich an den in den Modellversuchen entwickelten Beispielen für trägerübergreifende Standards orientieren, haben aber einen erheblichen Vorteil: Sie stellen die erworbenen Qualifikationen als Teile eines anerkannten Ausbildungsberufes dar und beschreiben, welche qualifizierten beruflichen Tätigkeiten die Inhaber des Qualifizierungspasses in der beruflichen Praxis ausführen können. Damit geben sie wesentlich differenziertere Informationen als Teilnahmebescheinigungen oder Trägerzertifikate, die nicht auf einen anerkannten Ausbildungsberuf bezogen sind. Modulsysteme haben daher auch dann schon Vorteile für die Lernenden, wenn es sich noch um Insellösungen bei einzelnen Trägern handelt. 4.3 Die zuständigen Stellen: Partner auf dem Weg zu trägerübergreifend anerkannten Modulsystemen Um zu einer trägerübergreifenden Anerkennung von Modulen und Modulsystemen zu kommen, ist eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen (Kammern) sowie den Sozialpartnern (Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften) wichtig. Um zu einer trägerübergreifenden Anerkennung zu gelangen, erscheinen folgende Wege möglich: Trägerinternes Modulsystem Das Modulsystem des Trägers mit seiner Beschreibung der Inhalte der einzelnen Module laut Ausbildungsrahmenplan wird von Arbeitsämtern, Kammern usw. akzeptiert: als Grundlage für die Beantragung von Fördermitteln und für die Anerkennung als Umschulung nach SGB III, als Grundlage für die Anerkennung als Umschulungsmaßnahme und die Zulassung zu einer Umschulungsprüfung nach 40.3 BBiG bzw. 47 BBiG, als Grundlage für den Nachweis von Berufserfahrung und erworbenen Qualifikationen bei der Zulassung zur Externenprüfung nach 40.2 BBiG.

73 Kapitel 4: Modulgliederung 79 Trägerverbund unter Beteiligung der zuständigen Stellen Mehrere Bildungsträger/Ausbildungsbetriebe einer Region (z.b. Kammerbezirk) unter Beteiligung der zuständigen Stellen verständigen sich auf gemeinsame Modulsysteme und geben gemeinsame Zertifikate heraus. Diese Variante hat den Vorteil, daß Qualifizierung bei einem Träger begonnen und bei anderen fortgesetzt bzw. beendet werden kann. Die Gemeinsamkeiten beziehen sich auf eine einheitliche Systematik, wie sie ihre Modulsysteme in den verschiedenen Berufen zuschneiden, gemeinsam angewendete Module und Modulsysteme in den Berufen, die von mehreren Trägern angeboten werden, vereinbarte Kriterien für die Zertifizierung, einen von allen verwendeten einheitlichen Qualifizierungspaß. Vorschlag für eine Zertifizierung gemeinsam mit den Kammern Die Modulzertifikate werden von den einzelnen Trägern ausgestellt. Diese bestätigen, daß die erbrachten Leistungen den Anforderungen des Moduls entsprechen. Die zuständige Stelle (z.b. Kammer) bestätigt auf dem Zertifikat, daß die Modulgliederung und die Inhalte der einzelnen Module mit den Ausbildungsanforderungen des jeweiligen Berufsbildes/Ausbildungsrahmenplanes übereinstimmen. Darüber hinaus wäre denkbar, daß die zuständige Stelle auch die Qualität der Ausbildung überprüft und ebenfalls auf dem Zertifikat bestätigt. Eine solche Lösung würde die Bedeutung von Zwischen- und Abschlußprüfungen in der Regie der zuständigen Stellen nicht schmälern. Das Ziel besteht nach wie vor im Facharbeiter- bzw. Gesellenbrief. Ein solches Zertifizierungsverfahren unter Einbeziehung der zuständigen Stellen würde die Anerkennung und Verbreitung von Modulsystemen, Zertifikaten und Qualifizierungspässen erleichtern und sie zu einem Hilfsinstrument in der Berufsbildung machen, ohne daß ordnungspolitische Abstriche am deutschen Berufskonzept gemacht würden. Ähnliche Lösungen sind auch überregional möglich, indem sich z.b. Fachverbände auf gemeinsame Modulsysteme in der Aus- und Weiterbildung einigen und diese durch die Kammern beglaubigen lassen. Auch Arbeitgeberorganisationen, Trägerverbände oder überregional tätige Bildungsträger können sich zu solchen Verbünden zusammenschließen und durch ihre Größe den Modulsystemen zu einer Durchsetzung am Markt verhelfen.

74 80 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Ausbildungsprofile Die ordnungspolitische Variante In den in jüngster Zeit neu geordneten Berufen werden Berufsbildpositionen zum Teil bereits so formuliert, daß sich daraus Module als Beschreibungen beruflicher Tätigkeiten und Tätigkeitsbereiche eindeutiger ableiten lassen. Dies würde die Entwicklung trägerübergreifend anerkannter Modulsysteme wesentlich erleichtern. Auch die Ausbildungsprofile, die künftig in die Verordnungen über die Berufsausbildung aufgenommen werden und die Vergleichbarkeit deutscher Berufsabschlüsse im europäischen Ausland erleichtern sollen, bieten bessere Anknüpfungspunkte für die Abgrenzung von Modulen. Kaufmännische Abteilungen Vier Fachmodule 4.4 Beispiele für modular gegliederte Qualifizierungsgänge Im Berliner Modellversuch Differenzierte Wege zu einem anerkannten Berufsabschluß gibt es ein kaufmännisches Grundlagenmodul, in dem berufsübergreifende sowie ausbildungsrelevante kaufmännische Schlüsselqualifikationen zum Verständnis betrieblicher und überbetrieblicher Zusammenhänge und grundlegende bürowirtschaftliche Fertigkeiten zur Verbesserung der individuellen Handlungskompetenz vermittelt werden. Die Teilnehmer/innen werden inhaltlich und methodisch auf die Anforderungen des Qualifizierungsprozesses sowie auf die des Arbeitsplatzes vorbereitet. Die vier berufsspezifischen Fachmodule sind vom inhaltlichen Zuschnitt und vom organisatorischen Ablauf den Lerngewohnheiten der berufsunerfahrenen Teilnehmer/innen sowie stärker den Arbeitsanforderungen und Organisationsformen in Klein- und Mittelbetrieben angepaßt. Querschnittsinhalte wie Informations- und Kommunikationstechniken sind den einzelnen fachspezifischen Schwerpunktthemen zugeordnet. Im Modul Unternehmensorganisation und -kommunikation werden innerbetriebliche Organisations- und Führungssysteme, betriebliche Umweltbeziehungen sowie die spezifischen bürowirtschaftlichen Aufgabenfelder bearbeitet. Das Modul Marketing und Finanzierung stellt die marktwirtschaftlich geprägten Umweltbeziehungen in den Vordergrund: Kunden- und Konkurrenzbeziehungen, die Beziehungen zu Lieferanten und Kreditinstituten. Das Modul Betriebliches Rechnungswesen ist entsprechend seiner Bedeutung im Betrieb besonders umfangreich und umfaßt die Aufgaben der Buchhaltung, die Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung sowie das Controlling. Im Mittelpunkt des Moduls Personalwirtschaft steht die menschliche Arbeitskraft als Produktionsfaktor: rechtliche Beziehungen

75 Kapitel 4: Modulgliederung 81 zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die Bedeutung des Humanpotentials für die Entwicklung des Unternehmens und die Modalitäten der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Im Hamburger Modellversuch Das integrierte Arbeits- und Lernkonzept wird ebenfalls ein Modulsystem für den Beruf Bürokauffrau/ -mann entwickelt. Die Module repräsentieren die kaufmännischen Abteilungen eines mittleren bis größeren Betriebes. Sie umfassen so weit wie möglich die dort anfallenden Tätigkeiten und Aufgaben. Wer z.b. das Modul Beschaffung/Materialwirtschaft absolviert hat, ist im Prinzip für die in einer solchen Abteilung anfallenden Arbeiten ausreichend vorbereitet. Andere Module sind als Querschnittsmodule konzipiert und stellen Grundlagen für alle kaufmännischen Tätigkeiten dar. Solche Querschnittsmodule lassen sich auch im Rahmen von ABM realisieren, in denen durch die Anforderung der Zusätzlichkeit und in öffentlichem Interesse liegend reguläre betriebliche Aufgaben nur sehr schwer zu realisieren sind. Kaufmännische Abteilungen

76 82 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Tätigkeitsorientierung Im hessischen Modellversuch Arbeit und Qualifizierung orientieren sich die Module an dem Prinzip der Tätigkeits- und Situationsorientierung. Ein Modul faßt eine typische und umfassende (ganzheitliche) Arbeitssituation eines Berufes zusammen. Die Gesamtheit der Module umfaßt alle entsprechenden beruflichen Tätigkeiten. Die tätigkeitsorientierte Ausrichtung soll den Betrieben die bestmögliche Verwertbarkeit der erworbenen Qualifikationen garantieren. Die Tätigkeiten der Module sind aus zuvor durchgeführten Arbeitsplatzanalysen ermittelt worden. Die Chronologie der Module ergibt sich aus dem Warenfluß. Da es im Einzelhandel unterschiedliche Schwerpunkte in den Tätigkeitsfeldern gibt, sind die Module einmal dem Tätigkeitskreis der Mitarbeiter/innen, zum anderen dem (sich damit überschneidenden) Tätigkeitskreis der Geschäftsleitung/Verwaltung zugeordnet. Im Thüringer Modellversuch Lernen im Arbeitsprozeß steht der Leitgedanke im Vordergrund, daß ein erfolgreich abgeschlossenes Modul zur selbständigen Bearbeitung betrieblicher Aufträge und Arbeitsbereiche befähigt. Dementsprechend werden Module in einzelne Lern- und Arbeitsaufträge untergliedert. Lernaufträge stellen einen unmittelbaren Bezug zum praktischen Arbeitsprozeß her, sie lassen sich sowohl in Lernsituationen als auch im Rahmen von öffentlich geförderter Beschäftigung realisieren und können auch als Grundlage für betriebliche Lernprozesse genutzt werden. Alle Lernaufträge eines Moduls umfassen alle in dem Modul enthaltenen Inhalte des Ausbildungsrahmenplanes.

77 Kapitel 4: Modulgliederung 83 Übersicht über die Module und Lernaufträge im Beruf Maurer Die Modulgliederung für den Beruf Gas- und Wasserinstallateur/- in (Internationaler Bund, Berufsbildungszentrum Jena) wurde inzwischen vom MASSKS-Modellversuch Modulare Qualifizierung mit Berufsabschluß (Gesellschaft für Qualifizierung im Handwerk mbh Düsseldorf) übernommen und durch das Zusatzmodul Heizungsbau ergänzt, weil in der betrieblichen Praxis beide Berufe eng

78 84 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung miteinander verbunden sind. Nach der gleichen Systematik wurde dort in Zusammenarbeit mit der Innung eine Modulgliederung für den Beruf Kälteanlagenbauer/in erarbeitet.

79 85 Kapitel 5 Finanzierungsmöglichkeiten und rechtliche Grundlagen

80 87 5. Finanzierungsmöglichkeiten und rechtliche Grundlagen In diesem Kapitel werden die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Finanzierung für Maßnahmen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung behandelt. Die rechtlichen Grundlagen der Arbeitsförderung sowie des Berufsbildungsgesetzes werden beschrieben. Zunächst wird dargestellt, daß durch die Verknüpfung zweier verschiedener Ziele (Integration in Arbeit und gleichzeitig abschlußbezogene Qualifizierung) und die Kombination verschiedener Förderinstrumente auch ein erheblich größerer Effekt erreicht wird als beim Einsatz nur eines Instrumentes. Es wird ein Überblick gegeben über die Finanzierungsanforderungen für kombinierte Qualifizierungsund Beschäftigungsmaßnahmen mit dem Ziel eines anerkannten Berufsabschlusses. Es wird beschrieben, wie unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten der Arbeitsförderung nach SGB III miteinander kombiniert und durch ESF-geförderte Landesprogramme ergänzt werden können. Unterschiedliche Modelle der Kombination von verschiedenen Maßnahmen und die Finanzierungsmöglichkeiten des Sofortprogramms zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit werden vorgestellt. Berufsbegleitende Nachqualifizierung verknüpft die verschiedenen, in der Arbeitsförderung nach SGB III üblicherweise getrennt voneinander verfolgten Ziele Finanzierung eines Arbeitsplatzes und entsprechenden Einkommens durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Lohnkostenzuschüsse, Qualifizierung zum Berufsabschluß, berufliche Orientierung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu einer gemeinsamen Zielsetzung. Durch diese Verknüpfung der Ziele (und der dafür vorhandenen Förderinstrumente) ergibt sich, daß berufsbegleitende Nachqualifizierung mehr leistet als beim Einsatz nur eines Förderinstrumentes. Diese Mehrleistung hat ihren Grund darin, daß erst durch diese Verknüpfung von Zielen und Instrumenten ein Arbeitsförderungsinstrument geschaffen wird, das jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluß einen Arbeitsplatz und einen Berufsabschluß verschaffen kann. Vorrang haben zunächst die Möglichkeiten der beruflichen Erstausbildung und falls diese aus den verschiedensten Gründen nicht (mehr) greifen die üblichen Wege der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III. Erst wenn ein Berufsabschluß weder im Rahmen der beruflichen Erstausbildung noch im Rahmen der

81 88 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung beruflichen Weiterbildung erreicht werden kann, greifen die hier dargestellten Modellansätze. Die Kombination von Beschäftigung und Qualifizierung zum Berufsabschluß ist also nur für diejenigen jungen Erwachsenen gedacht, die mit einem Instrument alleine nicht ausreichend gefördert werden könnten. Sie leistet damit mehr als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, denn sie eröffnet zusätzlich zu den Zielen der ABM die Möglichkeit zum Nachholen eines Berufsabschlusses und zur Integration in betriebliche Beschäftigung. Sie leistet auch mehr als eine reguläre Weiterbildungsmaßnahme, denn sie verbindet die Qualifizierung beim Bildungsträger mit betrieblichen Arbeits- und Lernprozessen, bezieht betriebliche unmittelbare Realität in den Lernprozeß ein und sorgt durch Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung dafür, daß auch solche Teilnehmer/innen den Berufsabschluß erreichen können, denen aufgrund ihrer Voraussetzungen in einer regulären Weiterbildungsmaßnahme wenig Erfolgschancen eingeräumt würden. Sie leistet auch mehr als eine Subventionierung von Arbeit in Form von Lohnkostenzuschüssen, indem sie durch die berufsbegleitende Qualifizierung zum Berufsabschluß den Betroffenen zu größeren Chancen auf eine dauerhafte Beschäftigung verhilft. Vor allem aber bietet sie einer Zielgruppe die Chance zu einer beruflichen Integration, bei der die Instrumente einzeln entweder gar nicht greifen oder mit wesentlich geringerem Erfolg eingesetzt würden. In Kapitel 2 wurde beschrieben, welche Zielgruppen durch berufsbegleitende Nachqualifizierung erfaßt werden: diejenigen, die ohne Berufsabschluß wesentlich stärker und immer wieder von neuem durch Arbeitslosigkeit bedroht werden, und die, die aufgrund ihrer beruflichen Biographie und ihrer bisherigen beruflichen Qualifikationen mit einer regulären Weiterbildungsmaßnahme nicht zum Berufsabschluß geführt werden könnten. Durch den kombinierten Mitteleinsatz können damit weitergehende Ziele als bei einem isolierten Einsatz nur eines Förderinstrumentes verfolgt werden. Damit wird der langfristige Nutzen wesentlich größer. Häufig werden die Kosten, die für kombinierte Maßnahmen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung aufgewendet werden, mit den Kosten für eine reguläre Weiterbildung verglichen. Dieser Vergleich hinkt, denn hier werden Personen zum Berufsabschluß geführt, die für eine reguläre Weiterbildungsmaßnahme entweder nicht die nötigen formalen Zugangsvoraussetzungen haben oder denen aufgrund ihrer Vorqualifikationen nicht zugetraut wird, den Berufsabschluß in einer auf maximal zwei Drittel der Erstausbildungszeit verkürzten Weiterbildung zu erreichen. Die im Vergleich zu regulären Weiterbildungsmaßnahmen höheren Kosten dieses kombinierten Ansatzes entstehen durch

82 Kapitel 5: Finanzierung 89 die Verlängerung der max. 24 Monate dauernden Weiterbildung auf mindestens 36 Monate (einschließlich 12 Monate Beschäftigung), den erhöhten Personaleinsatz, der für kleinere Gruppengrößen, für Lernen im Arbeitsprozeß sowie für ergänzende Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung nötig ist, den größeren Mitteleinsatz zur Finanzierung des Lebensunterhaltes durch Löhne, Vor- und Nachbereitungsphasen. Den Mehrkosten steht damit auch ein Mehr an Leistung gegenüber, das durch diese Maßnahmekombination im Vergleich zum isolierten Mitteleinsatz erreicht wird. Durch eine Verlängerung einer Weiterbildung mit einer ABM wird gleichzeitig auch das ABM- Ziel erreicht, selbst wenn der bzw. die Geförderte nach der ABM in ein Arbeitsverhältnis wechseln und zunächst nicht den Berufsabschluß weiterverfolgen würde. Im Unterschied zu einer normalen ABM wurden gezielt auf den Berufsabschluß bezogene Qualifikationen erworben, die durch Modulzertifikate belegt den Wiedereinstieg in den Lernprozeß erleichtern. Im übrigen werden ausschließlich bereits vorhandene Finanzierungsinstrumente verwendet, die auch außerhalb der berufsbegleitenden Nachqualifizierung entsprechend eingesetzt werden. Kombinierte Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zum Nachholen von Berufsabschlüssen sind damit nicht teurer als andere Maßnahmen, wenn man ihre wesentlich erweiterte Wirksamkeit betrachtet und berücksichtigt, daß für die angesprochene Zielgruppe die Instrumente einzeln oft gar nicht greifen würden. Da der Einsatz von ABM alleine in sehr vielen Fällen nicht zu dem angestrebten Ziel führt, Arbeitslose anschließend in reguläre Beschäftigung überführen zu können, ist der Mehraufwand durch die Verknüpfung von ABM und Weiterbildung ohnehin relativ zu sehen. Dennoch: Der finanzielle Gesamtaufwand solcher Maßnahmen, in denen unterschiedliche, sonst einzeln eingesetzte Instrumente verknüpft werden, liegt erheblich über dem sonstiger Weiterbildungsmaßnahmen. Er ist nur gerechtfertigt, wenn die damit verbundenen Ziele ohne diese Mittelkombination nicht erreicht werden können. Eine Transformation derartiger Projekte auf andere Zielgruppen des Arbeitsmarktes würde die finanzielle Leistungskraft der Bundesanstalt für Arbeit überfordern. Aufgrund der Kostenintensität dieser Maßnahmen werden sie auch nicht flächendeckend für alle Arbeitslosen unter 25 Jahren eingeführt werden können. Für die weitere Verbreitung dieses Ansatzes wird es daher wichtig sein, durch Trainingsmaßnahmen im Vorfeld diejenigen Interessent(inn)en herauszufiltern, die ernsthaftes Interesse haben, über diesen Weg einen Berufsabschluß und eine Integration in Beschäftigung zu erreichen. Die beteiligten Träger werden sich an besonders hohen Qualitätsansprüchen messen lassen müssen, damit die

83 90 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung angestrebten Ziele erreicht werden, mit denen dieser Mitteleinsatz jeweils im Einzelfall zu rechtfertigen ist. Die Arbeitsämter sind bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung verpflichtet, unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei sind vorrangig die Fähigkeiten der zu fördernden Personen und die Erfolgsaussichten der Eingliederung zugrundezulegen ( 7 Absatz 1 SGB III). Bei Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung sollen besonders förderungsbedürftige Personengruppen... hinsichtlich ihres Anteils an der jeweiligen Gesamtzahl der Arbeitslosen angemessen vertreten sein ( 7 Absatz 3 SGB III). Daß die Zielsetzung, an- und ungelernten jungen Erwachsenen die Chance zum Nachholen eines anerkannten Berufsabschlusses zu geben, einen hohen Stellenwert bekommen hat, wird durch die Aufnahme der beruflichen Nach- und Zusatzqualifizierung (Artikel 7) in das Sofortprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit deutlich, wo es im Vergleich zum SGB III erhebliche Erleichterungen bei den Zugangsvoraussetzungen, der Maßnahmekonstruktion und der Finanzierung gibt (vgl. Kapitel 5.5). In verkürzten Weiterbildungsmaßnahmen zum Berufsabschluß? 5.1 Grundlegende Finanzierungsanforderungen Vorausgeschickt sei folgende Einschränkung: Es gibt viele junge Erwachsene, die durchaus in der Lage sind, in einer regulären beruflichen Weiterbildungsmaßnahme einen Berufsabschluß zu erreichen. Wir sprechen hier nur über diejenigen, die aufgrund ihrer Bildungsvoraussetzungen und ihrer bisherigen beruflichen Qualifikationen nicht ohne weiteres in der Lage sind, den Berufsabschluß in einer auf die Hälfte oder zwei Drittel der Erstausbildung verkürzten Zeit zu schaffen. Die in Kapitel 3 und 4 beschriebenen konzeptionellen Merkmale wirken sich auch auf die finanzielle Ausstattung einer kombinierten Beschäftigung und Qualifizierung zum Berufsabschluß aus, um den Voraussetzungen und Interessen der Zielgruppe besonders gerecht zu werden. Dies wird hier unter förderrechtlichen Aspekten beschrieben. Die Dauer der Qualifizierung In der beruflichen Weiterbildung muß nach 92 (2) SGB III die Dauer der Qualifizierung um mindestens ein Drittel der Erstausbildung verkürzt werden. Berufliche Weiterbildungsmaßnahmen sind für Lernende konzipiert, die bereits einen Berufsabschluß haben. Sie können einen Teil ihrer beruflichen Qualifikationen auf den

84 Kapitel 5: Finanzierung 91 neuen Beruf übertragen. Aufgrund ihrer Lern- und Arbeitserfahrungen können sie den Transfer von Bildungsinhalten in die berufliche Praxis oft leichter bewältigen. Bei An- und Ungelernten sind diese Voraussetzungen häufig nicht gegeben. Sie müssen nicht nur einen anderen Beruf erlernen, sondern einen neuen Beruf mit im Vergleich zur bisherigen Berufstätigkeit anspruchsvolleren Qualifikationsanforderungen. Für einen Teil der Zielgruppe kommt erschwerend hinzu, daß sie aufgrund ihrer schulischen Voraussetzungen, aufgrund von Lernvoraussetzungen oder sonstiger sozialer und persönlicher Faktoren einer besonderen individuellen Förderung bedürfen, was ebenfalls eine Verkürzung der Qualifizierungszeit ausschließt. Sie verfügen zwar ebenfalls bereits über Arbeits- und Berufserfahrungen, aber aus Tätigkeiten als Angelernte und nicht bezogen auf Facharbeiterqualifikationen. Häufig wählen sie in Nachqualifizierungsmaßnahmen auch andere Berufe als die, in denen sie vorher schon gearbeitet haben. Auch bei Ausbildungsabbrecher(inne)n, die bereits mehrere Jahre Ausbildung in ihrem Beruf hinter sich haben, fehlen oft grundlegende berufliche Qualifikationen. Es geht also nicht nur darum, einen anderen Beruf zu lernen, sondern um einen neuen Beruf auf einem anspruchsvolleren Niveau als in der bisherigen Berufstätigkeit. Deshalb geht die berufsbegleitende Nachqualifizierung davon aus, daß die Gesamtdauer der Qualifizierung (einschließlich betrieblicher Lern- und Arbeitsphasen) der in der Verordnung für den Beruf vorgesehenen Dauer für die Erstausbildung entsprechen sollte, also in der Regel drei bis dreieinhalb Jahre. Dieser Grundsatz wird auch durch das neue Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit aufgegriffen, in dem für die berufliche Nachqualifizierung die Begrenzung der Förderhöchstdauer für Weiterbildungsmaßnahmen nach 92 Absatz 2 SGB III auf maximal zwei Drittel der Ausbildungszeit nicht gefordert wird. Um auch außerhalb des Sofortprogramms die Dauer der Qualifizierung wieder der beruflichen Erstausbildung anzunähern, bieten sich zwei Wege der Verlängerung an: Zu Beginn wird eine mindestens einjährige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) vorangestellt, in die die abschlußbezogene Qualifizierung im Arbeitsprozeß integriert wird. Die berufliche Weiterbildungsmaßnahme wird um betriebliche Lern- und Arbeitsphasen ergänzt (finanziert durch Lohnkostenzuschüsse). Neuer Beruf Anspruchsvollere Anforderungen Dauer entspricht der Erstausbildung Erhöhter Personaleinsatz Ein zusätzlicher Personalbedarf ergibt sich einmal aus dem zielgruppenorientierten Förderbedarf, zum anderen aber auch aus der Integration des beruflichen Lernens in den Arbeitsprozeß.

85 92 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Zielgruppenorientierte Förderung Personalschlüssel Die Zielsetzung, auch solche junge Erwachsene zu einem anerkannten Berufsabschluß zu führen, die in regulären Weiterbildungsmaßnahmen dieses Ziel nicht erreichen könnten, erfordert eine Reihe zusätzlicher konzeptioneller Bestandteile, die einen erhöhten Personaleinsatz erfordern. Dazu gehören z.b. die Beschränkung der Gruppengröße der gesamten Lerngruppe auf 12 bis 15 Teilnehmer/innen, die Organisation des Lern- und Arbeitsprozesses in Form von Kleingruppen mit 4 bis 5 Lernenden, die Einbeziehung des Lernortes Arbeitsplatz in das Qualifizierungskonzept mit vergleichsweise hohem Anleitungs- und Qualifizierungsaufwand, die Differenzierung des Lernangebotes durch Förderangebote zum Nachholen von allgemeinbildenden Grundlagen, zum Erwerb von Fachsprache oder zur Erarbeitung von Inhalten zur Erweiterung, Vertiefung und zum Transfer für die Leistungsstärkeren, individuelle Förderangebote, Qualifizierungs- und Förderpläne, Lernberatung und sozialpädagogische Betreuung. In Anlehnung an die Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher ( 241 SGB III) und an die Erfahrungen der Modellversuchsreihe für lernungewohnte Erwachsene hat sich ein Personalschlüssel von 1 Ausbilder/in für 12 Teilnehmer/innen, 1 Lehrer/in für 24 Teilnehmer/innen und 1 Sozialpädagoge/in für 24 Teilnehmer/innen bewährt. Dieser Schlüssel stammt aus entsprechenden arbeitsmarktpolitischen Landesprogrammen, die Beschäftigung und Qualifizierung miteinander verknüpfen (z.b. in NRW). Er kann als Richtgröße für die Personalausstattung in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung übernommen werden. Als Qualifizierungspersonal für eine Gruppe von 12 bis 15 Teilnehmer(inne)n sollten somit ein Ausbilder und jeweils eine halbe Lehrkraft und eine halbe sozialpädagogische Fachkraft zur Verfügung stehen. Dies gilt für die gesamte Qualifizierungsdauer. Je nach Konzept und Finanzierung können zusätzliche Anleiter/innen für die praktische Qualifizierung im Arbeitsprozeß sinnvoll sein (Finanzierung über ABM oder Eigenanteile). Löhne/ Lohnkostenzuschüsse Die Finanzierung der Teilnehmer/innen Während der Zeit der berufsbegleitenden Nachqualifizierung muß sich das Einkommen an den sonst zu erzielenden tariflichen Löhnen für Angelernte orientieren. Dies ergibt sich aus dem Interesse der jungen Erwachsenen, in erster Linie einen Arbeitsplatz anzustreben, um Geld zu verdienen. Im Unterschied zu einer regulären Weiterbildungsmaßnahme müssen daher Lohnkostenzuschüsse für

86 Kapitel 5: Finanzierung 93 das zusätzliche Jahr (betrieblicher) Beschäftigung in die Kalkulation aufgenommen werden. Weiterhin muß das Unterhaltsgeld während der Weiterbildungsmaßnahme ungefähr auf das durch Arbeitstätigkeit zu erzielende Einkommen aufgestockt werden (durch Qualifizierungszuschüsse aus ESF-kofinanzierten Landesprogrammen). Die Einbeziehung von Arbeitsverhältnissen geschieht mit dem Ziel, an- und ungelernte junge Erwachsene in Beschäftigungsverhältnisse zu integrieren und ihnen gleichzeitig die Chance zu geben, den Berufsabschluß begleitend zur Berufstätigkeit nachzuholen. Das Interesse an einem Arbeitsplatz hat auch finanzielle Hintergründe. Viele an- und ungelernte junge Erwachsene führen bereits ein finanziell eigenständiges Leben (Wohnung, eigener Haushalt etc.), haben zum Teil schon eine Familie zu versorgen und können daher, anders als in der Erstausbildung, nicht mehr so leicht auf Einkommen verzichten. Da sie als Angelernte in sehr niedrigen Lohngruppen tätig waren, fällt das Unterhaltsgeld für sie auch entsprechend niedriger aus als bei Weiterbildungsteilnehmer(inne)n, die vorher mehr verdient haben. Weiterbildungsteilnehmer/innen, die schon viele Jahre Geld verdient haben, können oft auch leichter mit einem vorübergehend geringeren Einkommen auskommen als junge Leute zu Beginn ihres Berufslebens. Für viele junge Erwachsene ist deshalb die Einkommensabsicherung ungefähr in Höhe des Arbeitseinkommens eine wichtige Voraussetzung für ihre Motivation zum Nachholen eines Berufsabschlusses. Aus diesem Grunde hat die Integration in (betriebliche) Arbeitsverhältnisse die erste Priorität bei der Gestaltung von Finanzierungskonzepten für die berufliche Nachqualifizierung. Je nach Maßnahme- und Finanzierungskonzept werden die Löhne entweder im Rahmen einer vorausgehenden Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) finanziert. Oder es werden betriebliche Arbeitsverhältnisse einbezogen, die durch Lohnkostenzuschüsse subventioniert werden, meist aus durch den Europäischen Sozialfonds kofinanzierten Landesprogrammen. Allerdings gibt es in der Arbeitsförderung bisher nur selten Finanzierungsinstrumente, die eine Beschäftigung auf der Basis von Lohnkostenzuschüssen über einen längeren Zeitraum hinweg bis zum Berufsabschluß ermöglichen. Deshalb werden in der Praxis meistens Maßnahmekombinationen bzw. Förderketten verwendet, bei denen Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung (nach 77 ff. SGB III) einbezogen werden (vgl. Kapitel 5.2). Während Weiterbildungsmaßnahmen (nach SGB III) ist es erforderlich, das Unterhaltsgeld (UHG nach 153 SGB III) durch Qualifizierungszuschüsse wieder so weit aufzustocken, daß ein dem Arbeitslohn als Angelernte annähernd vergleichbares Einkommen erzielt werden kann. Das auf 60% bzw. 67% (mindestens ein Kind) des bisherigen Nettoeinkommens abgesenkte UHG fällt bei vielen jungen Erwachsenen aufgrund ihres niedrigen Einkommens, das sie vorher als Angelernte oder in abgebrochenen Ausbildungsverhält- Qualifizierungszuschüsse

87 94 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Besserstellung durch Qualifizierungszuschüsse? nissen bezogen haben, so niedrig aus, daß sie ihren Lebensunterhalt davon allein nicht bestreiten könnten. Sie wären gezwungen, wieder als Angelernte zu arbeiten. UHG-Ansprüche, die bei dieser Zielgruppe zu einem erheblichen Anteil weit unter 900 DM im Monat liegen, lassen sich nicht mit entsprechenden Transferleistungen älterer Arbeitsloser mit meist wesentlich höherem vorherigem Einkommen vergleichen. Die Qualifizierungszuschüsse dienen nicht zur Besserstellung gegenüber anderen Arbeitslosen. Vielmehr werden sie dafür eingesetzt, besonders benachteiligten Gruppen vergleichbare Startchancen zu geben wie anderen Weiterbildungsteilnehmern. Der Ansatz des Sofortprogramms zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit geht in die richtige Richtung. Teilnehmer/innen an beruflicher Nach- und Zusatzqualifizierung, die keinen UHG-Anspruch haben, können durch dieses Programm ein Unterhaltsgeld in Höhe von 900 DM (bzw DM mit Kind) monatlich erhalten (vgl. Kapitel 5.5). Auf diese Weise werden ähnlich hohe monatliche Einkünfte erzielt wie bei einer Aufstockung von besonders niedrigen UHG-Ansprüchen nach SGB III durch einen Qualifizierungszuschuß. Qualifizierungszuschüsse können nicht aus Mitteln der Arbeitsförderung (SGB III) durch die Bundesanstalt für Arbeit finanziert werden. Es bedarf dafür einer ergänzenden Finanzierung aus Landes- bzw. ESF-Mitteln. Sie werden in den entsprechenden Landesprogrammen für alle diejenigen Weiterbildungsteilnehmer/innen vorgesehen, die sich ohne solche Zuschüsse die Teilnahme an einer Weiterbildung nicht leisten könnten, z.b. auch für Langzeitarbeitslose, für Wiedereinsteiger/innen, für ehemalige Sozialhilfeempfänger/innen. Dadurch wird in der Regel auch vermieden, daß die Teilnehmer/innen durch den Eintritt in die Weiterbildungsmaßnahme gezwungen werden, ergänzende Sozialhilfe zu beantragen. Dies würde Selbstbewußtsein und Motivation zum Nachholen eines Berufsabschlusses nachhaltig beeinflussen und durch die zusätzlichen Behördengänge den Qualifizierungsprozeß erheblich beeinträchtigen. Qualifizierungszuschüsse sind also keine Erfindung der berufsbegleitenden Nachqualifizierung. Sie dienen hier zur Überbrükkung von Weiterbildungszeiten vor oder nach Beschäftigungszeiten, also z.b. um das im ersten ABM-Jahr bezogene (im Vergleich zu einer Vollzeitbeschäftigung ohnehin bereits reduzierte) Netto-Einkommen auch während der anschließenden Weiterbildung zu erreichen oder um die Einkommensunterschiede in Weiterbildungsphasen vor oder zwischen Beschäftigungsblöcken annähernd auszugleichen. Die Aufstockung des Unterhaltsgeldes durch Qualifizierungszuschüsse ist damit als Ersatz für eine über den gesamten Qualifizie-

88 Kapitel 5: Finanzierung 95 rungszeitraum erforderliche Lohnkostenbezuschussung anzusehen und hat sich bisher als tragfähiger Kompromiß erwiesen. Sie erfüllt den gleichen Zweck, nämlich annähernd mit Arbeitslohn vergleichbares Einkommen, erfordert aber einen wesentlich geringeren Finanzierungsaufwand als Lohnkostenzuschüsse, da Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wegfallen bzw. wesentlich niedriger sind. Da es in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung um eine Integration in Arbeit mit begleitender Qualifizierung zum Berufsabschluß geht, sind Qualifizierungszuschüsse ein unverzichtbarer Bestandteil des Finanzierungskonzeptes, auch in den Bundesländern, in denen diese im ESF grundsätzlich vorgesehene Fördermöglichkeit in den entsprechenden Landesprogrammen nicht explizit erwähnt ist. Kinderbetreuungskosten Kinderbetreuung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um jungen Frauen den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu ermöglichen. Das gilt in besonderem Maße für alleinerziehende junge Frauen. Mütter, die Qualifizierungsmaßnahmen wahrnehmen bzw. wieder erwerbstätig werden wollen, sind bei der Kinderbetreuung mit zahlreichen Problemen konfrontiert: Es gibt kaum oder nur unzureichende Betreuungsangebote für Kinder unter 3 Jahren. Es fehlen ganztägige Versorgungsangebote für Kinder im Vorschulalter (Kindertagesstätten oder Ganztags-Kindergärten). Die Öffnungszeiten sind nicht immer den Bedürfnissen berufstätiger Mütter und Väter angepaßt. Es fehlen Hortplätze bzw. Betreuungsangebote für Schulkinder außerhalb der Unterrichtszeiten. Die Betreuung von Kindern im Krankheitsfall ist nicht gesichert. Qualifizierungs- und Beschäftigungsangebote zum Nachholen eines anerkannten Berufsabschlusses müssen daher auch Finanzierungsmöglichkeiten für die Kinderbetreuung einschließen. Denn für Plätze in Kindertageseinrichtungen müssen Elternbeiträge bezahlt werden, die nicht anfallen, solange (meist) die Mütter zu Hause bleiben. Es gibt generell zu wenige Betreuungsangebote, die auf die Bedürfnisse berufstätiger Eltern abgestimmt sind. Deshalb werden in den meisten Fällen zusätzliche Kosten entstehen, z.b. für die Schaffung zusätzlicher Plätze in bestehenden Einrichtungen, durch eigene Kinderbetreuungsangebote des Bildungsträgers oder durch privat organisierte Betreuung für die Zeiten, die nicht durch Kindergarten oder Schule abgedeckt sind oder in denen die Kinder krank sind. Zusätzliche Kosten für Kinderbetreuung

89 96 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Vorbereitungsphase Nachbetreuung Gesamtkonzept erzielt größere und dauerhaftere Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt Vorbereitungsphase und Nachbetreuung Vor Beginn der eigentlichen abschlußbezogenen Qualifizierung ist eine Vorbereitungs- und Orientierungsphase erforderlich, die einer Orientierung über den künftigen Beruf und den Ablauf der berufsbegleitenden Nachqualifizierung, der Wiederholung allgemeinbildender und beruflicher Grundlagen, der Vorbereitung auf berufliches Lernen sowie der Herstellung von Rahmenbedingungen für eine persönliche Lern- und Arbeitsatmosphäre dient. Ein wichtiges Ziel dieser Phase besteht darin, die Entscheidung für die Teilnahme an der zum Berufsabschluß führenden Qualifizierung abzusichern und damit Abbrüche zu vermeiden (vgl. Kapitel 3). Wird diese Vorbereitungs- und Orientierungsphase zu Beginn in den dreijährigen Qualifizierungs- und Beschäftigungszeitraum integriert, sind häufig erhebliche Fluktuationen in den ersten drei Monaten zu beobachten. Um dies zu vermeiden und die bewilligten Mittel für eine möglichst konstante Teilnehmer/innen-Gruppe zu nutzen, wird eine vor der eigentlichen Maßnahme stattfindende Vorbereitungs- oder Trainingsmaßnahme empfohlen. Die Vorschaltung einer mit der Nachqualifizierung verknüpften Vorbereitungs- bzw. Trainingsmaßnahme trägt damit zu einer erheblichen Kosteneinsparung bei, weil sie Fluktuationen während der Maßnahme vermindert. Das führt zu einer besseren Auslastung und damit zu einer wesentlich wirtschaftlicheren Durchführung der mit hohem Kosteneinsatz durchgeführten Nachqualifizierungsmaßnahme. Die Nachbetreuungsphase dient der Integration in dauerhafte Beschäftigung, dem Erwerb von weiteren, über den Berufsabschluß hinausgehenden Zusatzqualifikationen, die einen flexibleren Einsatz auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen. Sie bietet auch Förder- und Qualifizierungsangebote, um die Abschlußprüfung zu wiederholen oder zu einem späteren Zeitpunkt zu machen. Zur Durchführung von Angeboten der Nachbetreuung lassen sich die im Sofortprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit erstmals aufgenommenen beschäftigungsbegleitenden Hilfen nutzen (vgl. Kapitel 5.5). Wenn die Integration in betriebliche Beschäftigung bereits Teil des Maßnahmekonzeptes war, beschränkt sich diese Phase auf die Begleitung der dauerhaften Eingliederung für den Fall, daß nach Maßnahmeende ein Betriebswechsel erfolgt oder die Abschlußprüfung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Je nach Konstruktion der Maßnahme unterscheiden sich die finanziellen Anforderungen an diese Phase in Ausmaß und Intensität: Benötigt werden pädagogisches Personal zur Begleitung und Vermittlung in dauerhafte Beschäftigung sowie Qualifizierungsgelder, die entweder zur Vorbereitung auf die Wiederholungsprüfung bzw. nachträgliche Prüfung oder zur Überbrückung der

90 Kapitel 5: Finanzierung 97 vorübergehenden Arbeitslosigkeit zum Erwerb von Zusatzqualifikationen genutzt werden können. 5.2 Verschiedene Modelle zur Kombination von Beschäftigung und Qualifizierung zum Berufsabschluß Die bisher erprobten Maßnahme- und Finanzierungskonzepte zum Nachholen von Berufsabschlüssen in Kombination mit (betrieblicher) Beschäftigung lassen sich, von Abweichungen im Detail abgesehen, durch vier Grundmodelle beschreiben: Alle Maßnahmekombinationen sind hier für dreijährige Ausbildungsberufe für einen Gesamtzeitraum der Qualifizierung einschließlich Beschäftigung von 36 Monaten dargestellt. Sie werden

91 98 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Vorbeschäftigungszeit Sozialhilfeempfänger/innen Strukturschwache Regionen Wechsel zwischen Bildungszentrum und Betrieb durch eine Vorbereitungs- und Orientierungsphase sowie eine Nachbetreuungsphase zur Begleitung der Integration in betriebliche Beschäftigung ergänzt. Die Vorbereitungsphase umfaßt einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten. Die Nachbetreuungsphase bezieht sich auf ca. sechs Monate nach Abschluß der Maßnahme. In den Modellen A und B werden der Weiterbildungsmaßnahme ein- oder zweijährige Beschäftigungsmaßnahmen vorangestellt, entweder im Rahmen von ABM oder im Rahmen von Arbeit statt Sozialhilfe. Junge Erwachsene, die noch nicht über die erforderlichen Vorbeschäftigungszeiten ( 77 SGB III, vgl. S. 100) verfügen, können sie auf diese Weise erwerben. Die in ABM möglichen Qualifizierungsanteile können bereits zum Erwerb abschlußbezogener Qualifikationen genutzt werden, die durch Modulzertifikate bestätigt werden. Diese Inhalte können in der anschließenden Weiterbildungsmaßnahme dann in verkürzter Form behandelt werden, wodurch mehr Zeit für die zielgruppenspezifische Förderung und für arbeitsplatzbezogenes Lernen gewonnen wird. Abschlußbezogenes berufliches Lernen wird damit auf drei Jahre, in zwei verschiedenen Maßnahmen, verteilt. Das Modell A (Arbeit statt Sozialhilfe) hat den Vorteil, daß auch nicht ABM-berechtigte junge Erwachsene aufgenommen werden können. Da bei Sozialhilfeempfänger(inne)n in vielen Fällen eine längere Zeit zur Orientierung, Vorbereitung und Gewöhnung erforderlich ist, wurde im Schaubild die Beschäftigungsmaßnahme auf zwei Jahre ausgedehnt. Modell B ermöglicht die Nutzung öffentlich geförderter Beschäftigung (ABM) für abschlußbezogene berufliche Qualifizierung. Dies ist besonders in strukturschwachen Regionen von Vorteil, in denen es nicht so leicht gelingt, Betriebe für die Beteiligung an berufsbegleitender Nachqualifizierung zu gewinnen (Modellversuche Lernen im Arbeitsprozeß, Thüringen, sowie Das integrierte Arbeits- und Lernkonzept, Hamburg). In der vorausgehenden ABM können ggf. noch fehlende Vorbeschäftigungszeiten für die Weiterbildungsmaßnahme erworben werden. Beide Modelle haben jedoch den Nachteil, daß während der Maßnahme noch keine Integration in ein betriebliches Arbeitsverhältnis erfolgt. Dieser Nachteil läßt sich ggf. durch eine Kombination mit dem Modell C kompensieren. Bei diesem Modell wird die berufliche Weiterbildung mit betrieblicher Beschäftigung kombiniert, indem die 24 Monate dauernde Weiterbildung um 12 Monate betriebliche Beschäftigung ergänzt wird. Die Stärken dieses Modells sind darin zu sehen, daß die Betriebe an der Qualifizierung beteiligt werden, daß betriebliche Anwendungen und Besonderheiten in die Qualifizierung einbezogen werden und die Teilnehmer/innen größere Chancen haben, in den Betrieben beschäftigt zu bleiben. Die Schwäche besteht darin, daß ein Teil der Zielgruppe nicht über die dreijährige Vorbeschäftigungszeit verfügt und daher nicht gefördert werden kann.

92 Kapitel 5: Finanzierung 99 Es gibt zwei Möglichkeiten der Abfolge zwischen Bildungszentrum und Betrieb: Beim Berufsschulmodell sind die Lernenden drei Tage in der Woche im Betrieb und zwei Tage beim Bildungsträger. Diese Teilzeit-Weiterbildung bewährt sich insbesondere in Berufen/Branchen mit hohem Anteil an Teilzeitarbeitskräften (z.b. Einzelhandel). Für die Lernenden hat dies den Vorteil, daß sich die Lernphasen auf einige Tage in der Woche beschränken und die Zeit zwischen den Qualifizierungsblöcken recht kurz ist (vgl. Modellversuch Arbeit und Qualifizierung des Bildungswerkes der Hessischen Wirtschaft). In Berufen/Branchen, in denen Teilzeitarbeit nicht so stark verbreitet ist bzw. aufgrund betrieblicher Abläufe weniger vorteilhaft erscheint (in vielen gewerblichen Berufen), bewährt sich eher der Wechsel von mehrwöchigen Vollzeit-Qualifizierungsblöcken mit mehrwöchigen Vollzeit-Beschäftigungsblöcken, weil die Betriebe ihre Arbeitskräfte dadurch längerfristig besser verplanen können als beim tageweisen Wechsel innerhalb der Woche. Diese Lösung ist dadurch möglich, daß eine Weiterbildungsmaßnahme auch in verschiedene Blöcke aufgeteilt werden kann, die durch Beschäftigungszeiten unterbrochen werden können. Allerdings ist zu beachten, daß die Teilnehmer/innen zu Beginn der Weiterbildungsmaßnahme arbeitslos sein müssen, weil sie sonst kein Unterhaltsgeld erhalten würden. Das Arbeitsverhältnis darf erst im Laufe der Maßnahme aufgenommen werden (vgl. die MASSKS-Modellversuche in Nordrhein-Westfalen). Der Vorteil von Modell D besteht darin, daß die Teilnehmer/ innen von vornherein in betriebliche Teilzeit-Arbeitsverhältnisse integriert werden, unterstützt durch Lohnkostenzuschüsse, die u.a. an die Bedingung geknüpft sind, die Mitarbeiter/innen für Qualifizierung freizustellen und ihnen die Teilnahme an der Abschlußprüfung zu ermöglichen. Auch hier werden die Betriebe in den Qualifizierungsprozeß einbezogen. Betriebliche Besonderheiten können berücksichtigt werden. Dies erhöht die Chance einer Weiterbeschäftigung nach Abschluß der Förderung. Die Qualifizierung erfolgt durch die Teilnahme an Lehrgängen/Bausteinen, die mehrere Tage, eine oder zwei Wochen oder in Teilzeitform nach der Arbeit stattfinden können, so daß die Mitarbeiter/innen selten längere Zeit abwesend sind. Ergänzend dazu können vor- und nachbereitende Lehrbriefe zur Anleitung des Lernens am Arbeitsplatz, Simulationen, Planspiele oder Praktika in anderen Betrieben angeboten werden. Dieses Konzept wird erfolgreich im Modellversuch Differenzierte Wege zum Nachholen von anerkannten Berufsabschlüssen im Rahmen des Berliner Programms 501/301 erprobt und ist besonders auf die Bedürfnisse von Klein- und Kleinstbetrieben abgestimmt (Büroberufe). Bei der dargestellten Verknüpfung unterschiedlicher Maßnahmen zu einer Maßnahmekette ist zu beachten, daß die einzelnen Teilzeit-Modell Vollzeit-Modell Betriebliche Beschäftigung mit Freistellung zur Qualifizierung

93 100 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Maßnahmeketten nur als Ausnahme Anspruchsvoraussetzungen für FbW vor der ABM prüfen ABM und FbW als zeitliche Abfolge planen Maßnahmen jeweils eigene Ziele haben und eigentlich nicht für eine Verknüpfung gedacht sind. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) sollen ursprünglich die individuellen Voraussetzungen für den Eintritt in ein reguläres Arbeitsverhältnis erhöhen. Die Verknüpfung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit einer unmittelbar anschließenden Weiterbildungsmaßnahme zum Berufsabschluß ist von der eigentlichen Intention der Instrumente her nicht vorgesehen, obwohl die Verknüpfung von ABM und Berufsvorbereitung ( 263 SGB III), die Einbeziehung von Qualifizierungszeiten in ABM ( 261 Abs. 4 SGB III) oder die Verbindung von Teilzeit-ABM mit Teilzeit-Weiterbildungsmaßnahmen durchaus möglich sind. Die Bildung von Förderketten bzw. die Aneinanderreihung der verschiedenen Förderinstrumente kann grundsätzlich nicht erstrebenswert sein. Allerdings kann bei dieser Zielgruppe das Ziel der Integration in betriebliche Beschäftigung durch ABM alleine oft nicht erreicht werden. Wenn die ABM konzeptionell mit einer beruflichen Weiterbildung zum Berufsabschluß verschmolzen wird und somit beide Ziele Integration in Arbeit und Erwerb eines Berufsabschlusses erreicht werden, kann diese kombinierte Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme zumindest für die hier angesprochene Zielgruppe durchaus als eine sinnvolle Alternative zur Arbeitslosigkeit angesehen werden. Bei der Planung von kombinierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen müssen einige Besonderheiten berücksichtigt werden: Es sollte sichergestellt werden, daß der ABM nur solche Arbeitslose zugewiesen werden, die ihr Interesse am nachträglichen Erwerb eines anerkannten Abschlusses im vorgesehenen Beruf bekundet haben und die im Anschluß an die ABM auch über die notwendigen Voraussetzungen für die Förderung beruflicher Weiterbildung (FbW) (nach 77 ff. SGB III) verfügen. Andernfalls führt dies zu erheblichen Teilnehmerfluktuationen an der Schnittstelle zwischen ABM und Weiterbildung. ABM und anschließende Weiterbildung müssen als zeitliche Abfolge geplant sein. Dies bedeutet, daß seitens des Arbeitsamtes die Absicht und der Wille erklärt werden, die ABM ein Jahr später durch eine für sie geeignete Weiterbildungsmaßnahme in den vorgesehenen Berufen fortzusetzen, die ebenfalls nach dem Qualifizierungskonzept der berufsbegleitenden Nachqualifizierung durchgeführt wird. Für die Träger bedeutet dies, die Weiterbildungsmaßnahme so frühzeitig wie möglich zu beantragen; für die Arbeitsämter bedeutet dies, die Weiterbildung bereits bei der Bewilligung der ABM in die Jahresplanung für das kommende Jahr aufzunehmen und die Bewilligung so frühzeitig wie möglich vorzunehmen. Die Teilnehmer/innen sollten vor Antritt der ABM relativ sicher sein

94 Kapitel 5: Finanzierung 101 können, auf diesem Wege zu einem Berufsabschluß zu gelangen. Gelingt dies nicht, sind große Fluktuationen zu befürchten, die nicht im Sinne der Wirtschaftlichkeit sein können. Die angestrebten Ziele werden nicht dadurch erreicht, daß eine (gewöhnliche) ABM mit einer (ohnehin geplanten) Weiterbildung zu einer Kette verbunden wird. Vielmehr handelt es sich um eine auf die spezifischen Zielgruppenvoraussetzungen, auf das Lernen im Arbeitsprozeß und auf ergänzende Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung ausgerichtete, spezielle Maßnahmekonzeption mit veränderten Zielsetzungen, für die lediglich die Finanzierungsinstrumente zu einer Kette verbunden werden. Bei einem Wechsel zwischen Bildungszentrum und Betrieb (Modell C) muß zu Beginn ein mehrmonatiger Weiterbildungsblock liegen, da sonst die Anspruchsvoraussetzungen für die Förderung beruflicher Weiterbildung gefährdet sind. Beim ständigen Wechsel zwischen Vollzeit-Qualifizierung und Vollzeit-Beschäftigung (Modell C) ist zu beachten, daß der Wechsel nicht zum Monatsersten erfolgt. Vielmehr muß das sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis in jedem Kalendermonat mindestens einen Tag, besser mehrere Tage bestehen. Denn beim Wechsel zum Monatsersten muß für jeden Beschäftigungsblock neu eine An- und Abmeldung bei der Krankenkasse erfolgen. Dieser für die Betriebe erhebliche Aufwand kann dadurch vermieden werden, daß in jedem Kalendermonat mindestens drei oder vier Tage Arbeitslohn bezogen wird, auch wenn für die übrige Zeit eine unbezahlte Freistellung zur Teilnahme an der Weiterbildung besteht. In diesem Falle reicht eine einmalige An- und Abmeldung zu Beginn und am Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Diese Modelle können auch in Mischformen oder in anderen Varianten auftreten. Empfehlenswert wäre, die auf den Berufsabschluß zielende Weiterbildung (die nach 92 SGB III länger als ein Jahr, aber höchstens zwei Drittel der regulären Ausbildungszeit dauert) als eine Folge von einzelnen Maßnahmeteilen (Modulen) durchzuführen, die jeweils für sich auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln und insgesamt so ergänzt werden können, daß ein anerkannter Berufsabschluß erreicht werden kann ( 91 SGB III). Eine solche in Module gegliederte Weiterbildung zum Berufsabschluß kann dann flexibel sowohl mit ABM als auch mit betrieblichen Beschäftigungszeiten verknüpft oder mit anderen Programmen verbunden werden. Die Maßnahmegliederung in Module hat auch den Vorteil, daß eine flexiblere Verknüpfung zwischen Modulen, die zum Berufsabschluß führen, und Weiterbildungsmodulen möglich ist, die die Arbeitsmarktchancen vergrößern (z.b. durch Zusatzmodule in angrenzenden Berufen). An- und Abmeldung bei der Sozialversicherung

95 102 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Überschaubare Gesamtdauer Eine Verbindung von Modell B und Modell C, also eine einjährige ABM mit anschließender zweijähriger Weiterbildung, die in Blöcke aufgeteilt ist und mit betrieblichen Beschäftigungsphasen wechselt, würde die Vorteile beider Modelle miteinander verbinden: Während der ABM können Teile der nötigen Anspruchsvoraussetzungen für berufliche Weiterbildungsmaßnahmen erworben werden. Während der Weiterbildung findet dennoch bereits eine Integration in betriebliche Beschäftigung statt. In Verbindung mit der modularen Maßnahmegliederung muß daraus nicht automatisch auch eine vierjährige Maßnahmedauer folgen, da während der Weiterbildung nur noch die zum Berufsabschluß fehlenden Module gefördert werden müssen. Allerdings sollte bei der Planung solcher Maßnahmekombinationen auf eine überschaubare Gesamtdauer des Qualifizierungsund Integrationsprozesses geachtet werden, um das Durchhaltevermögen der Teilnehmer/innen nicht zu überfordern. Deshalb hält die Bundesanstalt für Arbeit, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des 92 SGB III, an dem generellen Erfordernis einer erwachsenengerechten Verkürzung von Weiterbildungsmaßnahmen im Vergleich zur beruflichen Erstausbildung fest. 5.3 Finanzierungsmöglichkeiten der Arbeitsförderung nach SGB III Bei der Konstruktion solcher Kombinationsmodelle oder Förderketten müssen die Ziele und Fördervoraussetzungen für die einzelnen Finanzierungsinstrumente beachtet werden. Durch modellhafte Maßnahmekombinationen können sie zwar besser aufeinander abgestimmt und paßfähig gemacht, sie können aber nicht außer Kraft gesetzt werden. 10 Freie Förderung (1) Die Arbeitsämter können bis zu zehn Prozent der im Eingliederungstitel enthaltenen Mittel für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten aktiven Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zu erweitern. Die freien Leistungen müssen den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entsprechen und dürfen nicht gesetzliche Leistungen aufstocken.

96 Kapitel 5: Finanzierung 103 Finanzierungsvoraussetzungen Personal- und Sachkosten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Personal- und Sachkosten berufliche Weiterbildung (Umschulung) Unterhaltsgeld/ ergänzende Qualifizierungszuschüsse an die Teilnehmer/innen während der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme Lohnkostenzuschüsse betriebliche Beschäftigung Nachbetreuung Vorbereitungsphasen Kinderbetreuungskosten Finanzierung durch SGB III Lohnkostenzuschüsse für ABM-Beschäftigte (einschließlich Vorarbeiter) ( 265 SGB III) Sachkosten für praktische Arbeitsvorhaben Finanzierung der Lehrgangskosten einschließlich Lernmittel, Eignungsfeststellungen, Arbeitskleidung, Prüfungsstücke und Prüfungsgebühren ( 82 SGB III) Mit Hinweis auf die für die Zielgruppe erforderlichen zusätzlichen Aufwendungen (kleinere Gruppe, Lernen im Arbeitsprozeß, zusätzliche Lernförderung und sozialpädagogische Begleitung) kann auch ein erhöhter Stundensatz vereinbart werden. Während der beruflichen Weiterbildung wird ein auf 60 bzw. 67% des zuvor bezogenen (ABM-)Lohnes reduziertes Unterhaltsgeld gezahlt ( 153 SGB III). Nach Abschluß der Weiterbildung wird für drei Monate Anschluß-UHG gewährt, sofern kein ALG-Anspruch besteht. Die Lohnkostenzuschüsse des SGB III greifen nicht im Anschluß an berufliche Weiterbildung. Förderung über 48 (Trainingsmaßnahmen), sonst ggf. 10 SGB III (freie Förderung) oder als Feststellungsmaßnahme ( 79) oder als Maßnahmeteil ( 91) Ggf. Förderung über 10 SGB III (freie Förderung) 85 SGB III monatlich bis zu 120 DM, in Härtefällen bis zu 200 DM Was muß durch ESF-Mittel ergänzt werden? Personalkosten für Qualifizierungspersonal (Ausbilder/ innen, Lehrer/innen, Sozialpädagog(inn)en) Sachkosten für Räume, Lehr- und Lernmittel (Qualifizierung) Personalfinanzierung auf 1 Ausbilder/in, 0,5 Lehrer/in, 0,5 Sozialpädagoge/-in pro TN (Schlüssel 1:12 bis 1:24) unter Einbeziehung des durch das Arbeitsamt finanzierten Personals Personalförderung während des gesamten Qualifizierungszeitraumes, auch während betrieblicher Phasen, um Qualifizierung am Arbeitsplatz und die Betreuung der Lernenden zu ermöglichen Qualifizierungszuschuß zur Aufstockung des SGB-III- Unterhaltsgeldes, damit ein gleichbleibendes oder steigendes Einkommen der Teilnehmenden erreichbar ist Lohnkostenzuschüsse an Betriebe Ggf. Kofinanzierung durch Landesprogramme Ggf. Finanzierung durch Landesprogramme Ggf. Aufstockung der Kinderbetreuungskosten

97 104 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Die Spielräume lassen sich aber durch die Einbeziehung der freien Förderung nach 10 SGB III erweitern, der es den Arbeitsämtern ermöglicht, die gesetzlich geregelten aktiven Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen zu ergänzen. Das neue Instrument soll zur Integration von Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit Bedrohten in das Beschäftigungssystem dienen. Es werden Spielräume für neue Förderungsformen geschaffen, die aber ebenfalls den Grundsätzen der Erforderlichkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Wirksamkeit unterliegen. Erforderlichkeit liegt dann vor, wenn die Leistungen notwendig sind und letztlich auf eine dauerhafte Eingliederung abzielen, die Förderung das Maß des Notwendigen nicht überschreitet und für die Zielerreichung besonders geeignet erscheint. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind als allgemeine Haushaltsgrundsätze zu beachten. Leistungen müssen also geeignet sein, die angestrebten Ziele mit möglichst geringem Kostenaufwand zu erreichen. Wirksamkeit bemißt sich nach der für den Einzelfall am besten geeigneten inhaltlichen Konzeption, den damit verbundenen Erfolgsaussichten und dem erwarteten Eingliederungserfolg (Einführungserlaß der BA 1997). Freie Förderung zielt auf regional zu entwickelnde Förderansätze... Sie bietet die Chance, Übergangskonzeptionen in den regulären Arbeitsmarkt zu entwickeln, die stärker ausdifferenziert sind und individuelle Paßgenauigkeit bieten (ebd.). Damit soll die Eingliederung von förderungsbedürftigen Zielgruppen in den ersten Arbeitsmarkt verbessert werden. In den Beispielen des zitierten Einführungserlasses wird berufsbegleitende Nachqualifizierung zwar nicht namentlich erwähnt, aber das Beispiel Optimierung der inhaltlichen Flexibilität von Regelinstrumenten, z.b. um besondere, maßgeschneiderte Module oder vor- und nachgeschaltete Maßnahmeteile mit anderen arbeitsmarktlichen Hilfen oder Maßnahmen zu kombinieren trifft im Kern den innovativen Charakter der berufsbegleitenden Nachqualifizierung mit ihrer Kombination unterschiedlicher Finanzierungsinstrumente. Wo die regulären Instrumente der Arbeitsförderung nur bedingt greifen, ist im Hinblick auf die Zielsetzungen der freien Förderung für die berufsbegleitende Nachqualifizierung eine Reihe von Erweiterungen denkbar, die im Einzelfall ausgehandelt werden müssen. Allerdings darf freie Förderung nicht dazu benutzt werden, Leistungen aufzustocken, Regelinstrumente zu unterlaufen oder Finanzierungsdefizite auszugleichen. In erster Linie sind die Arbeitsämter gefragt, das neue Instrument in eigener Verantwortung auszugestalten. Die Verknüpfung von ABM und Weiterbildung zu einer einheitlichen Gesamtmaßnahme bzw. die flexiblere Verknüpfung verschiedener Förderinstrumente (z.b. Trainingsphase zur Vorbereitung, Lohnkostenzuschüsse und begleitende Betreuung zur Integration

98 Kapitel 5: Finanzierung 105 in betriebliche Beschäftigung) dürfte deshalb unter Berufung auf 10 SGB III in Zukunft leichter realisierbar sein. Zu prüfen wäre auch, ob in diesem Rahmen von Arbeitslosigkeit bedrohte an- und ungelernte junge Erwachsene auch dann in Weiterbildungsmaßnahmen einbezogen werden können, wenn die Kündigung noch nicht ausgesprochen worden ist, das Beschäftigungsverhältnis aber langfristig ohne Nachholen des Berufsabschlusses gefährdet wäre. Innovative Maßnahmen im Rahmen der freien Förderung sollen auch wissenschaftlich begleitet werden. Haushaltsmittel für Begleitforschung sollen durch die BA bereitgestellt werden (vgl. Brinkmann 1998). Für Träger der Nachqualifizierung, die nicht im Rahmen von Modellversuchen des Bundes oder der Länder gefördert werden, ergibt sich hieraus die Möglichkeit einer Unterstützung durch wissenschaftliche Begleitung für die Entwicklung ihrer modellhaften Innovationen. Nachfolgend wird detaillierter auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Arbeitsförderung eingegangen, soweit sie für die berufsbegleitende Nachqualifizierung von Bedeutung sind Finanzierung der Kosten (Personal- und Sachkosten) in beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen Kernstück der Maßnahmen und Finanzierungskonzepte für die berufsbegleitende Nachqualifizierung ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung im sechsten Abschnitt des SGB III ( 77 96). Die Ziele der Weiterbildungsförderung werden in 87 SGB III beschrieben: 1. Berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten feststellen, erhalten, erweitern, der technischen Entwicklung anpassen oder einen beruflichen Aufstieg ermöglichen, 2. einen beruflichen Abschluß vermitteln oder 3. zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen. Punkt eins betrifft die im BBiG und früher im AFG gebräuchliche Begrifflichkeit der Fortbildung. Die Punkte zwei und drei wurden bisher als Umschulung bezeichnet, zum erstmaligen Erwerb oder zum Erwerb eines anderen Berufsabschlusses. Um Weiterbildungskosten und Unterhaltsgeld erhalten zu können, müssen nach 77 SGB III folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Die Weiterbildung muß notwendig sein, um bei Arbeitslosigkeit eine berufliche Eingliederung zu ermöglichen oder eine drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden. Die Notwendigkeit wird bei fehlendem Berufsabschluß anerkannt, wenn kein mindestens zweijähriger, nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften anerkannter Berufsabschluß vorliegt oder wenn der Beruf nach mindestens sechsjähriger Tätigkeit als An- und Ungelernter nicht mehr ausgeübt werden kann. Voraussetzungen für die Förderung von Weiterbildungskosten

99 106 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Wiederholte Teilnahme Die Vorbeschäftigungszeit muß erfüllt sein. Innerhalb der letzten drei Jahre muß mindestens ein Jahr versicherungspflichtige Beschäftigung nachgewiesen werden, oder es müssen die Voraussetzungen für den Bezug von ALG oder ALHi erfüllt und Leistungen beantragt sein. Sind die Vorbeschäftigungszeiten nicht erfüllt, können Weiterbildungskosten (nicht Unterhaltsgeld) gegen die Verpflichtung, im Anschluß mindestens drei Jahre versicherungspflichtig beschäftigt zu sein, gefördert werden. Arbeitnehmer ohne Berufsabschluß, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, können nur gefördert werden, wenn eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist ( 77 Abs. 3 SGB III). Vor Beginn der Teilnahme muß eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgen. Das Arbeitsamt muß der Teilnahme zugestimmt haben. Die Maßnahme muß für die Weiterbildungsförderung durch das Arbeitsamt anerkannt sein. Die Zustimmung des Arbeitsamtes zur Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung setzt auch voraus, daß der Arbeitnehmer geeignet ist und im Anschluß an die Maßnahme voraussichtlich innerhalb der angemessenen Zeit eine dem Maßnahmeziel entsprechende Beschäftigung finden kann ( 1 A FbW). Auch wenn innerhalb der letzten drei Jahre bereits an einer Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen wurde, kann eine erneute Teilnahme unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden ( 79 SGB III): wenn sie wegen besonderer Schwierigkeiten einer beruflichen Eingliederung unerläßlich ist (bei langzeitarbeitslosen und/ oder ungelernten jungen Erwachsen dürfte sich dies begründen lassen, d. Verf.), wenn die Maßnahme in verschiedene Maßnahmeteile aufgeteilt wurde, wenn es sich vorher um eine Maßnahme zur Feststellung beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten (Feststellungsmaßnahme) gehandelt hat, wenn die vorherige Maßnahme aus einem wichtigen Grund nicht beendet und nicht fortgesetzt werden konnte. Weiterhin wird auch eine anschließende Teilnahme zur Wiederholung der Prüfung gefördert ( 79 Abs. 2 SGB III). Für Maßnahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung bedeutet dies, daß eine Aufeinanderfolge einer Feststellungs- bzw. Trainingsmaßnahme und einer Weiterbildung ebenso möglich ist wie eine Förderung verschiedener, durch Beschäftigungszeiten unterbrochener Maßnahmeteile.

100 Kapitel 5: Finanzierung Maßnahmeteile können anerkannt werden, wenn die in diesem Teil vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten für sich bereits auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sind oder der Teil so ergänzt werden kann, daß ein anerkannter Berufsabschluß erreicht werden kann ( 91 SGB III). Dies eröffnet die Möglichkeit, einzelne Qualifizierungsblöcke als Maßnahmeteile zu konzipieren und sie Modulen zuzuordnen. Die Module ergänzen sich gegenseitig zu einem anerkannten Berufsabschluß und können auch für sich auf dem Arbeitsmarkt verwertet werden (vgl. Kapitel 3). 107 Maßnahmeteile Modularisierung 92 Angemessene Dauer (1) Die Dauer der Maßnahme ist angemessen, wenn sie sich auf den für das Erreichen des Bildungsziels erforderlichen Umfang beschränkt. Eine Vollzeitmaßnahme... ist für die Weiterbildungsförderung nur anerkennungsfähig, wenn Unterricht von im Regelfall 35 Stunden und im Ausnahmefall von mindestens 25 Stunden wöchentlich erteilt wird. (2) Die Dauer einer Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluß in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führt, ist angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit verkürzt ist. (3) Die Dauer einer anderen Vollzeitmaßnahme ist nur angemessen, wenn sie ein Jahr nicht übersteigt.... (4) Bei Teilzeitmaßnahmen ist eine angemessene Verlängerung der Dauer zulässig. Die Dauer der Qualifizierung beträgt max. zwei Drittel der für die Erstausbildung vorgesehenen Zeit. Bei Teilzeitmaßnahmen ist eine angemessene Verlängerung möglich. Praktika können nur anerkannt werden, wenn Dauer und Inhalt in Ausbildungs- oder Prüfungsbestimmungen festgelegt sind oder die Erfolgsaussichten einer Eingliederung dadurch verbessert werden. Die Dauer darf maximal die Hälfte, bei Maßnahmen mit einem besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesse an der überwiegenden Vermittlung berufspraktischer Fertigkeiten oder zur beruflichen Weiterbildung auf einem Arbeitsplatz..., max. drei Viertel der Dauer der Maßnahme betragen ( 89 SGB III). Vollzeitmaßnahmen nehmen die Teilnehmer in der Regel 35, mindestens jedoch 25 Stunden pro Woche in Anspruch, und zwar durch Unterricht, Praktikum, Durcharbeitung von Lehrbriefen oder Selbstlernprogrammen. Es können verschiedene Lernmethoden miteinander kombiniert werden. Dauer Praktika Abgrenzung Praktikum/ Unterricht

101 108 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Anerkennung der Maßnahme Lehrgangskosten Erhöhte Förderung Durchführung von Aufträgen Für das didaktisch-methodische Konzept der berufsbegleitenden Nachqualifizierung ist von Interesse, wie weit eine Verknüpfung von Theorie und Praxis und Lernen am Arbeitsplatz erfolgen kann. Unterricht ist die Vermittlung fachtheoretischer und fachpraktischer Kenntnisse und Fertigkeiten durch Lehrkräfte und Ausbilder. Praktikum ist die Mitarbeit am Arbeitsplatz unter fachlicher Anleitung ( 4 A FbW). Unterricht ist somit der Oberbegriff für Theorie und Praxis. Eine Trennung von Unterricht und Fachpraxis ist daher nicht zwingend. Ebenso können Selbstlernprogramme und interaktive Medien eingesetzt werden, wenn sie durch Ausbilder/innen und Lehrkräfte zeitnah unterstützt werden. Eine Vermittlung fachpraktischer und fachtheoretischer Kenntnisse am Arbeitsplatz ist nicht ausgeschlossen, sofern dies durch Ausbilder/innen oder Lehrkräfte unmittelbar unterstützt wird. Eine bloße Mitarbeit am Arbeitsplatz unter fachlicher Anleitung (z.b. eines Gesellen/einer Gesellin) wird daher als Praktikum bezeichnet. Bei der Nutzung von betrieblichen Lernorten sollte immer im Detail begründet werden, wie und worin die Vermittlung durch das Lehrpersonal besteht (z.b. praktische Unterweisung am Arbeitsplatz, Training an der Maschine, Einsatz von Lehrbriefen und Lernmaterialien, Betreuung von Gruppenarbeit, Beratung der Lernenden, Beratung der Anleiter/innen). In 86 SGB III ist eine Reihe von Voraussetzungen für die Anerkennung einer Maßnahme für die Weiterbildungsförderung festgelegt (u.a. Eignung des Trägers und des Personals, Zeugnis, Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit hinsichtlich des Arbeitsmarktes). Für die berufliche Weiterbildung werden Lehrgangskosten nach den üblichen Stundensätzen bzw. nach einem erhöhten Stundensatz berechnet. In den Lehrgangskosten sind auch die Kosten für Lernmittel, Eignungsfeststellungen, Arbeitskleidung, Prüfungsstücke und Prüfungsgebühren enthalten. Ein erhöhter Stundensatz kann mit Hinweis auf die beruflichen und schulischen Voraussetzungen der TN, die notwendige Begrenzung der Gruppengröße auf 12 bis max. 15 TN, auf den zusätzlichen Bedarf an Stützunterricht, Lernförderung und sozialpädagogischer Begleitung vereinbart werden ( 82 SGB III). Sollen in den Maßnahmen zu Ausbildungszwecken produktive und zugleich wertsteigernde Arbeiten verrichtet werden, ist dies vom Träger im Rahmen der Erhebungsunterlagen dem Arbeitsamt mitzuteilen. Bei der Anerkennung nach 86 (SGB III) kann der Durchführung solcher Arbeiten durch das Arbeitsamt nur zugestimmt werden, wenn sichergestellt ist, daß damit nicht Interessen von Betrieben, die entsprechende Leistungen oder Produkte anbieten, nachteilig berührt werden. Einnahmen aus produktiver Tätigkeit müssen die Lehrgangskosten entsprechend mindern. Die in beruflichen Bildungsmaßnahmen von einzelnen Teilnehmern zu Übungszwecken hergestellten

102 Kapitel 5: Finanzierung 109 Gegenstände dürfen an die Lehrgangsteilnehmer kostenlos abgegeben werden. Damit ist der Rahmen bestimmt, innerhalb dessen Lernen im Arbeitsprozeß bei Weiterbildungsmaßnahmen nach SGB III möglich ist. Die konkrete Ausgestaltung obliegt den Partnern vor Ort. Um im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen Auftragsbearbeitung als Teil des Lernkonzeptes realisieren zu können, müssen die Aufträge ähnlich wie bei ABM bei der Beantragung in das Maßnahme- und Finanzierungskonzept einbezogen und mit dem Arbeitsamt abgestimmt werden. Die Erlöse sind in die Gesamtfinanzierung der Maßnahme einzubeziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß bei Auftragsbearbeitung in der Praxis auch ein erheblich höherer fachlicher Anleitungsbedarf entsteht. Trainingsmaßnahmen nach 48 SGB III dienen der Verbesserung der Eingliederungsvoraussetzungen von Arbeitslosen. Gefördert werden Trainingsmaßnahmen, die 1. die Eignung des Arbeitslosen für eine berufliche Tätigkeit oder eine Leistung der aktiven Arbeitsförderung feststellen (Förderdauer vier Wochen), 2. die Selbstsuche des Arbeitslosen sowie seine Vermittlung, insbesondere durch Bewerbungstraining und Beratung über Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche, unterstützen oder die Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit des Arbeitslosen prüfen (Förderdauer zwei Wochen), 3. dem Arbeitslosen notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, um eine Vermittlung in Arbeit oder einen erfolgreichen Abschluß einer beruflichen Aus- oder Weiterbildung erheblich zu erleichtern (Förderdauer acht Wochen). Trainingsmaßnahmen können in mehreren zeitlichen Abschnitten durchgeführt werden. Insgesamt darf die Förderung die Dauer von zwölf Wochen nicht übersteigen. Trainingsmaßnahmen treffen nur im dritten Punkt die Ziele der Vorbereitungs- und Orientierungsphase zu Beginn einer berufsbegleitenden Nachqualifizierung. Eignung und Selbstsuche finden zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Entscheidung für die Teilnahme an einer berufsbegleitenden Nachqualifizierung noch nicht gefallen ist und dementsprechend noch andere Optionen offenstehen. Empfehlenswert ist deshalb eine Zweiteilung: Trainingsmaßnahmen zur Eignungsfeststellung und zur Unterstützung der Selbstsuche können ein wichtiger Teil von Qualifizierungsberatung sein. Sie können träger- bzw. berufsübergreifend organisiert werden. Trainingsmaßnahmen zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten beziehen sich in der Regel auf einen bestimmten Beruf oder ein bestimmtes Berufsfeld. Sie eignen sich als Orientierungsphase beim Träger der berufsbegleitenden Nachqualifizierung/Weiterbildung. Allerdings ist der dafür nötige Zeitrahmen mit zwei Monaten recht knapp bemessen, zumindest wenn darin noch Phasen der Trainingsmaßnahmen

103 110 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Orientierung oder betriebliche Phasen enthalten sind. Zu beachten ist auch, daß die Teilnahme auf Vorschlag des Arbeitsamtes erfolgt, also meist nicht freiwillig ist und möglicherweise Sanktionen beim ALG-Bezug nach sich zieht. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen/Lohnkostenzuschüsse nach SGB III Die Finanzierung von Lohnkosten aus Mitteln der Arbeitsförderung konzentriert sich im wesentlichen auf die Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Solche Arbeitsverhältnisse sollen bei den zugewiesenen Arbeitnehmern zur Stabilisierung, zur Qualifizierung und zur Verbesserung der Eingliederungsvoraussetzungen führen ( 260 SGB III). 260 Grundsatz (2) Maßnahmen sind bevorzugt zu fördern, wenn 1. durch sie die Voraussetzungen für die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen erheblich verbessert werden, 2. durch sie Arbeitsgelegenheiten für Arbeitnehmer mit besonderen Vermittlungserschwernissen geschaffen werden oder 3. sie strukturverbessernde Arbeiten vorbereiten oder ergänzen, die soziale Infrastruktur verbessern oder der Verbesserung der Umwelt dienen. Förderdauer Förderungsfähige Maßnahmen müssen zusätzlich und im öffentlichen Interesse liegen. Die geförderten Arbeitsverhältnisse sollen die zugewiesenen Arbeitnehmer beruflich stabilisieren, qualifizieren und ihre Eingliederungsaussichten verbessern ( 260 Abs. 1 SGB III). Zusätzlich sind Maßnahmen, die ohne Förderung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt (nach zwei Jahren) durchgeführt werden. Im öffentlichen Interesse liegen sie, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Die Förderung darf in der Regel nur 12 Monate dauern ( 267 SGB III). Die Integration abschlußbezogener beruflicher Qualifizierung und die Aufnahme An- und Ungelernter mit besonderen Vermittlungshemmnissen kann in der berufsbegleitenden Nachqualifzierung zu einer bevorzugten Förderung führen. Damit wäre auch eine auf 24 Monate verlängerte Förderung möglich oder sogar eine von bis zu 36 Monaten, wenn der Träger oder das durchführende Unternehmen die Mitarbeiter/innen anschließend in ein Dauerarbeitsverhältnis übernimmt.

104 Kapitel 5: Finanzierung 111 Einbeziehung abschlußbezogener beruflicher Qualifizierung in ABM ABM sind normalerweise nicht zur beruflichen Qualifizierung gedacht. Im Rahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung werden sie jedoch eingesetzt, um den Qualifizierungsprozeß zu verlängern, um weitere Berufserfahrungen zu sammeln und um den Lernort Arbeitsplatz nutzen zu können. Zur Einbeziehung beruflicher Qualifizierung in die ABM gibt es im Rahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung folgende Möglichkeiten: Bis zu 20% der Zuweisungsdauer können für berufsbegleitende Qualifizierung genutzt werden, also für die Vermittlung von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten in Theorie und Praxis. Diese Zeit kann auch außerhalb des ABM-Projektes zum Lernen verwendet werden, in Werkstätten, in Unterrichtsräumen oder an anderen Lernorten. Bis zu 40% der Zuweisungsdauer können für betriebliche Praktika verwendet werden. Für das Praktikum muß ein Praktikumsplan entwickelt werden, der die Dauer bzw. die abzuleistenden Arbeiten/Inhalte aufführen muß. Denkbar wäre, betriebliche Module zu entwickeln, in denen abschlußbezogene berufliche Inhalte im betrieblichen Praktikum erworben werden. Ingesamt dürfen 50% der Zuweisungsdauer nicht überschritten werden. In den verbleibenden 50% Arbeitsanteil in dem Projekt, für das die ABM beantragt worden ist, kann berufliche Qualifizierung im Rahmen von angeleiteter Arbeitserfahrung stattfinden. In den Modellversuchen werden Lernkonzepte entwikkelt, die den Erwerb beruflicher Qualifikationen innerhalb des Arbeitsprozesses ermöglichen. Dies setzt einen hohen Anteil an qualifizierenden Tätigkeiten in der ABM voraus. Je mehr es gelingt, im Arbeitsprozeß zu qualifizieren, desto weiter kann der Qualifizierungsanteil in ABM über 50% hinaus ausgedehnt werden. Die Flexibilität, auch andere Lernorte als die im ABM-Projekt beantragten Arbeitsorte zu nutzen, kann dadurch erhöht werden, daß statt einer Vollzeit-ABM eine Teilzeit-ABM (z.b. 28 Stunden) durchgeführt wird, die durch einen ESF-kofinanzierten Bildungsteil ergänzt wird. Während in einer Vollzeit-ABM von 40 Wochenstunden nur 8 (20%) außerhalb des Arbeitsortes verbracht werden können, sind es bei einer Teilzeit-ABM von z.b. 30 Wochenstunden Arbeit 16 Stunden, 6 Stunden innerhalb der ABM (20%) und 10 Stunden durch den ergänzenden Bildungsteil. Diese Variante hat auch den Vorteil, daß die Differenz zwischen dem (um 1/4 niedrigeren) Arbeitslohn in ABM und dem Unterhaltsgeld, aufgestockt durch einen Qualifizierungszuschuß, in der anschließenden Weiterbildung kaum mehr vorhanden ist und die Teilnehmer/innen bei Eintritt in Qualifizierung in ABM Praktika in ABM Praktische Qualifizierung während der Arbeit Teilzeit-ABM: erhöhter Qualifizierungsanteil

105 112 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung die Weiterbildung keine Einkommenseinbußen hinnehmen müßten. ABM und Bildungsmaßnahmen sind hinsichtlich der Förderung voneinander unabhängig. Zugangsvoraussetzungen für junge Erwachsene ( 263 SGB III) 263 Förderungsbedürftige Arbeitnehmer (1) Arbeitnehmer sind förderungsbedürftig, wenn sie langzeitarbeitslos sind und die Voraussetzungen für Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit, bei beruflicher Weiterbildung oder bei beruflicher Eingliederung Behinderter erfüllen. Förderungsbedürftigkeit in ABM Voraussetzungen für die Zuweisung in ABM ist der Bezug von oder der Anspruch auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe unmittelbar vor der Zuweisung. Weiterhin müssen die zuzuweisenden Arbeitnehmer vorher ein Jahr arbeitslos gemeldet gewesen sein.

106 Kapitel 5: Finanzierung 113 Bis zu 5% der ABM-Mittel eines Haushaltsjahres dürfen von den Arbeitsämtern für Arbeitnehmer ohne diese Voraussetzungen verwendet werden. Darüber hinaus gelten folgende Ausnahmen: Wenn die Arbeitnehmer bei Beginn der Maßnahme jünger als 25 Jahre sind und noch keine abgeschlossene Berufsausbildung haben und die Maßnahme mit einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme verbunden ist, kann die Förderbedürftigkeit unabhängig von den o.g. Voraussetzungen festgestellt werden. Zwar werden die ABM in den hier dargestellten Konzepten auch zur Vermittlung von beruflichen Qualifikationen genutzt, die auf den Berufsabschluß zielen. Dies ist jedoch auch in berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen möglich. Rein förderrechtlich wird der Berufsabschluß in der anschließenden beruflichen Weiterbildung erworben. So gesehen dient die Qualifizierung in ABM der Berufsvorbereitung. Ausnahmen gelten auch für Arbeitnehmer, die Anleitungs- und Betreuungsaufgaben in ABM wahrnehmen. Sie müssen in den letzten sechs Monaten drei Monate arbeitslos gemeldet gewesen sein. Die für die abschlußbezogene Qualifizierung nötigen erfahrenen Ausbildungsmitarbeiter/innen (Ausbilder/innen, Lehrer/innen, Sozialpädagog(inn)en) müssen ergänzend aus Landesmitteln finanziert werden. Denn die nach dieser ABM-Bestimmung zuweisungsfähigen Arbeitnehmer/innen erfüllen in aller Regel nicht die für die abschlußbezogene berufliche Qualifizierung im Arbeitsprozeß erforderlichen Qualifikationen und Erfahrungen. Sie können unter der Verantwortung erfahrener Ausbilder/innen zusätzliche Anleitungs- und Betreuungsaufgaben im Arbeitsprozeß wahrnehmen, z.b. Vorarbeiterfunktionen. Mögliche, aber in der Praxis der berufsbegleitenden Nachqualifizierung bisher weniger bedeutsame Ausnahmen betreffen Behinderte, die beruflich stabilisiert und qualifiziert werden sollen. Bei Vergabe an Wirtschaftsunternehmen können auch Arbeitnehmer zugewiesen werden, die in den letzten 12 Monaten 6 Monate arbeitslos gemeldet waren und die Voraussetzungen zum Bezug von Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit, beruflicher Weiterbildung oder beruflicher Eingliederung Behinderter erfüllen. Ausnahmen Junge Erwachsene Anleitungsund Betreuungspersonal Zuschüsse zu den Personalkosten Arbeitsentgelt ist berücksichtigungsfähig, wenn es 80% des tariflichen Arbeitsentgeltes nicht übersteigt. Arbeitsentgelt, das auf Grundlage (um 10%) abgesenkter Einstiegstarife für Langzeitarbeitslose gezahlt wird, ist bis zu 90% berücksichtigungsfähig ( 265 SGB III). Der Zuschuß zu den Personalkosten beträgt zwischen 30 und 75% des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgeltes ( 264 SGB III). Wenn der/die Arbeitnehmer/in besonders förderungsbedürftig und der Träger finanziell nicht in der Lage ist, einen höheren Teil des Zuschüsse zu Personalkosten

107 114 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgeltes zu zahlen, kann der Zuschuß bis zu 90% betragen. In besonderen Ausnahmefällen, insbesondere bei Maßnahmen, die bevorzugt zu fördern sind, kann der Zuschuß bis zu 100% betragen (vgl. 260 Abs. 2 SGB III). Höhere Zuschüsse als 75% sind, unter bestimmten Voraussetzungen, auch in Arbeitsamtsbezirken mit einer extrem hohen Arbeitslosenquote möglich ( 416 SGB III). Damit gibt es für die berufsbegleitende Nachqualifizierung weiterhin Möglichkeiten einer hundertprozentigen Bezuschussung der Personalkosten. Zuschüsse zu Sachkosten Zuschüsse zu Sachkosten Über die berücksichtigungsfähigen Lohnkosten hinaus können die Arbeitsämter im Rahmen der verstärkten Förderung nach 266 SGB III auch Zuschüsse oder Darlehen für weitere Kosten gewähren, wenn die Finanzierung der Maßnahme auf andere Weise nicht erreicht werden kann, wenn an der Durchführung ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht und das entsprechende Bundesland Darlehen und Zuschüsse in gleicher Höhe erbringt. Diese Zuschüsse oder Darlehen dürfen 30% der Gesamtkosten der Maßnahme nicht übersteigen. Zu den Gesamtkosten der Maßnahme zählen: a) die Lohnkosten (berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt nach 265 SGB III), b) bestimmtes, nicht berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt, z.b. Aufwandsentschädigungen, Umlagen, Fahrtkosten, Reisekosten, c) Verwaltungsaufwand des Trägers: Arbeitsmaterial, Projektleitung, Stammkräfte (nur förderfähig, wenn sie nicht aus Landesmitteln gefördert werden), d) Kosten für Betriebsmittel: Ausrüstungsgegenstände, Verbrauchsmaterialien, Miet-, Leasing und Unterhaltungskosten, e) Werk- und Dienstleistungen, f) Qualifizierungskosten für die berufsbegleitende Qualifizierung (nicht förderfähig, aber auf die Gesamtkosten anrechenbar), g) Kosten für die Einrichtung der Baustelle. Damit können die für die Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme erforderlichen Sachkosten unter den genannten Voraussetzungen ebenfalls bezuschußt werden. Hierfür ist eine die Gesamtfinanzierung der ABM umfassende Kostenplanung zu entwickeln. Darin sind auch die ESF-Zuschüsse, Zuschüsse aus anderen Landesmitteln, sonstige Leistungen Dritter (z.b. Zuschüsse der Kommunen) oder Einnahmen aus Verkäufen aufzuführen und zu berücksichtigen. Die Träger müssen i.d.r. Eigenleistungen in Höhe von mindestens 10% der Gesamtkosten erbringen.

108 Kapitel 5: Finanzierung 115 Vergabe-ABM im gewerblichen Bereich Arbeiten im gewerblichen Bereich dürfen nur gefördert werden, wenn sie an ein Wirtschaftsunternehmen vergeben werden ( 262 SGB III). Dies betrifft insbesondere Arbeiten im Bereich des Bauund Baunebengewerbes und des Garten- und Landschaftsbaus, aber auch andere Arbeiten, die üblicherweise von Klein- und Mittelbetrieben bzw. Handwerksbetrieben zum Zwecke der Gewinnerzielung durchgeführt werden. Grundsätzlich muß jeder Träger, der im gewerblichen Bereich ein ABM-fähiges Projekt (zusätzlich und im öffentlichen Interesse) durchführen möchte, eine Ausschreibung vornehmen. Bewirbt sich ein Wirtschaftsunternehmen, wird die ABM von ihm durchgeführt. Die ABM-Arbeitnehmer/innen sind dann Beschäftigte des Wirtschaftsunternehmens. Es gibt zwei Fälle, in denen der Träger die AB-Maßnahme auch in Eigenregie 1 (mit Kostenbeteiligung) durchführen kann: Es bewirbt sich kein Wirtschaftsunternehmen, das die Maßnahme unter den in der Leistungsbeschreibung enthaltenen Konditionen durchführen möchte. Die Vergabe an ein Wirtschaftsunternehmen ist dem Träger wirtschaftlich nicht zumutbar, selbst nach Einbeziehung einer verstärkten Förderung nach 266. Der Träger muß einen Nachweis erbringen, daß kein Wirtschaftsunternehmen daran interessiert ist, die ausgeschriebenen Arbeiten im Rahmen einer Vergabe-ABM durchzuführen. Der Nachweis des fehlenden Interesses kann auch direkt durch die Erteilung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen durch die nach Landesrecht zuständige Behörde (IHK, HWK, Fachverband) geführt werden, daß keine Wirtschaftsunternehmen bekannt sind, die zur Übernahme der Arbeiten im Rahmen einer Vergabe-ABM bereit sein könnten. Bezogen auf die berufsbegleitende Nachqualifizierung ist es wesentlich, bei der Ausschreibung des ABM-Projektes bereits die Verpflichtung zur Einstellung von an- und ungelernten jungen Erwachsenen unter 25 Jahren, die Freistellung für abschlußbezogene Qualifizierung, die Kooperation mit einem Bildungsträger und die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Qualifizierung im Arbeitsprozeß in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Nach den bisherigen Erfahrungen ist die Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung unter diesen Voraussetzungen meist unproblematisch. Bildungs- und Beschäftigungsträger, die selbst Wirtschaftsunternehmen sind, dürfen sich auch an der Durchführung von Vergabe-ABM beteiligen. 1 Die Durchführung in Eigenregie ist nur möglich, wenn der Träger nach seiner Aufgabenstellung und fachlichen Qualifikation hierzu geeignet erscheint (z.b. weil er vergleichbare Arbeiten sonst auch in eigener Regie durchführt). Eigenregie Ausschreibungspflicht Unbedenklichkeitsbescheinigungen Berufsbegleitende Nachqualifizierung in der Ausschreibung

109 116 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Strukturanpassungsmaßnahmen Adressaten Strukturanpassungsmaßnahmen Wenn die Durchführung der Maßnahme dazu beiträgt, neue Arbeitsplätze zu schaffen, dies zum Ausgleich von Arbeitsplatzverlusten erforderlich ist und neue Arbeitsverhältnisse begründet werden ( 272 SGB III), können bis zum Strukturanpassungsmaßnahmen ( SGB III (ehemals 242s und 249 h AFG) gefördert werden. Sie dienen zur Erhaltung und Verbesserung der Umwelt und zur Verbesserung des Angebotes bei den sozialen Diensten und in der Jugendhilfe ( 273 SGB III). In den neuen Bundesländern sind auch Maßnahmen zur Erhöhung des Angebots im Breitensport und in der freien Kulturarbeit, zur Vorbereitung und Durchführung der Denkmalpflege sowie bei Vergabe an ein Wirtschaftsunternehmen der städtebaulichen Erneuerung und des städtebaulichen Denkmalschutzes sowie zur Verbesserung des Wohnumfeldes förderungsfähig ( 415 SGB III). In den neuen Bundesländern kann auch unter bestimmten Bedingungen die Neueinstellung Arbeitsloser in Wirtschaftsunternehmen gefördert werden. Ebenfalls zuschußfähig sind von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer/innen. Der Zuschuß wird in Höhe von ALG bzw. ALHi für eine Dauer von 36 Monaten gewährt (bis 48 Monate bei anschließender Übernahme) ( 276 SGB III). Für die Strukturanpassungsmaßnahmen gelten eine Reihe von ABM-Bestimmungen, z.b. zur Vergabe oder zur beruflichen Qualifizierung. Wo solche Strukturanpassungsmaßnahmen förderbar sind, lassen sie sich auch zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung nutzen, z.b. durch die Kombinierung mit beruflicher Weiterbildung, so daß in diesen Fällen Lohnkostenzuschüsse für betriebliche Beschäftigungsverhältnisse aus AFG-Mitteln finanzierbar sind. Unterhaltsgeld (SGB III, ESF) Teilnehmerfinanzierung nach SGB III Während der ABM erfolgt die Teilnehmerfinanzierung über Zuschüsse zu den Löhnen. Lohnkostenzuschüsse, die sich für die Kombination von beruflicher Weiterbildung und betrieblicher Beschäftigung eignen, lassen sich nur im Rahmen von Strukturanpassungsmaßnahmen finanzieren. In allen anderen Fällen müssen hierfür Landes- bzw. ESF- Mittel einbezogen werden. Während der beruflichen Weiterbildung wird Unterhaltsgeld gezahlt, wenn die Teilnehmer/innen die Vorbeschäftigungszeit erfüllen. Die Höhe entspricht dem Arbeitslosengeld, also 60% des vorherigen Nettoeinkommens bzw. 67%, wenn mindestens ein Kind vorhanden ist ( 129 SGB III). Wenn die Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllt ist, kann UHG in Höhe von ALHi gewährt werden. Wenn auch kein ALHi-Anspruch besteht, kann ein Unterhaltsgeld aus ESF-Mitteln (AFG-Plus) in

110 Kapitel 5: Finanzierung 117 Höhe von bzw. 900 DM (neue Bundesländer) und bzw DM (alte Bundesländer) gewährt werden. Der höhere Betrag gilt jeweils für Teilnehmer/innen, die selbst ein Kind haben oder deren Ehepartner ein Kind hat. Bei anerkannten Teilzeitweiterbildungsmaßnahmen kann unter bestimmten Voraussetzungen auch Teilunterhaltsgeld gewährt werden ( 154 SGB III), z.b. wenn die Teilnahme an einer Vollzeitmaßnahme wegen der Betreuung und Erziehung aufsichtsbedürftiger Kinder oder der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger nicht zumutbar ist, vorher bereits ein Teilzeitarbeitsverhältnis bestanden hat, eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird und die Notwendigkeit der Weiterbildung wegen fehlenden Berufsabschlusses anerkannt ist, das 25. Lebensjahr bei Beginn der Teilnahme noch nicht vollendet wurde, die Teilzeitbeschäftigung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder einer Strukturanpassungsmaßnahme ausgeübt wird. Da sie eine dieser Bedingungen auf jeden Fall erfüllen, können Maßnahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung damit auch als Teilzeitweiterbildung mit dem Bezug von Teilunterhaltsgeld durchgeführt werden. Teilnehmer(inne)n, die nach Beendigung der Maßnahme arbeitslos gemeldet sind, wird bis zu drei Monate Anschlußunterhaltsgeld gewährt, soweit ein ALG-Anspruch unter drei Monaten besteht ( 156 SGB III). Eine Reihe von Vorschriften für den Bezug von Arbeitslosengeld trifft auch beim UHG zu. 5.4 Finanzierungsmöglichkeiten nach 19 BSHG Neben der Nutzung von Finanzierungsinstrumenten der Arbeitsförderung gibt es allerdings auch die Möglichkeit, zumindest Teile eines Finanzierungskonzeptes mit Hilfe des 19 BSHG zu gestalten. Danach besteht die Verpflichtung für die Sozialhilfeträger (Kommunen), für arbeitslose Sozialhilfeempfänger/innen Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Bei 31% der Sozialhilfeempfänger/innen besteht der Grund für ihre Hilfebedürftigkeit in der Arbeitslosigkeit (Davids 1996a, 5). Langzeitarbeitslose, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe mehr haben, müssen entweder ergänzende Sozialhilfe oder (vollständige) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz beantragen. Die Folgekosten der Massenarbeitslosigkeit werden auf diese Weise auf die Sozialhilfeetats der Kommunen verlagert. Diese haben wiederum das Interesse, möglichst viele wieder ins Erwerbsleben oder zumindest in den Geltungsbereich des Arbeitsförderungsgesetzes zurückzuführen. Teilunterhaltsgeld Anschlußunterhaltsgeld Sozialhilfeempfänger/innen

111 118 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung 19 Hilfe zur Arbeit (1) Für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden können, sollen nach Möglichkeit Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. (2) Wird für den Hilfesuchenden Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit geschaffen, kann ihm entweder das übliche Arbeitsentgelt oder Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt werden; zusätzlich ist nur die Arbeit, die sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet würde. (3) Wird im Falle des Absatzes 2 Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt, so wird kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung begründet. Die Vorschriften über den Arbeitsschutz finden jedoch Anwendung. 19 BSHG regelt die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten : Mit Hilfe des 19 Abs. 1 BSHG können die Sozialhilfeträger Arbeitsplätze im privaten oder öffentlichen Bereich schaffen, bei denen das übliche tarifliche Entgelt zu zahlen ist. Sie können sie selbst einrichten oder ihre Einrichtung bei Dritten finanziell fördern. Mit 19 Abs. 2 (1) BSHG können Arbeitsplätze im Zusammenhang mit gemeinnützigen und zusätzlichen Arbeiten geschaffen werden (vergleichbar mit den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des AFG). Auch hier wird das übliche tarifliche Entgelt gezahlt. Mit 19 Abs. 2 (2) gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, für gemeinnützige und zusätzliche Arbeiten anstelle des üblichen Arbeitsentgeltes nur Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer Mehraufwandsentschädigung zu zahlen. Im Unterschied zu den beiden ersten Varianten, in denen ein reguläres Arbeitsverhältnis zustandekommt, begründet die letztgenannte Mehraufwandsentschädigungsvariante kein Arbeitsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinne mit gesetzlicher Sozialversicherungspflicht (vgl. Neue Arbeit Saar 1995, 39 40), so daß sie für eine Reintegration in den Arbeitsmarkt nicht geeignet ist. Durch die Schaffung von Arbeitsplätzen nach 19 Abs. 1 und Abs. 2(1) BSHG erwerben die Betroffenen wie in jedem anderen Arbeitsverhältnis auch neue Ansprüche für Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Grundsätzlich können... nur befristete Arbeitsgelegenheiten vermittelt und finanziert werden. Die Dauer der Maßnahme sollte mindestens 6 Monate und höchstens zwei Jahre, in der Regel 1 Jahr umfassen und dabei an den Bedingungen des Einzelfalls orientiert sein (Neue Arbeit Saar 1995, 40). Damit besteht grundsätzlich die Möglichkeit, in Förderketten für Maßnahmen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung auch ein- oder max. zweijährige Arbeitsverhältnisse nach 19 BSHG zu

112 Kapitel 5: Finanzierung 119 integrieren, die dann mit einer Umschulung verknüpft nach drei oder vier Jahren zu einem anerkannten Berufsabschluß führen. 5.5 Das Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher Das bis Ende 1999 befristete Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit der Bundesregierung verfolgt das Ziel, Ausbildungsplatzbewerber(inne)n, die noch für das laufende Ausbildungsjahr 1998/99 einen Ausbildungsplatz suchen, und arbeitslosen Jugendlichen eine Ausbildung, eine Qualifizierung oder eine Beschäftigung zu vermitteln. In den Richtlinien zur Durchführung des Sofortprogrammes zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit (SPR) der Bundesanstalt für Arbeit 2 finden sich folgende Festlegungen: (2) Als Leistungen werden angeboten: 1. Förderung von lokalen und regionalen Projekten zur Ausschöpfung und Erhöhung des betrieblichen Lehrstellenangebotes (Artikel 2) 2. Trainingsprogramm für noch nicht vermittelte Bewerberinnen und Bewerber (Artikel 3) 3. Erstes Ausbildungsjahr in außerbetrieblicher Ausbildung für im Februar/März noch nicht vermittelte Bewerber/innen und gegebenenfalls Fortsetzung der außerbetrieblichen Ausbildung bis zum Berufsabschluß (Artikel 4) 4. Nachholen des Hauptschulabschlusses (Artikel 5) 5. Arbeit und Qualifizierung für (noch) nicht ausbildungsreife Jugendliche (AQJ) (Artikel 6) 6. Berufliche Nach- und Zusatzqualifizierung (Artikel 7) 7. Lohnkostenzuschüsse für arbeitslose Jugendliche (Artikel 8) 8. Qualifizierungs-Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) (Artikel 9) 9. Beschäftigungsbegleitende Hilfen (Artikel 10) 10. Soziale Betreuung zur Hinführung an Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen (Artikel 11) (Artikel 1 1 Abs. 2 SPR). Die Leistungen können zugunsten Jugendlicher erbracht werden, die das 25. Lebensjahr zu Beginn der Leistung noch nicht vollendet haben. Junge Frauen sind entsprechend ihrem Anteil an den noch nicht vermittelten Ausbildungsplatzbewerber(inne)n bzw. entsprechend ihrem Anteil an arbeitslosen Jugendlichen zu berück- 2 Die Richtlinien zur Durchführung des Sofortprogrammes zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit sind erschienen in den Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste der Bundesanstalt für Arbeit (ibv) Nr. 2/99 auf Seite 92 ff. Ziele: Vermittlung in Ausbildung, Qualifizierung oder Beschäftigung

113 120 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Artikel 7 SPR: Berufliche Nach- und Zusatzqualifizierung sichtigen. Ausländische, benachteiligte oder behinderte Jugendliche sind im Rahmen des Sofortprogramms besonders zu fördern (vgl. Artikel 1 Abs. 3 5 SPR). Verschiedene Leistungen können, soweit sinnvoll oder erforderlich, miteinander kombiniert werden (Artikel 12 Abs. 1 SPR). Die Förderdauer beträgt grundsätzlich ein Jahr, soweit bei einzelnen Leistungen nichts Abweichendes formuliert wird. Eintritte in die Maßnahmen sind bis zum möglich (Artikel 13 Abs. 1 SPR). Das Programm wird aus dem Europäischen Sozialfonds mitgefördert und von den Arbeitsämtern durchgeführt. Leistungen nach diesem Programm sind nachrangig gegenüber vergleichbaren Leistungen Dritter, insbesondere gegenüber Sonderprogrammen der Länder (Artikel 14 SPR). Für den in diesem Handbuch vertretenen Ansatz der berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener sind insbesondere die Artikel 7 bis 10 SPR interessant. Sie verbessern die Einsatzmöglichkeiten der in diesem Handbuch beschriebenen Finanzierungsinstrumente berufliche Weiterbildung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Lohnkostenzuschüsse. Erstmals wird die Zielsetzung der berufsbegleitenden Nachqualifizierung in einem Bundesprogramm explizit formuliert: Die Förderung beruflicher Nach- und Zusatzqualifizierung soll vor allem dazu beitragen, daß Arbeitslose ohne Berufsabschluß, die nicht in eine Ausbildung vermittelt werden können, einen anerkannten Berufsabschluß oder einen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Teil einer anerkannten Ausbildung erwerben (Artikel 7 1 Abs. 1). Bei arbeitslosen Jugendlichen, die bereits über einen Berufsabschluß verfügen, soll durch eine nachgehende oder zusätzliche Qualifizierung eine berufliche Eingliederung erreicht werden (Artikel 7 1 Abs. 2). Nach diesem Programm können arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Jugendliche Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung in entsprechender Anwendung des SGB III auch dann erhalten, wenn die Voraussetzungen des 78 Satz 1, der 79, 80 Abs. 1 oder des 92 Abs. 2 SGB III nicht erfüllt sind (vgl. hierzu und zu den folgenden Abschnitten Artikel 7 2 SPR). Im Klartext bedeutet dies: Auf die mindestens zwölfmonatige Vorbeschäftigungszeit ( 78 Satz 1 SGB III) wird verzichtet. Es können auch Jugendliche ohne Einschränkung gefördert werden, die innerhalb der letzten drei Jahre schon einmal an einer durch das Arbeitsamt geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen haben (in Abweichung zu 79 und 80 Satz 1 SGB III). Die Vollzeitmaßnahme darf länger dauern als zwei Drittel der Ausbildungszeit (in Abweichung zu 92 Abs. 2 SGB III, vgl. Kapitel 5.3.1).

114 Kapitel 5: Finanzierung 121 Jugendliche, die nicht über eine Vorbeschäftigungszeit von einem Jahr verfügen, erhalten an Stelle des Unterhaltsgeldes nach den 153 und 154 SGB III ein Unterhaltsgeld nach den Richtlinien des Sofortprogramms. Es beträgt bei Teilnahme an Vollzeitmaßnahmen 900 DM monatlich (bzw DM, wenn die Teilnehmer/innen oder ihre Ehepartner mindestens ein Kind haben). Teilnehmer/innen an Trainingsmaßnahmen ( 48 und 49 SGB III), die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe haben, können eine Pauschale zum Lebensunterhalt in Höhe von 700 DM monatlich erhalten (ggf. zuzüglich der Beiträge für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung). Durch diese zusätzlichen Fördermöglichkeiten können auch Teilnehmer/innen in berufliche Nachqualifizierungsmaßnahmen aufgenommen werden, die bei Weiterbildungsmaßnahmen nach SGB III an formalen Zugangsvoraussetzungen scheitern würden. Die Maßnahme kann hinsichtlich der Dauer flexibler gestaltet werden. Die im Sofortprogramm vorgesehenen Lohnkostenzuschüsse (Artikel 8 SPR) sind in erster Linie für die direkte Integration in betriebliche Arbeitsverhältnisse gedacht. Arbeitslosen Jugendlichen soll durch die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen an Arbeitgeber die Eingliederung in das Erwerbsleben erleichtert werden (Artikel 8 1 SPR). Voraussetzung ist, daß sie seit mindestens drei Monaten arbeitslos sind und die Gefahr einer länger dauernden Arbeitslosigkeit von insgesamt mehr als 6 Monaten besteht. Deshalb lassen sie sich nicht unmittelbar im Anschluß oder integriert in berufliche Weiterbildungsmaßnahmen verwenden, wie es z.b. im Modell: C (vgl. Kapitel 5.2) vorgesehen ist. Allerdings sind Ausnahmen möglich: Im Anschluß an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik sowie eine Beschäftigungsförderung nach 19 BSHG soll eine Förderung nur nach besonderer Prüfung der arbeitsmarktpolitischen Notwendigkeit erfolgen (Artikel 8 4 Abs. 2 SPR). Jugendlichen ohne Ausbildung sollen vorrangig Qualifizierungsmaßnahmen nach diesen Richtlinien angeboten werden. Zweckmäßige ergänzende Qualifizierungsmaßnahmen nach diesen Richtlinien können auch während einer mit Lohnkostenzuschüssen geförderten Beschäftigung durchgeführt werden (Artikel 8 4 Abs. 3 SPR). Allerdings ist es möglich, ein sozialversicherungspflichtiges Teilzeitarbeitsverhältnis zu begründen und mit begleitenden Qualifizierungsanteilen zu versehen, wie es im Modell D vorgeschlagen wird, aufbauend auf die Erfahrungen des Berliner Programms 501/301. Arbeitgeber, die ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 15 Stunden begründen, können zum Ausgleich anfänglicher Minderleistungen des Jugendlichen einen Lohnkostenzuschuß erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis sonst nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt begründet werden könnte. Artikel 8 SPR: Lohnkostenzuschüsse für arbeitslose Jugendliche

115 122 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Artikel 9 SPR: Qualifizierungs- ABM Der Lohnkostenzuschuß kann für längstens 24 Monate gewährt werden und beträgt bei einer Bewilligungsdauer von bis zu 12 Monaten 60% und bei einer Bewilligungsdauer von bis zu 24 Monaten 40% des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgeltes (Artikel 8 3 Abs. 1 und Abs. 2 SPR). Die Förderung kann mit zusätzlichen Landes- und Kommunalmitteln sowie mit öffentlichen Infrastrukturmaßnahmen verbunden werden (Arikel 8 4 Abs 1). Durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit integrierter beruflicher Qualifizierung (Qualifizierungs-ABM) sollen Jugendliche... Qualifikationen im beruflichen Bereich erwerben, die auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sind (Artikel 9, 1 Abs. 1 Satz 1 SPR). Die durchgeführte Qualifizierung soll dem Jugendlichen bescheinigt werden. Gefördert werden können Jugendliche und Anleitungs- und Betreuungspersonal, die arbeitslos und von längerer Arbeitslosigkeit bedroht sind ( 263 SGB III findet keine Anwendung) (vgl. Artikel 9, 2 SPR). In Abweichung von 261 Absatz 4 Satz 2 SGB III soll der Anteil der beruflichen Qualifizierung der Jugendlichen an der Dauer der Gesamtmaßnahme mindestens 30% und höchstens 50% betragen. Der Anteil für Qualifizierung ist damit wesentlich größer als in einer regulären ABM (vgl. Artikel 9 3 SPR). Der Zeitanteil für die berufliche Qualifizierung kann auch zu größeren Zeitabschnitten zusammengefaßt werden (Blocksystem). Von einer beruflichen Qualifizierung kann abgesehen werden oder der Qualifizierungsanteil von mindestens 30% kann unterschritten werden, wenn die berufliche Qualifizierung nicht sinnvoll erscheint. Die berufliche Qualifizierung kann auch einem Dritten übertragen werden (vgl. Artikel 9 3 SPR). Als Leistungen werden an den Träger Zuschüsse in Höhe von 100% des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgeltes im Sinne des 265 SGB III gezahlt. Für die berufliche Qualifizierung im Rahmen der Qualifizierungs-ABM können die notwendigen Maßnahmekosten übernommen werden. Im übrigen können zu den Arbeiten Leistungen aus dem Sonderprogramm der Bundesregierung Sachkostenzuschüsse zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bis bis zu 500 DM (bei Vergabe-ABM bis zu 800 DM) pro Monat und gefördertem Arbeitnehmer gezahlt werden (vgl. Artikel 9 4 SPR bzw. die Vereinbarung zur Durchführung des Programms Sachkostenzuschüsse zu den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Jahr 1999 ) (Bundesanstalt für Arbeit 1999, 90 91). Abweichend von 260 Abs. 1 Nr. 1 SGB III und 261 Abs. 1 bis 3 SGB III sind die Zusätzlichkeit der Arbeiten und das öffentliche Interesse an den Arbeiten zu vermuten, wenn 1. der Qualifizierungsanteil 50% beträgt und im Zusammenhang mit den Arbeiten steht oder

116 Kapitel 5: Finanzierung die Arbeiten im Bundesgebiet in Tätigkeitsfeldern zur Erhaltung und Verbesserung der Umwelt und zur Verbesserung des Angebotes bei den sozialen Diensten und in der Jugendhilfe ( 273 SGB III) oder im Beitrittsgebiet zur Erhöhung des Angebotes im Breitensport und in der freien Kulturarbeit, zur Vorbereitung und Durchführung der Denkmalpflege, der städtebaulichen Erneuerung und des städtebaulichen Denkmalschutzes sowie zur Verbesserung des Wohnumfeldes ( 415 SGB III) stattfinden (vgl. Artikel 9 5). Eine Verpflichtung, Arbeiten im gewerblichen Bereich nach 262 SGB III zu vergeben, besteht nicht. Diese von den üblichen Einschränkungen des SGB III weitestgehend befreite Ausgestaltung von Qualifizierungs-ABM ist geradezu geschaffen, sie als ersten Teil einer längerfristigen Qualifizierung zum Berufsabschluß zu verwenden (vgl. das Model B zu Beginn dieses Kapitels). Mit dem ausdrücklichen Verweis auf arbeitsmarktlich verwertbare berufliche Qualifikationen, die zertifiziert werden sollen, wird indirekt auf die im vorangegangenen Kapitel 4 dargestellte modulare Gliederung der Qualifizierung zum Berufsabschluß Bezug genommen. Auf diese Weise lassen sich in der ABM berufliche Qualifikationen erwerben, die anschließend durch eine Vollzeit-Weiterbildungsmaßnahme oder Teilzeit-Qualifizierung begleitend zu betrieblicher Beschäftigung zum Berufsabschluß ergänzt werden können. Dieser Vorteil kommt allerdings nur dort voll zur Geltung, wo es bereits modulare Qualifizierungskonzepte zum Berufsabschluß gibt und wirtschaftliche Gruppengrößen für einen Beruf bzw. ein Berufsfeld geschaffen werden können. Die relativ offene Formulierung Qualifikationen im beruflichen Bereich läßt aber auch Qualifizierungsinhalte zu, die eher allgemein gehalten, also weder auf ein bestimmtes Berufsziel noch auf einen konkreten betrieblichen Arbeitsplatz ausgerichtet sind. Es wäre wünschenswert, wenn die Qualifizierungs-ABM für genau definierte Berufsfelder festgelegt würden, damit die Absolvent(inn)en mit Hilfe der vermittelten Grundlagenmodule zumindest in einem Teilbereich des Berufes fachlich qualifizierte Arbeitstätigkeiten ausführen können, also in diesem Teilbereich ähnlich qualifiziert arbeiten wie Facharbeiter/innen bzw. Gesell(inn)en. Auf diese Weise können sie im Anschluß an die Qualifizierungs-ABM zielgenauer auf Arbeitsplätze vermittelt werden, die qualifizierte Anforderungen stellen. Die Qualifizierung in der ABM kann bei einer späteren Fortsetzung der beruflichen Weiterbildung zum Berufsabschluß angerechnet werden. Das setzt voraus, daß die Qualifizierungskonzepte explizit darauf Bezug nehmen, welche Teile des Berufsbildes (Module) während der ABM vollständig abgeschlossen werden. Die beschäftigungsbegleitenden Hilfen (Artikel 10 SPR) stellen eine gute Ergänzung des bisherigen SGB-Förderinstrumentariums

117 124 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Artikel 10 SPR: Beschäftigungsbegleitende Hilfen Artikel 11 SPR: Soziale Betreuung dar, indem betriebliche Beschäftigung durch begleitende Förderung und Qualifizierung unterstützt werden kann. Durch gezielte Hilfen zur Qualifizierung und Stabilisierung soll die betriebliche Eingliederung Jugendlicher gefördert werden (Artikel 10 1 SPR). Förderfähig sind Jugendliche, die wegen der in ihrer Person liegenden Gründe ohne die Förderung ein Arbeitsverhältnis nicht begründen oder festigen können (Artikel 10 2). Durch solche zusätzlichen Maßnahmen zur betrieblichen Eingliederung für förderfähige Jugendliche sollen deren berufliche Eingliederung in den Betrieb ermöglicht und ihre Eingliederungsaussichten verbessert werden (vgl. Artikel 10 3 Abs. 2 SPR). Aufgrund der Höchstförderdauer von 6 Monaten eignen sich diese beschäftigungsbegleitenden Hilfen eher für Nachbetreuungsphasen im Übergang von einer ABM oder Weiterbildung in betriebliche Beschäftigung. Förderfähig sind Maßnahmen, die die betriebliche Eingliederung unterstützen und über betriebsübliche Inhalte hinausgehen (beschäftigungsbegleitende Hilfen). Hierzu gehören Maßnahmen 1. zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten, 2. zur Förderung der Fachpraxis und Fachtheorie und 3. zur sozialpädagogischen Begleitung (Artikel 10 3 Abs. 2 SPR). Werden die beschäftigungsbegleitenden Hilfen während der Arbeitszeit durchgeführt, können den Arbeitgebern anteilige Lohnkosten erstattet werden (Artikel 10 3 Abs. 3 SPR). Im Vorfeld von Nachqualifizierungsmaßnahmen kann auch die soziale Betreuung zur Hinführung an Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen (Artikel 11 SPR) für die Ansprache und Motivierung von besonders benachteiligten Jugendlichen interessant sein, die wegen besonderer persönlicher Merkmale vorhandene Angebote der beruflichen Eingliederung nicht oder nicht mehr in Anspruch nehmen. 5.6 Ergänzende Finanzierung durch andere Landes- oder Bundesprogramme Die bisherigen Ausführungen zu den Finanzierungsinstrumenten der Arbeitsförderung nach SGB III haben bereits deutlich gemacht, daß kombinierte Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte für an- und ungelernte junge Erwachsene mit dem Ziel, einen anerkannten Berufsabschluß zu erwerben, derzeit ohne eine ergänzende Landesfinanzierung nicht auskommen. Über das genannte Instrumentarium der Arbeitsförderung und der Sozialhilfe müssen in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung folgende Finanzierungselemente durch Landesmittel abgedeckt werden:

118 Kapitel 5: Finanzierung 125 Die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen für betriebliche Beschäftigung, Qualifizierungszuschüsse zur Aufstockung des Unterhaltsgeldes während der Qualifizierungsphasen, eine ergänzende Personalförderung während Weiterbildungsmaßnahmen, um den zielgruppenspezifischen Erfordernissen gerecht zu werden, die vollständige Übernahme der Personal- und Sachkosten für die Qualifzierung begleitend zu ABM, Kinderbetreuungskosten für die Fälle, in denen der Zuschuß des Arbeitsamtes nicht ausreicht. Hier nicht besonders aufgeführt sind Fördermöglichkeiten der Länder, die nicht speziell die berufsbegleitende Nachqualifizierung betreffen, wie z.b. die Förderung von Stammkräften in Beschäftigungsprojekten, die Förderung von Beratungsstellen, die Unterstützung sozialer Betriebe sowie Programme der Jugendhilfe bzw. Jugendberufshilfe. Ebenfalls ausgeklammert wurden Programme ohne regionale Einschränkungen innerhalb der einzelnen Bundesländer. Die Tabelle im Anhang über die Finanzierungsprogramme der Länder gibt eine Orientierung darüber, welche Programme sich zur Kofinanzierung von kombinierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekten der berufsbegleitenden Nachqualifizierung eignen. Die Programme richten sich in erster Linie an Personen, die arbeitslos bzw. langzeitarbeitslos oder in Form von ABM auf dem zweiten Arbeitsmarkt beschäftigt sind. Während einige Programme eine ergänzende Förderung einer Gesamtmaßnahme bzw. eines Projektes vornehmen, eignen sich andere wiederum nur für die Förderung von Teilbereichen einer Maßnahme. Die Zuordnung der einzelnen Förderbereiche ist nicht immer eindeutig möglich. Deshalb bedarf es bei einigen Programmen einer projektbezogenen Überprüfung, welche Kostenarten finanzierbar sind. Die meisten ESF-Programme des Bundes und der Länder enden am Bei einigen Programmen ist eine Ausfinanzierung bis zum vorgesehen. Das bedeutet, daß 1998 beginnende Maßnahmen eigentlich nur noch bis bzw gefördert werden können und danach Neuanträge gestellt werden müssen. Da die Umstellung auf die neue Förderperiode des ESF erfahrungsgemäß mit zeitlichen Verzögerungen verbunden ist, kann es sein, daß im Jahre 2000 noch nach den alten Förderkonditionen bewilligt wird. Das würde bedeuten, daß Maßnahmen bis zum ausfinanziert werden können (Stand: April 1998). Ergänzend zu den Landesprogrammen sei auf zwei Programme der Bundesanstalt für Arbeit bzw. des Bundesministeriums für Arbeit (BMA) hingewiesen, die ebenfalls Möglichkeiten der Kofinanzierung bieten:

119 126 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Neue Wege der Arbeitsmarktpolitik ESF-Mittel des Bundes Das BMA-Programm Förderung der Erprobung neuer Wege in der Arbeitsmarktpolitik richtet sich u.a. an beruflich nicht qualifizierte Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre und von Arbeitslosigkeit Bedrohte ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Es werden Leistungen gewährt, die die berufliche Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen. Das Programm bietet die Chance, vor Ort neue Ideen und Ansätze zu entwickeln und damit zur Verbesserung arbeitsmarktpolitischer Instrumente und Konzepte beizutragen (vgl. auch die freie Förderung nach 10 SGB III). Zuwendungsfähig sind bauliche Investitionen, Ausstattungsinvestitionen, laufende Sachkosten, Personalkosten für Anleitungs- und Betreuungspersonal, Management, Projektleitung und Administration, Personalkosten für Maßnahmeteilnehmer/innen sowie ergänzende Individualleistungen, Hilfen bei der Gründung selbständiger Existenzen. Die Leistungen sind nachrangig, d.h., Zuwendungen können nicht erfolgen, wenn eine Förderung aufgrund regulärer Instrumente des SGB III möglich ist. Die Zuwendung kann mit Förderinstrumenten bzw. Finanzierungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb des SGB III verknüpft werden. Bei Verknüpfung verschiedener Instrumente ist von einer Aufstockungs- oder Anschlußfinanzierung einzelner in den Finanzierungsmix einbezogener Instrumente, insbesondere der Teilnehmerförderung, abzusehen, da zusätzliche und neue Wege entwikkelt werden sollen. Das heißt im Klartext, daß eine Aufstockung des Unterhaltsgeldes nicht mit diesem Programm erfolgen kann, wohl aber die Finanzierung von Lohnkostenzuschüssen für die betriebliche Integration und eine ergänzende Personalfinanzierung. Informationen erteilen die örtlichen Arbeitsämter, die auch die Anträge entgegennehmen. Ebenfalls über die örtlichen Arbeitsämter laufen Anträge auf Leistungen nach dem Programm AFG-Plus, das aus Mitteln des ESF zusätzliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen des Bundes fördert, und zwar für Langzeitarbeitslose, für Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren, die eine Ausbildung oder Beschäftigung suchen, für Arbeitnehmer/innen ohne ausreichende berufliche Qualifikationen (insbesondere für Berufsrückkehrer/innen) sowie für Behinderte. Unter Berücksichtigung des Einzelfalls können folgende Leistungen gewährt werden: Unterhaltsgeld für Teilnehmer/innen ohne Anspruch auf UHG- Leistungen nach 153 SGB III in Höhe von bzw. 900 DM (neue Bundesländer) und bzw DM (alte Bundesländer); der höhere Betrag gilt jeweils für Teilnehmerinnen, die selbst ein Kind haben.

120 Kapitel 5: Finanzierung 127 Weiterbildungskosten und Leistungen zum Lebensunterhalt für Module zur Vermittlung von Sprachkenntnissen, für Lehrgänge mit berufsbezogenen und allgemeinbildenden Inhalten oder Auslandspraktika im europäischen Wirtschaftsraum Unterhaltsgeld, Kosten einer freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld sowie Weiterbildungskosten während der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen zur Existenzgründung Lehrgangskosten, Kinderbetreuungskosten während der Teilnahme an Maßnahmen zur Begleitung einer selbständigen Tätigkeit (Coaching) Hilfen zur Beschäftigungsaufnahme für Arbeitgeber (Eingliederungsbeihilfe) bis zu sechs Monaten Kinderbetreuungskosten für Alleinerziehende (120 DM pro Kind und Monat) bis zu sechs Monaten Sozialpädagogische Betreuung vor, während und nach der Maßnahme zur persönlichen Stabilisierung, Gewinnung von Maßnahmeteilnehmer(inne)n aus den arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen. Die Arbeitsämter können entsprechend der Lage auf dem örtlichen Arbeitsmarkt Schwerpunkte setzten. Die Kombination von ESF- Mitteln des Bundes mit ESF-Mitteln der Länder ist unzulässig. 5.7 Finanzierungsmöglichkeiten für betrieblich Beschäftigte Betriebliche Maßnahmen zur Nachqualifizierung von Ungelernten werden nur zögerlich konzipiert. Angesichts steigender Kosten bauen viele Unternehmen nicht nur ihre Ausbildungsplätze, sondern auch ihr Personal ab, so daß die Sorge um den Arbeitsplatz den Gedanken an eine Qualifizierung überdeckt. Aber auch betriebliche Personalpolitik zielt zu wenig auf die Förderung von ungelernten Arbeitnehmern, deren Beteiligung in betrieblich organisierten Angeboten zur beruflichen Weiterbildung maximal sieben Prozent beträgt (Bundesinstitut für Berufsbildung/Statistisches Bundesamt 1994, 7). Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen haben jedoch finanzielle, organisatorische und auch ideologische Schwierigkeiten, dieser Zielgruppe ein Fortbildungsangebot zu offerieren (Davids, 1996a, 5 6). Das Problem an- und ungelernter Arbeitskräfte wird von den Betrieben in der Regel eher durch Entlassungen gelöst, als daß im Zuge vorausschauender Personalpolitik eine längerfristige Qualifizierung dieser Mitarbeiter/innen betrieben würde. Die öffentliche Förderung betrieblicher Beschäftigung und Qualifizierung für An- und Ungelernte konzentriert sich daher auch auf diejenigen, die bereits arbeitslos oder zumindest von Arbeitslosigkeit

121 128 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung ADAPT QUATRO (NRW) unmittelbar bedroht sind. Sie geschieht mit dem Ziel einer Reintegration in betriebliche Beschäftigung. Lohnkostenzuschüsse können aber im wesentlichen allenfalls im Rahmen der freien Förderung nach 10 SGB III oder in Verbindung mit einigen Landesprogrammen genutzt werden. An- und Ungelernte, die (noch) im Betrieb beschäftigt sind und sich im Rahmen vorausschauender Personalentwicklung zu Facharbeiter(inne)n mit anerkanntem Berufsabschluß weiterbilden sollen, finden derzeit allenfalls im Zusammenhang mit der Vermeidung von bevorstehenden Entlassungen und/oder im Zusammenhang von Sozialplanregelungen Qualifizierungsangebote, häufig bei Auffangoder Qualifizierungsgesellschaften, bei denen die Mitarbeiter/innen mit 100% Kurzarbeit beschäftigt werden. Solche Konzepte sind allerdings bislang eher die Ausnahme (vgl. Davids 1996a, 6). Eine öffentliche Förderung der Qualifizierung von betrieblichen Mitarbeiter(inne)n war bisher denkbar über die Gemeinschaftsinitiative ADAPT. In deren Maßnahmeschwerpunkt 1: Vermittlung von Ausbildung, Orientierung und Beratung des Operationellen Programms Bundesrepublik Deutschland gab es unter den Stichworten Schaffung neuer Beschäftigung, Anpassung an den industriellen Wandel sowie Qualifizierungsmaßnahmen für den internen Strukturwandel Anknüpfungspunkte für berufsbegleitende Nachqualifizierungsmaßnahmen für an- und ungelernte Beschäftigte. Antragsschluß war bereits am Das Programm endet am Noch steht nicht fest, ob es eine weitere Förderperiode geben wird. Als Beispiel für ein Landesprogramm, das ähnliche Zielsetzungen wie ADAPT verfolgt, sei das Programm QUATRO aufgeführt, das vom Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit der Europäischen Union im Rahmen ihres Ziel-4-Programmes finanziert wird. QUATRO steht für Qualifikation, Arbeit, Technik, ReOrganisation und wendet sich an Beschäftigte, insbesondere von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitskräfte, in kleinen und mittleren Unternehmen. Fördergegenstände sind vor allem berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, die in Zusammenhang mit der Einführung neuer Technologien und Produkte, neuer Organisationskonzepte sowie besserer Umweltstandards in den Betrieben stehen. Arbeitsplatzgefährdungen, die im Zuge des Strukturwandels entstehen, sollen also vorbeugend durch Qualifizierung der betroffenen Arbeitskräfte abgefangen werden. Als Förderschwerpunkte werden vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen Vorausschätzungen der Entwicklung des Arbeitsmarktes und des Bedarfes an Qualifikationen, Qualifizierung, Orientierung und Beratung (u.a. in bezug auf neue Technologien und speziell auch für an- und ungelernte Arbeitskräfte),

122 Kapitel 5: Finanzierung 129 Verbesserung und Entwicklung geeigneter Ausbildungssysteme, Weiterbildungsinfrastrukturen und Vermittlungsaktivitäten (vgl. Technologieberatungsstelle NRW, 7 11) genannt. Auch im Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft LEONARDO DA VINCI ergeben sich Anknüpfungspunkte für transnationale Pilotprojekte zur berufsbegleitenden Qualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener im Bereich Verbesserung der Qualität der beruflichen Erstausbildung und des Übergangs der Jugendlichen in das Berufslebens sowie der Verbesserung der Qualität der Berufsbildungsmaßnahmen zugunsten... benachteiligter Personen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. hierzu die Tabellen im Anhang 9.5). LEONARDO 5.8 Rechtliche Grundlagen nach dem Berufsbildungsgesetz Die berufsbegleitende Nachqualifizierung, die außerhalb der Erstausbildung Möglichkeiten zum nachträglichen Erwerb eines anerkannten Berufsabschlusses bietet, ist im Berufsbildungsgesetz als Teil der Berufsbildung ( 1) durch die für berufliche Umschulungen geltenden Regelungen erfaßt. 1 BBiG faßt unter dem gemeinsamen Oberbegriff Berufsausbildung die berufliche Erstausbildung, die berufliche Fortbildung (sie baut auf eine bereits vorhandene Erstausbildung auf und dient dem Ziel, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen oder beruflich aufzusteigen) und die berufliche Umschulung zusammen. Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen ( 1 Abs. 4 BBiG). Sie verlangt nicht notwendigerweise eine vorherige Erstausbildung als Voraussetzung. Ausreichend ist vielmehr, ob er überhaupt zuvor berufstätig war, was beispielsweise auch als Fachkraft, als Angelernter oder auch als Ungelernter geschehen kann. Vorausgesetzt ist damit also lediglich, daß der Betreffende nach Erfüllung seiner Vollzeitschulpflicht und vor Aufnahme einer Umschulung irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist (Wohlgemut 1995, 90). Umschulungen können sowohl Gruppen- als auch Einzelmaßnahmen sein. Sie können in Betrieben wie auch in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen durchgeführt werden. Das Rechtsverhältnis zwischen Umschüler und Umschulungsträger wird durch den Abschluß eines Umschulungsvertrages begründet. Die in einer betrieblichen Umschulung befindlichen Umschüler sind Arbeitnehmer dieses Betriebes, zumindest dann, wenn sie in vergleichbarer Weise wie die übrigen Angestellten und Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert sind (vgl. Wohlgemut 1995, 369). 1 BBiG Berufsausbildung berufliche Erstausbildung berufliche Fortbildung berufliche Umschulung Berufliche Umschulung

123 130 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Erwachsenengerechtes Lernen Unterschiede zu regulären Umschulungen Dauer Maßnahmen der beruflichen Umschulung müssen nach Inhalt, Art und Dauer den besonderen Erfordernissen der Erwachsenenbildung entsprechen. Dies bedeutet namentlich, daß sich die Maßnahmen methodisch und inhaltlich nicht an der Erstausbildung Jugendlicher, sondern am unterschiedlichen Alters- und Bildungsstand Erwachsener orientieren. Hierzu gehört insbesondere partnerschaftliches Lernen z.b. Gruppenarbeit, Lehrgespräch und Lehrinterviews. Die Umschulungsdauer ist dabei entsprechend dem Ziel der Umschulung, nämlich der schnellen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß, möglichst kurz zu bemessen (Wohlgemut 1995, 369). Auch die Prüfungsanforderungen und Prüfungen müssen den besonderen Erfordernissen beruflicher Erwachsenenbildung entsprechen. Bei der Umschulung für einen anerkannten Ausbildungsberuf sind das Ausbildungsberufsbild ( 25 Abs. 2 Nr. 3 BBiG), der Ausbildungsrahmenplan ( 25 Abs. 2. Nr. 4 BBiG) und die Prüfungsanforderungen ( 25 Abs. 2 Nr. 5 BBiG) zugrundezulegen. Die zuständige Stelle hat die Durchführung der Umschulung zu überwachen ( 47 BBiG). Das im Vergleich zu regulären Umschulungen besondere Konzept in der berufsbegleitenden Qualifizierung beruft sich auf die in 47 BBiG formulierte Anforderung, sich am unterschiedlichen Bildungsstand Erwachsener zu orientieren. Die Besonderheit ergibt sich aus der Zielgruppe, die zwar über Arbeits- und Berufserfahrungen verfügt, aber noch keine berufliche Erstausbildung abgeschlossen hat. Die Unterschiede zu den Umschulungsteilnehmer(inne)n mit abgeschlossener Erstausbildung beziehen sich zum Beispiel auf die Dauer und Intensität der beruflichen Vorerfahrungen, auf das Ausmaß der vorhandenen beruflichen Qualifikationen, auf das methodische Herangehen an berufliche Arbeits- und Lernprozesse, auf die bezogen auf die Lernvoraussetzungen Erfolg versprechenden Lernformen und Methoden. Dies hat auch Auswirkungen auf die Dauer der Maßnahme. Umschüler/innen, die bereits auf eine Erstausbildung aufbauen können und eine schnellstmögliche Integration in den Arbeitsprozeß anstreben, können und sollen den Berufsabschluß in einer kürzestmöglichen Zeit erreichen. Nach dem alten AFG betrug die Umschulungsdauer maximal die Hälfte der für die Erstausbildung vorgesehenen Zeit. Nach dem neuen 92 SGB III soll die Dauer um mindestens ein Drittel reduziert werden, so daß nun wieder eine 24monatige Umschulungsdauer in dreijährigen Ausbildungsberufen möglich ist. Viele an- und ungelernte junge Erwachsene werden mit dieser verkürzten Dauer nicht zurechtkommen. Für die berufsbegleitende Nachqualifizierung bedarf es daher eines flexiblen Systems, mit dem die individuell erforderliche Zeit für den Erwerb eines Berufsabschlusses variabel gestaltet werden kann; dies soll durch die modulare Gliederung erreicht werden;

124 Kapitel 5: Finanzierung 131 einer Möglichkeit, bereits während der Qualifizierung in Arbeitsverhältnisse integriert zu werden oder dort zu verbleiben; dies soll durch eine Kombination von Qualifizierung und Beschäftigung erreicht werden; einer Möglichkeit, die Qualifizierung über einen längeren Zeitraum als in der verkürzten Umschulung möglich zu erstrecken; dies soll durch den berufsbegleitenden Charakter der Qualifizierung erreicht werden. Diese konzeptionellen Neuerungen beziehen sich somit auf die Anforderungen des 47 BBiG, sich am unterschiedlichen Bildungsstand der Erwachsenen zu orientieren. Der Begriff Umschulung betrifft nicht nur die von der Arbeitsverwaltung geförderten Maßnahmen im engeren Sinne, sondern jegliche Weiterbildung, die auf eine andere Tätigkeit und einen neuen Berufsabschluß hinzielt, unabhängig von der Maßnahmeart. Wenn die Qualifizierung also mit betrieblicher Beschäftigung oder mit öffentlich geförderter Beschäftigung (z.b. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Arbeit statt Sozialhilfe) kombiniert ist, handelt es sich dennoch um eine Umschulung im Sinne des BBiG, so daß sie, etwa bei der Überwachung durch die zuständige Stelle, bei der Zulassung zur Prüfung oder bei der Gestaltung der Prüfung, wie eine Umschulung zu behandeln ist.

125 132 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Externenprüfung Modulzertifikate zum Nachweis vorhandener Qualifikationen Die Zulassung zur Prüfung Für die berufliche Weiterbildung gilt die Zulassung in besonderen Fällen ( 40 BBiG und 37 HWO). Für an- und ungelernte junge Erwachsene gibt es zwei Wege zu einer Abschlußprüfung: im Rahmen einer beruflichen Weiterbildung (nach Absatz 3) oder im Rahmen einer Externenprüfung (nach Absatz 2). In Absatz 1 ist die vorzeitige Zulassung zur Abschlußprüfung geregelt, wenn die Leistungen dies rechtfertigen. Absatz 2 regelt die Zulassung auf der Basis der Externenprüfung und Absatz 3 die Ausbildung in sonstigen Einrichtungen. Mit der Regelung zur Externenprüfung soll Außenseitern, die kein Berufsausbildungsverhältnis durchlaufen haben, Gelegenheit gegeben werden, ihre berufliche Qualifikation nachzuweisen und so die Prüfungszulassung zu erlangen (Wohlgemut 1995, 315). Bei den an- und ungelernten jungen Erwachsenen handelt es sich um solche Außenseiter. Allerdings müssen sie in dem Beruf tätig gewesen sein, in dem die Prüfung abgelegt werden soll, und dort hinreichende Kenntnisse und Fertigkeiten im Sinne des gesamten Berufsbildes erworben haben. Dies ist für junge Erwachsene schwer nachzuweisen, denn eine sechs- bis siebenjährige Berufserfahrung in dem neuen Beruf haben sie in aller Regel nicht hinter sich, weil sie noch zu jung sind, um nach ihrer Vollzeitschulpflicht sechs Arbeitsjahre hinter sich haben zu können, weil sie in wechselnden Beschäftigungsverhältnissen in unterschiedlichen Berufen oder Tätigkeiten gearbeitet haben oder weil sie zu häufig und zu lange arbeitslos waren. Daher bleibt nur der zweite Weg, durch Zeugnisse oder auf andere Weise glaubhaft nachzuweisen, daß sie die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen. Als Beweismittel kommen Auskünfte jeder Art, Anhörung oder schriftliche Äußerungen von Beteiligten, Zeugen und Sachverständigen oder die Beiziehung von Urkunden in Frage. Der Nachweis ist geführt, wenn die Überzeugung vermittelt wurde, daß die Voraussetzungen für die Zulassung als Außenseiter im einzelnen gegeben sind (Wohlgemut 1995, 316). Das in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung entwickelte elte Modulsystem zielt darauf ab, diesen Nachweis durch Modulzer- tifikate zu führen. Die einzelnen Module beziehen sich auf das Berufsbild und den Ausbildungsrahmenplan. Alle Module eines Berufes zusammengenommen umfassen sämtliche bei der Zulassung zur Prüfung vorauszusetzenden Fertigkeiten und Kenntnisse. Diese werden in Modulzertifikaten bescheinigt und in Qualifizierungspässen nachgewiesen. Da, wie oben ausgeführt, auch viel offenere Beweismittel zulässig sind, dürfte im Grundsatz nichts gegen die Anerkennung von Modulzertifikaten sprechen, um die laut Berufsbild und Ausbildungsrahmenplan erforderlichen Qualifikationen

126 Kapitel 5: Finanzierung 133 Nutzen der Externenprüfung Aus den Ergebnissen des BIBB-Forschungsvorhabens Wege zur Externenprüfung wurde der Nutzen dieser Externenprüfung vor allem für solche Erwerbstätige gesehen, die über mehrjährige Berufserfahrungen in ihrem Beruf verfügen und über den Berufsabschluß einen anerkannten Berufsabschluß nachweisen möchten oder die einen zweiten Berufsabschluß machen wollen (Doppelqualifikation). Es handelt sich überwiegend um Teilnehmer/innen mit guten schulischen und beruflichen Voraussetzungen. Knapp die Hälfte hat den Volksbzw. Hauptschulabschluß, ein weiteres Drittel den Realschulabschluß, und zwölf Prozent besitzen sogar die Hochschulbzw. Fachhochschulreife. Nur fünf Prozent sind ohne Schulabschluß. Die bisherigen Formen der Vorbereitung auf die Prüfung durch Selbststudium und Vorbereitungslehrgänge sind eher auf Teilnehmer/innen mit guten beruflichen und schulischen Voraussetzungen ausgerichtet. nachzuweisen. Durch die Kombination von Beschäftigung und Qualifizierung kann gleichzeitig auch eine Berufstätigkeit im Prüfungsberuf nachgewiesen werden. Die Entscheidung über die Zulassung trifft der Prüfungsausschuß auf Antrag. Sie ist auszusprechen, wenn die doppelte Zeit an Berufstätigkeit nachgewiesen wird. Im anderen Falle handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Anders als bei der Eintragung in das Verzeichnis der Ausbildungsstellen bzw. in die Lehrlingsrolle kann die Kammer oder der Prüfungsausschuß nicht schon beim Eintritt in einen solchen berufsbegleitenden Nachqualifizierungsweg die Gewähr bieten, auch zur Prüfung zugelassen zu werden. Darin besteht ein erheblicher Nachteil. Dagegen besteht wie bei regulären Umschulungen ein Rechtsanspruch auf Zulassung zur Prüfung, wenn die Ausbildung in einer berufsbildenden Schule oder sonstigen Einrichtung erfolgt ist und der Berufsbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspricht ( 40 (3) BBiG bzw. 47 (3) HWO). Als sonstige Einrichtung kommt jede über- bzw. außerbetriebliche Ausbildungsstätte in Betracht. Im Sinne der Begriffsbestimmung des Berufsbildungsgesetzes, wonach unter Umschulung alle Qualifizierungsmaßnahmen zu verstehen sind, die auf eine andere berufliche Tätigkeit vorbereiten, dürfte in anerkannten Ausbildungsberufen einer Zulassung zur Prüfung auch dann nichts im Wege stehen, wenn andere Maßnahmen oder Finanzierungsinstrumente als Umschulungen im Sinne der Arbeitsförderung für die Qualifizierung genutzt werden (z.b. ABM, Fortbildungen mit dem Ziel einer Arbeitsaufnahme in einer anderen beruflichen Tätigkeit). Auf dieser Grundlage besteht eine größere Rechtssicherheit als bei der Externenprüfung. Ganz sicher gehen Kein Rechtsanspruch auf Zulassung zur Prüfung Maßnahmeprüfung

127 134 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Verkürzung oder Verlängerung der Ausbildungszeit ( 29 BBiG) Wiederholungsprüfungen Nach 25 BBiG bzw. HWO anerkannter Berufsabschluß diejenigen Bildungsträger, die eine berufliche Weiterbildung nach SGB III in ihr Gesamtkonzept einbauen. Wenn zu erwarten ist, daß das Ausbildungsziel in verkürzter Zeit zu erreichen ist, kann die zuständige Stelle auf Antrag die Ausbildungszeit kürzen. In Ausnahmefällen kann die Ausbildungszeit auf Antrag des Auszubildenden auch verlängert werden, wenn die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Für die Verlängerung muß es einen nachweisbaren Grund geben, z.b. Auslandspraktikum, Krankheit, Unterbrechung durch Arbeitstätigkeiten etc., ggf. auch mehrmals. Unabhängig von der individuellen Möglichkeit zur Verlängerung besteht die Möglichkeit, eine nicht bestandene Abschlußprüfung zweimal zu wiederholen, wodurch sich ebenfalls eine Verlängerung um höchstens ein Jahr ergibt. 25 Ausbildungsordnung (1) Als Grundlage für eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung sowie zu ihrer Anpassung an die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernisse und deren Entwicklung kann der Bundesminister für Wirtschaft oder der sonst zuständige Fachminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Ausbildungsberufe staatlich anerkennen, die Anerkennung aufheben und für die Ausbildungsberufe Ausbildungsordnungen erlassen. Unverzichtbarer Anspruch der berufsbegleitenden Nachqualifizierung ist die Qualifizierung zu einem nach 25 BBiG bzw. HWO anerkannten Ausbildungsabschluß. Darauf wird auch in den Regelungen zur Prüfungszulassung immer wieder verwiesen. In den Ausbildungsordnungen werden festgelegt: die Bezeichnung des Ausbildungsberufes, die Ausbildungsdauer, die Fertigkeiten und Kenntnisse, die Gegenstand der Berufsausbildung sind (Ausbildungsberufsbild), eine Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Fertigkeiten und Kenntnisse (Ausbildungsrahmenplan) und die Prüfungsanforderungen ( 25 Abs. 2 BBiG). Staatlich anerkannte Ausbildungsberufe dienen als Qualifizierungsbasis für das Fachkräftepotential der Wirtschaft und realisieren den Qualifizierungsanspruch der Auszubildenden, berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz einschließt. Sie sind keine unmittelbaren Abbildungen der im Beschäftigungssystem vorkommenden Tätigkeitsgebiete. Ausbildungsberufe sind vielmehr Konstrukte, die Qualifikationsbündel beinhalten und junge Menschen auf vielfältige Berufstätigkeiten im Beschäftigungssystem vorbereiten und dazu befähigen (Benner/ Schmidt 1996, 5).

128 Kapitel 5: Finanzierung 135 Seit 1997 enthalten die Ausbildungsverordnungen auch ein Ausbildungsberufsprofil, das zusätzlich die von den Ausgebildeten wahrnehmbaren Tätigkeits- und Aufgabenbereiche beschreibt. Es leistet damit einen Beitrag zur Transparenz und Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Informationen über die beruflichen Einsatz- und Aufgabenbereiche und die vorhandene Gesamtqualifikation sind bei der Integration in Beschäftigung die wesentliche Entscheidungsgrundlage, insbesondere bei Personen, denen das deutsche Berufsbildungssystem nicht hinreichend vertraut ist. Neben Berufsbezeichnung und Ausbildungsdauer enthalten Ausbildungsprofile Angaben über das Arbeitsgebiet und die beruflichen Fähigkeiten sowie gegebenenfalls besondere Anforderungen (wie z.b. Fremdsprachenkenntnisse). Ausbildungsprofile und Prüfungszeugnisse werden in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch verfaßt (vgl. Benner 1997, 4). Ausbildungsprofile verfolgen eine ähnliche Zielsetzung, wie sie durch die modulare Gliederung der Berufsbilder in der berufsbegleitenden Nachqualifizierung verfolgt werden, nämlich auf der Grundlage der anerkannten Ausbildungsberufe mehr Transparenz über die tatsächlich erworbenen Qualifikationen herzustellen und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erreichen. Häufig wird das Modulkonzept fälschlicherweise auch mit der in 26 BBiG geregelten Stufenausbildung in Verbindung gebracht, fälschlicherweise deshalb, weil die Zielsetzungen der Modularisierung sich wesentlich von dem Konzept der Stufenausbildung unterscheiden. 26 Stufenausbildung (1) Die Ausbildungsordnung kann sachlich und zeitlich besonders geordnete, aufeinander aufbauende Stufen der Berufsausbildung festlegen. Nach den einzelnen Stufen soll sowohl ein Ausbildungsabschluß, der zu einer Berufstätigkeit befähigt, die dem erreichten Ausbildungsstand entspricht, als auch die Fortsetzung der Berufsausbildung in weiteren Stufen möglich sein. Ausbildungsberufsprofile Stufenausbildung Die Ausbildungsordnung kann eine Stufenausbildung vorsehen. Wenn sie es tut, müssen sachlich und zeitlich besonders geordnete, aufeinander aufbauende Stufen vorhanden sein, die jede für sich zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Ausbildungsabschluß führen. Solche Konzepte erscheinen auf den ersten Blick besonders für benachteiligte und lernungewohnte Zielgruppen vorteilhaft, weil nach jeder Etappe ein Abschluß erreichbar ist, auch wenn das Gesamtziel des alle Stufen umfassenden Berufsbildes nicht erreicht wird. Damit meint man, besser auf die Voraussetzungen der Teilnehmer eingehen zu können und sie nicht vor die

129 136 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Berufliche Bildung Behinderter Alternative zu stellen, sich mühsam bis zu einem anerkannten Berufsabschluß durchzukämpfen oder ohne Abschluß zu bleiben. Vernachlässigt wird dabei, daß der nach 25 BBiG anerkannte Ausbildungsabschluß heute zu einer Eingangsqualifikation für das Beschäftigungssystem geworden ist, so daß alle diejenigen, die unterhalb dieser Qualifikation bleiben, künftig immer geringere Chancen auf eine dauerhafte Beschäftigung haben werden. Dies ist auch eine der Grundüberlegungen, die zu dem neuen Ansatz der berufsbegleitenden Nachqualifizierung geführt haben. Die darin favorisierte Gliederung der Ausbildungsberufe in Module hat gegenüber der Stufenausbildung entscheidende Vorteile: Die Transparenz über die erworbenen Qualifikationen ist größer, da sich die Module immer auf die bekannten, nach 25 BBiG anerkannten Berufe beziehen und nicht eine Vielzahl zusätzlicher, nicht mehr leicht zuzuordnender Berufsbezeichnungen geschaffen wird, so wie es derzeit bereits bei den Behindertenberufen nach 48 BBiG der Fall ist. Die Zielsetzung, einen anerkannten Abschluß zu erreichen, steht für alle Beteiligten im Vordergrund. Das ist vor allem für die Motivation, die Selbsteinschätzung und das Selbstwertgefühl der Lernenden von Bedeutung, aber auch für die Bereitschaft der Finanziers und des Qualifizierungspersonals, das höchsterreichbare Ziel zur Grundlage des Qualifizierungsplans zu machen. Die Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt wird auch für diejenigen größer, die tatsächlich ohne Abschluß ausscheiden, weil sich die Modulzertifikate auf das Berufsbild beziehen und differenzierte Aussagen darüber machen, für welche Teile des anerkannten Berufes Qualifikationen vorhanden sind. Eine Nachqualifizierung auf Abschlüsse in Ausbildungsregelungen nach statuarischem Recht entsprechend 48 BBiG/ 42b HWO ist derzeit nicht vorgesehen. Besonders interessant könnte eine Nachqualifizierung für diejenigen Behinderten sein, die einen Teilabschluß bereits erreicht haben und im Anschluß an diese Ausbildung innerhalb des Berufsfeldes tätig waren.

130 Kapitel 5: Finanzierung 137

131 139 Kapitel 6 Arbeitsämter, Betriebe und Bildungsträger Partner bei der Planung und Umsetzung

132 Arbeitsämter, Betriebe und Bildungsträger Partner bei der Planung und Umsetzung In diesem Kapitel werden Anregungen für die Planung und Projektentwicklung von Nachqualifizierungsmaßnahmen gegeben aus dem Blickwinkel von Bildungsträgern. Zu dem in drei Phasen aufgeteilten Planungs- und Entwicklungsprozeß gehört auch eine Auseinandersetzung mit den Wünschen der beteiligten Partner. Wenn die Absicht besteht, in der Region neue Maßnahmen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter junger Erwachsener nach dem in diesem Handbuch vorgestellten Ansatz einzurichten, empfiehlt es sich, zunächst ein Bild über die Interessen der beteiligten Partner Arbeitsverwaltung und Betriebe zu gewinnen. Die Interessen der betroffenen jungen Erwachsenen sind bereits in Kapitel 2 ausführlich dargestellt worden: Sie wollen einen Arbeitsplatz, mit dem sie Einkommen erzielen können. Sie sind auch interessiert daran, einen Berufsabschluß nachzuholen, wenn dies in Verbindung mit einem Arbeitsverhältnis möglich ist. Die Konsequen- Interessen der beteiligten Partner Zielgruppe

133 142 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung zen für die Konzeption, die auf diese Interessenlage aufbaut, wurden in den Kapiteln 3 und 4 ausführlich dargestellt. Interessen der Arbeitsverwaltung 6.1 Die Interessen aus der Sicht der Arbeitsverwaltung Welche Interessen hat die Arbeitsverwaltung an der Durchführung von Maßnahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung? Arbeitslose an- und ungelernte junge Erwachsene werden mit diesem neuen Angebot sowohl in Arbeit vermittelt als auch begleitend bis zum Berufsabschluß qualifiziert. Unterschiedliche Instrumente können dabei miteinander verknüpft werden. Die Qualifizierungskonzepte der Einzelmaßnahmen bauen aufeinander auf. Damit können die vorhandenen Instrumente der Arbeitsförderung für die Zielgruppe wirksamer eingesetzt werden (vgl. Kapitel 5). Die größere Betriebsnähe trägt dazu bei, daß An- und Ungelernte nach ihrem Berufsabschluß leichter und dauerhafter auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln sind. Von den betrieblichen Beschäftigungs- und Qualifizierungsphasen wird erhofft, daß zumindest ein Teil nach dem Abschluß in den Betrieben bleiben wird. Bei der Planung und Entwicklung von Angeboten der berufsbegleitenden Nachqualifizierung muß aus Sicht der Arbeitsämter eine Reihe von Besonderheiten dieses Ansatzes berücksichtigt werden: Berufsbegleitende Nachqualifizierung spricht eine Zielgruppe an, für die es bisher keine geeigneten Angebote gibt: anund ungelernte junge Erwachsene, die nach bisherigen Erkenntnissen ihren Berufsabschluß weder mit beruflicher Erstausbildung noch mit einer regulären Weiterbildung erreichen würden. Diese Zielgruppe muß für die Teilnehmergewinnung neu definiert werden (vgl. Kapitel 2). Mit ihrem Ansatz, unterschiedliche Finanzierungsinstrumente zu einer Maßnahmekonzeption mit erweiterter Zielsetzung zu verknüpfen, bewegt sich die berufsbegleitende Nachqualifizierung im Rahmen der Innovationen, die durch die freie Förderung nach 10 SGB III erreicht werden sollen. Dort geht es u.a. auch um die Optimierung der inhaltlichen Flexibilität von Regelinstrumenten, z.b. darum, besondere, maßgeschneiderte Module oder vor- und nachgeschaltete Maßnahmeteile mit anderen arbeitsmarktlichen Hilfen oder Maßnahmen zu kombinieren (vgl. Kapitel 5). Die Möglichkeit der Kombination unterschiedlicher Maßnahmen wird auch im Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit (1999) unterstützt, das speziell für die berufliche Nach- und Zusatzqualifizierung junger Erwachsener einige Zugangserleichterungen eröffnet (vgl. Kapitel 5.5).

134 Kapitel 6: Planung und Umsetzung 143 Berufsbegleitende Nachqualifizierung ist ein neues, die bisherigen Maßnahmen der Arbeitsverwaltung ergänzendes Angebot, das für die Zielgruppe neue Chancen eröffnet. Als kombinierte Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme stellt die begleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß für die betroffenen Personen eine perspektivisch wirksamere Alternative dar im Vergleich zu einer Jugend-ABM. Bei beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen für an- und ungelernte junge Erwachsene müssen die Zugangskriterien anders definiert werden als bei üblichen Weiterbildungsmaßnahmen. Sie sprechen eine Zielgruppe an, die in einer regulären Weiterbildung oft keine Chance hat, im Rahmen der Kombination von (betrieblicher) Beschäftigung und Qualifizierung aber besser gefördert werden kann. Durch berufsbegleitende Nachqualifizierung können die vorhandenen Finanzierungsinstrumente für eine bestimmte Zielgruppe wirksamer eingesetzt werden. Dies erfordert eine gewisse Flexibilität im Einsatz der Finanzierungsinstrumente und eine Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen Berufsberatung und Arbeitsvermittlung bezüglich der Maßnahmeplanung und der Teilnehmergewinnung. 6.2 Interessen aus Sicht der Betriebe Neue Produktionskonzepte und neue Formen betrieblicher Arbeitsorganisation verändern auch die beruflichen Anforderungen an die Mitarbeiter/innen. Arbeitstätigkeiten für an- und ungelernte Arbeitskräfte fallen weg. Solche Veränderungen haben Auswirkungen auf die Personalentwicklung. An- und ungelernte Arbeitskräfte müssen wenn sie nicht entlassen werden sollen nachqualifiziert werden, um die gestiegenen Anforderungen erfüllen zu können. Neue Qualifikationsanforderungen Neue Aufgaben für die betriebliche Personalentwicklung

135 144 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Mitwirkung an der Qualifizierung Strategische Personalentwicklung Qualifizierung durch Sozialplan Für Betriebe ergeben sich folgende Ansatzpunkte, sich an Konzepten und Modellen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung An- und Ungelernter zu beteiligen: a) Einstellung von An- und Ungelernten während ihrer Qualifizierung zum Berufsabschluß Arbeitsplätze, die mit Fachkräften besetzt werden sollen, erfordern in vielen Fällen nur einen Teilausschnitt der Gesamtqualifikation eines Ausbildungsberufes. Anhand der Modulzertifikate kann nachvollzogen werden, ob die für den zu besetzenden Arbeitsplatz nötigen Qualifikationen bereits vorhanden sind bzw. in kurzer Zeit erworben werden können. Damit können Arbeitskräfte, die noch nicht die Abschlußprüfung absolviert haben, auf bestimmten Arbeitsplätzen ähnlich qualifiziert eingesetzt werden wie Facharbeiter/innen bzw. Gesell(inn)en. Der weitere Qualifizierungsweg kann mit den betrieblichen Erfordernissen abgestimmt werden. Die arbeitsplatznahe Qualifizierung ist praxisnäher. Die Betriebe wirken an der Qualifizierung mit. Sie können die Ausbildungs-, Zielgruppen- und Beratungskompetenz des Bildungsträgers nutzen. Dieser Weg der Fachkräftegewinnung ist besonders für diejenigen Betriebe eine Alternative, die nicht selbst ausbilden können oder wollen. b) Versetzung An- und Ungelernter auf höherwertige Arbeitsplätze mit berufsbegleitender Qualifizierung zum Berufsabschluß Im Zuge langfristiger Personalentwicklungskonzepte können von betrieblichen Umstrukturierungen betroffene An- und Ungelernte für anspruchsvollere Arbeitstätigkeiten (innerhalb oder außerhalb des Betriebes) qualifiziert werden. Durch das Nachholen eines anerkannten Berufsabschlusses begleitend zur Berufstätigkeit bekommen die Betroffenen die Chance, sich für die neuen Anforderungen zu qualifizieren. Bekannte und bewährte Mitarbeiter/innen können damit längerfristig im Unternehmen gehalten werden. c) Qualifizierung für neue Berufstätigkeiten als Fachkräfte in anderen Branchen Häufig geschieht der Abbau von Arbeitsplätzen für An- und Ungelernte in einer Größenordnung, bei der Entlassungen nicht zu vermeiden sind. Hier helfen mittelfristige Qualifizierungskonzepte weiter, in denen sich die Betroffenen (nach dem Vorbild der Arbeitsstiftungen in Österreich) noch während der Beschäftigung im alten Betrieb auf neue Berufstätigkeiten in anderen Berufen bzw. Branchen vorbereiten bzw. den dafür erforderlichen anerkannten Berufsabschluß erwerben können. Noch während des alten Beschäftigungsverhältnisses werden neue berufliche Perspektiven erarbeitet und durch das Nachholen eines anerkannten Berufsabschlusses

136 Kapitel 6: Planung und Umsetzung 145 auch die Qualifikationsvoraussetzungen erhöht. Solche Strategien können in Betriebsvereinbarungen zur Beschäftigungssicherung oder in Sozialplänen vereinbart werden. Auch das in skandinavischen Ländern entwickelte Modell der Job- Rotation bietet sich als mögliche Lösung an. Danach könnten für eine begrenzte Zeit neue Mitarbeiter/innen eingestellt werden, um die Arbeit zu bewältigen, die von den Teilnehmer(inne)n an betrieblichen, abschlußbezogenen Nachqualifizierungskonzepten übrig gelassen werden. Auf diese Weise erhalten arbeitslose An- und Ungelernte, die sich an betrieblichen Nachqualifizierungsmodellen beteiligen, die Chance, Betriebs- und Berufserfahrung zu sammeln und an einer arbeitsplatznahen Qualifizierung teilzunehmen. Job-Rotation Der zukünftige Arbeitsmarkt wird für an- und ungelernte Arbeitskräfte immer weniger Raum haben. Alle An- und Ungelernten sollten daher eine Chance bekommen, einen Berufsabschluß zu erwerben. Um dies zu erreichen, schließen sich Betriebe und Bildungsträger in der Region zu einem Verbund zusammen, der Qualifizierung zum Berufsabschluß begleitend zur betrieblichen Beschäftigung anbietet. Es werden vor allem zwei Gruppen angesprochen: junge Erwachsene, die zu Beginn ihres Berufslebens keine Ausbildung durchlaufen haben, aber einen Berufsabschluß nachholen wollen, sowie An- und Ungelernte, deren Arbeitsplätze durch den strukturellen Wandel gefährdet sind. Beide werden langfristig für neue, qualifiziertere Aufgaben vorbereitet. Die Qualifizierung wird modular gestaltet und führt Modul für Modul zu einem Berufsabschluß mit Abschlußprüfung (vgl. Kapitel 3). Die

137 146 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Qualifizierung in enger Kooperation zwischen Betrieben und externen Bildungsträgern wird in regionale Entwicklungszentren eingebunden, die mit den Betrieben zusammen technologische Problem- und Anwendungslösungen, neue Organisationsformen der Arbeit, neue Produkte und Dienstleistungen sowie Marketingstrategien entwickeln. Alle Beteiligten nicht nur die Qualifizierungsteilnehmer/innen befinden sich in einem ständigen Lernund Entwicklungsprozeß, der ihnen auch schnelle berufliche Veränderungen ermöglicht. Projektidee 6.3 Projektplanung und Projektentwicklung aus der Sicht von Bildungsträgern Zur Analyse der Interessenlagen am Anfang der Projektplanung gehört auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Interessen des Bildungsträgers. Naheliegend ist das Interesse, die Auslastung des eigenen Personals und der vorhandenen Ausstattung und Infrastruktur zu erreichen sowie besondere Kompetenzen aus anderen Maßnahmen auch auf das neue Angebot auszudehnen, z.b. betriebsnahe Qualifizierung, Vermittlung in Arbeit oder Zielgruppenkompetenz. Bei der Einführung innovativer Konzepte, hier am Beispiel der berufsbegleitenden Nachqualifizierung, ergeben sich für Bildungsträger Chancen zur eigenen Weiterentwicklung: Nach außen öffnet berufsbegleitende Nachqualifizierung für an- und ungelernte junge Erwachsene neue Marktsegmente, die bisher noch von wenigen bearbeitet worden sind. Das trifft nicht nur für die spezifische Zielgruppe zu. Betriebsnahe Qualifizierungsansätze werden sich auch bei regulären Weiterbildungsmaßnahmen gut verkaufen lassen. Auch Betriebe werden Bildungsangebote stärker in Anspruch nehmen, wenn diese auf ihren jeweiligen betrieblichen Bedarf abgestimmt sind. Das Gesamtkonzept oder Teile daraus können auch in anderen Programmen realisiert werden. Nach innen erfordert die Realisierung des Konzeptes eine Reihe von Veränderungen in Richtung auf eine stärkere Ausrichtung des Angebotes auf die Bedürfnisse der Teilnehmer/ innen und der übrigen beteiligten Partner. Das erfordert sowohl Veränderungen der internen Strukturen (Übertragung von Verantwortung, Projektteams) als auch eine ständige Weiterentwicklung der Mitarbeiter/innen. Berufsbegleitende Nachqualifizierung birgt viele Ansatzpunkte für eine ständige Weiterentwicklung der Mitarbeiter/innen und des Bildungsträgers insgesamt im Sinne einer lernenden Organisation.

138 Kapitel 6: Planung und Umsetzung 147 Die nachfolgenden Hinweise für die verschiedenen Phasen einer Nachqualifizierung beziehen diesen Entwicklungsprozeß mit ein. Vorklärung eigener Ressourcen Die folgende Checkliste umfaßt eine Reihe von Fragen zu drei miteinander verbundenen Prüfkreisen, deren vorläufige Beantwortung Anhaltspunkte darüber ergibt, ob überhaupt und mit welcher Konzeption berufsbegleitende Nachqualifizierung etabliert werden kann. Checkliste zur Vorklärung Checkliste Die Zielgruppe Wie groß ist die Zielgruppe in der Region? Welche Angebote gibt es bisher für diese Zielgruppe? Wie läßt sich berufsbegleitende Nachqualifizierung bis zum Berufsabschluß als neues, ergänzendes Angebot darin etablieren? Welche neuen beruflichen Perspektiven ergeben sich durch berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluß in der Region? Welche Berufe sind geeignet? In welchen Berufen ergeben sich günstigere Beschäftigungsaussichten in der Region? Welche Berufe sind besonders gut geeignet für Frauen? Gibt es aufstrebende Branchen oder Firmen mit Personalbedarf, für die das Konzept zugleich ein Angebot zur Personalakquise darstellen könnte? Die eigenen Ressourcen Welche Gründe sprechen dafür, daß dieser Bildungträger besonders gut für berufsbegleitende Nachqualifizierung geeignet ist? Womit lassen sich Finanziers und Kooperationspartner (wie Arbeitsamt, Arbeitsministerium, ggf. Sozialamt, Betriebe, Kammern) davon überzeugen, erstens überhaupt ein solches Projekt mitzutragen und zweitens diesen Bildungsträger dafür als besonders geeignet anzusehen? Welche besonderen Erfahrungen und Erfolge liegen vor bezüglich der Durchführung zielgruppenorientierter Maßnahmen (z.b. Berufsausbildung nach 40c AFG), der Entwicklung und Realisierung innovativer Konzepte, der Erfahrungen in der beruflichen Erwachsenenbildung, der Kooperation mit Betrieben, der Durchführung von Beschäftigungsmaßnahmen? Die sorgfältige Beantwortung dieser oder ähnlicher Fragen schafft nicht nur eine Reihe von guten Verkaufsargumenten ;

139 148 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung sie schärft auch den Blick auf mögliche interne Schwachstellen und gibt einen Überblick darüber, was alles intern getan werden muß, um ein solches neues Projekt erfolgreich auf den Weg zu bringen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, sich über die eigene Motivation als Bildungsträger Gedanken zu machen, z.b.: Brauchen wir das Projekt unbedingt, um unausgelastete Kapazitäten zu nutzen? Welche Zwänge ergeben sich daraus? Welche Alternative gäbe es anstelle des Projektes? Welche Alternative wäre möglicherweise leichter zu realisieren? Welche mittelfristigen strategischen Konzepte sollen verfolgt werden? Wieweit kann das Projekt diese Strategien unterstützen? Welche externen Interessen sind dabei zu berücksichtigen (z.b. die eigenen Gesellschafter, der Hauptkunde Arbeitsamt etc.)? Was haben diese mit dem Bildungsträger vor? Welche besonderen Stärken können wir in das Projekt einbringen (z.b. besonders gut entwickelte Betriebskontakte, besonders innovative Teams in bestimmten Berufsbereichen)? Welche Personen können dieses Projekt gut transportieren? Nach außen hin in den Verhandlungen mit den Kooperationspartnern? Nach innen hinsichtlich Konzeptionsentwicklung, Planung und Durchführung? Welche Mitarbeiter/innen können für ein solches neues Konzept begeistert werden? Die Kooperationspartner Wodurch können die eigenen Ansprechpartner beim Arbeitsamt, bei der Kommune, bei Landesbehörden für das Projekt motiviert werden? Welche sind die am meisten überzeugenden Argumente oder Fakten? Wer hat in der Region bereits Aussagen über die Notwendigkeit solcher neuartiger Ansätze getroffen? Handelt es sich um mögliche Kooperationspartner oder eher um Konkurrenten? Wieweit lassen sich Bedarfe bei Betrieben an neuen oder anders qualifizierten Mitarbeiter(inne)n feststellen? Wie groß ist das Interesse der Betriebe an neuen Konzepten oder Strategien? Wie groß ist die Bereitschaft, benachteiligte Zielgruppen einzustellen? Durch welche Service- Angebote des Bildungsträgers läßt sich diese Bereitschaft erhöhen? Welche Kooperationspartner müssen unbedingt mit im Boot sitzen? Wie können sie gewonnen werden? Welche Vorbehalte sind vorhanden?

140 Kapitel 6: Planung und Umsetzung 149 Die Projektplanung Wenn die Vorprüfung dieser Fragen ergeben hat, daß es sich lohnt, Kraft und Energie in die Entwicklung eines solchen Projektes zu stecken, beginnt die Phase der Projektplanung. Ziel dieser Phase ist es, das Projekt bis zur Antragstellung zu entwickeln. Dazu gehören folgende Arbeitsschritte: Detaillierte Analyse der o. g. Fragen, Datensammlung Informationen und Erfahrungen anderer Projektträger einholen (z.b. aus Modellversuchen) Entwicklung einer Projektskizze Arbeitsplanung Vorgespräche mit Kooperationspartnern Erarbeitung der Maßnahmekonzeption Finanzierungsplanung Abstimmung der Konzeption mit den Projektpartnern Klärung der Detailfragen Erneute Abstimmung der Konzeption mit den Projektpartnern Antragstellung. Wenn bereits in dieser Phase die später mit der Durchführung der Maßnahme beauftragten Akteure zumindest teilweise beteiligt werden, führt dies nicht nur zu einer Entlastung der Leitung. Es erhöht auch die Identifikation der Mitarbeiter/innen mit der Maßnahme. Sie bringen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit ein und können sich frühzeitig auf die entscheidenden Punkte bei der Durchführung einstellen. Die Projektgruppe In dieser zunächst auf zwei bis vier Personen begrenzten Projektgruppe sollten mitarbeiten: ein Entscheidungsträger aus der Geschäftsleitung, ein/e Mitarbeiter/in mit besonderen Qualifikationen hinsichtlich Planung, Konzeptionsentwicklung und Projektentwicklung, ein/e Mitarbeiter/in mit speziellen Kontakten zu den wichtigsten Kooperationspartnern, mindestens ein/e Mitarbeiter/in, die/der auch später in dem Projekt mitarbeiten wird und ihre/seine bei der Projektdurchführung beteiligten Kolleg(inn)en mitzureißen versteht. Die Geschäftsleitung sollte durch die Art und die Intensität ihrer Mitarbeit dokumentieren, welche Bedeutung sie dem Projekt zuweist. Wichtige Erfolgsvoraussetzung für die Arbeit einer Projektgruppe ist ein Auftrag, der die Klärung folgender Punkte enthält: Arbeitsschritte für die Projektplanung Zusammensetzung der Projektgruppe

141 150 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Einbezug der Kooperationspartner in die Projektentwicklung Abstimmung und Transparenz über die Finanzierung eine klare Zieldefinition, klare Aufgabenstellungen, eine zeitliche Festlegung und die Kompetenzen und Ressourcen der Projektgruppe. Nach ersten Vorkontakten mit den verschiedenen Kooperationspartnern sollten die Mitarbeiter/innen der Arbeitsämter, die Ausbildungsberater/innen der Kammer, die Verantwortlichen der Betriebe und die Berater/innen für die ergänzende Landesfinanzierung im Rahmen von erweiterten Projektgruppensitzungen frühzeitig in die weitere Planung einbezogen werden: zur Diskussion der Projektskizze und zur Festlegung des Rahmens der Konzeption, zur Diskussion der Konzeption und der Finanzierungsplanung und zur Feinabstimmung der Finanzierungsplanung. Je früher die externen Fachleute mit ihren Ideen einbezogen werden, desto größer ist ihre Identifikation mit dem Projekt und desto leichter lassen sich evtl. auftretende Hindernisse überwinden. Die Abstimmung der Gesamtfinanzierung zwischen den Partnern schafft Transparenz über die Gesamtkosten des Projektes und wofür sie aufgewendet werden, die Begründungen über die Notwendigkeit von Mehraufwendungen im Vergleich zu regulären Maßnahmen, die geplante Verwendung der Mittel im Rahmen der konzeptionellen Umsetzung, die Erfolgsüberprüfung, die Aufteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Finanzierungspartner. Vorbereitungen vor Maßnahmebeginn Vorbereitungsphase in den Projektteams Nachdem die Anträge zur Entscheidung bei den zuständigen Ämtern vorliegen, können die an der Umsetzung beteiligten Mitarbeiter/innen bereits die erforderlichen Vorbereitungen treffen: Orientierung auf die neuen Anforderungen, die das Projekt und seine Konzeption stellt Auseinandersetzung mit den Besonderheiten der Zielgruppe an- und ungelernte junge Erwachsene Akquise von Aufträgen, die zur Qualifizierung genutzt werden können (einschließlich Auftragsplanung, Abstimmung mit Arbeitsamt, Betrieben und Kammern) Erarbeitung von Konzepten zur Umsetzung arbeitsplatzbezogener Lernformen sowie zur Kooperation zwischen den verschiedenen Lernorten Erarbeitung bzw. Überprüfung und Anpassung von Modul-

142 Kapitel 6: Planung und Umsetzung 151 gliederungen für die geplanten Berufe (schriftliche Übersicht für die Kammern, die Arbeitsämter, die Betriebe und die Teilnehmer/innen) Berücksichtigung von Lernförderung und sozialpädagogischer Begleitung Erfahrungsaustausch mit vergleichbaren Modellprojekten Ausarbeitung eines schriftlichen Maßnahmeplanes für die Teilnehmer/innen (Was findet wann, wo, wie statt?) Gestaltung der Anfangsphase Feststellung und Einbeziehung der bereits vorhandenen Qualifikationen Ausarbeitung des Lernkonzeptes für das zuerst durchgeführte Modul. Arbeitsweise in den Teams Die Befähigung zur Teamarbeit ist für die Teilnehmer/innen Teil der Qualifizierungsziele der Maßnahme. Das setzt voraus, daß auch die Qualifizierungsmitarbeiter/innen als Vorbilder Teamarbeit praktizieren. Teamarbeit ist ein wichtiger Garant für die Qualität der Maßnahme. Zeit für gemeinsame Teambesprechungen und Arbeitstagungen ist während praktischer Arbeits- und Lernphasen vorhanden, wenn die Teilnehmer/innen der eigenen Gruppe weitestgehend selbständig arbeiten und von Anleiter(inne)n oder von Kolleg(inn)en aus anderen Teams betreut werden. Die Zeit für die Erarbeitung und Umsetzung innovativer Konzepte muß fest eingeplant werden, sowohl die individuelle Vorbereitung als auch die gemeinsamen Teambesprechungen. Alle zwei Wochen sollten ca. 2 Stunden für inhaltliche Themenschwerpunkte vorgesehen sein. Die übrige Zeit wird für Aktuelles und für Fallbesprechungen verwendet. Teambesprechungen sollten mit einer Tagesordnung und mit einer Zeitplanung versehen und moderiert werden. Jeweils ein Teammitglied übernimmt die Moderation der Besprechung. Das jeweilige inhaltliche Thema sollte vorbereitet werden, z.b. indem ein Teammitglied dazu Informationen sammelt, Veröffentlichungen auswertet und in Form eines Impulsreferates die Kolleg(inn)en in das Thema einführt. Ergebnisse werden protokolliert, Entscheidungen und Arbeitsaufgaben (Wer macht das? Bis wann?) werden besonders hervorgehoben. Das Protokoll legt zudem fest, wann und in welcher Form das Thema vom Team wieder aufgegriffen und weiter bearbeitet wird. Hilfreich ist auch ein längerfristiger Termin- und Themenplan. Zu bestimmten Themen oder Prozessen können externe Fachleute oder Berater/innen einbezogen werden. Zeit für Teambesprechungen Effektive Teambesprechungen

143 152 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Bewährt haben sich auch mehrtägige Arbeitstagungen außerhalb zur Erarbeitung neuer Schwerpunkte. Weiterentwicklung der Teamarbeit Während der Durchführung sollte sich das Team regelmäßig Zeit nehmen für die Auswertung und Weiterentwicklung der Konzeption. Mögliche Themenschwerpunkte sind z.b. Regelmäßige Auswertung und Weiterentwicklung der Erfahrungen mit konzeptionellen Neuerungen Weiterentwicklung des Lernkonzeptes für die nachfolgenden Qualifizierungsabschnitte Gestaltung der betrieblichen Qualifizierungsphasen Früherkennungszeichen für möglichen Abbrüche Schnittstellen zwischen verschiedenen Lernorten oder Maßnahmeteilen. Prozeß- und Fachberatung Unterstützung durch externe Berater/innen Bei der Einführung neuer Konzepte, neuer Lernformen oder neuer Formen von Arbeitsorganisation erweist es sich häufig als sinnvoll, wenn solche Prozesse durch externe Berater/innen begleitet werden. Prozeßberatung bezieht sich auf die Gestaltung des Entwicklungsprozesses, auf den Planungsprozeß und auf den Teamentwicklungsprozeß. Aus dem Blickwinkel von Externen, also nicht an der Umsetzung unmittelbar Beteiligten, wird Unterstützung bei der Strukturierung, Moderation und Reflexion des Prozesses geleistet. Im Unterschied dazu bezieht sich Fachberatung auf die Bereitstellung gezielter Informationen, z.b. zu den Finanzierungsmöglichkeiten bestimmter Programme, zur Umsetzung bestimmter Konzepte aus Modellversuchen. Fachberatung geschieht meist punktuell, während Prozeßberatung sich auf längere Zeiträume bezieht. Prozeßberatung kann z.b. von Organisationsberater(inne)n, Supervisor(inn)en oder Fortbildner(inne)n durchgeführt werden. Es kann sinnvoll, aber auch hinderlich sein, wenn diese zugleich auch Fachkompetenz bezogen auf berufliche Aus- und Weiterbildung bzw. berufsbegleitende Nachqualifizierung mitbringen. Zusammenarbeit von Bildungsträger und Arbeitsamt Gewinnung von Teilnehmer(inne)n Zu einer erfolgreichen Gewinnung von Teilnehmer(inne)n gehören eine klare Verständigung zwischen Bildungsträger und Arbeitsamt, welche Personen angesprochen werden sollen (vgl. Kapitel 2),

144 Kapitel 6: Planung und Umsetzung 153 die Abstimmung mit dem Arbeitsamt über das Verfahren der Gewinnung von Teilnehmer(inne)n, die Herstellung eines Informationsblattes für Multiplikator(inn)en (Arbeitsberater/innen, Sozialämter, Beratungsstellen, andere Bildungs- oder Beschäftigungsträger), die Herstellung eines Informationsblattes für interessierte Teilnehmer/innen, Beratungsangebote für Interessent(inn)en beim Arbeitsamt und beim Bildungsträger. Da es sich bei der berufsbegleitenden Nachqualifizierung um ein völlig neuartiges Angebot zwischen Beschäftigung und Umschulung handelt (Qualifizierung zum Berufsabschluß für junge Erwachsene, die für reguläre Umschulungen bisher nicht in Frage kamen), hängt bei der Teilnehmer/innengewinnung sehr viel von einer engen Zusammenarbeit zwischen Arbeitsamt und Bildungsträger ab. An- und ungelernte junge Erwachsene können diesen Weg zum Nachholen eines Berufsabschlusses nicht kennen. Sie sollten daher gezielt darauf angesprochen werden, auch wenn sie zunächst nur wegen einer Arbeitsstelle vorsprechen. Für junge Erwachsene, die nicht mehr in engem Kontakt zur Arbeitsvermittlung stehen, sollten Bildungsträger eigene Aktivitäten zur Ansprache von Interessent(inn)en starten und andere Beratungsstellen oder Vermittlungsprojekte einbeziehen. Informationen für Arbeitsberater/innen Erfolge sichern und transparent machen Neue Konzepte stehen meist unter hohem Erfolgsdruck. Erfolgskriterien sind die bestandene Prüfung, die Integration in ein (dauerhaftes) Arbeitsverhältnis, geringe Abbruchquoten sowie ein Qualifizierungskonzept, das den besonderen Bedürfnissen und Voraussetzungen der Zielgruppe genauso gerecht wird wie den betrieblichen Qualifizierungsanforderungen. Der Hinweis auf die besonders schwierige Zielgruppe ist keine Rechtfertigung für niedrige Erfolgsraten, zumindest dann nicht, wenn die Maßnahme mit dieser Begründung finanziell besser ausgestattet wurde. Damit entsteht auch die Erwartung, daß die mit dem höheren Mitteleinsatz erreichten Erfolge sich mit anderen Maßnahmen vergleichen lassen, auch wenn es sich um besondere Zielgruppen handelt. Bei der Planung der Maßnahme sollten daher auch die Erfolgskriterien verabredet werden. Während der Maßnahme sollte eine ständige Überprüfung stattfinden, um eventuell rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Worin Erfolge bestehen, läßt sich nicht allein an Zahlen aufzeigen. Deshalb sollten die beteiligten Kooperationspartner regelmäßig über die Fortschritte der Qualifizierung und die Umsetzung der Innovationen informiert und an der Weiterentwicklung des Projektes beteiligt werden. Erfolgskriterien festlegen Ergebnisse transparent machen

145 154 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Erfolg ist nicht allein an den Abschlußprüfungen zu messen Neben den o.g. Erfolgen für die Gesamtmaßnahme treten auch Erfolge auf, die für ein bestimmtes Finanzierungsinstrument (z.b. ABM) oder für bestimmte konzeptionelle Neuerungen (z.b. Modulzertifikate) gelten. Ein Erfolg tritt auch ein, wenn Teilnehmer/innen aufgrund ihrer durch Modulzertifikate nachgewiesenen Qualifikationen überhaupt einen Arbeitsplatz oder einen höherwertigen Arbeitsplatz erhalten (z.b. bei betriebsinternen Qualifizierungsmaßnahmen). Als Erfolg ist auch anzusehen, wenn berufliche Perspektiven abgeklärt und neue Weichen gestellt worden sind (z.b. indem eine Qualifizierung in einem anderen Beruf aufgenommen worden ist), auch wenn dies noch nicht unmittelbar zu einem neuen Arbeitsplatz oder zu einem Berufsabschluß in dieser Maßnahme führt. Oft lassen sich die Ziele Berufsabschluß und Arbeitsplatz nicht sofort nach dem Ende der Maßnahme erreichen, sondern erst ein halbes oder ein Jahr später, wenn die Wiederholungsprüfung abgeschlossen ist oder wenn eine für den Eintritt in Beschäftigung günstigere Jahreszeit erreicht ist. Manche Erfolgsfaktoren sind überhaupt nicht von der jeweiligen Maßnahme selbst beeinflußbar. Abbrüche aus gesundheitlichen Gründen sind daher ebensowenig als Mißerfolg zu betrachten wie die Tatsache, daß trotz Berufsabschluß kein Arbeitsplatz gefunden werden konnte, weil die Beschäftigungsaussichten in diesem Beruf in der Region konjunkturell oder jahreszeitlich bedingt nicht günstig sind. Der Erfolg der Maßnahme ist also nicht allein an dem Anteil der erfolgreich bestandenen Abschlußprüfungen und den nach dem Berufsabschluß in Arbeit übergegangenen Teilnehmer(inne)n zu messen. Umgekehrt sind nicht alle diejenigen als Mißerfolg zu betrachten, die die Abschlußprüfung (noch) nicht bestanden haben und/oder derzeit (noch) keinen Arbeitsplatz haben. Das Projektende naht Eine gute Erfolgsbilanz und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit während der Projektdurchführung sind mit ausschlaggebend für die Bereitschaft zur Weiterförderung. Um den Übergang in dauerhafte betriebliche Beschäftigung zu erreichen, sollte das letzte Praktikum nur in solchen Betrieben stattfinden, die einen konkreten Arbeitskräftebedarf haben. Die Teilnehmer/innen sollten in ihrer Verantwortung gestärkt werden, sich selbst um die Sicherung ihres Arbeitsplatzes bzw. um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen, und dafür in der Gruppe entsprechende Strategien entwickeln. Der Berufsabschluß allein ist manchmal noch nicht ausreichend, um auf dem Arbeitsmarkt Erfolg zu haben. Zusatzqualifikationen

146 Kapitel 6: Planung und Umsetzung 155 oder Qualifikationen aus angrenzenden Berufen können die Startchancen erheblich verbessern. Die Beratung über entsprechende Qualifizierungsmöglichkeiten gehört deshalb ebenfalls in die Schlußphase bzw. Nachbetreuung. Wenn es aus konjunkturellen oder jahreszeitlichen Gründen zusätzlich schwierig erscheint, daß die Teilnehmer/innen nach der Prüfung eine Anschlußbeschäftigung finden, sollte geprüft werden, ob für sie für eine begrenzte Zeit eine Anschlußmaßnahme mit Zusatzqualifikationen und zur betrieblichen Integration sinnvoll ist, damit die erworbenen Qualifikationen nicht schnell wieder entwertet werden. Um Erfolge transparent zu machen und bewerten zu können, sollten folgende Daten erhoben werden: Schulische und berufliche Vorqualifikationen Gründe für das vorzeitige Ausscheiden aus der Maßnahme Prüfungsergebnisse Übergang in Arbeit (zu verschiedenen Erhebungszeiträumen). Beispiele für Formulare sind im Anhang dieses Handbuches dokumentiert. Verbesserung der Startchancen durch Zusatzqualifikationen

147 157 Kapitel 7 Entwicklungsgeschichte eines neuen Ansatzes

148 Entwicklungsgeschichte eines neuen Ansatzes Dieses Kapitel enthält einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der berufsbegleitenden Nachqualifizierung junger Erwachsener, über die Aktivitäten des Bundesinstituts für Berufsbildung zu diesem Thema und über die Modellversuche, die verschiedene Konzepte erproben. Es wird ein Überblick über die bisherige Verbreitung dieses Ansatzes gegeben und über Anregungen aus Programmen und Projekten anderer europäischer Länder berichtet. 7.1 Vom Programmentwurf zur Praxis Zahlreiche Empfehlungen, Stellungnahmen und Handlungskonzepte auf arbeitsmarktpolitischer und bildungspolitischer Ebene trugen zur Umsetzung des Ansatzes bei. Ausgangspunkt der Diskussion waren die Ergebnisse der EMNID-Studie und einer ergänzenden Studie in den neuen Bundesländern, die Anfang der 90er Jahre in der bildungspolitischen Fachöffentlichkeit Aufsehen erregte, wonach 13% bis 14% eines Altersjahrganges ohne anerkannten Berufsabschluß bleiben. Das betraf damals hochgerechnet auf die Bundesrepublik junge Erwachsene in der Altersgruppe von 20 bis unter 25 oder 1, 6 Mio. junge Menschen in der Altersgruppe von 20 bis unter 30 Jahren. Rund jeder fünfte Un- und Angelernte, so ermittelte das BIBB, wäre bei einem entsprechenden Angebot bereit, einen anerkannten Berufsabschluß nachzuholen, wenn die Qualifizierung mit Beschäftigung verknüpft werden könnte % eines Altersjahrganges bleiben ohne Berufsabschluß Der Programmentwurf Angeregt durch diese Ergebnisse entwickelten 1992 mehrere Berufsbildungs- und Arbeitsmarktexperten unter Beteiligung des Bundesinstituts für Berufsbildung und des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ein Konzept und einen Programmentwurf zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung im Rahmen von Beschäftigungsförderung (Fricke u.a. 1992). Sie forderten ein Bundesprogramm zum Nachholen von anerkannten Ausbildungsabschlüssen, das eine Qualifizierung im Verbund mit Beschäftigung d.h. berufsbegleitend erlaubt und den Nutzen des Arbeitsplatzes als Lernfeld stärker als bisher in den Vordergrund stellt. Leitgedanke war dabei, daß eine Qualifizierung in Arbeit, d.h. mit Arbeitsvertrag im ersten oder zweiten Arbeitsmarkt und systematischen 1992 Programmentwurf

149 160 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Qualifizierungsanteilen (z.b. 30% der Wochenarbeitszeit als lerngestaltete Arbeit und 20% als begleitende Kursqualifizierung (...) Vorteile gegenüber einer Qualifizierung ohne Beschäftigungsverbund verspricht (vgl. Kloas 1997). Qualifizierung und Arbeit verbinden Im Unterschied zur bereits Ende der achtziger Jahre durchgeführten Modellversuchsreihe zur beruflichen Qualifizierung von Erwachsenen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben und ein besonderes Arbeitsmarktrisiko tragen des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft (vgl. Klähn/Dinter) wurde vorgeschlagen, die Qualifizierung mit dem Arbeitsprozeß zu verknüpfen und mit einem Arbeitsvertrag zu koppeln, um eine Einkommenssicherung

150 Kapitel 7: Entwicklungsgeschichte 161 durch ein Beschäftigungsverhältnis zu erreichen sowie die Lernpotentiale der Arbeitsplätze zu nutzen. Damit war die Annahme verbunden, daß durch die Verknüpfung von Lernen in Arbeit und begleitendem Lernen außerhalb von Arbeit die Teilnehmer und Teilnehmerinnen Zugang zu systematischen, auf anerkannte Abschlüsse gerichteten Qualifizierungsprozessen mit abschließender Umschulungs- oder Externenprüfung finden. Gefordert wurde ein Bundesprogramm zur Nachqualifizierung von Problemgruppen des Arbeitsmarktes, ersatzweise Programme der Länder, die die bestehenden Förderlücken zwischen den Einzelmaßnahmen wie Fortbildung und Umschulung, Arbeitsbeschaffungs- oder anderen Beschäftigungsmaßnahmen schließen könnten. Diese Hoffnung auf einen originären Programmansatz hat sich bisher nicht erfüllt. Die Finanzierungsschwierigkeiten haben eher noch zugenommen, nicht zuletzt durch die drastischen Einschnitte im Arbeitsförderungsgesetz und das Zurückfahren mancher Landesprogramme, die als ergänzende Finanzierung notwendig sind (vgl. Davids 1995, 25 36; Kloas 1997a). Das Handlungskonzept 1994 veröffentlichte das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (heute Bundesministerium für Bildung und Forschung) unter dem Titel Abgeschlossene Berufsausbildung für alle Jugendlichen ein Handlungskonzept zur Qualifizierung von Jugendlichen, die bisher ohne abgeschlossene Berufsausbildung bleiben. Darin werden Handlungsvorschläge für den schulischen Bereich, für die Berufs- bzw. Ausbildungsvorbereitung, für die Berufsausbildung und für die berufliche Nachqualifizierung von Erwachsenen formuliert. Auch für junge Erwachsene, die zunächst ohne Berufsabschluß bleiben, müssen Möglichkeiten zum nachträglichen Erwerb einer anerkannten beruflichen Qualifizierung angeboten werden. Das Ende der 80er Jahre entwickelte Qualifizierungsmodell (gemeint ist hier die BIBB-Modellversuchsreihe zur beruflichen Qualifizierung von benachteiligten Erwachsenen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben und ein besonderes Arbeitsmarktrisiko tragen (d. Verf.)), das eine 24monatige Ausbildungszeit vorsieht und in die Förderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz übernommen wurde, muß durch weitere Modelle ergänzt werden. Als allgemein erfolgversprechend werden Wege angesehen, die eine flexiblere Gestaltung der Qualifizierung in Teilabschnitten zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung erlauben, oder Ansätze, die Beschäftigung und berufliche Qualifizierung zu einem anerkannten Ausbildungsabschluß nach dem Berufsbildungsgesetz beziehungsweise der Handwerksordnung verbinden oder Qualifizierung am Arbeitsplatz mit Lernen in Kursen koppeln. BMBW 1994: Handlungskonzept Ziel: Erwerb eines Berufsabschlusses

151 162 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Vorschläge des Handlungskonzeptes Ziel ist in jedem Fall der nachträgliche Erwerb eines Berufsabschlusses. Außerdem müssen die noch klärungsbedürftigen rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Fragen gelöst werden. Der hohe Anteil an jungen Erwachsenen, die von sich aus auf eine Nachfrage nach Ausbildung verzichten, aber auch die Begründungsmuster für dieses Verhalten machen deutlich, daß für diese Gruppe neben der ausreichenden Versorgung mit Ausbildungsformen, die den speziellen Bedürfnissen Erwachsener gerecht werden, zusätzliche Motivierungs- und Informationsmaßnahmen treten müssen (BMBW 1994, 15). Als Maßnahmen zur beruflichen Nachqualifizierung schlägt das Handlungskonzept vor: Entwicklungsarbeiten für inhaltliche und organisatorische Anforderungen der Nachqualifizierung, einschließlich der Abstimmung unterschiedlicher Lernorte, der Ermittlung geeigneter Ausbildungsberufe, unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten, und der Prüfung von Finanzierungsmöglichkeiten (Länderprogramme, EU-Strukturfonds) sind erforderlich. Die Anerkennung von Nachqualifizierungsabschlüssen, die noch nicht zu einem vollständigen Abschluß nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) geführt haben (Teilabschlüsse), sind unter ordnungsrechtlichem und ordnungspolitischem Aspekt zu klären. Es ist zu überprüfen, wie die berufliche Nachqualifizierung junger Erwachsener ohne abgeschlossene Berufsausbildung in der Kombination von Beschäftigung und Ausbildung mit dem Ziel der Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf gefördert werden kann. Die arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit mit jungen Erwachsenen bildet einen Schwerpunkt bei dem Modellprogramm Arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit des Bundesministeriums für Frauen und Jugend (BMBW 1994, 23). Unterstützung auf politischer Ebene Weitere Stellungnahmen Über das Handlungskonzept hinaus hat es auf der politischen Ebene weitere Stellungnahmen gegeben, die die Notwendigkeit eines neuen Förderansatzes berufsbegleitende Nachqualifizierung betont haben. Auch die von den Regierungschefs von Bund und Ländern nach dem bildungs- und forschungspolitischen Grundsatzgespräch beim Bundeskanzler eingesetzte Arbeitsgruppe Berufliche Bildung hat sich in ihrem Maßnahmenkonzept zur Stärkung der beruflichen Bildung (vgl. AG Berufliche Bildung, Bonn, ) für eine Verringerung des Anteils Ungelernter ausgesprochen. Unter dem Gesichtspunkt der nachträglichen Qualifizierung Jugendlicher und Erwachsener ohne Ausbildungsabschluß werden Maß-

152 Kapitel 7: Entwicklungsgeschichte 163 nahmen empfohlen, die sich am Programmentwurf zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung orientieren. Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung befaßt sich ebenfalls mit Nachqualifizierungsmaßnahmen im Verbund mit Beschäftigung. Sie stützt sich dabei auf eine Umfrage zur Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von lern- und leistungsschwächeren Jugendlichen, mit der das Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik (INBAS) beauftragt wurde: Innovative Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von lern- und leistungsschwächeren Jugendlichen. Auswertung einer Befragung zuständiger Bundesinstitutionen und Landesministerien (INBAS 1996). Darin wird ein Bundesprogramm zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung empfohlen, das auf das Nachholen anerkannter Berufsabschlüsse in einer Verknüpfung von Qualifizierung und Beschäftigung ausgerichtet ist, eine Qualifizierung während betrieblicher Beschäftigung ermöglicht und langfristig Bestandteil des AFG werden sollte. Ein solches Programm könnte z.b. folgende Finanzierungselemente enthalten: Gewährung von Lohnkostenzuschüssen für tarifliche Arbeitsverhältnisse in Betrieben oder bei öffentlichen Trägern in Kombination mit Qualifizierung zu einem anerkannten Berufsabschluß Übernahme der Sach- und Personalkosten für den Qualifizierungsprozeß (einschließlich Vorbereitungs- und Orientierungsphasen sowie Nachbetreuung) Finanzierung eines Fortbildungsprogramms für das mit der Qualifizierung beauftragte Ausbildungs- und Anleitungspersonal bei Bildungsträgern, Beschäftigungsträgern und Betrieben, das sich auf die zielgruppenspezifischen Voraussetzungen und die damit zusammenhängenden pädagogischen beziehungsweise methodisch-didaktischen und konzeptionellen Fragen bezieht Zahlung eines die Existenzgrundlage absichernden (erhöhten) Unterhaltsgeldes für Maßnahmen zur Vorbereitung und Orientierung auf anschließende Arbeitsverhältnisse mit Qualifizierung sowie für Teilzeitqualifizierungsmaßnahmen oder für Qualifizierungsblöcke außerhalb von Beschäftigung Übernahme von Kosten für die Kinderbetreuung (INBAS 1996, 212). Darüber hinaus werden Vorschläge vorgelegt, wie die Finanzierungsbedingungen unter den gegenwärtigen Regelungen des AFG und der Länderprogramme verbessert und wie die bisherigen innovativen Ansätze bundesweit verbreitet werden können. Empfehlung eines Bundesprogramms Vorschläge zur Finanzierung eines Bundesprogramms

153 164 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung 3 Vgl. auch Kapitel 4.1. Der Wortlaut der Empfehlung ist im Anhang wiedergegeben. 10-Punkte- Empfehlung des Hauptausschusses des BIBB 1996 Die Hauptausschußempfehlung Im Februar 1996 hat der aus Tarifpartnern, Bundes- und Ländervertretern paritätisch zusammengesetzte Hauptausschuß des Bundesinstituts für Berufsbildung eine Empfehlung zur Qualifizierung von Personen ohne formalen Berufsabschluß durch Nachholen von anerkannten Ausbildungsabschlüssen im Verbund mit Beschäftigung verabschiedet, in der er sich für eine verbesserte berufliche Qualifizierung von Personen ohne formalen Berufsabschluß einsetzt, und zwar sowohl für Personen, die bereits in Beschäftigung stehen, als auch für diejenigen, die arbeitslos sind. Darin heißt es u.a.: Qualifizierung im Verbund mit bzw. während einer dauerhaften Beschäftigung oder einer gut betreuten Praxisphase ist hierbei sehr viel erfolgversprechender als eine herkömmliche von Beschäftigung losgelöste Qualifizierungsmaßnahme. Erfolgversprechende Ansätze des Nachholens von Ausbildungsabschlüssen im Verbund mit Beschäftigung scheitern heute oft an den Rahmenbedingungen, insbesondere an der Schwierigkeit, aus den verschiedenen Förderprogrammen von Bund, Ländern und Europäischer Union ein tragfähiges Finanzierungsmix zustandezubringen. Hinderlich wirken insbesondere die teilweise unzureichende Abstimmung zwischen Beschäftigungs- und Qualifizierungszielen in den verschiedenen Förderprogrammen sowie die geringere finanzielle Förderung von Qualifizierungszeiten im Vergleich zu Beschäftigungszeiten. In der 10 Punkte umfassenden Empfehlung wird folgendes gefordert: 3 eine bessere Abstimmung der bestehenden Förderprogramme, insbesondere bezogen auf eine Einbeziehung von Beschäftigungsphasen, die Förderung der Bereitschaft der Betriebe zur Nachqualifizierung ihrer an- und ungelernten Mitarbeiter/innen, eine Arbeits- und Lernorganisation, die auf den Berufsabschluß abzielendes berufliches Lernen am Arbeitsplatz ermöglicht, eine Zertifizierung der erworbenen Qualifikationen auf der Basis der gültigen Ausbildungsordnungen, die Förderung des Erfahrungsaustausches und der Kooperation zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen und den für die berufliche Bildung relevanten regionalen Institutionen in bezug auf die Umsetzung von berufsbegleitenden Qualifizierungsmaßnahmen im Verbund mit Beschäftigung mit dem Ziel eines anerkannten Berufsabschlusses, der Hinweis auf die Möglichkeiten der Externenprüfung, die Weiterentwicklung, der Transfer und die Dokumentation der vorhandenen Konzepte und Erfahrungen.

154 Kapitel 7: Entwicklungsgeschichte 165 Auf der Grundlage dieser Empfehlung, an der sowohl Arbeitgeberverbände als auch Gewerkschaften beteiligt waren, ist es in Zukunft leichter, in breiterem Maße Nachqualifizierungsprojekte zu planen und umzusetzen. Denn Vorbehalte von regionalen Akteuren in Arbeitsämtern, Kammern, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen gegenüber diesem bildungspolitisch neuartigen Ansatz lassen sich künftig mit dem Hinweis auf den von allen relevanten Kräften gemeinsam getragenen Konsens der Hauptausschußempfehlung leichter ausräumen. 7.2 Das BIBB-Vorhaben Berufsbegleitende Nachqualifizierung Im Zusammenhang mit der Umsetzung dieses Handlungskonzeptes und der Hauptausschußempfehlung wurde beim Bundesinstitut für Berufsbildung ein bis Ende 1999 dauerndes Vorhaben Berufsbegleitende Nachqualifizierung von jungen Erwachsenen Umsetzung des Programmentwurfs zum Nachholen von Ausbildungsabschlüssen im Rahmen von Beschäftigung eingerichtet. Es strebt an, den Anteil Ungelernter zu verringern, und zwar durch berufsbegleitende, auf anerkannte Berufsabschlüsse zielende Nachqualifizierung und durch die Verankerung des berufsbegleitenden Nachqualifizierungsansatzes in Beschäftigungsförderungsprogrammen des Bundes und der Länder sowie in tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen zur Arbeitsplatzsicherung. Im Rahmen dieses Vorhabens wird auch die BIBB-Modellversuchsreihe berufsbegleitende Nachqualifizierung bei sechs Trägern fachlich betreut. Zwei große, bundesweite Fachtagungen haben dazu beigetragen, einen Erfahrungsaustausch zwischen den an den Modellversuchen oder sonstigen modellhaften Projekten Beteiligten voranzubringen, den Ansatz zu verbreiten und die Diskussion mit politisch Verantwortlichen über die Verbesserung der Rahmenbedingungen und der bildungspolitischen Verankerung modularer Konzepte zu führen: eine gemeinsam mit INBAS und dem Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt Thüringen durchgeführte Fachtagung Junge Erwachsene qualifizieren. Nachholen von Berufsabschlüssen im Verbund mit Beschäftigung im Dezember 1995 in Weimar (Davids u.a. 1997a) und eine gemeinsame Fachtagung des BIBB und der Modellversuche Berlin und Hamburg Modulare Nachqualifizierung und Erwerbstätigkeit im November 1996 in Hamburg (Davids 1998a) Das BIBB übernimmt im Rahmen des Vorhabens folgende Aufgaben: Vorhaben zur Verringerung des Anteils der Ungelernten Bundesweite Fachtagungen

155 166 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung Aufgaben des BIBB die Koordination und Förderung der Zusammenarbeit aller Beteiligten durch die Organisation von Fachtagungen, Workshops und Expertengesprächen, die Dokumentation von Programmen und Maßnahmen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung sowohl der Bundesrepublik als auch anderer EU-Staaten, die Dokumentation wichtiger Ergebnisse der Forschungsprojekte (Modulkonzepte, Zertifizierungsverfahren, arbeitsplatznahe Lerneinheiten, Schulungskonzepte für Lehrpersonal etc.), die Auswertung empirischer Daten zur Gruppe der Ungelernten. Das Vorhaben soll die Entwicklungsarbeiten zur Ausgestaltung des berufsbegleitenden Nachqualifizierungsansatzes fördern, insbesondere die Entwicklung der curricularen Grundlagen, der Verfahren zur individuellen Bildungsplanung, der Qualifizierung der Arbeitsanleiter/innen bzw. Weiterbildner/innen, ausbildungsunterstützender Medien sowie Zertifizierungs- und Anerkennungsverfahren. In diesem Zusammenhang ist auch dieses Handbuch entstanden. Es soll einen Beitrag zur Verbreitung des Ansatzes leisten, indem es Entscheidungsträgern und Praktiker(inne)n Anregungen für die Durchführung von Nachqualifizierungsmaßnahmen gibt. Außer dem Handbuch umfaßte der vom Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik GmbH (INBAS) durchgeführte Forschungsauftrag die Entwicklung von Informationsblättern für Arbeitsämter, Kammern, Betriebe, Bildungsträger und Teilnehmer/innen, die beim Bundesinstitut für Berufsbildung kostenlos bezogen werden können. Das BIBB-Vorhaben Berufsbegleitende Nachqualifizierung Bundesinstitut für Berufsbildung Fehrbelliner Platz 3, Berlin Telefon: (030) , Fax: (030) Postanschrift: Bundesinstitut für Berufsbildung, Berlin Leitung des Vorhabens und fachliche Betreuung der Modellversuche: Sabine Davids Konzeptionelle Entwicklung des Programms und EU-Kooperation: Dr. Peter-Werner Kloas Fachliche Mitarbeit: Ursula Hecker Weitere Ansprechpartner: Bernd Fahr Bernd Selle Im Internet-Angebot von INBAS GmbH ( befindet sich ein gemeinsam mit dem BIBB-Vorhaben herausgegebenes Informationsangebot:

156 Kapitel 7: Entwicklungsgeschichte 167 eine Literaturdatenbank BQJE (Berufliche Qualifizierung junger Erwachsener), eine Träger- und Moduldatenbank, ergänzt durch weitere aktuelle Informationen zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung. Bestandteile des Vorhabens sind die fachliche Betreuung und Beratung der fünf nachfolgend aufgeführten Modellversuche der Reihe berufsbegleitende Nachqualifizierung, die Auswertung ihrer Ergebnisse und die Evaluation der Maßnahmen. Ergebnisse und fachliche Impulse werden an andere Initiatoren weitergegeben, die sich an den vom BIBB entwickelten Kriterien zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung orientieren. Die BIBB-Modellversuchsreihe Berufsbegleitende Nachqualifizierung Seit 1995 werden vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) fünf Modellversuche zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung gefördert. Zwei davon beziehen sich auf eine außerbetriebliche Beschäftigung und Qualifizierung (Hamburg und Thüringen) von ehemals arbeitslosen an- und ungelernten jungen Erwachsenen, zwei weitere bewirken durch eine Kombination von außerbetrieblicher Qualifizierung mit betrieblicher Beschäftigung und Qualifizierung ihre Integration in Arbeit (Berlin, Hessen). Ein fünfter Modellversuch ab 1998 hat die Aufgabe, in kleineren und mittleren Unternehmen Maßnahmen zur Personalentwicklung von an- und ungelernten Beschäftigten anzustoßen und die Vernetzung von Betrieben und Beschäftigungsträgern in der Region voranzutreiben (Bayern). Ziele der Modellversuchsreihe Mit der Modellversuchsreihe wird das Ziel verfolgt, durch Innovationen der Berufsbildungspraxis Anstöße zu einer Strukturentwicklung des Bildungs- und Beschäftigungssystems zu geben. Aufgabe der Modellversuchsreihe ist es, in drei wichtigen gesellschaftlichen Bereichen zu wirken. In der Arbeitsmarktpolitik sollen durch die Erprobung neuer Finanzierungsformen aus einer Kombination von unterschiedlichen Maßnahmen mit dem Ziel der begleitenden Qualifizierung bis zum anerkannten Berufsabschluß Synergieeffekte erzielt werden. In der Berufsbildungspolitik soll durch die Entwicklung einer modular gestalteten beruflichen Qualifizierung mit dem Ziel des Berufsabschlusses über Externenprüfung nach BBiG 40 (2,3) oder Umschulungsprüfung (nach BBiG 47) und mit der Zertifizierung der Module eine Flexibilisierung des Bildungssystems erreicht werden (Davids 1998a, 3). Fünf Modellversuche zur Nachqualifizierung Modellversuchsziele wirken in drei Bereichen

157 168 Handbuch berufsbegleitende Nachqualifizierung

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