FS II Betriebsschließung Arbeitspolitische (Selbst-)Blockierungen im Umweltschutz - eine retrospektive Fallstudie -

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1 Veröffentlichungsreihe der Abteilung Regulierung von Arbeit des Forschungsschwerpunkts Technik-Arbeit-Umwelt des Wissen Schaftszentrums Berlin für Sozialforschung FS II Betriebsschließung Arbeitspolitische (Selbst-)Blockierungen im Umweltschutz - eine retrospektive Fallstudie - Sabine Schenk Christoph Kühleis Berlin, Juli 1992 ISSN Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung ggmbh (WZB) Reichpietschufer 50, D-1000 Berlin 30, Telefon (030)

2 Abstract ln der betriebspolitischen Bearbeitung unternehmensverursachter ökologischer Problemlagen treffen die unterschiedlichen Konfliktlogiken von Industrie und Risikogesellschaft aufeinander und verschränken sich. Anhand der retrospektiven Aufarbeitung eines Falls behördlich verordneter Betriebsstillegung aus Umweltschutzgründen wird exemplarisch dargestellt, wie sich strukturell geprägte "alte" Verteilungskonflikte mit "neueren" Risikolagen verbinden, auf welche Blockierungen, Grenzlinien und Schwierigkeiten das System arbeitspolitischer Regulierungszusammenhänge stößt. Im Mittelpunkt der Studie steht die akteursbezogene Analyse asymmetrischer, ambivalenter und widersprüchlicher Problemwahrnehmungen, Handlungsoptionen und Strategieausrichtungen der im Fallverlauf involvierten Hauptakteursgruppen. Die Fallstudie ordnet sich in die Forschungsarbeiten zum Konzept einer "ökologisch erweiterten Arbeitspolitik" ein und erfaßt im Rahmen eines insgesamt breiter angelegten Fallspektrums ein - zumindest hinsichtlich des Resultats der Betriebsschließung extremes - Negativbeispiel für den betriebspolitischen Umgang mit Umweltschutzproblemen.

3 Inhalt Seite O. Vorbemerkungen 1 1. Einführung Kurzdarstellung des Falles Fall verlauf Beteiligte Akteure Regulierungsergebnisse Kurzcharakteristik der Fallbedingungen Das Unternehmen Die Region Handiungsmöglichkeiten und Strategien der einzelnen Akteursgruppen im Failverlauf Unternehmensleitung Betriebsrat Gewerkschaft (IG Chemie, Papier, Keramik) Beschäftigte Aufsichtsbehörden Externe Experten Presse/Medien Bevölkerung Koalitionen innerhalb und zwischen Akteursgruppen Betriebliche Sozialbeziehungen Zusammenfassung 103

4 7. Thesen Anhang

5 0. Vorbemerkungen "Systematisch argumentiert, beginnen sich gesellschaftsgeschichtlich früher oder später in der Kontinuität von Modernisierungsprozessen die sozialen Lagen und Konflikte einer 'reichtumsverteilenden" mit denen einer "risikoverteilenden" Gesellschaft zu überschneiden."1 - Diese, von Ulrich Beck in der "Risikogesellschaft" beschriebenen Entwicklungslinien scheinen in dem hier nachgezeichneten Fall einer behördlich verordneten Betriebsstillegung aus Umweltschutzgründen gleichsam konkrete Gestalt anzunehmen. Da ist zunächst der auf eine 200jährige Tradition zurückblickende Chemiebetrieb im Oberfränkischen, der Mitte der achtziger Jahre zum Altlastenfall und zum "größten Umweltskandal" Bayerns avanciert. Auf den ersten Blick mutet der Fallverlauf wie ein Lehrstück aus der Kategorie "Industrieunternehmen gegen Umweltschutz" an. Alle Klischees lassen sich auffinden: Ignoranz, Bagatel- lisierung, Abschottung, Lobby-Arbeit, Vollzugsdefizite und Behördenversagen. Auch das Verhalten der - betrieblichen und außerbetrieblichen - Akteursgruppen paßt offenbar ins Bild: Die zumeist un- und angelernten Beschäftigten, die die ökologischen Problemlagen weder wahrnehmen wollen noch können. Eine fahrlässige Unternehmensleitung, die allein auf Gewinnmaximierung sinnt und dabei auch nicht vor der gesundheitlichen Gefährdung der Arbeitnehmerinnen und vor Umweltverstößen zurückschreckt. Die Industriegewerkschaft, der der Erhalt der Arbeitsplätze allemal wichtiger ist als die Abwehr von gesundheitlichen und ökologischen Risikopotentialen. Und schließlich die zuständigen Aufsichtsbehörden, die einlenken, Kontrollen eher lax handhaben und drastische Maßnahmen gegen das Industrieunternehmen vermeiden. Das alles stimmt und ist doch bestenfalls ein Bruchteil der Konfliktdynamik. Dagegen stehen die Investitionsaufwendungen des Unternehmens zur sukzessiven Modernisierung der veralteten Produkt- und Produktionsstruktur, die über einen Zeitraum von zehn Jahren geführte innerbetriebliche Auseinandersetzung um den Abbau gesundheitsgefährdender Arbeitsbedingungen, in der sich auch die örtliche Industriegewerkschaft engagiert, und die überdurch 1 Ulrich Beck, "Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt/M. 1986, S. 27 1

6 schnittliche Präsenz und Beratungsleistung von Gewerbeaufsicht, Berufsgenossenschaft und betriebsärztlichen Diensten. Uns ist auch nicht so sehr an einer detektivischen, detaillierten Aufklärungsleistung des "wahren" Umweltkonflikts, an der Identifizierung und Zuschreibung von Täterrollen gelegen. Im Mittelpunkt der Analyse stehen vielmehr die ambivalenten und widersprüchlichen Handlungslogiken, die durch Zielkonflikte geprägten Strategieausrichtungen und die strukturell differenzierten Einflußpotentiale und Risikolagen der arbeitspolitischen Hauptakteursgruppen im Umgang mit unternehmensverursachten Umweltproblemen. Deutlich wurden dabei zum einen die Blockierungen, Grenzlinien und Schwierigkeiten der betriebspolitischen Bearbeitung komplexer ökologischer Problemzusammenhänge, die im Regulierungssystem industrieller Beziehungen selbst angelegt sind. Gleichwohl verweisen die Befunde jedoch auch auf neuartige Überbrük- kungsleistungen, die durch die Verknüpfung von "alten" Verteilungskonflikten mit "neuen" Risikolagen anstehen und das Spektrum arbeitspolitischer Themen und Regulierungsformen sukzessive verändern werden. Die vorliegende Fallstudie ordnet sich in die Forschungsarbeiten zum Konzept einer "ökologisch erweiterten Arbeitspolitik" ein, die insbesondere im Rahmen eines DFG-Forschungsprojektes innerhalb der letzten zwei Jahre am WZB durchgeführt wurden. An dem von Eckart Hildebrandt geleiteten Projekt sind neben den Autorinnen Udo Gerhardt und Beate Zimpelmann beteiligt. Unsere Studie beschreibt im Rahmen des dabei ausgewählten Fallspektrums, das von unternehmensbezogenen Umweltkonflikten bis zu umweltaktiven Unternehmen reicht, ein - im Resultat sicherlich extremes - Negativbeispiel hinsichtlich der Öffnung und Anknüpfung arbeitspolitischer Beziehungen gegenüber der und an die Ökologieproblematik. Untypisch ist er jedoch deshalb keineswegs. Unterhalb der Ebene betriebsspezifisch auftretender konkreter Risikopotentiale (Produkt, Verfahren) ist das untersuchte Unternehmen in bezug auf das Thema Umweltschutz durchaus kein Außenseiter in der Chemiebranche. Bis zur Brandkatastrophe bei Sandoz in Basel Ende 1986 gilt der Chemischen Industrie die in Gang gekommene und forcierte Ökologiedebatte als Zeitgeisterscheinung, Panikmache und Überzeichnung der tatsächlichen Vorgänge. Auf die "Emotionalisierung der Umweitschutzdiskussion" reagieren Verband und Industrieunternehmen mit emotionaler Sympathie- und Vertrauenswerbung.2 Auch für die IG Chemie, Papier, Keramik ist Umweltschutz ein eher lästiges 2 Vgl. dazu: Monika Zimmermann, "Machtfaktor Chemische Industrie". Karlsruhe

7 Thema, mit dem man sich nicht gerne befassen möchte. Wenn überhaupt erforderlich, kann es doch wohl nur um eine "arbeitsplatzschonende" Veränderung und Beseitung umweltschädlicher Produktionsweisen (Hermann Rappe) gehen. Gleichzeitig spricht vieles dafür, daß es gerade die spektakulären und drastischen Fälle sind, denen eine Initialfunktion zukommt. Sie stehen exemplarisch für das Austesten von Möglichkeiten und Grenzen politisch-alternativen Handelns Mitte der achtziger Jahre und markieren einen Wendepunkt, eine neue Stufe im gesellschaftspolitischen Umgang mit unternehmensbezogenen Umweltproblemen, die auch veränderte Rahmenbedingungen, Bezugspunkte und Handlungsoptionen für die relevanten inner- und außerbetrieblichen Akteursgruppen setzt. Insofern steht der Fall gleichsam für den Endpunkt, für den "point of no return" im betriebspolitischen Umgang mit ökologischen Problemlagen und für den Beginn neuer Entwicklungstendenzen, für problem- und konfliktbearbeitungsbezogene Lernprozesse im System industrieller Beziehungen. Bei der Konzipierung und Durchführung der Studie waren wir mit zwei Problemen konfrontiert: Erstens, einen Industriebetrieb zu untersuchen, den es als Betrieb gar nicht mehr gibt, und zweitens, eine Situation nachzuzeichnen, die für die beteiligten Akteure doch schon eine beträchtliche Zeitspanne zurückliegt. Gestaltete sich das "Aufspüren" ehemaliger Beschäftigter noch relativ problemlos, so waren doch die wenigsten bereit, mit uns zu sprechen, sich noch einmal mit der für sie "leidigen" Angelegenheit zu befassen. Auch war uns bewußt, daß in die Beschreibung vergangener Vorgänge und Verhältnisse immer Bewertungen einfließen, die selbst erst vor dem Hintergrund des abgeschlossenen Verlaufs, des Resultats und neuerer Entwicklungen entstanden sind. Die Interviews wurden daher sehr intensiv geführt (zwei bis fünf Stunden) und weitgehend offen gehalten, um den Betroffenen Raum zu geben, ihre Sichtweise differenziert darzustelen. Hilfreich war darüber hinaus, daß wir auf umfangreiches Sekundärmaterial, vor allem auf die sehr ausführlichen Anhörungsprotokolle des Bayerischen Untersuchungsausschusses, zurückgreifen konnten. Eine Übersicht über die Interviewpartner und die verwendeten Materialien findet sich im Anhang der Studie. Die zitierten Aussagen von Einzelpersonen sind weitgehend anonymisiert. Hinsichtlich der Firma haben wir auf dieses Ver 3

8 fahren verzichtet, da der Fallverlauf durch die Medienberichterstattung sozusagen Gemeingut geworden ist. Zu Beginn der Studie stehen eine Einführung in den Fallverlauf und die Kurzcharakteristik der Fallbedingungen. Im dritten Kapitel folgt dann eine ausführliche Darstellung der Handlungsmöglichkeiten und Strategien einzelner Akteursgruppen im Fallverlauf. Anliegen war, handlungsleitende Logiken, Zielkonflikte und Ambivalenzen der strukturell differenzierten Akteure sowie deren Selbst- und Fremdwahrnehmung sehr detailliert transparent zu machen. Zuweilen auftretende Wiederholungen haben wir dabei bewußt in Kauf genommen. Auf die Koalitionen innerhalb und zwischen den Akteursgruppen und die betrieblichen Sozialbeziehungen wird danach in jeweils einem eigenständigen Kapitel eingegangen. Resümierend schließt sich dann eine Zusammenfassung an, in der noch einmal der Fallverlauf kurz beschrieben und die Hauptakteursgruppen im System industrieller Beziehungen charakterisiert werden. Abschließend werden fallspezifische Thesen zur arbeitspolitischen Regulierung unternehmensbezogener ökologischer Problemlagen vorgestellt. 4

9 1. Einführung 1.1 Kurzdarstellung des Falles Die Chemiefabrik Marktredwitz (CFM), 1788 gegründet, war die älteste Chemiefabrik Deutschlands. Schon seit der Gründung waren quecksilberhaltige Produkte ein wichtiger Produktionszweig. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts waren die vom Produktionsvolumen wichtigsten Produkte quecksilberhaltige Saatbeizmittel. Um die Jahrhundertwende bestritt die CFM sogar den größten Teil des Weltmarktes für Quecksilberprodukte allein. Die mittelständische Traditionsfirma wurde als Familienbetrieb geführt. Die Produktion fand auf dem alten Betriebsgrundstück in mitten der Stadt in zum großen Teil veralteten Betriebsgebäuden mit ebenfalls veralteten Produktionsanlagen statt. Die Firma pflegte ihr Traditionsbewußtsein. Goethes einwöchiger Aufenthalt in der Firma wurde zu zahlreichen Anlässen gebührend erwähnt. Der alte Familiensitz der Firmengründer, direkt dem Betrieb gegenüberstehend, dient seit 1930 der Stadt Marktredwitz als "Neues Rathaus". Die traditionelle Familienbindung wird auch in dem Umstand deutlich, daß ein Zweig der Eigentümerfamilie, einschließlich des späteren Unternehmensleiters O. T., direkt auf dem Firmengelände wohnte und aufwuchs. Trotz der in vielen Formen traditionellen kulturellen Einbindung in das gesellschaftliche Leben der Stadt, pflegte die CFM schon im letzten Jahrhundert ihre internationalen Handelsbeziehungen und war in ihren Kunden- und Zuliefererbeziehungen eher national bis international ausgerichtet. Bis zum Tod des ehemaligen langjährigen Unternehmensleiters Dr. R. T. sen mangelt es dem Unternehmen sowohl an Problembewußtsein gegenüber den problematischen Produktionsvorgängen als auch an einer konzeptionellen Investitions- und Produktpolitik. Man ruht sich eher in der gewonnenen ertragsreichen Marktnische für quecksilberhaltige Saatbeizmittel und das als Zwischenprodukt vielseitig verwendbare Quecksilbersublimat aus. Der Betrieb befindet sich somit in einer denkbar schlechten Ausgangssituation, als sich zu Beginn der siebziger Jahre die Arbeits- und Gesundheitsschutzbestimmungen sowie die Umweltgesetzgebung zunehmend verschärfen. 5

10 In den Jahren 1975 bis 1983 ist die Firma nach der damaligen Unternehmensleitung (Marktredwitzer Tageblatt vom ) gezwungen 30 % der Gesamtinvestitionen in Umwelt- und Arbeitsschutzinvstitionen zu stecken, gegenüber dem durchschnittlichen Anteil von 10 % in der gesamten Chemieindustrie. Erschwerend kommt dabei hinzu, daß die CFM mit ihrer spezialisierten Produktion bei den Sanierungsmaßnahmen und im Bereich der Umwelttechnologien auf keine Standardlösungen zurückgreifen kann. Sie stößt allerdings auf seiten der Berufsgenossenschaft (BG) und der Behörden auf Verständnis, das sich in intensiven Beratungen, Zusammenarbeit bei der Entwicklung technischer Lösungskonzepte und Nachsicht und Verlängerungen bei termingebundenen Auflagen ausdrückt. Auch wenn die einzelnen Maßnahmen die problematische Situation, verbunden mit einem immer wieder festzustellenden Überschreiten der MAK-, BAT- und Emissionswerte^, nicht nachhaltig verändern können, kann die CFM somit aber in einzelnen Bereichen auf ihre Pionierleistungen verweisen. Die extrem belastete Arbeitsplatzsituation wird dabei seit 1974 vom Betriebsrat (BR) problematisiert. Der neugewählte Betriebsratsvorsitzende (BRV) erreicht, daß die Ergebnisse der Urin-Reihenuntersuchungen und späteren Blutuntersuchungen den Beschäftigten mitgeteilt werden. Ebenfalls ab 1974 werden von der BG und dem Gewerbeaufsichtsamt Messungen am Arbeitsplatz durchgeführt, wobei starke Überschreitungen der MAK-Werte festgestellt werden. Die medizinischen Reihenuntersuchungen ergeben ebenfalls in mehreren Fällen starke Überschreitungen der Richtwerte nach der 1971 von der BG erlassenen G9-Liste. In der Folge entsteht ein reger Diskurs zwischen BR, Arbeitsmedizinern, Gewerbeaufsicht und Unternehmensleitung um Meßtechniken und Grenzwertinterpretationen. Dabei spielt eine entscheidende Rolle, daß es keine verbindlichen Richtlinien für eine gemischte Exposition von Quecksilber in seinen verschiedenen Erscheinungsformen gibt, wie sie in der CFM ständig auftritt. 3 MAK: Maximale Arbeitsplatz-Konzentration. Der MAK-Wert ist die höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz. BAT: Biologischer Arbeitsstoff Toleranzwert. Der BAT-Wert ist die beim Menschen höchstzulässige Menge eines Arbeitsstoffes bzw. eines durch den Gefahrstoff enstehenden Umwandlungsprodukts im Blut oder im Ham. 6

11 Nachdem 1978 der vier Jahre lang stark engagierte BRV zurücktritt, verstärkt sich dennoch der Konflikt, wobei die IG Chemie stärker einbezogen wird. Der in der Vorstandsabteilung der IG Chemie für Arbeits-, Gesundheitsschutz und für Umweltfragen zuständige Referent organisiert im September 1981 ein Treffen zwischen Gewerbeaufsicht, Berufsgenossenschaft, Arbeitsmedizinern, Unternehmensleitung, Gewerkschaft und Betriebsrat mit der Drohung, ansonsten gerichtlich vorzugehen, bei dem über die Situation in der CFM ausführlich unter dem Gesichtspunkt des Arbeits- und Gesundheitsschutzes diskutiert wird und die IG Chemie einen Sanierungsplan vorstellt. Vor der Entscheidung stehend, entschließt sich der BR, gegen die, teilweise Rechtsverstöße einschließende, katastrophale Situation nicht juristisch oder über die Öffentlichkeit vorzugehen, sondern im Sinne des Arbeitsplatzerhalts eine Verhandlungslösung mit der Geschäftsleitung zu suchen. Als Erfolg des BR kann die Einstellung der neuen Werksärztin im Herbst 1981 bezeichnet werden. Eine von der IG Chemie mitfavorisierten Betriebsvereinbarung läßt sich nicht durchsetzen. Am Grundproblem ändert sich allerdings nichts. Die von der Werksärztin verordneten Umsetzungen belasteter Arbeitnehmer scheitern praktisch am Mangel ungefährdeter Arbeitsplätze. Im Jahr 1982 findet ein Wechsel im BR statt. Der von 1980 bis 1982 amtierende BRV, der im starken Konflikt mit der Unternehmensleitung stand, scheidet aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig aus dem Betrieb. Der bis zur Schließung amtierende neue BRV übernimmt dagegen eine starke Vermittlerrolle, die den Konsens zwischen der Unternehmensleitung und der Belegschaft sucht. Der innerbetriebliche Konflikt um die Gesundheitssituation scheint damit 1982 seinen Höhepunkt überschritten zu haben. Eine gewisse Resignation und ein Rückzug auf die traditionelle Routinearbeit sind bei allen Akteuren zu beobachten. Es hängt sich keiner mehr unbedingt aus dem Fenster. Die Komplexität der Problemlage scheint von allen erkannt, und sämtliche traditionellen Regulierungsformen ausgeschöpft. Nachdem man sich in der Zuspitzung für den Erhalt des Betriebes entschieden hat, stellt sich somit ein gewisses Abfinden mit der Situation ein. Neben der in dieser Zeit sicher erfolgten Sensibilisierung der Beschäftigten gegenüber Gefährdungen steht aber auch deren oft langjährige betriebliche Alltagserfahrung im Umgang mit den giftigen, gefährlichen Stoffen und der damit verbundenen Gewöhnung an die Zustände. Dies förderte sicher eine Baga- tellisierung der Gefährdung. In diesem Klima hing der Schutz auch stark vom 7

12 eigenen Wissen und der eigenen Sensibilität ab. Ein gewisses Vertrauen, daß es ja gar nicht so schlimm sein kann, bietet dabei die Eigentümerfamilie, die ja teilweise auf dem Firmengelände wohnt und bei vielen Gelegenheiten ein sehr relativierendes Gefährdungsbewußtsein erkennen läßt. So kommt es beispielsweise vor, daß der kaufmännische Unternehmensleiter beim Abfüllen hilft und auch keine Maske trägt (Interview mit Beschäftigten). Als 1982 die Verwendung quecksilberhaltiger Saatbeize in der BRD verboten wird, hat es die CFM nicht geschafft, einen alternativen Produktionszweig aufzubauen. Vorhaben, wie die Verlagerung des Gewichts auf Wismutverbindungen, die Entwicklung und Etablierung eines quecksilberfreien Saatbeizmittels oder auch die Entwicklung einer Quecksilberrückgewinnungsanlage scheitern. Ein Wandel im Bewußtsein der Akteure, daß nicht nur der Betrieb, sondern auch das Produkt Kern des Problems ist, ist nicht auszumachen. Eine Verlagerung des Betriebes an den Stadtrand, die konsequenteste Grundlage für eine Sanierung, war zwar seit Mitte der siebziger Jahre mit der Stadt Verhandlungsthema, einige Grundstücke wurden getauscht, wurde aber bis zur Schließung nie realisiert. Trotz dieser massiven Probleme findet gleichzeitig eine hohe Produktionstätigkeit mit starker Exportausrichtung statt. Die dabei vermehrt auftretenden Abfallprodukte werden von den Verarbeitungskapazitäten nicht mehr bewältigt und werden mit schwankenden Stoßzeiten in abenteuerlicher Weise auf dem Betriebsgelände gelagert (Interview mit Chemiemeister). Der seit 1979 forcierte Großhandelsbereich wird stark ausgebaut und stellt mehr und mehr das zweite Standbein der CFM dar. Der Umsatz steigt. Parallel dazu gründet der für den kaufmännischen Bereich zuständige Manager eine Chemiehandelsfirma. Am erfolgt der lang verhandelte Anschluß der CFM an die städtische Kanalisation. Bald darauf stellt die Stadt erhöhte Quecksilberwerte in ihrem Klärschlamm fest. Im Mai 1984 wird das Problem erstmals im Stadtrat durch den OB thematisiert, worüber die Lokalpresse berichtet. Schließlich droht im November der städtische Bauausschuß mit dem Entzug der Einleitungsgenehmigung für Mitte 1985, wenn keine Abhilfe erfolgt. Nachdem im Dezember Verhandlungen der CFM mit einer österreichischen Chemiefirma über eine lizenzierte quecksilberfreie Produktion wegen des schlechten Standortes scheitern, kündigt die CFM eine 95%ige Reduzierung der Produktion bis Mitte 1985 und den Abbau von 30 Arbeitsplätzen - die Hälfte 8

13 der Belegschaft - an. Die Belegschaft nimmt dies betroffen hin, ein Sozäalplan wird aufgestellt. Im Januar 1985 scheidet einer der beiden Geschäftsführer aus dem Betrieb, sämtliche Aktien werden vom verbleibenden Geschäftsführer übernommen. Ebenfalls im Januar beschließt der Bauausschuß den Entzug des Einleitungsbescheids für Mitte Als am vom Wasseramt Bayreuth eine Belastung der am Betriebsgelände vorbeifließenden Kösseine festgestellt wird, die von einer unzulässigen Abwassereinleitung der CFM stammte und in der Folge am der Betrieb offiziell stillgelegt wird, war der Abbau der Produktion im Betrieb schon geplant und teilweise realisiert. Für den Betrieb kommt damit die relativ plötzliche Schließung aus dem Bereich des Umweltschutzes, der in der Auseinandersetzung im System der industriellen Beziehungen praktisch keine große Rolle gespielt hat. Eine Verbindung der Umweltproblematik mit der Arbeits- und Gesundheitsschutzdiskussion fand nie statt. Mit der Schließung wird das Ausmaß des Umweltskandals erst in der Öffentlichkeit bekannt. Erst jetzt reden die nun ehemaligen Mitarbeiter über die Zustände im Betrieb in der Öffentlichkeit. Noch am Tag nach der Schließung meint allerdings der BRV, es sei übertrieben, die berufliche Existenz der verbliebenen 41 Mitarbeiter mit einem plötzlichen Rundumschlag der Behörden aufs Spiel zu setzen (Frankenpost vom ). Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft sollen von den Nochbeschäftigten bei ihren Betriebsbegehungen angefeindet worden sein (natur, 5/1988). In der gesamten Beobachtungszeit von 1975 bis 1985 findet die CFM erhöhte Aufmerksamkeit und Beachtung bei den Behörden und der Berufsgenossenschaft. Die Gewerbeaufsicht stattet dem Betrieb in diesem Zeitraum 61 Besuche ab, die sie vor allem ab 1978 vorher ankündigt. Die Berufsgenossenschaft greift 33mal in den Betrieb ein (Der Spiegel, Nr. 48/1988). Dabei wird immer wieder einmal mit Teilstillegungen oder Betriebsstillegung gedroht. Als größere Maßnahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutzbereich erfolgten im Zeitraum 1975 bis 1985: - Bodensanierungen in verschiedenen Räumen - die Errichtung einer Schwarz-Weiß-Kantine 1977, wobei eine ausreichende Versorgung der Duschen mit Warmwasser erst '82 realisiert wird; 9

14 - Errichtung einer Abluftanlage 1978 bis 1980, wobei der Teil für den Saat beizabfüllraum nicht errichtet wird, da die Produktion ja ohnehin bald einge stellt werden soll; - Bestellung einer Werksärztin 1981 mit festgelegter Einsatzzeit nach dem Arbeitssicherheitsgesetz. Im Umweltschutzbereich werden bis zum Anschluß an die städtische Kanalisation: eine dritte Reinigungsstufe für die betriebliche Kläranlage errichtet; zusätzlich drei Ionenaustauscher in die Abwasseranlage installiert. Von 43 die Belegschaft der CFM betreffenden erstatteten Anzeigen auf Verdacht einer quecksilberbegründeten Berufskrankheit endeten lediglich drei mit einer teilweisen Anerkennung (Schlußbericht des Untersuchungsausschusses "CFM", Drucksache des Bayerischen Landtag 11/17677). Der Tod eines 1980 verstorbenen hochbelasteten Arbeiters wird offiziell nicht mit Quecksilber in Verbindung gebracht Das entscheidende Gutachten wurde vom "Quecksilberpapst" der Arbeitsmediziner, Prof. V. vom Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Erlangen erstellt. Vom gleichen Institut werden seit 1974 die medizinischen Reihenuntersuchungen durchgeführt und beurteilt. Angesichts des langen nachsichtigen und eher verständnisvollen Verhaltens der Behörden ist es bemerkenswert, wie abrupt die CFM als Umweltkriminalfall und Skandalbetrieb behandelt wird. Der Umweltskandal und Altlastenfall CFM erfährt eine starke öffentliche Aufmerksamkeit. Eine Bürgerinitiative gründet sich in Marktredwitz, die sich hauptsächlich mit den Sanierungsanforderungen und dem Ausmaß der außerbetrieblichen Belastung und Folgen auseinandersetzt. In der Folge kommt es zu einem Prozeß werden die Geschäftsführer sowie der Betriebsleiter zu Geldstrafen wegen umweltgefährdender Abfallbeseitigung und fahrlässiger Gewässerverunreinigung verurteilt. In das Urteil geht die "Vorverurteilung durch Teile der Presse" mildernd mit ein. Der Bayerische Landtag befaßt sich 1989/90 in einem Untersuchungsausschuß mit der CFM, wobei vor allem die Rolle der Behörden untersucht wird. Die Sanierung des Betriebsgeländes hat mittlerweile über 50 Millionen DM gekostet und ist bis heute nicht abgeschlossen. 10

15 Zusammenfassend läßt sich die Problemlage etwa wie folgt beschreiben: Bei der CFM handelte es sich um einen alten Traditionsbetrieb mit paternalistischem Führungsstil auf einem ungünstig gelegenen, belasteten Betriebsgelände. Die Produktion fand mit veralteten Maschinen in zu großen, veralteten Betriebsgebäuden statt, wobei die alte Bausubstanz ebenfalls stark belastet war. Die Spezialisierung auf Quecksilberprodukte stellte eine ertragreiche Nischenstellung des Betriebes dar, wobei ein Aufspüren und Ausweichen auf eine andere Produktionsnische als Antwort auf das Verbot der Hauptprodukte nicht gelang. Die CFM zahlt für die Region überdurchschnittlichen Lohn und stellt für die hauptsächlich un- und angelernten Beschäftigten in der eher strukturschwachen aber auf alle Fälle sehr konjunkturanfälligen und von Arbeitsplatzabbau bedrohten Region einen wichtigen (unersetzlichen) Arbeitgeber dar. Die eigentlich von allen ausschlaggebenden Akteuren erkannte Tatsache, daß die einzige konsequente Sanierung in der Stillegung der Produktion auf dem alten Betriebsgelände zu sehen ist, läßt sie an die Grenzen ihrer traditionellen Handlungsmöglichkeiten stoßen. Der Preis, die vertrauten Ebenen zu verlassen, an die Öffentlichkeit zu gehen und damit das Problem auf die politische Ebene zu verlagern, scheint zu hoch. Da die Risiken der Folgen eines solchen Schrittes auch angesichts der wachsenden gesellschaftlichen Umweltdiskurse immer unüberschaubarer und damit unkontrollierbarer werden, ziehen sich die Akteure auf ihre Routine zurück, da keiner den befürchteten Buhmann für die möglicherweise losgetretene Lawine machen will. Sieht man von der im Konflikt nicht thematisierten Umweltproblematik der in alle Welt exportierten Produkte ab, so stellt sich die Reichweite des Problems als sehr regional, wenn nicht sogar lokal eingrenzbar dar. Neben der extrem problematischen Situation im Betrieb, ist die Grundwassergefährdung der Stadt Marktredwitz durch undichte Betriebskanäle und Altlasten bzw. vergrabene Chemieabfälle zu nennen. Die Belastung der Flüsse Kösseine und Röslau, die in den Trinkwasserspeichersee bei Cheb (Eger) in der nahegelegenen damaligen CSSR münden. Bei Eiern von Hühnern, die sich in den Überschwemmungsgebieten dieser Flüsse aufgehalten hatten, waren 1983 erhöhte Quecksilberwerte festgestellt worden. Aus ähnlichen Gründen besteht seit Anfang der siebziger Jahre ein Fischverzehrverbot für Fische aus der Kös- 11

16 seine. Und nicht zuletzt muß hier die Belastung der Region durch die Abluft aufgeführt werden. Diese vom Betrieb ausgehenden außerbetrieblichen Umweltgefährdungen bleiben allerdings in den Auseinandersetzungen zwischen den traditionellen Konfliktpartnern äußerst unterbelichtet - obwohl sie schließlich ausschlaggebend für die Schließung sind und damit die Akteure wieder eingeholt haben. 1.2 Fallverlauf Für uns läßt sich der Konfliktverlauf im Beobachtungszeitraum in drei Phasen gliedern. Dabei sollen hier nur in aller Kürze die charakteristischen Merkmale bzw. Ereignisse benannt werden. Die erste Phase 1974 bis 1978 wollen wir dabei die der Problemdefinition bzw. Probiemerkennung nennen. Arbeits- und Gesundheitsschutz und Umweltschutz werden überwiegend auf getrennten Ebenen behandelt. In beiden Bereichen verändern sich die Rahmenbedingungen in eine, stärkeren Druck verursachende, Richtung. Als wichtige personelle Veränderungen sind die Neuwahl des Betriebsratsvorsitzenden und der Tod des alten Geschäftsführers im Jahr 1974 zu nennen übernimmt dessen Neffe, ein Betriebswirt, allein die Geschäftsführung. Im Umweltbereich wird das Abwasser zum ständigen Thema. Ein zu Beginn der siebziger Jahre eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen illegaler Abwassereinleitung gegen die alte Geschäftsführung wird zwar 1974 mit dem Tod des alten Unternehmensleiters eingestellt, die Aufmerksamkeit ist aber geweckt. Mit dem Bau einer dritten Reinigungsstufe erhält die CFM nur eine befristete Einleitungsgenehmigung bis Verhandlungs- und Konfliktpartner auf seiten der Behörden unterscheiden sich von denen im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz. Neben dem Abwasserproblem gerät die Saatbeize als Produkt in die Kritik. Im Arbeits- und Gesundheitsschutzbereich erfolgen 1974 die ersten umfangreichen MAK-Messungen, ermöglicht durch ein neues technisches Messgerät, bei dem Grenzwertüberschreitungen festgestellt werden. Es folgen eine Reihe von Auflagen, zum Teil mit Androhung von Teilstillegungen, gleichzeitig entwickelt sich eine intensive Zusammenarbeit zwischen BG, Gewerbeaufsichtsamt und Unternehmensleitung zur Problemlösungsfindung. 12

17 Der neue Betriebsratsvorsitzende macht die betrieblichen Zustände zum Thema der innerbetrieblichen Auseinandersetzung und informiert die IG Chemie, BG und Behörden. Den Beschäftigten werden erstmals ihre Werte mitgeteilt. Das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Erlangen, wird hinzugezogen. Es findet eine rege Diskussion über die Interpretation der Meßwerte statt, wobei die Standorte und Haltungen der Akteure erst abgeklopft und ausgetestet werden. Neue Wege werden zumindest zum Teil ausprobiert, so trifft sich der Vertreter der BG mit dem BR 1976 außerhalb des Betriebes ohne die Unternehmensleitung (Untersuchungsausschußprotokoll, Aussage des Vertreters der BG Chemie). Sichtbare Veränderungen im Betrieb wie die neue Abwasseranlage, die Schwarz-Weiß-Kantine, Sanierung einiger Böden und bestehender Abluftanlagen, sowie die spätere Errichtung einer neuen Abluftanlage ab 1978 und zahlreiche kleinere hygienische und technische Maßnahmen lassen den Eindruck erwecken, die neue junge Unternehmensleitung sei guten Willens und es bewege sich ja etwas. In der zweiten Phase, der Hauptphase, 1978 bis 1982 kommt es zur Zuspitzung des Konflikts. Die Geschäftsleitung wird um den Cousin des Geschäftsführers, einen Chemiker, erweitert. Im Umweltbereich erhält die Firma bis zum - lange vorher von der Behörde geforderten - Anschluß an die städtische Kanalisation 1983 nur mehr provisorische Genehmigungen für jeweils oder ein Jahr. Die Abwasseranlage muß um drei Ionenaustauscher verbessert werden. Die gesteigerte Produktion verschärft das Abfallproblem, das durch innerbetriebliche Lagerung "gelöst" wird wird die Anwendung quecksilberhaltiger Saatbeizmittel eine kurze Zeit vorübergehend in der BRD verboten. Im thematisierten Arbeite- und Gesundheitsschutzbereich werden die Konflikte immer massiver. Auf den 1978 wegen Meinungsverschiedenheiten mit den Kollegen und sehr wahrscheinlich mit der IG Chemie zurückgetretenen BRV folgt nach einer kurzen Übergangszeit der Sicherheitsbeauftragte des Betriebs als BRV. Der tritt allerdings nach relativ kurzer Zeit (ca. zwei Jahren) wegen Vereinbarkeitsschwierigkeiten von BR-Tätigkeit und seiner Mitarbeiter- und direkten Untergebenenstellung im Labor zurück. Es folgt ein Arbeiter, der selbst 13

18 gesundheitlich schwer betroffen ist, und der den Konflikt mit der Unternehmensleitung sehr konfrontativ angeht. In dieser Zeit wird die IG Chemie stärker eingeschalten, gewisse arbeitsrechtliche Standards werden zum Teil gerichtlich durchgesetzt. Der Umweltund Arbeits- und Gesundheitsschutzreferent der IG Chemie Hauptverwaltung schaltet sich ein. Alternative Produkte werden gesucht. Der Handel ausgebaut. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Geschäftsführern wachsen. Das Betriebsklima verschlechtert sich stirbt ein Arbeiter mit Verdacht auf Quecksilbervergiftung, die durch Gutachten abgestritten wird. Die Unternehmensleitung wird zunehmend abwehrender. Die Ergebnisse der Phase sind: Eine neue Betriebsärztin wird 1981 beauftragt. Im selben Jahr findet das Treffen aller Beteiligter im Arbeits- und Gesundheitsschutz statt. Man einigt sich auf einen allgemein akzeptierten Umgang mit den Richtwerten, greifbare Erfolge werden nicht erreicht. Insgesamt sind erhöhte Aktivitäten der einzelnen Akteure zu bemerken, wobei sich die Fronten und Standpunkte verfestigt haben. Das Arbeitsplatzargument rückt stärker in den Vordergrund der Auseinandersetzungen. Die dritte Phase 1982 bis 1985 kann als Abschwungphase und Resignationsphase bezeichnet werden. Alle Handlungsmöglichkeiten scheinen ausgereizt. Sämtliche Ideen alternativer Produkte haben sich zerschlagen. Das Hauptprodukt wird 1982 in der BRD endgültig verboten. Der neugewählte BRV agiert verhalten, distanziert mit starker Konsensneigung gegenüber der Geschäftsleitung. Sein Aufgabenfeld grenzt er selbst von sich aus stark ein. Die Geschäftsleitung sichert sich individuell ab. Der Betriebswirt gründet parallel eine Chemiegroßhandelsfirma. Der Chemiker schaut sich im Stillen nach einem anderen Arbeitsplatz um und verläßt im Januar 1985 die Firma. Die IG Chemie zieht sich zurück auf ihre traditionellen Themen (BR-Fortbildung, Sozialplan). Auch von seiten der Arbeitsschutzbehörden erfolgen weitere Besuche und Auflagen, die aber nichts einschneidend Neues bringen. Der seit langem gepflegte Bargaining-Prozeß nimmt seinen Lauf. 14

19 Die Diskussion um die Grenzwerte hat sich leergelaufen. Die Umsetzungsvorschläge der Werksärztin scheitern am Mangel unbelasteter Arbeitsplätze. Die reale Alternative heißt, im Betrieb bleiben oder gehen. Es scheint, daß auch der wachsende gesellschaftliche Druck durch steigendes Umweltbewußtsein das betriebliche Agieren blockiert. Sämtliche Akteure ziehen sich auf ihre Routinetätigkeit zurück. Keiner will die Schließung des Betriebes verantworten. Die Schließung erfolgt schließlich wegen des von der CFM nicht bewältigten Abwasserproblems, also von seiten der Umweltbehörde. Der im Frühjahr 1985 beginnende Arbeitsplatzabbau aufgrund der Produktionsstilllegung wird von den Beschäftigten resigniert hingenommen. 1.3 Beteiligte Akteure Betriebliche Akteure: - Belegschaft - Betriebsrat - Sicherheits- und Umweltbeauftragte - Unternehmensleitung Gewerkschaft: - IG Chemie Kommune: - Kreisstadt Marktredwitz Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz: - Werksärzte - Berufsgenossenschaft Chemie - Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth - Institut für Arbeits- und Sozialmedizin - Landesinstitut für Arbeitsmedizin - Landesinstitut für Arbeitsschutz Bereich Umweltschutz: Landratsamt Wunsiedel Regierung Oberfranken 15

20 - Wasserwirtschaftsamt Bayreuth - Landesamt für Umweltschutz - Landesamt für Wasserwirtschaft 1.4 Regulierungsergebnisse Die Ergebnisse der betrieblichen Auseinandersetzung bewegten sich in den traditionellen Regulierungsformen industrieller Beziehungen, auch wenn in einigen Fällen Grenzgänge versuchsweise gewagt wurden. Neben kleineren Ergebnissen wie Duschzeitenregelungen und ähnlichem können die Öffentlichmachung der persönlichen Belastungswerte, die Bestellung der Werksärztin, das "Round Table"-Gespräch aller Beteiligten im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes und die darauf erfolgende Unterrichtung des BR seitens des Gewerbeaufsichtsamtes über die Art der Verwendung bzw. Interpretation der Grenzwerte vor ausstehenden Messungen genannt werden. 16

21 2. Kurzcharakteristik der Failbedingungen 2.1 Das Unternehmen 1788 als Firma Chemische Fabrik W. C. Fikentscher gegründet. Seit 1890 im Besitz der Familie T Umwandlung in Chemische Fabrik Marktredwitz AG. Neben der Familie T. waren die letzten dreißig Jahre ein Mailänder Professor bzw. später eine italienische Finanzgesellschaft zu einem Drittel beteiligt, die aber keinen wahrnehmbaren Einfluß auf die Betriebspolitik ausüben. Die Chemiefabrik führt folgende Produkte, die entweder in Chargen selbst produziert oder über den eigenen Großhandel vertrieben wurden, in ihrer Bilanz auf: - Spezial-Chemikalien, Spezial-Fungizide und Biozide - Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel - Wasserbehandlungschemikalien - Fettsäuren - Weinsteinverbindungen - organische und anorganische Quecksilberverbindungen. Als Hauptprodukte können dabei die quecksilberhaltigen Saatbeizmittel und das Quecksilbersublimat gelten. Der Kundenkreis war national und international ausgelegt, ebenso war der Zuliefererkreis nicht in der unmittelbaren Region angesiedelt. Nach dem Tod des alten Geschäftsführers 1974 übernimmt dessen Neffe, ein Betriebswirt, nach einer halbjährigen Übergangszeit 1975 die Geschäftsführung kommt der Sohn des Seniors, ein Chemiker, hinzu, der im Januar 1985 wieder ausscheidet Zu dieser Zeit übernimmt der Betriebswirt sämtliche Aktien. Obwohl wenige genau wissen, was die CFM genau produziert, ist die Fabrik in der Stadt und Umgebung allen bekannt. Sie gilt als Giftbude oder Stinkbude (aus den Interviews), die gut zahlt und in der jeder Arbeit bekommen kann, der will. In früheren Zeiten fuhren Leute der CFM auf's Land in der Umgebung zu den Bauern, um diese für die Arbeit in der Fabrik anzuwerben. Die Firmenchefs nehmen aktiv am gesellschaftlichen Leben der Stadt teil. 17

22 Ökonomische Entwicklung in Daten Umsatz 3,75 3,98 4,86 4,09 5,25 4,26 «6,55 10,50 11,25 10,69 13,42 12,39 in Mio Dividende in% Beleg- Ang. *» schaff Arb. * * * * Daten liegen nicht vor, ebenso für 1985 Quelle: Bilanzen aus Hoppenstedt: Handbuch der d t Aktiengesellschaften, verschiedene Ausgaben Der Betrieb bestand aus einem Labor, dem Produktionsbereich, einem Lagerund Abfüllbereich und der Verwaltung. Außerdem wurden betriebseigene Handwerker beschäftigt teilt sich die Zahl der Beschäftigten auf 13 in der Verwaltung, 9 im Labor, 38 in der Produktion davon 26 Männer und 12 Frauen, die übrigen 9 Beschäftigten teilen sich in Handwerker und sonstige auf. Der Verpackungsbereich ist hier zur Produktion gerechnet, in diesem Bereich ist der überwiegende Anteil der Frauen beschäftigt (Zahlen aus einem Brief des Gewerkschaftssekretärs P. an A., IG Chemie Hauptverwaltung, 1980). Der Aufgabenbereich der beiden Geschäftsführer war zwischen Produktionsbereich und kaufmännischem Bereich getrennt, wobei das Lager und der Verpackungsbereich dem letzteren zugeordnet gewesen zu sein scheint (Interview mit Beschäftigter). Unterhalb der Geschäftsführung war der Betriebsleiter für das Labor und den Produktionsbereich zuständig, dieser besaß aber keine Geschäftsführungsvollmacht. Für den Produktionsbereich gab es dann einen Chemiemeister. Diese Stelle wurde von einem im Betrieb angelernten Arbeiter mit Abitur wahrgenommen. In den letzten Jahren ist dieser auch für den Abfüllbereich zuständig (Interview mit Chemiemeister). Dort hatte ein Lagerhalter eine Art informelle Vorarbeiterfunktion. "Der war so ein kleiner Meister über uns Frauen." (Interview mit Beschäftigtem) Neben den Chemotechnikern und Chemielaboranten aus dem Labor gibt es Mitte der siebziger Jahre einen Chemiefacharbeiter, der Rest der gewerblichen Beschäftigten besteht aus Un- und Angelernten beginnt der Betrieb selbst Chemiefacharbeiter auszubilden. Insgesamt existieren zwei Lehrstellen im Betrieb, die entweder mit Chemiefacharbeitern oder mit -laboranten besetzt wer- 18

23 den. Von den im Betrieb ausgebildeten Facharbeitern kann ungefähr die Hälfte im Betrieb gehalten werden (Interview mit Vorstand O. T.). Dennoch spricht der letzte BRV von einer gescheiterten betrieblichen Qualifizierungspolitik (Interview mit BRV). Fortbildungsmaßnahmen für die Beschäftigten, finden bis auf einige wenige unentbehrliche Kurse für Laboranten oder den Chemiemeister nicht statt (Interview mit Chemiemeister). Die innerbetriebliche Qualifizierung wird vom Betriebsleiter durchgeführt, der auch für die IHK im Ausbildungsbereich tätig ist. Die Beschäftigten lassen sich im gewerblichen Bereich in zwei Gruppen gliedern. Der eine Teil zeichnet sich durch eine lange Betriebstreue und vielschichtige traditionelle Bindungen an den Betrieb aus. Hier kommen die Beschäftigten über Bekannte oder Familienangehörige in die Firma. Das durchschnittliche Erwerbsalter ist hoch, viele, wie etwa im Abfüllbereich, stehen kurz vor der Rente oder scheiden in den letzten Jahren 1982 bis 1985 aus. Der andere Teil zeichnet sich durch eine hohe Fluktuationsrate aus. "Ein gewisser Teil, eben solche Leute, die vom Arbeitsamt geschickt worden sind, die haben mal reingeschnuppert und dann waren sie schnell wieder weg." (Interview mit Chemiemeister) Die Anlernphase im Produktionsbetrieb dauerte nach Aussage des Chemiemeisters etwa zwei Jahre. "Die konnten dann nach einem Rezept arbeiten. Da standen die Mengen von den verschiedenen Sachen drauf. Die Laufzeiten und die Temperaturen der Apparaturen. Diese Anweisungen sind im Labor gemacht worden." (ebenda) Die industriellen Beziehungen in der CFM waren geprägt vom patriarchalischen Führungsstil der Unternehmerfamilie. Die Geschäftsführer sind oft im Betrieb anwesend, es gibt täglich Frühbesprechungen, und vieles wird direkt mit den einzelnen besprochen, oft auch nur Belangloses, Unverbindliches. Die Arbeitnehmer wenden sich auch selbst direkt an die Chefs (ebenda). Die Ernte vom Versuchsgrundstück der Firma wird an die Beschäftigten verteilt. Wein mit derselben Herkunft wird zu besonderen Anlässen ausgegeben (Interview mit Beschäftigtem). Im persönlichen Umgang mit den Gefährdungen des belasteten Betriebs und dessen Produkten scheint es keine große Trennung zwischen Chefs und Arbeitnehmern zu geben. Die Notwendigkeit der Existenz eines BR wird von der Unternehmensleitung nicht in Frage gestellt. Neben den erwähnten informellen individualisierten Regulierungsformen erweist sich die Unternehmensleitung auf formaler und ju 19

24 ristischer Ebene als hartnäckiger Bremser gegenüber dem BR. So streckt sich etwa die Auseinandersetzung um ausreichend Warmwasser für die Duschen und eine entsprechende Pausenregelung über Jahre. Im Fallverlauf verschlechtert sich das Klima. Viele Auseinandersetzungen um arbeitsrechtliche Fragen werden juristisch ausgefochten. Der wachsende Auflagendruck von außen führt zu gegenseitigen Schuldzuweisungen, Unternehmensleitung - Beschäftigte, Beschäftigte - Beschäftigte (Interviews mit Beschäftigten). Jährlich finden etwa drei Betriebsversammlungen statt, die jeweils mindestens drei Stunden dauern. Viele Beschäftigte sind gewerkschaftlich organisiert (keine genauen Angaben vorhanden), auch wenn die Mitgliedschaft oft sehr funktional und pragmatisch betrachtet wird (Interview mit Beschäftigter). Stellenwert des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Zu Beginn der siebziger Jahre ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz vollkommen vernachlässigt. Die gewerblichen Beschäftigten machten ihre Brotzeit in ungeschützten Räumen inmitten des Produktionsbereichs. Arbeits- und normale Straßenkleidung hingen im selben Spint nebeneinander. Die damals noch verwendeten Halbmasken werden von den Beschäftigten selbst reihum abwechselnd gereinigt, die Filter selten gewechselt. Kleinere Unfälle wie Verätzungen, Blasenbildungen an Händen etc., die sehr schmerzhaft sind und einige Tage andauern, bis sie abklingen, treten häufig auf und sind in bestimmten Arbeitsprozessen nicht wirklich zu vermeiden (Interview mit BRV). Die Arbeitnehmer können die Gefährlichkeit der Stoffe, mit denen sie hantieren, wegen mangelnder Qualifizierung nicht einschätzen. Sie sind auf die Anweisungen angewiesen, die die Betriebsleitung ihnen gibt und müssen auf die Wirksamkeit der getroffenen Vorsichtsmaßnahmen vertrauen. Mit den gesetzlichen Verschärfungen seit Anfang der siebziger Jahre ändert sich auch einiges im Betrieb. Der Beauftragte für Arbeitssicherheit ist lange Zeit BR-Mitglied und kurze Zeit auch BRV. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist im gesamten Zeitraum ein sehr wichtiges Thema der BR-Arbeit. Dabei müssen viele Kleinigkeiten in langen Verhandlungsverläufen der Unternehmensleitung abgetrotzt werden. 20

25 Trotz der oben schon mehrmals erwähnten Maßnahmen (Schwarz-Weiß- Kantine, Abluftanlage, Werksärztin, Belastungsdaten, Pausenregelungen, Duschzeiten etc.), hinken diese Schutzmaßnahmen den wirklichen Anforderungen hinterher. In vielen problematischen Bereichen wird mit normaler Stoffarbeitskleidung, Schutzschürze und Handschuhen gearbeitet. Die Filter der mittlerweile eingeführten Vollschutzmasken werden nur alle zwei bis vier Wochen gewechselt. Gebrauchte Filter werden dabei nach einer betriebseigenen Hochdruckbehandlung wiederverwendet. Aber selbst neue Filter bieten den Arbeitern angesichts der gemischten Exposition nur unzureichend Schutz. So hatten sie bei einem Ammoniak Quecksilber Gemisch die Wahl, sich entweder durch einen Ammoniakfilter diesen unangenehmen Geruch vom Leibe zu halten oder durch den Quecksilberfilter sich gegen die viel schwerwiegenderen Quecksilberdämpfe oder -stäube zu schützen. Beides gleichzeitig war nicht möglich (Interview mit BRV, siehe auch Zitat S. 57 f.). Trotz des Vertrauens auf individuellen Schutz durch Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und einer sicher verbreiteten und nicht zuletzt vom Betriebsleiter demonstrierten Betriebsblindheit (Interview mit Vorstand O. T.), wuchs die Sensibilität gegenüber der Gefährdung. Ein eigenmächtiger Entschluß der Beschäftigten zum Maskentragen wurde dabei nicht unbedingt begrüßt, da dabei durch die gesetzlichen Erholungspausen Ausfallzeiten für die Produktion entstanden. "Da hat's bloß geheißen, ihr braucht nicht so viel Masken tragen, dann braucht ihr auch nicht so viele Pausen machen." (Interview mit Beschäftigter) Wachsende, vom Wissen und der Sensibilisierung abhängige individuelle Vermeidungsstrategien drücken auf das - schon durch die angespannte Lage der CFM verursachte - verschlechterte Betriebsklima (ebenda). Umweltschutz Dem Umweltschutz wird im Betrieb ein geringer Stellenwert eingeräumt. Ein wirkliches Problembewußtsein ist bei eigentlich allen Akteuren nicht auszumachen. Sämtliche oben schon geschilderten Maßnahmen fanden als Reaktion auf Auflagen von seiten der BG oder der Umweltbehörde statt. Die gesetzlich vorgeschriebenen betrieblichen Umweltbeauftragten hatten im Gegensatz zum Sicherheitsbeauftragten eher eine Alibifunktion. Nach Mei 21

26 nung des Sicherheitsbeauftragten waren das "alles Strohmänner" (eigenes Te lefongespräch). Als Abfallbeauftragte fungierte etwa die im Labor als Che mielaborantin arbeitende Schwester eines der Unternehmensleiter. 22

27 2.2 Die Region Marktredwitz liegt im oberfränkischen damaligen Zonenrandförderungsgebiet, 16 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt. Seit der Bayerischen Gemeindegebietsreform 1972 gehört die ehemals kreisfreie Stadt als große Kreisstadt zum Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge. Die CFM war einer der sehr seltenen Chemiebetriebe im Landkreis. Der trotz seiner Randlage, die ja erst nach 1945 entstand, stark industrialisierte Landkreis ist im Betrachtungszeitraum geprägt von einer mittelständischen, arbeitsintensiven Konsumgüterindustrie und damit überdurchschnittlich konjunkturanfällig arbeitet etwa die Hälfte aller Arbeitnehmer des verarbeitenden Gewerbes in der feinkeramischen Industrie. Dieser deutlich nachgeordnet, nehmen die Textilindustrie, Maschinenbau und Elektrotechnik von ihrer Beschäftigungswirksamkeit etwa den gleichen Rang ein. Der Dienstleistungssektor ist im Landkreis sehr gering entwickelt sind hier ganze 17,7% der Arbeitnehmer beschäftigt, gegenüber 22,9% in Oberfranken und 31,6 % im Bund (alle Daten in diesem Abschnitt, wenn nicht anders angegeben, beziehen sich auf ein Manuskript des Syndikus der IHK Oberfranken, D. Dulleck, "Das Fichtelgebirge als Wirtschaftsraum" von 1985, erhalten durch das Landratsamt Wunsiedel). Dem gegenüber besteht ein hoher Anteil der Beschäftigten 69,7 % im Bereich des produzierenden Gewerbes (Oberfranken 61 %, Bayern 52 %, Bund 46,3 %), wobei 64,4 % der Industriebeschäftigten im Konsumgüterbereich tätig sind (Oberfranken 58,2 %, Bayern 26,8 %). Die dominante Keramikindustrie und der Maschinenbau weisen dazu eine hohe Exportorientierung auf. Dabei liegt die Arbeitsproduktivität im Industriebereich des Landkreises mit DM Umsatz pro Beschäftigte 1985 weit unter dem oberfränkischen ( DM) und dem Bundesdurchschnitt ( DM) - Fakten, die die Krisenanfälligkeit des Landkreises deutlich machen. Zwischen 1977 und 1983 ging die Zahl der im industriellen Bereich beschäftigten sozialversicherungspflichtiger Erwerbspersonen um 12 % zurück (Oberfranken - 7,5 %, Bayern - 3 %, Bund -1 %). Allein in Marktredwitz wurden in diesem Zeitraum ca. 700 Arbeitsplätze durch Konkurse und Umstrukturierungen abgebaut (Interview mit Chemiemeister und Ausschußprotokoll des Bayerischen Landtags, Aussage des Oberbür- 23

28 germeisters von Marktredwitz). Die Arbeitslosenquote der Städte Selb und Marktredwitz, im Oktober 1980 noch bei 3,5 % liegend, erreichte 1983 mit 9 % ihren Höhepunkt und ist bis 1985 nur auf 8 % zurückgegangen (unveröffentlichtes Material des Landratsamt Wunsiedel). Weiterhin leidet der Landkreis an einer statistischen Überalterung der Wohnbevölkerung sind 18,4% der Einwohner über 65 Jahre alt (Bundesdurchschnitt 14,7%). Die jüngeren Leute wandern ab. Als Ursache dürften hier mitunter das Fehlen ausreichend qualifizierter Arbeitsplätze, die unterdurchschnittliche Entwicklung des Dienstleistungsbereichs und das niedrige Lohnniveau gelten. Das Verdienstniveau der feinkeramischen Industrie liegt um 25 % unter dem Bundesdurchschnitt (Interview mit Gewerkschaftssekretär). Als traditioneller Industrieraum hat der Landkreis mit den für solche Gebiete üblichen ökologischen Problemen zu tun, wobei die trotz der Industrialisierung kleinstädtisch und dörflich gebliebene Struktur der Region die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sicher etwas dämpft. Als Grenzlandgebiet hat die Region neben ihren selbstverursachten Belastungen auch noch mit der Abluft der tschechischen Industrie zu kämpfen. In der Öffentlichkeit stark thematisiert werden Anfang der achtziger Jahre die Emissionen des Blockheizkraftwerkes im 10 Kilometer von Marktredwitz entfernten Arzberg. Mit seinem Charakter als geschichtsträchtiges Industriegebiet kann man im Fichtelgebirge von einer langen Tradition der industriellen Beziehungen ausgehen. In jedem größerem Ort gibt es ein Gewerkschaftshaus. Die wichtigste Einzelgewerkschaft in der Region, die IG Chemie, Papier und Keramik, nimmt dabei jeweils einen gewichtigen Platz für ihre Ortsverwaltungen ein. Ihr Schwerpunkt liegt hier aus einfachen Gründen in der feinkeramischen Industrie. Die Verwaltungsstruktur der Region ist sehr vielschichtig und kann hier nur in groben Zügen skizziert werden. Als kreisangehörige Stadt hat Marktredwitz nur sehr eingeschränkte Kompetenzen. Von 1970 bis 1990 ist der Bürgermeister der Stadt der Kandidat der Freien Wählergemeinschaft. Unterste Umweltund Genehmigungsbehörde ist das Landratsamt Wunsiedel, von dem schließlich auch die Stillegung der CFM verfügt worden war. Der Landkreis wird sozialdemokratisch regiert. Dem Landratsamt übergeordnet ist die Regierung von Oberfranken, die wiederum den Landesministerien unterstellt ist. 24

29 Für die Gewerbeaufsicht war das Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth zuständig. Neben diesen entscheidenden Behörden war eine Reihe von beratenden, begutachtenden Behörden einbezogen, die auch zum Teil in unterschiedlicher Form Rechts- oder Fachaufsichtspflichten innehatten: das Landesinstitut für Arbeitsmedizin, das Landesinstitut für Arbeitsschutz, das Wasserwirtschaftsamt Bayreuth, das Landesamt für Umweltschutz, das Landesamt für Wasserwirtschaft und der Wasserrechtsreferent der obersten Baubehörde, um die zu nennen, die vor dem Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags geladen wurden. Der Informationsfluß zwischen den Behörden, besonders zwischen Gewerbeaufsicht und Umweltbehörden aber auch zwischen den Verwaltungshierarchien gab für Spekulationen reichlich Anlaß und war ein Gegenstand des Untersuchungsauftrags des Untersuchungsausschusses, auch wenn bis heute einiges im Dunkeln geblieben ist. Im Abschlußbericht betonen die Mitglieder des Ausschusses vor allem in bezug auf die Gewerbeaufsicht den bestehenden Personalmangel und die fachliche Überforderung der einzelnen Beamten. Im Zeitverlauf 1975 bis 1985 wurden auch einige Zuständigkeiten umstrukturiert. Außerdem fand in mehreren Bereichen ein personeller Wechsel statt. Die sicher auch in Oberfranken präsenten Umweltschutzverbände wie etwa der BUND und andere spielten im Falle der CFM keine erkennbare Rolle. 25

30 26

31 3. Handlungsmöglichkeiten und Strategien der einzelnen Akteursgruppen im Fallverlauf 3.1 Unternehmensleitung Die Ausführungen zu Handlungsmöglichkeiten und Strategien der Unternehmensleitung der CFM beruhen auf den Aussagen der ehemaligen Geschäftsführer O. T. und R. T. vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Hof und dem Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags sowie auf einem im Rahmen der Fallerhebung durchgeführten Interview mit O. T. Das Unternehmen wurde in Form einer Aktiengesellschaft geführt. Die Mehrzahl der Anteile hielten die Familiengruppen Dr. R. T. und O. T. In den letzten Jahren war daneben eine italienische Firma zu einem Drittel am Grundkapital beteiligt. Der Aufsichtsrat setzte sich aus einem Professor aus Italien, dem Schwager von R. T. und einem Arbeitnehmervertreter zusammen. Nach dem Ableben des Alleinvorstands R. T. Sen. wurden die Cousins O. T. und R. T. bis zum Juni 1975 vorübergehend gemeinsam zum Vorstand bestellt. Danach führte O. T. bis 1978 als alleiniger Vorstand die Firma. Ab 1979 trat auch Dr. R. T. wieder als Vorstand in die Firma ein. In der Folgezeit gab es eine Zuständigkeitsteilung, nach der O. T. für den kaufmännischen und R. T. für den technischen Bereich verantwortlich war. Neben den beiden Vorständen gab es einen langjährigen Betriebsleiter, der in Nachfolge seines Vaters seit 1951 bis zur Schließung der CFM diese Position im Unternehmen innehatte. Als Chemotechniker war er für das Labor und den Produktionsbereich verantwortlich. Im Januar 1985 schied R. T. aus der CFM aus, und O. T. wurde bis zur Schließung der CFM wieder als Alleinvorstand bestellt. Beide Cousins geben an, zögernd und nur auf Drängen ihrer Mutter ihre Vorstandstätigkeit aufgenommen zu haben. Insbesondere R. T. schildert die Zustände, die er bei seinem Eintreten in die Firma vorfand, als vorsintflutlich und katastrophal. Auch O. T. bemängelt die unzureichende und verfehlte Investitionspolitik vor Da seien zwar jährlich erhebliche Summen in die Aufstockung der betriebseigenen Bibliothek gegangen, aber Investitionen in bauliche Sanierung oder moderne Anlagen haben nicht stattgefunden. Obwohl beide Cousins die von ihnen gemeinsam übernommene Hypothek für eine erhebliche Altlast hervorheben, ist im Fallverlauf keine einheitliche Sanierungs- und Investitionspolitik der Geschäftsleitung auszumachen. Kontroversen zwischen den 27

32 Vorständen führen dazu, daß sich O. T. mehr und mehr auf den von ihm ver tretenen kaufmännischen Bereich zurückzieht und R. T. eigenständig den tech nischen Bereich übernimmt. "Es gab Auseinandersetzungen mit dem Aufsichtsrat und meinem Cousin, weil die Investitionen, die er vorgeschlagen hat, nicht entsprechend vorbereitet waren. Im Bereich der Produktion hätte man für Anlagen, von denen man gedacht hat, die seien unbedingt nötig, mehr Basisarbeit machen müssen, um Investitionen zu sichern bzw. sinnvoll zu machen. Das zweite ist, man hätte eher hingehen müssen und sagen müssen, wenn die Stadt nicht mitmacht, fahren wir den Betrieb schneller runter. Also das, was ich dann eigentlich anfangen wollte, hätte man eher machen müssen. Man hat sich auch nicht damit anfreunden können, Personal auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Da hat es auch Schwierigkeiten gegeben mit meinem Cousin. [...] und dann müssen wir auch überlegen, in welche Richtung wir Verbesserungen einführen können mit Investitionen, und nicht einfach so, weil's einem einfällt, schnell und hopplahopp was zu investieren. Sie können sagen, ich hätte mich nicht mehr eingemischt, aber wenn Sie die Konstellationen dann sehen, mit dem Aufsichtsrat und so, haben Sie natürlich wenig Chancen." (Interview mit Vorstand O. T.) Eine einheitliche Unternehmensstrategie ist daher im Fallverlauf nicht auszumachen. Gleichzeitig scheint es jedoch auch keine nachhaltigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Vorständen um Fragen des Arbeits-, Ge- sundheits- und Umweltschutzes gegeben zu haben. Eher ist eine strikte Zuständigkeitstrennung auffällig, in deren Folge sich O. T. neben seiner Vorstandstätigkeit um den sukzessiven Aufbau eines eigenen Unternehmens im Chemikaliengroßhandel bemüht und bei Verhandlungen mit Behördenvertretern, Gewerkschaft und Betriebsrat zu technischen Belangen und Sanierungsmaßnahmen R. T. bis zu seinem Ausscheiden federführend ist. Sein Dilemma zwischen Aufgabenteilung innerhalb des Managements und der Gesamtverantwortung als Vorstand beschreibt O. T. gegenüber dem Bayerischen Untersuchungsausschuß folgendermaßen: "Mir hat das auch nicht gefallen. Aber wir haben eine strenge Trennung zwischen dem technischen Bereich und dem kaufmännischen Bereich. [...] Den Fehler, den ich als Kaufmann gemacht habe: ich habe zwar nach innen die Verantwortung fürs Technische nicht gehabt; aber nach außen als Vorstand war ich für alles mitverantwortlich. Und ich glaube, bei anderen Firmen, die Vorstände haben in der Chemie-Branche, sind die Kaufleute bestimmt aus der Verantwortung heraußen oder so rechtlich abgesichert, daß ihnen nichts passieren kann." (ebenda) Die Rolle des Betriebsleiters in der Auseinandersetzung um die Unternehmenspolitik ist insgesamt als eher passiv zu beurteilen. Obwohl auch er letztlich im 28

33 Umweltprozeß zu den Angeklagten und Verurteilten gehört, hat er sich in seiner langjährigen Tätigkeit vorwiegend als Ausführender von Anweisungen begriffen und verhalten. Handlungsmöglichkeiten Hinsichtlich Kompetenz, Ressourcen und Informationszugang verfügten die beiden Vorstände sowie der Betriebsleiter über die wohl günstigsten Voraussetzungen innerhalb der CFM. Solide Grundausbildungen, berufliche Erfahrungen, die auch über den eigenen Betrieb hinausgingen, und der Zugriff auf Materialien der Fachdiskussion (betriebseigene Bibliothek) sicherten ihnen einen deutlichen Vorsprung vor den anderen Gruppen in der Firma. Durch die Mitgliedschaft und/oder Mitwirkung in außerbetrieblichen Gremien (Abwasserkommission Rhein, Verband, Mittelstandsausschuß usw.) und die Teilnahme an Messen verfügten sie über ein breites Hintergrundwissen. Fachliche und soziale Kompetenzen im Umgang mit internen und externen Akteursgruppen gehörten zu ihrem Tätigkeitsprofil. Finanzielle und zeitliche Ressourcen erlaubten ihnen darüber hinaus relativ problemlos den Zu- und Rückgriff auf "externe Experten". Die im Fallverlauf und auch darüber hinaus bedeutsamen Kontakte zum Institut für Arbeits- und Sozialmedizin und der Polyklinik für Berufskrankheiten in Erlangen kamen wesentlich über die Unternehmensleitung zustande. "Positiv war auch die Zusammenarbeit mit Erlangen. Die haben damals gefragt, ob wir mitmachen, sie bekommen vom Bund ein Forschungsprojekt unterstützt." (Interview mit Vorstand O. T.) Alle relevanten Informationen im Konfliktverlauf gingen über den Tisch der Unternehmensleitung: Ergebnisse betriebsärztlicher Vorsorgeuntersuchungen, Schadstoffbelastungswerte in der Raumluft, Abwasserwerte usw. Insgesamt werden daher von den Vorständen Unsicherheiten und Unübersichtlichkeiten über Grenzwerte artikuliert, jedoch kaum Informationsdefizite. Einzig kurz vor der Schließung der CFM beklagt O. T. mangelnde Informationsweitergabe und Kooperation des Wasserwirtschaftsamtes. Ansonsten bezeichnet er die Zusammenarbeit mit den Behörden als vertrauensvoll und kooperativ. "Ich hab' eigentlich keine Probleme mit den Behörden gehabt. Es war eigentlich eine Kooperation. Nein, von Negativerfahrung kann ich nicht sprechen. Selbstverständlich ging's manchmal um 'ne Zeitfrage, [...], aber es ist nie so gewesen, daß es hieß, wir müssen eueren Betrieb schließen oder so. Die haben vielleicht gesagt, irgendetwas müssen wir 29

34 jetzt mal schreiben, aber nehmt das bitte nicht so ernst, wir wissen, daß sie's machen wollen." (ebenda) Informationszugang, Potentiale und Ressourcen sowie weitreichende Entscheidungsbefugnisse lassen für die Unternehmensleitung insgesamt auf breite Handlungsmöglichkeiten schließen, auch auf dem Hintergrund der langjährig anhaltenden günstigen wirtschaftlichen Situation der Firma. Einschränkend wirkten hier allerdings die aus der betrieblichen Organisationskultur resultierenden institutionellen Bedingungen einer strikten Hierarchietrennung und Zuständigkeitsaufteilung. Wenn auch immer wieder in Detailfragen informell durchbrochen, sind doch innerhalb der Unternehmensleitung unterschiedliche Einflußbereiche und Strategieausrichtungen erkennbar, die jedoch nicht in eine offensive Aushandlung, sondern eher in separierte Bewältigungsmuster mündeten. Strategien Innerhalb der Unternehmenspolitik dominierten betriebswirtschaftlich orientierte Zielsetzungen. Nach wie vor sind zu Beginn des Fallverlaufs (1975) quecksilberhaltige Produkte und insbesondere die Saatbeize lukrative Sortimente auf einem gesicherten, auch internationalen Absatzmarkt. Selbst veraltete Produktionsanlagen wirken sich kaum gewinnschmälernd aus. Problematisch erscheint lediglich der Standort und die räumliche Anschließung des Betriebsgeländes. "Ich meine, wenn man da reinkommt und hat ein bißchen Ahnung von Unternehmensplanung, dann müssen Sie einfach sagen, dieser Betrieb sitzt auf einem zu wertvollen Grundstück, von der Lage her." (Interview mit Vorstand O. T.) "Sie müssen sich einmal vorstellen, dieser Riesenkomplex. Für das, was da produziert worden ist, würde ein moderner Betrieb maximal 25 % des Geländes bzw. des Gebäudes benötigen." (ebenda) Konkrete Sanierungserfordernisse werden vor allem von außen, über eine Verschärfung gesetzlicher Auflagen in den Bereichen Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz, an den Betrieb herangetragen. Darauf reagiert der damalige Alleinvorstand O. T. zwar zurückhaltend, jedoch nicht unbedingt unwillig. "Ja, und dann hat man erst mal begonnen mit der Sanierung, weil die Vorschriften waren einfach, eine Abwasserreinigungsanlage zu bauen oder dicht zu machen." (ebenda) In engem Behördenkontakt wird von der CFM ein Abwasserbehandlungsverfahren entwickelt und installiert, das als richtungsweisend für die gesamte bundes 30

35 deutsche quecksilberverarbeitende Chemie bewertet wird. Mit dieser Innovation dokumentiert die Unternehmensleitung gegenüber den Aufsichtsbehörden gleichzeitig ihre grundsätzliche Bereitschaft, Auflagenstandards ernst zu nehmen und zu erfüllen, was ihr scheinbar noch über Jahre einen Bonus und Vertrauensvorschuß sichert. "Dann ging es weiter, erst mal den alten Betrieb aufzuräumen, weiter zu sanieren, dann ging es an die Abluft ran." (ebenda) Immer neu auftretende Sanierungsnotwendigkeiten zur Einhaltung der Normen im Arbeits- und Umweltschutz stellen sich auf dem insgesamt problematischen Betriebsgelände zunehmend als enorm kostenaufwendig dar setzen erste Bemühungen der Unternehmensleitung ein, den Standort an den Stadtrand von Marktredwitz zu verlagern. "Das größte Problem war eigentlich, daß wir mitten in der Stadt waren. Wir haben 1976 einen Tauschvertrag mit der Stadt Marktredwitz abgeschlossen. Und zuvor haben wir ein Grundstück der Stadt Marktredwitz gegeben und haben notariell vertraglich ein Grundstück zugesichert bekommen, von ungefähr m2, an der Bahnlinie. Bahnanschluß war gewährleistet für gefährliche Güter, das wäre natürlich das Ideale gewesen. Und das sollten wir innerhalb von zwei Jahren bekommen." (ebenda) Ungeachtet dessen, daß die Vorgänge und tatsächlichen Ambitionen der Beteiligten am vereinbarten Grundstücksdeal, der sich nie realisierte, bis zum Schluß im Dunkeln geblieben sind, wird von der Unternehmensleitung die Verlagerung des Produktionsstandorts als das wesentliche strategische Ziel bezeichnet. Investitionen wurden unter dem Gesichtspunkt getätigt, Ausrüstungen und Anlagen wenn möglich später überführen zu können. Bei unumgänglichen baulichen Veränderungen wurde auf sparsame Maßnahmen gesetzt. "Damit waren wir natürlich von den Investitionen auf ein Grundstück festgelegt, in das eigentlich jede Investition in Immobilien ein Irrsinn war." (ebenda) Erste Konflikte wurden schon bei der Installation der Abluftanlagen und der Schwarz-Weiß-Kantine deutlich. "Da haben wir gesagt, wir bauen nicht extra ein neues Gebäude hin. Wir müssen eine Sparlösung machen, für die wir nicht soviel Geld ausgeben, weil's einfach schon sinnlos ist." (ebenda) Rentabilitätsziele des Unternehmens geraten zunehmend in Konflikt mit Auflagen und Forderungen der Aufsichtsbehörden. Zudem ist auch nach Umsetzung bestimmter Forderungen keine endgültige Verbesserung der Situation in Sicht. 31

36 Die Belastungswerte werden immer nur punktuell unterschritten. Als strategische Grundlinie, vor allem auch nach dem Eintritt von Dr. R. T. in die Firma, zeichnet sich ein verhaltenes reaktives Sanierungsgeschehen ab, das sukzessive und mit zeitlichen Verzögerungen behördlichen Auflagen folgt und gleichzeitig eine verstärkte Abwehrkomponente gegen Anforderungen der Belegschaft und der Behörden aufweist. Gleichzeitig wird immer wieder die Option der Betriebsverlagerung strapaziert, ohne daß deutliche Aktivitäten von seiten der Unternehmensleitung auszumachen sind. "Die einzig sinnvolle und saubere Lösung dieses Dilemmas wäre eine Firmenverlagerung gewesen - die einzelnen Sanierungsmaßnahmen an der alten CFM habe ich immer nur als zeitlich befristete Krücke betrachtet." (R. T. in: Zeitspiegel, 12./ ) Dabei stützt sich die Unternehmensleitung auf ihre guten Behördenkontakte und die Unsicherheiten der zuständigen Stellen. "Nach dem Eintritt in die Firma sei es immer sein Bestreben gewesen, behördliche Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen zu erfüllen. Nach Aussage von Dr. R. T. war bei den Behördenvertretern häufig 'äußerste Unsicherheit' festzustellen, oft habe er auf gezielte Fragen keine Antworten erhalten. Die Fragen stammten aus seiner eigenen Beklemmung, einen chemischen Betrieb führen zu müssen, dessen Produktionsanlagen im wesentlichen aus den fünfziger Jahren stammten oder noch älter waren, und andererseits die zunehmend verschärften Umweltbestimmungen der siebziger und dann der achtziger Jahre einhalten zu können." (In: Zeitspiegel, ) In einen zusätzlichen Konflikt gerät die Unternehmensleitung, als ein Verbot quecksilberhaltiger Saatbeize für 1982 angekündigt wird und die Bemühungen um ein Ersatzprodukt scheitern. So kommt Ende der siebziger Jahre die Firma von mehreren Seiten unter Druck. R. T. als zuständig für den technischen Bereich fährt eine sich verstärkende restriktive Unternehmenspolitik und verläßt schließlich 1985, ziemlich plötzlich, die Firma. O. T. greift nur noch informell in die Entwicklung ein, taucht offiziell kaum noch auf. "Ich hab' meine Betriebsrundgänge gemacht, hab' das auch später gemacht. Hab' meine Berichte diktiert, über das, was ich gesehen habe, und hab's meinem Cousin gegeben. Dann wurde ich gebeten, mich nicht mehr einzumischen, vom Aufsichtsrat. Daß jeder sich an die Aufteilung halten soll." (Interview mit Vorstand 0. T.) Neben seinen Alltagsgeschäften entwickelt er das Konzept zum Aufbau seiner eigenen Firma (Chemikaliengroßhandel), das er auch nach dem Ausscheiden von R. T. als Alleinvorstand bis zur Schließung der Firma favorisiert. 32

37 "Das Problem war dann, als mein Cousin dann gegangen ist, [...], und ich wieder für alles verantwortlich war, da hab1ich gesagt, es hat keinen Sinn, die Produktion wird reduziert, die Massenprodukte beziehen wir von der Konkurrenz und sind bei diesen Produkten im Bereich des Handels, die Spezialitäten machen wir weiter selbst, und dann bauen wir den Handel aus und gehen eventuell in neue Bereiche und schauen uns in anderen Bereichen nach einer Produktionsstätte um, aber das Primäre war erstmal die Reduktion der Produktion." (ebenda) Von der Ablösung bzw. Einstellung der Massenproduktion erwartet O. T. auch noch am ehesten eine Lösung des permanent vorhandenen Problems mit den überhöhten Belastungswerten. Ein grundlegender Strategiewandel der Unternehmensleitung ist im Fallverlauf nicht auszumachen. Dominantes Ziel bleibt die Gewährleistung wirtschaftlicher Rentabilitätsmaßstäbe, die allerdings immer deutlicher in Konflikt zu den sich verschärfenden Anforderungen aus den Bereichen Arbeits-, Gesund- heits- und Umweltschutz gerät. Was sich wandelt, sind vor allem die favorisierten Bewältigungsformen in diesem Spannungsverhältnis. Restriktive Politiken nach innen, Verheimlichungen, Vermeidungs- und Abwehrstrategien nach außen nehmen zu. Gesetzt wird vor allem auf das gute, kooperative Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden, auf Sonderzugeständnisse an eine von Grund auf veraltete Firma, in der "man in früheren Jahren zu wenig in moderne Produktionsanlagen investiert hat, und hinterher, als das ganze Umweltbewußtsein kam, waren die Investitionen für total neue Anlagen und die Aufwendungen für Umwelteinrichtungen insgesamt zuviel für den Betrieb." (ebenda) Parallel dazu entwickeln die beiden Vorstände ihre jeweils persönlichen Ausweichkonzepte. Dr. R. T. wechselt 1985 zu einem metallverarbeitenden Betrieb in Marktredwitz, wo er auch heute noch als Prokurist für das Ressort Produktmanagement zuständig ist. O. T. forciert den Auf- und Ausbau seines Chemikaliengroßhandels, den er nach der Abwicklung des Konkursverfahrens unter dem Firmenzeichen "cfm - Chemikalien, Feinchemikalien, Metallverbindungen" betreibt. Geschäftskontakte, die zum Teil schon aus seiner Vorstandstätigkeit bei der CFM resultieren, sind durch den Konflikt nicht getrübt worden und bestehen nach seinen Aussagen nach wie vor weiter. 33

38 Problemwahrnehmung Selbst- und Fremd Wahrnehmung der Unternehmensleitung weichen erheblich voneinander ab. Die Unternehmensleitung sieht sich vor allem als Opfer der Umstände, die im Spannungsfeld von Betriebserhalt und wachsenden Ansprüchen an Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzstandards häufig mit überzogenen und unbegründeten Forderungen attackiert wird und im Gegenzug kaum Hilfestellungen erhält. Das Bewußtsein über die Problematik gesundheitlicher Belastungen von Beschäftigten und Anwohnern ist insgesamt kaum ausgeprägt. Auch für die eigene Person wird kein Gefährdungspotential ausgemacht und ein laxer Umgang mit Sicherheitsstandards praktiziert, da man ja seinen Betrieb kennt und gewohnt ist, mit Chemikalien umzugehen. An keiner Stelle wird die Brisanz des hochgiftigen Quecksilbers selbst thematisiert. Verschärfte Auflagen werden zur Kenntnis genommen und auch versucht umzusetzen. Gelegentliche Grenzwertüberschreitungen oder das stillschweigende Unterlaufen, Abschwächen und Ignorieren von Arbeits- und Umweltschutzvorschriften (Arbeitsschutzbekleidung, Abfallbeseitigung, Schadstoffaustritte) werden nicht als kriminelle Delikte, sondern eher als Alltagsroutine, notwendige/unvermeidliche Übel betrachtet und bagatellisiert. Auf Unverständnis stößt dann auch die Betriebsschließung, da die Behörden ja seit Jahren Messungen an den Brunnen rund um die Firma durchgeführt haben und es keine Bedenken gab. Die Hauptverantwortung wird daher von der Unternehmensleitung vor allem bei den Aufsichtsbehörden und der Stadt Marktredwitz gesehen. "Hauptverantwortlich ist die Stadt in Marktredwitz, daß man verhindert hat, daß die Firma rechtzeitig aussiedeln kann. [...] Das zweite sind die Verantwortlichen, die in der Kösseine festgestellt haben, es hat sich was getan, und hier nicht sofort die Staatsanwaltschaft eingeschaltet haben, selbstverständlich ist das deren Aufgabe, oder offen mit uns drüber zu reden." (Interview mit Vorstand O. T.) Bargaining-Prozesse - zwischen Unternehmensleitung und Behörden über den zehnjährigen Fallverlauf an der Tagesordnung - wurden so aus Sicht des Vorstands der Firma plötzlich durchbrochen. In den Argumentationslinien der Unternehmensleitung spielt dann auch die Problematik unsicherer, nur angenommener und nicht letztlich wissenschaftlich fundierter Richtwerte eine hervorragende Rolle. Da werden immer wieder die besonderen Bedingungen der CFM betont, aufgrund derer "man immer nur über Sonderzugeständnisse weiterkam" (ebenda). Einflußchancen und Verantwortlichkeiten werden vor diesem Hintergrund wahrgenommen und relativiert. 34

39 "Nach fünf Jahren kennt niemand mehr die Begründung für die Sondergenehmigung, und dann können sie beide Seiten in die Pfanne hauen." (ebenda) Das Hauptargument, warum denn überhaupt unter so unzureichenden Verhältnissen solange weitergewurstelt wurde, stellt die soziale Verantwortung der Geschäftsleitung für den Erhalt der Arbeitsplätze dar. Der Beschäftigungsaspekt - so entsteht der Eindruck - wurde mit der Zuspitzung des Fallverlaufs immer wichtiger und dezidiert gegenüber betrieblichen und außerbetrieblichen Akteuren hervorgehoben. Die auffälligen gesundheitlichen Belastungen der Beschäftigten wurden und werden dagegen kaum als betriebsbedingt wahrgenommen. Hier erfolgt eine deutliche Schuldzuweisung an persönliches Fehlverhalten, ein häufiges Unterlaufen der Arbeitsschutzvorschriften. Alkoholprobleme am Arbeitsplatz und Arbeiten ohne die vorgeschriebene Schutzmaske sind noch heute für O. T. die Erklärungsmuster für aufgetretene erhebliche gesundheitliche Schädigungen seiner ehemaligen Beschäftigten. Abmahnungen oder Sanktionen wurden jedoch auch nicht ausgesprochen, da einerseits der Betriebsrat die Leute gedeckt hat und man andererseits selbst auch nicht zu hart mit den langjährig vertrauten Stammarbeitern umgehen wollte. Verantwortlichkeit erschöpft sich in Ermahnungen und dem Appell an den Betriebsrat, in dieser Frage kooperativer zu sein. Die gesamte Problemwahrnehmung der Unternehmensleitung im Fallverlauf stellt sich eher traditionell dar. Erhöhte Sensibilitäten für Gefährdungspotentiale spielen bei Entscheidungs- und Verhaltensausrichtungen keine Rolle. Antizipiert werden vor allem von außen, über gesetzliche Vorschriften kommende Anforderungen an die Ausgestaltung der Produktionsbedingungen. In diesem Spannungsfeld wertet man das eigene Verhalten als von ernsthaftem Bemühen getragen, die Gesamtsituation sukzessive zu verbessern. "Insgesamt hätten sich alle Betroffenen - Firmenleitung, Betriebsrat und Behörden - bemüht, die Probleme in den Griff zu bekommen." (R. T. In: Zeitspiegel, ) "Zu dem Zeitpunkt war es das Beste, was man machen konnte. Ob das global das Beste war, kann man bezweifeln." (Interview mit Vorstand 0. T.) In der Wahrnehmung anderer Akteursgruppen schneidet die Firmenleitung erwartungsgemäß nicht so gut ab. Die IG Chemie erfährt vor allem die Widersprüchlichkeit der Unternehmensleitung. So gab es zwar "kein totales Nein, keine totale Blockade von der Firmenleitung", aber 35

40 "im Betrieb gab es immer Widerstand, vor allem R. T. war da Weltmeister. Jede Maßnahme, die zu Produktionseinbußen hätte führen können, wurde versucht zu verzögern. (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Seit 1978 sei dann auch die Zusammenarbeit mit der Betriebsleitung ins Negative abgerutscht: Informationsblockaden, Anwürfe gegen Betriebsrat, Schwierigkeiten bei der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern zu Schulungen usw. Betriebsrat und Beschäftigte bemängeln vor allem die Bagatellisierung und Verschleierung der Gefahrenpotentiale durch die Unternehmensleitung. Nicht der eigene laxe Umgang mit Arbeitsschutzvorschriften, sondern das Herunterspielen der Probleme und einschränkende arbeitsorganisatorische Bedingungen sind die Grundlage ihrer heutigen Gesundheitsbelastungen (siehe S. 18, Bsp. Schutzmasken). Auch die von der Unternehmensleitung betonte strategische Option der Standortverlagerung wird von den anderen Akteursgruppen nur sehr vage wahrgenommen. Es gab da zwar immer mal Andeutungen, konkret ist es jedoch nie geworden, und die Ernsthaftigkeit von Verlagerungsbemühungen wird eher angezweifelt. 36

41 3.2 Betriebsrat Die Betriebsratspolitik im Fallverlauf erschließt sich aus zugänglichen Materialien (Protokolle, Schriftverkehr), den Aussagen des ehemaligen BRV K. (1974 bis 1978) vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß, Telefongesprächen mit BRV K. und T. sowie einem Intensivinterview mit dem letzten BRV der CFM. Der Betriebsrat der CFM spielte vor allem hinsichtlich der Gesundheitsbelastungen am Arbeitsplatz im Fallverlauf eine - wenn auch ambivalente - gewichtige Rolle. Sensibilisierung und Bewußtseinsbildung über die insgesamt prekäre und unbefriedigende Situation im Arbeits- und Gesundheitsschutz wurden vor allem durch den Betriebsrat thematisiert, in Gang gesetzt und vorangetrieben. Interessant erscheint dabei, daß der Person des Betriebsratsvorsitzenden eine entscheidende Rolle bei der Intensität und Art und Weise der Problembearbeitung zukommt. Der Betriebsrat als kollektives Gremium tritt dagegen nur marginal in Erscheinung, vor allem als Informationsrückkopplung zwischen Beschäftigten und Betriebsrat. Das wird immer an den Punkten deutlich, wenn vor zu rasanten Vorstößen des Betriebsrates gewarnt wird und mit dem Hinweis auf die Gefährdung der Arbeitsplätze Aktivitäten gebremst werden (nach Zeugenaussage K. vor dem Bayerischen Landtag). Handlungsmöglichkeiten Die Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates der CFM bewegen sich im wesentlichen im Rahmen des BVG. Aufgrund der relativ geringen Beschäftigtenanzahl gibt es keinen hauptamtlichen Betriebsratsvorsitzenden, diese Funktion wird jeweils neben der beruflichen Tätigkeit ausgeübt. Auch die Bildung von themenspezifischen Ausschüssen findet nicht statt. Insgesamt ist der Betriebsrat im Firmenzusammenhang als Interessenvertretung der Beschäftigten zwar akzeptiert, es gibt jedoch immer wieder Auseinandersetzungen mit der Geschäftsleitung über Kompetenzen, Mitbestimmungs- und Informationsrechte. Auch die Beschäftigten selbst regeln ihre Angelegenheiten häufig im direkten Kontakt mit der Unternehmensleitung. Eine massive Unterstützung der Betriebsratspolitik durch die Belegschaft war im Fallverlauf nicht auszumachen. Der Informationszugang des Betriebsrates zu Untersuchungsergebnissen und Meßwerten gestaltete sich vielfach problematisch. Nach Aussagen des ehemaligen BRV K. mußte immer wieder intensiv nachgefragt und die Weiter 37

42 gäbe relevanter Informationen an den Betriebsrat angemahnt werden. Ein Anzeichen für Informationsbarrieren innerhalb des Unternehmens sind die Korrespondenzen von K. mit der Berufsgenossenschaft und dem Gewerbeaufsichtsamt, in denen er um Zustellung von Ergebnisprotokollen an seine Privatadresse bittet. Die Geschäftsleitung wird vom Betriebsrat vor allem in ihrer Ausweich- und Abwehrstrategie zu Fragen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes wahrgenommen. Es wird im nachhinein auch immer wieder darauf hingewiesen, daß es vor den - zumeist angemeldeten - Besuchen der zuständigen Behörden regelmäßig zu Reinigungs- und Aufräumaktionen sowie erheblichen Produktionsreduzierungen kam. Gegenüber den Behördenvertretern gab es dazu jedoch keine Hinweise. "Da saß der BR zwischen zwei Stühlen." (Aussage K. vor dem Bayerischen Landtag) Seitens der fachlichen Kompetenz war der Betriebsrat der CFM zeitweise relativ günstig gestellt. K., von 1974 bis 1978 Betriebsratsvorsitzender, ist gelernter Chemielaborfachwerker und konnte auf seine Erfahrungen mit quecksilberhaltigen Produkten bei der BASF zurückgreifen. Von 1979 bis 1981 hat dann Herr T., ein Chemotechniker, den Vorsitz im Betriebsrat inne, der gleichzeitig Sicherheitsbeauftragter des Unternehmens ist. Ihm folgt als BRV ein selbst schwer gesundheitlich belasteter Arbeitnehmer, der kaum über die fachlichen Kompetenzen seiner Vorgänger verfügt, aber persönlich sehr engagiert die in Gang gesetzten Aktivitäten in enger Zusammenarbeit mit der IG Chemie weiterführt. Im Umgang mit der Unternehmensleitung stößt der Betriebsrat immer wieder auf Schwierigkeiten. Entscheidungen werden relativ autoritär von den Firmenchefs getroffen, Mitsprache- und Mitwirkungsrechte mußten vom Betriebsrat aufwendig eingefordert werden. "Er war der Mufti. Und dann kam der Betriebsrat mit seinen Forderungen/Hinweisen. Das war bis zum Schluß nicht gelöst." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Der Betriebsrat in dem Familienunternehmen CFM konnte nicht auf eine Tradition des gemeinsamen Aushandelns betriebsinterner Probleme zurückgreifen. Streitigkeiten nahmen den Charakter von Gewinner-Verlierer-Konstellationen an (nach internem Schriftverkehr). Der Betriebsrat sah sich konfrontiert mit Vorwürfen, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu unterlaufen und betriebsschädigend zu wirken. "Ja, daß Sie Ihr ganzes Verhalten, hinsichtlich des Quecksilbergehalts im Urin unserer Leute, dazu verwenden, um den Betrieb der Chemischen stillzulegen. Sie behaupten zwar das Gegenteil, aber Ihre 38

43 Handlung beweist die Richtigkeit unserer Auffassung." (CFM an BRV am ) Gleichzeitig gab es zeitraubende Auseinandersetzungen um die Reichweite von Kompetenzen und Befugnissen. So beginnt auch der Konfliktverlauf in der CFM mit dem Kampf um die Realisierung veränderter Bestimmungen im Bereich der Arbeitssicherheit und bei der Vorsorge von Gefährdungen durch Quecksilber. Abwehrend und zögerlich reagiert die Geschäftsleitung auf die Ansprüche, die vom Betriebsrat formuliert werden. Die Verhandlungsmächtigkeit des Betriebsrats, die im Unternehmen selbst eher gering erscheint, wird durch die Einschaltung der Gewerkschaft und die direkte Weitergabe von Forderungen an die Aufsichtsbehörden erweitert. Damit versucht der Betriebsrat, externe Experten in die Konfliktlösung zu integrieren. Es finden in der Hauptphase des Fallverlaufs mehrfach Besprechungen mit dem Gewerbeaufsichtsamt, der Berufsgenossenschaft und dem Bayerischen Landesinstitut für Arbeitsmedizin statt. Aktivierungspotentiale, innerhalb des Unternehmens kaum vorhanden, werden vor allem über äußere Akteure erschlossen. Information und Diskussionsbereitschaft sind dabei in der Regel vorhanden, die Reaktion bleibt jedoch zumeist enttäuschend. "Dann hat der Betriebsrat selbst mit Herrn P., das war der Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft in Nürnberg, wegen dieser prekären Lage um Unterredung gebeten. Es hat auch stattgefunden in M. Ja, summa summarum, zusammenfassend sagte er dann - und dies wörtlich: Was sollen wir denn tun? Ich weiß, was die einzige Methode wäre, und das wäre, einen großen Schlüssel nehmen, wegschmeißen und den Betrieb schließen. Das war die Antwort." (BRV vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß) Problematisch stellt sich für den Betriebsrat der Zugang zu externen Fachkräften dar. Gutachter gelangen zumeist über die Aufsichtsbehörden oder die Geschäftsleitung in das Unternehmen. Erst Anfang der achtziger Jahre gelingt über die IG Chemie die Einbeziehung eines gewerkschaftlichen Experten für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie die Bestellung einer Betriebsärztin nach den Präferenzen des Betriebsrats und gegen den Widerstand der Unternehmensleitung (über Einigungsstelle durchgesetzt). Strategien Dominantes Ziel des Betriebsrates in der Hauptphase des Fallverlaufs ist die Reduzierung der gesundheitlichen Belastungen der gewerblich Beschäftigten in 39

44 der CFM. Dabei bringt der Betriebsrat vor allem Forderungen zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Richtwerte in Ansatz, drängt auf eine beschleunigte Realisierung behördlicher Auflagen. Widerständen und Ausweichstrategien der Unternehmensleitung wird durch den direkten Kontakt zu Aufsichtsbehörden und der Einschaltung der IG Chemie entgegenzuwirken versucht. Eine Grenze für Betriebsratshandeln wird immer dann erreicht, wenn Arbeitsplatzargumente in die Auseinandersetzung einfließen. Nur ein Betriebsrat ist bereit, hier eine rigorosere Politik zu fahren, findet jedoch weder Mitstreiter noch eine Mehrheit im Betriebskollektiv. Priorität hat im gesamten Fallverlauf der Unternehmenserhalt. Mit dieser Strategie werden sukzessive punktuelle Verbesserungen erreicht, Maßnahmen durchgesetzt und die Beschäftigten selbst für die Gefahrenpotentiale sensibilisiert. Eine grundsätzliche Entschärfung der Situation tritt jedoch nicht ein. Eigene Konzepte entwickelt der Betriebsrat im Fallverlauf nicht. Er greift vor allem Vorstellungen zu Sanierungsmaßnahmen auf, die von Behörden und der IG Chemie ausgehen, und drängt auf eine konsequente Durchsetzung. Dabei sieht er sich zunehmend konfrontiert mit der verständnisvollen Haltung der Aufsichtsbehörden, die den Problemen eines veralteten Betriebes über Fristverlängerungen, Ausnahmegenehmigungen und eine halbherzige Kontrolle Rechnung tragen - einerseits, und der permanenten Befürchtung, durch zu unnachgiebige Forderungen die Fortexistenz des Unternehmens zu gefährden - andererseits. "Der Betriebsrat wies dann auch das Gewerbeaufsichtsamt darauf hin, daß die Sache eben viel konsequenter angepackt werden müßte. Und da sagte die Gewerbeaufsicht, wir sollten hier doch Verständnis zeigen. Schon im Hinblick auf die alte Struktur und die hinfällige Bausubstanz der Firma könnte dies nicht so schnell über die Bühne gehen." (ebenda) Androhungen zur Teilstillegung werden zwar immer wieder mal ausgesprochen, aber nie realisiert. Im Fallverlauf zeichnet sich in der Betriebsratspolitik ein Strategiewandel ab. In der ersten Phase geht es um den Informationszugang, die Abklärung und Anerkennung der Gefährdungspotentiale sowie die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen. Diese Auseinandersetzung läuft in Konfrontation zur Unternehmensleitung und über die Öffnung des innerbetrieblichen Beziehungsgefüges nach außen. "[...] Mitverantwortung des Betriebsrats zur Vorbeugung und Verhinderung von Gesundheitsgefahren läßt keine Möglichkeit offen, nur mit der Betriebsleitung alleine zur Beilegung des Konfliktes zu verhandeln. [...] Erschwerend zu dieser prekären Situation faßt es der Betriebsrat 40

45 als seine Pflicht auf, darauf hinzuweisen, daß die Betriebsleitung sich nur nach mehrmaliger Aufforderung höchst widerwillig dazu bereit erklärte, den ihr vorliegenden Befund zur Einsicht gelangen zu lassen." (BRV an das Bayerische Landesinstitut für Arbeitsmedizin am ) Der Konflikt, in dem sich die Fronten zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung zunehmend verhärtet haben, wird 1978 vorübergehend dadurch ausgesetzt, daß von den außerbetrieblichen Akteuren zwar Verständnis für die prekäre Situation, aber keine schnelle Abhilfe erfolgt und Sachzwangargumente eine verhaltenere Betriebsratspolitik angeraten scheinen lassen. Anfang der achtziger Jahre geht die vertagte Auseinandersetzung dann in eine weitere intensive Runde. Der Betriebsrat verfolgt nun die Strategie - auch über die Einschaltung der IG Chemie -, die Unternehmensleitung massiv auf eine Einhaltung vorgegebener Richtwerte durch Vorsorgemaßnahmen technischer wie organisatorischer Art im Betrieb zu verpflichten. Die Belastungssituation wird detailliert aufgearbeitet, und im September 1981 kommt es, nicht zuletzt durch intensive Behördenkontakte der IG Chemie sowie der Androhung einer Strafanzeige gegen die Geschäftsleiter der CFM, zu einer Diskussionsrunde im Gewerkschaftshaus in Marktredwitz, an der erstmals alle beteiligten Akteure an einem Tisch sitzen (Protokoll zur Diskussion über die Gesundheitsgefährdung durch Quecksilber und seine Verbindungen am im Gewerkschaftshaus Marktredwitz). Fazit der Beratung: "Vor allem sollte eine Klarstellung der existierenden sicherheitstechnisch und arbeitsmedizinisch relevanten Grenzwerte erfolgt und die künftige Zusammenarbeit in bezug auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung erleichtert sein." Umweltschutz ist dabei kein Thema und auch insgesamt kein prominentes Ziel der Betriebsratspolitik. Im Gegenteil, es wird eher der Eindruck erweckt, daß die - dem Betriebsrat spätestens seit Anfang 1981 bekannten - Umweltverstöße des Unternehmens eingesetzt werden, um die Geschäftsleitung zu einer einlen- kenderen Haltung bei der Durchführung von Maßnahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz zu veranlassen. Am 5. Mai 1981 richtet der Betriebsrat der CFM, assistiert von A. vom Hauptvorstand der IG Chemie, ein Schreiben an die Geschäftsführung, in dem unter anderem aufgeführt wird: "Obwohl die Tatbestände für Ordnungswidrigkeiten bzw. Straftaten nach dem Umweltstrafrecht oder dem Abfallbeseitigungsrecht mit hohem Verdacht vorliegen, haben wir bewußt davon abgesehen, zum jetzigen Zeitpunkt die Staatsanwaltschaft bzw. Öffentlichkeit einzuschalten." (Betriebsrat an Geschäftsführung der CFM am ) 41

46 Angemahnt wird: "Zur Reduzierung dieser Gesundheitsgefahren sind umfangreiche Arbeitsschutz- und Vorsorgemaßnahmen technischer wie organisatorischer Art im Betrieb notwendig [sowie], die dazu erforderlichen Kontrolluntersuchungen bezüglich der Schadstoffbeiastungen." (ebenda) Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, daß der Bezirksleiter der IG Chemie beauftragt wurde, "geeignete Schritte zur Abwehr der möglichen erheblichen Gefahren für Arbeitnehmer und Bevölkerung einzuleiten" (ebenda). Damit drückt der Betriebsrat vorrangig mögliche Maßnahmen von seiten der Interessenvertretung der Beschäftigten aus, ohne jedoch Zweifel daran zu lassen, daß seine Hauptoption nicht in einer verhärteten Konfrontation mit der Geschäftsleitung liegt. "Wir sind vielmehr der Meinung, daß die bestehenden Entsorgungsund Arbeitsschutzprobleme durch gezielte Verhandlungen mit dem Landesgewerbeaufsichtsamt, der Berufsgenossenschaft, den Tarifvertragsparteien und dem Betriebsrat auch im längerfristigen Interesse der Arbeitnehmer bezüglich gesunder und gesicherter Arbeitsplätze gelöst werden können." (ebenda) Zu einer Annäherung der Positionen von Betriebsrat und Geschäftsleitung führen diese Drohgebärden indes nicht. Der Firmenchef Dr. T. betont in der Diskussionsrunde im September 1981 und der anschließenden, am stattfindenden Betriebsbegehung zwar seinen grundsätzlichen Sanierungswillen, macht jedoch gleichermaßen deutlich, daß die Vorstellungen des Betriebsrates über den zeitlichen Ablauf und die Reichweite der Maßnahmen vom Unternehmen nicht zu realisieren sind. Hauptargumente sind dabei der antizipierte Kostenaufwand und betriebsorganisatorische Einwände. So sprach sich Dr. T. unter anderem gegen eine Zeitverschiebung zur Entzerrung der Inanspruchnahme der Duschräume aus: "dann wären die Leute wegen der verschiedenen Pausen noch weniger zu kontrollieren" (Protokoll über Betriebsbegehung und anschließende Diskussion am Donnerstag, dem ). Hauptintention des Betriebsrates ist die Auflösung des innerbetrieblich nicht mehr zu lösenden Konfliktes durch den "Schiedsspruch" externer Akteursgruppen. Diese Hoffnung erweist sich jedoch als trügerisch, denn auch die Aufsichtsbehörden betonen die Mitverantwortung des Betriebsrats bei der Durchsetzung angeordneter Maßnahmen, nehmen Betriebsrat und Geschäftsleitung als Betriebsverbund in die Pflicht. 42

47 "Dr. B. [Landesgewerbearzt für Nordbayern] ließ keinen Zweifel offen, daß, wenn durch diese Maßnahmen in nächster Zeit (ca. 1 Jahr) die Hg-Werte der Spitzenleute nicht heruntergingen, diese Leute dann vom Landesgewerbearzt aus der Firma entfernt würden und die entsprechenden Betriebsteile bzw. -räume stillgelegt würden, eventuell die gesamte Firma. Dies wurde mehrfach betont, sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch dem Betriebsrat." (ebenda) Die Strategieausrichtung - Erhalt der Arbeitsplätze durch Verbesserungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz - läuft zunehmend leer und richtet sich im Firmenverbund gegen die diesbezüglich engagierten Kollegen. "Im Anschluß an diese Diskussion, am selben Tag, wurden Kollege T. und Meister M. nachmittags zu Dr. T. befohlen. Dieser war sehr ungehalten über dieses Treffen! Er sagte, andauernd würde er von den zuständigen amtlichen Stellen angegriffen. Dazu sagte er noch, daß er etwas Besseres zu tun hat, als sich um jeden Dreck im Betrieb zu kümmern! Falls diese Zustände im Betrieb nicht besser würden, sagte Dr. T., würden Sanktionen gegenüber Kolk T. und Meister M. die Konsequenz sein." (ebenda) In den folgenden Jahren zieht sich der Betriebsrat aus seiner Rolle als Vorreiter im Einklagen entscheidender Verbesserungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz zurück. Ein anderer Kollege, der "mehr für sich" (Interview mit Beschäftigtem) war, wird zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Er verhält sich eher distanziert gegenüber der Problemlage, praktiziert selbst, und empfiehlt seinen Kollegen persönliche Bewältigungsstrategien. "Also da war es mir nicht geheuer. Da bin ich auch des öfteren gegangen und habe mir einen anderen Arbeitsanzug geholt. Da hat man schon gemischte Gefühle gehabt, also mir ging es so. Hoffentlich hast Du nichts drangebracht. Man hat ja die Reaktionen gekannt." (Interview mit BRV) "Ich bin oft gefragt worden, warum habt ihr die Leute nicht aufgeklärt und habt nicht gesagt, wie gefährlich es ist. Das haben wir gemacht. Nur wenn sie zu einem Mitarbeiter gesagt haben, der älter ist, wie gesagt, mit dem Arbeitsschutz sah es schlecht aus bei uns, er soll aufhören, weil das hier giftig ist. Da sind sie gefragt worden: 'Ja warum hörst denn Du nicht auf? Ich bin in einem Alter von beispielsweise 54, wo bekomme ich noch eine Arbeit? Ich habe eine Familie zu Hause." (ebenda) Er entwickelt ein pragmatisches Verhältnis zu den Vorgängen, mahnt als Betriebsratsvorsitzender gegenüber der Geschäftsleitung die Einhaltung von Auflagen an, ohne sich jedoch groß zu engagieren und 1985 ist er dann als Betriebsrat an der Aushandlung von Sozialplänen für die Beschäftigten beteiligt und wird nach der Schließung der CFM von der Sanierungsfirma übernommen. 43

48 Problem Wahrnehmung Das Grundproblem der CFM wird vom Betriebsrat zunächst als Arbeits- und Gesundheitsschutzdefizit wahrgenommen und thematisiert. Aus seiner Mitverantwortung für die Gesundheitsvorsorge der Arbeitnehmer leitet der Betriebsrat Forderungen gegenüber der Geschäftsleitung zur Einhaltung von Richtwerten, Vorsorgeuntersuchungen sowie zur Realisierung technischer und organisatorischer Maßnahmen ab. Im Fallverlauf rückt jedoch der Arbeitsplatzerhalt zunehmend in den Mittelpunkt der Zielausrichtung, wird gleichrangig und später dominant. Das Bewußtsein, es mit einem grundsätzlich veralteten Betrieb zu tun zu haben, der auch nach Sanierungsbemühungen (zum Beispiel Abluftanlage) weder den geltenden arbeits- noch umweltschutzrechtlichen Standards entspricht, verfestigt sich und blockiert die Handlungsfähigkeit. "Das war, daß der Betrieb total veraltet war. Sie hatten ja keinen Raum, der nach den Vorschriften war. Sie hatten keinen, der direkt gefliest war. Anfangs waren noch Ziegelsteine als Fußboden, dann kam später eine Betonschicht drüber. Aber ein fugenfreier Fußboden, Kanäle, da war ja Quecksilber drin und Dreck, es war keiner, der den Vorschriften entsprach. Sie hatten ja Ablagerungen am Fußboden, an den Wänden, überall. Die Behältnisse standen rum - anfangs. Später kam dann eine Absaugung, da hat man ein bißchen ein Rohr angeschlossen, aber im großen und ganzen total veraltet und irgendwie verdreckt auch. Da standen Gebinde rum, die überhaupt nicht da sein mußten, auch wenn man es direkt gesehen hat, die ganze Abfallgalerie, das waren Chargen. Wenn eine kaputt war, durch eine falsche Zusammensetzung oder das Zwischenprodukt war nicht in Ordnung, sind die Sachen nicht aufgearbeitet worden, daß sie weg waren vom Gelände. Die wurden in Fässer oder in Plastikgebinde gefüllt und alles in der Galerie. Da waren Abfälle aus der gesamten Produktion. Da waren Filtertücher, Verpakkungsmaterial, Chemikalien, Flüssigkeiten - alles quer Beet und total gemischt. Da wenn es zu brennen angefangen hätte, hätte man ganz Marktredwitz evakuieren müssen." (Interview mit BRV) Die eigene Verantwortlichkeit sieht der Betriebsrat vor allem in der Information der Beschäftigten und Aufsichtsbehörden über gesundheitliche Belastungen und im Drängen gegenüber der Geschäftsleitung auf Veränderung der prekären Zustände. Hauptverantwortung tragen jedoch seiner Ansicht nach Geschäftsleitung und Aufsichtsbehörden. Zumutungen, die auf die stärkere Indienstnahme des Betriebsrats abzielen, werden zurückgewiesen. "Koll. B. bestritt dies [Mitverantwortung] mit dem Hinweis, daß der Betriebsrat nicht weisungsbefugt gegenüber Mitarbeitern sei." (Protokoll über Betriebsbegehung..., a. a. O.) 44

49 Die realen Einflußchancen werden als eher marginal erlebt, "da nur Dr. T. allein bestimmt" (ebenda). Auch das immer wieder als halbherzig und inkonsequent erlebte Verhalten der zuständigen Aufsichtsbehörden schränkt die antizipierten Einflußmöglichkeiten ein. "Natürlich wußten die zuständigen Herren das alle auch, der Betriebsleiter oder die Berufsgenossenschaft, das Gewerbeaufsichtsamt. Wenn die das so geduldet haben. Im Gegenteil, man hat noch gesagt, weil die Gebinde und Fässer, die da hinten standen, die waren schon durchgerostet - da mußte dann eine Betonwanne errichtet, die Gebinde entleert und alle anderen gemischt in die Wanne rein. Da kam dann oben eine Folie drüber, und so wurde das genehmigt. Was wollen Sie da als Arbeiter sagen: 'Das paßt so nicht?' [...] die anderen zuständigen Stellen, die hätten das ja auch wissen müssen, daß es so nicht geht." (Interview mit BRV) Wahrgenommen wird so vor allem die Dominanz von Sachzwängen und die eigene Ohnmacht im Zielkonflikt zwischen Gesundheitsvorsorge und Arbeitsplatzerhalt. Antizipiert wird ein Versagen der zuständigen Stellen (Aufsichtsbehörden, Landratsamt) auf der ganzen Linie. Die Komplexität der Problemsituation verschwindet hinter der Diskussion um Detailfragen. So kommt dann auch die Schließung der CFM für den Betriebsrat überraschend. Umweltschutzverstöße waren kaum problematisiertes alltägliches Routineverhalten im Betriebsverbund. Der Betriebsratsvorsitzende bezeichnet 1985 die Schließung der CFM als "übertriebene" Maßnahme, die "die berufliche Existenz der verbliebenen 41 Mitarbeiter aufs Spiel setzt" (Frankenpost vom ). Noch heute ist für ihn die Betriebsstillegung ein unglücklicher Zufall. "Ich weiß eins, [...], wenn der ehemalige Betreiber der CFM die Sachen gemacht hätte, die er gesagt hatte, würde die CFM heute noch produzieren. Den vordersten Bereich, wo der Ofen stand, wollte er dichtmachen. Aus den Produktionshallen wollte er Lagerräume schaffen und nur im hintersten Bereich weiterproduzieren. Nur er hat es nicht gemacht, er hat weiterproduziert, mit der Hälfte der Belegschaft. Natürlich dann mit ein bißchen mehr Druck, ist ja klar, die wollten noch mehr rausholen. In dem Bereich war dann ein Kanal leck, da ist ein Produkt in die angrenzende Kösseine geflossen, und durch diesen Bruch kam dann die Schließung. Hätte er aufgehört und es wäre nichts raus, würde er heute noch produzieren." (Interview mit BRV) Die öffentliche Diskussion um Umweltprobleme ist nicht bis in die CFM gedrungen. "Erst durch die Schließung ist richtig bekannt geworden, was wir in die Umwelt abgegeben haben. Das Maßgebende für die betriebliche Diskussion war der Arbeits- und Gesundheitsschutz." (Interview mit Chemiemeister) 45

50 Trotz auch in Marktredwitz anwachsender Sensibilisierung gab es keine außerbetriebliche Umweltbewegung. "Die Leute sind auch aufmerksamer geworden. Wenn es früher mal geraucht hat, na ja, da stinkt's mal wieder. Und später, wenn man da was gerochen hat, da haben die schon Krach gemacht. Die haben sofort die Polizei geschickt. Das ist schon vorgekommen. Wenn die kamen, hat es dann geheißen, da ist mal die Produktion ein bißchen außer Kontrolle geraten, das haben wir schon wieder im Griff. - Geht in Ordnung." (ebenda) Beunruhigungen beim Betriebsrat lösen solche Vorfälle nicht aus. Es gibt eher eine stillschweigende Akzeptanz, wenn Beschäftigte von der Unternehmensleitung "zumindest angehalten [wurden], interne Vorgänge auch im Betrieb zu lassen und nicht nach außen zu tragen, das nicht überall herumzuerzählen" (ebenda). Insgesamt nimmt sich der Betriebsrat selbst als einen Akteur im Fallverlauf wahr, der seine - durch fehlende Einflußmöglichkeiten und die Sorge um den Erhalt der Arbeitsplätze begrenzte - Handlungschancen weitgehend ausgereizt hat. "Aber was soll man unternehmen, wenn man nicht arbeitslos sein will? Auch der Chef hat alles verniedlicht. Es gab kein gefährliches Quecksilber. Wir sind alle abgestumpft." (H. B. in: Frankenpost, ) In der Fremdwahrnehmung anderer Akteursgruppen, der Gewerkschaft und der Beschäftigten, wird auch das Dilemma des Betriebsrates reflektiert. Für die befragte, in der Verpackung beschäftigte Frau, hat der Betriebsrat kaum eine Rolle gespielt. Sie glaubt auch eher, daß "die doch alle unter einer Decke gesteckt haben" (Interview mit Beschäftigter). Erwartet hätte sie, daß sich der Betriebsrat dafür einsetzt, "daß alles ein wenig mehr sauberer und aufgeräumter wird" (ebenda). Gleichzeitig gesteht sie aber auch weitreichende Einflußlosigkeit zu. "Er konnte auch nicht viel machen, das lag an den Oberen." (ebenda) Der Betriebsrat sollte "eigentlich mehr machen, als eigentlich machbar war" (Interview mit Chemiemeister), meint auch der ehemalige Meister der CFM. "In den letzten 10 Jahren hat sich der Betriebsrat auch mehr eingesetzt. Hauptziel des Betriebsrates war die Durchsetzung der Auflagen. Da haben dann aber die anderen wieder gesagt: Also wenn ihr so weitermacht, dann geht unser Arbeitsplatz flöten.1man kann nicht sagen, daß die Leute, die im Betriebsrat waren, direkt versagt haben, aber es war eben eine äußerst schwierige Sache." (ebenda) 46

51 Seiner Meinung nach war auch der Betriebsrat "mit den ganzen Problemen überfordert" (ebenda), obwohl er im "großen Ganzen einigermaßen funktioniert hat" (ebenda). Als P in Marktredwitz für die gewerkschaftliche Betreuung der CFM zuständig wird, findet er eine desolate Betriebsratsarbeit vor. "Betriebsverfassungsgesetz mit Regelungen zur Einstellung/Entlassung mußte 1978 bei der CFM erst eingeführt werden. Davor hat der Betriebsrat davon überhaupt nichts gewußt." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Danach wurde die "Arbeit langsam aufgebaut, Struktur reingebracht und die Teilnahme an Schulungen rechtlich durchgesetzt" (ebenda). Das Verhältnis von Betriebsrat und Geschäftsleitung erlebt er als hochgradig problematisch und ambivalent. Mitwirkungsrechte des Betriebsrates mußten immer wieder über einen aufwendigen Schriftverkehr ("ging alles den offiziellen Weg" [ebenda]) oder juristische Auseinandersetzungen eingeklagt werden. "R. T. ließ nur seine eigene Meinung gelten. 0. T. war noch schlimmer, der wollte nur bestimmen. Der R. T. wollte es über Diskussionen machen. Da war ihm schwer beizukommen. Der hat geredet wie ein Buch. Als sie gesehen haben, irgendwo schwimmen ihnen die Felle davon, da haben sie nervös reagiert. Das wurde immer schlimmer, je weiter es an den Zeitpunkt heranging, wo man gesehen hat, es passiert irgendwas." (ebenda) Gleichzeitig stößt er auf eine dominant betriebsverbundene Haltung. "Wenn wir Betriebsräte zur Schulung haben möchten, da geht der Arbeitgeber hin und sagt - 'du als beste Kraft in der Abteilung, du kannst nicht. Ich habe da einen Engpaß.' Und dann geht der raus und ruft den zuständigen Gewerkschaftssekretär an und sagt stolz: 'Ich kann nicht, die brauchen mich.'" (ebenda) Seiner Meinung nach hätte sich jedoch der Betriebsrat insgesamt kaum anders verhalten können. "Wenn die Firmenleitung argumentiert, sie hat kein Geld und macht also eine Maßnahme, die nicht ideal ist und nur 40 oder 50 Prozent des zu Erwartenden bringt, da ist der Arbeitnehmer letztlich einverstanden damit und sagt o. k., dann versuchen wir eben unter den Aspekten weiterzuarbeiten. Da kann man noch eine zusätzliche Kontrolluntersuchung vereinbaren." (Interview mit Chemiemeister) Auch er ist der Ansicht, daß der Betriebsrat mit den Problemen häufig überfordert war. 47

52 "Bei den Kontrolluntersuchungen geht es ja schon los. Da muß der Betriebsrat aufpassen wie ein Weltmeister. Entscheidend ist ja, wo messe ich denn. Muß gegen die Fachkompetenz des Ingenieurs angehen. Das war da besonders schlimm - kamen nicht unangemeldet, haben nicht mit Betriebsrat zusammengearbeitet." (ebenda) Die Haltung des Betriebsrates geht im Fallverlauf von anfänglicher Hoffnung in Resignation über. A. vom Hauptvorstand der IG Chemie geht ebenfalls davon aus, daß der Betriebsrat der CFM seine Handlungsmöglichkeiten ausgereizt hat. "Dem Betriebsrat wird häufig der Vorwurf gemacht, er hätte früher an die Öffentlichkeit Nein, das kann er nicht. Wer das behauptet, verkennt die rechtliche Lage, kennt nicht das Schandurteil, wo ein Betriebsrat gefeuert wird, nachdem er sich an die Gewerbeaufsicht gewendet hat, in Baden-Württemberg beispielsweise. Dieses Urteil hat nach wie vor Rechtskraft. Also hier waren die Betriebsräte sogar verpflichtet, einen Berater innerhalb der Organisation hinzuzuziehen. Das ist meiner Meinung nach gut gelaufen. Ich habe sogar Glück gehabt, daß ich hier Informationen von anderen Sachkundigen, Behörden mit hinzuziehen konnte, so daß ich meiner Meinung nach in diesem Gespräch besser informiert war als alle anderen damals und deshalb auch diese Forderungen aufstellen konnte. Daß die dann nicht durchgesetzt worden sind, das sind Entscheidungen innerhalb der Organisation der BG Chemie und anderer Behörden und auch der politisch Verantwortlichen." (A. vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß) Die Unternehmensleitung nimmt die Aktivitäten des Betriebsrates zur Verbesserung der Arbeits- und Gesundheitsschutzsituation als Störung des Betriebsfriedens wahr. "Seit Anfang des Jahres wird Ihr Verhalten gegenüber unserer Betriebsleitung, besonders unserem Herrn Dr.-Ing. T. gegenüber, immer unangenehmer und herausfordernder, und weiterhin glauben Sie, in bestimmten Zeitabständen, wie auch mit dem letzten Absatz Ihres Briefes vom , wieder einmal unseren Herrn Dr.-Ing. T. bedrohen zu müssen. Hiergegen müssen wir uns aber mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen. [...] Eigentlich ist es ja Aufgabe des Betriebsrates, und es ist in allen Betrieben üblich, daß der Betriebsrat versucht, die Betriebsleitung in der Weise zu unterstützen, daß ein Betrieb reibungslos läuft und auch weiter bestehen kann. [...], so wäre es eigentlich Ihre Aufgabe und Ihre Verpflichtung, Herrn Dr. P. darauf aufmerksam zu machen, daß unser Betrieb schlagartig solchen Anforderungen nicht nachkommen kann. Der teilweise hohe Quecksilbergehalt im Urin unserer Leute ist aber auch dadurch bedingt, daß die meisten unserer Leute unglaubliche Schlamper sind und daß diese auch zur Sauberhaltung ihres Arbeitsplatzes bisher kaum oder gar nicht zu bewegen waren, wozu noch kommt, daß manche Leute bei bestimmten Arbeiten, wo sie genau wissen, daß sie Masken aufsetzen müssen, nicht nur keine aufsetzen, sondern die Masken sogar neben die vorhandenen oder zu verpackenden Quecksilberpräparate stellen. Gerade hier wäre 48

53 eine dankenswerte Aufgabe für Sie, uns zu unterstützen." (Geschäftsführung der CFM an den BRV am ) Dieser Grundtenor bestimmt auch im weiteren Fallverlauf die Einschätzung des Betriebsrates durch die Unternehmensleitung. Forderungen werden als überzogen und mit dem Fortbestand der Firma nicht vereinbar abgewehrt und die Betriebsratspolitik in Kontakten zu Aufsichtsbehörden und Gewerkschaft als unangemessen und geschäftsschädigend bewertet. Gleichzeitig wird immer wieder darauf hingewiesen, daß der Betriebsrat den unsachgemäßen Umgang von Beschäftigten mit Gefahrstoffen deckt und nicht bereit ist, die Unternehmensleitung bei der Durchsetzung und Kontrolle arbeitssicherheitsbezogener und betriebshygienischer Maßnahmen ausreichend zu unterstützen. "Ich würde sagen, ein harter Vorgesetzter, der nicht gewerkschaftlich gebunden ist und kein Betriebsrat ist, hat wesentlich mehr Möglichkeiten. Wenn aber einer Betriebsrat ist und Sicherheitsbeauftragter, und es geht jetzt um Dinge, die Mitarbeiter nicht korrekt machen, kommt er in Konflikt." (Interview mit Vorstand O. T.) "Da haben sie natürlich auch die Probleme gehabt mit vielen Mitarbeitern [...]. Und dann hatten Sie die Probleme mit dem Betriebsrat gehabt, wenn sie jemanden rausschmeißen wollten [...] konnten sie nicht durchsetzen, obwohl es eigentlich das beste gewesen wäre. Aber wenn Sie dann den Betriebsrat selbst erwischen, was machen Sie dann? Da hätte ich mehr Unterstützung vom Betriebsrat und von den Leuten erwartet, gerade von denen, die gejammert haben." (ebenda) i 49

54 3.3 Gewerkschaft (!G Chemie, Papier, Keramik) Die IG Chemie, Papier, Keramik hat sich in der Hauptphase des Fallverlaufs intensiv mit der CFM befaßt. Die Diskrepanzen zwischen BR und Unternehmensleitung hatten sich Ende der siebziger Jahre soweit zugespitzt und verfestigt, daß interne Regelungen nicht mehr möglich schienen. Aktivitäten und Hilfestellung durch die zuständige Gewerkschaft wurden massiv eingefordert. Die vorliegenden Aussagen zur Akteursrolle der IG Chemie, Papier, Keramik im Fallverlauf basieren auf einem Intensivinterview mit dem damals zuständigen Gewerkschaftssekretär in Marktredwitz, Herrn P., der Zeugenaussage von A. (zwischen 1977 und Anfang 1985 Berater für alle chemischen und papierverarbeitenden Betriebe beim Hauptvorstand der IG) und vorliegenden Protokollen/Dokumenten. Handlungsmöglichkeiten Durch die Verwaltungsstelle Marktredwitz wurden 33 Betriebe von der IG Chemie betreut, vorwiegend in den Branchen Feinkeramik und Glas. Zum Verwaltungsbereich gehörten lediglich zwei Chemiebetriebe. Der seit 1978 im Rahmen der Betriebsbetreuung mit dem Fall CFM befaßte Gewerkschaftssekretär in Marktredwitz ist ausgebildeter Porzellanmaler und war bis 1974 Betriebsratsvorsitzender einer Porzellanfabrik im nahegelegenen Selb. Im Rahmen des Konkursverfahrens dieser Firma wurde die IG Chemie auf ihn als engagierten BRV aufmerksam. Er verfügt über keine spezielle Vorbildung und Qualifizierung zu Fragen des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes. Die von ihm besuchten Weiterbildungslehrgänge orientierten sich schwerpunktmäßig auf "Querschnittsqualifikationen über Aufgaben des täglichen Lebens" (Interview mit Gewerkschaftssekretär). Neben seiner Tätigkeit als Gewerkschaftssekretär schloß er bei der IHK eine Zusatzqualifikation als Personalkaufmann ab. Rückblickend bezeichnet sich P. selbst als "auch noch ziemlich unerfahren". "Ich habe damals lange Zeit alleine gewerkelt. Habe versucht, mit Einlesen in Fachliteratur, Fachausdrücke usw. Das würde ich zwar heute auch noch machen, aber ich würde mir gleich unsere Fachleute und Spezialisten, also ich würde mehr fachlichen Rat von Anfang an mit reinnehmen." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) 50

55 1980, "als der Druck im Betrieb gegen Arbeitnehmer und Betriebsräte, die eine Verbesserung des Gesundheitsschutzes wollten, massiv zugenommen hat" (A. vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß), wurde der zuständige Leiter der Abteilung Umweltschutz beim Hauptvorstand der IG Chemie, der gleichzeitig als Berater (mit zwei Mitarbeitern) für die chemischen und papiervorbereitenden Betriebe tätig war, in den Fallverlauf einbezogen. Ausgangspunkt war dabei ein anhängiges Kündigungsschutzverfahren, in dem deutlich wurde, "daß es zu Umweltverfehlungen und zu unerlaubten Einleitungen in den entsprechenden Fluß gekommen ist" (ebenda). Als ausgebildeter technischer Chemiker verfügt A. über erhebliche fachliche Kompetenzen. Auch er geht zunächst davon aus, daß es sich bei der CFM um einen "ganz normalen Betrieb" handelt, "der nur ab und zu einmal Probleme mit MAK-Wert-Überschreitungen hat" (ebenda). Wie prekär die Situation tatsächlich war, ist ihm "im Laufe der Diskussion vor Ort immer deutlicher geworden" (ebenda). Selbst für ca. 500 Betriebe im Bundesgebiet zuständig, investiert er auch persönliche Freizeit, um die Problemsituation aufzuarbeiten. Dabei greift er auf Informationen zurück, die ihm vom Betriebsrat der CFM und der örtlichen Verwaltungsstelle zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig aktiviert er Kontakte zu externen Experten und läßt "mit Hilfe guter Chemiker in anderen Ämtern die gesamte Produktionsliste kontrollieren" (ebenda). In M. selbst führt er mehrere Betriebsbesuche durch, nimmt an Betriebsräteinformationen, Betriebsrätesitzungen und einer Belegschaftsversammlung teil. Dort hat er nach eigenen Aussagen auf die katastrophalen Zustände im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz hingewiesen und deutlich gemacht, "daß eine Reihe von Verstößen gegen Unfallverhütungsvorschriften, die damals geltende Arbeitsstoffverordnung sowie die Vorschriften der Abfallbeseitigung vorliegen und daß die Grenzwerte in Blut und Urin der Arbeitnehmer massiv überschritten sind" (ebenda). Aufgrund dieser Zustandsanalyse schaltet A. die Aufsichtsbehörden auf Landesebene ein und informiert gemeinsam mit dem Betriebsrat der CFM den Bezirksleiter der IG Chemie über die Dringlichkeit, "geeignete Schritte zur Abwehr der möglichen erheblichen Gefahren für Arbeitnehmer und Bevölkerung einzuleiten" (ebenda). Gleichzeitig (im April 1981) empfiehlt A. der Bayerischen Verwaltungsstelle der IG Chemie die Erstattung einer Strafanzeige, die jedoch letztlich nicht erfolgt. 51

56 "Nach gründlicher Prüfung und Rücksprache mit befreundeten Kollegen aus der Gewerbeaufsicht kann ich Dir als Geschäftsführer nur den Rat geben, Strafanzeige gegen die Geschäftsführung der CFM wegen dringenden Verdachts des Verstoßes gegen Arbeitsschutzbestimmungen, gegen grundsätzliche gewerberechtliche Vorschriften, gegen das Abfallbeseitigungsgesetz sowie gegen die Verordnung über Betriebsbeauftragte für Abfall zu erheben." (ebenda) Insgesamt gelingt es der IG Chemie in den Jahren 1978 bis 1981, innerhalb des Systems industrieller Beziehungen die Problemsituation relativ qualifiziert aufzubereiten, Aktivitäten bei den zuständigen Aufsichtsbehörden und in der Firma auszulösen und im September 1981 alle beteiligten Akteursgruppen zu einer Diskussion über die Gesundheitsgefährdungen im Gewerkschaftshaus in Marktredwitz zusammenzuführen. Ergebnis dieser Beratung und einer anschließenden Betriebsbegehung sind die Hauptpunkte für ein Sanierungskonzept der CFM. Damit schien eine praktikable Grundlage für eine zielgerichtete Behebung der angesprochenen Mißstände gelegt. "Bei dem Gespräch in Marktredwitz 1981, wo alle den Sanierungswillen sehr deutlich gemacht haben und wo es auch so aussah, als wenn jetzt im nächsten halben Jahr die entscheidenden Schritte gemacht werden oder im nächsten Jahr insgesamt, da hatte ich schon den Eindruck, daß man die Belastungen sehr deutlich reduzieren könnte und alte Teile aufgeben kann und vielleicht andere Teile mit neuen Einrichtungen versehen könnte, so daß der Betrieb arbeitsfähig wäre." (A. vor dem Bayerischen Landtag) Bei der Umsetzung angemahnter Maßnahmen kommt es jedoch in der Folge immer wieder zu Widerständen, Halbherzigkeiten und Verzögerungen, die auch von der IG Chemie wahrgenommen werden. Eine stärkere Öffentlichkeitsarbeit über Presse/Medien wird jedoch zu keinem Zeitpunkt von der IG Chemie ins Auge gefaßt. "Weil wir immer der Ansicht sind, auch heute noch aus der Sicht der IG Chemie, wenn kein sogenannter Anlaß besteht, daß man in der Öffentlichkeit Rabbatz macht. Das muß man sich für bestimmte Fälle aufheben, sonst verpufft alles wieder im Sand." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Insgesamt hat die IG Chemie die ihr - im traditionellen Verständnis - zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten im Fallverlauf der CFM weitgehend ausgereizt. Fehlende fachliche Kompetenzen vor Ort konnten durch die Einbeziehung des Hauptvorstandes und den Rückgriff auf externe Experten ausgeglichen werden. Finanzielle Ressourcen wurden insbesondere für Rechtshilfe und Gutachten zur Verfügung gestellt. Persönliches Engagement und die Nutzung institutioneller und informeller Verknüpfungen zu Aufsichtsbehörden ermögli 52

57 chen zumindest das Zusammentreffen aller beteiligten Akteursgruppen. Tatsächliche Verhandlungsmächtigkeit der IG Chemie scheint jedoch eher themenspezifisch differenziert und akzeptiert (Sanierungskonzept - Sozialplan). Strategie Die Strategie der IG Chemie im Fallverlauf ist durch Unsicherheiten und Ambivalenzen geprägt. Als der Betriebsrat mit seinen Bemühungen um eine Verbesserung der Arbeits- und Gesundheitsschutzbedingungen ins Leere läuft, wird 1977 die IG Chemie Bayerns eingeschaltet. Der Bezirksleiter läßt sich in Marktredwitz über die Situation in der CFM informieren. Seine Reaktion ist jedoch nach den Aussagen des damaligen BRV eher dürftig: "Um Gottes Willen, laßt da ja nie was an die Öffentlichkeit, das wird ein Politikum ungeheueren Ausmaßes." (K. vor dem Bayerischen Landtag) Zu verstärkten Aktivitäten der Gewerkschaft kommt es dann Ende der siebziger Jahre mit einem neuen Gewerkschaftssekretär in Marktredwitz und der Einschaltung von A., dem Abteilungsleiter für Umweltschutz beim Hauptvorstand. Zielsetzung ist in dieser Zeit die Abwendung von Gesundheitsgefahren für die Beschäftigten bei gleichzeitigem Erhalt der Arbeitsplätze. "Wir wollten erreichen, daß die CFM saniert wird. Daß der Betrieb unter normalen Bedingungen weiterproduzieren kann, d. h. normale Arbeitsplätze für die Arbeitnehmer, keine Gesundheitsgefährdungen." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Für die IG Chemie ist die Sanierung des Betriebes vorrangig. Diskussionen/Überlegungen zur Betriebsverlagerung oder zu alternativen Produk- ten/sortimenten spielen kaum eine Rolle. "Kernpunkt für mich war, alle Beteiligten hier zu zwingen, einen verbindlichen Sanierungsplan vorzulegen." (A. vor dem Bayerischen Landtag) Dabei setzt die IG Chemie auf die Durchsetzung der Mitwirkungsrechte von Gewerkschaft und Betriebsrat im Rahmen des BVG und drängt auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Auseinandersetzungen mit der Geschäftsleitung werden dabei auch über den Instanzenweg (Kündigungsschutzverfahren, Einigungsstelle usw.) ausgefochten, eine grundsätzliche Konfrontation wird jedoch vermieden. So beschreibt P. das Verhältnis von Unternehmensleitung und Gewerkschaft als äußerst widersprüchlich: "Manchmal hatte es den Anschein, als wenn man mit der Geschäftsleitung normal wie mit anderen Betrieben verkehrt, dann kam wieder 53

58 der Knall dazwischen. Maßnahmen gegen Beschäftigte - wenn man das im Griff hatte, dann ging es wieder ein halbes Jahr, und dann kam das nächste." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Es gab dann auch immer wieder Vereinbarungen/Kompromisse mit der Geschäftsleitung über die Durchführung bestimmter Maßnahmen (Duschzeitenregelung, Betriebsärztin, Informationsweitergabe). Auch wenn die eigentlichen Zielvorstellungen nie so recht realisiert werden ("Wenn man Maßnahmen ergreifen wollte, die Hand und Fuß hatten, lief man gegen eine Gummiwand. Man kam immer einen Schritt weiter, und wenn es dann amtlich wurde, hat man sich plötzlich wieder zehn Meter vor dieser Gummiwand wiedergefunden." [Interview mit Gewerkschaftssekretär), vollzieht die IG Chemie im Fallverlauf keinen entscheidenden Strategiewandel. Dominant bleibt - mit unterschiedlicher Intensität - das Bemühen um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit Hilfe des traditionellen Regulierungssystems: - Unterstützung und Beratung des Betriebsrates, auch über externe Experten - Aushandlungen/Vereinbarungen mit der Unternehmensleitung - Information und Aktivierung der Kontakte zu Aufsichtsbehörden - Absicherung von Betriebsräten und Beschäftigten gegen Abmahnungen und Schuldzuweisungen durch die Geschäftsleitung - Sozialpläne bei Personalreduzierung und Schließung - Flankierung von Anträgen zur Anerkennung von Berufskrankheiten. In ihren Aktivitäten bleibt die Gewerkschaft in den eigenen Zielkonflikt zwischen der Verbesserung der Situation im Arbeits- und Gesundheitsschutz und dem Erhalt der Arbeitsplätze verstrickt. Ein konsequenteres, weniger einlenkendes Verhalten, das möglich gewesen wäre und auch immer wieder einmal zur Debatte stand, fand in dieser Gesamtkonstellation keine Fürsprecher. "Maßnahmen wurden immer unter dem Gesichtspunkt gesehen: gefährden wir die Arbeitsplätze oder nicht. Die Erkenntnis lag vor, daß das gesundheitsgefährdende Arbeitsplätze sind, und wir standen vor der Entscheidung, in welche Richtung wir gehen. Machen wir die Bude dicht, das wäre vielleicht möglich gewesen, oder gehen wir den anderen Weg, in Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung, um Maßnahmen einzuleiten, die die Arbeitsplatzsituation für die Betroffenen verbessern. Wenn wir gesagt hätten, wir machen die Bude dicht, in dieser Zeit der hohen Arbeitslosigkeit, dann hätten ich mal unsere CSU-Politiker sehen mögen oder die Regierung von Oberfranken, was die uns für Vorwürfe gemacht hätten. Da wäre mit einmal der gute T. als Märtyrer dagestanden, und die böse Gewerkschaft wäre diejenige gewesen, die die Betriebsstillegung zu verantworten gehabt hätte. Deshalb sind wir den zweiten Weg gegangen." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) 54

59 Der Balanceakt zwischen der Abwehr von Gesundheitsbelastungen und dem Erhalt der Arbeitsplätze schränkt die Gewerkschaft selbst in der Wahl der Formen und Mittel ihrer Zieldurchsetzung ein, verweist sie auf eine Strategie des sukzessiven Abringens von Verbesserungen und schwächt ihre Verhandlungsposition. Die Androhung rigoroserer Maßnahmen (zum Beispiel Strafanzeige) trägt eher rhetorischen Charakter, macht vor allem die Ernsthaftigkeit des Anliegens deutlich und zielt auf die Erhöhung der Gesprächs- und Kompromißbereitschaft anderer Akteursgruppen. Problemwahrnehmung Die Problemsituation der CFM wird von der Gewerkschaft kaum in ihrer Komplexität wahrgenommen und bearbeitet. Kernpunkt der Auseinandersetzungen sind die mangelhaften Arbeitsschutzbedingungen in der CFM und die Gesundheitsgefährdungen der gewerblich Beschäftigten. Umweltbelastungen und Verstöße gegen Umweltvorschriften spielen nur punktuell und dann am Rande eine Rolle. Der unsachgemäße und fahrlässige Umgang mit Abprodukten und Abwässern ist der Gewerkschaft zwar prinzipiell bekannt und findet auch in verschiedenen Diskussionen und Mitteilungen an Aufsichtsbehörden Erwähnung. Eine Verknüpfung von Arbeits- und Umweltschutzproblemen wird jedoch nicht explizit vollzogen, und die gewerkschaftlichen Aktivitäten konzentrieren sich dominant auf das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz. Kapazitätsmäßige Begrenzungen legen darüber hinaus Schwerpunktsetzungen und ein Kleinarbeiten der Problemvielfalt nahe. "Dafür war auch mein zeitlicher Einsatz dort häufig begrenzter Natur, zumal ich mich dann sehr intensiv um die medizinischen Dinge kümmern mußte." (A. vor dem Bayerischen Landtag) Im wesentlichen sieht die Gewerkschaft im Fallverlauf ihre Verantwortung im Arbeitsschutz, in der Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und der Abwehr von gesundheitlichen Schädigungen. Für eine grundlegende Verbesserung der Gesamtsituation in der CFM werden dagegen eher die Aufsichtsbehörden zuständig gemacht. "Wenn man systematisch hier vorgehen will [... ] - das wäre von den Behörden zu machen gewesen." (ebenda) Auch für den damals zuständigen Gewerkschaftssekretär in Marktredwitz liegt die Hauptverantwortung für den Fall CFM im Behördenversagen. "Gewerbeaufsicht hat da in meinen Augen total versagt." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Die eigenen Einflußchancen werden vor allem an der Information über die Problemlage und das 55

60 Einfordern behördlicher Maßnahmen festgemacht sowie an der gewerkschaftli chen Flankierung der Betriebsratspolitik. In ihrer Argumentation setzt die Ge werkschaft auf den Betriebserhalt durch die Sanierung der Arbeitsplätze. "Ich habe sicherlich in Gesprächen deutlich gemacht, daß, wenn dieser Betrieb nicht saniert wird, dann die Arbeitsplätze doppelt in Gefahr sind, weil gesundheitsbelastende Arbeitsplätze dieser Art keine sicheren wären und daß man dann auch mit einer Schließung des Betriebs rechnen muß. [...] vorher war ja sehr deutlich gesagt worden: Wir können nichts machen, weil die Belastungen zu hoch sind, und dann müsse der Betrieb geschlossen werden. Wir haben dann den Versuch gemacht zu sagen: Hier muß ein Sanierungskonzept hin." (A. vor dem Bayerischen Landtag) Die IG Chemie hält auch dann noch an ihrer Strategie fest, als sich die Realisierung des Konzepts problematisch gestaltet, blockiert und unterlaufen wird, denn "Schritt für Schritt ging es eigentlich in die richtige Richtung" (Interview mit Gewerkschaftssekretär). Nach der ersten Personalreduzierung und der Schließung der CFM befaßt sich die Gewerkschaft intensiv mit der Erstellung von Sozialplänen für die betroffenen Arbeitnehmer und setzt bei der Berufsgenossenschaft durch, daß alle ehemaligen Beschäftigten im Berufsärztezentrum in Selb untersucht werden. Insgesamt schätzt die IG Chemie ihre Rolle im Fallverlauf als aktiv und engagiert ein, hat sich "in allen Bereichen eingemischt" (Interview mit Gewerkschaftssekretär). Erwartungshaltungen, die in der Wahrnehmung gewerkschaftlicher Aktivitäten durch andere Akteursgruppen zum Ausdruck kommen, waren jedoch zum Teil weitreichender. So tritt der Betriebsratsvorsitzende K aus der Gewerkschaft aus, weil sich die IG Chemie nicht genügend um eine Verbesserung der Situation in der CFM bemüht. Im weiteren Fallverlauf hat die Gewerkschaft seiner Auffassung nach jedoch "schon zufriedenstellender gearbeitet". Ein Punkt seiner Kritik - womit er allerdings auch im Betriebskollektiv allein steht - ist die Zurückhaltung der Gewerkschaft in bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit (Arbeitsplatzargument) (BRVvordem Bayerischen Landtag). deutlich. Den Beschäftigten der CFM werden die Bemühungen der IG Chemie kaum "Also da hab1ich nicht viel mitbekommen. Da ist man bloß zahlendes Mitglied." (Interview mit Beschäftigter) "Ich bin zwar selbst Gewerkschaftsmitglied, aber eine sehr gute Rolle hat sie nicht gespielt. Hat sich verhältnismäßig wenig drum gekümmert. Ist nicht durch große Aktivitäten aufgefallen. Als die Probleme stärker geworden sind, hat sich die Gewerkschaft schon etwas mehr engagiert. Nur wesentliche Hilfen sind da nicht gekommen. Daß der Herr A. von 56

61 der Hauptverwaltung etwas unternommen hat, ist nicht in den Betrieb durchgedrungen." (Interview mit Chemiemeister) Fehlende Aktivitäten von seiten der Gewerkschaft für die Arbeitssicherheit sind ein Kritikpunkt. "Erst in den letzten Jahren ist ein bißchen was gemacht worden. Vorher war ja ganz wenig. Man hat sehr selten einen gesehen, und dann ging es auch weniger um die Arbeitssicherheit." (ebenda) Auch bei den Anerkennungsverfahren für Berufskrankheiten schneidet die Gewerkschaft schlecht ab. Die betroffenen interviewten Beschäftigten artikulieren, daß sie hier keine Unterstützung erfahren haben. "Ich habe mich an die Gewerkschaft gewandt und bin dann auch mal hinbestellt worden. Da war dann ein Rechtsberater, der mir erklärt hat, daß das wenig Aussicht hat. Diese Auskünfte und alles war mir alles zu lasch. Diese Erfahrung habe aber nicht nur ich gemacht." (ebenda) Für die Unternehmensleitung scheint die Gewerkschaft nur eine marginale Rolle gespielt zu haben. "Kann ich eigentlich wenig sagen. Die waren oft bei Betriebsversammlungen oder sonstwas, aber da kann ich wenig sagen..." (Interview mit Vorstand O.T.) 57

62 3.4 Beschäftigte Im Fallverlauf spielen vor allem die gewerblich Beschäftigten der CFM, die häufig selbst hoch quecksilberbelastet sind und heute unter erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, eine Rolle. Angestellte aus Verwaltung und Labor sind dagegen im Konfliktverlauf merkwürdig abwesend. Nach den Interviewaussagen ist auch eine deutliche Trennung der einzelnen betrieblichen Bereiche zu erkennen. Die Arbeitsbedingungen im gewerblichen Bereich (Produktion und Verpak- kung) trugen nach Aussage der Beschäftigten eher mittelalterlichen Charakter. Ausrüstungen und Anlagen waren zumeist überaltert und die Arbeitsschutzbedingungen unzureichend. "Der Raum mit den Fenstern, das war unser Brotzeitraum. Und zwar haben wir da mit der Arbeitskleidung Brotzeit gemacht. Wir kannten das nicht anders. Wir sind vom Arbeitsplatz weggegangen, haben uns die Hände gewaschen und haben uns hingehockt. Die Schwarz-Weiß- Kantine kam dann später. Damals haben sie ihre Straßenkleidung im selben Spind wie die Arbeitskleidung gehabt." (Interview mit Chemiemeister) "Wir haben Masken gehabt, die mußten wir eine Stunde tragen. Dann haben wir eine Viertelstunde Pause gehabt. Das ist bei Produkten gewesen, wo es gestaubt hat. Aber beim Quecksilberabfüllen in Flaschen haben wir sie nicht aufsetzen müssen." (Interview mit Beschäftigtem) Die Beschäftigten reflektieren im nachhinein einen insgesamt relativ unbedarften Umgang mit Arbeitsschutzmaßnahmen. "Zum Befüllen mußten sie die Maske aufsetzen, wenn aber die Apparatur geschlossen war, durften sie sie abnehmen. Da standen sie den ganzen Tag [...], bis das Produkt fertig war. Und sie standen da in dem Raum, in dem die anderen Apparaturen noch standen und die Auffangbehälter, die ganzen Hilfsmittel, die sie hatten, die wurden ja nicht gereinigt, das lag ja alles im Raum. Sie wurden aber nicht darauf hingewiesen, daß sie jetzt ständig eine Maske tragen müssen, weder vom Betreiber der Firma noch vom Meister, von keinem. Im Gegenteil, die kamen auch so." (Interview mit Betriebsratsvorsitzendem) Gleichzeitig wird die Zuverlässigkeit der Maskenfilter kritisch eingeschätzt: "Sie haben einmal im Vierteljahr einen neuen Filter bekommen. Da gab es drei Filter, einen für Chlor, einen für Ammoniak und einen für Quecksilber. Oder sie hatten beispielsweise ein Produkt, in dem Quecksilber und Ammoniak drin war. Einen Mischfilter gab es nicht. Haben sie den für Quecksilber aufgesetzt, ist das Ammoniak durchgeschlagen, haben sie den für Ammoniak aufgesetzt, haben sie zwar keine Geruchsbelästigung gehabt, aber das Quecksilber ging durch. 58

63 War dann einer mit Ammoniak gesättigt, haben sie keinen neuen Filter bekommen, sondern der alte wurde abgeschraubt, kam ins Labor, wurde mit Druckluft ausgeblasen, und dann haben sie ihn wiederbekommen. Sie konnten auch nie sagen, ob der Filter jetzt gesättigt war. Es ist immer wieder passiert, daß Leute gesagt haben, ich habe einen metallischen Geschmack im Mund, dann haben sie zwischendurch mal neue Filter bekommen. Aber in der Regel nicht." (ebenda) Diese Bedingungen wurden von den Beschäftigten der CFM jedoch nicht als besondere Gefahrenpotentiale wahrgenommen. Der relativ laxe Umgang mit giftigen Stoffen gehörte zur Alltagsroutine, wenn man sich erst einmal an den Gestank gewöhnt hatte. Umweltschutz war unter den Beschäftigten überhaupt kein Thema. Es erreichte sie nur als Zumutungen, die aus verschärften Auflagen resultierten und im Betriebsverbund eine Schwarze-Peter-Runde, aber keine Aufarbeitung der Problemlagen auslöste. "Es ging vor allem um die Auflagen, die durchgesetzt werden sollten. Da gab es dann immer wieder Schuldzuweisungen. Der ist schuld, weil das beanstandet worden ist, und der ist schuld, weil er das wieder nicht gemacht hat. Von der Unternehmensleitung wurde den Beschäftigten die Schuld gegeben. Von Beschäftigten gab es auch Kriteleien an Chefs und untereinander. Das war das, was ich zum Schluß als Betriebsklima fast unerträglich fand." (Interview mit Chemiemeister) Handlungsmöglichkeiten Im gewerblichen Bereich der CFM gab es kaum ausgebildete Fachkräfte. Zumeist waren es die persönlichen Lebensumstände, die die Arbeitnehmer in die CFM geführt hatten. Zudem war in Marktredwitz bekannt, daß die CFM ständig unter Personalmangel im Produktionsbereich litt und eigentlich jeder eingestellt wurde. Vorbildung oder Berufserfahrung waren kaum gefragt. Neben einem Pool von Arbeitnehmern, die es nicht lange in der Chemischen ausgehalten haben, gab es eine Stammbelegschaft, die über lange Jahre der CFM angehörte. "Ja, es war schon klar in M., daß man in der CFM Arbeit bekommt. Da war ein ständiger Wechsel, es waren Leute dabei, die waren einen Tag da, zwei, 'ne Woche, ein paar Stunden. Von den 25 Arbeitern waren 10, 12 Mann der Stamm, das andere war ständiger Wechsel." (Interview mit BRV) Auch innerhalb der Stammbelegschaft dominierten angelernte Arbeitskräfte. "Wenn einer in der CFM angefangen hat, der wurde erst einmal zu einem Ausgebildeten hingestellt und mußte gucken und helfen. Er hat 59

64 erst einfachere Sachen gemacht und dabei gelernt. Bis einer im ganzen Betrieb eingesetzt werden konnte, das hat schon zwei Jahre gedauert. Die konnten dann nach einem Rezept arbeiten. Da standen die Mengen von verschiedenen Sachen drauf. Die Laufzeiten und die Temperaturen der Apparaturen. Diese Anweisungen sind im Labor gemacht worden." (Interview mit Chemiemeister) Innerbetriebliche Qualifizierung war selbst für die langjährigen Beschäftigten nicht angesagt. Obwohl der Unternehmensleiter (0. T.) häufig über den Mangel an Fachpersonal klagt und Ende der siebziger Jahre damit beginnt, Chemiefacharbeiter auszubilden, wurde den Arbeitnehmern nie eine Qualifizierung nahegelegt. Als Chemie-Meister wurde 28 Jahre lang Herr M. beschäftigt, der als ausgebildeter Dachdecker zur CFM kam, weil er "an Chemie schon immer sehr interessiert" (Interview mit Chemiemeister) war. Er mußte sich zu Beginn seiner Tätigkeit "halt durchwursteln". Selbst er kann erst in den letzten Jahren für sich den Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen durchsetzen. "Keine Gelegenheit, auch mal andere chemische Fabriken zu sehen, kein Austausch. Wir haben das auch dem Herrn K. [Betriebsleiter] immer mal vorgestellt. Kann man da nicht mal auf Messen mitfahren und so. Aber da gab es nichts. Es gab ja auch Meisterseminare von der IHK. Und da bin ich insgesamt auf drei geschickt worden. Das war auch in den letzten Jahren erst. Und die wären sehr wertvoll gewesen. Das waren tatsächlich Sachen, wo man sich dann auch mit Kollegen Meinungen und Erfahrungen austauschen konnte. Die Begründung war keine Zeit. Ich hätte dafür keine Freistellung bekommen." (Interview mit Chemiemeister) So verfügten die gewerblich Beschäftigten zwar in der Regel über die Kompetenz, die Arbeitsabläufe durchzuführen, die tatsächlichen chemischen Zusammenhänge kannten sie jedoch nicht. "Wir haben gute Arbeiter gehabt, die wußten zwar, wenn ich das und das da reinschütte und soviel Temperatur gebe, dann kommt das raus. Aber für das chemische Verständnis braucht man eine spezielle Ausbildung." (ebenda) Was Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit gefährlichen Substanzen betraf, blieben sie im wesentlichen auf die Anweisungen der Geschäftsleitung verwiesen. Innerhalb des Betriebes gab es auch kaum Anreize für die einzelnen Produktionsarbeiter, sich persönlich weiterzubilden. Aufstiegschancen wurden nicht eröffnet. "Die Leute, die dann die komplizierteren Apparate bedient haben, die wurden dann besser bezahlt. Ein bißchen erweiterte Verantwortung schon, aber nicht offiziell. Vorarbeiter, Gruppenleiter gab es nicht unter der Meisterebene, das waren alles Produktionsarbeiter. In der konkreten Produktherstellung, [...] da hatte derjenige mit der größeren Erfah- 60

65 rung schon so etwas wie eine Vorarbeiterstellung und die anderen, die mußten das eben zusammenrühren." (ebenda) "Sie hatten ihren normalen Arbeitsbereich. Es gab einen Meister für den gesamten Betrieb. Wo wollten sie da aufsteigen? Sie haben vielleicht ein paar Pfennig mehr Lohn bekommen, das war alles." (Interview mit BRV) Unterhalb der offiziellen Hierarchiestufen deutet sich jedoch in den Interviews an, daß es schon "kleine Meister" gab, Beschäftigte, die mehr Einfluß auf die Zuteilung von konkreten Arbeitsaufgaben hatten. "[...] und da hat uns der K. [...] in jeden Winkel reingeschickt, in den gröbsten, dreckigsten und schwersten. Das war schon ein Teil, der ungerecht verteilt war. Der Druck kam von unseren Arbeitskollegen da, untereinander. Da gab 's schon Reibereien. Ich denke, das lag an denen, die was gewußt haben und die die Obrigkeit drücken konnten." (Interview mit Beschäftigtem) Unzufriedenheiten und Reibereien innerhalb der Belegschaft werden vor allem für die letzten Jahre beschrieben. Davor wird das Betriebsklima in der CFM als angenehm bezeichnet, der Zusammenhalt der Kollegen als gut, die Arbeit als abwechslungsreich und interessant und die Bezahlung insgesamt als überdurchschnittlich. Zunehmende Spannungen entstehen, als sich die Sensibilität der Arbeitnehmer gegenüber den gesundheitlichen Gefahren erhöht und die steigende Arbeitsintensität den Anforderungen zur Unfallverhütung und Arbeitssicherheit merklich entgegensteht. "Damals hieß es dann nur noch, schnell, schnell, schnell, der Auftrag muß raus! Unter dem alten Chef war alles anders. Da haben wir langsam gearbeitet und langsam bedeutet vorsichtig." (H. B. in: Frankenpost, ) "Es war keine Zeit zum Aufräumen oder die Einteilung hat nicht gestimmt. Es war eine Arbeitsbelastung über das übliche Maß." (Interview mit Beschäftigtem) Die Produktion hatte - und das war weitgehend Konsens im Betriebsverbund - Priorität. War man doch gemeinsam stolz darauf, daß die CFM in der krisengeschüttelten Region Oberfranken immer gut zu tun hatte und man gutes Geld verdient hat. Darüber hinaus empfanden die Beschäftigten die CFM durchaus als einen "sozialen Arbeitgeber". Nicht nur der Verdienst lag überdurchschnittlich hoch, persönliche Anliegen wurden häufig mit den Chefs selbst abgeklärt, wenn sie durch die Hallen gingen und schon mal selbst mit anpackten. Obst und Gemüse des firmeneigenen Versuchsguts und aus dem Garten von Frau T., der auf dem Betriebsgelände lag, konnten sich die Beschäftigten mit nach 61

66 Hause nehmen. Und zu besonderen Anlässen wurde auch Wein vom Versuchsgut verteilt. "Der war schon gut. Das war ein herber, da gab's kein Kopfweh drauf. Wir haben uns gesagt, wenn die das essen können, können wir das auch essen. Es ist doch so." (Interview mit Beschäftigtem) Insgesamt gewinnt man den Eindruck von einem relativ geschlossenen, abgeschotteten Betriebsverbund. Erfahrungen mit oder Kontakte zu anderen Chemiebetrieben gab es bei den gewerblich Beschäftigten so gut wie gar nicht. Auch in Marktredwitz selbst gehörte die fast 200 Jahre alte Chemische zum Stadtbild, wurde halb liebevoll, halb kritisch die 'Giftbude' genannt, ohne daß ein größeres Interesse darüber bestand, was und wie dort eigentlich produziert wurde. Im Bekanntenkreis der Beschäftigten war das eigentlich kein Thema. Deutlich werden lediglich zuweilen artikulierte Vorbehalte. "Wenn sie gesagt haben, wo sie herkommen, sind sie schief angeschaut worden. Ich habe mich schon großen Teils nicht mehr sagen trauen, wo ich arbeite." (Interview mit BRV) Tiefer nachgefragt wurde jedoch nie. Informationen über das Ausmaß der gesundheitlichen Gefährdungen am Arbeitsplatz erhielten die Beschäftigten erst in den letzten Jahren. "Bei den ersten Untersuchungen, da haben wir ja noch gar nichts erfahren. Das hat die Betriebsleitung nicht bekannt gegeben. Erst durch massiven Druck vom Betriebsrat sind dann später die Werte bekanntgegeben worden. Das hat lange gedauert, bis man da zum ersten Mal etwas erfahren hat." (Interview mit Chemiemeister) "Früher, ganz am Anfang, war es so, daß sie vom Arzt untersucht worden sind, aber dann nichts gehört haben. Vielleicht nach drei, vier Wochen sind sie zum Chef raufbestellt worden, der hat seine Schreibtischschublade aufgemacht: 'M.l Ja gut, du kannst wieder gehen, die Werte sind in Ordnung.1Sie selber wußten gar nicht, was sie haben. Wenn die Werte dementsprechend hoch wären, hätten sie es auch nicht gewußt. Man hat sie halt wieder an ihren Arbeitsplatz geschickt." (Interview mit BRV) Unruhe unter der Belegschaft hat diese Verfahrensweise jahrelang nicht ausgelöst. Obwohl in Gesprächen auch immer wieder gesundheitliche Beschwerden untereinander ausgetauscht wurden, gab es keinen Rückbezug zur Arbeitsplatzsituation. "Wir fühlten uns ziemlich sicher [durch Schutzvorschriften]. Bis auf die letzten Jahre, wo wir dann die Werte bekommen haben. Und mit den Werten alleine konnten wir auch nichts anfangen. Wo es gefährlich wird, das ist ja dann wieder nach unten gedrückt worden. Vorübergehend macht das gar nichts aus, hat der Prof. V. gesagt. Selbst 500 mg 62

67 im Blut, das macht für kurze Zeit gar nichts." (Interview mit Chemiemeister) Die der Belegschaft zugänglichen Informationen von Betriebsleitung, externen Experten und Aufsichtsbehörden, die rigorose Schritte vermieden, suggerierten, daß es "ja nicht so schlimm sein könnte". Strategien Auffällig sind in der Belegschaft vor allem das Setzen auf persönliche Bewältigungsstrategien und das dominante Ziel des Arbeitsplatzerhalts. Es bildet sich keine einheitliche Front zur Durchsetzung von Verbesserungen im Arbeitsschutz. Für viele Beschäftigte spielte der Betriebsrat keine Rolle. "Der hat nichts groß zu sagen gehabt. Ich kann mich an nichts erinnern, wo ich mit dem Betriebsrat zu tun gehabt habe." (Interview mit Beschäftigtem) Die Fraktionierung innerhalb der Belegschaft beschreibt der Chemiemeister folgendermaßen: "Es gab mehr oder weniger zwei Gruppen. Die firmenfreundlichen und die firmenfeindlichen. Wobei man das aber nicht so sagen kann, daß die einen wirklich firmenfreundlich und die anderen firmenfeindlich waren. Bloß die einen haben halt eingesteckt, und die anderen haben halt aufgemotzt. Die, die zum Betriebsrat hielten, das waren natürlich die Bösen. Das waren schon mehr, als im Betriebsrat drin waren. Zum Schluß ist das immer schlechter geworden, und da gab es schon Verschiebungen von den firmenfreundlichen und duldsamen hin zu firmenfeindlichen. Die Opposition gegen die Betriebsführung ist zum Schluß immer größer geworden. Aber mehr Stimmungen als Aktionen. Arbeitsverweigerungen gab es schon ab und an, aber sehr gravierend waren die eigentlich nicht." (Interview mit Chemiemeister) Auf Belegschaftsversammlungen wurden schon Ängste artikuliert und das Thema Arbeitssicherheit angesprochen - in der Mehrzahl der Fälle jedoch relativ folgenlos. "Aber es ist immer viel geredet worden und wenig rausgekom- men." (ebenda) Zu den Aktivitäten des Betriebsrates verhielt sich die Mehrzahl der Beschäftigten zwar hoffnungsvoll, aber dennoch distanziert, skeptisch bezüglich der möglichen Folgen für den Erhalt der Arbeitsplätze. "Beschäftigte haben schon Angst gehabt, daß der Betriebsrat zuviel Druck macht. Es waren viele, die lieber gebremst haben und gesagt haben, 'also wenn du so weitermachst, dann sperren sie unseren Betrieb zu. Wenn wir das alles fordern, was gemacht werden muß, das kann der Betrieb nicht mehr tragen.' Auf der anderen Seite hätte der 63

68 Betriebsrat aber mehr durchsetzen sollen. Das waren eben diese beiden Seiten." (Interview mit Chemiemeister) Das Dilemma, im Zielkonflikt zwischen Gesundheitsbelastung und Arbeitsplatzverlust eingesponnen zu sein, wird in den Aussagen der Beschäftigten immer wieder deutlich. "Einige ham's gewußt, daß es gefährlich ist, dort zu arbeiten, sogar die meisten. Aber was soll man unternehmen, wenn man nicht arbeitslos sein will." (H. B. in: Frankenpost, ) Noch 1984, als es zur Ankündigung von Produktionsreduzierungen und Personalabbau kommt, "betet" nach Aussagen des damaligen Betriebsratsvorsitzenden "jeder um seinen Arbeitsplatz" (Marktredwitzer Tageblatt, ). Die Gebundenheit und Abhängigkeit von der Firma ist dabei keine nur scheinbare. Nur wenige hatten auf dem engen oberfränkischen Arbeitsmarkt noch eine Chance. "Die Belegschaft, überaltert und gesundheitlich nicht mehr auf der Höhe, war nicht in neue Jobs vermittelbar." (Der Spiegel, 18/1990, S. 122) Die Schließung der CFM bedeutet dann auch für viele ehemals Beschäftigte einen "starken wirtschaftlichen Absturz" (Interview mit Chemiemeister). Abwartende bis abwehrende Haltungen kennzeichnen vor diesem Hintergrund die Strategieausrichtung der Belegschaft. Gesetzt wurde vor allem auf eine Politik der kleinen Schritte, in der punktuelle Verbesserungen erreicht und das Schlimmste abgewehrt wurde. Einzelne Kumpel halfen sogar mit, die wahren Zustände gegenüber den Behörden zu kaschieren." (natur, 5/1988, S. 24) Inzwischen hoffte man, daß durch den eigenen sorgsamen Umgang mit den Arbeitsschutzvorschriften (Schutzbekleidung, Hygiene) Gesundheitsgefahren abzuwenden seien. Befördert wurde diese Handlungsalternative durch ein Klima der Verniedlichung und Bagatellisierung der insgesamt problematischen Situation. "Es war schon klar, wie hoch belastet die Beschäftigten waren. Aber das ist sehr heruntergespielt worden. Wenn einer hohe Werte hatte, da wurde gesagt, 'kurzfristig, da macht das gar nichts', und ich mußte dann diese Leute auf quecksilberfreie Plätze umsetzen, und nach einiger Zeit waren die Quecksilberwerte wieder abgesunken, und dann durfte der wieder dort arbeiten. Ich war ja kein Wissenschaftler und mußte mich auf das verlassen, was die Leute mir sagten." (Interview mit Chemiemeister) 64

69 Problemwahrnehmung Im Fallverlauf nehmen die Beschäftigten der CFM vor allem das Arbeits- und Gesundheitsschutzproblem ihres Betriebes wahr. Reichweite und Ausmaß der Belastungen werden jedoch in ihrer ganzen Tragweite nur von einzelnen erfaßt und thematisiert. "Ich wußte auch nicht, wie belastet ich selber bin." (Interview mit Chemiemeister) Permanent überhöhte Belastungswerte in Blut und Urin sind den Beschäftigten zwar seit Beginn der achtziger Jahre bekannt, der Umgang damit erfolgt jedoch eher unbedarft. "Es gab keinen großen Aufstand, wenn einer mehr Quecksilber hatte. Der eine hat gesagt, 'oh, ich hab1einen Haufen', der andere hat gesagt, 'meins paßt wieder'. Aber daß jetzt einer auf die Barrikaden gegangen wäre, war nicht der Fall." (Interview mit BRV) Welche gesundheitlichen Spätfolgen sie davongetragen hatten, erfuhren die meisten erst nach der Schließung. Diskussionsgegenstand waren vor allem unzureichende Arbeitsschutzbedingungen und Grenzwertüberschreitungen. Der Umgang mit hochgiftigen quecksilberhaltigen Produkten in einem Unternehmen, in dem Gebäude und Anlagen stark kontaminiert waren, war kein Thema. Umweltschutz spielte nur insofern eine Rolle, als die Firma die sich verschärfenden Auflagen als grundlegende Existenzbedrohung aufgriff und an die Beschäftigten weiterleitete. Insgesamt läßt sich im Fallverlauf eine Verschiebung der Problemwahrnehmung durch die Beschäftigten ausmachen. Gab es zu Beginn der Hauptphase noch eine - wenn auch verhaltene - Unterstützung für die Thematisierung der Mißstände im Arbeits- und Gesundheitsschutz, so rückt im weiteren Konfliktverlauf die Arbeitsplatzproblematik in den Vordergrund bzw. wird mindestens gleichranging behandelt. Anfang der achtziger Jahre wird antizipiert, daß es sich um einen total veralteten Betrieb handelt, in dem es keinen Raum gab, der nach den Vorschriften war (Interview mit BRV). Zunehmend erscheinen auch den Beschäftigten alle Sanierungsbemühungen aussichtslos. "Als ich in die Chemische kam, das war 1958, da hat überhaupt noch keiner auf Abwasseranlagen bestanden. Das wurde dann gemacht, aber es war eben von vornherein schon alles zu spät. Die Firma konnte es sich wirtschaftlich nicht mehr leisten, als ständig neue Auflagen dazugekommen sind. Das Problem war, es ist viel zu spät angegangen worden mit der Sanierung der Firma. Seit Bestehen hätte wahrscheinlich viel mehr gemacht werden müssen." (Interview mit Chemiemeister) Resignation macht sich breit, nachdem weder die Bemühungen von Betriebsrat und Gewerkschaft noch der Aufsichtsbehörden zu einer grundlegenden Ver 65

70 besserung der Situation geführt haben. Die reaktive, abwehrende Politik der Unternehmensleitung setzt sich in der Belegschaft fort. "Die seelische Belastung ist in den letzten Jahren angestiegen. Durch die ganzen Auflagen. Die haben zwar Auflagen weitergegeben, dies muß gemacht werden und das muß gemacht werden, aber es war eigentlich nicht machbar. Es gab schon Regelungen, daß Fässer mit Rückständen auf den Sondermüll kommen. Aber durch den Anfall dieser hohen Rückstände aus der Abwasseranlage wußte man nicht mehr, wohin. Früher war das einfacher. Es war ja ein Rückgewinnungsofen da. Aber diese riesigen Mengen, da war die Anlage nur noch ein lächerliches Ding. Die hat keine 10 Prozent mehr geschafft." (Interview mit Chemiemeister) Die Problemsituation wird unauflösbar, die beteiligten Akteursgruppen haben ihre Handlungspotentiale scheinbar erschöpft oder ziehen sich, wie die maßgeblichen Aufsichtsbehörden, auf formale Bearbeitungsmodi zurück. Die Problematik der Perspektive der CFM als Chemieproduzent wird weitgehend ausgeklammert, zu heikel scheint inzwischen den Beteiligten die ganze Angelegenheit. "Das war schon ein paar Jahre bekannt, daß die Aufsichtsbehörden dann irgendwann mal zudrehen. Mit dem Gefühl haben alle gelebt, nur daß es schlagartig geht, das dachte man nicht." (ebenda) Ihre eigenen Einflußmöglichkeiten, die die Beschäftigten im Fallverlauf vor allem in der eigenen Gesundheitsvorsorge (Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften, Arbeitshygiene) gesehen haben, werden jetzt noch eingeschränkter wahrgenommen. "Da hat jeder das Zeug laufen lassen, wie es gelaufen ist. Anders kann man's gar nicht sagen. Denn ändern konnten wir ja doch nichts, als kleiner Mann. Und als einzelner erst zweimal nicht." (Interview mit Beschäftigtem) "Wir hatten das Gefühl, es nutzt ja doch alles nix." (St. in: Der Spiegel, 18/1988, S. 122) In ihrer Selbstwahrnehmung sehen sich die Beschäftigten ungünstigen Verhältnissen ausgeliefert, in Abhängigkeit von einem Unternehmen, für das es so eigentlich keine Perspektive mehr gab und mit dem doch ihr Schicksal nachhaltig verknüpft war. Heute wird vor allem im Versagen der Aufsichtsbehörden die Hauptverantwortung für den Fallverlauf gesehen. "Da wären die Beschäftigten zu klein, zu wenig Macht. Das hätte von oben kommen müssen." (Interview mit Chemiemeister) In der Fremdwahrnehmung durch andere Akteursgruppen wird der ehemaligen Belegschaft der CFM zumindest Mitverantwortung am Fallverlauf zugeschrie- 66

71 ben: Passivität, Ignoranz und Duldsamkeit, darüber hinaus aber auch Blockierung massiverer Gegenwehr und Unterstützung der Geschäftsleitung bei der Verschleierung von Verstößen im Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz. Für den Firmenchef waren "die Gegner [...] manchmal die Mitarbeiter selbst". "Sie waren auch ihre eigenen Gegner. Die Betriebshygiene war zum Teil katastrophal, war auch anerzogen. Wenn die Leute durch den Betrieb gegangen sind, in der normalen Kleidung, da reingekommen sind, sich umgezogen haben, in dengleichen Schrank das Zeug reingehängt, in der gleichen Bude gegessen usw. Von der Seite war bereits kein harter Durchgriff." (Interview mit Vorstand O.T.) Er beschreibt noch mehrere haarsträubende Begebenheiten im fahrlässigen Umgang mit Gefahrstoffen von seiten der Beschäftigten. Schärfere Sanktionen als gelegentliche folgenlose Abmahnungen hat es jedoch nicht gegeben, da gegen einen Betriebsrat, "der die Leute geschützt hat" und "betriebsblinde Vorgesetzte, [...] die das einfach nicht sehen wollten" (ebenda), kaum anzukommen war. Als weiteren Grund für seine Zurückhaltung nennt er die langjährige Vertrautheit mit Arbeitnehmern, die er schon als Kind in der CFM gekannt hat. Auch R. T. attestiert seinen Arbeitern "kein Umweltbewußtsein [...], weil die Berufsgenossenschaft nur arbeitsrechtliche 'Belehrungen' erteilte, während 'Gesichtspunkte des Umweltschutzes' allenfalls 'Beigaben für die Belehrungen' gewesen seien. So hätten die Arbeiter sogar Erdbeeren verzehrt, die auf dem Werksgelände wuchsen." (R. T. in: Der Spiegel, 48/1988, S. 88) Aus Gewerkschaftssicht wird die Rolle der Beschäftigten als "aus Unternehmersicht vorbildlich" (Interview mit Gewerkschaftssekretär) eingeschätzt. "Haben treu und brav gearbeitet, ohne groß aufzumucken." (ebenda) Im Desinteresse und der Passivität der Belegschaft sieht er einen Grund für die prekäre Gesamtsituation. "Das ist ja der Mangel der Arbeitnehmer, daß sie sich für nichts interessieren. Wenn wir sensibilisierte Arbeitnehmer hätten, wenn sie bewußt denken würden, würde einiges anders aussehen." (ebenda) Das Interesse für politische Vorgänge hat er in der CFM als besonders schwach ausgeprägt erlebt. Der Umgang mit Gesundheitsbelastungen wurde als Thema weitgehend verdrängt. "Wenn man fünf Jahre im Betrieb ist, das stumpft ab. Die Hoffnung, daß es weitergeht, hat sicher jeder gehabt. In vagem Maße kam die Angst auf Betriebsversammlungen, wenn Sicherheitseinrichtungen nicht funktioniert haben oder wenn sie Anweisungen bekamen, diesen und jenen Raum sauber zu machen. Da gab es auch Arbeitsverweigerungen. Sie haben also schon gewußt, was sie dort machen." (ebenda) 67

72 !m Gegensatz zur Unternehmensleitung bestreitet er einen laxen Umgang der Arbeitnehmer mit den vorhandenen Gefahrenpotentialen. Zum Teil hätten sie aber gar nicht gewußt, mit was sie umgehen (ebenda). Darüber hinaus waren "die relativ guten Verdienstmöglichkeiten bei der CFM [...] auch ein Grund, weshalb die Arbeitnehmer dort ausgehalten und weitergearbeitet haben, die haben das Geld gesehen." (ebenda) So begründete sich die Zurücknahme weitergehender Forderungen nicht nur aus dem möglichen Arbeitsplatzverlust, sondern aus dem Verlust des speziellen Arbeitsplatzes bei der CFM. "Wenn ich jetzt woanders hingehe, da muß ich mit 5 bis 6 Mark weniger Stundenlohn rechnen." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Eine Verhaltensänderung der Beschäftigten im Fallverlauf konnte er nicht ausmachen. Für den Betriebsrat ist von seiten der Beschäftigten vor allem deren unzureichende Vorbildung, aufgrund derer sie die Tragweite der Problemsituation nicht abschätzen können, sowie eine blockierende Haltung, wenn der Verlust der Arbeitsplätze droht, relevant. Der Betriebsratsvorsitzende (1974 bis 1978) K. sieht sich durch Widerstände in der Belegschaft so massiv in seinen Aktivitäten zur Verbesserung von Arbeits- und Gesundheitsschutz in der CFM gebremst, daß er 1978 den Vorsitz niederlegt und aus der Gewerkschaft austritt. "[...] wir konnten gar nicht mehr weitergehen, denn die ganze Sache schien sich dann langsam ins Gegenteil zu verwandeln, denn die Mitarbeiter drohten oft massiv: 'Bis hierher und nicht weiter, denn sonst verlieren wir ja unseren Arbeitsplatz!'." (BRV vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß) Seine Vorstellungen, die katastrophalen Zustände in der CFM und die behördliche Verschleppungspolitik öffentlich zu machen, scheitert an der Abwehrhaltung seiner Kollegen, denn "wenn die Mitarbeiter dann plötzlich in den Rücken fallen, und sie merken, es wird jetzt prekär, die Situation, dann muß man auf der Stelle treten" (ebenda). 68

73 3.5 Aufsichtsbehörden Nach der Schließung der CFM waren es - neben der Unternehmensleitung - vor allem die zuständigen Aufsichtsbehörden, deren Verhalten massiv in die öffentliche Kritik kam. Ausgangspunkt war hier die Tatsache, daß trotz jahrelanger Kenntnis über die Zustände in der Chemiefabrik von den Behörden keine grundlegende Veränderung der prekären Grundsituation herbeigeführt wurde. So generierte sich ein Bild gegenseitiger Duldung, von Verantwortlichkeiten der Unternehmensleitung im Zusammenspiel mit den Behörden (Interview mit Regionaljournalist). Nach mehrfachen Presseberichten (Der Spiegel, Zeitspiegel, Ring Nordbayerischer Tageszeitungen) und einer Monitor-Reportage von Gert Monheim in der ARD setzte der Bayerische Landtag am einen Untersuchungsausschuß zur Abklärung des Behördenverhaltens im Fall der CFM ein. "Es wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der den Landtag in Ausübung seiner parlamentarischen Kontrollbefugnis darüber unterrichten soll, ob die Behörden des Freistaates Bayern in Zusammenhang mit Betrieb und Stillegung der 'Chemischen Fabrik Marktredwitz1 ihre bestehenden rechtlichen Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Umwelt- und Gesundheitsschäden ausgeschöpft haben, und der ferner prüfen soll, ob Maßnahmen angezeigt sind, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern oder im Schadensausmaß zu begrenzen." (Schlußbericht des Untersuchungsausschusses 'Chemische Fabrik Marktredwitz1, Drs. 11/13263, S. 3) Im Rahmen dieses Untersuchungsausschusses konnten dann auch eine Reihe der in den Fall CFM involvierten Aufsichtsbehörden angehört und deren Verhaltensoptionen und -Strategien zumindest ein stückweit transparent gemacht werden. Wesentliche Schwachpunkte, vor allem Mängel in den Organisationsund Kooperationsformen der amtlichen Stellen untereinander sowie zu den Betroffenengruppen in der Firma selbst, sind identifiziert worden. "Die Untersuchung hat ganz verschiedene Verhaltensweisen der beteiligten Behörden gezeigt: - einerseits erfreuliche Eigeninitiative von Beamten, Kreativität bei der Lösung bisher ungelöster technischer Probleme zum Beispiel, und auch Verantwortungsgefühl für solche Bereiche, die mit der eigenen Zuständigkeit nichts zu tun haben; - andererseits und hauptsächlich aber auch gravierende Mängel, Mängel im Verhalten einzelner Bediensteter, Mängel in der Organisation der Arbeit in einer Behörde und auch Mängel in der Ausstattung, mit Personal ebenso wie mit technischem Gerät." (ebenda, S. 37) 69

74 Gleichwohl bleibt der Eindruck vorherrschend, daß das gesamte Ausmaß behördlicher Einbindung und Verknüpfung in die stillschweigende Duldung und Stützung unbefriedigender Zustände im Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz bestenfalls andiskutiert werden konnte. "Die Frage, welche Reibungs- und Umsetzungsverluste es beim Arbeits- und Umweltschutz aus der Sicht Betroffener gibt, hat sich [...] nur indirekt stellen lassen." ("Minderheitenbericht", a. a. O., S. 60) Deutlich wurde auch, daß "die jetzige Organisationsform von Arbeits- und Umweltschutz die Zusammenarbeit mit den Betroffenen geradezu ausschließt" (ebenda). Aufgrund der Materiallage und zeitlicher Präferenzen, die aus der Anlage und dem Zuschnitt des Projekts resultieren, konnten und wollten wir uns nicht auch noch einmal explizit in das Beziehungsgeflecht behördlichen Verwaltungshandelns begeben. Trotz der dadurch notwendigerweise entstehenden verkürzten Darstellung, hoffen wir, die interne Rationalität des Behördenhandelns deutlich machen zu können. Die folgenden Ausführungen basieren vorrangig auf dem Schlußbericht und dem Minderheitenbericht des Untersuchungsausschusses sowie auf den Anhörungsprotokollen von Vertreterinnen der mit der CFM befaßten Aufsichtsbehörden und amtlichen Stellen: - Leiter der Abteilung Gewerbeaufsicht (GA) im Arbeitsministerium, Herr L. - Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth (GA-Bayreuth), Dr. K. - Bayerisches Landesinstitut für Arbeitsmedizin, Zweigstelle Nürnberg, Dr. B. (Gewerbearzt) - Werksarztzentrum Selb, Frau Dr. S. (Betriebsärztin) - Berufsgenossenschaft Chemie, Nürnberg (BG-N), Herr F. (Technischer Aufsichtsbeamter). Generell läßt sich zunächst feststellen, daß sich die intensiven Behördenkontakte zur CFM vorrangig in den traditionellen Feldern des Arbeits- und Gesundheitsschutzes hergestelit haben. Die - im eigentlichen Sinne - mit Umweltschutz befaßten Stellen des Landratsamtes hatten dagegen mit der Firma selbst eher weniger zu tun. "Wenn Sie überlegen, wer in dem Betrieb drin war. Die einen wühlen - auf gut deutsch - an den Ufern der Kösseine und machen die Abwassereinigungsanalysen, sind aber meines Wissens nie im Betrieb gewesen, wissen gar nicht, was da gemacht wird. Das ist die Wasserwirtschaft. Die andere Seite, die so in der mittleren Ebene arbeitet, das sind wir. Dann kommt der nächste, dann geht es weiter in die Abluft. Das sind dann die Emissionsschutzbehörden. Aber es ist nicht einmal 70

75 so, daß unter diesen Behörden vielleicht Probleme auftauchen." (Vernehmungsprotokoll Dr. K., Gewerbeaufsichtsamt) So verwundert es dann nicht, daß Gewerbeaufsicht, gewerbeärztlicher Dienst und Berufsgenossenschaft kaum über Informationslücken hinsichtlich der CFM klagen, Verschleierungen und mutwillige Täuschungen der Aufsichtsbehörden durch die Unternehmensleitung vor allem im Bereich des Umweltschutzes angesiedelt sind. Einerseits entsteht somit das Bild eines intensiven Bargaining- Prozesses und andererseits der betrieblichen Abschließung und Distanzierung, die von der Unternehmensleitung allerdings eher als übliches, "normales" Verhalten denn als kriminelles Delikt angesehen wird. Der Facettenreichtum von Verwaltungshandeln kann an dieser Stelle nicht aufgearbeitet werden, sondern in seiner Unübersichtlichkeit lediglich als eine wesentliche Bedingung für den Fallverlauf vermerkt werden. Plausibel erscheint dagegen ein verknappter Überblick über die Grundlinien in den Handlungsmöglichkeiten und Strategien der zuständigen Aufsichtsbehörden. Handlungsmöglichkeiten Hinsichtlich der fachlichen Kompetenz sind die mit der CFM im Faliverlauf befaßten Aufsichtsbeamten als gut ausgestattet einzuschätzen. Sie verfügen mindestens über eine abgeschlossene Hochschulausbildung in einer technischen oder medizinischen Fachrichtung und häufig über spezielle Zusatzqualifikationen. Problemwahrnehmung und die Konzipierung von Lösungsansätzen stellen für sie keine wesentlichen Hürden dar. Zum Tragen kommen genau diese Kompetenzen insbesondere in den Aktivitäten der Berufsgenossenschaft Chemie in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre. Im Zusammenhang mit umfangreichen Absauge- und lüftungstechnischen Anlagen wurde die CFM in technischer und auch finanzieller Hinsicht intensiv beraten und unterstützt. Insgesamt erscheinen die Handlungsspielräume, was die Beauflagung, Beratung und Betreuung des Unternehmens von seiten der Aufsichtsbehörden betrifft, relativ weit zu sein. Das Verhältnis der jeweils zuständigen Beamten zum Unternehmen ist durch eine häufige Präsenz und intensive Abstimmungsprozesse gekennzeichnet. Der Problembetrieb CFM wurde - zumindest bis Anfang der achtziger Jahre - jenseit der sonst üblichen Verwaltungsroutine bearbeitet. 71

76 "Es war noch kein Betrieb, den ich kenne, der in diesem Maße beraten wurde." (Vernehmungsprotokoll Herr F., BG Chemie) Beispiele dafür sind die Einbeziehung von technischem Know-how externer Experten, eine enge Zusammenarbeit von Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft Chemie sowie die Aktivitäten zur Einberufung einer Diskussionsrunde im Herbst 1981, an der erstmals alle Beteiligten an einem Tisch saßen. Gleichzeitig fällt jedoch auf, daß von allen mit der CFM befaßten Aufsichtsbeamten die rechtlichen Rahmenbedingungen und Aufgabenzuweisungen ihrer jeweiligen Behörde als leitend für ihre Handlungsausrichtung in Ansatz gebracht und beschrieben werden. Das betrifft vor allem die Aspekte des Fallverlaufs, in denen es um die Möglichkeit zu restriktiveren Beauflagungen und Maßnahmen, bis hin zur Stillegung bzw. Teilstillegung der Firma sowie um die Frage berufsbedingter Erkrankungen und der Anerkennung von Berufskrankheiten geht. Hier wird eher die Begrenzung der eigenen Handlungsspielräume strapaziert. Zum Teil spielen dabei vor dem Untersuchungsausschuß auch die Rechtfertigung des eigenen Verhaltens und die Abwehr von Schuldzuweisungen in diesen besonders kritisch eingeschätzten Vorgängen eine nicht unerhebliche Rolle. Die Einzelaussagen lassen dann auch eher den Eindruck einer großen "Schwarze- Peter-Runde" entstehen, in der juristische Spitzfindigkeiten und die starke Betonung des eigenen Zuständigkeitsbereiches vor inhaltlichen Problemen dominieren. So erläutert zum Beispiel Herr L sehr ausführlich die in der Gewerbeordnung verankerten Zuständigkeiten, Möglichkeiten und Beschränkungen der Gewerbeaufsichtsbeamten. Auflagen können danach nur insoweit angeordnet werden, "als diese nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen" (Vernehmungsprotokoll Dr. L, GA). Seiner Meinung nach hätte die Gewerbeaufsicht im Fall der CFM weder Anordnungen treffen können, die eine vollständige Sanierung der Firma erreicht hätten, noch hätte sie den Betrieb schließen können. So ist es zunächst lediglich möglich, Anordnungen zu treffen, die sich im Rahmen der Betriebssubstanz bewegen, die für das Unternehmen wirtschaftlich verkraftbar sind (ebenda). Gleichzeitig habe das Unternehmen, wenn auch verzögert, letztlich immer Bereitschaft gezeigt, die Auflagen zu realisieren. Schließlich war über den gesamten Fallverlauf eine zweite entscheidende Voraussetzung für ein schärferes Vorgehen von seiten der Behörde, nämlich der Nachweis von das Leben oder die Gesundheit der Arbeitnehmer gefährdenden Mißständen, nicht gegeben. Trotz der schlechten Situation bei der Einhaltung von MAK-Werten und der häufigen Überschreitung der BAT-Werte sind 72

77 in den 523 durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen nur in zwei Fällen gesundheitliche Bedenken und in vier weiteren Fällen gesundheitliche Bedenken befristet festgestellt worden. Die überwiegende Anzahl der untersuchten Fälle ist somit als nicht gesundheitsgefährdend beschrieben worden (ebenda). Herr L. kommt dann auch als Leiter der Abteilung Gewerbeaufsicht im Arbeitsministerium zu dem Schluß, "daß der Gewerbeaufsichtsbeamte Dr. K. aufgrund seiner, meiner Meinung nach leider kritisierten häufigen Präsenz es überhaupt ermöglicht hat, die Gefährdung der Beschäftigten - dadurch, daß er immer wieder gekommen ist - so zu minimieren, daß der Betrieb, das muß ich jetzt vorsichtig formulieren, in der Form noch weitergeführt werden konnte" (ebenda). Auch der Gewerbeaufsichtsbeamte Dr. K. sieht seine Handlungsmöglichkeiten vor allem auf der Grundlage der Gewerbeordnung angesiedelt. Er beschreibt sich als durchaus kompetent für die Beurteilung der Gesamtsituation in der CFM und verfügt als promovierter Chemiker über ausreichende Sachkenntnis, um Problemlösungen auf den Weg zu bringen. Seine Handlungsmöglichkeiten orientiert er vor allem an folgenden vier Aspekten: 1. Technische Maßnahmen 2. Verbesserung der Arbeitshygiene 3. Persönliche Schutzausrüstung 4. Arbeitsmedizinische Überwachung (Vernehmungsprotokoll Dr. K., GA-Bayreuth) Hier verweist er vor dem Untersuchungsausschuß auf die intensive Beratung der Firma durch die Gewerbeaufsicht und die zahlreichen und detaillierten Auflagenschreiben. Weitere, durchgreifendere und auch verbindlichere Maßnahmen waren seiner Meinung nach im Fall der CFM weder angesagt noch geboten. An dem prinzipiellen Willen der Unternehmensleitung, den Auflagen nachzukommen und eine Verbesserung der Gesamtsituation zu erreichen, hatte er nie Zweifel. Auch die Gefährdungspotentiale für die Beschäftigten haben sich für ihn nicht als gravierend dargestellt. "Die Grenzwerte waren zum Teil deutlich überschritten. Aber man hat dann in der Besprechung das Fazit gezogen, daß es trotz allem weiterhin möglich ist, in der CFM zu arbeiten, und zwar unter der Voraussetzung, daß ganz konsequent in allen Bereichen, wo Überschreitungen gemessen worden sind, persönliche Schutzausrüstung, Atemschutz, getragen wird." (ebenda) 73

78 Auch der zuständige Vertreter der Berufsgenossenschaft Chemie strapaziert in erheblichem Maße die berufsgenossenschaftlichen Grundsätze, wenn es um die prekäre Frage nach der Anerkennung von Berufskrankheiten und Betriebsschließung geht. In der Diskussion zu diesen Punkten dominiert der Rückzug auf die gesetzliche Situation. "Es gibt da ganz genaue Vorgaben, wann eine Entschädigungsleistung ausgezahlt werden darf. [...] Wir erkennen auch sehr viele Berufskrankheiten an, wenn wir davon überzeugt sind, daß sie eben... der Zusammenhang muß ja da sein. Es muß ein eindeutiger Zusammenhang gewährleistet sein." (Vernehmungsprotokoll Herr F., BG-N) Grundlage ist auch für ihn die ärztliche Beurteilung zur Weiterbeschäftigung. Immerhin wird jedoch von ihm im März 1977 die "Schließung besonders gefährdender Betriebsabteilungen erwogen" (ebenda), wenn die in seinem Auflagenschreiben festgehaltenen Sofortmaßnahmen zu Einzelproblemen mit Terminvorgaben und die umgehende Planung zentraler technischer Lüftungs- und Entstaubungsanlagen nicht erfüllt werden (ebenda). So erscheint das Behördenverhalten insgesamt als deutlich ambivalent. Handlungskompetenzen und -Spielräume gehen einerseits doch weit über den ordnungsrechtlichen Bezugsrahmen hinaus und sind andererseits durch ein fast schon übertrieben anmutendendes Zurückziehen auf den begrenzten eigenen Zuständigkeitsbereich gekennzeichnet. Problematisiert und als Spannungsfeld empfunden wird diese Situation von den Beamten selbst allerdings nicht. Im Gegenteil, die - sehr themenspezifisch genutzte - Möglichkeit zur Abgrenzung und Abwehr von Verantwortlichkeiten scheint allemal funktionaler und entlastender als eine inhaltliche Neuschneidung und Verknüpfung von Aufgabenbereichen. "Aber bitte diese Verbesserungen nicht auf Kosten der Gewerbeaufsicht. Denn wir können nicht überall sein. Weil wir dort sind, dann müssen wir denen sagen: Teilt uns mal mit, wieviele CKW-Anlagen in welchen Betrieben habt ihr denn? Wenn dann fünf zu wenig sind: Die haben uns nicht mehr gesagt. Da müssen Sie mal einhaken." (Vernehmungsprotokoll Dr. K., GA-Bayreuth). Sowohl Gewerbeaufsicht als auch Berufsgenossenschaft sehen sich selbst als erfolgreich in ihrem Bemühen um die Verbesserung der Arbeits- und Gesundheitsschutzbelange in der CFM, denn letztlich wurde die Firma aus Gründen des Umweltschutzes und nicht wegen arbeitssicherheitstechnischer Gründe geschlossen. 74

79 Die arbeitsmedizinischen Dienste, Gewerbearzt und Betriebsärztin heben in der Beschreibung ihrer Handlungsmöglichkeiten stark ihre beratende Funktion hervor. Darüber hinaus sehen sie im Fall der CFM als erschwerende Bedingungen an, daß sie zu spät in den Fallverlauf einbezogen wurden (erst seit 1981) und kaum auf tatsächlich gesicherte Erkenntnisse hinsichtlich der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Quecksilber zurückgreifen konnten. Erst 1983 sind verbindliche BAT-Werte für Quecksilber von der Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft erlassen worden. Zudem war der Nachweis einer durch Quecksilber verursachten Gesundheitsbeeinträchtigung äußerst kompliziert und nur über aufwendige neurologische Untersuchungen zu leisten, für die weder der Betriebsärztin noch dem Gewerbearzt Kapazitäten zur Verfügung standen. Die zahlreich durchgeführten Betriebsbegehungen und Vorsorgeuntersuchungen mündeten dann auch zumeist in Empfehlungen zur bewußteren Einhaltung arbeits- und betriebshygienischer Standards (Atemschutz, Duschregelungen, Schutzbekleidung, Sauberkeit am Arbeitsplatz). Praktiziert wurde auch die Umsetzung besonders belasteter Arbeitnehmer auf "quecksilberfreie" Arbeitsplätze, bis sich die Blut- und Urinwerte wieder stabilisiert hatten. Den Handlungsrahmen für die arbeitsmedizinischen Dienste bildeten dabei das 1974 in Kraft getretene Arbeitssicherheitsgesetz und die wenig später erlassene Unfallverhütungsvorschrift. Sie regeln die Befugnisse, Aufgaben und Einsatzzeiten der Betriebs- und Gewerbeärzte. Gleichwohl ging auch auf diesem Gebiet die Betreuung der CFM über das sonst übliche Maß hinaus. Als überbetrieblicher Einrichtung war es dem Betriebsärztezentrum Selb möglich, Zeitanteile zwischen Problem- und weniger bedürftigen Betrieben zu verschieben und so jenseits der Festlegungen zu Einsatzzeiten (die von den Unternehmen zu bezahlen sind) Ausgleiche zu schaffen. Die arbeitsmedizinischen Dienste schätzen dann auch ein, daß weitergehende Handlungsspielräume als die im Fall der CFM ausgereizten für sie nicht verfügbar sind. "Ich hätte sicher nichts anders gemacht. Ich hätte gar nichts anders machen können, denn ich bin kein weisungsbefugtes Mitglied des Betriebes. Ich habe Beratungsfunktion, und die kann ich so gut und so schlecht machen, wie meine Fähigkeiten sind, wie das angenommen wird. Die Weisungen, die Weisungsbefugnis, die bleibt immer noch beim Arbeitgeber. Das ist grundsätzlich so. Daran kann man nichts ändern." (Vernehmungsprotokoll Frau Dr. S., Betriebsärztin) "Aus der Situation heraus habe ich auch als Bemerkung für das Gewerbeaufsichtsamt Hinweise darauf gegeben: Wenn es nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums, eines bestimmten längeren Zeitraums - 75

80 also ein Jahr habe ich damals gewählt (1981) zu einer Verbesserung der Tendenz in den Befunden kommt, wenn es nicht sauberer wird, dann wäre zu überlegen, ob man nicht bestimmte Produktionen untersagen muß. [...] Es war der schärfste Schuß, den ich in meiner ganzen Laufbahn als Gewerbearzt abgegeben habe. [...] Denn ich kann mich nicht erinnern, in einem anderen Betrieb mich so deutlich geäußert zu haben. Aber wir sind schließlich nur Berater des Gewerbeaufsichtsamtes, und das Gewerbeaufsichtsamt ist also keinesfalls verpflichtet, unsere Hinweise zu berücksichtigen." (Vernehmungsprotokoll Dr. B., Gewerbearzt) Insgesamt ist somit bei den mit der CFM im Fallverlauf befaßten Aufsichtsbehörden und amtlichen Stellen eine kompetente Problem Wahrnehmung und Ausreizung von Handlungsmöglichkeiten zu konstatieren. Brüche, Selbstbeschränkungen und der Versuch einer Externalisierung als notwendig erkannter Konsequenzen werden genau an den Punkten wahrgenommen, wenn die üblichen Modi eines Bargaining-Prozesses nicht mehr greifen und restriktive und unpopuläre Entscheidungen anstehen. Strategien Die Zielvorstellungen der Aufsichtsbehörden und amtlichen Stellen orientieren sich im wesentlichen an zwei Bezugspunkten: - dem wirtschaftlichen Erhalt des Unternehmens und - der Verbesserung der prekären Situation im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Grundsätzlich wird dabei der Konsens mit der Unternehmensleitung gesucht und ein konfrontatives Vorgehen vermieden. Zielkonflikte werden im Fallverlauf nicht deutlich. Bestimmend bleiben Formen der intensiven Beratung und Unterstützung, der Hilfestellung bei der Suche nach technischen Lösungsmöglichkeiten und der kooperativen Realisierung von Veränderungen. Unterschiedliche Prioritätensetzungen lassen sich insofern ausmachen, daß die Gewerbeaufsicht stärker auf Detailfragen Wert legt, die Berufsgenossenschaft technische Verbesserungen/Nachbesserungen favorisiert und die arbeitsmedizinischen Dienste hygienische und arbeitsorganisatorische Maßnahmen als vorrangig ansehen. Gemeinsam ist allen, daß eine grundlegende Sanierung und das Hinterfragen der Gesamtkonstellation von Standort, Produkt und Produktionsverfahren nie wirklich ernsthaft in Betracht gezogen wurden. Umweltschutz spielt bei den Zielvorstellungen und Strategiebildungen keine Rolle. 76

81 Als hauptsächliches Mittel der Zieldurchsetzung erscheinen Empfehlungen, Aushandlungen mit und Beauflagungen des Unternehmens im Rahmen der jeweiligen ordnungspolitischen Ausrichtung der amtlichen Stellen. Über Bargaining-Prozesse wird dabei versucht, einerseits Handlungsspielräume zu erweitern und andererseits restriktiveres Verwaltungshandeln zu vermeiden. Die Aufsichtsbehörden versuchen über die fast ausschließliche Konzentration auf eine intensive Beratung und Betreuung des Unternehmens, die Gesamtsituation sukzessive zu verbessern und den gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Als Grundlage fungiert durchgängig die - nicht hinterfragte - Unterstellung eines gemeinsam und kooperativ verfolgten Zieles - der Erhalt und die Sanierung der Firma. Keiner der Akteure ist bereit, sich aus diesem Verbund zu lösen. Auffällig erscheint dabei, daß sich sowohl Behörden als auch die CFM wechselseitig kaum in ihrer Differenziertheit, sondern jeweils als Gesamtverbünde reflektieren. Interne Differenzen und unterschiedliche Interessenlagen werden, wenn überhaupt, als lästig wahrgenommen. "Es war 1981 das Problem, daß Betriebsrat und Betriebsleitung nicht zur Zusammenarbeit bereit waren, sondern das war hier nur Konfrontation. [...] Dieses war also der Hintergrund. - Es gab noch ein paar einzelne Gründe, die noch dafür gesprochen haben. Dieses ist der Hintergrund, warum im September 1981 diese Besprechung über die gesundheitliche Gefährdung durch Quecksilber einberufen wurde. Diese Besprechung [...] hatte im Endeffekt das Ziel, diese etwas verhärteten Fronten wieder aufzuweichen. Denn das Grundprinzip vom Arbeitsschutz läßt sich nicht von einer Seite komplett lösen, sondern es müssen beide mitmachen: der Arbeitgeber, es müssen aber auch die Arbeitnehmer über ihren Betriebsrat sich an der Arbeitssicherheit beteiligen. Sonst können sie in solchen alten Gemäuern keine sicheren Arbeiten durchführen." (Vernehmungsprotokoll Dr. K., GA-Bayreuth) Neue Interessenkoalitionen, die jenseits der üblichen Bezugspunkte liegen, stellen sich im Fallverlauf nicht her. Im Gegenteil, Bestrebungen des Betriebsrates, die Aufsichtsbehörden auf eine schärfere Gangart im Verhältnis zur Betriebsleitung festzulegen, werden eher abwehrend behandelt. Man will sich weder auf Gruppeninteressen innerhalb des Unternehmens verpflichten lassen, noch erscheint das Setzen auf "neue" Bündnispartner im Betrieb für die Entlastung der Aufsichtsbehörden aussichtsreich. Ein Strategiewandel der mit der CFM hauptsächlich befaßten Aufsichtsbehörden läßt sich im Fallverlauf nur insofern beobachten, als nach der Hochphase des Konflikts zu Beginn der achtziger Jahre ein nun wieder eher separiertes und resigniertes Behördenverhalten Raum greift. Der Druck auf eine konsequente Realisierung der arbeits- und gesundheitsschutzbezogenen Aufla 77

82 gen in dem 1981 ausgehandelten Zeitrahmen wird abgeschwächt, und Kontrollen erfolgen eher verhalten. Es entsteht der Eindruck, daß eigentlich alles bekannt und die wesentlichsten Punkte verhandelt sind. Eine grundsätzliche Situationsverbesserung wird durch eine erneute "große Diskussionsrunde" und Auflagensetzungen der Behörden nicht mehr erwartet. Anstehen würde bestenfalls das generelle Infragestellen der angeschobenen Sanierungsbemühungen und damit das Problem der Fortexistenz des Unternehmens in seiner Produkt- und Verfahrensstruktur. Diesem Problem mag sich jedoch keine der Aufsichtsbehörden so recht stellen. So wartet man die Entwicklung ab und hofft auf eine Entschärfung im Zuge von Produktionsreduzierungen, die durch das Verbot der Saatbeize als Hauptprodukt und Hauptgefährdungsquelle ohnehin anstehen. Hinzu kommt, daß spätestens seit 1984 in der Unternehmensleitung die Schließung bzw. Umprofilierung der Firma ernsthaft erwogen wird und kostenaufwendige Sanierungsmaßnahmen nicht mehr durchzusetzen sind. "Am Schluß der Entwicklung, Ende 1984, wollte man den Betrieb total schließen. Das ist dann durch die Aktiengesellschaft nicht gebilligt worden. Man hat dann versucht oder geplant, daß man den alten Trakt, den anorganischen, diese Dinge wegmacht, und wollte noch diese metallorganischen Produkte weiterproduzieren. Da waren die Anlagen zwar auch zum Teil verrostet, aber nicht in diesem Uraltzustand wie viele andere im Brennerraum oder solche Öfen oder was man da gehabt hat. Das heißt, man hätte immer darauf hinarbeiten müssen, daß gewisse Dinge sowieso irgendwann einmal weg sind und andere übrigbleiben, die man dann hundertprozentig im Griff hat." (Vernehmungsprotokoli Dr. K., GA-Bayreuth) Eine neue Dynamik bekommt der Fall der CFM Mitte der achtziger Jahre dann aus einer ganz anderen Richtung, die mit der herkömmlichen Einbindung von gewerblichen Unternehmen in ordnungspolitische Aufsichtsstrukturen wenig zu tun hat. So entsteht durch den Anschluß der CFM an die städtische Kanalisation und die massive Quecksilberverseuchung des Klärschlamms, der für die Stadt eine Einnahmequelle darstellt, ein wirtschaftlicher Interessenkonflikt. "Die Mehrkosten, die der Stadt [...] entstünden, bezifferte der Oberbürgermeister auf etwa Mark in diesem Jahr sei noch einmal mit der gleichen Summe zu rechnen." (Marktredwitzer Tageblatt vom ) Die Stadt macht mobil und problematisiert erstmals die Umweltbelastungen, die von der CFM ausgehen (Abwasser und Abluft). In einem schwierigen Balanceakt zwischen Umweltschutzanforderungen und Arbeitsplatzerhalt wird zunächst 78

83 versucht, über die Fiankierung von Aussiedlungsstrategien der Firma durch staatliche Fördermittel das Dilemma aufzulösen. "Das Ergebnis des Gespräches in München war im Sinne einer Endlösung dieser Frage sehr mager oder besser gesagt: miserabel." (Oberbürgermeister A. v. L. in: Marktredwitzer Tageblatt vom ) Auch Verhandlungen der CFM mit einer kapitalstarken ausländischen Firma zur Betriebsbeteiligung scheitern. Gleichwohl hält die Stadt Marktredwitz trotz dieser ungünstigen Konstellation bis zum Schluß an ihrer Priorität des Arbeitsplatzerhalts fest. "Stadtrat H. D. meinte, daß die Erhaltung der Arbeitsplätze gerade in der heutigen Zeit äußerst wichtig sei. Es stellte sich aber die Frage, wie man die Umweltprobleme schnell in den Griff bekommen könne. [...] Jetzt sollten alle gemeinsam handeln, um Abhilfe bei den gegenwärtigen Problemen zu schaffen." (ebenda) Im darauffolgenden halben Jahr überschlagen sich die Ereignisse. Eine Lawine erhöhter Aufmerksamkeit durch Wasserwirtschaft und Landratsamt scheint losgetreten und die "große Koalition" zum Firmenerhalt brüchig zu werden. Der Fallverlauf gewinnt eine Eigendynamik, die vor allem durch situative Vorkommnisse geprägt ist und sich außerhalb des traditionellen Regulierungsmusters bewegt sowie durch die Akteure kaum noch zu beeinflussen ist. So erfolgt die faktische Schließung der CFM im Juni 1985 durch das Verbot der weiteren Nutzung aller betrieblichen Abwasserkanäle mit sofortiger Wirkung trotz der jahrelangen Auseinandersetzungen plötzlich und unerwartet. Inwiefern sich unterhalb verbal artikulierter Entrüstung über das restriktive Vorgehen der Umweltbehörde nicht auch Erleichterung bei den Aufsichtsbehörden über die Auflösung der "Schwarzen-Peter-Runde" einstellt, ist nicht mehr auszumachen. Deutlich wird lediglich, daß es kaum ernst gemeinte strategische Optionen und Interventionen gegen die Verfügung des Landratsamtes gibt. Problemwahrnehmung Die Aufsichtsbehörden nehmen die Gesamtsituation der CFM eher selektiv, als ein Arbeitsschutzproblem in einem veralteten Betrieb wahr. Dramatisierungen werden dabei tunlichst vermieden, man erkennt die Schwierigkeiten, gibt sich jedoch optimistisch im Hinblick auf eine "gutes Ende". Zweifel an der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens kommen - wenn überhaupt - erst in der Schlußphase auf, in der sie jedoch weder thematisiert noch bearbeitet werden. 79

84 Eine stärkere inhaltliche Verknüpfung der fallbezogenen Problemlage im Umwelt- und Arbeitsschutz wird durchgängig mit dem Verweis auf den eigenen Zuständigkeitsbereich abgelehnt. So bewerten die Vertreter der Aufsichtsbehörden ihre Problemlösungsstrategien dann auch als durchaus erfolgreich. Verbesserungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz habe es immer wieder gegeben, und letztlich sei der Betrieb aus Umweltschutz- und nicht aus Arbeitssicherheitsgründen geschlossen worden. Im Gegenteil, die häufige Präsenz und das Engagement der maßgeblichen Aufsichtsbeamten hätten Schlimmeres verhindert und das Weiterbestehen der Firma bis zum Zeitpunkt der Schließung überhaupt ermöglicht. "Man hat die Hoffnung insofern grundsätzlich. Aber es zeigt sich ja, daß diese ganze Entwicklung immer wieder begleitet ist von Problemen, die dann für den Arbeitsschutz nicht mehr relevant sind. [...] Der Betrieb ist ja nicht geschlossen worden aus Arbeitsschutzgründen, sondern aus Umweltschutzgründen. Das kann man nicht ahnen. Außerdem wäre das nicht eine Ahnung von uns, sondern vielleicht die Ahnung von der Wasserwirtschaft. [...] Ich habe das so gesehen, daß man in diesem Betrieb, wenn auch mit im Endeffekt persönlichen Schutzmaßnahmen, Weiterarbeiten kann. Die anderen Behörden müssen ihre Zuständigkeiten im Grunde eigentlich selber wahrnehmen." (Vernehmungsprotokoll Dr. K., GA-Bayreuth). Auch der Vertreter der Berufsgenossenschaft glaubt, im Endeffekt den Grundstein für ein zukünftiges sicheres Arbeiten in der CFM gelegt zu haben. "Was die lüftungstechnischen Anlagen anbelangt, ja. Da hatte ich eigentlich schon, als ich wegging, den Eindruck, daß das einigermaßen erfolgreich läuft. Ich hatte ja vorhin zitiert aus diesem großen Schreiben des BIA, aus diesen Befunden, daß das 1980 eigentlich auf gutem Weg war. Ich glaube auch, daß das in der Folgezeit vieles gebracht hat. [...] Bei der CFM - ich will das nicht abstreiten - handelte es sich dennoch zweifellos um einen Problembetrieb. Aus dem Berufskrankheitengeschehen war jedoch zu keiner Zeit meiner Zuständigkeit eine Schließung des Betriebes abzuleiten. Die Schließung des Betriebes erfolgte aus Gründen des Verstoßes gegen Umweltbestimmungen." (Vernehmungsprotokoll Herr F., BG-N) Gestützt werden diese Einschätzungen dadurch, daß im Fallverlauf immer wieder Verbesserungen der katastrophalen Ausgangslage im Arbeits- und Gesundheitsschutz erzielt wurden. Auch dokumentierte die Geschäftsleitung stets ihren generellen Sanierungswillen und ihre Bereitschaft, den Auflagen der Aufsichtsbehörden gerecht zu werden. Zudem wurde die Komplexität der Problemlage, deren Bearbeitung neben finanziellen Aufwendungen auch technisches Know-how und Bewußtseinsbildungsprozesse einschloß, in Rechnung gestellt. So prägen die "etwas schwerfällige" (ebenda) Reaktionsweise des Be 80

85 triebes, "der auch hinsichtlich seiner technischen Intelligenz [...] nicht so war, wie man das bei anderen Betrieben teilweise gewöhnt ist" (ebenda), und der laxe Umgang von Belegschaft und Unternehmensleitung mit Gefährdungspotentialen die Problemwahrnehmung durch die Aufsichtsbehörden. Insbesondere Berufsgenossenschaft und Gewerbeaufsichtsamt erleben durch ihren intensiven Kontakt zur CFM die Detailprobleme bei der Beschaffung und Inbetriebnahme sicherheitstechnischer Ausrüstungen und Anlagen. Zeitliche Verzögerungen, Pannen und Rückschläge erscheinen als sachlich begründete Zwänge, die akzeptiert und toleriert werden. Die eigene, auf sukzessive Verbesserungen setzende Handlungsweise wird nicht zuletzt darüber legitimiert, daß auch für die Beschäftigten der Arbeitsplatzerhalt vordringlich war. "Wir waren schon bestrebt, nach Möglichkeit den Betrieb zu erhalten. Es ist nicht eine Arbeitgebersache, es war eine Arbeitnehmersache. Ich kann Ihnen sagen, daß ich mich [.. daß wir uns sogar mal außerhalb des Betriebes nur mit den Arbeitnehmervertretern getroffen haben, ohne den Unternehmer, daß dabei alles diskutiert worden ist und daß wir gebeten worden sind, zwar präventiv alles zu machen, aber auch händeringend gebeten worden sind: Seht doch zu, daß der Betrieb erhalten bleibt." (Vernehmungsprotokoll Herr F., BG-N) Ähnlich zwiespältig erfährt auch der 1981 in den Fallverlauf einbezogene Gewerbearzt Dr. B. die Haltung der Beschäftigten. Er ist zunächst entsetzt über den Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Firma und schätzt ein, "daß sich für Sauberkeitsfragen weder die Beschäftigten noch die Betriebsleitung besonders zuständig fühlten" (Vernehmungsprotokoll Dr. B., Gewerbearzt). "Der Betriebsratsvorsitzende sagt: 'Das ist Angelegenheit des Unternehmens!', und das Unternehmen sagt: 'Ihr müßt saubermachen.' - Also das ist in der Situation, in der sich die Firma damals befand, einfach für mich nicht nachvollziehbar gewesen." (ebenda) Arbeitshygienische Maßnahmen und die Grundreinigung der Betriebsräume sieht er als Hauptprobleme und vordringliche Aufgaben an. In interne Streitereien verstrickt hätten weder Betriebsleitung noch die Beschäftigten begriffen, worum es eigentlich ging. Die Betriebsärztin (seit 1981) Dr. S. bemängelt zwar gleichermaßen den zum Teil schlampigen Umgang der Belegschaft mit Arbeitsschutzvorschriften, bewertet diese Haltung auf dem Hintergrund der prekären Gesamtsituation aber differenzierter. Sie hält die Beschäftigten grundsätzlich für sensibilisiert, was sich in der Bereitschaft ausdrücke, auch häufige Untersuchungen in Kauf zu 81

86 nehmen. Im Prinzip sei das Verständnis für die hygienischen Maßnahmen vorhanden gewesen. Schwierigkeiten tauchten eher in Detailfragen auf. "Das ist sicher schwer gewesen zum Teil, weil es eben so fürchterlich veraltete Räumlichkeiten waren. [...] Von daher erlahmt dann auch manchmal wieder die Bereitschaft, sich so hygienisch zu verhalten." (Vernehmungsprotokoll Dr. S., Betriebsärztin) Als Hauptproblem stellt sich für sie im Fall der CFM allerdings die Risikoabschätzung dar. Eindeutig verwertbare Befunde oder Richtwerte lagen für Quecksilberbelastungen nicht vor. Hochbelastete Arbeitnehmerinnen versuchte sie aus quecksilberintensiven Bereichen herauszunehmen. Das war nach ihren Erfahrungen allerdings über eine Umsetzung an andere Arbeitsplätze in der CFM kaum möglich. Vorgezogene Urlaubszeiten und Krankschreibungen kamen dafür eher in Frage. So dominiert in ihrer Fallwahrnehmung das Gesundheitsproblem des/der einzelnen Beschäftigten, und sie favorisiert neben allgemeinen arbeitshygienischen Verbesserungen vor allem persönliche Bewältigungsstrategien zur Gesundheitsvorsorge. Die antizipierten Einflußchancen und Verantwortlichkeiten der Aufsichtsbehörden und amtlichen Stellen fallen stark bereichs- und themenbezogen und insgesamt eher eng aus. Fachliche Beratung, Analyse und Aufklärung über Gefahrenpotentiale und Problemlösungsmöglichkeiten innerhalb des ordnungsrechtlich abgesteckten Handlungsrahmens markieren die Möglichkeiten und Grenzen der Einflußnahme. Die Hauptverantwortung trägt das Unternehmen, der Betreiber der Firma. Unausgeschöpfte Handlungsoptionen werden nicht genannt, im Gegenteil, im Fall der CFM gingen die Aktivitäten über das übliche Maß weit hinaus. Als großes Defizit heben alle Beteiligten die Unsicherheiten und fehlenden Vorgaben bei den MAK- und BAT-Werten hervor. Ein Zusammenhang zwischen der ungünstigen Situation im Arbeits- und Gesundheitsschutz und den letztlich zur Stillegung führenden Problemen des Unternehmens im Umweltbereich wird nicht nur nicht hergestellt, sondern deutlich zurückgewiesen. Lediglich der Vertreter der Berufsgenossenschaft Chemie meint, daß man für die Zukunft "vielleicht eine bessere Bündelung" (Vernehmungsprotokoll Dr. F., BG-N) von Arbeitsschutz mit Umweltschutzdingen "noch zum Teil unternehmen sollte" (ebenda). Von den kommunalen Behörden, Stadtverwaltung und Landratsamt, werden Problem lagen der CFM erst Mitte der achtziger Jahre überhaupt wahrgenommen. Im Mittelpunkt stehen hier die umweltbelastenden Aspekte des Pro 82

87 duktionsbetriebes an einem innerstädtischen Standort. Die betriebsinternen Konfliktpunkte um Arbeits- und Gesundheitsschutz spielen keine Rolle. Als Anbieter gesundheitsgefährdender Arbeitsplätze kommt die CFM nicht in die Kritik. Diese Behörden agieren vor allem im Umfeld des Unternehmens und haben kaum Kenntnis von und Kontakt zu den betriebsbezogenen Vorgängen. Wenn überhaupt, so ist für sie die Unternehmensleitung der einzige Ansprech- und Verhandlungspartner. Als akutes Problem taucht in diesen Zusammenhängen seit Mitte der siebziger Jahre zwar immer wieder die Einleitung der Betriebsabwässer in die Kösseine auf, scheint aber mit der Inbetriebnahme einer unternehmenseigenen Kläranlage und dem Anschluß an das städtische Kanalsystem gelöst. Verwaltungsroutine kennzeichnet das Verhältnis zur CFM, zumal die Firma aus der Zeit ihrer intensiven Bemühungen um die Entwicklung eines Ionenaustauschers zur Abwässerbehandlung einen Vertrauensvorschuß für sich geltend machen kann. Auch die 1984 auftretenden Probleme mit quecksilberverseuchtem Klärschlamm glaubt man durch Nachbesserungen beilegen zu können. Die Standortproblematik und die überdimensionalen Kosten einer grundlegenden Sanierung des Betriebes lassen vor allem Bemühungen um eine finanzielle Entlastung mit Hilfe staatlicher Zuschüsse aussichtsreich erscheinen. Der Balanceakt zwischen Umweltschutzanforderungen und Betriebserhalt wird durch die Rekrutierung externer Mittel aufzufangen versucht. Der in Gang gesetzte Aushandlungsprozeß zwischen Stadtverwaltung und Unternehmensleitung scheitert jedoch, bevor er richtig begonnen hat, durch die Schließung der Firma. Das gesamte Ausmaß der Umweltverstöße wird allerdings erst im nachhinein deutlich, war im Fallverlauf selbst nie Gegenstand von Auseinandersetzungen und stellt sich bis heute als massiver und ungelöster Altlastenfall dar. Die in den Fallverlauf involvierten Behörden nehmen sich selbst als problembewußt und engagiert wahr. Die Sinnhaftigkeit und Legitimität eines hoch arbeitsteiligen Verwaltungs- und Aufsichtssystems mit seinen Zuweisungen von Aufgabenfeldern und Zuständigkeiten erscheint weitgehend akzeptiert und als funktional empfunden. Problematisiert werden diese Grenzziehungen kaum. So glauben die Behördenvertreter insgesamt, ihre Handlungsspielräume ausgeschöpft, ja sogar überschritten und das Bestmögliche getan zu haben. In der Wahrnehmung anderer Akteursgruppen jedoch stellt sich der Fall CFM auch als Behördenversagen dar. Zunächst sind hier die Medien zu nennen, die das jahrelange Wissen vor allem von Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft über die Zustände in der CFM thematisieren und deren einlen 83

88 kendes und zurückhaltendes Verhalten heftig kritisieren. Für sie ermöglichte die Bayerischen Behörden-Schlamperei den Quecksilber-Skandal von Marktredwitz (vgl. Der Spiegel, 48/1988). Auch die Beschäftigten hätten von den Aufsichtsbehörden mehr erwartet, denn Veränderungen von innen sind schwierig, das hätte "von oben kommen müssen" (Interview mit Beschäftigter). Nachhaltigen Eindruck haben auch die häufigen Betriebsbegehungen von Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft bei der Belegschaft nicht hinterlassen. "Wichtige Rolle kann ich überhaupt nicht sagen. Die sind gekommen und haben sich das Zeug angeschaut. [...] Ich habe bloß danach gehört, daß dies und das beanstandet wurde und abgestellt werden muß. [...] Das waren immer Detailaussagen. Durchgerostete Fässer, die müssen umgeschöpft werden, in der Ecke die Quecksilberbäder müssen weggenommen werden und so. Kaum konkrete Unterstützung." (Interview mit Chemiemeister) Lediglich die Aktivitäten der seit 1981 zuständigen Betriebsärztin werden positiv vermerkt. "Hat sich dann etwas mehr engagiert für den Arbeitsschutz. Die hat dann Auflagen gemacht und hat sich mehr darum gekümmert." (ebenda, S. 28) Noch kritischer als die Beschäftigten schätzt der Betriebsrat die Verhaltensweise der Aufsichtsbehörden ein. Die gegenüber den Beamten geäußerten Klagen und Forderungen liefen häufig leer, und es wurde an die Geduld und Mitarbeit des Betriebsrats appelliert. Die Behörden hätten mit ihrer Strategie der schrittweisen und punktuellen Sanierung und der Nachsicht gegenüber Terminüberschreitungen und Mißständen nicht unwesentlich zur Bagatellisierung der Problemlage beigetragen. Die wohl deftigste Kritik formuliert H. B.: "Die Berufsgenossenschaft, das sind Verbrecher, die haben dafür gesorgt, daß die 'Chemische' so lange existiert hat." Auch die Gewerbeaufsicht habe "immer nur mit Maßnahmen gedroht", aber "gar nix ausgerichtet" (Der Spiegel, 48/1988). Insbesondere die Praxis der Vorankündigung von Begehungen und die oberflächliche Kontrolltätigkeit lassen an dem ernsthaften Bemühen zweifeln, Maßnahmen auch gegen den Widerstand der Unternehmensleitung durchzusetzen. "Das war ein Manko. Und zwar haben die sich immer angemeldet. Regelmäßig wenn die kamen, haben die sich acht Tage zuvor angemeldet. [...] Wir haben dann darauf gedrungen, daß sie sich einmal nicht anmelden, daß sie einmal sehen, wie es ist. Weil wenn sie sich angemeldet hatten, kam einmal in einem gewissen Bereich ein Flatterband, 84

89 das war kein Arbeitsbereich. Da wird im Moment nicht gearbeitet. [.. also wo eine hohe Staubentwicklung war, da wurde zusammengekehrt, rausgewaschen. Da wurde dann erst wieder weitergemacht, als die Herren schon wieder weg waren. Drum haben wir gesagt, sie sollen sich doch mal nicht anmelden. Das ist die ganzen zehn Jahre, während ich drin war, nicht passiert. Wir haben sie auch gefragt, warum sie das so machen. Ja, sie machen das nur, daß sie die zuständigen Herren hier haben. Das war in meinen Augen eine faule Ausrede gewesen." (Interview mit BRV) "Mit den Auflagen war das aus meiner Sicht so. [...] Die Herren kamen. Da gab es eine Checkliste, was bei der letzten Besprechung beanstandet wurde, die wurde durchgegangen. Also da ist ein Gitterrost kaputt gewesen, der Gitterrost ist erneuert. Da ist ein Handlauf kaputt gewesen, erneuert. Da ist ein Holzfußboden gewesen, den hat man raus und einen Gitterrost rein. Das waren die Hauptpunkte. Eineinhalb Stunden waren wir im Betriebsratszimmer gesessen und eine halbe Stunde im Betrieb. Ob das die richtige Option war? Umgekehrt wäre es wahrscheinlich besser gewesen..." (ebenda) Im Rückblick differiert die Einschätzung der Behörden unter den - sonst doch sehr verschiedenen - Betriebsratsvorsitzenden höchstens graduell: Sie haben versagt. "Die hatten das Fachwissen, die hätten schon allein im Interesse der Leute, die da gearbeitet haben, wegen deren gesundheitlicher Gefährdung, eher Abhilfe schaffen müssen. Das ist ja jetzt auch weitergegangen. Die Leute hätte es da zwar getroffen, die hat es aber so ja auch getroffen, aber die Gefährdung der Leute wäre weg gewesen. Gemacht wurde nichts, und es lief halt so." (ebenda) Der zuständige Gewerkschaftssekretär der IG Chemie, Papier, Keramik hätte die Aufsichtsbehörden auch gerne mehr in die Pflicht genommen. Als mangelhaft bezeichnet er die allgemeine Situation, daß die Gewerbeaufsicht nur über aufwendige Kontaktsuche mit der Gewerkschaft direkt verhandelt. Doch selbst dann bemerkt er eine deutliche Differenz zwischen verbalen Zugeständnissen und tatsächlichen Verhaltensweisen. "Uns gegenüber immer höflich und zuvorkommend, im nachhinein jedoch immer wieder Ausnahmegenehmigungen." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Die Unternehmensleitung hat dagegen wenig Probleme mit den Aufsichtsbehörden. Zwar wird am Rande immer einmal wieder darauf hingewiesen, daß die Behörden den komplizierten und komplexen Problemlagen im Arbeits- und Gesundheitsschutz selbst relativ hilflos gegenüberstanden. Insgesamt war die Zusammenarbeit jedoch kooperativ und kaum konfliktorisch. Der Unternehmensstandpunkt und die prekäre Gesamtsituation des total veralteten mittelständi- 85

90 sehen Unternehmens fanden bei Behördenentscheidungen weitgehend Berücksichtigung. Die Grundform des Umgangs miteinander war durch Aushandlungsprozesse bestimmt. Um so unverständlicher erscheint dann der plötzliche Abbruch dieser gewohnten Verhaltensweisen durch Behördenvertreter, die zuvor kaum etwas mit dem Betrieb zu tun hatten, als "neue" Akteure im Umweltschutz auftauchen. Auf ein solches Verwaltungshandeln, ohne vorherige Rücksprachen quasi vollendete Tatsachen zu schaffen, ist die Unternehmensleitung in keiner Weise vorbereitet und fühlt sich auf ein Spielfeld versetzt, auf dem Regeln gelten, die sie nicht nachvollziehen kann und auch nicht akzeptabel findet. "Uns gegenüber immer höflich und zuvorkommend, im nachhinein jedoch immer wieder Ausnahmegenehmigungen." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) 86

91 3.6 Externe Experten Als externe Experten waren im Fallverlauf der CFM vor allem die Wissenschaftler des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin und der Polyklinik für Berufskrankheiten in Erlangen präsent. Für die Bundesrepublik gelten dieses Institut und dessen Leiter Prof. V. - der auch als "Nestor der Arbeitsmedizin" bezeichnet wird - im Zusammenhang mit quecksilberbedingten Belastungen schlechthin als die Experten und waren weitgehend konkurrenzlos. Seit Mitte der siebziger Jahre untersuchten sie Blut- und Urinproben der Beschäftigten der CFM und zeichneten darüber hinaus für eine Reihe von medizinischen Gutachten verantwortlich. Über die Mitarbeit bzw. wissenschaftliche Beratung verschiedenster Gremien (Senatskommission für gefährlicher Arbeitsstoffe, Bundesministerium für Arbeits- und Sozialordnung, Berufsgenossenschaft Chemie, Arbeits- und Sozialgerichte usw.) kam ihnen de facto die Definitionsmacht über Gesundheitsgefährdungen und -Schädigungen durch Quecksilber zu. Ein "Gutachterstreit" läßt sich im Fallverlauf daher nicht ausmachen. Erst als es nach der Schließung der CFM zu Auseinandersetzungen um die Anerkennung von Berufskrankheiten kommt, werden weitere Experten, vorrangig der Münchener Toxikologe Dr. D., in die Gutachtertätigkeit involviert. Obwohl sich nahezu alle beteiligten Akteure, von den Vertretern der Aufsichtsbehörden über die Unternehmensleitung bis hin zu den Beschäftigten selbst, in ihrem Handeln an den Auffassungen von Prof. V. orientiert haben, beschreibt dieser seine Rolle im Fallverlauf der CFM als eher randständig und bescheiden. Prof. V. sieht sich und sein Institut als kompetente Analytiker, die über die Aufarbeitung der hohen Belastungswerte "den Fall doch erst aufgeklärt" (Prof. V. vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß) haben. "Daraufhin ist doch die Betriebsleitung mehr oder weniger mobil geworden und die Betriebsräte, doch mit unseren Zeugnissen, doch nicht mit anderen, doch nicht mit den Beschwerden." (ebenda) Zu weitergehenden Aktivitäten sieht er sich weder verpflichtet noch in der Lage. "Wir können nur die Tatsachen feststellen. Ich habe doch gar keine Funktion. Nennen Sie mir doch die gesetzliche Grundlage, wo ich initiativ werden konnte. (ebenda) Vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß stellt Prof. V. gleichermaßen auf seine eigene und die Kompetenz seines Instituts ab und betont die externe Rolle, die zwar die Erstellung von Expertisen und Gutachten vorsieht, auf die Verwendung und Umsetzung der Ergebnisse jedoch keinen Einfluß nimmt. Für 87

92 ihn sind die CFM und die Quecksilberbelastung der Beschäftigten ein wissenschaftliches und kein politisches Problem. Der Einwurf, er sei "Anlaß und Ursache für jeden [gewesen], der hier nichts getan hat, sich auf Prof. V. zu berufen" (ebenda), tangiert ihn wenig: "Da kann ich ja nichts dazu." (ebenda) Er fühlt sich vielmehr in eine unverdiente Buhmann-Rolle hineingedrängt. Gesetzliche Rahmenbedingungen und wissenschaftliche Standards, die für die Ausrichtung seines Handelns leitend waren, sind plötzlich zweitrangig geworden und von sozialen Komponenten überdeckt, für die er sich nicht zuständig fühlt. Dieser Konflikt spitzt sich insbesondere in der Diskussion um die Anerkennung von Berufskrankheiten zu. Kernpunkt der Auseinandersetzung, die bisher immer noch nicht abgeschlossen ist, ist die Tatsache, daß trotz der jahrelang nachgewiesenen erheblichen Grenzwertüberschreitung von Quecksilber im Blut und Urin der CFM-Beschäftigten ihre heute zutage tretenden gesundheitlichen Beschwerden von Prof. V. und seinen Institutskollegen nicht als Spätfolgen, als berufsbedingte Erkrankungen attestiert werden. Allein aus subjektiven Krankheitsbildern und hohen Belastungssituationen läßt sich ihrer Meinung nach kein hundertprozentiger Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ableiten, der für die Anerkennung einer Berufskrankheit nötig ist. Nur objektiv nachweisbare, d. h. meßbare Ausfälle von Nieren- und Leberfunktionen würden diesen Kriterien genügen. Seinen Standort beschreibt Prof. V. als rein wissenschaftlich - weder "Gefälligkeitsgutachten" würden erstellt, noch seien "soziale Aspekte" bei den Gutachten maßgeblich. Gegenüber anderslautenden wissenschaftlichen Expertisen, wie zum Beispiel den Ausführungen von Dr. D., der den ehemaligen Beschäftigten der CFM eine Erwerbsminderung von 100 % bescheinigt, ist Prof. V. eher skeptisch und verweist auf mangelnde Sachkompetenz. Die Fronten scheinen sich hier mehr verhärtet zu haben, als daß sich ein produktiver wissenschaftlicher Diskurs entwickelt. Die immer wieder auftauchende Frage nach einer Beweislastumkehr bei der Zuerkennung berufsbedingter Erkrankungen nach dem Muster skandinavischer Länder beantwortet Prof. V. mit einem Verweis auf die politisch Verantwortlichen. "Wir sind aber gehalten von den Politikern, gleich welcher Couleur, die Wahrscheinlichkeit zweifelsfrei nachzuweisen." (ebenda) Einen Interessenkonflikt für seine eigene Arbeit verbindet er mit dieser Situation jedoch nicht. 88

93 Ursprünglich weitergehende Hoffnungen und Erwartungen verbanden andere Akteursgruppen - vor allem die Belegschaft und der Betriebsrat der CFM - mit der Einbeziehung von Prof. V. und dem Erlanger Institut in den Fallverlauf. Im nachhinein schätzen sie die Rolle dieser externen Expertisen sehr kritisch und zumeist negativ ein. "Der Betriebsrat hatte sich damals von Herrn Prof. V. sehr viel erhofft, wurde aber bitter enttäuscht. Denn es mußte schon irgendwie grotesk anmuten, wenn Herr V. bei der Betriebsbegehung mit Quecksilber, mit metallischem Quecksilber, spielte und meinte, es wäre doch gelacht, wenn man die Firma nicht sanieren könne... Das stärkste Stück aber hat sich Herr V. erlaubt, als er auf die Frage, [...] wie man das große Problem der Abfallbeseitigung angehen wollte, da antwortete Herr V. [...], da suchen Sie sich im freien Gelände, also im Hof, einen großen Platz und tragen dort sämtliche Quecksilberabfälle zusammen [...] und lassen diese dann in freier Natur verdampfen." (BRV vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß) Auch die immer wieder von Prof. V. vertretene Auffassung, kurzfristige Quecksilberbelastungen würden nichts ausmachen, vom Körper wieder abgebaut und zu keinen Spätfolgen führen, trug maßgeblich zur Bagatellisierung des Gefahrenpotentials - nicht zuletzt bei den Betroffenen selbst - bei (Interviews mit Beschäftigten). Die Unternehmensleitung beklagt vor allem das Fehlen wissenschaftlicher fundierter Richtwerte. "Es ging ja auch darum, daß man keine festen wissenschaftlichen Werte gehabt hat. Man hat ja einfach Werte angenommen. [...] Die Wissenschaftler der einzelnen Institutionen haben ja gesagt, das sind keine wissenschaftlichen Werte, die werden irgendwann kommen. Wie die dann sein werden, das werden wir sehen, wir arbeiten noch daran. Das ist die Unsicherheit." (Interview mit Vorstand 0. T.). Die Konzentration der Beteiligten auf die unhinterfragte Sachkompetenz des Erlanger Instituts bemängeln insbesondere die Vertreter der Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik. Für sie hat Prof. V. im Fallverlauf eine eher unglückliche Rolle gespielt, sowohl was die Verharmlosung der Quecksilberbelastungen und die Anhebung des BAT-Wertes anbetraf als auch im Zusammenhang mit der Anerkennung von Berufskrankheiten von ehemaligen Beschäftigten. G. A. vom Hauptvorstand der IG Chemie, Papier, Keramik führt von dem Bayerischen Untersuchungsausschuß aus, daß an der Verdopplung der im biologischen Material einzuhaltenden Grenzwerte für Quecksilber (nach den berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen G9) maßgeblich Prof. V. mit seinen Empfehlungen von 1981 beteiligt war. 89

94 "Hier hat es dann, maßgeblich durch Herrn Prof. V., einen Vorschlag gegeben, für metallisches Quecksilber, anorganisches Quecksilber und organische Nichtalkyl-Quecksilberverbindungen bis 200 Mikrogramm pro Liter Urin zu gehen. Das heißt, der Wert wurde auf seinen Vorschlag hin verdoppelt. [...] Es war eigentlich nicht erkennbar, warum dieser Wert erhöht wurde. Wenn man nun hinguckt, dann hat dies wohl den größten Grund darin gehabt, daß man eben für die CFM Situationen schaffen wollte, daß man nicht ständig über einem Grenzwert liegt. Diese Empfehlung ist von Herrn Prof. V. trotz der bekannten Erkrankungsfälle und Quecksilberintoxikationen an die Berufsgenossenschaften weitergegeben worden, die für die Erstellung dieser Grundsätze federführend zuständig war. [...] Ich darf dazu sagen, daß zur selben Zeit auch Empfehlungen der Europäischen Gemeinschaft da waren, die weitaus niedriger lagen, nämlich bei 10 Mikrogramm Quecksilber pro 100 Milliliter Blut von einer sicheren Grenze sprachen, die nicht überschritten werden sollte." (A., IG Chemie, vor dem Bayerischen Untersuchungsausschuß) Als Kenner berufsgenossenschaftlicher Ausschüsse weiß A., wie bedeutsam dort die Empfehlungen von Kapazitäten - als die Prof. V. uneingeschränkt galt - sind. Er glaubt auch, daß "[w]enn man frühzeitiger und offener die Anerkennung solcher Fälle diskutiert hätte, [...] es tatsächlich einen wesentlichen Druck auf die präventiven technischen, hygienischen und arbeitsorganisatorischen Maßnahmen im Betrieb von seiten des Arbeitsschutzes gegeben [hätte]. Dies hätte sicherlich zu einer Reduzierung der Belastung bei den Arbeitnehmern in Marktredwitz geführt." (ebenda) Auch der für die CFM zuständige Gewerkschaftssekretär P. hat Prof. V. im Fallverlauf vor allem als negativen Einflußfaktor erlebt. "Hauptpunkt war, daß V. die Gefährlichkeit des Quecksilbers immer wieder herunterspielte. Eine Ausarbeitung war Spitze. Wo er bei der Kontamination mit Quecksilber den Beschäftigten Unsauberkeit unterstellt." (Interview mit Gewerkschaftssekretär) Für ihn stellt sich die Definitionsmacht des Erlanger Instituts - auch in bezug auf die Anerkennung von Berufskrankheiten - als nahezu uneingeschränkt dar. "Der V. war der Quecksilberpapst zur damaligen Zeit, und über V. ging nichts hinaus. Und wenn Sie die Vorgänge kennen - derjenige, der im staatlichen Dienst auf medizinischer Seite weiterkommen will, darf gegen den Papst nicht angehen. Es gab Schwierigkeiten, jemanden zu finden, der Gegengutachten verfaßt. Dr. D. in München war der einzige. Im Gutachterstreit um die Anerkennung von Berufskrankheiten hat sich V. durchgesetzt. [...] Nach der Schließung wurden alle ehemaligen Beschäftigten in Selb untersucht. Die hatten schon ein Schuldgefühl, die Berufsgenossenschaft. Nur als sie wieder V. seine Gutachten bekamen, saßen sie wieder auf dem hohen Roß." (ebenda) 90

95 3.7 Presse/Medien Vor der Schließung der CFM waren Presse und Medien lediglich lokal begrenzt und eher sporadisch mit dem Chemiebetrieb befaßt. Die dominierende betriebsinterne Debatte um die Gesundheitsgefährdungen der Beschäftigten und die prekäre Situation im Arbeitsschutz spielten dabei jedoch keine Rolle, kamen in der Berichterstattung nicht vor. Vorherrschende Themen waren einerseits Umweltbelastungen durch Abwässer der CFM und andererseits die Halbierung des Produktionspersonals Ende Eine erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit ist insgesamt erst im Laufe des Jahres 1984 zu beobachten. Zwischen der Stadt Marktredwitz und der CFM kristallisiert sich eine neue Problemlage heraus, in der es um die permanente Überschreitung der zulässigen Quecksilberwerte im Klärschlamm geht. Verschiedene Lösungsansätze werden diskutiert, die jedoch zu keinen Resultaten führen und letztlich in Produktionsreduzierungen der CFM und einen Beschäftigtenabbau münden. In den vorangegangenen Jahren scheint das öffentliche Interesse an den Umweltproblemen der CFM eher verhalten gewesen zu sein. Das Verzehrverbot für Fische aus der Kösseine wurde kaum explizit mit der Abwässereinleitung aus der CFM in Verbindung gebracht. Als Ende 1982 in den Eiern an der Kösseine pickender Hühner ein alarmierend hoher Gehalt von Quecksilber festgestellt wird, kommt die CFM zwar kurzzeitig in Kritik, der Grundton ist jedoch "Übertreibung" und "Panikmache". Der Betriebsleiter der CFM versichert, daß das Unternehmen "seit Jahren die Auflagen der Aufsichtsbehörden erfülle" (Frankenpost vom ), der Bürgermeister stellt heraus, daß "die Menge des im Abwasser trotz aufwendigster Anlagen zurückbleibenden Quecksilbers [...] so niedrig [ist], daß sie erst im Jahr 1973 durch ein aufwendiges Verfahren überhaupt gemessen werden konnte" (ebenda), und der technische Leiter der CFM, Dr. R. T., nimmt zwei Tage später zu den Vorwürfen gegen die CFM im Marktredwitzer Tageblatt Stellung. Breit präsentiert er das mehrstufige System zur Abwasserreinigung der CFM, "mit dem Werte erreicht würden, die selbst unter den für Trinkwasser zugelassenen Größenordnungen im Quecksilberbereich bleiben" (ebenda) und verweist auf das stete Bemühen der CFM - trotz enormer finanzieller Aufwendungen und technischer Schwierigkeiten -, den Umweltschutzanforderungen nachzukommen. "Ich selbst weiß, was eine gesunde Natur für uns Menschen bedeutet. Es wäre widersinnig, gegen die Anforderungen des Umweltschutzes zu 91

96 handeln. Wir haben für Schutzmaßnahmen viel Geld ausgegeben und werden dies auch in Zukunft tun. Objektiv gesehen: Es gibt derzeit keine Methode, um die Abwasserreinigung noch besser als bei uns bereits im Betrieb vorhanden zu betreiben." (R. T. in: Marktredwitzer Tageblatt vom ) Richtig prominent und für die Medien interessant wird die CFM erst nach der Schließung und im Zusammenhang mit dem anstehenden Gerichtsverfahren wegen Umweltverstößen der Betreiber. Überregionale Tages- und Wochenzeitungen greifen den Fall auf. Die öffentliche Debatte gewinnt eine Eigendynamik, in der sie immer weitere Kreise zieht, die verschiedendsten Aspekte überhaupt erstmals angesprochen werden und der Bayerische Landtag im Oktober vier Jahre nach der Schließung der Chemiefabrik - einen Untersuchungsausschuß zur Aufklärung des Behördenverhaltens einsetzt. 92

97 3.8 Bevölkerung Für die Bevölkerung von Marktredwitz war die CFM seit 200 Jahren ein gewohnter Anblick. Wie selbstverständlich gehörte sie zum Stadtbild und wurde auch im Zuge gewachsener Sensibilitäten im Umweltschutz kaum als Gefahrenpotential für die Anwohner wahrgenommen. Die CFM stand zwar im Ruf, eine "Giftküche" zu sein, und die Belegschaft konnte mit ihren Beschäftigungsverhältnissen in der "Chemiebude" kaum Eindruck schinden, für die tatsächlichen Vorgänge in der Firma interessierte sich jedoch niemand. In den Bürgerversammlungen - so Oberbürgermeister A. v. L. - sind Probleme mit der CFM nie ein Thema gewesen. Auch nach der Stillegung und sukzessiven Aufdeckung des Umweltskandals scheint die Verdrängung der persönlichen Betroffenheit zu dominieren. Die nach der Schließung entstandene örtliche Bürgerinitiative, die sich um die Aufarbeitung der Belastungen bemüht, besteht aus ca. zehn Mitgliedern und gilt der Mehrzahl der Marktredwitzer als "Nestbeschmutzer" (vgl. AZ-Reportagen vom ). Nahezu ungebrochen setzen sich Bagatellisierungsstrategien fort und durch. Jahrelang in Kauf genommene - und nicht reflektierte - Belastungen und die Alibi-Rentner rund um das Fabrikgelände gelten als Garant, daß ja alles nicht "so schlimm" sein kann. In der Tat sehen die Marktredwitzer kaum wirkliche Alternativen für die Verbesserung ihrer Situation. Entlastend wirkt da die Beteuerung des Oberbürgermeisters A. v. L. und des Bayerischen Innenministeriums, für die Bevölkerung sei eine Gefährdung nicht zu befürchten (vgl. ebenda). 93

98 94

99 4. Koalitionen innerhalb und zwischen Akteursgruppen ln den Fallverlauf ist eine Vielzahl inner- und außerbetrieblicher Akteursgruppen involviert. Koalitionen und stabile Interessenbündnisse bilden sich jedoch nur partiell und temporär heraus, folgen im wesentlichen den traditionellen Mustern industrieller Beziehungen. Außerbetrieblicher Bündnispartner von Betriebsrat und Beschäftigten ist die Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik. Die Unternehmensleitung bezieht sich in ihren Handlungsoptionen vor allem auf die regionalen Aufsichtsund Genehmigungsbehörden. Meinungsbildungsprozesse finden dominant in eher engen Zirkeln statt, in denen sich Interessennähe weniger durch direkte Absprachen, sondern vielmehr durch ein historisch gewachsenes gemeinsames Grundverständnis herstellt. Zielpunkt ist der Erhalt des Unternehmens als wichtiger Arbeitgeber in der krisenbehafteten Region Oberfranken. Gegenstand von Aushandlungen sind dann Detailfragen auf einer generellen Konsensbasis. So werden von den Aufsichtsbehörden Verstöße gegen arbeits- und umweltschutzrechtliche Normative teilweise ignoriert, Verzögerungen bei der Realisierung behördlicher Auflagen toleriert und Kontrollen eher lax gehandhabt. Gleichzeitig zeigt sich die Unternehmensleitung nicht eigentlich unwillig, verweist jedoch auf die insgesamt schlechte Ausgangslage, den enormen Kostenaufwand und technische Schwierigkeiten. Verzögerung, Abwehr und stillschweigendes Unterlaufen erfolgen dabei nicht über explizite Koalitionen, sondern resultieren aus dem alltäglichen Routinehandeln der Akteursgruppen. Koalitionen innerhalb und zwischen den Akteursgruppen manifestieren sich so kaum über aktive Politiken, ergeben sich quasi aus den vorfindlichen arbeitsteiligen Strukturen mit ihren impliziten Rollenzuweisungen. Wie problematisch sich das Aufbrechen dieser Muster darstellt, zeigt sich in der Hauptphase des Fallverlaufs. Der Betriebsrat wird mit Unterstützung der Industriegewerkschaft aktiv und versucht einen direkten Kontakt zu den Aufsichtsbehörden - an der Betriebsleitung vorbei - herzustellen. Ergebnis sind eine verbesserte Informationsweitergabe und ein erhöhter Druck auf die Unternehmensleitung und den Betriebsrat, innerbetrieblich verhärtete Fronten abzubauen. Der interne Konflikt wird soweit "befriedet", daß die Regulierung der betrieblichen Problemlagen in den traditionellen Formen möglich bleibt. Außerbetriebliche Ansprechgruppen tauchen im Fallverlauf lediglich indirekt auf, vermittelt über Gesetzesänderungen und einen allgemein verstärkten Druck von sei- 95

100 ten der Behörden. Die Problemregulierung bleibt damit im System der traditionellen Akteursgruppen verankert. Die Intensität von Kooperationsbeziehungen und Diskussionen zwischen den einzelnen Akteursgruppen variiert im Fallverlauf themen- und phasenspezifisch. So existiert von 1979 bis 1982 eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat der CFM und der IG Chemie. Grundlage dafür ist das gemeinsame Interesse an der Reduzierung gesundheitlicher Belastungen bei gleichzeitiger Option für den Erhalt der Arbeitsplätze. Der Betriebsrat stellt Informationen über die betriebliche Gesamtsituation zur Verfügung, die mit Hilfe der IG Chemie und über deren Kontakte zu externen Experten aufgearbeitet und letztlich zu einem Sanierungskonzept verdichtet werden. Diese Koalition lockert sich jedoch auf, als die Einflußmöglichkeiten von Gewerkschaften und Betriebsrat ausgereizt sind, die Unvereinbarkeit von Arbeitsschutz und Beschäftigungserhalt als gleichberechtigte Zielpunkte eklatant wird. Bedeutung erlangt die Verbindung Betriebsrat - örtliche Gewerkschaftsvertretung noch einmal Mitte der achtziger Jahre, als im Zuge von Personalabbau und Schließung der CFM Sozialpläne ausgehandelt werden. In der Hauptphase des Fallverlaufs ist auch eine intensive Beschäftigung der Aufsichtsbehörden (Berufsgenossenschaft, Gewerbeaufsicht) mit der CFM zu beobachten. Die Auseinandersetzungen mit der Unternehmensleitung reichen von Beratungen, Aushandlungen bis zu Behördendruck über Auflagenschreiben und Sanktionsandrohungen. Der Höhepunkt ist die "große Beratung" 1981, in der man sich auf Eckpunkte zur Sanierung des Unternehmens einigt. Danach flauen die Kontakte merklich ab, die Akteure ziehen sich auf ihr Routinehandeln zurück. Bruchlinien innerhalb von Akteursgruppen lassen sich im Fallverlauf hauptsächlich im Betriebsverbund ausmachen. Kernpunkt der Auseinandersetzung ist die Reichweite eigener Aktivitäten. Konfrontationen des Betriebsrats mit der Unternehmensleitung verbleiben - nicht zuletzt durch den Druck der Belegschaft - auf einer betriebsinternen Ebene. Als Option und Druckpotential wird der Schritt in die Öffentlichkeit zwar immer einmal wieder artikuliert, letztlich jedoch nie vollzogen. Mit der Wahl eines neuen Betriebsratsvorsitzenden 1982, der nicht in der Tradition aktiver und konfrontativer Gegenwehr zur Unternehmensleitung steht, werden der Wandel betrieblicher Handlungskonstellationen und der Übergang in die Resignationsphase auch personell manifestiert. Gruppenbildungen verlaufen hauptsächlich über informelle Beziehungen und Sympathien, die in dem eher kleinen Betrieb jedoch nicht ausreichen, um tatsächlich 96

101 unterschiedliche Politiken und Bearbeitungsmuster aufzubauen und zu verstetigen. Abschließende Dynamik gewinnt der Fallverlauf über umweltbezogene Problemlagen des Unternehmens, die eigentlich nie Thema und Konfliktpunkt waren. Unterschiedliche Interessen von Kommunen und Unternehmen lassen in der Folge die langjährige gegenseitige Akzeptanz brüchig werden. Als Ausweg aus dieser verfahrenen Situation bleibt als einzige Option, Dritte (Land, Bund) in die Pflicht zu nehmen. Das System industrieller Beziehungen bleibt dabei außen vor und tritt erst wieder nach dem Scheitern dieser Bemühungen - bei der Folgenbewältigung - in Aktion. Konkursverfahren und Sozialpläne schließen den Fallverlauf ab, und der gesellschaftliche Konflikt um die CFM als Altlastenfall wird erst zu einem Zeitpunkt relevant, zu dem die betrieblichen Akteursgruppen nicht mehr existent sind und die Regulierungsanforderungen somit auf ganz andere Ebenen und Gruppen verlagert werden. 97

102 98 t

103 5. Betriebliche Sozialbeziehungen Die CFM ist ein in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführtes Familienunternehmen, das Anfang der siebziger Jahre auf eine fast zweihundertjährige erfolgreiche Tradition zurückblicken konnte. Ähnlich traditionell gestalteten sich auch die sozialen Beziehungen innerhalb der Firma. Dominant erscheint der starke persönliche Einfluß der Eigentümer(familien) nicht nur auf wirtschaftliche und produktionstechnische Belange, sondern darüber hinaus auf das Betriebsklima sowie die interne und externe Betriebspolitik. Paternalistische Autoritätsmuster gehören ebenso zur Alltagsroutine wie die historisch gewachsenen und kaum hinterfragten Verhältnisse von Über- und Unterordnung mit ihrer Zuweisung von Rechten und Pflichten, Macht und Einfluß auf die einzelnen Akteure. Die betrieblichen Sozialbeziehungen folgen einem Hegemonialkonzept und basieren im wesentlichen auf dem wechselseitigen Vertrauen und Venwiesensein auf die Fürsorgepflicht des Unternehmers einerseits und die Loyalität und Gefolgschaft der Arbeitnehmer andererseits. Dieser Grundkonsens reproduziert sich vorrangig über eine informelle Normenstruktur im Betriebsverbund. So existiert auf der Ebene des persönlichen Umgangs, der individuellen Problemabklärung, eine lange Tradition. Weit weniger ausgeprägt sind kollektive Aushandlungsprozesse, strukturell abgesicherte und institutionell verankerte Konfliktlösungsansätze. Formale Regulierungsformen spielen nur eine untergeordnete Rolle und werden von den Akteursgruppen weitgehend gemieden. Unterhalb der Differenzierungslinie zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten gibt es auch nur über Einzelpersonen (zum Beispiel Meister) hierarchisch festgeschriebene Abstufungen, wenngleich inoffiziell durchaus Formen vertikaler Arbeitsteilung greifen und praktiziert werden. Kriterien sind hier langjährige Betriebszugehörigkeit und betriebsbezogenes Produktionswissen, aber ebenso informelle Gruppenprozesse, die normative Regulierungsfunktionen übernehmen. Dem Betriebsrat als kollektivem Gremium der Interessenvertretung der Arbeitnehmer kommt in diesen Zusammenhängen nur eine marginale Bedeutung zu. Differierende Interessenlage der betrieblichen Akteursgruppen werden insgesamt kaum thematisiert und reflektiert. In der Tat erscheint selbst der Gruppenbezug problematisch, da Betroffenheitslagen zumeist personifiziert und individuell begriffen und abgeklärt werden. Die Unternehmensleitung steht dem 99

104 Betriebsrat ablehnend gegenüber, und auch die Beschäftigten nehmen mehrheitlich eine uninteressierte und distanzierte Haltung ihm gegenüber ein. Auf dieser gewachsenen Grundstruktur entwickelt sich der Fallverlauf. Der als Institution im Betriebsverbund bislang eher ignorierte Betriebsrat wird mit einem engagierten Betriebsratsvorsitzenden (Personifizierung) zum Auslöser für eine betriebsinterne Diskussion und Auseinandersetzung um die prekäre Arbeits- und Gesundheitsschutzsituation. Themenspezifisch geraten damit auch die betrieblichen Sozialbeziehungen in Bewegung, ohne jedoch die traditionellen Muster grundsätzlich in Frage zu stellen oder gar aufzubrechen. Das erhebliche Informationsgefälle zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat wird nur sukzessive und partiell abgebaut. Mitwirkungs- und Mitspracherechte müssen von Fall zu Fall und immer wieder erneut über Dritte (Arbeitsgericht, Einigungsstelle) eingeklagt werden. Abwehr und Konfrontation sind die Reaktionsweisen der Geschäftsleitung auf die Beteiligungsbestrebungen von seiten des Betriebsrates, gleichermaßen natürlich auch der Verweis auf die betriebliche Friedenspflicht und die gemeinsame Verantwortung für das Betriebswohl. Für das Selbstverständnis der Unternehmensleitung mit ihrem jahrelang praktizierten und von der Belegschaft akzeptierten Politikstil der personellen Top-down-Entscheidung stellen die Aktivitäten des Betriebsrats im Verbund mit der örtlichen Industriegewerkschaft einen lästigen Zeit- und Kostenfaktor dar. Die Rolle institutionalisierter Interessenvertretung als Gegenspieler der Unternehmensleitung (Eigentümer) stellt einen Bruch in der Betriebspolitik dar. Konsensorientierte Ausgangspositionen werden plötzlich um konfliktorische Potentiale erweitert, denen mit Isolations- und Kanalisations-/Vereinnahmungsstrategien begegnet wird. Die Fronten verfestigen sich relativ schnell, und ein ausgedehnter - sonst eher unüblicher - formaler Schriftverkehr entwickelt sich zwischen den betrieblichen Hauptakteuren. Zuständigkeiten und Kompetenzen werden aufwendig über rechtliche Regelungen diskutiert, ohne jedoch endgültig geklärt zu werden. Ein Stück weit bedeutet dies auch eine Absicherung für die einzelnen Akteursgruppen gegenüber internen und externen Ansprüchen an Handlungsoptionen. Der Betriebsrat selbst bleibt bei allem Engagement zwiespältig, eingesponnen in subtile Mechanismen sozialer Abhängigkeiten und Vorteile einerseits und die Antizipation erheblicher Belastungssituationen andererseits. 100

105 Von der Mehrzahl der Beschäftigten ist zudem kaum aktive Rückendekkung, bestenfalls passives Abwarten angesagt. Tatsächlich kooperative Umgangsformen setzen sich nicht durch. Zu ungleich sind die Partner und zu flüchtig und halbherzig die themenspezifisch erzielten Einfluß- und Gestaltungskonzeptionen. Kompiexitätsreduzierung und die Bearbeitung von Detailfragen binden einen Großteil der zur Verfügung stehenden, ohnehin geringen Kapazitäten. Bilaterale Regelungen fallen demnach spärlich aus und erschöpfen sich in den nach mehrfachen Verhandlungsrunden unter Einschaltung Dritter erzielten Absprachen hinsichtlich der Duschzeitenregelung und der Betriebsärztin. Es kommt weder zu Betriebsvereinbarungen noch zur Neuschneidung betrieblicher Entscheidungsprozesse. Unilaterale Managemententscheidungen dominieren bei der Auswahl und Implementation technischer Anlagen, bei arbeitsorganisatorischen Fragen und der Bewertung von Arbeits- und Gesundheitsschutzstandards. Der Betriebsrat verbleibt in einer "Mahner-Rolle, der von der Geschäftsleitung und den Aufsichtsbehörden Lösungsvorschläge und deren Durchsetzung erwartet und gleichzeitig aufgrund fehlender eigener Alternativvorstellungen nur über eine geringe Verhandlungsmächtigkeit verfügt. Handlungsleitend bleibt darüber hinaus im gesamten Fallverlauf die unlösbare Verknüpfung des persönlichen Schicksals der Arbeitnehmer mit dem Betriebserhalt. Verhaltensweisen - wie etwa die Information der Öffentlichkeit oder die Suche von Bündnispartnern außerhalb der traditionellen externen Bezugsgruppen - würden einen grundsätzlichen Bruch mit und die Aufkündigung der betrieblichen Sozialbeziehungen bedeuten und werden höchstens als Drohpotential benutzt. An den Grundmustern der traditionellen Rollenverteilung wird nicht gerüttelt. Dem Betriebsrat - einer eher informellen Gruppe im Betriebsverbund mit institutioneller Anbindung - gelingt es auf diesem Hintergrund zwar, die eigene Sachkompetenz anzureichern, Informationsblockaden ein Stück weit abzubauen und punktuelle Verbesserungen für die Belegschaft zu erreichen, die Regulierungsformen und -felder bleiben allerdings geprägt durch die Dominanz hierarchischer Entscheidungsprozesse. Soziale Kompetenzen, die erweiterte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten generieren könnten, werden jedoch weder eingefordert noch als Defizite wahrgenommen. Schließlich wird die - bislang von allen Beteiligten getragene - betriebliche Sozial Verfassung von einer anderen Seite aus ausgehöhlt. Die wirtschaftliche 101

106 Situation der Firma verschlechtert sich aufgrund ihrer Produktpalette und ihres stark umweltbelastenden Produktionsverfahrens. Die Unsicherheiten wachsen, und das Betriebsklima wird aggressiver. Die Unternehmensleitung setzt auf eine erhöhte Arbeitsintensität und verstärkte Kontrollstrategien, was die Unzufriedenheit der Belegschaft steigert. Relative Arbeitsplatzsicherheit und gute Verdienstmöglichkeiten, die als Kompensation für die eher mittelalterlichen Arbeitsbedingungen angeboten wurden, beginnen fraglich zu werden. Belastungen werden auf die Beschäftigten abgewälzt, ohne daß die Fürsorgepflicht der Eigentümer für sie noch einklagbar wäre. Eine Front gemeinsamer Betroffenheit stellt sich jedoch auch in dieser Situation nicht her. Persönliche Bewäitigungsformen bestimmen das Alltagshandeln, in dem der Betriebsverbund immer weiter abbröckelt und letztlich durch die Schließung der Firma aufgelöst wird. 102

107 6. Zusammenfassung Charakteristisch für den Fallverlauf der CFM, der Ende der achtziger Jahre als "größter Umweltskandal Bayerns" traurige Prominenz erlangte, ist die fast vollständige Abwesenheit von Umweltkonflikten und deren Problematisierung innerhalb und im Umfeld des Unternehmens bis zur Betriebsstillegung Ein wachsender Außendruck über die Verschärfung gesetzlicher Rahmenbedingungen und erhöhter Umweltstandards wird zwar reflektiert und als Belastung wahrgenommen, erlangt für die innerbetrieblichen Konfliktverläufe jedoch keine Bedeutung. Dominantes Thema waren vielmehr die gesundheitlichen Gefährdungen, denen sich die Beschäftigten ausgesetzt sahen. Dieser genuin arbeitspolitische Konflikt beginnt 1974 mit der Problemerkennung und -definition, spitzt sich dann in seiner eigentlichen Bearbeitungsphase (1978 bis 1982) konflikthaft zu und wird von 1982 bis 1985 von den Akteursgruppen befristet stillgelegt, ohne jedoch letztlich ausgehandelt und gelöst zu sein. Vor dem Hintergrund dieses immer gegenwärtigen brisanten Konfliktfeldes werden andere Themen zu Nachrangigkeiten. Gleichzeitig verfügt das Unternehmen selbst nur über äußerst ungünstige strukturelle Bedingungen zur Bearbeitung und Regulierung komplexer betrieblicher Problemlagen. Das betrifft sowohl die überkommene und total veraltete Produkt- und Produktionsstruktur als auch die traditionalistische Arbeitsorganisation und Betriebspolitik mit ihrer starken Orientierung auf eine restriktiv-paternalistische Dominanz der Unternehmensleitung. Die Firma ist seit rund 200 Jahren geprägt durch eine familiengebundene (Eigentümer) Leitungsform und eine wenig professionalisierte Belegschaft. Innerhalb der doppelten Normstruktur zur Regelung von Arbeitsverhältnissen überwiegen die formal kaum festgeschriebenen und einforderbaren, jedoch nicht weniger wirksamen informellen Zuweisungen von Macht und Einfluß, Rechten und Pflichten, die tendenziell von allen Beschäftigten akzeptiert und getragen werden. Persönliche und personifizierte Bewältigungsstrategien, die individuelle Abklärung von Ansprüchen und Zugeständnissen zwischen einzelnen Beschäftigten und dem/den Eigentümer^) bilden das Muster innerbetrieblicher Regulierungsformen. Vorteile und Nachteile dieser Betriebsverfassung werden dabei von den beteiligten Akteuren als themenspezifisch widersprüchlich und ambivalent erlebt, ohne jedoch grundlegend thematisiert oder gar in Frage gestellt zu werden. So stößt bereits die Definition der Gesamtsituation des Unternehmens als soziale Konstruktion betrieblicher Problemlagen auf interne Bearbeitungsgren 103

108 zen und scheint nur über die Einschaltung Dritter möglich. Das innerbetriebliche Dilemma fehlender sozialer Kompetenzen, der gegenseitigen - offenen und latenten - Schuldzuweisung und wachsenden Mißtrauens wird dadurch jedoch bestenfalls vorübergehend befriedet. Interessengegensätze werden eher umthematisiert und kleingearbeitet und letztlich durch den Verweis auf das gemeinsame Ziel des Betriebserhalts überdeckt. Die betrieblichen Hauptakteure im Fallverlauf sehen sich eingebunden in eine spezifische Verknüpfung von Konflikt- und Konsensprozessen, in asymmetrischen Abhängigkeitsverhältnissen und agieren auf der Basis unterschiedlicher Interessen- und Betroffenheitslagen sowie zeitlicher, qualifikatorischer und sozialer Handlungsressourcen. (a) Die Unternehmensleitung Die Geschäftsführer der CFM beschreiben sich selbst als Erben eines technisch und baulich veralteten Familienunternehmens. Sie sehen sich konfrontiert mit der Zumutung, wirtschaftliche Funktionsfähigkeit und Arbeitsplätze bei gleichzeitig wachsenden Anforderungen an Arbeits- und Gesundheitsschutz- sowie Umweltschutzstandards zu realisieren. Der erhöhte Innen- und Außendruck wird dabei recht unterschiedlich beantwortet. Die Aktivitäten staatlicher Behörden im Zusammenhang mit rechtlich fixierten Verordnungen und Richtwerten werden - wenn auch als belastend angesehen - akzeptiert und für legitim gehalten. Bearbeitungsstrategien sind hier intensive Bargaining-Prozesse, in denen die grundsätzliche Bereitschaft zur Realisierung von Forderungen unter Verweis auf die ungünstige Ausgangslage dominiert. Dieses reaktive und verzögerte Vollzugsverhalten entspricht durchaus der generellen Erfahrung der Aufsichtsbehörden mit Industrieunternehmen. Darüber hinaus pflegt die CFM als "Problembetrieb" einen kooperativen und beratungsintensiven Umgang mit den Behördenvertretern. Konsensorientierte Aushandlungsprozesse zur sukzessiven Verbesserung der Gesamtsituation stehen im Vordergrund. Ganz anders reagiert die Unternehmensleitung auf die vom Betriebsrat artikulierten Forderungen und Ansprüche - mit Bagatellisierung und Abwehrstrategien. Gestaltung und Kontrolle der Arbeitsverhältnisse sind in der gewachsenen betrieblichen Sozialverfassung ausschließlich eine Domäne der Geschäftsleitung, deren personell geprägter Top-down-Politikstil im Betriebsverbund weitgehend akzeptiert ist. Eine themenspezifische Verschiebung dieses Grundmu 104

109 sters gilt der Unternehmensleitung als unangemessen und eigentlich nicht verhandlungsfähig, wird eher prinzipiell als aus machtpolitischen Erwägungen heraus abgelehnt. Angemahnt wird vielmehr die Friedenspflicht und Unterstützungsfunktion des Betriebsrats als Bindeglied zwischen Geschäftsleitung und Belegschaft. Eine Rolle spielen dabei die - wissenschaftlich nicht beweisbare - Überdramatisierung der gesundheitsbelastenden Arbeitsbedingungen einerseits und der laxe und fahrlässige Umgang der Beschäftigten mit den Arbeitsschutzbestimmungen andererseits. Insgesamt wird die prekäre Grundsituation des Unternehmens durch die Geschäftsleitung durchaus wahrgenommen und auch immer wieder betont. Strittig dagegen ist das Ausmaß gesundheitlicher Belastungen und Gefährdungen für die Beschäftigten und die Anwohner. Als Bewertungsmaßstab für die Unternehmensleitung (aber auch die Aufsichtsbehörden) gelten wissenschaftlich fundierte und gesetzlich verankerte Richtwerte und Toleranzgrenzen. Schon deren Einhaltung stellt vor dem Hintergrund veralteter baulicher und technologischer Ausstattung und dem drohenden Aus für das lukrative Hauptprodukt (Saatbeize) einen schwierigen Balanceakt dar, der schließlich die Problemlösungskapazitäten des Unternehmens übersteigt. Da komplexe Lösungsansätze (Standortverlagerung, Produktentwicklung) nicht greifen, sieht sich die Geschäftsleitung in wachsendem Maße mit der Zumutung konfrontiert, erhebliche Gewinnanteile in Produktionsstrukturen und einen Standort zu investieren, dem langfristig keine Chancen mehr zugeschrieben werden. Im Fallverlauf wandeln sich sowohl die Zielvorstellungen als auch die Problembearbeitungsformen der Unternehmensleitung. Erscheint zunächst eine Verbesserung der Gesamtsituation über die sukzessive Aufarbeitung und Lösung von Teilaspekten möglich, so dominieren letztlich Schadensbegrenzung und partielle, unspektakuläre Auflösungs- und Neuschneidungstendenzen, flankiert durch persönliche Absicherungsbemühungen die Handlungsoptionen der Geschäftsleiter. Die Bearbeitungsformen und Regulierungsstrategien werden immer kleiner geschnitten (von Aushandlungen mit den Aufsichtsbehörden über Installation von Abluftanlagen und Abwasserreinigungssystemen zu Verhandlungen über Einweghandtücher und Erneuerung von Gitterrosten) und münden schließlich in unübersichtliche und kaum strukturierte Muddling-through-Pro- zesse und Verdunkelungsstrategien (zum Beispiel Abfallbeseitung). Diskussionen und Konflikte löst dieses - in der Resignationsphase angesiedelte - Verhalten nicht mehr aus. Verhandlungen im Zuge der Abwärtsspirale konzentrieren 105

110 sich auf die Folgenbewältigung und den Lastenausgleich für die (noch verbliebene) Belegschaft. (b) Der Betriebsrat Kollektive Konfliktregulierungsprozesse haben im Betriebsverbund der CFM keine Tradition. Das Betriebsratsgremium, das sich vor allem über die Person des Betriebsratsvorsitzenden definiert, wird zu Beginn des Fallverlaufs weitgehend ignoriert - sowohl von der Unternehmensleitung als auch von der Belegschaft. Diese randständige Position wird Mitte der siebziger Jahre themenspezifisch aufgebrochen, als im Zuge der arbeitspolitischen Diskussion und Neuregulierung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsverordnung) in der Bundesrepublik auch die betriebsinternen Bedingungen der CFM kritikwürdig und -fähig erscheinen. Das innerbetriebliche Konfliktfeld um die Situation im Arbeits- und Gesundheitsschutz wird durch einen engagierten und sensibilisierten Betriebsratsvorsitzenden eröffnet, der auf beschleunigte und grundlegende Verbesserungen für die Beschäftigten drängt. Seine schwache interne Verhandlungsposition stärkt er durch Einbeziehung der örtlichen Industriegewerkschaft und direkte Kontakte zu den Aufsichtsbehörden. So gelingen zumindest die Thematisierung der allgemeinen Problemlage und eine vorläufige und partielle Konsensbildung. Mit seiner radikalen Position, notfalls auch eine breitere Öffentlichkeit in die Konfliktregulierung einzuschalten, findet er jedoch weder inner- noch außerhalb des Unternehmens Bündnispartner. Sensibilisierungsprozesse sind jedoch in Gang gesetzt, und als Sanierungsmaßnahmen nicht zu der erwarteten Verbesserung der Gesamtsituation führen, bricht der Konflikt erneut auf, gewinnt an Schärfe und resultiert in relativ verhärteten Fronten zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung. Hauptpunkt der Auseinandersetzungen sind die Quecksilberbelastungswerte im Blut und Urin der Beschäftigten und deren Bewertung. Die Bearbeitungsstrategie des Betriebsrats richtet sich auf Erweiterung der eigenen Kapazitäten durch eine kalkulierbare Einbeziehung externer Experten und die Ausübung von "gemäßigtem" Druck auf die Geschäftsleitung. Handlungsbegrenzend wirken die immer wieder aufscheinende Verpflichtung zur Doppelloyalität und die eigene ambivalente und zwiespältige Erfahrung des Spannungsverhältnisses von Beschäftigungssicherung und gesundheitlichen Gefährdungspotentialen. Umweltschutzziele erlangen bei der fragmentierten, auf Komplexitätsreduzierung angelegten Problemlagendefinition keine Prominenz. Im Gegenteil, umwelt 106

111 schutzbezogene Anforderungen werden eher als sich extern generierende Erschwernismomente erlebt, die den Betriebserhalt bedrohen und die Verhandlungsmasse verringern. Innerbetriebliche Konfliktlinien im Arbeits- und Gesundheitssschutz verknüpfen sich mit Konsensprozessen des stillschweigenden Einverständnisses bei der Unterlaufung umweltbezogener Anforderungen und Regelungen. Insgesamt verbleibt der Betriebsrat in einer - mit unterschiedlicher Intensität betriebenen - Mahner-Rolle, eingebunden in subtile Abhängigkeitsverhältnisse und verpflichtet auf einen konsensorientierten Betriebsverbund, in dem beteiligungsorientierten und konfliktorischen Problembearbeitungsprozessen relativ enge Grenzen gesetzt sind. Das manifestiert sich nicht zuletzt in der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden in der Resignationsphase, der mit seiner indifferenten, betriebsloyalen und auf persönliche Bewältigungsstrategien setzenden Grundhaltung die weitgehend akzeptierte Betriebsverfassung repräsentiert. Die durchaus zu konstatierenden erhöhten Sensibilitäten und Sachkompetenzen im Betriebsrat führen nicht gleichermaßen auch zu erweiterten Bearbeitungskapazitäten und einer themenspezifischen Verschiebung von Partizipations- und Einflußchancen auf Entscheidungen. (c) Die Beschäftigten Die gewerblich Beschäftigten der CFM sind in der Mehrzahl un- und angelernte Arbeitnehmerinnen, die sich in langjährig Beschäftigte einerseits und einen schnell wechselnden Anteil nur kurzzeitig in der CFM Tätiger andererseits unterscheiden lassen. Gemeinsam ist ihnen eine relativ passive Haltung gegenüber den betrieblichen Konflikten um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Alltagsroutine ist für sie der tägliche Umgang mit belastenden und belästigenden Umfeldbedingungen in einer veralteten Chemiefabrik, der durch ein vergleichsweise hohes Verdienstniveau und familiäres Betriebsklima kompensiert wird. In der Einschätzung des tatsächlichen Gefährdungspotentials neigt man eher der abwiegelnden und beruhigenden Haltung der Geschäftsleitung zu, die ja auch selbst mal mitanpackt und sich auch ansonsten als sozial verantwortlich für ihre Belegschaft versteht und verhält. Gesundheit ist zwar ein hohes persönliches Gut, gleichzeitig jedoch auch eine zutiefst individuelle Angelegenheit und schicksalhafte Fügung. Die Aktivitäten des Betriebsrats zur Verbesserung im Arbeits- und Gesundheitsschutz stoßen dabei sowohl auf passive Befürwortung als auch skeptische Wertung bis hin zu offener Ableh 107

112 nung, wenn der Arbeitsplatzerhalt gefährdet erscheint. Als aussichtsreichste und oft einzig mögliche/realistische Bewältigungsstrategie gilt der Mehrzahl der Beschäftigten eine persönliche Problembe- und -Verarbeitung, die auf die wechselseitige Loyalität zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft setzt. Insgesamt dominiert ein funktionalistischer Blick, der das eigene Arbeitsverhältnis in der CFM als finanzielle Existenzsicherung begreift, ungünstige Arbeitsbedingungen als Sachzwänge akzeptiert und eine strikte Trennung zwischen Arbeit und Freizeit lebt. Verantwortlichkeiten, die über die zugewiesene Aufgabenerfüllung am eigenen Arbeitsplatz hinausgehen, folgen den restriktiven Autoritätsmustern und werden konsequent der Unternehmensleitung zugeordnet. (d) Die Gewerkschaft Die Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik ist relativ stark in den Fallverlauf der CFM involviert. Sie stützt und flankiert die Betriebsratsposition und gewährleistet damit die institutionelle Absicherung und Verankerung arbeitspolitischer Regulierungsformen im Betriebsverbund. Hauptziel ist die Verbesserung der betrieblichen Bedingungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz bei gleichzeitiger Arbeitsplatzsicherung, aber auch die Etablierung stärker kooperativer Formen der Betriebspolitik. Das erweist sich als ein zäher und langwieriger Prozeß, in dem konflikt(auf)lösende Verfahren erhebliche Kapazitäten binden und immer wieder durch informelle Koordinierungsformen in Frage gestellt und unterlaufen werden. Als Grenzlinie gilt auch der Gewerkschaft die Aufkündigung der Sozialpartnerschaft und Aktivitäten, die unter den Bedingungen hoher Ungewißheiten und eigendynamischer Entwicklungen zur Betriebsschließung führen könnten. Auch die Gewerkschaft favorisiert die schrittweise Problembearbeitung über Teilaspekte. Eine komplexere Sicht auf die Gesamtsituation, die neben Arbeits- und Gesundheitsschutzproblemen auch die unternehmensbezogenen Umweltbelastungen in den Blick nimmt, wird zwar von einem Vertreter der Hauptverwaltung in die Diskussion gebracht, bleibt aber letztlich folgenlos, da unter der Prämisse des Betriebserhalts und in Konfrontation zur Unternehmensleitung nicht bearbeitbar. Angesagt ist eine Politik der kleinen Schritte, die auf den traditionellen, institutionell und rechtlich abgesicherten Regelungsformen arbeitspolitischer Themenfelder im System industrieller Beziehungen basiert und durch unkonventionelle Verhandlungsforen ("große Diskussionsrunde") ergänzt wird. 108

113 7. Thesen 1. Im Fallverlauf ist bei allen Akteursgruppen eine selektive und komplexitätsreduzierende Problemwahrnehmung zu konstatieren. Tatsächlich handlungsleitend wirkt weniger die "objektive" Problemlage, sondern vielmehr ihre soziale Konstruktion in Form einer verhandlungsfähigen und ausgehandelten Situationsdefinition. Einflußfaktoren sind dabei sowohl allgemeine Normen und Standards, die sich über gesellschaftliche Wertediskussionen und Institutionalisierungsprozesse generieren und im Zeitverlauf verschieben, als auch gruppenspezifisch reflektierte Betroffenheitslagen, spezielle Belastungen und Problemnähe/-relevanz. Darüber hinaus erscheint Komplexitätsreduzierung durch Fragmentierung und Prioritätensetzung als wesentliche Voraussetzung, um vor dem Hintergrund begrenzter Kapazitäten Problembearbeitungsprozesse überhaupt in Gang zu setzen und zu ermöglichen. Komplexe betriebliche Problemlagen werden kleingearbeitet, aufgesplittet und hierarchisiert, womit gleichzeitig Rang und Stellenwert der Thematisierung und Regulierungserfordernisse zugewiesen werden - was für die einzelnen Akteursgruppen im Konfliktverlauf durchaus Unterschiedliches bedeutet. Innerhalb konkurrierender Ziele und Dringlichkeiten dominieren jeweils die mit den gruppenspezifischen Interessenlagen am direktesten verknüpften und verknüpfbaren Problemfelder, deren Wechsel und Erweiterung an die Konfliktregulierung dieser - zumeist als existentieller empfundenen - Sachverhalte gebunden ist. So werden die unternehmensbezogenen Umweltprobleme (Gefahrstoffe im Hauptprodukt, umweltbelastende Produktionsverfahren, Standortprobleme), die zu einer sukzessiven Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Betriebes und schließlich zu dessen Stillegung führen, erst relativ spät reflektiert und als zusätzlicher, kumulativer und diffuser Außendruck wahrgenommen. 2. Die fallbezogenen Konfliktlinien konzentrieren sich um die seit Mitte der siebziger Jahre geführte Diskussion um Arbeits- und Gesundheitsschutzprobleme, die immer nur befristet stillgelegt, aber nie tatsächlich abgeklärt werden und sich in diesem Themenfeld verstetigen. Die Anfang der achtziger Jahre an Dynamik gewinnende und in eine Verschärfung gesetzlicher Bestimmungen und institutioneller Absicherung mündende gesellschaftliche Umweltschutzdebatte stellt eine unübersichtliche und vergleichsweise un- 109

114 strukturierte Komplexitätserhöhung dar, die nicht mehr sinnvoll integriert und bearbeitet, sondern nur noch ausgelagert und "weggedacht" werden kann. 3. Hochproblematische Bedingungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz legen offenbar eher eine subtile Abwehrstrategie gegen umweltschutzbezogene Anforderungen als ein Aufgreifen dieses - in der Reproduktionssphäre verhandelten - Themenbereichs innerhalb betrieblicher Zusammenhänge nahe; und das um so nachhaltiger, je schwieriger sich traditionelle Aufklärungsund Anerkennungskonflikte in arbeitspolitischen Kernbereichen und betriebsspezifische Kompetenz- und Zuständigkeitskonflikte um die Gestaltung und Kontrolle von Arbeitsverhältnissen gestalten, die doch immerhin noch innerhalb etablierter Regelsysteme und Politikfelder mit kalkulierbaren Bündnispartnern und Gegenspielern angesiedelt sind. Im Spannungsverhältnis zwischen speziellen Belastungen und allgemeinen, zudem kaum internalisierten Normen greift eine Handlungsrationalität, die sich an Machbarkeiten und geübten Verfahrensweisen orientiert. Der Blick auf die sich im wesentlichen in einem ungewohnten Umfeld generierende neue Problemlage, die gleichzeitig in einem entfernten Politikbereich reguliert wird, auf den man kaum Einfluß hat, bleibt verstellt bis negativ. Wahrgenommen werden vor allem die Risikopotentiale - als äußere Begrenzung betriebswirtschaftlicher Handlungskalküle und Gefährdung von Arbeitsplätzen, als Entwicklung, die die prekäre Gesamtsituation des Unternehmens verschärft, die Verhandlungsmasse im Verteilungskonflikt gegen Null tendieren und damit innerbetriebliche Konfliktlinien obsolet werden läßt. Rückzug, Resignation und persönliche Bewältigungsstrategien dominieren. Geschäftsleitung, Betriebsrat und Belegschaft werden zu Partnern in einer passiven Koalition. 4. Der Umweltkonflikt selbst beginnt zu einem Zeitpunkt, an dem betriebspolitisch eigentlich schon alles zu Ende ist, durch das von außen gesetzte Ereignis der Betriebsstillegung. Dabei kommt es zu verbalen Unmutsbekundungen (überzogene Maßnahme, Industriefeindlichkeit), ohne daß sich jedoch massive Gegenwehr regt. So unternimmt die Geschäftsleitung - die bereits ein halbes Jahr vor der offiziellen Schließung die Betriebsstillegung erwogen hat - lediglich einen müden Versuch des Einspruchs gegen die Verfügung vor dem Verwaltungsgericht. Auf der Tagesordnung steht vielmehr die Folgenbearbeitung, separiert in zu regulierende Teilaspekte: Konkursverfahren, Sozialplanaushandlung, Altlastensanierung und Strafrechtsverfahren. 110

115 5. Die Fallgeschichte der CFM ist ein relativ typisches - wenngleich im Resultat drastisches - Beispiel für den Umgang mit unternehmensbezogenen ökologischen Problemlagen bis Mitte der achtziger Jahre. Öffentliche Aufmerksamkeiten für unweltbelastende Aspekte industrieller Produktion sind zwar eingestellt und geschärft, beginnen aber erst sich zu verstetigen, von allgemeinen Werten zu Normen und Standards zu werden, von der Reproduktionssphäre in die ge- und abgeschlossene und nach anderen Logiken aufgebaute Welt innerbetrieblicher Zusammenhänge vorzudringen. Es existiert weder auf Arbeitnehmer- noch auf Arbeitgeberseite ein wenigstens ansatzweise verfügbares Konflikthandling und internalisiertes Problembewußtsein, sondern entsteht erst auf der Basis ablaufender Trial-and-error-Prozesse. 6. Gleichzeitig verweist der Fallverlauf der CFM - neben der betriebsspezifischen Ausprägung konkreter Risikopotentiale - exemplarisch auf allgemeine Strukturvariablen, auf Grenzlinien und Schwierigkeiten der Bearbeitung unternehmensbezogener ökologischer Problemlagen im System industrieller Beziehungen. (a) Eine Reintegration und/oder Ankopplung von Themenfeldern, die im Zuge der industriellen Entwicklung systematisch aus betrieblichen Zusammenhängen ausgelagert und in die Reproduktionssphäre verwiesen wurden in/an etablierte arbeitspolitische Bezugspunkte, gestaltet sich hochgradig problematisch und ist in konflikthaft verlaufenden Fällen (Negativsummenspiel) so gut wie unmöglich. Zu tief sind die Akteursgruppen industrieller Beziehungen genau mit den Grundmustern und Mechanismen verbunden, deren Veränderung und Ablösung ansteht. Zuordnungen von Opfer- und Täter-Rollen werden fließend und wechselhaft und sind bislang in dem "neuen" Politikfeld Umweltschutz nicht flankiert durch soziale Abfederungsmöglichkeiten, wie sie das System industrieller Beziehungen traditionell zu Verfügung stellt. (b) Es gibt nur wenig Anzeichen dafür, daß betrieblich vordeterminierte asymmetrische Handlungskonstellationen über das Umweltthema aufgebrochen und gewendet werden können. Zielkonflikte und Rollenambivalenzen verknüpft mit Unübersichtlichkeiten und Entscheidungsprozessen unter Bedingungen hoher Ungewißheit bilden den Rahmen, in dem Interessenvertretungen der Beschäftigten Bargaining-power entwickeln und Sanktionsmittel einsetzen wollen und können. Betriebliche Realitäten konterkarieren nur zu häufig die Leerformel von der Widerspruchsfreiheit von Beschäftigungssicherung und Umweltschutz. 111

116 Erweiterte Beteiligungschancen und themenspezifische Rollenumverteilungen (Co-Management) sind noch am ehesten in den Fällen anzutreffen, in denen umweltbezogene Unternehmensstrategien Raum greifen und/oder betriebsinterne vertikale Koalitionsbildungen möglich sind. (c) Wechsel, Verschiebung und Überlagerung der eigenständigen und unterschiedlichen Logiken folgenden Regulierungsebenen Arbeits- und Umweltpolitik sind vor allem mit Problemen verbunden, die aus einer relativ restriktiven Barriere zwischen Unternehmen und Umfeld sowie abgegrenzten Akteurssystemen und Legitimationsmechanismen resultieren. Neue, ungewöhnliche Regulierungsformen entstehen zumeist in Hochzeiten der Konfliktbewältigung und eröffnen eher instabile und flüchtige Policy-Netze. Aufwendige Aushandlungsprozesse zu Verfahrensfragen, der Abgleich differierender Handlungsrationalitäten (professionelle Rationalität versus diffuse Betroffenheitslagen) und die parallel zu realisierende Verknüpfung mit dem traditionellen Regelsystem stoßen schnell an Kapazitätsgrenzen. Die Akteursgruppen industrieiier Beziehungen bewegen sicn in einer schwierigen uoppelstruktur zwischen innerbetrieblichen Differenzierungslinien einerseits und externen Anspruchsgruppen, die auf das Unternehmen als Gesamtheit Druck ausüben, andererseits. Die Hoffnung auf Entlastung durch die Einbeziehung externer Experten und wissenschaftlicher Gutachten erweist sich oft als trügerisch, trägt - wenn auch zur Versachlichung - zumeist wenig zur "Objektivierung" bei und geht häufig am Kern der Auseinandersetzung vorbei. 7. Gleichzeitig läßt sich in anderen Fallbeispielen beobachten, daß sich das System industrieller Beziehungen als durchaus dehnungsfähig, als aufnahmefähig für die Bearbeitung unternehmensbezogener Umweltprobleme erweist. Bei aller Interdependenz und Problematik transformiert die gesellschaftspolitische Umweltschutzdebatte sukzessive und nachhaltig auch die arbeitspolitischen Rahmenbedingungen und löst problem- und konfliktbearbeitungsbezogene Lernprozesse aus: Der "point of no return" ist im Ökologiebereich längst überschritten und konträr zu langfristigen Unternehmenszielen kaum noch denkbar. Gruppenspezifische Sensibilisierungsprozesse bezüglich der eigenen begrenzten Handlungsmöglichkeiten und damit verbundenen Risikopotentiale sind in Gang gekommen - wenn auch mit einer stark situationsabhängigen Verhaltensrelevanz. Gelernt wird auch der Umgang mit Ambivalenzen - Konflikthandling, die Komplexitätsreduzierung 112

117 ökologischer Problemlagen auf bearbeitbare Aspekte und die Nutzung symbolischer und ritualisierter Bewältigungsstrategien. 113

118 114

119 Anhang Übersicht über verwendete Materialien Interviews: - mit einer ehemaligen Beschäftigten in der CFM - mit dem ehemaligen Chemiemeister der CFM - mit dem letzten ehemaligen Betriebsratsvorsitzender der CFM - mit Herrn P., dem ehemaligen Gewerkschaftssekretär der IG Chemie in Marktredwitz - mit Herrn 0. T., einem der beiden ehemaligen Geschäftsführer der CFM Expertengespräch: - mit einem ehemaligen Mitarbeiter einer Fraktion im Bayerischen Landtag - mit einem Journalisten aus der Region Medien: - Presseberichte von überregional: Natur, Spiegel, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, die tageszeitung. - regional: Marktredwitzer Tageblatt, Frankenpost (Hof), Nordbayerischer Kurier (RNT, Bayreuth), Nürnberger Nachrichten, Mittel bayerische Zeitung, Der Neue Tag, Münchner Abendzeitung (AZ, Bayern). Fernsehen: Manuskript der Sendung "Gesucht wird... Gift am Arbeitsplatz" von Gert Mohnheim vom , Uhr ARD.

120 Sonstiges Material: - Die Grünen im Fichtelgebirge: Dokumentation Chemische Fabrik Marktredwitz, Einige Flugblätter der Bl Chemische Marktredwitz - Bilanzen aus Hoppenstedt: Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften - Urteilsschrift der 1. Strafkammer des Landgerichts Hof im Strafverfahren gegen die ehemalige Unternehmensleitung der CFM Firmendokumentationen: Jahre Chemische Fabrik Marktredwitz, Hrsg.: CFM, Goethe im chemischen Laboratorium zu Marktredwitz, Festschrift zum 150 jährigen Bestehen der CFM, Gesamtarchiv der Deutschen Wirtschaft, Verlag Hoppenstedt - Von der Chemischen Fabrik in Marktredwitz, Der Gründer und seine Familie, Dr. Andreas Kossei (ehern. Leiter der Fabrik), aus dem Archiv der CFM Zur Region: Mehrere statistische und wirtschaftliche Daten über das Fichtelgebirge und den Landkreis Wunsiedel, erhalten vom Landratsamt Wunsiedel ohne Quellenangabe, darunter ein Manuskript von D. Dulleck, Syndikus der IHK Oberfranken, "Das Fichtelgebirge als Wirtschaftsraum", 1985 Betriebsratsmaterial: Protokolle und Schriftverkehr (ausgew. Dokumente) ab 1974; darin enthalten: - Schriftwechsel zwischen BR und Geschäftsleitung - Schriftwechsel des BR mit anderen Akteuren - BR Sitzungsprotokolle - Protokolle über Betriebsbegehungen - Schriftwechsel der Geschäftsleitung mit unterschiedlichen Akteuren II

121 Material Bayerischer Landtag: - Sitzungsprotokolle des Untersuchungsausschuß "Chemische Fabrik Marktredwitz" - Schlußbericht des Untersuchungsausschusses "Chemische Fabrik Marktredwitz", Drs. 11/ Plenarprotokoll 11/139 - Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen: Bericht zur Situation der ehemaligen Chemischen Fabrik Marktredwitz AG (CFM) sowie über die Durchführung und Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen, Juni 1987 Zur Grenzwertdiskussion: - Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Material zum Untersuchungsausschuß: "Zur Entstehungsgeschichte und Rechtsverbindlichkeit der maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen (MAK-Werte) und der biologischen Arbeitsstofftoleranzwerte (BAT-Werte)". - R. Schiele, K. H. Schaller, H. Valentin - Institut für Arbeits- und Sozialmedizin Erlangen: Vorschläge für arbeitsmedizinisch tolerierbare Grenzwerte im biologischen Material bei beruflicher Exposition gegenüber Quecksilberdämpfen und anorganischen und organischen Quecksilberverbindungen, Vortrag auf der 18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin e. V., Mai 1978, - H. Müller, H. Schubert, W. Verbeek: Zur Klärung der Abhängigkeit der Hg- Konzentration in Urin und Blut von der Hg-Konzentration in der Luft am Arbeitsplatz, ASP 3/80, S weitere vertrauliche Materialien

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