Faunistisches Screening zum Vorkommen von Brutvogelarten und Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie
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- Jacob Schmitz
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1 Faunistisches Screening zum Vorkommen von Brutvogelarten und Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie für eine möglichen Bebauung im Bereich der Lagerhausstraße (Lorsch) im Auftrag der Entwicklungsgesellschaft Lorsch Kaiser-Wilhelm-Platz Lorsch von Dr. Josef Kreuziger Zwingenberg, 12. Juli 2015
2 Inhaltsverzeichnis 1 Aufgabenstellung Ergebnisse Brutvögel Arten des Anhanges IV Vorläufige naturschutzfachliche Einschätzung Literatur... 7 Dr. Josef Kreuziger, Zwingenberg 2
3 1 Aufgabenstellung Die Stadt Lorsch erwägt gegenwärtig die bisher bewachsene Fläche westlich der Lagerhausstraße zu bebauen (Abbildung 1). Hierfür sollte ein kurzes faunistisches Screening durchgeführt werden, um eine vorläufige Einschätzung zum naturschutzfachlichen Wert dieser Fläche, insbesondere bzgl. artenschutzrechtlicher Belange (Erfordernisse gem. 44 BNatSchG), zu erhalten. Abbildung 1a,b: Lage der ggf. zu bebauenden Fläche (gehölzbestandene Fläche westlich der Lagerhausstraße), links Übersicht, rechts Ausschnittvergrößerung Aufgrund der geringen Flächengröße wurde diese Fläche an zwei Tagen ( und ) je zwei Stunden begangen, um die Brutvögel dieser Fläche inkl. der angrenzenden Umgebung zu erfassen. Darüber hinaus erfolgte eine Potenzialabschätzung zu möglichen Vorkommen von Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie. Da aufgrund der vorhandenen Lebensraumstruktur möglicherweise Vorkommen der Zauneidechse zu erwarten waren, wurde an zwei weiteren Tagen ( und ) nachmittags je eine Stunde die Fläche auf Zauneidechsen kontrolliert. Auch wenn nur wenige Begehungen durchgeführt wurden, ist von einer repräsentativen Erfassung auszugehen. Nur einige Brutvogelarten mit Aktivitätsschwerpunkt im zeitigen Frühjahr (z. B. Gartenbaumläufer, Kleiber) konnten nicht erfasst werden, sind aber aufgrund des Lebensraumpotenzials (zumindest im angrenzenden Umfeld) zu erwarten. Dr. Josef Kreuziger, Zwingenberg 3
4 2 Ergebnisse 2.1 Brutvögel Insgesamt wurden bei den Begehungen im bzw. am Rande des UG 24 Brutvogelarten erfasst. Für fünf weitere Arten sind ebenfalls Brutvorkommen anzunehmen, die aber aufgrund ihres Aktivitätsschwerpunktes im Frühjahr während der beiden Begehungen nicht registriert werden konnten (Tabelle 1). Hierbei handelt es sich zumeist um häufige und ungefährdete Arten. Fünf Arten (Haus- und Feldsperling, Goldammer, Klappergrasmücke und Stieglitz) sind gegenwärtig jedoch auf der Roten Liste Hessen in der Vorwarnliste (Kategorie V) eingestuft (VSW & HGON 2014), die daher auch einen ungünstigen Erhaltungszustand aufweisen (WERNER et al. 2014), der insbesondere bzgl. artenschutzrechtlicher Belange besondere Relevanz zu einer vertiefenden Betrachtung erlangt. Zwei weitere Arten (Girlitz, Türkentaube) sind ungefährdet, besitzen jedoch ebenfalls einen ungünstigen Erhaltungszustand. Im direkten Plangebiet inkl. direkt angrenzender Umgebung kamen 13 Brutvogelarten vor, von denen nur der Girlitz zu den Arten mit ungünstigem Erhaltungszustand zu rechnen ist. Tabelle 1 Brutvogelarten des UG im Jahr 2015 Deutscher Name Wiss. Name Status RL HE EHZ HE Amsel Turdus merula BV - günstig Blaumeise Parus caerulus BV - günstig Buchfink Fringilla coelebs BV - günstig Buntspecht Picus major (x), R - günstig Dorngrasmücke Sylvia communis R - günstig Elster Pica pica R - günstig Feldsperling Passer montanus R? V ungünstig Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla (x), R - günstig Gartengrasmücke Sylvia borin BV - günstig Girlitz Serinus serinus BV - ungünstig Goldammer Emberiza citrinella R V ungünstig Grünfink Carduelis chloris BV - günstig Hausrotschwanz Phoenicurus ochrurus R - günstig Haussperling Passer domesticus R V ungünstig Heckenbraunelle Prunella modularis (x), R - günstig Klappergrasmücke Sylvia curruca R? V ungünstig Dr. Josef Kreuziger, Zwingenberg 4
5 Deutscher Name Wiss. Name Status RL HE EHZ HE Kleiber Sitta europaea (x), R? - günstig Kohlmeise Parus major BV - günstig Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla BV - günstig Nachtigall Luscinia megarhynchos BV - günstig Rabenkrähe Corvus corone R - günstig Ringeltaube Columba palumbus BV - günstig Rotkehlchen Erithacus rubecula BV - günstig Sommergoldhähnchen Regulus ignicapilla R günstig Star Strunus vulgaris R - günstig Stieglitz Carduelis carduelis R? V ungünstig Türkentaube Streptopelia decaocto R - ungünstig Zaunkönig Troglodytes troglodytes BV - günstig Zilpzalp Phylloscopus colybita BV - günstig Abkürzungen: Status: BV = Brutvogel (Revier), (x): möglich, aber nicht nachgewiesen, R: am Rande des Gebiets in der angrenzenden Umgebung vorhanden. RL HE: Rote Liste Hessen (VSW & HGON 2014). EHZ 2014: Erhaltungszustand in Hessen (nach WERNER et al. 2014). 2.2 Arten des Anhanges IV Die Begehungen zur Potenzialabschätzung zum Vorkommen von Arten des Anhanges IV im UG zeigten, dass aufgrund der vorhandenen Lebensraumstruktur nur Vorkommen der Zauneidechse möglich sein können. Alle weiteren Arten kommen hier mit Sicherheit nicht vor. Die speziell durchgeführten Begehungen für die Zauneidechse (warme, sonnige Nachmittage im Juni) belegten jedoch, dass dort keine Zauneidechsen vorkamen. Die ist vermutlich dadurch bedingt, dass der bisherige Bewuchs (der jetzt durch die beginnenden Erschließungsarbeiten jedoch etwas gelichtet wurde) so dicht war, dass zu wenige sonnige Bereiche vorhanden waren und diese Fläche zudem durch die sie umgebende Bebauung stark isoliert ist. Dr. Josef Kreuziger, Zwingenberg 5
6 3 Vorläufige naturschutzfachliche Einschätzung Die hier vorgelegte naturschutzfachliche Einschätzung mit besonderem Blick auf artenschutzrechtliche Belange dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit als repräsentativ einzustufen sein, auch wenn nur wenige Begehungen durchgeführt wurden (vgl. SÜDBECK et al. 2005). Trotzdem ist sie daher nur als vorläufig anzusehen. Die Erfassungen haben gezeigt, dass keine Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie zu erwarten sind. Jedoch kommen bis zu 29 Brutvogelarten im erweiterten Umfeld vor, die artenschutzrechtlich zu betrachten sind. Während die Arten mit günstigem Erhaltungszustand gem. hessischen Artenschutzleitfaden (HMUELV 2011) nur bzgl. des Tötungsverbotes (da individuenbezogen) zu betrachten sind, müssen die Arten mit ungünstigem Erhaltungszustand bzgl. aller Verbotstatbestände betrachtet werden. Zusammenfassend und in aller Kürze stellt sich die Situation für die Brutvogelarten folgendermaßen dar: Verbotstatbestand der Tötung im Sinne des 44 (1) Nr. 1 BNatSchG Eine Tötung von Individuen bzw. Zerstörung von Gelegen kann nur im Rahmen der Baumaßnahmen (Rodungsarbeiten) erfolgen. Da Rodungen jedoch alleine schon aufgrund der Erfordernisse des 39 (5) BNatSchG nur im Winter (Oktober bis Februar) und somit außerhalb der Fortpflanzungsperiode der Brutvögel zulässig sind, kann im vorliegenden Fall eine baubedingte Tötung von Brutvögeln von vornherein ausgeschlossen werden. Verbotstatbestand der Störung im Sinne des 44 (1) Nr. 2 BNatSchG Hier sind nur Arten mit ungünstigem Erhaltungszustand vertiefend zu betrachten, weil für alle häufigen Arten mit günstigem Erhaltungszustand im Regelfall davon auszugehen ist, dass der hier relevante Erhaltungszustand der lokalen Population sich im Sinne des 44 (1) Nr. 2 BNatSchG nicht verschlechtert und daher ein Verbotstatbestand auszuschließen ist. Da es sich bei allen nachgewiesenen Brutvogelarten jedoch um keine störungsempfindlichen Arten handelt und sie als typische Brutvogelarten des Siedlungsraumes nur sehr geringe Fluchtdistanzen aufweisen (FLADE 1994), können für alle Brutvogelarten, auch unabhängig von ihrem Erhaltungszustand, erhebliche Störungen und somit dieser artenschutzrechtliche Verbotstatbestand ausgeschlossen werden. Verbotstatbestand der Zerstörung von Fortpflanzungsstätten im Sinne des 44 (1) Nr. 3 BNatSchG Auch hier sind nur Arten mit ungünstigem Erhaltungszustand vertiefend zu betrachten, weil für alle häufigen Arten mit günstigem Erhaltungszustand im Regelfall davon auszugehen ist, dass die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang im Sinne des 44 (5) BNatSchG gewahrt bleibt und daher ein Verbotstatbestand auszuschließen ist. Im direkten Plangebiet wurde nur der Girlitz als Art mit ungünstigem Erhaltungszustand nachgewiesen. Dr. Josef Kreuziger, Zwingenberg 6
7 Da diese Art aber ein Freibrüter ist, der alljährlich ein neues Nest baut und zudem in der näheren Umgebung innerhalb seines Revieres ausreichend weitere geeignete Bäume zur Nestanlage vorhanden sind, kann auch für diese Art eine Zerstörung von Fortpflanzungsstätten ausgeschlossen werden. Fazit Die Betrachtungen haben gezeigt, dass artenschutzrechtlich nur die vorhandenen Brutvögel zu betrachten sind, bei diesen jedoch das Eintreten von Verbotstatbeständen ausgeschlossen werden kann. Einer Bebauung des Plangebietes westlich der Lagerhausstraße steht somit aus Sicht artenschutzrechtlicher Belange nach aktuellem Kenntnisstand nichts entgegen. 4 Literatur FLADE, M. (1994): Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. Eching. HMUELV [HESSISCHES MINISTERIUM FÜR UMWELT, ENERGIE, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ] (2011): Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen (aktualisierte Fassung, 16. Mai 2011). Darmstadt, Kassel, Gießen. SÜDBECK, P., H. ANDRETZKE, S. FISCHER, K. GEDEON, T. SCHIKORE, K. SCHRÖDER & C. SUDFELDT (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell. VSW & HGON (Staatl. Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland & Hess. Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz) (2014): Rote Liste der bestandsgefährdeten Brutvogelarten Hessens 10. Fassung, Stand Mai Frankfurt, Echzell. WERNER, M., G. BAUSCHMANN, M. HORMANN & D. STIEFEL (VSW) (2014): Zum Erhaltungszustand der Brutvogelarten Hessens 2. Fassung, März Frankfurt/ M. Dr. Josef Kreuziger, Zwingenberg 7
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