Mietrecht; gefühltes, richtiges, falsches und mediales Mietrecht. Mietrecht; Betriebskostenabrechnung nach dem In-Prinzip?
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- Jens Lange
- vor 8 Jahren
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1 Newsletter Immobilien-, Miet- und Wohnungseigentumsrecht 3. März 2008 Liebe Leserin, lieber Leser, in unserer heutigen Ausgabe wollen wir uns vor allem zwei aktuellen Entscheidungen aus dem Mietrecht widmen. Übersicht: Mietrecht; gefühltes, richtiges, falsches und mediales Mietrecht Mietrecht; Betriebskostenabrechnung nach dem In-Prinzip? Gebäudeenergieausweis; Wie kommt der Vermieter an die Verbrauchsdaten? Grundstücksrecht; Kann die GbR als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden? Mietrecht; gefühltes, richtiges, falsches und mediales Mietrecht Immer, wenn die Tagesschau eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs - gerade im Mietrecht, das sowieso jeden angeht - als bahnbrechend anpreist, stehen bei uns in der Regel die Telefone nicht mehr still. Vor etwa einer Woche war es wieder so weit. Erinnern Sie sich noch? Die Meldung haben viele übernommen: Abmahnungen im Mietrecht sind unwirksam! Sie sind nichts Wert und bringen dem Vermieter keinen Vorteil. Hätte der BGH dies tatsächlich auch in sein Urteil geschrieben, hätte er mindestens die letzten 50 Jahre Mietrecht beseitigt. Ja, auch so was kann vorkommen - im Wohnungseigentumsrecht können wir ein Lied davon singen. Aber hat er das wirklich?
2 Was ist passiert? BGH, Urteil vom 20. Februar VIII ZR 139/07 Der Kläger ist Mieter. Mit einem als Abmahnung bezeichneten Schreiben teilte die Beklagte, seine Vermieterin, ihm mit, dass sie eine Beschwerde über ihn wegen Ruhestörung erhalten habe. Für den Fall einer erneuten Beschwerde drohte sie ihm die fristlose Kündigung des Mietvertrags an. Der Mieter macht geltend, dass die Abmahnung unberechtigt sei. Er will die Abmahnung durch eine Klage beseitigt wissen. Wenn ihm das Gericht das nicht gewährt, dann will er jedenfalls gerichtlich festgestellt wissen, dass die Vermieterin ihn deswegen nicht abmahnen darf. Die Entscheidung des BGH: Der Mieter verliert. Dem Gericht war egal, ob die von der Vermieterin ausgesprochene Abmahnung unberechtigt war, weil der Mieter tatsächlich keinen übermäßigen Lärm machte. Ein Mieter kann keine Beseitigung und auch keine Unterlassung einer Abmahnung verlangen. Die Wirkungen einer Abmahnung beschränken sich darauf, dem Mieter ein als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen. Wenn die Vertragsverletzung tatsächlich begangen worden ist und weiter andauert und schließlich auch von einigem Gewicht ist, kann der Vermieter unter bestimmten Umständen das Mietverhältnis kündigen. Der Vermieter erlangt durch die Abmahnung selbst aber im Hinblick auf einen späteren Rechtsstreit (wo der Vermieter dann die Störungen konkret nachweisen muss) keinen Beweisvorsprung, wenn der Mieter später einwendet, dass er eben keinen Lärm verursacht hat. Grundsätze aus dem Arbeitsrecht (Beseitigungsanspruch bei einer unberechtigten Abmahnung aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers) sind nicht auf den mietrechtlichen Bereich übertragbar. Also, wie war das jetzt gleich? Hat der BGH jetzt gesagt, dass für den Vermieter die Abmahnung als Hinweis auf nicht vertragsgerechtes Verhalten durch den Mieter und zur Vorbereitung für eine Kündigung ausgedient hat und quasi tot ist? Mit Sicherheit nicht! Nur der Mieter kann sich gegen Abmahnungen grundsätzlich nicht gerichtlich wehren. Er kann schließlich dann, wenn es darauf ankommt (also im Räumungsprozess nach einer Kündigung) einwenden, dass die der Abmahnung zugrunde liegenden Behauptungen des Vermieters nicht zutreffend sind. Das Mietrecht ist jetzt um ein Detail reicher: Der Mieter kann vom Vermieter nicht verlangen, dass er von diesem nicht abgemahnt wird. Tagesschauwürdig ist das alles nicht. Das medial ausgebreitete Mietrecht ist immer häufiger falsch verstandenes Mietrecht. Beim Vermieter bleibt dann das gefühlte Mietrecht: Er überlegt sich zweimal, ob er noch vermieten soll. Jedenfalls dann, wenn er auch Tagesschau-Enten für echtes Mietrecht hält. Mietrecht; Betriebskostenabrechnung nach dem In-Prinzip? Betriebskostenrecht ist so ähnlich wie Steuerrecht. Im Wesentlichen kompliziert. Der Vermieter soll dem Mieter eine Abrechnung präsentieren, die dieser ohne großen Sachverstand oder
3 Anstrengung selbst überprüfen kann. Dabei soll der Vermieter aber noch vielen höchstrichterlichen Entscheidungen nachkommen, um die Abrechnung nicht gleich unwirksam zu machen. Am gleichen Tag wie die obige Abmahn-Entscheidung hat der BGH dem Vermieter jetzt aber auch im Betriebskostenrecht etwas Gutes getan: Bisher ist der überwiegende Teil der Mietjuristen davon ausgegangen, dass der Vermieter nach dem sog. Für-Prinzip (oder Leistungsprinzip) abzurechnen hat. Alle umlegbaren Ausgaben, die FÜR einen bestimmten Zeitraum getätigt worden sind, sind auch dort abzurechnen; gleichgültig war, ob die Rechnung selbst erst später bezahlt worden ist. Es kam lediglich auf den Zeitpunkt oder den Zeitraum der Leistung an, nicht aber auf den Zeitpunkt des Geldabflusses beim Vermieter. In vielen Fällen musste daher abgegrenzt oder eine Rechnung in verschiedene Abrechnungsperioden aufgeteilt werden. Eine andere (einfachere) Methode ist das In-Prinzip. Dort werden einfach alle Ausgaben in die Abrechnung eingestellt, die IN den Abrechnungszeitraum fallen. Es kommt also rein auf das Abflussdatum an. Dies entspricht der Abrechnung im Wohnungseigentumsrecht. Der Verwalter stellt diejenigen Zahlungen in die Abrechnung ein, die tatsächlich im Abrechnungszeitraum erfolgt sind. Ob diese frühere Zeiträume betroffen haben, spielt keine Rolle. Diskussionen entstanden natürlich dann, wenn der Vermieter wie immer die Abrechnung des WEG-Verwalters (In-Prinzip) einfach für die eigene Betriebskostenabrechnung herangezogen hat. BGH, Urteil vom 20. Februar VIII ZR 49/07 Die Mieterin möchte Erstattung von Betriebskostenvorauszahlungen. Die Vermieterin rechnet gegenüber der Mieterin für das Kalenderjahr 2004 diejenigen Kosten als Wasser- und Abwasserkosten ab, die sie im Jahr 2004 an den Wasserversorger gezahlt hat (Abflussprinzip oder In-Prinzip), nämlich die im Jahr 2004 fälligen Vorauszahlungen sowie eine Nachzahlung. Die Mieterin stellt sich auf den Standpunkt, dass die Vermieterin nur die Kosten des im Jahr 2004 tatsächlich verbrauchten Wassers/beseitigten Abwassers abrechnen darf (Leistungsprinzip oder Für-Prinzip). Der Bundesgerichtshof stellt sich auf die Seite der Vermieterin. Sie könne hier nach dem so In- Prinzip (Abflussprinzip) abrechnen. Aus dem Gesetzeswortlaut ließe sich anderes nämlich nicht herleiten. Aber Vorsicht: Ob ein Vermieter immer so abrechnen kann oder im Fall eines Mieterwechsels das Für-Prinzip gelten muss, brauchte das Gericht nicht zu beantworten, weil die Mieterin durchgängig Mieterin war. Gebäudeenergieausweis; Wie kommt der Vermieter an die Verbrauchsdaten? Einen verbrauchsorientierten (und im Vergleich kostengünstigen) Gebäudeenergieausweis kann sich der Vermieter nur beschaffen, wenn er auch die Verbrauchswerte des Objekts kennt. Ist
4 der Vermieter selbst Vertragspartner des Energielieferanten, ist das im Zweifel wenig problematisch. Schwierig wird es allerdings dann, wenn das Objekt zum Beispiel über Gasetagenheizungen verfügt und der Mieter direkt mit dem Versorger abrechnet. In der Vergangenheit haben sich die Versorger aus Datenschutzgründen geweigert, Verbrauchsdaten an die Vermieter zu überlassen. Jetzt scheint sich offenbar unter den Datenschützern die Auffassung durchzusetzen, dass wohl auch ohne Zustimmung des Mieters (dessen aktueller Wohnort möglicherweise dem Vermieter ohnehin nicht mehr bekannt ist) der Versorger jedenfalls dann die anonymisierten Gesamtverbrauchsdaten (nicht die Einzelwerte!) an den Vermieter weiterleiten darf, wenn es sich um eine Anlage mit mindestens drei Wohnungen handelt. Grundstücksrecht; Kann die GbR als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden? Schon lange Zeit ist es her, dass der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, BGB-Gesellschaft) Rechtsfähigkeit zuerkannt worden ist. Sie kann eigene Rechte und Pflichten begründen, sie kann klagen und verklagt werden und es möglich, über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Sie kann auch Eigentümerin von Gegenständen sein. Immer noch umstritten ist aber die Frage, ob sie selbst auch als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen werden kann. Schleswig Holsteinisches OLG, Beschluss vom W 212/07 Das OLG hält die Rechtsfähigkeit der GbR dazu nicht für hinreichend. Es lässt daher wie auch die meisten Oberlandesgerichte nicht zu, dass die GbR allein in das Grundbuch eingetragen wird. Es wäre nur möglich, die Gesellschafter einzutragen und gleichzeitig den Zusatz als Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufzunehmen. Anders als bei sonstigen Personengesellschaften wie OHG oder KG sei aber die Identität einer GbR nicht zuverlässig zu beurteilen (ein Namenswechsel ist schließlich schnell vollzogen). Für die OHG und die KG gibt es ein öffentliches Register für die GbR nicht. Das praktische Problem dabei ist: Das Grundbuch wird unrichtig, wenn ein Gesellschafter ausscheidet oder ein neuer hinzu kommt. Das OLG Stuttgart hat übrigens die bloße Eintragung der GbR als einziges Oberlandesgericht zugelassen. Wir hoffen jetzt alle auf eine BGH-Entscheidung oder auf einen einzigen Satz des Gesetzgebers.
5 Soviel für heute. Ihr Ansprechpartner: Alexander Fuß, Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht --- Kanzlei Fuß Rechtsanwälte Waaghausstraße 5,7, Tuttlingen Telefon / info@anwalt-fuss.de
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