Stellungnahme. des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. ID-Nummer COM (2013) 512 final
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- Rudolf Sternberg
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1 Stellungnahme des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft ID-Nummer zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschal- und Bausteinreisen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates COM (2013) 512 final Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, Berlin Postfach , Berlin Tel.: Fax: Ansprechpartner: Alice Tenschert Jörg Pohlücke Abteilung Haftpflicht-, Kredit-, Transportund Luftfahrtversicherung, Statistik a.tenschert@gdv.de j.pohlücke@gdv.de Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation der privaten Versicherer in Deutschland. Die 468 Mitgliedsunternehmen mit rund Beschäftigten und Auszubildenden bieten durch knapp 459 Millionen Versicherungsverträge umfassenden Risikoschutz und Vorsorge sowohl für die privaten Haushalte wie für Industrie, Gewerbe und öffentliche Einrichtungen. Als Risikoträger und bedeutender Kapitalgeber (Kapitalanlagebestand etwa 1350 Milliarden EUR) haben die privaten Versicherungsunternehmen auch eine herausragende Bedeutung für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung in der deutschen Volkswirtschaft. 51, rue Montoyer B Brüssel Tel.: Fax: Ansprechpartner: Christoph Hartl Europabüro c.hartl@gdv.de
2 Inhaltsübersicht 1. Haftung (Art. 11 und 19 Kommissionsvorschlag) 2. Schadensersatz, Regressansprüche (Art. 12 und 20 Kommissionsvorschlag) 3. Insolvenzschutz (Art. 15 und 16 Kommissionsvorschlag) Zusammenfassung Die deutsche Versicherungswirtschaft begrüßt die Revision der Pauschalreise-Richtlinie. Sie unterstützt die Ziele, den Verbraucherschutz zu stärken und Transparenz und Rechtssicherheit für Reisende und Reiseunternehmer zu erhöhen. Die für die Haftpflichtversicherung bedeutsamen Neuregelungen des Kommissionsvorschlags in Art. 11 werden ganz überwiegend befürwortet. Gleichzeitig sieht die deutsche Versicherungswirtschaft die in Artikel 11 Abs. 5 und in Artikel 19 vorgesehene verschuldensunabhängige Haftung kritisch und regt eine Streichung an. Die für die Kautionsversicherung relevante Erweiterung des Insolvenzschutzes (Art. 15 des Richtlinien-Vorschlags) wird ebenfalls grundsätzlich begrüßt. Einzelne in Artikel 15 gewählte Formulierungen sollten jedoch zur Klarstellung geändert werden. Seite 2 / 6
3 Zu den einzelnen Artikeln des Kommissionsvorschlags 1. Haftung (Art. 11 und 19 Kommissionsvorschlag) Die Haftungsvorschriften in Art. 11 des Kommissionsvorschlags werden ganz überwiegend befürwortet. Gleichzeitig sieht die deutsche Versicherungswirtschaft die Einführung einer verschuldensunabhängigen Haftung kritisch und regt die Streichung der entsprechenden Passagen an: Art. 11 Abs. 5 des Kommissionsvorschlags sollte aus Sicht der deutschen Versicherer gestrichen werden. Begründung: Reiseveranstalter sollten nicht für Schäden durch höhere Gewalt haften. Gemäß Art. 11 Abs. 5 des Kommissionsvorschlags ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Kosten eines verlängerten Aufenthalts des Reisenden für maximal drei Nächte zu übernehmen, wenn eine rechtzeitige Rückbeförderung aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände nicht möglich ist. Unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände sollen gemäß Art. 3 Abs. 11 des Kommissionsvorschlags bei einer Situation vorliegen, die außerhalb der Kontrolle des Reiseunternehmers liegt und deren Folgen sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären. Eine solche Haftung des Reiseveranstalters widerspricht dem Verschuldensprinzip des Schadensersatzrechts. Danach ist der Schuldner nur dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die zum Schaden führende Handlung zu vertreten hat (in Deutschland z.b. 276 BGB). Es ist kein hinreichender Grund ersichtlich, weshalb hier vom Verschuldensprinzip abgewichen werden und der Reiseveranstalter einseitig für Schäden durch höhere Gewalt einstehen soll. Schließlich wählen die Reisenden ihr Reiseziel selbst und begeben sich freiwillig dorthin. Es ist zudem nicht sicher, dass Art. 11 Abs. 5 des Kommissionsvorschlags überhaupt im Interesse der Verbraucher ist, da die Regelung Pauschal- und Bausteinreisen verteuern würde: Die Einführung einer verschuldensunabhängigen Haftung würde das Haftungsrisiko des Reiseveranstalters erheblich erhöhen. Infolgedessen würde sich sein Haftpflicht- Versicherungsschutz verteuern. Kostenintensive Auflagen gehen vor al- Seite 3 / 6
4 lem zulasten der kleinen und mittleren Marktteilnehmer. Im Sinne der Verbraucher muss der Wettbewerb zwischen kleinen und großen Reiseveranstaltern erhalten bleiben. Höhere Kosten schlagen sich in der Regel auch in höheren Verbraucherpreisen nieder. Folgende EU-Fahrgastrechte-Verordnungen sehen ebenfalls keine Pflicht zur Unterbringung der Reisenden bei höherer Gewalt vor: - Eisenbahnverkehr: Nach Art. 32 Abs. 2 a in Anhang I Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 ist der Beförderer von der Pflicht zum Ersatz von Übernachtungskosten befreit, wenn der Zugausfall, die Verspätung oder das Anschlussversäumnis auf außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände zurückzuführen ist, die der Beförderer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. - See- und Binnenschiffsverkehr: Nach Art. 20 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 ist der Beförderer nicht dazu verpflichtet, die Reisenden in Hotels o.ä. auf seine Kosten unterzubringen, wenn die Annullierung oder Verspätung der Beförderung durch Wetterbedingungen, die den sicheren Betrieb des Schiffes beeinträchtigen, verursacht wurde. - Kraftomnibusverkehr: Nach Art. 23 Verordnung (EU) Nr. 181/2011 ist der Beförderer nicht dazu verpflichtet, die Reisenden in Hotels o.ä. auf seine Kosten unterzubringen, wenn die Annullierung oder Verspätung der Beförderung durch widrige Wetterbedingungen oder schwere Naturkatastrophen, die den sicheren Betrieb des Busverkehrsdienstes beeinträchtigen, verursacht wurde. Falls allerdings die obige verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters unumgänglich ist, wird angeregt, die Kosten für den verlängerten Aufenthalt in Art. 11 Abs. 5 des Kommissionsvorschlags auf 80 Euro pro Reisenden und Nacht zu begrenzen. Die Begrenzung auf maximal drei Nächte sollte beibehalten bleiben. Begründung: Das EU-Reiserecht sollte einheitliche Obergrenzen für Unterbringungskosten vorsehen. Die Obergrenzen nach den EU-Fahrgastrechte- Verordnungen betragen 80 Euro pro Person und Nacht (Art. 17 Abs. 2 Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 und Art. 21 b Satz 2 Verordnung (EU) Nr. 181/2011). Seite 4 / 6
5 Art. 19 des Kommissionsvorschlags sollte aus Sicht der deutschen Versicherer ebenfalls gestrichen werden. Begründung: In Art. 19 ist vorgesehen, dass Reisevermittler auch ohne Verschulden für Fehler während des Buchungsvorgangs haften, es sei denn, die Fehler sind dem Reisenden zuzurechnen oder beruhen auf höherer Gewalt. Die geplante Regelung würde für Reisevermittler eine verschuldensunabhängige Haftung einführen. Dies widerspricht dem Verschuldensprinzip des Schadensersatzrechts. Grundsätzlich haften Unternehmer und Gewerbetreibende nur für fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführte Schäden. Die deutsche Versicherungswirtschaft regt an, es bei der derzeitigen verschuldensabhängigen Haftung zu belassen und Art. 19 zu streichen. Die Tendenz zu verschuldensunabhängigen Haftungsvorschriften sieht die deutsche Versicherungswirtschaft mit großer Sorge. Eine verschuldensunabhängige Haftung erhöht das Haftungsrisiko von Unternehmen ganz erheblich. Dies können oftmals nur große Unternehmen schultern. Sie tragen das höhere Haftungsrisiko entweder selbst oder mit Hilfe einer Versicherung, die umso teurer wird, je höher das Haftungsrisiko ist. Kleinere und mittelständische Unternehmen, die sich dies nicht leisten können, würden vom Markt verschwinden. Der Wettbewerb würde deutlich geringer. Dies würde letztlich den Verbrauchern schaden. Wenn eine verschuldensunabhängige Haftung implementiert wird, sollte hierfür ein wichtiger sachlicher Grund vorliegen. Ein solcher Grund liegt bei einer gefährlichen Tätigkeit vor: Derjenige, der eine gefährliche Betätigung ausübt oder eine gefährliche Anlage betreibt und daraus Nutzen zieht, soll auch für Schäden haften, die Außenstehende dadurch erleiden, dass die Gefährdung sich verwirklicht. Das Buchen von Reisen ist keine gefährliche Tätigkeit. 2. Schadensersatz, Regressansprüche (Art. 12 und 20 Kommissionsvorschlag) Die Regelungen zum Schadensersatz (Art. 12 des Kommissionsvorschlags) und zu Regressansprüchen (Art. 20 des Kommissionsvorschlags) werden befürwortet und sollten im weiteren Rechtssetzungsverfahren beibehalten werden. Sie berücksichtigen aus Sicht der Versiche- Seite 5 / 6
6 rungswirtschaft ausgewogen die Interessen der Reisenden und Reiseunternehmer. 3. Insolvenzschutz (Art. 15 und 16 Kommissionsvorschlag) Die Einbeziehung der sog. Bausteinreisen in den Anwendungsbereich der Richtlinie ist als Anpassung an das Internet-Zeitalter und ein entsprechend verändertes Buchungsverhalten der Reisenden nachvollziehbar und zu begrüßen. Gleiches gilt für die Ausdehnung des Begriffs der Pauschalreise auf klick-through-buchungen (Art. 3 Abs. 2 (b) (v) des Kommissionsvorschlags). Einzelne in Art. 15 gewählte Formulierungen bedürfen aus unserer Sicht jedoch der Klarstellung: Nach dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 des Kommissionsvorschlags bezieht sich der Insolvenzschutz allein auf Bausteinreisen ( Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassene Reiseveranstalter und Reisevermittler, die beim Kauf von Bausteinreisen behilflich sind, dafür Sorge tragen, dass im Fall einer Insolvenz... ). Die alleinige Nennung hier von Bausteinreisen ohne Berücksichtigung der Pauschalreisen ist unverständlich. Demgegenüber sind in Art. 15 Abs. 2 nämlich entsprechend der Intention der Kommission (siehe auch Erwägungsgrund (14) des Kommissionsvorschlags) richtigerweise sowohl die Pauschal- als auch die Bausteinreise genannt ( Der Insolvenzschutz... sollte Reisenden ungeachtet... des Verkaufsorts der Pauschal- oder Bausteinreise zugutekommen. ), bei denen es sich gemäß Art. 3 des Kommissionsvorschlags um unterschiedliche Reiseangebote handelt. Die in Art. 15 Abs. 1 vorgeschlagene effektive und prompte Erstattung könnte als ein auf eine sofortige Zahlung des Kautionsversicherers auf erstes Anfordern gerichteter Anspruch missverstanden werden. Den möglicherweise eintrittspflichtigen Risikoträgern (Kautionsversicherern) ist jedoch nach unserer Ansicht eine angemessene Frist zur Prüfung etwaiger Ansprüche der Reisenden einzuräumen. Berlin, November 2013 Seite 6 / 6
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