Ergebnisprotokoll. Modellprojekt zur Sicherung der ambulanten Versorgung in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg
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- Birgit Keller
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1 Ergebnisprotokoll Modellprojekt zur Sicherung der ambulanten Versorgung in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg Fokusraum Furtwangen 1. Zukunftswerkstatt Dienstag, :30 21:15 Uhr Teilnehmer: Dr. med. Lioba Kühne Dr. med. Denise Besenfelder Dr. med. Barbara Weis Dr. med. Ute Scheit Dr. med. Nikolaus Capetian Dr. med. Stefan Scheit Dr. med. Wolfgang Mezger Dr. med. Hans-Ulrich Jung Dr. med. Wolfgang Ruch Monika Ruch Dr. med. Thomas Schwarz Dr. Frank Wehinger Edgar Zeifang Hans-Peter Imhof Marianne Ketsch-Jung Prof. Manfred Kühne Clemens Scherzinger Angela Klein Dr. Peter Hinz Dr. Johannes Probst Joachim Gwinner Dr. med. Jochen Früh Irina Ebauer Carina Dettinger Schonach im Schwarzwald Schönwald im Schwarzwald Triberg im Schwarzwald Triberg im Schwarzwald Triberg im Schwarzwald AOK AOK Schwenninger KK Gemeinderätin Schönwald Stellv. Bürgermeister Furtwangen Stadt Triberg Stellv. Hauptamtsleiterin Stadt Vöhrenbach KV Baden-Württemberg KV Baden-Württemberg Dezernent Schwarzwald-Baar-Kreis Leiter des Gesundheitsamts Schwarzwald-Baar-Kreis Gesundheitsamt Schwarzwald-Baar-Kreis Gesundheitsamt Schwarzwald-Baar-Kreis 1
2 Sarah Falfus Bernhard Faller Jan Bendler Dr. Antje Erler Praktikantin HFU Quaestio Quaestio Institut für Allgemeinmedizin Uni Frankfurt Tagesordnung 1. Begrüßung / Vorstellungsrunde 2. Kurzvortrag: Ausgewählte Ergebnisse der Versorgungsanalyse 3. Gemeinsame Analyse und Diskussion der Versorgungssituation aus Sicht der Akteure a. Wie wird die aktuelle Versorgungssituation eingeschätzt? b. Welche zukünftigen Versorgungsrisiken gibt es? c. Welche Ansatzpunkte und Potentiale sind vorhanden? 4. Impulsvortrag: Beispiele für Versorgungslösungen 5. Weiteres Vorgehen in der Teilregion TOP 1: Begrüßung / Vorstellungsrunde Der Hausärzteverband wurde nicht eingeladen, wird jedoch von den anwesenden Hausärzten als ihre beste Vertretung gesehen. Der Verband sollte für folgende Veranstaltungen eingeladen werden. Frau Besenfelder hat demnächst Quereinsteiger als Weiterbildungsassistenten, berichtet diesbezüglich über Probleme mit der KVBW. TOP 2: Kurzvortrag: Ausgewählte Ergebnisse der Versorgungsanalyse Die Praxisstruktur in der Region ist stark von Einzelpraxen und kleinen Gemeinschaftspraxen mit zwei Ärzten geprägt. Mit sechs Ärzten ist Furtwangen noch der stärkste Standort, gefolgt von Triberg und Vöhrenbach. Schönwald und Schonach verfügen lediglich über je einen Hausarzt, während in Gütenbach kein Arzt niedergelassen ist. Die Ärzteschaft in der Region Furtwangen schätzt ihre Chancen in der Nachfolgersuche als sehr gering ein. Dieser Pessimismus basiert vorwiegend auf der Einschätzung, dass die nachzubesetzenden kleinteiligen, eher schlecht ausgestatteten Einzelpraxen schwer abzugeben sind. Ebenfalls erkennen die Ärzte die Konkurrenzsituation, in der sie bei der gleich- 2
3 zeitigen Nachfolgersuche stehen. Die Bereitschaft, mit Kollegen vor Ort, per Jobsharing und/oder durch die Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten zu kooperieren ist ausgeprägt; die Möglichkeit einer größer angelegten Kooperation bspw. mit den Kommunen wird ebenfalls gesehen. TOP 3: Gemeinsame Analyse und Diskussion der Versorgungssituation Die Versorgungssituation in den Städten und Gemeinden des Fokusraums Furtwangen wurde ausgehend von den Ergebnissen der Basisanalyse mit den Teilnehmern vertieft und inhaltlich konkretisiert. Daraus ergibt sich für die Gemeinden folgendes Bild: Furtwangen: Derzeit verfügt Furtwangen über insgesamt sechs Hausarztpraxen, nachdem in der letzten Zeit drei Praxen geschlossen wurden. Die Schließungen sind auf erfolglose Nachfolgersuchen zurückzuführen; bislang hat keine der noch bestehenden Praxen in Furtwangen einen Nachfolger gefunden. Nach Einschätzung der Ärzte wird der Behandlungsbedarf derzeit noch vor Ort abgefedert. Eine steigende Belastung durch weitere Praxisschließungen sowie den alternden Patientenstamm könnte jedoch zum Kippen der Versorgungssituation führen. Bleiben die Bemühungen um Praxisnachfolger weiterhin erfolglos, wird innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einer weiteren Praxisschließung zu rechnen sein. Als besonderer lokaler Hemmfaktor in der Nachfolgersuche wird das hohe Aufkommen von Notdiensten mit 23 Diensten pro Jahr und Arzt genannt. Ferner stehe laut der Kassenärztlichen Vereinigung noch zusätzlicher Bedarf für Notdienste in der Notdienstpraxis der KV am Krankenhaus an. Die fachärztliche Versorgung besteht aus Zweigsprechstunden, die durch Ärzte von außerhalb im Ärztehaus in der Lindenstraße 3 geleistet werden. Gütenbach: In Gütenbach existiert keine Arztpraxis. Die Bevölkerung wird in den umliegenden Ortslagen mitversorgt. Schonach: Auch in Schonach blieben diverse Nachfolgersuchen trotz aktiver Beteiligung der Kommunalpolitik erfolglos. Als Konsequenz mussten zwei Praxen schließen. Als wichtiger Grund wurde eine als nicht ausreichend empfundene Infrastruktur benannt. Nach dieser Entwicklung ist nunmehr nur noch die Praxis von Herrn Dr. Metzger geöffnet. Deren Schließung ist für das Frühjahr 2018 angestrebt. Für die Praxis werden zwei Nachfolger gesucht, die den für Herrn Dr. Metzger derzeit enormen Arbeitsaufwand übernehmen könnten. Bisherige Kon- 3
4 takte zu potenziellen Nachfolgern scheiterten an unterschiedlichen, teils persönlichen Gründen. Vielversprechende Kontakte, die schlussendlich nicht zustande gekommen sind, bestanden zu jungen Ärzten aus der Region, die noch am ehesten zur Arbeit in Schonach bereit waren. Schönwald In jüngerer Vergangenheit blieben zwei Hausarztpraxen ohne Nachfolger. Nach einer ersten Schließung wurde die Praxis Dr. Jung noch einmal wiedereröffnet, ist allerdings inzwischen dauerhaft geschlossen. Eine Nebenbetriebsstelle eines auswärtigen Kollegen war nicht zustande gekommen; ein ursprünglich übernahmewilliger Weiterbildungsassistent, der als Quereinsteiger in den hausärztlichen Bereich wechseln wollte, musste aus persönlichen Gründen ausscheiden. Die Versorgung wird nun exklusiv durch eine Zweigpraxis aus Bräunlingen geleistet, die 1,5 Tage in der Woche besetzt ist. Unklar ist die hausärztliche Betreuung eines im Bau befindlichen Seniorenheims. Der Träger kündigt eine hausärztliche Versorgung vor Ort an, die in der jetzigen Situation jedoch nicht geleistet werden kann. Angesichts der fehlenden Versorgung wird mittelfristig auch der Kurbetrieb als gefährdet angesehen. Triberg In den letzten zehn Jahren mussten drei Praxen mangels Nachfolger schließen. Eine weitere Praxis wurde zunächst zwar übernommen, dann jedoch innerhalb des Mittelbereichs verlegt. Die verbleibenden Praxen sind überlastet. In der Praxis Dr. Ruch ist inzwischen der Sohn des Gründers als Arzt tätig und wird nach dem Ausscheiden seines Vaters die Praxis übernehmen. Eine weitere Arztpraxis wird von einem Hausarzt aus Homberg als Zweitpraxis betrieben. Der Inhaber der dritten verbliebenen Praxis, Dr. Schwarz, beschäftigt inzwischen eine angestellte Ärztin, die sich aus Eigeninitiative bei ihm gemeldet hat. Der Hauptarbeitsaufwand in der Praxis liegt in dieser Konstellation bei Dr. Schwarz, der weiterhin die gesamte Praxisadministration zusätzlich zu seiner ärztlichen Tätigkeit leistet. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass angestellte Ärzte erst bei größeren Praxisstrukturen effizient eingebunden werden können, denn erst ab einer kritischen Größe von ca. 5 Ärzten kann z.b. ein Praxismanager zur Übernahme der administrativen Aufgaben eingestellt werden. Vöhrenbach In Vöhrenbach bestehen noch zwei Praxen. Die Praxis Dr. Wunschik wird durch die Tochter des Inhabers übernommen, der Gründer wird zunächst noch in einem Angestelltenverhältnis weiter mitarbeiten. Die zweite Praxis hat keinen akuten Nachbesetzungsbedarf. 4
5 Allgemeine Versorgungsrisiken Neben den ortsspezifischen Situationen wurden auch für den ganzen Fokusraum gültige Versorgungsrisiken formuliert. Die Arbeitssituation in den kleinen Praxen in der Region wird als zu unattraktiv für junge Ärzte gesehen. Insbesondere angesichts des zusätzlich zur ärztlichen Tätigkeit entstehenden administrativen und bürokratischen Zusatzaufwands wird die Arbeit als zu gering vergütet angesehen. Diese müsse häufig abends und am Wochenende erledigt werden. Dazu kommen zusätzliche Notdienste, die insbesondere durch weite Wege aufgrund der Größe des Kreises, die verfügbare Verkehrsinfrastruktur und die insbesondere im Winter eingeschränkte Befahrbarkeit der Straßen abschreckend wirken. Die Verbindung von vergleichsweise geringem Gehalt und langen Arbeitszeiten sei so für grundsätzlich niederlassungswillige Klinikärzte nicht attraktiv. Ein weiteres Risiko wird in der Qualifikation der potenziellen Nachfolger gesehen. Die Arbeit in einer kleinen Landarztpraxis fordert ein breites, disziplinübergreifendes Wissen, da der Landarzt Anlaufstelle für viele Gesundheitsfragen ist, die in städtischen Regionen häufig direkt vom Facharzt betreut werden. Junge Kollegen seien daher häufig von der Bandbreite der fachlichen Anforderungen in den Landarztpraxen überfordert, da ihnen entsprechende Grundlagen fehlten. Weiterhin stelle für qualifizierte und an einer Praxisübernahme interessierte ausländische Ärzte der Schwarzwälder Dialekt trotz guter Deutschkenntnisse häufig ein unüberwindbares Problem dar. Schließlich werden die politischen und institutionellen Rahmenbedingungen als unbefriedigend gesehen. Die starke Reglementierung der ärztlichen Tätigkeit durch Kassen, Kassenärztliche Vereinigung und Gesetzgeber ließen die Arbeit zunehmend unattraktiv erscheinen. Die Überreglementierung treffe insbesondere die mit der administrativen Führung ihrer Praxis zusätzlich belasteten Hausärzte in Klein- und Einzelpraxen. Darüber hinaus bestehen juristische Ängste hinsichtlich möglicher Regressforderungen, die vielfach als Bedrohung wahrgenommen werden. Als weitere die Versorgungssituation belastende Rahmenbedingung wird die derzeit im Schwarzwald-Baar-Kreis recht großräumige Bedarfsplanung gesehen. Hier wird die Gefahr formuliert, dass Arztsitze wie in Triberg geschehen nach der Übernahme an de facto überversorgte, aber für Ärzte attraktivere Standorte im Mittelbereich verlegt werden. 5
6 Allgemeine Versorgungspotenziale Die Kassenärztliche Vereinigung weist darauf hin, dass Gemeinden des Mittelbereichs Villingen-Schwenningen für Förderprogramme der KV in Frage kommen. Hierzu zählt insbesondere die Gemeinde Schonach, für die ZuZ-Förderung möglich ist. Die KV sieht angesichts des Wandels in den Ansprüchen junger Ärzte hinsichtlich ihrer Arbeitsform die Notwendigkeit, Arbeitsbedingungen in Teilzeit zu schaffen. Diese seien am ehesten durch Anstellungskonglomerationen zu gewährleisten. Sie weist weiterhin darauf hin, dass bei zukünftigen Infrastrukturplanungen (z.b. dem Bau von Seniorenheimen) eine geschlossene, stabile Infrastruktur geschaffen werden muss, die die ärztliche Versorgung einschließt. Da vorwiegend junge Ärzte, die in der Region aufgewachsen sind, als Nachfolger in Frage kommen, bietet sich die Kontaktaufnahme zur Klinik in Villingen-Schwenningen an. Absprachen, dass wechselwillige Klinikärzte in Richtung der Region Furtwangen gedeutet werden können einen ersten Schritt darstellen; in Form eines Weiterbildungsverbundes könnte eine Zusammenarbeit institutionalisiert werden. TOP 4: Impulsvortrag: Beispiele für Versorgungslösungen Im Vortrag wurden den Teilnehmern vier verschiedene Handlungsfelder vorgestellt, die zur Sicherung der Gesundheitsversorgung beitragen können. Es wurde aufgezeigt, welche Arbeitsbedingungen sich der Nachwuchs wünscht und wie attraktive Arbeitsmodelle gestaltet werden könnten. Dazu wurden verschiedene, in Deutschland im Rahmen des geltenden Rechts umsetzbare Modelle von Ärztekooperationen und Gesundheitszentren vorgestellt. Diese haben ganz unterschiedliche Initiatoren, Träger, Organisations- und Rechtsformen. Außerdem wurden Möglichkeiten zur Nachwuchsförderung in der Aus- und Weiterbildung (z.b. Gründung eines Weiterbildungsverbunds zwischen Klinik und niedergelassenen Hausärzten zur Nachwuchsrekrutierung) vorgestellt. TOP 5: Weiteres Vorgehen in der Teilregion Für das weitere Vorgehen wurde sich darauf geeinigt, in der Vertiefungsphase insbesondere zu folgenden Punkten zu arbeiten: Kleinräumige Bedarfsplanung: Im Rahmen des Projekts sollen Kriterien für eine kleinräumige Bedarfsplanung im Projektgebiet erarbeitet werden. Zwar ändert eine angepasste Bedarfsplanung nicht die Arbeitssituation für Ärzte in der Region und erleichtert nicht die Nachfolgersuche; auch ohne Steigerung der Attraktivität des Fokus- 6
7 raums Furtwangen würden jedoch derzeit de facto überversorgte Teile des Mittelbereichs gesperrt werden, so dass einer weiteren Konzentration der Versorgung in diesen Bereichen Einhalt geboten würde. Aus- und Weiterbildung, Ortsbindung: Nachwuchsförderung kann beispielsweise in Form von Stipendien oder der Organisation einer Verbundweiterbildung aktiv betrieben werden. Hierbei handelt es sich aufgrund der Dauer von Studium bzw. Weiterbildung um einen langfristigen Ansatz. Für die weitere Arbeit im Projekt werden Vorschläge erarbeitet, wie eine Nachwuchsförderung werden kann, damit langfristig systematisch an einer Anstellung in der Region interessierte Ärzte gefunden werden können. Kooperationsverbund / Lokale Gesundheitszentren: Es soll ein Konzept für einen in der Region umsetzbaren Zusammenschluss im Sinne eines Lokalen Gesundheitszentrums erarbeitet werden. Ein derartiges Konzept kann bereits mit den vorhandenen Akteuren und Ressourcen angegangen werden und somit kurz- bis mittelfristig umgesetzt werden. Damit sollte der Arbeitsschwerpunkt in diesem Bereich gesetzt werden. Hierbei sind unter anderem Überlegungen zu (Mindest-)Betriebsgröße, Rechtsform, Finanzierung, notwendigen und optionalen Kooperationsstrukturen und flankierenden Maßnahmen anzustellen. Dazu sind Kooperationen mit Heilmittelerbringern ebenso zu beleuchten wie Mobilitätslösungen und administrative Unterstützung durch Betriebswirte und Case Manager. Seitens der Bürgermeister wurden Bedenken angemeldet, die Versorgung nicht übermäßig räumlich zu zentralisieren. Kleinräumiger Dialog: Es soll ein kleinräumiger Dialog mit relevanten Akteuren wie Kommunen und Krankenkassen dazu geführt werden, wie weit diese dazu bereit sind, Ärzte in einem Engagement zur Versorgungssicherung in der Region zu unterstützen. Herr Gwinner betonte in diesem Zusammenhang, dass die Bürgermeister bei Initiativen aus der Ärzteschaft sicherlich bereit sind, ideelle und materielle Unterstützung zu leisten. Die Gestaltung dieser Unterstützung (organisatorisch, finanziell, durch Immobilien ) wird im Dialog zu klären sein. 7
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