Vorlesung Geld und Währungstheorie und politik. Part IV: Monetary policy theory
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- Claus Reinhold Bretz
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1 Vorlesung Geld und Währungstheorie und politik Part IV: Monetary policy theory
2 Übersicht 1. Uncertainty in monetary policy making 2. The debate about rules versus discretion 3. The time inconsistency problem 4. Institutional arrangements for price stability 5. Relation between fiscal and monetary policy: fiscal dominance 2
3 Unsicherheit bei der Durchführung der Geldpolitik Zentralbanken, die sich dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet haben, sollten frühzeitig und vorausschauend auf mittel und langfristige Inflationsrisiken reagieren Grund dafür ist, dass geldpolitische Entscheidungen erst mit z.t. erheblichen Verzögerungen auf die Realwirtschaft und das Preisniveau wirken 3
4 Unsicherheit bei der Durchführung der Geldpolitik Durch die verzögerten Wirkungen ist es auch nicht einfach zu erkennen, ob die Dosierung der Maßnahme richtig, zu stark oder zu schwach war es muss also auf Erfahrungen oder Modellvorstellungen zurückgegriffen werden Insbesondere in außergewöhnlichen Zeiten (Krisenzeiten) ist dies schwer abzuschätzen Es ist teilweise sogar schwierig zu bestimmen, wo man sich gerade im Konjunkturzyklus befindet Dabei ist generell zwischen Unsicherheit (Wahrscheinlichkeit unbekannt) und Risiko (Wahrscheinlichkeit bekannt) zu unterscheiden 4
5 Modellunsicherheit Modelle sind grundsätzlich eine Vereinfachung der Realität Jedes Modell konzentriert sich auf spezifische Dinge der Realität und klammert andere aus insofern existieren u.u. konkurrierende Modelle zu ein und demselben Sachverhalt Modelle sind zudem i.d.r. vergangenheitsorientiert man schließt aus der Vergangenheit auf die Zukunft Wie approximiert/operationalisiert man die Modellvariablen in der Realität? 5
6 Modellunsicherheit Schätzt man theoretische Modelle ergeben sich weitere Formen der Unsicherheit Es stehen u.u. verschiedene Schätzverfahren zur Verfügung Diese Schätzverfahren gehen mit einer stochastischen Unsicherheit einher Robustheit bzgl. der Variablenauswahl und des Schätzzeitraums Insbesondere am aktuellen Rand ist die Modellunsicherheit hoch, da sich Strukturbrüche kaum identifizieren lassen Und selbst wenn dies möglich wäre, kann man höchstwahrscheinlich nicht exakt beurteilen, wie sich die Modellparameter ändern werden (z.b. Einführung des Euro) 6
7 Datenunsicherheit Makroökonomische Daten oft nur mit Verzögerung oder sogar unvollständig verfügbar Längst nicht alle Daten die wünschenswert wären, werden auch erhoben Messprobleme bei Wirtschaftsdaten Revisionen der Daten Zahlreiche relevante Variablen sind zudem nicht beobacht oder messbar (z.b. Outputlücke) müssen also geschätzt werden, so dass wieder Modellunsicherheit auftritt 7
8 Datenunsicherheit 8
9 Datenunsicherheit 9
10 Unsicherheit bei der Durchführung der Geldpolitik Geldmengen und Kreditaggregate weniger revisionsanfällig, so dass dies wichtige Größen für die Geldpolitik sind zahlreichen Formen der Unsicherheit führen dazu, dass geldpolitische Entscheidungen im schlimmsten Fall sogar in die falsche Richtung gehen können. Hohe Unsicherheit kann also dazu führen, dass man eher eine abwartende Haltung einnimmt und auf neue oder besser Informationen wartet 10
11 Regeln vs. Diskretion Sollten geldpolitische Entscheidungen mit einem Höchstmaß an Freiraum oder nach einer strikten Regel erfolgen? Geldpolitische Regeln: Taylor Regel, McCallum Regel Argumente für Regeln sind gleichsam Argumente gegen diskretionäre Entscheidungen 11
12 Argumente für diskretionäre Geldpolitik Jede Situation ist durch spezifische Eigenschaften gekennzeichnet diskretionäre Entscheidungen ermöglichen es, individuell auf die Situation zu reagieren Diskretionäre Geldpolitik erlaubt eine gewisse Flexibilität bzgl. der Ziele Diskretionäre Geldpolitik weist den Entscheidungsträgern mehr Verantwortung und Rechte zu, was i.d.r. befriedigender sein dürfte 12
13 Argumente für regelgebundene Geldpolitik Regelbindung verhindert, dass es zu menschlichen Fehlern kommt Die geldpolitische Regel könnte/sollte das Ergebnis einer politischen Debatte sein und damit breite Unterstützung finden weniger angreifbar als diskretionäres Handeln Im Hinblick auf Preisniveaustabilität scheint eine regelgebundene Geldpolitik vorteilhaft zu sein 13
14 Das Zeitinkonsistenzproblem Modellannahmen Zentralbank will Preisniveaustabilität und niedrige Arbeitslosigkeit erreichen Arbeitslosigkeit ineffizient hoch Löhne werden aufgrund der erwarteten Inflation ausgehandelt Das Ziel der Zentralbank, die Arbeitslosigkeit zu verringern, führt zu zeitinkonsistentem Verhalten (das ursprüngliche Inflationsziel ist nicht länger optimal) 14
15 Das Zeitinkonsistenzproblem die Zentralbank kündigt bspw. an, die Geldpolitik so zu gestalten, dass das Inflationsziel von 2% erreicht wird Darauf hin werden Löhne verhandelt (bei Glaubwürdigkeit der Zentralbank wird sich an den 2% orientiert) Sorgt die Zentralbank dann aber für eine Überraschungsinflation, so sinken die Reallöhne und es werden positive Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt erzielt Problem: dieses Verhalten wird von den Arbeitnehmern antizipiert sie orientieren sich nicht an dem Inflationsziel; die Überraschungsinflation muss also immer höher ausfallen 15
16 Das Zeitinkonsistenzproblem Die Inflation fällt letztendlich so hoch aus, bis die Kosten der Überraschungsinflation den Nutzen aus der verringerten Arbeitslosigkeit entsprechen Im Ergebnis kommt es zu einer höheren Inflation, ohne das Effekte auf dem Arbeitsmarkt entstehen Die Differenz zwischen dem Inflationsziel und der erhöhten Inflationsrate wird als diskretionäre Inflationsverzerrung bezeichnet 16
17 Das Zwei-Perioden-Modell Verlustfunktion der Zentralbank Linear: Quadratisch: Damit die Zentralbank die natürliche (strukturelle) Arbeitslosenrate senken kann, muss die (kurzfristige) AS Kurve positiv von der Inflation abhängen. bzw. mit α=1 Aggregierte Nachfrage: 17
18 Das Zwei-Perioden-Modell 18
19 Das Zwei-Perioden-Modell 19
20 Das Zwei-Perioden-Modell Verlustfunktion der Zentralbank Unter Berücksichtigung von ergibt sich: L L = π = π η π + η π [ ] e * * π + Y ( Y + Φ) [ Φ] e π 2 2 Minimierung der Verlustfunktion: δl = δπ 2π + 2η π [ ] e π Φ = 0! 20
21 Das Zwei-Perioden-Modell δl = 2π + δπ π + η π 2η π [ π Φ] e [ π ] e = e (1 + η) π = η( π + Φ) e η( π + Φ) π = 1+ η 0! Φ = 0 21
22 Das Zeitinkonsistenzproblem Die Ankündigung der Zentralbank ist also nicht glaubwürdig Eine Reduktion des diskretionären Spielraums der Geldpolitik kann Abhilfe schaffen Festlegung einer Regel, die z.b. ein festes Geldmengenwachstum vorschreibt Aber: die Modellergebnisse ändern sich, wenn man ein Mehr Perioden Modell betrachtet Möglichkeit zur Bestrafung der Zentralbank Zentralbank kann Reputation aufbauen 22
23 Das Zeitinkonsistenzproblem Alternative Lösungsansätze Konservative Zentralbanker Anreizkompatible Verträge für Zentralbanker Reformen 23
24 Zentralbankunabhängigkeit Heutzutage werden vor allem drei Faktoren genannt, um den Geldwert zu sichern: 1) Zentralbankunabhängigkeit 2) Fokussierung auf Preisniveaustabilität 3) Regelungen, die solide Staatsfinanzen sicherstellen 24
25 Zentralbankunabhängigkeit Messung der Zentralbankunabhängigkeit (Cukierman et al. (1992)) 1) Wahl & Amtszeit des Zentralbankpräsidenten 2) Entscheidungen der Zentralbank erfolgen ohne Einflussnahme der Regierung 3) Ziel der Preisniveaustabilität ist in den Statuten der Zentralbank festgelegt 4) Die Möglichkeit der Regierung direkt Mittel bei der Zentralbank zu leihen sind stark eingeschränkt 25
26 Zentralbankunabhängigkeit Diese 16 Indikatoren aus den vier Kategorien werden zu einem Index zusammengefasst. Die Zentralbanken der Schweiz und von Deutschland sind demnach am unabhängigsten Die von Polen und dem ehemaligen Jugoslawien sind am wenigsten unabhängig U.U. muss aber zwischen de jure und de facto Unabhängigkeit unterschieden werden (vor allem in weniger entwickelten Volkswirtschaften) 26
27 Quelle: Cukierman et al. (1992) Zentralbankunabhängigkeit 27
28 Quelle: Cukierman et al. (1992) Zentralbankunabhängigkeit 28
29 Quelle: Cukierman et al. (1992) Zentralbankunabhängigkeit 29
30 Quelle: Cukierman et al. (1992) Zentralbankunabhängigkeit 30
31 Quelle: Cukierman et al. (1992) Zentralbankunabhängigkeit 31
32 Quelle: Cukierman et al. (1992) Zentralbankunabhängigkeit 32
33 Zentralbankunabhängigkeit Empirische Evidenz zeigt, dass unabhängigere Zentralbanken niedrigere Inflationsraten erreichen Korrelation vs. Kausalität Einige Studien betonen, dass vor allem die Preisniveaufixierung und Instrumentenunabhängigkeit relevant sind Darüber hinaus finden Studien keine Hinweise, dass die Preisniveauorientierung mit einer höheren Outputvolatilität einhergeht ( free lunch ) 33
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