Betreff: Bester Schätzwert für die Prämienrückstellung. Sehr geehrte Damen und Herren!
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- Helene Sofia Goldschmidt
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1 BEREICH Versicherungsaufsicht und Pensionskassenaufsicht GZ FMA-VU /0001-VPM/2014 (bitte immer anführen!) SACHBEARBEITER/IN Mag. Dr. Klaus Gansberger TELEFON (+43-1) TELEFAX (+43-1) WIEN, AM Betreff: Bester Schätzwert für die Prämienrückstellung Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Schreiben bezieht sich auf die Berechnung des besten Schätzwerts für die Prämienrückstellung nach Solvabilität II, einem Bestandteil des besten Schätzwerts der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Schaden-/ Unfallversicherung. Ausdrücklich ist festzuhalten, dass die folgenden Ausführungen auf der Rahmenrichtlinie 2009/138/EG, den aktuellen Entwürfen auf Level 2 und Level 3 und den EIOPA Leitlinien zur Vorantragsphase von Internen Modellen vom , EIOPA/13/416 beruhen, sodass künftige Änderungen (insbesondere durch Ergänzungen oder Änderungen der Entwürfe auf Level 2 und Level 3 und der EIOPA Leitlinien zur Vorantragsphase zu internen Modellen vom , EIOPA/13/4169) nicht ausgeschlossen werden können und die folgenden Ausführungen nicht als vollständig und abschließend zu beurteilen sind. Der beste Schätzwert zur Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen besteht in der Schaden-/ Unfallversicherung aus zwei getrennt voneinander zu berechnenden Teilen, dem besten Schätzwert für die Prämienrückstellung und dem besten Schätzwert für die Schadenrückstellung. Der beste Schätzwert für die Prämienrückstellung ergibt sich aus den derzeitig bestehenden Versicherungsverpflichtungen und aller sich daraus ergebenden wahrscheinlichkeitsgewichteten zukünftigen Zahlungsströme, abgezinst auf den Stichtag, mit Ausnahme solcher, die in Zusammenhang mit bereits eingetretenen Versicherungsfällen stehen. Letztere werden im besten Schätzwert für die Schadenrückstellung abgedeckt. Der beste Schätzwert für die Prämienrückstellung muss für jede Währung getrennt berechnet werden. SEITE 1
2 Vereinfachungen Möglicherweise können für einzelne Sparten aufgrund der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität des zugrundeliegenden Risikos Vereinfachungen in Bezug auf die Berechnung des besten Schätzwerts für die Prämienrückstellung angemessen sein. Die Beurteilung hat dabei stets im Einzelfall zu erfolgen. Ferner ist ausdrücklich festzuhalten, dass jede Form der Vereinfachung sowohl im Hinblick auf Annahmen als auch auf die Berechnungsmethodik ausreichend dokumentiert sein muss, durch vorgeschriebene Assessments als passend eingestuft werden muss und insbesondere dem Proportionalitätsprinzip zu entsprechen hat. Das Proportionalitätsprinzip kann nicht dazu verwendet werden das Nicht-Einhalten gesetzlicher Anforderungen zu argumentieren, sondern nur um zu rechtfertigen, wie die gesetzlichen Vorgaben im Einzelfall mit einer vereinfachten Methodik erfüllt werden können. Umgekehrt kann im Einzelfall aufgrund der Wesensart, des Umfanges und der Komplexität des zugrundeliegenden Risikos, im Sinne der Proportionalität die Verwendung einer granulareren Methodik, als im Solvabilität II Regelwerk verlangt wird, erforderlich sein, um das Kriterium der Angemessenheit und damit die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Expertenmeinungen Es ist nicht ausgeschlossen, Expertenmeinungen in die den Berechnungen zugrunde liegenden Annahmen mit einfließen zu lassen. Dabei ist zu beachten, dass für Expertenmeinungen analoge Anforderungen hinsichtlich Dokumentation und Validierung wie für Vereinfachungen gelten. Grenze eines Versicherungsvertrages Die Grenze eines Versicherungsvertrags stellt den Zeitpunkt dar, bis zu welchem ein Versicherungsvertrag bei der Bewertung herangezogen werden muss. Insbesondere ist eine kürzere Berücksichtigung nicht zulässig. Es ist in diesem Zusammenhang (etwa durch bestimmte Klauseln) durchaus möglich, dass die Grenze eines Versicherungsvertrages zum Bewertungsstichtag schon erreicht ist und dieser folglich zur Bewertung keinen Beitrag liefert. Die Grenze eines Versicherungsvertrags ist jedenfalls dann erreicht, wenn a) das Versicherungsunternehmen das einseitige Recht hat den Vertrag zu beenden. Darunter fällt zum Beispiel das Kündigungsrecht im Schadensfall oder im Falle des Nichtbezahlens der Prämien. In diesem Zusammenhang ist keine ökonomische Betrachtung (z.b. Nicht-Kündigung des Vertrags, wenn die Schadenhöhe im Vergleich SEITE 2
3 zur Prämie sehr gering ist) zu tätigen, sondern auf jeden Fall die Grenze des Versicherungsvertrages anzunehmen. b) das Versicherungsunternehmen das einseitige Recht hat die Zahlung zukünftiger Prämien zurückzuweisen. c) das Versicherungsunternehmen das einseitige Recht hat die zukünftigen Prämien in einer Höhe anzupassen, damit die neuen Prämien (wieder) das volle Risiko abdecken. In diesem Zusammenhang ist es denkbar, dass ein Versicherungsunternehmen im Voraus eine Prämienreduktion gewährt, welche im Nachhinein ohne Zustimmung der Versicherungsnehmer aufgehoben werden kann. Das volle Abdecken des Risikos ist im Erwartungswert zu verstehen. Das bedeutet, dass durch die Prämienanpassung erreicht werden kann, dass der Erwartungswert der ausgehenden Zahlungsströme, abgezinst auf den Stichtag, kleiner als der Erwartungswert der zukünftig zu vereinnahmenden auf den Stichtag abgezinsten, Prämien, ist. Versicherungsunternehmen sollen daher mögliche Grenzen der Versicherungsverträge identifizieren, dokumentieren und die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer solchen Grenze bestimmen. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Vertragsgrenze hat in die Wahrscheinlichkeitsgewichtung der Zahlungsströme einzufließen. Dies kann insbesondere bei mehrjährigen Verträgen zu einer deutlichen Reduktion der zu berücksichtigenden Laufzeit führen. Als Beispiel wären in diesem Zusammenhang etwa Verträge der KFZ-Haftpflichtversicherung zu nennen, welche nach der in Österreich üblichen Vertragsausgestaltung maximal für die Dauer eines Jahres anzurechnen sind, da nach diesem Zeitraum ein Kündigungsrecht seitens des Versicherers besteht. Diese Zeitdauer kann sich durch die Berücksichtigung anderer Grenzen noch verkürzen. Modellierung der Zahlungsströme Prinzipiell können zur Modellierung sowohl interne als auch externe Daten herangezogen werden, um eine bessere Modellierung der Schäden zu ermöglichen. Es ist jedoch zu beachten, dass bei der Verwendung von externen Daten, wie zum Beispiel Marktschadensdaten, sichergestellt werden muss, dass diese zum Bestand und Risikoprofil des Unternehmens passen. SEITE 3
4 Alle Zahlungsströme müssen mit der von EIOPA veröffentlichten risikolosen Zinskurve diskontiert werden. EIOPA veröffentlicht auch die um das Volatility Adjustment angepasste Zinskurve. Es müssen Inflationsannahmen getroffen werden. Diese Inflationsannahmen müssen mit den Zahlungsströmen, die sie betreffen, konsistent sein. So muss zum Beispiel bei der Modellierung der Zahlungsströme in der KFZ-Haftpflichtversicherung eine zu diesen Schäden passende Inflationsannahme getroffen werden. Kapitalerträge dürfen bei der Berechnung des besten Schätzwerts für die Prämienrückstellung nicht berücksichtigt werden. Neben den Grenzen des Versicherungsvertrages muss bei der Modellierung der Prämieneinnahmen unter anderem auch das Stornoverhalten der Versicherungsnehmer berücksichtigt werden. Eine kombinierte Modellierung dieser beiden Faktoren (etwa durch Überlebenswahrscheinlichkeiten ) ist zwar prinzipiell zulässig, dennoch empfiehlt die FMA eine getrennte Modellierung. Die besten Schätzwerte der einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen sind getrennt zu berechnen und haben daher keinen direkten Einfluss auf die Modellierung eingehender Zahlungsströme im Rahmen des besten Schätzwerts für die Prämienrückstellung. Die Kosten für die Rückversicherung müssen jedoch im besten Schätzwert für die Prämienrückstellung berücksichtigt werden. Des Weiteren ist die Zeitdauer zwischen der Zahlung an den Versicherungsnehmer und der Rückerstattung durch die Rückversicherung zu berücksichtigen. Die einforderbaren Beträge aus Rückversicherungsverträgen müssen um die entsprechende Ausfallswahrscheinlichkeit des jeweiligen Rückversicherers korrigiert werden. Die Ausfallswahrscheinlichkeit ist für jeden Rückversicherer einzeln zu berechnen und muss auch für gruppeninterne Rückversicherung berücksichtigt werden. Insbesondere ist die Dauer der Rückversicherung entsprechend dem zu Grunde liegenden Versicherungsvertrag anzunehmen. Dies hat direkte Auswirkung auf die Modellierung der ausgehenden Zahlungsströme und kann bei Versicherungsgruppen mit gruppeninterner Rückversicherung dazu führen, dass der Rückversicherer (etwa das Mutterunternehmen) den Vertrag einjährig ansetzen muss, während der Erstversicherer (ein Tochterunternehmen), basierend auf dem zugrunde liegenden Vertrag, die Rückversicherung mehrjährig ansetzen muss. Bei der Modellierung der Zahlungsströme können künftige Maßnahmen des Managements, wie etwa Änderung (oder Beibehaltung) der Rückversicherungsstruktur, berücksichtigt werden. SEITE 4
5 Bei der Schadensmodellierung kann es angemessen sein die Schäden in Klassen einzuteilen, wie z.b. in Frequenzschäden, Großschäden und NatKat-Schäden. Dabei ist auf eine angemessene Datenbasis zu achten, damit beispielsweise passende Verteilungsfunktionen bestimmt und deren Parameter verlässlich geschätzt werden können. Bei der Bestimmung von in die Modellierung eingehenden Parametern, wie etwa der combined ratio oder Schadensquoten, ist es zulässig, möglicherweise sogar notwendig, Trends zu berücksichtigen, die sich aus der Zeitreihe ergeben. Hinsichtlich Kosten sind sämtliche bei der Bedienung der Versicherungs- und Rückversicherungsverpflichtungen anfallenden Aufwendungen zu berücksichtigen, also unter anderem etwa klassische ULAEs (welche durch einen realistischen Schlüssel auf die einzelnen Sparten zugeordnet werden sollen) oder auch Aufwendungen für die Vermögensverwaltung. Insbesondere ist es nicht zulässig, nur direkt dem Versicherungsbetrieb zugeordnete Kosten zu berücksichtigen. Bei der Berechnung der Prämienrückstellung nach Solvabilität II dürfen nur reale Zahlungsströme berücksichtigt werden. Werden zum Beispiel die gesamten Abschlusskosten für einen Versicherungsvertrag zu Beginn fällig, so dürfen diese Kosten nicht über die Laufzeit verteilt Berücksichtigung im besten Schätzwert finden. Weitere Anmerkungen Es ist anzumerken, dass die Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen nach Solvabilität II von der allgemein angestrebten IFRS-konsistenten Bewertung ausgenommen ist. Werden zur Berechnung des besten Schätzwertes der Prämienrückstellung Posten der UGB- Bilanz herangezogen, so ist besonderes Augenmerk auf die Solvabilität II-Konsistenz zu legen. So kann etwa die Position Forderungen an Versicherungsnehmer nicht direkt für Prämienaußenstände herangezogen werden, sondern muss nach Solvabilität II noch um die erwartete Ausfallswahrscheinlichkeit modifiziert werden. Ein weiteres Beispiel wäre die Position Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb, welche nicht mit dem Kostenbegriff unter Solvabilität II gleichzusetzen ist, da letztere wie oben bereits ausgeführt etwa auch Aufwendungen für die Vermögensverwaltung beinhaltet. Es ist, etwa durch die Mehrjährigkeit von Versicherungsverträgen, möglich, dass sich negative beste Schätzwerte für die Prämienrückstellung ergeben. In diesem Fall ist zu beachten, dass eine vereinfachende Berechnung der Risikomarge mit Hilfe von Prozentanteilen des besten SEITE 5
6 Schätzwertes dann nicht zulässig ist. Bei einer Prämienrückstellung nahe Null ist eine solche Vereinfachung besonders kritisch auf ihre Angemessenheit hin zu hinterfragen. Die Annahmen, die zur Berechnung des besten Schätzwertes getroffen werden, sind zumindest jährlich durch die aktuarielle Funktion zu validieren. Bezugnehmend auf die Berichtspflichten hinsichtlich der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen verweist die FMA auf die Guideline 30 aus Guidelines on Submission of Information to National Competent Authorities. SEITE 6
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