Messung des Wohlstands im Großstadtvergleich: Gedanken zu einem Indikatorenset. BIP als Indikator für materiellen Wohlstand allgemein anerkannt.
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- Walther Krüger
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1 Werner Münzenmaier Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg er VGR-Kolloquium 30. Juni und 1. Juli 2011 Messung des Wohlstands im Großstadtvergleich: Gedanken zu einem Indikatorenset Konzeptionelle Aspekte BIP als Indikator für materiellen Wohlstand allgemein anerkannt. BIP bzw. BIP je Einwohner steht für Reichtum einer Volkswirtschaft, bedeutet hohes Einkommen und gute Konsummöglichkeiten, ist Basis für gute Beschäftigungsmöglichkeiten, ausreichendes Steueraufkommen und damit auch Gestaltungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand. Konzeptionelle Einschränkungen wie z. B. Nichterfassen von Hausarbeit oder ehrenamtlichem Engagement stehen dieser Bedeutung nicht grundsätzlich entgegen. Hohes BIP-Wachstum hat aber auch Nebenwirkungen, die - ohne ausreichende Gegenmaßnahmen - einem umfassend definierten Wohlstand einer Gesellschaft entgegenstehen, z. B. hohe Einkommensdisparitäten, die Ausgrenzung ganzer Gesellschaftsgruppen sowie die Beeinträchtigung der Umwelt. Erforderlich ist deshalb eine umfassendere Messung des Wohlstands. Hierzu gibt es zahlreiche Überlegungen und auch schon konkrete Vorstellungen. Ausgangspunkt der folgenden Darlegungen ist das "Wohlstandsquartett" des "Denkwerks Zukunft", einem Indikatorenset mit vier Indikatoren: - BIP je Einwohner: Materielles Wohlstandsniveau, ökonomische Dimension - Verteilung der verfügbaren Einkommen an Hand der sogenannten 80/20- Relation (Verhältnis der Einkommen des oberen Fünftels zu den Einkommen des unteren Fünftels einer Gemeinschaft: Einkommensverteilung): Sozioökonomische Dimension
2 Gesellschaftliche Ausgrenzungsquote (das ist der Teil einer Gemeinschaft, der an sich von der Gesellschaft ausgegrenzt fühlt): Gesellschaftliche Ausgrenzung, gesellschaftliche Dimension - Ökologischer Fußabdruck im Verhältnis zur globalen Biokapazität; dies ist ein Nachhaltigkeitsmaß, das die biologisch produktiven Land- und Wasserflächen misst, die zur Produktion konsumierbarer Güter und Dienste bzw. zur Absorption der dabei anfallenden Reststoffe benötigt werden: Natur- und Ressourcenverbrauch, ökologische Dimension. Die Ergebnisse zeigen für Deutschland eine überdurchschnittlich hohe Wirtschaftkraft (BIP je Einwohner), dagegen eine im internationalen Vergleich problematische Einkommensverteilung, gerade auch mit Blick auf die Entwicklung in den letzten Jahren. Umso erstaunlicher ist, dass die gesellschaftliche Ausgrenzung in Deutschland unterdurchschnittlich ausgeprägt ist. Der Einsatz natürlicher Ressourcen in Deutschland ist zwar hoch und kann insoweit zu einer Belastung künftigen Wirtschaftens und Lebens werden, er ist aber überdurchschnittlich effizient. Thema dieses Vortrags: Wie können diese (oder ähnliche) Indikatoren zur Messung des Wohlstands in Großstädten verwendet werden? Einbezogen werden die fünfzehn größten Städte Deutschlands mit jeweils mehr als Einwohnern. Bezüglich der genannten Indikatoren müssen erhebliche Abstriche gemacht werden: 1) BIP je Einwohner: Einwohnerbezug ergibt für Städte mit Zentralitätsfunktion ein schiefes Bild, Verzerrungen vor allem auf Grund von Nettoeinpendlersalden, zumal diese in den Städten unterschiedlich hoch ausfallen. Deshalb werden hier einbezogen: - BIP je Erwerbstätigen als Wirtschaftskraft - Primäreinkommen je Einwohner - Verfügbares Einkommen je Einwohner. 2) Einkommensverteilung 80/20-Realtion: Das "Denkwerk Zukunft" verwendet Daten von EU-SILC, einer europaweiten Erhebung, die jedoch keine repräsentativen Ergebnisse für Großstädte liefert. Deshalb werden Ergebnisse des Mikrozensus herangezogen, und zwar die sogenannten Nettoäquivalenzeinkommen. Über diese Einkommen wird ein Median ermittelt, die Armutsgefährdungs- Messung.doc/Mü
3 - 3 - schwelle wird bei 60 % des Medians des Äquivalenzeinkommens festgelegt. Die Schwelle betrug 2009 in Deutschland rund 800 pro Person. Der korrekte Median ist der Median der jeweiligen Stadt und damit die Armutsgefährdungsschwelle dieser Stadt. Interessant ist aber auch die Orientierung am Bundesmedian. 3) Gesellschaftliche Ausgrenzung: Niedrige Pro-Kopf-Einkommen bzw. hohe Einkommensdisparität kann Grund für Unzufriedenheit des großen Teils einer Gesellschaft sein; diese Unzufriedenheit kann jedoch kompensiert werden durch intakte zwischenmenschliche Beziehungen oder eine funktionierende gesellschaftliche Einbindung, unterstützt beispielsweise durch Vereine oder ehrenamtliches Engagement. Diese subjektive Frage wird vom "Denkwerk Zukunft" über den Eurobarometer erfragt, es hat aber nur Mitgliedsstaaten im Blick und bietet keine Ergebnisse für Großstädte. Deshalb werden Ergebnisse der Urban- Audit-Befragung verwendet, daran haben sich allerdings nur 11 der 15 deutschen Großstädte beteiligt. Zwei Fragestellungen werden herausgegriffen: - Ist Armut in Ihrer Stadt ein Problem? - Sind Ausländer, die in Ihrer Stadt leben, gut integriert? 4) Natur- und Ressourcenverbrauch: Er beeinträchtigt das Ökosystem, mindert materiellen und immateriellen Wohlstand einer Gesellschaft. Hierzu gibt es vielerlei Indikatoren. "Denkwerk Zukunft" verwendet als zentralen Indikator den "Ökologischen Fußabdruck", bezeichnet ihn als einzigen komplexen Ressourcenindikator, für den weltweit Vergleichsdaten zur Verfügung stehen. Verschiedene konzeptionelle Nachteile werden jedoch nicht verschwiegen, so das Ausklammern der Auswirkungen des Konsums auf das Wasser. Für Großstädte ist der "Ökologische Fußabdruck" weder verfügbar noch wirklich sinnvoll. Ein allgemeines Problem ist, dass es vergleichbare ökologische Indikatoren für Stadt- und Landkreis und damit für Großstädte nicht gibt. Hier wird deshalb der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen an der Gesamtfläche einer Stadt verwendet, obwohl dies allenfalls eine Hilfslösung sein kann, zumal die Quote nicht unabhängig von administrativ gezogenen Grenzen und den topografischen Gegebenheiten einer Großstadt sein kann. 5) Kommunale Verschuldung: Hier wird ein weiterer, fünfter Indikator mit aufgenommen, nämlich die kommunale Verschuldung für Gemeinden einschließlich ihrer rechtlich unselbstständigen Einrichtungen je Kopf der Bevölkerung. Er er- Messung.doc/Mü
4 - 4 - gänzt Aspekte von privatem Reichtum bzw. privater Armut (Einkommen je Einwohner, Wirtschaftskraft, Armutsgefährdung) durch öffentliche Aspekte und steht gleichzeitig für Nachhaltigkeit politischen Handelns bzw. finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten einer Stadt. Nicht einbezogen werden können die drei Stadtstaaten, weil staatliche und kommunale Verschuldung nicht unterschieden werden können. Daten Interpretation der Schaubilder 1 bis 9. Messung.doc/Mü
5 Abbildung 1: Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen in Städten mit mehr als Einwohnern ,0 86,8 Bremen 78,5 77,3 73,0 72,3 71,3 68,7 68,5 65,1 64,2 63,1 47,4 50,2 54, Tausend je Erwerbstätigen Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder" "
6 Abbildung 2: Primäreinkommen der privaten Haushalte je Einwohner in Städten mit mehr als Einwohnern ,9 28,8 28,5 28,4 Bremen 25,5 25,0 24,1 22,6 22,0 21,9 19,6 17,9 17,3 17,2 15, Tausend je Einwohner Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder" "
7 Abbildung 3: Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner in Städten mit mehr als Einwohnern 2008 Bremen 23,5 23,2 22,6 22,3 21,6 20,2 19,2 19,1 18,7 18,5 17,3 16,1 15,8 15,7 14, Tausend je Einwohner Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder" "
8 Abbildung 4: Armutsgefährdungsquote in Städten mit mehr als Einwohnern auf Basis des Bundesmedians ,9 14,0 14,1 14,7 14,7 Bremen 16,8 17,4 17,8 19,0 19,3 19,5 21,6 22,2 22,9 27, % Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder; Mikrozensus
9 Abbildung 5: Armutsgefährdungsquote in Städten mit mehr als Einwohnern auf Basis des Medians der jeweiligen Stadt ,1 14,4 Bremen 16,3 16,4 16,5 16,7 17,4 17,6 17,7 18,0 18,1 18,9 19,1 19,5 20, % Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder; Mikrozensus
10 Abbildung 6: Armutsproblem 1 in Städten mit mehr als Einwohnern Indexwert 1 Die Fragestellung lautet: " Ist Armut in der Stadt ein Problem?" Bei diesem Item wird aufgrund der negativen Frageformulierung die Aussage positiv skaliert, und zwar standardisiert für die Werte 0 bis 100. Je höher der Wert, um so geringer die Zustimmung zu der Aussage. 2 Ohne die Städte Bremen,, und, die nicht an der Befragung teilgenommen haben. Quelle: Urban-Audit-Wahrnehmungserhebung 2009; Koordinierte Bürgerbefragung zur Lebensqualität in deutschen Städten 2009
11 Abbildung 7: Integration von Ausländern 1 in Städten mit mehr als Einwohnern Indexwert 1 Die Fragestellung lautet: Sind Ausländer, die in der Stadt leben, gut integriert?" Die Befragungsergebnisse sind auf " Werte zwischen 0 bis 100 standardisiert. Je höher der Wert, um so größer die Zustimmung zu der Aussage. 2Ohne die Städte Bremen,, und, die nicht an der Befragung teilgenommen haben. Quelle: Urban-Audit-Wahrnehmungserhebung 2009; Koordinierte Bürgerbefragung zur Lebensqualität in deutschen Städten 2009
12 Abbildung 8: Kommunale Schulden 1 je Einwohner in Städten mit mehr als Einwohnern 2 am 31. Dezember je Einwohner 1 Schulden der Städte einschließlich ihrer rechtlich unselbstständigen Einrichtungen. 2Ohne die Stadtstaaten, Bremen und. Quelle: Statistisches Bundesamt; Schulden der öffentlichen Haushalte 2009
13 Abbildung 9: Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen an der Gesamtfläche in Städten mit mehr als Einwohnern am 31. Dezember ,9 49,5 51,3 Bremen 57,6 58,1 58,8 58,9 59,2 59,5 60,7 60,9 67,7 68,0 69,9 74, % Quelle: Statistisches Bundesamt; Allgemeine Flächennutzung 2008
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