Arbeitsorientierte Grundbildung

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1 Leitfaden für die Bildungspraxis Arbeitsorientierte Grundbildung Band 47 Funktionale Analphabeten qualifizieren

2 modells: ABC Berufserfolg Impressum Leitfaden für die Bildungspraxis Schriftenreihe des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb) gemeinnützige GmbH Band 47 Arbeitsorientierte Grundbildung Funktionale Analphabeten qualifizieren Herausgeber Herbert Loebe, Eckart Severing Autorinnen Kathleen Rothe, Beatrice Preising Förderung Dieser Leitfaden wurde im Rahmen des Projektes ABC Berufserfolg vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Verlag W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG Bielefeld 2011 Gesamtherstellung W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG Postfach , Bielefeld Telefon: , Telefax: Umschlaggestaltung Christiane Zay, Bielefeld Das Coverbild stammt aus dem Fotoarchiv der bbw-gruppe. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf die explizite Unterscheidung von männlicher und weiblicher Form verzichtet. Natürlich sind immer beide Geschlechter gemeint. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany ISBN Bestell-Nr Bibliografische Informationen der Deutschen National - bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Information Internet Checkliste Wichtig! Vorteil 2

3 modells: ABC Berufserfolg Inhalt Ein 5 Funktionaler Analphabetismus in Deutschland? 5 Ziel und Ausrichtung des Leitfadens 7 Besonder 9 Ursachen und Ursachengefüge 10 Lebenssituation funktionaler Analphabeten 12 Unterschiedliche Lebenswelten 12 Was sind Indizien, dass Menschen nicht richtig lesen und schreiben können? 14 Spezifische Lernvoraussetzungen der berücksichtigen 15 Lernentwöhnung und -abneigung 16 Hohes Maß an Unsicherheiten und Ängsten 17 Geringe Frustrationstoleranz und Konfliktfähigkeit 17 Erwachsene mit Schriftsprachdefiziten für eine arbeitsorientierte 19 Ansprache und Sensibilisierung der Arbeitsverwaltungen 20 Alphabetisierung braucht Netzwerke 23 Warum Netzwerkarbeit? 23 Hilfe zur Selbsthilfe 24 Unternehmen als Netzwerkpartner 25 Die beraten und motivieren 26 Notwendige Rahmenbedingungen 26 Das Beratungsgespräch 27 Motive für die Teilnahme 29 Zentrale Gestaltungsmerkmale 31 Vollzeitkonzept mit integriertem Teilzeitmodell 31 Verknüpfung allgemeiner und arbeitsorientierter Grundbildung 32 Kleine Lerngruppen 33 Doppeldozentur 34 Psychosoziale Beg 35 Lernortwechsel: Exkursionen 36 Betriebliche Praktika 37 Berufsorientierte Beratung 39 Flexible Gestaltung der Unterrichtspläne entlang der individuellen Lernprogression 40

4 modells: ABC Berufserfolg arbeitsorientierten s: ABC Berufserfolg 42 Modularer Aufbau des s 43 Schwerpunkte der Module 44 Psychosoziale Betreuung 47 Einteilung der Lerngruppen 48 Methodisch-didaktische Gestaltung der Unterrichtseinheiten 49 Der Spracherfahrungsansatz 50 Wie kommt man Text? 51 Lehr- und Lernmaterialien 53 Informationen 54 Literaturhinweise 54 Fachbücher 54 Fachartikel 54 Fachzeitschriften 55 Kommentierte Linksammlung 55 4

5 Herausforderungen Erwachsene für mit Gestaltungsansätze Schriftsprach - einer Zentrale Gestaltungs Wirtschaftlichkeit merk male Exemplarische demografie Umsetzung - Fazit eines und Ein - die heiten Krankenhauspflege der defiziten für eine demografiefesten arbeits orientierte Personalpolitik orientierter Veränderungsprozesse arbeitsorientierten Qualifi Ausblick zie rungs - modells: ABC Berufserfolg Ein Funktionaler Analphabetismus in Deutschland? Laut der Level-One Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2011 gibt es in Deutschland rund 7,5 Millionen Menschen, die über unzureichende Schriftsprachkompetenzen verfügen, sogenannte funktionale Analphabeten. Verschärft wird das Problem dadurch, dass ein hoher Anteil Jugendlicher jährlich die Schule ohne Abschluss und oft ohne aus reichende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen verlässt. Damit fehlen diesen Jugendlichen Basiskompetenzen, die für eine aktive und selbstbestimmte Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft unerlässlich sind. Beim Begriff Analphabetismus haben viele Menschen Bilder von Personen im Kopf, die sich mit dem Entziffern einzelner Buchstaben quälen und kaum ein Wort lesen können. Der Begriff muss jedoch etwas differenzierter verstanden werden. 7,5 Millionen Betroffene Totale Analphabeten Funktionale Analphabeten Tatsächlich gibt es hierzulande sehr wenige Menschen, die überhaupt nicht lesen und schreiben können, sogenannte totale Analphabeten. Ausnahmen sind meist begründet in geistiger Behinderung oder Krankheit. Auch Menschen aus Ländern, in denen es kein flächendeckendes Schulsystem und damit keinen Zugang zu Bildung gibt, verfügen häufig über gar keine Schriftsprachkenntnisse. In Deutschland handelt es sich meist um funktionale Analphabeten Menschen, deren individueller Grad der Beherrschung der Schriftsprache unterhalb der gesellschaftlich notwendigen und erwarteten Anforderungen liegt. Das bedeutet, dass funktionale Analphabeten durchaus über Kenntnisse der Schriftsprache verfügen, sie aber in Situationen, in denen sie diese gebrauchen müssen, schnell an ihre Grenzen stoßen. Schriftsprache wird deshalb vermieden. 5

6 Funktionaler Analphabe - tismus in Deutschland? modells: ABC Berufserfolg Erhöhtes Arbeitslosigkeitsund Armutsrisiko Steigende berufliche Anforderungen Wer nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen kann, ist in unserer Gesellschaft benachteiligt, vor allem wirtschaftlich. Den Betroffenen bleibt in der Regel eine berufliche Qualifizierung verwehrt, eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt gestaltet sich für sie schwierig. Stärker als andere Bevölkerungsgruppen sind sie von Arbeitslosigkeit und Armut bedroht. Der Grund dafür liegt in den stetig steigenden beruflichen Anforderungen. Durch Automatisierung und Technisierung sind Tätigkeiten, für die eine Beherrschung der Schriftsprache nicht erforderlich ist, praktisch vom Arbeitsmarkt verschwunden. Die meisten Informationen oder Anweisungen werden auf schriftlichem Wege und oftmals per PC übermittelt. Ohne Lesen und Schreiben geht es längst auch an Einfacharbeitsplätzen nicht mehr. Anspruchsvollere Tätigkeiten sind funktionalen Analphabeten in der Regel verwehrt oder sie streben sie von sich aus nicht an. Mein Chef hat mir damals eine Stelle als Abteilungsleiterin angeboten. Ich habe gesagt, ich kann das nicht machen wegen meinem Asthma. Ich hatte aber nur Angst, dass rauskommt, dass ich nicht lesen und schreiben kann. Zitat einer Teilnehmerin des Projekts ABC Berufserfolg Bedarf an Qualifizierungs - angeboten Der Wandel des Arbeitsmarktes geht einher mit zunehmend höheren Anforderungen an Arbeitnehmer. Bereits heute bleibt eine Vielzahl an Arbeitsplätzen unbesetzt. Die Qualifizierung von Menschen mit unzureichenden Schriftsprachkompetenzen kann dem entgegenwirken. Wird sie mit der Vermittlung von beruflichen Fertigkeiten verknüpft, ist dies besonders effektiv. Bisherige Konzepte ohne Bezug zur Arbeitswelt In der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit wurde in den letzten Jahren versucht, Personen mit Schriftsprachdefiziten durch gezielte Angebote persönliche und berufliche Perspektiven zu eröffnen. Allerdings hat sich gezeigt, dass die Angebote zur Alphabetisierung Erwachsener einen relativ geringen Bezug zur Arbeitswelt aufweisen. Weder die bereits vorliegenden Arbeitserfahrungen der Teilnehmer noch die branchen- und betriebsspezifischen Ansprüche an die Schriftsprache 6