Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt. BErichtE des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt

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1 Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt BErichtE des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt heft 10/2013

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3 Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt Kerstin Mammen, Ubbo Mammen, Gunthard Dornbusch & Stefan Fischer

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5 Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013 Inhaltsverzeichnis Vorwort... 4 Grundlagen und Umsetzung der Gebietsmeldungen... 5 Ersterfassungen und Monitoring in den EU-Vogel schutzgebieten... 7 Ausblick Dank Europäische Vogelschutzgebiete EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst EU SPA Zerbster Land EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) EU SPA Hakel EU SPA Aland-Elbe-Niederung EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung EU SPA Milde-Niederung/Altmark EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide EU SPA Elbaue Jerichow EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch EU SPA Vogelschutzgebiet Alten grabower Heide EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster EU SPA Auenwald Plötzkau EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz EU SPA Nordöstlicher Unterharz EU SPA Salziger See und Salzatal EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle EU SPA Glücksburger Heide EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide EU SPA Feldflur bei Kusey EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd EU SPA Mahlpfuhler Fenn EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck EU SPA Huy nördlich Halberstadt EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg EU SPA Buchenwälder um Stolberg EU SPA Zeitzer Forst EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide Literaturverzeichnis

6 Vorwort Über Millionen von Jahren hat sich auf unserem Planeten eine faszinierende Arten- und Formenvielfalt entwickelt. Diese biologische Vielfalt an Pflanzen und Tieren ist ein unschätzbarer Reichtum dieser Erde. Immer häufiger ist diese Vielfalt jedoch durch das Wirken des Menschen bedroht. Die ständig weiter voranschreitende Rodung des tropischen Regenwaldes, die Ausdehnung der Wüstengebiete aufgrund von Holzeinschlag, Überweidung und Wasserentzug, die großflächige Trockenlegung von Feuchtgebieten und Flussdeltas mit nachfolgender intensiver Landwirtschaft sowie die zunehmende Verbauung von Flüssen veranschaulichen dies sehr deutlich. Diesen steigenden Beeinträchtigungen Einhalt zu gebieten war das Ziel der internationalen Umweltkonferenz in Rio de Janeiro im Jahre Deutschland hat maßgeblich zum Gelingen der dort verabschiedeten Biodiversitätskonvention beigetragen und sie im Dezember 1993 ratifiziert. Wie ernst es um die Erhaltung der biologischen Vielfalt auf der Erde steht, zeigen die Nachfolgekonferenzen Rio in New York, Rio in Johannesburg und Rio+20 im Juni 2012 wiederum in Rio de Janeiro. Auch in unserem Bundesland soll die Umsetzung der Biodiversitätskonvention im Rahmen der im Jahre 2010 verabschiedeten Biodiversitätsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt helfen, den in den vergangenen Jahrzehnten eingetretenen Beeinträchtigungen der wild lebenden Pflanzenund Tierarten, insbesondere aber ihrer Lebensräume, sowie dem Verlust an genetischer Vielfalt entgegenzuwirken. Vorreiter im globalen Naturschutz ist bis heute der Vogelschutz. Gründe dafür sind einerseits die Faszination der Menschen an der Formenvielfalt und an den Leistungen der Vögel auf ihren Zugwegen sowie die vergleichsweise gute Kenntnis der Vogelwelt, andererseits aber auch die zunehmende Bedrohung ihrer Lebensräume. Zum Schutz der in Europa vorkommenden Vogelarten trat deshalb bereits 1979 die so genannte EU-Vogelschutzrichtlinie in Kraft. Auf ihrer Grundlage wurden in Sachsen-Anhalt bis zum Jahre Europäische Vogelschutzgebiete mit einem Anteil von 8,3 % an der Landesfläche gemeldet. Damit wurden die bedeutendsten Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiete für die Vogelwelt in unserem Lande formal gesichert. Im Rahmen des Monitoringkonzeptes der Staatlichen Vogelschutzwarte wurden in den Jahren danach die Bestandserfassungen der Brutvögel in allen 32 Vogelschutzgebieten durchgeführt. Außerdem wurde die Erfassung der Rastvögel, die überwiegend ehrenamtlich und auch über diese Schutzgebiete hinausgehend erfolgte, koordiniert. Wiederholt konnte ich mich, insbesondere auch auf dem Treffen der Wasservogelzähler in Steckby, persönlich von dem hohen ehrenamtlichen Engagement bei diesen Tätigkeiten überzeugen und möchte mich an dieser Stelle als Präsident des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt ausdrücklich dafür bedanken. Die Ergebnisse der Arbeiten werden in der vorliegenden Dokumentation über die EU-Vogelschutzgebiete Sachsen-Anhalts als Grundlage für die Berichtspflichten an die EU, für die Erarbeitung von Managementplänen und für die Beurteilung von Eingriffen anschaulich zusammengefasst und der Öffentlichkeit verfügbar gemacht. Wir wollen damit auch ausdrücklich auf die Schönheit und Schutzwürdigkeit dieser Perlen des Vogelschutzes hinweisen und dazu anregen, insbesondere auch dort die faszinierende Vogelwelt unseres Landes zu erkunden. Die hier dargestellten Ergebnisse zum aktuellen Brutund Rastvogelgeschehen in den EU-Vogelschutzgebieten sind eine hervorragende Grundlage für die nächsten notwendigen Schritte. Dies sind der Aufbau eines Monitorings in den EU SPA, die landesrechtliche Sicherung der Gebiete, die Erarbeitung, vor allem aber auch die Umsetzung von Managementplänen, um den Schutz der heimischen Vogelwelt dauerhaft zu sichern. Klaus Rehda Präsident 4

7 Grundlagen und Umsetzung der Gebietsmeldungen Im Jahre 1979 trat die RICHTLINIE 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, die so genannte EU-Vogelschutzrichtlinie, zum Schutz der in Europa vorkommenden Vogelarten in Kraft. Dies kann als Meilenstein im europäischen Vogel- und Naturschutz bezeichnet werden, denn nach dieser Richtlinie genießen alle europäischen Vogelarten einen Schutzstatus. Für die im Anhang I der Richtlinie aufgeführten Arten sind nach Artikel 4 besondere Schutzgebiete auszuweisen. Im Jahre 2009 wurde die EU-Vogelschutzrichtlinie kodifiziert (weitgehend unverändert) neu erlassen (RICHTLINIE 2009/147/EG). In vielen europäischen Ländern wurde allerdings insbesondere der Gebietsschutz nur sehr zögerlich umgesetzt. Deshalb erarbeitete der Internationale Rat für Vogelschutz (ICBP), inzwischen BirdLife International, im Auftrag der Europäischen Gemeinschaft Mitte der 1980er Jahre ein über den EG-Bereich hinausgehendes Inventar von Important Bird Areas (IBA) in Europe, das am bestätigt wurde (GRIMMETT & JONES 1989) und das als Referenzliste für die Ausweisung von EU- Vogelschutzgebieten diente. Bereits im Jahre 1991 wurde in Sachsen-Anhalt auf dieser Grundlage von der Staatlichen Vogelschutzwarte eine Fachvorlage für die Beantragung von neun EU-Vogelschutzgebieten (EU SPA) erarbeitet. Das Land Sachsen-Anhalt meldete diese neun EU SPA mit einer Fläche von ha (ca. 1,3 % der Landesfläche) im November 1992 an die EU-Kommission. Es waren die EU SPA Steckby-Lödderitzer Forst, Zerbster Land, Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See, Helmestausee Berga-Kelbra, Hakel, Aland-Elbe-Niederung, Drömling, Landgraben-Dumme-Niederung und Milde- Niederung/Altmark (DORNBUSCH et al. 1996). Mit der Verabschiedung der RICHTLINIE 92/43/EWG, der so genannten Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie, im Jahre 1992 wurden die Vorgaben der EU-Vogelschutzrichtlinie für die besonderen Schutzgebiete (EU SPA einschließlich der Ramsar-Gebiete) verbindlich. Im Auftrag von BirdLife International wurde die Inventarliste der Important Bird Areas in den Jahren 1997 und 1998 europaweit um ein Vielfaches erweitert (HEATH & EVANS 2000) und für Deutschland im Jahr 2002 endgültig festgeschrieben (SUDFELDT et al. 2002). Diesen neuen Bedingungen Rechnung tragend, begannen in Sachsen-Anhalt im Jahr 1999 intensive Arbeiten zur Ausweisung weiterer EU-Vogelschutzgebiete. Erneut wurden die fachlichen Grundlagen von den Landesbehörden in enger Zusammenarbeit mit dem Ornithologenverband Sachsen-Anhalt, dem NABU und vielen weiteren ehrenamtlich tätigen Ornithologen erarbeitet. Dabei wurden die Artvorkommen, die Vorkommensschwerpunkte der einzelnen Arten und Vogelansammlungen im Sinne der Ramsar-Konvention auf der Grundlage aller zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten (DORNBUSCH 2002, DORNBUSCH et al. 2004a, FISCHER & DORNBUSCH 2004, GNIELKA & ZAUMSEIL 1997) lokalisiert, kartografisch bearbeitet und Gebietsabgrenzungen festgelegt. Insbesondere fanden hier die Großtrappe als global gefährdete Art, der Rotmilan als Art mit ungünstigem Erhaltungszustand und Verbreitungsschwerpunkt in Europa, Vogelarten der Auen und Heiden sowie Zug- und Gastvogelarten besondere Berücksichtigung. Im Ergebnis dieser Arbeiten wurde die Gebietskulisse der EU-Vogelschutzgebiete mit Beschluss der Landesregierung vom 28./29. Februar 2000 auf 23 EU SPA mit einer Fläche von ha (ca. 6,0 % der Landesfläche) erweitert (DORNBUSCH 2001). Auch bei dieser Ausweisung von EU-Vogelschutzgebieten orientierte man sich in Sachsen-Anhalt an der Kulisse der Important Bird Areas, insbesondere auch deshalb, weil das Inventar der Important Bird Areas seitens der Europäischen Union in der Vergangenheit für die Beurteilung des Standes der Ausweisung von EU- Vogelschutzgebieten herangezogen worden war. Dem entsprechend wurden auch die Vogelschutzgebiete Sachsen-Anhalts auf der Grundlage der festgelegten IBA-Kriterien ausgewählt, die von GRIMMETT & JONES (1989) ausgearbeitet und 1995, 1997 und 1999 fortgeschrieben worden sind (BIRDLIFE INTERNATIONAL 1999, DOER et al. 2002) (Tab. 1). Im Wesentlichen werden dabei IBA von globaler Bedeutung (A-Kriterien), von gesamt-europäischer Bedeutung (B-Kriterien) und von herausragender Bedeutung in der EU (C-Kriterien) unterschieden. In den IBA von globaler Bedeutung geht es um den Schutz von global gefährdeten Vogelarten, in Deutschland von Großtrappe oder Moorente, aber auch um den Schutz von großen Vogelansammlungen, insbesondere von Wasservögeln im Sinne der Ramsar-Konvention. Ebenfalls um den Schutz von Vogelansammlungen (B1), aber auch um den Schutz von Gebieten mit besonderer Bedeutung für Arten mit einem ungünstigen Erhaltungszustand in Europa (B2) sowie von Arten mit einem europaweit günstigen Erhaltungszustand und auf Europa konzentrierten globalen Populationen (B3), geht es in den IBA von gesamt-europäischer Bedeutung. Die IBA von herausragender Bedeutung in der EU (C) stellen eine Ergänzung zu den bisher genannten Gebieten dar, jedoch sind die Schwellenwerte zur Einstufung der Arten bzw. Artengruppen in die entsprechenden Kriterien nur auf die Bestände in der EU bezogen. Ein weiteres darin enthaltenes Kriterium ist, ob das betreffende Gebiet eines der fünf wichtigsten Gebiete in der jeweiligen europäischen Region für Arten oder Unterarten, die in der EU als gefährdet betrachtet werden, darstellt (ein so genanntes Top-5-Gebiet). In Deutschland wurden für die Auswahl von IBA und EU SPA aus pragmatischen Gründen die Bundesländer als Regionen betrachtet. Für eine Schutzgebietsauswahl reichte bereits die Erfüllung nur eines IBA-Kriteriums aus. Im Gegensatz zur Festlegung von IBA kann ein EU SPA aber auch ohne die Erfüllung von IBA-Kriterien ausgewiesen werden, um artspezifischen Besonderheiten gerecht zu werden. In einem ergänzenden Aufforderungsschreiben zur Meldung von Vogelschutzgebieten in Deutsch- 5

8 Tab. 1: Kriterien für die Ausweisung von EU SPA in Sachsen-Anhalt (= IBA-Kriterien; vgl. DOER et al. 2002) ohne Kriterien, die ausschließlich Seevogelarten betreffen. A-Kriterien: Gebiete von globaler Bedeutung A1: Vorkommen von global gefährdeten Vogelarten Gebiet, in dem regelmäßig eine bedeutsame Anzahl einer global gefährdeten Vogelart vorkommt A4: Vorkommen von Vogelansammlungen A4i: Gebiet, in dem sich regelmäßig > 1 % der biogeografischen Population einer schwarm- oder koloniebildenden Wasservogelart aufhält A4ii: Gebiet, in dem sich regelmäßig > 1 % der globalen Population einer schwarm- oder koloniebildenden terrestrischen Vogelart aufhält A4iii: Gebiet, in dem sich regelmäßig > Wasservögel aufhalten A4iv: Gebiet, das regelmäßig > Störche, Greifvögel oder Kraniche auf dem Heim- oder Wegzug passieren B-Kriterien: Gebiete von gesamt-europäischer Bedeutung B1: Vorkommen von Vogelansammlungen B1i: Gebiet, in dem sich regelmäßig > 1 % des Bestandes der Flyway- oder einer unterscheidbaren Population einer Wasservogelart aufhält B1iii: Gebiet, in dem sich regelmäßig > 1 % des Bestandes der Flyway- oder einer unterscheidbaren Population einer anderen schwarmbildenden Vogelart aufhält B1iv: Gebiet stellt eine Flaschenhalsregion dar, die regelmäßig > Störche oder > Greifvögel oder Kraniche auf dem Heim- oder Wegzug passieren B2: Vorkommen von Arten mit ungünstigem Erhaltungszustand in Europa Eines der n wichtigsten Gebiete eines Landes für eine regional abnehmende, gefährdete, seltene oder Art mit geografischer Restriktion in Europa B3: Vorkommen von Arten mit günstigem Erhaltungszustand in Europa Eines der n wichtigsten Gebiete eines Landes für eine Art mit günstigem Erhaltungszustand, deren globale Populationen sich aber in Europa konzentrieren C-Kriterien: Gebiete von herausragender Bedeutung innerhalb der EU C1: Vorkommen global gefährdeter Vogelarten Gebiet, in dem regelmäßig eine bedeutsame Anzahl einer global gefährdeten Vogelart vorkommt C2: Vorkommen von Konzentrationen einer Art, die in der EU gefährdet ist Gebiet, in dem regelmäßig > 1 % der Flyway- oder der EU-Brutpopulation einer gefährdeten Vogelart auftritt C3: Vorkommen von Ansammlungen einer wandernden Art, die in der EU nicht gefährdet ist Gebiet, in dem regelmäßig > 1 % der Flyway-Population von anderen, nicht gefährdeten Zugvogelarten auftritt C4: Vorkommen großer Vogelansammlungen Gebiet, in dem sich regelmäßig > Wasservögel aufhalten C5: Flaschenhalsregionen Gebiet stellt eine Flaschenhalsregion dar, die regelmäßig > Störche oder > Greifvögel oder Kraniche auf dem Heim- oder Wegzug passieren C6: Vorkommen in der EU gefährdeter Vogelarten Das Gebiet ist eines der 5 wichtigsten Gebiete in der betreffenden Region für Arten oder Unterarten, die in der EU als gefährdet betrachtet werden C7: andere ornithologische Kriterien Der geringe Landesbestand der Großtrappe hält sich fast ausschließlich im EU SPA Fiener Bruch auf (Foto: D. März). land bescheinigte die Europäische Kommission Sachsen-Anhalt im Frühjahr 2003 die bisher fachlich beste Umsetzung bei der Ausweisung von EU SPA in Deutschland. Die darin gleichzeitig formulierten Anregungen der Kommission sowie Veränderungen in der Avifauna und neue Erkenntnisse (SUDFELDT et al. 2002, DORNBUSCH & SCHÖNBRODT 2003) waren Anlass, das Gebietssystem der EU-Vogelschutzgebiete in Sachsen-Anhalt zu vervollkommnen. Mit Beschluss der Landesregierung vom 09. September 2003 wurden schließlich 32 EU SPA mit einer Fläche von ha (ca. 8,3 % der Landesfläche) an die EU-Kommission gemeldet (DORNBUSCH & FISCHER 2007, Tab. 2). Die drei ausgewiesenen Ramsar-Gebiete des Landes (Helmestausee Berga-Kelbra, Niederung der Unteren Havel sowie Aland-Elbe-Niederung und Elbaue Jerichow) sind vollständig in den EU SPA enthalten. Im bundesweiten Vergleich steht Sachsen-Anhalt hinsichtlich des Anteils der Vogelschutzgebiete an der Gesamtfläche damit im unteren Mittelfeld. Im Bundesdurchschnitt sind 11,2 % der terrestrischen Fläche als Vogelschutzgebiete gesichert. Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben mit 24,5 bzw. 22,0 % fast ein Viertel ihrer jeweiligen Landesfläche unter den besonderen Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinie gestellt (SUDFELDT et al. 2009). 6

9 Lage der EU-Vogelschutzgebiete (EU SPA) in Sachsen-Anhalt. Ersterfassungen und Monitoring in den EU-Vogel schutzgebieten Ausgangssituation Bis zum Jahr 2000 wurden in den EU SPA 55 regelmäßige Brut- und Gastvogelarten sowie weitere 16 sehr seltene Gastvogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie ermittelt (WEBER et al. 2003). Arten wie Rohrdommel, Schwarzstorch, Weißstorch, Singschwan, Weißwangengans, Zwergsäger, Rotmilan, Seeadler, Schreiadler, Fischadler, Wanderfalke, Tüpfelsumpfhuhn, Wachtelkönig, Kranich, Großtrappe, Kampfläufer, Trauerseeschwalbe, Uhu, Sperlingskauz, Ziegenmelker, Mittelspecht, Brachpieper, Sperbergrasmücke und Ortolan charakterisieren das Artenspektrum der Brut- und Rastvögel sowie die Strukturvielfalt der Gebiete. Aber auch Zugvogelarten wie beispielsweise Saatgans und Blässgans, die dem Artikel 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie unterliegen, sind regelmäßig in den entsprechenden Gebieten anzutreffen. 7

10 Mecklenburg- Vorpommern Rheinland-Pfalz Baden- Holstein Berlin Niedersachsen Schleswig- Nordrhein- Westfalen Tab. 2: EU-Vogelschutzgebiete (EU SPA) in Sachsen-Anhalt und Erfüllung der IBA-Kriterien in den Gebieten (Stand nach Kabinettsbeschluss vom ). Erklärung der Kriterien s. Tab. 1. Landes-Nr. EU-Nr. Name des Schutzgebietes Flächengröße Kriterienerfüllug SPA0001LSA DE Mittlere Elbe einschließlich Steckby ,34 ha A4i, A4iii, B1i, B2, B3, C2, C3, C4, C6, C7 Lödderitzer Forst SPA0002LSA DE Zerbster Land 6.206,95 ha A1, A4i, A4iii, B1i, C1, C3, C4, C6, C7 SPA0003LSA DE Untere Havel/Sachsen-Anhalt und 5.744,08 ha A4i, A4iii, B1i, B1iv, B2, B3, C2, C3, C4, C5, C6, C7 Schollener See SPA0004LSA DE Helmestausee Berga-Kelbra 784,29 ha A4i, B1i, B1iv, C3, C5, C6, C7 SPA0005LSA DE Hakel 6.441,47 ha B2, B3, C6, C7 SPA0006LSA DE Aland-Elbe-Niederung 5.122,53 ha A4i, A4iii, B1i, B1iv, C2, C3, C4, C5, C6, C7 SPA0007LSA DE Vogelschutzgebiet Drömling ,74 ha A4i, B1i, B1iv, B2, C2, C3, C5, C6, C7 SPA0008LSA DE Landgraben-Dumme-Niederung 2.576,75 ha C6, C7 SPA0009LSA DE Milde-Niederung/Altmark 2.206,54 ha A4i, B1i, C3, C7 SPA0010LSA DE Vogelschutzgebiet Klietzer Heide 2.251,98 ha B2, C6, C7 SPA0011LSA DE Elbaue Jerichow ,12 ha A1, A4i, A4iii, B1i, B2, B3, C1, C2, C3, C4, C6, C7 SPA0012LSA DE Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide ,65 ha B2, C6, C7 SPA0013LSA DE Vogelschutzgebiet Fiener Bruch 3.666,78 ha A1, B1i, C1, C2, C6, C7 SPA0014LSA DE Vogelschutzgebiet Altengrabower Heide 3.742,03 ha B2, C6, C7 SPA0015LSA DE Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg 2.257,71 ha A4i, A4iii, B1i, B2, C2, C3, C4, C6, C7 SPA0016LSA DE Mündungsgebiet der Schwarzen Elster 3.921,41 ha A4i, B1i, C2, C3, C6, C7 SPA0017LSA DE Auenwald Plötzkau 384,71 ha B2, C6, C7 SPA0018LSA DE Vogelschutzgebiet Hochharz 6.112,12 ha C6, C7 SPA0019LSA DE Nordöstlicher Unterharz ,57 ha B3, C6, C7 SPA0020LSA DE Salziger See und Salzatal 650,49 ha A4i, B1i, C3, C6, C7 SPA0021LSA DE Saale-Elster-Aue südlich Halle 4.759,66 ha A1, A4i, B1i, B2, C1, C3, C6, C7 SPA0022LSA DE Glücksburger Heide 1.803,37 ha B2, C6, C7 SPA0023LSA DE Vogelschutzgebiet Annaburger Heide 6.075,64 ha B2, C6, C7 SPA0024LSA DE Feldflur bei Kusey 4.910,64 ha C6, C7 SPA0025LSA DE Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd 222,34 ha C7 SPA0026LSA DE Mahlpfuhler Fenn 1.209,79 ha C6, C7 SPA0027LSA DE Fallsteingebiet nördlich Osterwieck 1.390,37 ha C6, C7 SPA0028LSA DE Huy nördlich Halberstadt 2.004,51 ha C6, C7 SPA0029LSA DE Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode 3.612,67 ha C6, C7 und Blankenburg SPA0030LSA DE Buchenwälder um Stolberg 3.676,66 ha C6, C7 SPA0031LSA DE Zeitzer Forst 1.717,93 ha C6, C7 SPA0032LSA DE Mittlere Oranienbaumer Heide 2.024,09 ha C6, C7 Gesamt Flächensumme Prozent der Landesfläche von Sachsen-Anhalt ,93 ha 8,3 % In Sachsen-Anhalt lag damit ein vergleichsweise gutes Datenmaterial über das Vorkommen vieler Vogelarten vor, auch zu den Arten des Anhangs I der EU- Vogelschutzrichtlinie in den EU SPA (WEBER et al. 2003). Das Landesamt für Umweltschutz/Staatliche Vogelschutzwarte (Fachbehörde für Naturschutz) erachtete diese Daten trotzdem als nicht ausreichend: 1. für die Erfüllung der internationalen Berichtspflichten nach EU-Vogelschutz- und FFH-Richtlinie, 2. für die Abschätzung des Erhaltungszustandes der Arten in den Gebieten, 3. als Entscheidungsgrundlage für Planungen und Eingriffe in die Landschaft, 30 % Flächenanteil Deutschland Fläche in ha Fläche in ha Anzahl Gebiete Entwicklung der Anzahl und der Flächengröße der EU-Vogelschutzgebiete (EU SPA) in Sachsen-Anhalt Anzahl Gebiete Brandenburg Bremen Hessen Thüringen Sachsen Württemberg Saarland Prozentualer Flächenanteil der EU SPA an den Gesamtflächen der einzelnen Bundesländer. Sachsen-Anhalt Bayern Hamburg 8

11 4. als Grundlage für den Aufbau eines regelmäßigen Monitorings in den Gebieten sowie 5. als Grundlage für Management und Pflege der Gebiete. Ersterfassungen der Brutvögel Deshalb begann das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt/Staatliche Vogelschutzwarte im Jahre 2003 mit der Durchführung von Ersterfassungen der wertgebenden Brutvogelarten (Anhang I Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie und Arten der Kategorien 1 und 2 der Roten Liste Sachsen-Anhalts, DORNBUSCH et al. 2004b). Die Kartierungen erfolgten punktgenau und nach einheitlichem methodischen Standard (SÜDBECK et al. 2005). Sie stellen für jedes EU SPA Momentaufnahmen eines Jahres, in Ausnahmefällen zweier Jahre dar, während bisher vorliegende Zahlen in den Standarddatenbögen bzw. bei WEBER et al. (2003) verschiedene Erfassungen bzw. Beobachtungen aus Zeiträumen von ca. 10 Jahren beinhalten. Bis einschließlich 2009 wurden in allen 32 EU- Vogelschutzgebieten Ersterfassungen durchgeführt (FISCHER & DORNBUSCH 2010a). In den meisten Gebieten erfolgten diese flächendeckend, in den zwei sehr großen Gebieten EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst und EU SPA Nordöstlicher Unterharz jeweils nur auf Teil- bzw. Probeflächen (KATTHÖVER 2005b, PATZAK & SEELIG 2006). Vielfach bestätigten die Ergebnisse der Ersterfassungen die bisherigen Kenntnisse über das Vorkommen und die Häufigkeit der Arten in den einzelnen Gebieten, andererseits erbrachten sie aber auch viele neue und zum Teil überraschende Erkenntnisse. Auf der Basis der Kartierungen in den Heidegebieten musste beispielsweise die Bestandsschätzung des Ziegenmelkers im Land deutlich korrigiert werden. Während die Art vorher mit Revieren veranschlagt worden ist (DORNBUSCH et al. 2004a), wurden nach den Kartierungen etwa Reviere für Sachsen-Anhalt geschätzt (DORNBUSCH et al. 2007), da allein in den Vogelschutzgebieten um 900 Reviere kartiert worden waren. Ähnlich sind die Verhältnisse beim Mittelspecht. Wurde der Landesbestand um 1999 noch auf Reviere geschätzt (DORNBUSCH et al. 2004a), musste nach den Ergebnissen der Ersterfassungen (mit ca Revieren) der Schätzwert bereits auf Reviere angehoben werden (DORNBUSCH et al. 2007). Nach einer landesweiten Erfassung der Spechtarten wird der Mittelspecht-Bestand nun mit Revieren eingeschätzt (MAMMEN & MAMMEN 2012). Im Rahmen aktueller landesweiter Kartierungen ausgewählter Anhang I-Arten (Rohr- und Zwergdommel, SCHULZE 2012a; Blaukehlchen, SCHULZE 2011; Sperlingsund Raufußkauz, PSCHORN 2011a; Grauspecht, Mittelspecht und Schwarzspecht, MAMMEN & MAMMEN 2012; Brachpieper, SCHULZE & SCHÄFER 2012) erhobene Daten Tab. 3: Übersicht über die aktuellen maximalen Brutbestände der Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie (Stand 2010/11) in den EU SPA Sachsen-Anhalts sowie deren jeweilige Anteile an den Landesbeständen. Bestand Sachsen-Anhalt (Stand ) nach DORNBUSCH et al. (2007), ergänzt (zur Berechnung des Bestandsanteils in den EU SPA wurde bei Spannenangaben jeweils der Maximalwert genutzt). Art aktuelle max. Gesamtbestände in EU SPA Bestand Sachsen-Anhalt Anteil in EU SPA Birkhuhn (Vögel) Auerhuhn (Vögel) 1-2 1) ausgestorben - Rohrdommel Zwergdommel Schwarzstorch ,3 Weißstorch ,5 Fischadler ,2 Wespenbussard Schreiadler ) Wiesenweihe ,6 Rohrweihe Rotmilan ,1 Schwarzmilan ,9 Seeadler ,4 Wanderfalke ,2 Kranich Großtrappe (Vögel) ) Wachtelkönig ,9 Tüpfelsumpfhuhn ) Kleines Sumpfhuhn Säbelschnäbler Schwarzkopfmöwe ,3 Weißbart-Seeschwalbe Trauerseeschwalbe ) Flussseeschwalbe Raufußkauz ,1 Sperlingskauz ,7 Sumpfohreule Uhu Ziegenmelker ,6 Eisvogel ,1 Grauspecht ,8 Schwarzspecht ,6 Mittelspecht ,6 Neuntöter ,4 Heidelerche ,2 Sperbergrasmücke ,2 Zwergschnäpper ,7 Blaukehlchen ,8 Brachpieper ,4 Ortolan ,3 1) Der autochthone Auerhuhnbestand im Hochharz muss mittlerweile als ausgestorben gelten. Möglicherweise noch vorkommende Einzelvögel gehen auf Aussetzungen zurück. 2) Vom Schreiadler waren zu Beginn des Kartierzeitraums noch 2 Brutpaare anwesend, der aktuelle Brutbestand liegt jedoch bei nur noch einem Paar. 3) Der Großtrappenbestand schwankt jährlich. Bei der geringen Anzahl können in einem Jahr auch einmal mehr Großtrappen ganzjährig auftreten, als der über 2 bis 3 Jahre aktuell eingeschätzte Landesbestand. Rechnerisch würde sich dann ein Bestandsanteil größer 100 % ergeben. 4) s. Anmerkungen zur Großtrappe. 5) Der Trauerseeschwalbenbestand schwankt jährlich grenzübergreifend zum Land Brandenburg. In den letzen Jahren hat der Bestand in Sachsen-Anhalt aufgrund gezielter Förderung zugenommen. Es brüten weiterhin 100 % aller Trauerseeschwalben des Landes in EU SPA. haben die Ergebnisse der Ersterfassungen in den Vogelschutzgebieten inzwischen ergänzt. Tab. 3 gibt einen Gesamtüberblick über die kartierten Brutvorkommen der Anhang I-Arten in den EU SPA und stellt sie in Beziehung zu den Schätzungen der Landesbestände (DORNBUSCH et al. 2007, aktualisiert für die 9

12 Birkhuhn Schreiadler Großtrappe Tüpfelsumpfhuhn Säbelschnäbler Weißbart-Seeschw. Trauerseeschwalbe Brachpieper Ziegenmelker Sumpfohreule Flussseeschwalbe Wachtelkönig Zwergschnäpper Kleines Sumpfhuhn Seeadler Schwarzstorch Zwergdommel Mittelspecht Sperlingskauz Blaukehlchen Schwarzkopfmöwe Fischadler Kranich Rohrdommel Grauspecht Wanderfalke Wiesenweihe Sperbergrasmücke Raufußkauz Wespenbussard Neuntöter Heidelerche Eisvogel Schwarzmilan Rotmilan Schwarzspecht Rohrweihe Uhu Ortolan Weißstorch Übersicht über die in den EU SPA Sachsen-Anhalts siedelnden Anteile des Landesbestandes der Vogelarten des Anhangs I der EU- Vogelschutzrichtlinie (Stand 2010/11). Datengrundlage und Berechnung vgl. Tab. 3. Berichtspflichten an die EU auf der Grundlage von landesweiten Arterfassungen (MAMMEN & MAMMEN 2012, PSCHORN 2011a, SCHULZE 2011, SCHULZE 2012a, SCHULZE & SCHÄFER 2012), des Atlas der Brutvögel im Norden Sachsen-Anhalts (FISCHER & PSCHORN 2012) sowie der Sachsen-Anhalt betreffenden Daten des Atlas Deutscher Brutvogelarten (ADEBAR). Diese Übersicht zeigt, dass durch die Ausweisung der Vogelschutzgebiete für viele Arten tatsächlich die bedeutendsten Brutgebiete gesichert worden sind (vgl. auch FISCHER et al. 2007). Besonders hohe Bestandsanteile befinden sich von Birkhuhn, Schreiadler, Großtrappe, Tüpfelsumpfhuhn, Säbelschnäbler, Weißbart-Seeschwalbe und Trauerseeschwalbe (je 100 %), Brachpieper (79,4 %), Ziegenmelker (78,6 %), Sumpfohreule (75 %), Flussseeschwalbe (70 %), Wachtelkönig (68,9 %), Zwergschnäpper (66,7 %) und Kleines Sumpfhuhn (60 %) innerhalb von Vogelschutzgebieten. Bemerkenswert sind auch die hohen Bestandsanteile von Raufußkauz (56,6 %), Seeadler (47,4 %), Schwarzstorch (43,3 %), Zwergdommel (40 %), Mittelspecht (38,6 %) und Blaukehlchen (34,8 %) in den EU SPA. Nur geringe bis sehr geringe Anteile sind von Eisvogel (15,1 %), Schwarzmilan (14,9 %), Rotmilan (12,1 %), Schwarzspecht (10,6 %), Rohrweihe (8 %) und Uhu (6 %) in Vogelschutzgebieten gesichert. Einen Sonderfall stellt der Weißstorch dar, von dem als vorrangigem Siedlungsbrüter zwar nur 4,5 % aller Brutpaare Sachsen-Anhalts in Vogelschutzgebieten brüten, aber deutlich höhere Anteile auf Nahrungsflächen innerhalb der EU SPA angewiesen sind. Alle in Sachsen-Anhalt bekannten Brutvorkommen der Trauerseeschwalbe befinden sich innerhalb von EU SPA (Foto: M. Kuhnert). 10

13 Erfassungen und Datenrecherche von Rastvögeln Für die wandernden Vogelarten nach Art EU- Vogelschutzrichtlinie wurden im Jahr 2008 für vier EU SPA im Norden Sachsen-Anhalts Daten recherchiert bzw. Kartierungen vorgenommen. Dabei fanden Daten der Wasservogelzählungen, von länderübergreifenden Gänse-/Schwanenzählungen sowie aus avifaunistischen Jahresberichten Berücksichtigung. Zur Untermauerung der Ergebnisse wurden im Frühjahr 2008 zusätzlich spezielle Rastvogel-Erfassungen durchgeführt (JANSEN 2008a). Damit lagen für die EU SPA Landgraben-Dumme-Niederung, Aland-Elbe-Niederung, Untere Havel Sachsen-Anhalt und Schollener See (Nordteil) und Elbaue Jerichow (Nordteil) erstmals komprimierte Daten für diese Arten vor (JANSEN 2008b). Im Rahmen der nun vorliegenden Übersicht über die EU SPA Sachsen-Anhalts wurden 2010/2011 analoge Rastvogel-Daten für weitere EU SPA (Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst, Zerbster Land, Untere Havel Sachsen-Anhalt und Schollener See (Südteil), Helmestausee Berga-Kelbra, Milde- Niederung/Altmark, Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg, Mündungsgebiet der Schwarzen Elster, Salziger See und Salzatal, Saale-Elster-Aue südlich Halle) erhoben, aus fertig gestellten bzw. in Bearbeitung befindlichen Managementplänen (Vogelschutzgebiet Fiener Bruch) bzw. von den Schutzgebietsverwaltungen (Vogelschutzgebiet Drömling, Feldflur bei Kusey) übernommen, um in Ornithologischen Jahresberichten veröffentlichte Daten ergänzt und zu einem Gesamtdatensatz zusammengestellt (ÖKOTOP 2011). Weiterhin wurden für die Gebiete die Daten aus der Wasservogelzählung (z. B. SCHULZE 2008) sowie aus den landesweiten Erfassungen zu einzelnen Rastvogelarten, z. B. für Goldregenpfeifer (SCHULZE 2010b), Kranich (PSCHORN & SCHEIL 2011), Schwäne (SCHULZE 2012b), recherchiert und integriert Aktuelle Situation in den EU SPA Auf der Grundlage der umfassenderen Kartierungen in den EU SPA nach 2000 wurden insgesamt 195 Vogelarten in die einzelnen Gebietstabellen dieser Dokumentation aufgenommen. Bei den Brutvögeln sind darunter 35 regelmäßig (z. B. Rohrdommel, Seeadler, Heidelerche) und 4 unregelmäßig brütende Arten (z. B. Säbelschnäbler) sowie 2 nur noch sporadisch auftretende Arten (z. B. Birkhuhn) des Anhang I der EU- Vogelschutzrichtlinie enthalten. Weitere 16 Brutvogelarten (z. B. Löffelente, Kiebitz, Ringdrossel) unterliegen den Kategorien 1 und 2 der Roten Liste Sachsen- Anhalts (DORNBUSCH et al. 2004b). Ergänzend werden weitere 24 Arten (z. B. Wendehals, Grünlaubsänger, Grauammer) genannt, die für bestimmte Gebiete besonders bemerkenswert oder von landesweitem Interesse sind. Bei den wandernden Arten unterliegen 10 häufiger (z. B. Singschwan, Weißwangengans, Goldregenpfeifer) und 20 seltener auftretende Arten (z. B. Rothalsgans, Eistaucher, Seggenrohrsänger) dem Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie. Daneben sind weitere 61 häufiger (z. B. Saatgans, Pfeifente, Rauchschwalbe) und 23 seltener auftretende Arten (z. B. Eiderente, Löffler, Steinwälzer) des Art. 4.2 dokumentiert. In Tab. 4 wird die aktuelle Erfüllung der IBA-Kriterien in den EU SPA dargestellt. Bei einem Vergleich der aktuellen Kriterienerfüllung mit der Kriterienerfüllung aus Das seltene Tüpfelsumpfhuhn kommt landesweit nur in wenigen EU SPA vor (Foto: C. Moning, LBV-Archiv). 11

14 Tab. 4: EU-Vogelschutzgebiete (EU SPA) in Sachsen-Anhalt und die aktuelle Erfüllung der IBA-Kriterien in den Gebieten (Stand: ). Erklärung der Kriterien s. Tab. 1. Landes-Nr. EU-Nr. Name des Schutzgebietes Flächengröße Kriterienerfüllug SPA0001LSA DE Mittlere Elbe einschließlich Steckby ,34 ha A1, A4iii, B1i, B2, B3, C1, C3, C4, C6, C7 Lödderitzer Forst SPA0002LSA DE Zerbster Land 6.206,95 ha B1i, C3, C4, C6, C7 SPA0003LSA DE Untere Havel/Sachsen-Anhalt und 5.744,08 ha A4i, A4iii, B1i, B1iv, B2, C2, C3, C4, C5, C6, C7 Schollener See SPA0004LSA DE Helmestausee Berga-Kelbra 784,29 ha A4i, A4iii, B1i, B1iv, B2, C2, C3, C4, C5, C6, C7 SPA0005LSA DE Hakel 6.441,47 ha B2, C6, C7 SPA0006LSA DE Aland-Elbe-Niederung 5.122,53 ha A1, A4i, A4iii, B1i, B2, C1, C2, C3, C4, C6, C7 SPA0007LSA DE Vogelschutzgebiet Drömling ,74 ha A4i, A4iii, B1i, B1iv, C2, C3, C4, C5, C6, C7 SPA0008LSA DE Landgraben-Dumme-Niederung 2.576,75 ha C6, C7 SPA0009LSA DE Milde-Niederung/Altmark 2.206,54 ha A4i, B1i, C2, C3, C6, C7 SPA0010LSA DE Vogelschutzgebiet Klietzer Heide 2.251,98 ha B2, C6, C7 SPA0011LSA DE Elbaue Jerichow ,12 ha A1, A4i, A4iii, B1i, B2, B3, C1, C2, C3, C4, C6, C7 SPA0012LSA DE Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide ,65 ha B2, B3, C6, C7 SPA0013LSA DE Vogelschutzgebiet Fiener Bruch 3.666,78 ha C6, C7 SPA0014LSA DE Vogelschutzgebiet Altengrabower Heide 3.742,03 ha B2, C6, C7 SPA0015LSA DE Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg 2.257,71 ha A4i, A4iii, B1i, B2, C3, C4, C6, C7 SPA0016LSA DE Mündungsgebiet der Schwarzen Elster 3.921,41 ha A4i, A4iii, B1i, C3, C4, C6, C7 SPA0017LSA DE Auenwald Plötzkau 384,71 ha C6, C7 SPA0018LSA DE Vogelschutzgebiet Hochharz 6.112,12 ha C6, C7 SPA0019LSA DE Nordöstlicher Unterharz ,57 ha B2, B3, C6, C7 SPA0020LSA DE Salziger See und Salzatal 650,49 ha B1i, B2, C3, C6, C7 SPA0021LSA DE Saale-Elster-Aue südlich Halle 4.759,66 ha B1i, B2, C3, C6, C7 SPA0022LSA DE Glücksburger Heide 1.803,37 ha B2, C6, C7 SPA0023LSA DE Vogelschutzgebiet Annaburger Heide 6.075,64 ha B2, C6, C7 SPA0024LSA DE Feldflur bei Kusey 4.910,64 ha C6, C7 SPA0025LSA DE Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd 222,34 ha C7 SPA0026LSA DE Mahlpfuhler Fenn 1.209,79 ha C6, C7 SPA0027LSA DE Fallsteingebiet nördlich Osterwieck 1.390,37 ha C6, C7 SPA0028LSA DE Huy nördlich Halberstadt 2.004,51 ha C6, C7 SPA0029LSA DE Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode 3.612,67 ha C6, C7 und Blankenburg SPA0030LSA DE Buchenwälder um Stolberg 3.676,66 ha C6, C7 SPA0031LSA DE Zeitzer Forst 1.717,93 ha C7 SPA0032LSA DE Mittlere Oranienbaumer Heide 2.024,09 ha B2, C7 Gesamt Flächensumme Prozent der Landesfläche von Sachsen-Anhalt ,93 ha 8,3 % dem Jahr 2003 wird deutlich, dass keine gravierenden Veränderungen stattgefunden haben. Beispielsweise sind aber die Kriterien A1 und C1 im EU SPA Zerbster Land und im EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch für die Großtrappe aktuell nicht mehr erfüllt. Bei exakter Anwendung der entsprechenden Kriterien im Jahre 2003 (s. Kommentar in DORNBUSCH & FISCHER 2007) wäre dies auch schon so gewesen. Gleiches gilt für den Wegfall des A1- und C1-Kriteriums für den Wachtelkönig im EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle sowie für den Wegfall des B3-Kriteriums für den Rotmilan im EU SPA Hakel. Aber auch Neuerfüllungen von Kriterien sind zu verzeichnen, beispielsweise A1 und C1 für den Seeadler (landesweite Bestandszunahme) im EU SPA Mittlere Elbe einschl. Steckby-Lödderitzer Forst und für den Wachtelkönig (Bestandsschwankungen mit zeitweise hohem Bestand) im EU SPA Aland-Elbe-Niederung. Nichterfüllung bzw. Neuerfüllung von Kriterien bei den wandernden Arten, insbesondere den Wasservögeln, sind einerseits in der Veränderung der Schwellenwerte (s. WAHL et al. 2007), andererseits in der Veränderung des Rastgeschehens verschiedener Arten (z. B. Saatgans, Blässhuhn) begründet. Ausblick Mit der Schaffung dieser aktuellen und sehr detaillierten Datenlage ist nach der abgeschlossenen Gebietsmeldung 2003 nun ein gutes Instrument vorhanden, den Gebieten einen landesrechtlichen Schutzstatus zu verordnen und den Schutz der Vogelarten in diesen Gebieten zu sichern sowie im Rahmen zu erarbeitender Managementpläne zu entwickeln. Bei den vorgesehenen Ausweisungen als Naturschutzgebiet sind insbesondere die jeweiligen artspezifischen Erfordernisse in Beziehung zu den ökologischen Bedingungen der Gebiete zu berücksichtigen. Aber auch außerhalb der Europäischen Vogelschutzgebiete, beispielsweise im Rahmen der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt, sind verstärkt Maßnahmen zu 12

15 Die in den Flussauen ausgewiesenen EU SPA Sachsen-Anhalts gehören zu den landesweit bedeutendsten Rast- und Überwinterungsgebieten für ziehende Wasservogelarten wie z. B. den Singschwan (Foto: W. Steinborn). ergreifen, um den Schutz der Vogelwelt zu gewährleisten. Ziel aller ergriffenen bzw. noch zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist die Sicherung bzw. Wiederherstellung eines guten Erhaltungszustandes der europäischen Vogelarten in unserem Bundesland. Mit der Verordnung des Naturschutzgebietes Aland- Elbe-Niederung zum (VERORDNUNG DES LAN- DESVERWALTUNGSAMTES SACHSEN-ANHALT ÜBER DAS NATUR- SCHUTZGEBIET ALAND-ELBE-NIEDERUNG 2009) erhielt das erste EU-Vogelschutzgebiet in Sachsen-Anhalt einen gesamtgebietsspezifischen landesrechtlichen Schutzstatus. Eine diesbezügliche Einführung gibt RÖPER (2010), eine ausführliche Beschreibung des Ausweisungsverfahrens geben JÄGER et al. (2010). In dieser Beschreibung werden der Aufwand und die Langwierigkeit derartiger Verfahren ausführlich dargestellt. Dabei wird sehr deutlich, dass es noch eine geraume Zeit dauern wird, bis die erst teilweise begonnenen Verfahren für alle 32 Gebiete in Sachsen-Anhalt abgeschlossen sein werden. Managementpläne oder vergleichbare Planungen sind mit Stand März 2013 für zehn EU SPA fertig gestellt. Beispielhaft wurde das Vogelschutzgebiet Glücksburger Heide bearbeitet, das nach der Aufgabe des jahrzehntelangen militärischen Übungsbetriebes einer starken Sukzession unterliegt und für das verschiedene Managementmaßnahmen notwendig sind, um einen guten Erhaltungszustand der Vogelarten und anderer FFH-Schutzgüter zu gewährleisten (SIMON et al. 2008). Für 12 Gebiete, davon für ein Gebiet nur teilweise, befinden sich Managementpläne in Bearbeitung. Bei vier Gebieten obliegt die Erarbeitung von Managementplänen dem Bund. Insgesamt soll die Erarbeitung von Managementplänen im Jahre 2014 abgeschlossen sein (Stand ). Für vier Vogelschutzgebiete, darunter das EU SPA Zerbster Land, sollen vorerst keine Managementpläne erarbeitet werden. Hier sollen die landesrechtliche Sicherung als Naturschutzgebiet und die Umsetzung von Schutzmaßnahmen allein auf der Grundlage bisherigen Wissens erfolgen. Nach der Erstellung der fachlichen und rechtlichen Grundlagen wird es zukünftig in noch stärkerem Maße darauf ankommen, die Schutzgebietsverordnungen und Managementpläne in den EU-Vogelschutzgebieten umzusetzen. Nur so können Gefahren von den verschiedenen Vogelarten abgewendet und durch zielgerichtete Maßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes verhindert werden. Bei einigen Arten, z. B. insbesondere der Großtrappe, ist jedoch eine Verbesserung des derzeit schlechten Erhaltungszustandes dringend erforderlich. Die Umsetzung der verschiedenen Naturschutzmaßnahmen und die dafür notwenigen Abstimmungen mit Flächeneigentümern und Landnutzern werden ohne eine intensive Gebietsbetreuung und eine finanzielle Absicherung der Schutzmaßnahmen in den Vogelschutzgebieten kaum möglich sein. Nach den flächendeckend in den Vogelschutzgebieten durchgeführten Ersterfassungen wird zukünftig auch ein Monitoring in den Gebieten unumgänglich sein, um Veränderungen des Erhaltungszustandes von Arten rechtzeitig erkennen zu können, aber auch um Erfolge und Misserfolge von Managementmaßnahmen aufdecken und Modifikationen im Management ablei- 13

16 ten zu können. Im Rahmen des Monitorings der Vogelarten und ihrer Erhaltungszustände sollte dann auch die Umsetzung der Verordnungen und Managementpläne dokumentiert werden. Auch diese Aufgaben sind wohl am effektivsten durch qualifizierte Gebietsbetreuer zu realisieren. Sowohl die verarbeiteten Datengrundlagen als auch aktuelle und zukünftige Ergebnisse des Vogelmonitorings sind eine unbedingte Voraussetzung für die Erfüllung der internationalen Berichtspflichten nach der EU-Vogelschutzrichtlinie an die Europäische Union. Auch deshalb, aber auch um weiter für den Europäischen Naturschutzgedanken zu werben, werden die Ergebnisse in dieser öffentlichkeitswirksamen Form präsentiert. Dabei werden die Gebiete nachfolgend einzeln vorgestellt. Nach einem Überblick allgemeiner Angaben und einer kurzen Gebietsbeschreibung wird die jeweilige Bedeutung als EU-Vogelschutzgebiet herausgestellt. Einem aktuellen Stand der Erarbeitung von Schutz- und Erhaltungszielen folgen dann fachliche Hinweise für ein zukünftiges Gebietsmanagement. Dank Ein Werk, das über einen so umfangreichen Datenschatz verfügt, ist ohne die Mitarbeit vieler Beteiligter nicht realisierbar. Für viele Gebiete wurden in Vorbereitung der Erstellung dieser Dokumentation aktuelle Erfassungen von Zug- und Rastvögeln durchgeführt. Diese übernahmen: Michael Dech, Alexander Resetaritz, Axel Schonert, Eike Steinborn, Tobias Stenzel, Ingolf Todte sowie Mitglieder der FG Merseburg. Bei der Recherche und der Datenverarbeitung halfen: Stephan Fiedler, Anne Hecht, Katharina Kalteis, Susanne Reinhard, Romy Schiele und Nora Wuttke. Für Auskünfte und Daten zu einzelnen Gebieten oder Arten danken wir: Harald Bock, Fred Braumann, Stefan Jansen, Lukas Kratzsch, Andreas Pschorn, Björn Schäfer, Martin Schulze, Ralf Schumann, Eckart Schwarze, Michael Stubbe und Ingolf Todte. Folgende Bildautoren stellten ihre Fotos zur Verfügung: Hans-Günter Benecke, David Bley, Marcus Bosch, Stefan Ellermann, Hans-Joachim Fünfstück, Erich Greiner, Andreas Hartl, Michael Hellmann, Theo Katthöver, Manfred Kuhnert, Hartmut Labitzke, Dirk Lämmel, Wolfgang Lippert, Thomas Lüdicke, Kerstin Mammen, Dorothee März, Frank Meyer, Christoph Moning, Melanie Huepkes, Volker Neumann, Uwe Patzak, Andreas Pschorn, Alexander Resetaritz, Franz Robiller, Björn Schäfer, Rudolf Schmidt, Richard Schöne, Axel Schonert, Marcel Seyring, Bernd Simon, Eike Steinborn, Wolfgang Steinborn, Tobias Stenzel, Martin Schulze, Martin Trost, Zdenek Tunka, Henning Werth, Nora Wuttke. Carola Bria ermöglichte die Nutzung von Fotos des LBV-Bildarchivs. Die Karten gestaltete Annett Schaar. Fachliche Hinweise, Ergänzungen, Korrekturen und kritische Anmerkungen zu den Gebietsmanuskripten erhielten wir von Mitarbeitern der jeweils zuständigen Naturschutzbehörde, der Nationalparkverwaltung Harz, den Biosphärenreservatsverwaltungen Mittelelbe und Karstlandschaft Südharz sowie der Naturparkverwaltung Drömling und Martin Schulze. Allen danken wir sehr herzlich! Vom Säbelschnäbler sind in Sachsen-Anhalt nur einzelne Bruten im EU SPA Aland-Elbe-Niederung bekannt (Foto: Z. Tunka, LBV- Archiv). 14

17 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby- Lödderitzer Forst Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0001LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0036 Steckby-Lödderitzer Forst (+ bis auf kleine Grenzabweichungen) NSG0090 Saalberghau (+) NSG0095 Saarenbruch-Matzwerder (+ bis auf kleine Grenzabweichungen) NSG0096 Krägen-Riss (+ bis auf kleine Grenzabweichungen) NSG0097 Schönitzer See (+) NSG0100 Crassensee (+) NSG0120 Untere Mulde (+) LSG0023DE_/AZE Mittelelbe (*) LSG0051AZE/BTF/DE_/KÖT/WB_/SBK Mittlere Elbe (*) LSG0083WB_/AZE Elbetal - Crassensee (*) LSG0102AZE Mittlere Elbe-Steckby (*) BR_0001LSA Mittlere Elbe (*) BR_0004LSA Mittlere Elbe (*) sowie 9 NDF, 10 FND und 1 GLB b) nach internationalem Recht FFH0053LSA Saaleaue bei Groß Rosenburg (*) FFH0054LSA Elbaue Steckby-Lödderitz (+) FFH0067LSA Dessau-Wörlitzer Elbauen (+) FFH0125LSA Kühnauer Heide und Elbaue zwischen Aken und Dessau (+) FFH0129LSA Untere Muldeaue (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das ha große EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst erstreckt sich entlang der Elbe von Griebo (Elbe-km 229) bis Barby (Elbe-km 294) und südlich von Dessau entlang der Mulde bis zum Muldestausee nördlich von Bitterfeld. Ein räumlich getrenntes Teilgebiet von 59 ha befindet sich zwischen Roßlau und Coswig nördlich der Elbe bei Klieken. Teile des EU SPA wurden als EU SPA Steckby-Lödderitzer Forst bereits 1992 an die EU-Kommission gemeldet (DORNBUSCH et al. 1996). Dieses Gebiet wurde bei der Überarbeitung der Gebietsvorschläge für das Natura 2000-Netz in den folgenden Jahren stark vergrößert und im Jahr 2000 unter der Bezeichnung EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst an die EU-Kommission übermittelt wurde das EU SPA nochmals flächenmäßig erweitert und war in der oben genannten Ausdehnung Bestandteil der Meldetranche 2004 an die EU-Kommission. Das EU SPA ist fast vollständig in das länderübergreifende UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe integriert sowie, verteilt auf fünf FFH-Gebiete, ebenfalls fast vollständig auch in der FFH-Gebietskulisse enthalten. Sieben Naturschutzgebiete befinden sich innerhalb oder teilweise im EU SPA: NSG Steckby- Lödderitzer Forst, NSG Sarenbruch-Matzwerder, NSG Saalberghau, NSG Untere Mulde, NSG Crassensee, NSG Schönitzer See und NSG Krägen-Riß. Neben der Ausweisung als EU SPA und als bedeutendes Vogelschutzgebiet (IBA) ist das Gebiet auch als Feuchtgebiet von nationaler Bedeutung anerkannt, was seine herausragende Bedeutung für ziehende und rastende Vogelarten hervorhebt (SEELIG & PATZAK 2005). Das EU SPA befindet sich im Naturraum des Elbe- Mulde-Tieflands mit Anteilen an den Dahlen-Dübener Heiden und dem Elbe-Elster-Tiefland. Die Hauptanteile der Fläche entfallen auf die Landschaftseinheiten Dessauer Elbetal und Muldetal. Im Nordwesten ragt das SPA nördlich der Elbe in das Zerbster Ackerland und südlich der Elbe in das Untere Saaletal hinein. Es ist durch das Urstromtal der Elbe und die nördlich gelegenen Endmoränen der Saalekaltzeit geprägt. Fluviatile Kiese und Sande bedecken die Niederung. Hier finden sich grundwasserbeeinflusste Böden wie Vegen und Gleye auf den auenlehmbedeckten Niederungen. Die Niederterrassen bestehen aus Geschiebemergel oder Flugsan- EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst 15

18 EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Lage und Lebensraumausstattung. Elbaue im Bereich der Saalemündung (Foto: S. Ellermann). 16

19 den, auf denen Gleye anstehen. In höheren Bereichen stehen Gley-Braunerden an. An einigen Stellen bildeten sich Dünen, die teils mit Kiefern bestockt sind (DORN- BUSCH et al. 1996). Die Elbe besaß bereits historisch eine große Bedeutung für die Flussschifffahrt. Heute ist sie ein internationaler Schifffahrtsweg und wird als Bundeswasserstraße genutzt und unterhalten. Die Niedrigwasserregulierung für die Verbesserung der Schifffahrt wurde bereits 1936 abgeschlossen. Hochwasserschutz und Wasserbau führten u. a. zum Verlust von über 80 % der Überschwemmungsflächen, zur Festlegung des Flussbetts sowie zu Strukturverlust im Gewässer, im Uferbereich und im Vorland (PUHLMANN et al. 2009). Trotz der starken anthropogenen Einflüsse hat sich entlang der Mittelelbe ein in Mitteleuropa herausragendes Ökosystem mit großflächigen Hartholzauenwäldern erhalten. Mit der Verbesserung der Wasserqualität der Elbe und ihrer Zuflüsse nach 1990 erfolgte zudem eine schnelle Wiederbesiedlung mit auen- und gewässertypischen Tier- und Pflanzenarten. Die strukturreichen Auen der Mittleren Elbe und der Mulde sind durch wechselnde Wasserstandsextreme geprägt. Hochwasser führt zu periodischer Überflutung, während es bei Niedrigwasser zeitweise zu starker Austrocknung kommen kann (DORNBUSCH et al. 1996). Zahlreiche Altwasser, Altarme, Feuchtwiesen und Auenwälder strukturieren das Gebiet. Die Hartholzaue, v. a. mit Stieleiche, Esche, Flatter- und Feldulme, stellt den größten zusammenhängenden Auenwaldkomplex Mitteleuropas dar (SEELIG & PATZAK 2005). Weichholzauen sind als Säume entlang der Altwasser und der Elbe erhalten. Ehemals flächenhafte Bestände von Weiden und Pappeln wurden weitestgehend zu Gunsten von Grünland gerodet, jedoch finden sich im gesamten Gebiet noch einzelne Baumgruppen. Ein Großteil der Kulturlandschaft wird von weitläufigen Grünlandflächen eingenommen. Es dominieren artenarme, intensiv genutzte Feucht- und Frischwiesen, aber auch artenreichere Flutrasen, Brenndolden-Rasenschmielenwiesen oder Mädesüß-Hahnenfußwiesen treten auf. Auf geeigneten Standorten kommen Dünen und Trockenrasen sowie xerotherme Staudenfluren und Gebüschreihen vor. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst stellt den größten zusammenhängenden Auenwaldkomplex Mitteleuropas dar. Durch die weitgehend natürlich erhaltene Elbeaue mit ihren naturnahen Nebenflüssen und mehr als Stand- und Fließgewässern kommt dem Gebiet eine überregionale Bedeutung im Vogelschutz zu. Auch die umliegende Kulturlandschaft beinhaltet sehr abwechslungsreiche Biotope, wie z. B. Röhrichte, Grünland und Trockenrasen (SEELIG & PATZAK 2005). EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Die ausgedehnte Auenwaldlandschaft des EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst ist ein bedeutendes Brutgebiet für See- und Fischadler, in dem alljährlich jeweils ca. 5 Brutpaare anzutreffen sind. 17

20 EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Tab. 5: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SEELIG & PATZAK (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach SEELIG & PATZAK 2005 Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel wurden im EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst in den Jahren 2003 und 2004 entsprechende Daten von SEELIG & PATZAK (2005) erhoben. Diese Ergebnisse wurden um aktuelle Daten zu Zwergdommel, Fischadler, Wiesenweihe und Seeadler aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2007, 2010), Daten für Schwarzkopfmöwe und Gänsesäger (FISCHER & DORNBUSCH 2004) sowie Wanderfalke (Dokumentation StVSW) ergänzt. Die aktuellen Bestandszahlen von Wachtelkönig und Blaukehlchen wurden den Daten Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel 0-1 1, Zwergdommel 1 1,4 - - Schwarzstorch 0-1 3, Weißstorch 2 0, Fischadler 6 18, Wespenbussard , Schreiadler BZB Wiesenweihe 1 BV 1,8 - - Rohrweihe , Rotmilan , Schwarzmilan , Seeadler 5 13, Wanderfalke 2 6, Kranich 5-8 2, Wachtelkönig Tüpfelsumpfhuhn Kl. Sumpfhuhn Schwarzkopfmöwe 1 33, Flussseeschwalbe Sumpfohreule BZB Ziegenmelker , Eisvogel Grauspecht Schwarzspecht , Mittelspecht , Neuntöter , Heidelerche , Sperbergrasmücke , Blaukehlchen 1 0,4 - - Ortolan 1-5 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente , Löffelente 1 BV 2,2 - - Kiebitz , Bekassine , Flussuferläufer Wiedehopf 1-3 3, Schilfrohrsänger , Drosselrohrsänger , Weitere bemerkenswerte Arten Gänsesäger der Landeserfassungen entnommen (SCHULZE 2010a, 2011). In Tab. 5 sind die Bestände der wertgebenden Arten im SPA dargestellt. In diesem reich strukturierten und naturnahen EU SPA wurden bereits über 130 Brutvogelarten nachgewiesen (DORNBUSCH et al. 1996). Darunter treten viele wertgebende Arten mit bedeutenden Bestandszahlen auf, so dass das Gebiet für mehr als zehn Brutvogelarten (insbesondere Greifvogelarten wie Fischadler, Wespenbussard, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzmilan und Seeadler) eines der fünf bedeutendsten Brutgebiete dieser Arten in Sachsen-Anhalt darstellt (C6-Kritierium). So fanden SEELIG & PATZAK (2005) auf einer ha großen Fläche jeweils 25 BP des Rot- und des Schwarzmilans. Der Schreiadler wurde erstmals 1965 im Gebiet nachgewiesen (ROCHLITZER 1993). Seit 1999 werden regelmäßig Brutzeitbeobachtungen des Schreiadlers aus dem Gebiet gemeldet (SEELIG & PATZAK 2005). Als Auenwaldbewohner des Steckby-Lödderitzer-Forstes sind weiterhin Schwarzstorch, Kranich, Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht zu nennen. Wie an der sehr hohen Dichte der Spechtarten (insbesondere des Mittelspechts) zu erkennen ist, sind die artenreichen Hartholzauen mit ihrem hohen Altholzanteil von überregionaler Bedeutung. Mit 500 bis 550 BP des Mittelspechts beherbergen die Hartholzauen des SPA 15,7 % des Landesbestandes und etwa 1,4 % des Bundesbestandes, so dass dem Gebiet eine nationale Bedeutung für diese Art zukommt (SEELIG & PATZAK 2005). An den Böschungen der Flutrinnen und Altarme findet der Eisvogel geeignete Bruthabitate. Der Flussuferläufer brütet an mehreren Stellen der Elbeufer. Die Schilf- und Röhrichtzonen der Seen und verlandenden Altwasser werden von Rohrdommel, Zwergdommel, Rohrweihe, Tüpfelsumpfhuhn, Blaukehlchen, Schilfrohrsänger und Drosselrohrsänger besiedelt. Der Bestand des Tüpfelsumpfhuhns schwankt von Jahr zu Jahr und wird von SEELIG & PATZAK (2005) aktuell mit einer Spanne von 2 bis 15 BP angegeben. Während im Erfassungsjahr 2004 nur ein Rufer registriert wurde, konnte PATZAK (1997) 15 Reviere nachweisen. Im Bereich der Seen brüten Knäkente und Löffelente (SEELIG & PATZAK 2005). Aus dem Jahr 2002 liegt eine Beobachtung einer nestbauenden Schwarzkopfmöwe vor (FISCHER & DORNBUSCH 2004). Im Jahr 2008 brütete erstmals 1 Paar Flussseeschwalben an der Alten Elbe Klieken (SCHWARZE 2010). In den Elbewiesen und im Feuchtgrünland treten Wachtelkönig, Kiebitz und Bekassine als Brutvögel auf. Auch gelangen hier Brutverdachtsfeststellungen bzw. Brutzeitbeobachtungen von Sumpfohreule und Wiesenweihe. Das strukturreiche Halboffenland wird in hoher Dichte von Neuntöter und Sperbergrasmücke besiedelt. In der Steckbyer Heide kommt die Heidelerche vor (SEELIG & PATZAK 2005). 18

21 Rastvögel: Für die Zug- und Rastvögel wurden die vorhandenen Daten der Wasservogelzählung, ornithologischer Jahresberichte (FACHGRUPPE ORNITHOLO- GIE UND VOGELSCHUTZ LUTHERSTADT WITTEN- BERG , ORNITHOLOGISCHER VEREIN DESSAU (OVD) e. V ), aktuelle Erhebungen des OVD e. V., der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b) sowie Daten aus der Staatlichen Vogelschutzwarte ( ) ausgewertet und zusammengeführt. Die daraus resultierenden Rastbestände sind in Tab. 6 dargestellt. Neben seiner Bedeutung als Brutgebiet hat das EU SPA auch eine bedeutende Funktion als Rast- und Überwinterungsgebiet für eine Vielzahl von Wasservögeln. Mehr als 130 Vogelarten wurden hier auf dem Zug oder während der Überwinterung nachgewiesen. Regelmäßig halten sich im Gebiet mehr als Wasservögel auf, so dass die IBA-Kriterien A4iii und C4 erfüllt sind. Hervorzuheben sind insbesondere die hohen Rastbestände der Saatgans, für die das Gebiet die Kriterien B1i und C3 erfüllt. Aber auch Krickente, Reiherente, Schellente und Gänsesäger kommen in beachtlicher Zahl vor. Während der Zugzeiten halten sich über Tausend Kraniche und Goldregenpfeifer sowie mehrere Tausend Kiebitze und zahlreiche Bekassinen im Gebiet auf. In Tab. 7 ist die Erfüllung der Kriterien zusammenfassend dargestellt. Das Ergebnis hebt noch einmal die besondere Bedeutung des Vogelschutzgebietes, auch über die Landesgrenzen von Sachsen-Anhalt hinaus, für den internationalen Vogelschutz hervor. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Für zwei auch als FFH-Gebiet gemeldete Teilbereiche des EU SPA werden im Rahmen der Managementplanung derzeit Schutzund Erhaltungsziele erarbeitet. Als vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele für das Gesamtgebiet wurden definiert (LANDES- AMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 03/2007): Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere von Fischadler,Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan sowie See- und Schreiadler (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Tab. 6: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rast bestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Rothalsgans Weißwangengans Zwerggans Moorente Zwergsäger Ohrentaucher Sterntaucher Prachttaucher Gelbschnabeltaucher Rohrdommel Nachtreiher Silberreiher Purpurreiher Seidenreiher Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Schreiadler Steinadler Kornweihe Wiesenweihe Rotmilan Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich Goldregenpfeifer Pfuhlschnepfe Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Zwergseeschwalbe Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Küstenseeschwalbe Weißbartseeschwalbe Sumpfohreule Art. 4.2-Arten Höckerschwan Kanadagans Saatgans Blässgans Graugans Brandgans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Kolbenente Tafelente Reiherente Schellente Gänsesäger EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst 19

22 EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Art Grünlandflächen, und der Gewässer als Nahrungshabitat im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, insbesondere Auenwälder, sowie Feldgehölze. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht, Kranich, Schwarzspecht und Schwarzstorch (Anhang I) sowie des Schlagschwirls (Art. 4.2). Erhaltung und Wiederherstel- Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rast bestand* nach DORN- BUSCH et al Tab. 7: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Mittlere Elbe. Art IBA-Kriterien Saatgans B1i, C3 Weißstorch C6 Fischadler C6 Wespenbussard C6 Schreiadler C6 Rohrweihe C6 Rotmilan C6 Schwarzmilan C6 Seeadler A1, B2, C1, C6 Tüpfelsumpfhuhn B3, C6 Schwarzkopfmöwe C6 Eisvogel C6 Schwarzspecht C6 Mittelspecht B3, C6 Neuntöter C6 Sperbergrasmücke B3, C6 Allgemeingültige Kriterien A4iii, C4, C7 lung alt- und totholzreicher, störungsarmer feuchter Auenwälder mit periodisch über längere Zeit Wasser führenden Flutrinnen, Ried- und Röhrichtflächen und feuchten Hochstaudenfluren. Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Arten nach Anhang I Weißstorch und Wachtelkönig sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Kiebitz, Großer Brachvogel und Bekassine. Erhaltung und Wiederherstellung der teils mosaikartig, extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen und -brachen sowie Hochstaudenfluren als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Staudensäumen in enger Verzahnung mit offenen Feuchtflächen als Habitat für Schafstelze und Braunkehlchen. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I) sowie der Zugvogelart Wendehals (Art. 4.2). Erhaltung von offenen Gebieten, die an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen, höhlenreichen Einzelbäumen und Waldrändern grenzen sowie strukturierte, extensiv genutzte Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Mittelsäger Zwergtaucher Haubentaucher Schwarzhalstaucher Kormoran Graureiher Raufußbussard Mäusebussard Blässhuhn Kiebitz Flussregenpfeifer Sandregenpfeifer Großer Brachvogel Uferschnepfe Zwergschnepfe Bekassine Flussuferläufer Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Knutt Zwergstrandläufer Alpenstrandläufer Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Raubwürger Bergpieper von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere des Rohrweihen- und Rohrdommelbestandes (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Eisvogelbestandes (Anhang I) sowie der Zugvogelarten Flussregenpfeifer und Flussuferläufer (Art. 4.2). Die Erhaltung von klaren, fischreichen Gewässern sowie von Wurzeltellern umgestürzter Bäume hat für den Eisvogelbestand genauso Priorität wie die Erhaltung von Uferabbrüchen als Nisthabitat und Gehölzen als Ansitzwarte. Erhaltung von störungsfreien Sand- und Schlammbänken an den Ufern von Elbe und Mulde. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände naturnaher vegetationsreicher Stillgewässer mit Inseln, Schwimmblattvegetation und deckungsreichen Ufern, insbesondere des Knäkenten- und Graugansbestandes (Art. 4.2). Erhaltung und Herstellung von störungsfreien Sandinseln und Schlammbänken. Für Knäkente und Graugans ist die Erhaltung von angrenzenden Wiesenbereichen oder ausgedehnter Sumpf- und Grünlandbereiche zu beachten. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Zugrastgebiet für Trauerseeschwalbe, Schwarzstorch, Weißstorch, Zwergschwan, Zwergsä- 20

23 Besondere Bedeutung hat das EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst als Rastgebiet für eine Vielzahl von Wasservogelarten. EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Zahlreiche Altwasser und Altarme strukturieren die Auen entlang der Elbe und Mulde (Foto: A. Resetaritz). 21

24 EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Bis zu 20 Rohrweihen-Paare brüten im EU SPA (Foto: E. Greiner). Rastgebiete von Sing- und Zwergschwan im EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst im Zeitraum

25 ger, Kampfläufer, Goldregenpfeifer und Bruchwasserläufer (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Kiebitz, Spießente, Löffelente, Pfeifente, Knäkente, Schnatterente, Blässgans, Graugans, Saatgans, Blässhuhn, Bekassine, Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Gänsesäger und Rotschenkel. Erhaltung von weitläufigen, störungsarmen Überschwemmungsflächen sowie von Fließgewässern und Stillgewässern, außerdem die Erhaltung und Wiederherstellung von extensiv genutzter, offener Kulturlandschaft, besonders der Grünlandbereiche. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Überwinterungsgebiet für Seeadler, Singschwan und Zwergsäger (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Saatgans und Raufußbussard. Erhaltung einer durch extensiv genutzte Grünlandbereiche im Wechsel mit feuchten Wäldern, Hecken- und Gehölzstrukturen geprägten Landschaft, zudem strukturiert von Fließ- und Stillgewässern. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Es gilt, die Belange des Vogelschutzes entsprechend dem Schutzzweck bzw. den geltenden Schutz- und Erhaltungszielen zukünftig stärker zu berücksichtigen und in der Umsetzung zu kontrollieren. Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Erhaltung der Dynamik dieser reich strukturierten Überflutungsauenlandschaft von herausragender Bedeutung. Dies gelingt insbesondere, wenn die natürliche, periodische Überflutung weiter Teile des Gebietes durch die Elbe bzw. die Mulde gewährleistet bzw. gefördert und ein naturferner Ausbau der Flüsse vermieden wird. Von besonderer Bedeutung, auch insgesamt für Sachsen- Der Seeadler ist eine Charakterart der Auenwälder im EU SPA (Foto: R. Schöne). Anhalt, ist dabei die derzeit stattfindende großräumige Deichrückverlegung im Lödderitzer Forst. Darüber hinaus besteht der Anspruch, eine Verringerung des Grünlandanteiles zu verhindern und eine weitere Intensivierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung zu vermeiden, da dies in der Regel dem Schutzziel entgegen steht. Da der Bruterfolg von Wiesenbrütern im EU SPA bewirtschaftungsbedingt meist gering ist, dienen insbesondere an die Brutzeiten der Wiesenbrüter angepasste und in der Häufigkeit reduzierte Mahd- und Bearbeitungstermine (z. B. partielle EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Schellenten rasten in großer Anzahl im EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst (Foto: E. Greiner). 23

26 EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst späte Mahd ab Mitte Juli, Mahd streifenweise oder von innen nach außen, Aussparen von Brutstandorten) sowie ein verringerter Viehbesatz (< 1 GVE/ha, ggf. auch Auskopplung von Wiesenbrüterstandorten) der Sicherung eines guten Erhaltungszustandes dieser Arten. Die Extensivierung kommt durch verringerte Störintensitäten und artenreichere Wiesen mit einem verbesserten pflanzlichen und tierischen Nahrungsangebot neben Wiesenbrütern auch vielen anderen Vogelarten zugute, die das Grünland als Nahrungs- oder Rasthabitat nutzen. Förderlich können auch gezielte Beweidungsprojekte oder die Herausnahme von Kleinflächen aus der Bewirtschaftung wirken. Von Bedeutung sind die vorhandenen zusammenhängenden Auenwälder und Auenwaldreste, wobei die Erhaltung vielfältiger Strukturen, wie Baumgruppen, Einzelbäume und Weichholzauensäume, aber auch der Gewässerstrukturen (insbesondere der zahlreichen Altarme und Altwasser im Gebiet) besonders zu nennen sind. Auch artbezogene Maßnahmen, wie das Vermeiden von Störungen in der Nähe der Brutplätze störungsempfindlicher Arten (Kranich, Seeadler, Fischadler), die Einhaltung von Horstschutzzonen für Greifvögel (Adler, Milane) und die Durchsetzung des Verbotes von Störungen durch touristische Aktivitäten am Elbeufer sind künftig stärker zu berücksichtigen. Die in den vergangenen Jahren begonnene Ausweitung der Kernzonen in den Naturschutzgebieten hat sich als vorteilhaft erwiesen. Für ein natürliches ökologisches Beziehungsgefüge zwischen Vogel und Lebensraum in einem Europäischen Vogelschutzgebiet ist es begünstigend, vollständig auf die Jagd auf Vögel zu verzichten. Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, den Vögeln einen ungehinderten Vogelzug entlang der Hauptzugroute am Elbeverlauf sowie kürzere Flugbewegungen zwischen Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. Elbe und Elbeaue bei Steckby (Foto: S. Ellermann). 24

27 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Zerbster Land Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0002LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NUP0007LSA Fläming/Sachsen-Anhalt (*) NSG0054 Osterwesten (+) FND0001AZE Mühlenberg bei Steckby (+) FND0008AZE Sandgrube bei Steckby (+) LSG0030AZE Zerbster Land (*) b) nach internationalem Recht + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das ha große EU SPA befindet sich im Osten Sachsen-Anhalts. Es ist in vier räumlich voneinander getrennte Teilgebiete gegliedert, die sich nördlich und südlich von Zerbst befinden. Die vier Teilgebiete (TG) stellen zugleich das LSG Zerbster Land dar. Das EU SPA Zerbster Land wurde bereits 1992 an die EU-Kommission gemeldet (DORNBUSCH et al. 1996) und im Jahr 2000 auf die heutige Flächengröße erweitert. Die besondere internationale Bedeutung des Gebietes liegt in einem erhaltenen Reliktvorkommen der Großtrappe, zu dessen Schutz hier ab 1972 Trappenschongebiete ausgewiesen wurden (DORNBUSCH et al. 1996). Die heutige Teilung des EU SPA in vier separate Gebiete ergibt sich aus der ursprünglichen Ausweisung der Flächen als Trappenschongebiete und aus der Lage der Trappeneinstandsgebiete (SCHÄFER 2005). Im Süden befindet sich das ha große TG Steckby in direkter Nachbarschaft zum EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst. Die weitläufigen Ackerflächen erstrecken sich zwischen Steutz, Steckby, Leps und Pakendorf. Die Bundesstraße B 187a verläuft zentral durch das Teilgebiet. Das größte Teilgebiet (TG Schora mit ha) befindet sich nordwestlich von Zerbst, links- und rechtsseitig der Bundesstraße B 184. Zudem verläuft eine seit einigen Jahren stillgelegte Bahntrasse in West-Ost-Richtung durch das Teilgebiet. Innerhalb dieses Teilgebietes befindet sich das NSG Osterwesten, das als Rückzugsmöglichkeit für die Großtrappe ausgewiesen wurde. Ein weiteres Teilgebiet (TG Dalchau mit 601 ha) liegt nördlich davon bei Dalchau. Das kleinste (313 ha) der Teilgebiete (TG Lindau) befindet sich im Osten zwischen den Orten Lindau und Deetz südlich der stillgelegten Bahntrasse, die hier teilweise die Grenze des EU SPA bildet. Die Teilgebiete Steckby, Schora und Dalchau erstrecken sich innerhalb der Landschaftseinheit Zerbster Ackerland, das östlichste Teilgebiet liegt im Roßlau-Wittenberger Vorfläming. Der Naturraum des Zerbster Lands wurde eiszeitlich und nacheiszeitlich geformt. Die relativ flache, ebene Landschaft erreicht Höhen von 60 bis 90 m ü. NN. Großräumig wird das Gebiet durch die Ehle und die Nuthe in die Elbe entwässert. Die Altmoränenlandschaft weist gute Böden (verschiedene Braun- und im elbtalnahen Raum vernässte Schwarzerden) mit relativ hohen Bodenzahlen auf. Die vier Teilgebiete des EU SPA sind dementsprechend hauptsächlich durch Ackerflächen (laut Standarddatenbogen 96 % der Gesamtfläche) charakterisiert und durch eine intensive landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Teilweise werden Straßen oder Gräben von Obstbaumalleen, Hecken und Gebüschreihen gesäumt, welche das intensiv ackerbaulich genutzte Gebiet auflockern (SCHÄFER 2005). Eine größere Waldfläche (Kiefernforst) befindet sich im südlichen Teilgebiet nordwestlich von Steutz. Zudem gibt es hier nordöstlich von Steutz ein weiteres größeres Gehölz. Im größten der vier Teilgebiete ragen nördlich des Dorfes Schora zwei Ausläufer des Leitzkauer Forstes in das EU SPA hinein. Im Teilgebiet Steckby sind auf sandigen Böden kleinflächige, trockene und teilweise hochstaudenreiche Grünlandflächen und Grünbrachen vorhanden, die sich auf aufgelassenen Ackerflächen entwickelt haben. Auch nördlich von Schora befinden sich in einer Grabenniederung kleinere als Weide genutzte Grünlandbereiche (SCHÄFER 2005). Die zwei kleinen Teilgebiete Dalchau und Lindau sind ausschließlich durch Ackerflächen charakterisiert und besitzen nur einen sehr geringen Anteil an Gehölzstrukturen. Ruderal- und Segetalgesellschaften sind die vorherrschenden Pflanzengesellschaften, mit Klatschmohn, Klette, Brennnessel, Geruchlose Kamille u. a. als typische ackerbegleitende Arten. Im EU SPA waren bis 2007 noch in größerem Umfang Ackerbrachen vorhanden. EU SPA Zerbster Land 25

28 EU SPA Zerbster Land Acker Grünland Nadelwald anthropogen überformte Biotope EU SPA Zerbster Land Lage und Lebensraumausstattung. Die weiträumig nahezu ebene Landschaft im EU SPA Zerbster Land wird intensiv ackerbaulich genutzt (Foto: N. Wuttke). 26

29 Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das Zerbster Land ist ein weitgehend einheitlich strukturierter Ackerland-Komplex aus vier Teilgebieten. Als Besonderheit ist das NSG Oster westen zu nennen, das als Schutzgebiet für die Großtrappe ausgewiesen wurde. Tab. 8: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHÄFER (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Brutvögel: Im Jahr 2004 erfolgte im Rahmen der systematischen Ersterfassung eine Kartierung aller wertgebenden Arten (SCHÄFER 2005). Die dabei erhobenen Ergebnisse wurden um aktuelle Daten zur Großtrappe (Dokumentation Staatl. Vogelschutzwarte Steckby) ergänzt und sind in Tab. 8 dargestellt. Im Zerbster Land finden Brutvögel der Agrarund Offenlandschaft ihren Lebensraum. Ein Charaktervogel für das Gebiet ist die Großtrappe. Ehemals gab es traditionelle Einstandsgebiete bei Ladeburg, Schora und Steckby (DORNBUSCH 1985). WEBER et al. (2003) geben noch 3 Exemplare an, während die Art bei der Erfassung 2004 nicht nachgewiesen wurde. Ab dem Jahr 2006 liegen wieder Beobachtungen einzelner Tiere aus dem Zerbster Land bzw. der näheren Umgebung vor (FISCHER & DORNBUSCH 2007). Eine Wiederbesiedlung ist nicht auszuschlie- Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach SCHÄFER 2005 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Wiesenweihe 1 1, Rohrweihe Rotmilan Schwarzmilan Großtrappe (Vögel) Schwarzspecht 1 0, Neuntöter 51 0, Heidelerche 2 0, Sperbergrasmücke 4 0,2 4 - Brachpieper Ortolan 28 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Rebhuhn 7 0, Kiebitz 3 0,2 3 - Weitere bemerkenswerte Arten Wachtel 23 0, Raubwürger 1 0, Grauammer 89 1, EU SPA Zerbster Land Auch Arten mit komplexeren Lebensraumansprüchen wie z. B. Neuntöter, Grauammer und Ortolan kommen im EU SPA mit bemerkenswerten Brutbeständen vor (Erfassungsjahr 2004). 27

30 EU SPA Zerbster Land Tab. 9: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Weißwangengans Rothalsgans Schwarzstorch Wespenbussard Kornweihe Rohrweihe Rotmilan Schwarzmilan Seeadler Merlin Kranich Goldregenpfeifer Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Graugans Blässgans Pfeifente Raufußbussard Kiebitz Großer Brachvogel Lachmöwe Silbermöwe Steppenmöwe Ohrenlerche Ringdrossel Raubwürger Berghänfling Spornammer Schneeammer ßen. Von der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby wird der Bestand mit bis zu drei Vögeln angegeben. Damit ist das Zerbster Land neben dem EU SPA Fiener Bruch das zweite EU SPA Sachsen-Anhalts mit Vorkommen der Großtrappe innerhalb der letzten 15 Jahre. Eine Besonderheit ist die Wiesenweihe, die im Erfassungsjahr mit einem Revier nachgewiesen werden konnte (SCHÄFER 2005). Als typische Arten der offenen Landschaft kommen Neuntöter, Sperbergrasmücke, Heidelerche, Ortolan, Rebhuhn, Wachtel und Grauammer vor. Besonders bemerkenswert sind die hohen Dichten von Ortolan mit 28 BP und Grauammer mit 89 BP. Auch einzelne Paare von Kiebitz und Raubwürger sind aus dem Gebiet bekannt (SCHÄFER 2005). Rastvögel: Vorhandene Daten über Zugund Rastvögel aus Ornithologischen Jahresberichten der Jahre 2003 bis 2008, gezielter Kartierungen in den Jahren 2010 und 2011 sowie Daten aus der Staatlichen Vogelschutzwarte ( ) wurden ausgewertet und zusammengeführt. Die daraus resultierenden Rastbestände sind in Tab. 9 dargestellt. Auch als Rast- und Überwinterungsgebiet hat das Zerbster Land eine wichtige Funktion. Hier sei insbesondere die hohe Zahl an rastenden Saatgänsen erwähnt. Aber auch über eintausend Goldregenpfeifer, mehrere Tausend Kiebitze und Hunderte von Kranichen rasten regelmäßig im Gebiet. Die Erfüllung der IBA-Kriterien im Zerbster Land ist in Tab. 10 zusammenfassend dargestellt. Hier wird die Bedeutung des SPA als Brutgebiet für Großtrappe und Ortolan sowie als Rastgebiet für die Saatgans noch einmal hervorgehoben. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Zerbster Land ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Konkrete Schutzund Erhaltungsziele sind (vgl. auch SCHÄFER 2005): Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelarten des offenen Kulturlandes, insbesondere der Großtrappe als vom Aussterben bedrohter Art nach Anhang I. Erhaltung und Entwicklung geeigneter insektenreicher Äsungsflächen Tab. 10: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Zerbster Land. Die Grauammer kommt mit bis zu 89 Brutpaaren im EU SPA Zerbster Land vor (Foto: E. Greiner). Art Saatgans Großtrappe Ortolan Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B1i, C3 C6 C6 C7 28

31 in der Ackerlandschaft zur Förderung der Wiederansiedlung, Minimierung von Störungen, Schutz ggf. vorkommender Bruten. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Neuntöter, Heidelerche, Ortolan und Sperbergrasmücke (Anhang I). Erhaltung von offenen Gebieten mit pflanzenartenreichen Feldhecken und anderen kleineren Gehölzstrukturen. Förderung von extensiv genutzten Ackerflächen. Erhaltung und Entwicklung der Greifvogelbestände, insbesondere von Rot- und Schwarzmilan (Anhang I), durch Erhaltung des störungsarmen Offenlandes als Nahrungshabitat sowie Erhaltung und Förderung geeigneter Gehölzstrukturen als Niststandort. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Zugrastgebiet für Sing- und Zwergschwan, Kranich und Goldregenpfeifer (Anhang I) sowie für Saatgans und Kiebitz (Art. 4.2). Erhaltung und Förderung von ungestörten offenen Rast- und Nahrungsflächen. Kornweihen sind im EU SPA regelmäßig als Wintergäste zu beobachten (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Das Ziel ist die Erhaltung, die Entwicklung und die Förderung der charakteristischen Vogelarten des offenen Kulturlandes. Dabei kommt primär dem Schutz der EU SPA Zerbster Land Besonders in den nahe der Elbe gelegenen Teilgebieten des EU SPA finden sich zeitweise größere Rastbestände, vor allem von Saatund Blässgans, Kiebitz und Goldregenpfeifer, zur Nahrungssuche ein. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

32 EU SPA Zerbster Land Auch der Raufußbussard ist im Winterhalbjahr nicht selten im Gebiet anzutreffen (Foto: H. Labitzke). Lebensräume eine besonders große Bedeutung zu, dem durch eine Begrenzung der weiteren Intensivierung landwirtschaftlicher Bewirtschaftung und die Förderung von extensiv genutzten Ackerflächen mit größerer Fruchtartenvielfalt entsprochen werden kann. Von dementsprechend bewirtschafteten insektenreichen Flächen profitiert insbesondere die Großtrappe, deren Wiederansiedlung im Gebiet zu fördern ist. Dazu sind auch weiterhin auf geeigneten Standorten mehrjährige Brachen einzurichten und sind ehemals vorhandene breite und gebüschfreie Wegraine wieder herzustellen. Sofern es zu Bruten im Gebiet kommt, sind diese konsequent zu schützen, möglicherweise auch durch Errichtung eines prädatorensicheren eingezäunten Bereiches (ca. 10 ha groß) wie in anderen Schutzgebieten für die Großtrappe. Störungen auf Rast- und Nahrungsflächen (unter anderem genutzt von Sing- und Zwergschwan, Kranich, Goldregenpfeifer, Saatgans, Kiebitz) sind während der Zugzeit und im Winterhalbjahr zu minimieren. Weiterhin ist es wichtig, die im Gebiet vorhandenen und für die charakteristischen Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft (Neuntöter, Heidelerche, Ortolan, Sperbergrasmücke) bedeutenden Feldhecken und anderen kleineren Gehölzstrukturen wie Gruppen von uralten Obstbäumen zu erhalten, aufzuwerten und durch entsprechende arten- und strukturreiche Neupflanzungen unter Beachtung der Lebensraumansprüche der Großtrappe zu ergänzen. Die Erhaltung und Förderung geeigneter Gehölzstrukturen (d. h. breitkronigen Baumgehölzen) als Niststandort für Rot- und Schwarzmilan sind Bestandteil des Schutzzieles, sind aber mit den Anforderungen zum Schutz der Großtrappe in Einklang zu bringen. Zur Bewahrung eines natürlichen ökologischen Beziehungsgefüges zwischen Vogel und Lebensraum innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebietes sollte vollständig auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, die Gebiete zwischen den einzelnen Teilflächen des EU SPA sowie die von Großtrappen genutzten Korridore zwischen dem Zerbster Ackerland und anderen Einstandsgebieten zu erhalten. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA, insbesondere des Großtrappenschutzes, gewahrt. Gebüschreihen und Reste alter Obstbaumalleen strukturieren die Landschaft, ohne ihr den Offenlandcharakter zu nehmen (Foto: N. Wuttke). 30

33 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0003LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0004 Stremel (+) NSG0005 Jederitzer Holz (*) NSG0006 Schollener See (+) NDF0001SDL Niedermoorwiese Ferchels (+) NDF0003SDL Torfluch im Schlangspring (+) FND0002SDL Orchiswiese (+) LSG0006SDL Untere Havel (-) b) nach internationalem Recht FFH0011LSA Untere Havel und Schollener See (+) FFH0013LSA Jederitzer Holz östlich Havelberg (+) FIB0001LSA Niederung der unteren Havel / Gülper See / Schollener See (=; Anteil Sachsen-Anhalt) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See liegt im Nordosten des Landes Sachsen-Anhalt an der Landesgrenze zu Brandenburg. Es setzt sich auf Brandenburger Seite als EU SPA Niederung der Unteren Havel fort und erstreckt sich bis zur Stadt Brandenburg (Havel). Das EU SPA ist seit 1978 Feuchtgebiet internationaler Bedeutung (Untere Havel/ Gülper See/ Schollener See; Anteil Sachsen-Anhalt: FIB0001LSA) und wurde 1987 als Important Bird Area (IBA) ausgewiesen. Zu großen Teilen ist es auch als FFH-Gebiet gemeldet (FFH-Gebiete Untere Havel und Schollener See sowie Jederitzer Holz östlich Havelberg). Das EU SPA umfasst die drei Naturschutzgebiete NSG Stremel, NSG Schollener See und NSG Jederitzer Holz. Den Status als Vogelschutzgebiet erhielt das Gebiet bereits 1992 (DORNBUSCH et al. 1996). Im Jahr 2000 wurde es auf die heutige Größe von ha erweitert, die sich auf 3 Teilgebiete in einer Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 21 km entlang der Havel verteilen. Im Osten wird das EU SPA durch die Landesgrenze zu Brandenburg definiert. Nördlich begrenzt der Havelberger Forst das Gebiet, die westliche Ausdehnung ist an den Deich, der die Havelaue begrenzt, angelehnt. Im Süden erreicht das EU SPA die Heide- und Forstgebiete von Ferchels und Schollene. Das EU SPA befindet sich im Naturraum der glazial und periglazial geprägten Elbetalniederung, kleinräumlich betrachtet in der Niederung der Havel (Landschaftseinheit Rhin-Havel-Luch) und im Schollener Land (Landschaftseinheit Ländchen im Elbe-Havel- Winkel). Die Havelniederung wird nördlich und südlich von Endmoränen eingeschlossen, die größtenteils mit Kiefern bestockt sind. Nördlich handelt es sich um die Perleberger Heide mit dem Havelberger Forst und südlich um die Klietzer Höhe und das Land Schollene. In diesen weichselkaltzeitlichen Talsandflächen über Schmelzwassersanden sind verschiedene Ausprägungen der Braunerde vorhanden. In den Niederungen der Havel dominieren Auenböden über Sand, wie Gleye, Pseudogleye oder Vegen. Teilweise finden sich Niedermoore, die auenton- oder auenlehmbedeckt sind. Der Schollener See ist in der Genese ein Toteissee. Die Dynamik der Havel ist prägend für das Gebiet, denn trotz Meliorations- und Wasserbaumaßnahmen kommt es periodisch zu Hochwasser und Überschwemmungen (ELLMANN et al. 1995). Dementsprechend handelt es sich bei den umliegenden offenen Flächen überwiegend um Grünland feuchter Standorte, Niedermoore, Röhrichte und Riede. Nur 9 % der Fläche des EU SPA werden laut Standarddatenbogen ackerbaulich genutzt. Fuchsschwanz-, Knickfuchsschwanz- oder Glatthaferwiesen sind unter anderem hier vorkommende Gesellschaften der Grünlandflächen. In den Niederungen sind noch Reste der Weichholzaue mit verschiedenen Weidenarten in den Überflutungsbereichen zu finden, dahingegen kommen Elemente der Hartholzaue (Stieleiche und Flatterulme) nur noch sehr selten vor. Im NSG Jederitzer Holz ist noch eine geschlossene Hartholzaue (Eschen- Ulmenwälder) vorhanden. In den südlichen moorigen Bereichen stocken Erlenbruchwälder mit einzelnen EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See 31

34 EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Binnengewässer Fels- und Rohboden Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen anthropogen überformte Biotope EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Lage und Lebensraumausstattung. Die strukturreiche und periodisch überflutete Auenlandschaft der Unteren Havel bietet Lebensraum für zahlreiche Brutvogelarten und hat zudem eine große Bedeutung als Rastgebiet (Foto: S. Ellermann). 32

35 Blaukehlchen brüten vor allem am verlandenden Schollener See im Süden des EU SPA (Foto: E. Greiner). Auch für den Fischadler bietet das Vogelschutzgebiet zur Brut und zur Nahrungssuche gute Bedingungen (Foto: E. Greiner). beigemischten Moor-Birken. Das NSG Stremel liegt am Nordufer der Havel. Verbunden mit dem Fluss umfasst es Seen, Altarme und einen ausgebauten Fließgraben. Röhrichte und stellenweise Großseggenriede sind die prägende Vegetation. Der ca. 200 ha große und durchschnittlich nur 1 m tiefe Schollener See ist ebenfalls mit der Havel und deren Wasserstandsschwankungen verbunden (OTTO 2005). In der näheren Umgebung sind noch einige Niedermoorwiesen erhalten, die seltene Arten beherbergen (z. B. Schachblume, Geflecktes Knabenkraut und Kleiner Klappertopf). Der Schollener See selbst ist stark von Verlandung betroffen und mit den typischen Arten der Ufer- und Verlandungsgesellschaften bestanden. Teichrose, Froschbiss, Wasserhahnenfuß oder Rohrkolben haben hier ihren Standort. Sukzessions gebüsche und Bruchwälder begleiten die krautigen Schichten des Verlandungsgürtels. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das überaus strukturreiche Gebiet der Unteren Havel bietet einen Lebensraum für zahlreiche Brutvogelarten und hat ebenfalls eine große Bedeutung als Rastgebiet. EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Brutvogelarten der Röhrichte und vegetationsreichen Stillgewässer weisen im EU SPA Vorkommensschwerpunkte auf, so dass das Gebiet z. B. für Bekassine und Schilfrohrsänger größere Anteile des Landesbestandes beherbergt (Erfassungsjahr 2004). 33

36 EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Tab. 11: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus OTTO (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach OTTO 2005 Besondere Teilgebiete innerhalb des EU SPA sind die Naturschutzgebiete Schollener See, Stremel und Jederitzer Holz sowie die Havelaue und die Havelniederung in der weitläufigen und überwiegend störungsarmen Überschwemmungslandschaft. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassungen wurden 2004 die wertgebenden Vogelarten Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Moorente BZB Rohrdommel 6 6, Zwergdommel 1 1,4-1-5 Schwarzstorch 1 3, Weißstorch 2 0, Fischadler 1 3,1 0 - Wespenbussard Schreiadler Wiesenweihe Rohrweihe 9 0, Rotmilan , Schwarzmilan 5 0, Seeadler 2 5, Kranich 4 1, Wachtelkönig 11 4, Tüpfelsumpfhuhn Kleines Sumpfhuhn Kampfläufer Weißbart-Seeschwalbe Trauerseeschwalbe , Flussseeschwalbe Raufußkauz 1 0,6 - - Eisvogel 8 1, Schwarzspecht , Mittelspecht 14 0, Neuntöter 61 0, Heidelerche 8 0, Sperbergrasmücke 3 0, Blaukehlchen 12 4, Ortolan 14 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente Löffelente 3 BV 6, Rothalstaucher 14 18, Schwarzhalstaucher 32 21,3 5 - Kiebitz 23 1, Großer Brachvogel 4 5, Uferschnepfe Bekassine 18 5, Flussuferläufer Rotschenkel Wiedehopf 4 4, Schilfrohrsänger , Drosselrohrsänger 34 1, Weitere bemerkenswerte Arten Kolbenente 1 BV Weißflügel-Seeschwalbe im Gebiet kartiert (OTTO 2005). Die Ergebnisse der Kartierungen sind mit Ergänzungen aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2005, 2007, 2008, 2009, 2010b) sowie Daten aus der Landeserfassung des Raufußkauzes (PSCHORN 2011a) in Tab. 11 zusammengefasst. Die Niederungs- und Luchgebiete innerhalb des gut strukturierten Feuchtgrünlandes werden auch heute noch extensiv genutzt. In diesen vernässten Feuchtwiesen finden zahlreiche Wiesenvogelarten wichtige Bruthabitate. Wachtelkönig, Kiebitz, Bekassine und Rotschenkel, früher auch Großer Brachvogel und Uferschnepfe, brüten hier in wechselnder Häufigkeit (DORNBUSCH et al. 1996). Ausgedehnte Schilfund Röhrichtbestände, beispielsweise von Schollener See und Stremel, sind Lebensraum von Rohrdommel, Zwergdommel, Rohrweihe, Knäkente, Rothalstaucher, Schwarzhalstaucher, Drosselrohrsänger, Schilfrohrsänger, Blaukehlchen und Bartmeise (DORNBUSCH et al. 1996, OTTO 2005). Der Verlandungsgürtel des Schollener Sees beherbergt dabei das größte kontinuierliche Brutvorkommen des Blaukehlchens in Sachsen-Anhalt (KUMMER et al. 1973, DORN- BUSCH et al. 1996, TODTE 2010, SCHULZE 2011) und ist eines der Top-5-Gebiete für diese Art in Sachsen-Anhalt. Die Maximalzahl von 12 BP (OTTO 2005) wurde bei der Landeserfassung der Art mit einem Bestand von 11 BP (SCHULZE 2011) in der Größenordnung bestätigt. Der Schwarzhalstaucher brütete schon vor über 85 Jahren am Schollener See (KUMMER et al. 1973). Aktuell konzentrieren sich die Brutplätze der Art auf die Umgebung von Jederitz und Havelberg. Nach FISCHER & DORNBUSCH (2010b) liegt der Bestand aktuell bei 32 BP, womit ein Anteil von 21,3 % des Landesbestandes eingenommen wird. Ebenfalls hervorzuheben sind die Bestände des Rothalstauchers mit 14 BP im NSG Stremel (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Damit beherbergt das EU SPA 18,7 % des Landesbestandes. Sogar von der seltenen Moorente gelang hier eine Brutzeitbeobachtung. Die in den Gehölzen des EU SPA brütenden Greifvogelarten Rotmilan, Schwarzmilan und Seeadler finden im Offenland mit den zahlreichen Wiesen und Gewässern hervorragende Nahrungsgebiete (DORNBUSCH et al. 1996, OTTO 2005). Eine Charakterart der Havelregion ist der Weißstorch. Innerhalb des EU SPA brüten nur 2 Paare, jedoch ist der Weißstorch in den umliegenden Ortschaften sehr weit verbreitet (OTTO 2005). Die Bruchwälder sind Niststandorte des Kranichs. Das EU SPA beherbergt außerdem große Brutvorkommen von vier Seeschwalbenarten. Der bekannteste Brutstandort der Trauerseeschwalbe ist die Aderlanke an der Havel (KUHNERT 2007). In den Bereichen Schollener See und Stremel brütet die Flussseeschwalbe (OTTO 2005). Die Bestände der Flussseeschwalbe umfassen 38 % des Landesbestandes Sachsen-Anhalts, die 34

37 Trauerseeschwalbe kommt hier sogar mit fast 70 % des Landesbestandes vor. Erstmalig für Sachsen-Anhalt konnte 2007 die Weißbartseeschwalbe mit 13 BP und die Weißflügelseeschwalbe mit 14 BP am Pierengraben bei Havelberg im Grenzbereich zum EU SPA nachgewiesen werden (WERNICKE et al. 2007, FISCHER & DORNBUSCH 2008). Nachdem im Jahr 2008 keine Brutvorkommen beider Arten festzustellen waren, brüteten BP der Weißbartseeschwalbe, überwiegend im EU SPA (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Das EU SPA ist das einzige bekannte Brutgebiet der Weißbartseeschwalbe in Sachsen-Anhalt und hat für diese Art wie auch für die beiden anderen Seeschwalbenarten des Anhang I der EU-VSchRL als Top-5-Gebiet überregionale Bedeutung (vgl. Tab. 13). Auch weitere Kolonien bildende Arten wie Lachmöwen und Graureiher sind im Gebiet als Brutvögel vertreten. Die Eichenwaldstandorte im NSG Jederitzer Holz werden vom Mittelspecht besiedelt, wohingegen der Schwarzspecht an der Unteren Havel überwiegend in alten Baumreihen zu finden ist (OTTO 2005). Der Eisvogel kommt im Gebiet an verschiedenen Standorten mit zur Anlage von Brutröhren geeigneten Uferabbrüchen vor. Hecken und andere Randstrukturen entlang von Wegen und Gewässern sind Lebensraum von Neuntöter, Raubwürger, Sperbergrasmücke, Ortolan und Beutelmeise. Insgesamt kann für das EU SPA von etwa 120 regelmäßig brütenden Vogelarten ausgegangen werden (OTTO 2005). Rastvögel: Zur Ermittlung der Bestände der Zug- und Rastvögel wurden vorhandene Daten der Wasservogelzählung, aus ornithologischen Jahresberichten sowie den Landeserfassungen der Schwäne (SCHULZE 2012b) und des Kranichs (PSCHORN 2011b, PSCHORN & SCHEIL 2011) sowie gezielter Kartierungen aus den Jahren 2007/2008 (Nordteil, vgl. auch JANSEN 2008a, b) bzw. 2010/2011 (Südteil und Schollener See) zusammengetragen. Die maximalen Rastbestände im Zeitraum 2003 bis 2011 sind in Tab. 12 zusammengefasst. Das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See ist eines der bedeutendsten Rastgebiete für Wat- und Wasservögel im mitteleuropäischen Binnenland (DORNBUSCH et al. 1996). Regelmäßig rasten hier mehr als Wasservögel. Eine besondere Bedeutung ergibt sich für Saatgans, Blässgans, Graugans und Kranich, die hier fast alljährlich mit mehr als 1 % der biogeografischen Populationen rasten. Unter den Saatgänsen kommen neben der Tab. 12: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Weißwangengans Zwergsäger Löffler Nachtreiher Silberreiher Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Schreiadler Kornweihe Wiesenweihe Rotmilan Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich Goldregenpfeifer > Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Sumpfohreule Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Blässgans Graugans Brandgans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Tafelente Reiherente Schellente Gänsesäger Zwergtaucher Haubentaucher Kormoran Graureiher Raufußbussard Mäusebussard Wasserralle Teichhuhn Blässhuhn Austernfischer Kiebitzregenpfeifer Kiebitz Großer Brachvogel mind Uferschnepfe mind Bekassine mind Rotschenkel mind Grünschenkel Silbermöwe EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See 35

38 EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Sturmmöwe Lachmöwe Raubwürger überwiegenden Anzahl von Tundrasaatgänsen regelmäßig auch Waldsaatgänse vor. Beispielsweise wurden im Jahre 2004 in den Havelauen um Kuhlhausen bis zu 160 Waldsaatgänse und gleichzeitig außerhalb des EU SPA westlich von Kuhlhausen weitere 95 Waldsaatgänse beobachtet (T. Heinicke, pers. Mitt.). Auch Spießente und Löffelente treten im Gebiet regelmäßig mit bedeutenden Tab. 13: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See. Art Saatgans Blässgans Graugans Spießente Löffelente Rohrdommel Weißstorch Fischadler Seeadler Kranich Wachtelkönig Weißbartseeschwalbe Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Eisvogel Blaukehlchen Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien A4i, B1i, C3 A4i, B1i, C3 A4i, B1i, C3 B1i, C3 B1i, C3 B2, C6 C6 C6 B2, C6 A4i, B1i, B1iv, C2, C5 B2 C6 B2, C2, C6 C6 C6 C6 A4iii, C4, C7 Rastbeständen von mehr als 1 % der Flyway- Population auf. Neben den Arten, die das 1 %-Kriterium erfüllen, sind auch zahlreiche andere regelmäßig und in größeren Individuenzahlen auftretende Rastvogelarten zu erwähnen, darunter als Anhang I-Arten Sing- und Zwergschwan, Weißwangengans und Zwergsäger. Auch viele Limikolenarten rasten hier während der Zugzeit. Dabei treten Goldregenpfeifer und Kiebitz im Gebiet regelmäßig in größeren Individuenzahlen auf. Im Standarddatenbogen sowie bei WEBER et al. (2003) wird auch der Bruchwasserläufer mit größeren Rastzahlen genannt, die jedoch in den letzten Jahren nicht im Gebiet vermerkt wurden. Aber nicht nur für Wasservögel hat das EU SPA eine herausragende Bedeutung, auch zahlreiche Greifvogelarten nutzen das Gebiet als Durchzugs- und Überwinterungsgebiet. Hier sind unter anderem Kornweihe, Wiesenweihe, Rotmilan und Seeadler zu nennen. In Tab. 13 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien für das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See zusammengefasst. Das Gebiet ist eines der bedeutendsten Vogelschutzgebiete Sachsen-Anhalts für Brutvögel ebenso wie für Zug- und Rastvögel. Für 9 Anhang I-Arten zeichnet sich das Gebiet als eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts aus. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Als vorläufige Schutzund Erhaltungsziele wurden definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 03/2006): Etwa zwei Drittel aller Trauerseeschwalben Sachsen-Anhalts brüten im EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See (Foto: M. Kuhnert). 36

39 Das EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See ist eines der bedeutendsten Rastgebiete ganz Mitteleuropas. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Entlang der Havel erstrecken sich im EU SPA weite Grünlandflächen, durchsetzt mit zahlreichen Altarmen, Seen, Gräben, Röhrichten und Rieden (Foto: A. Resetaritz). 37

40 EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See Beobachtungen rastender Singschwäne und Weißwangengänse. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere des Rohrweihen-, Rohrdommel-, Zwergdommel- und Blaukehlchenbestandes (Anhang I) und der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Drosselrohrsänger, Schilfrohrsänger und Rohrschwirl. Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände naturnaher vegetationsreicher Stillgewässer mit Inseln, Schwimmblattvegetation und deckungsreichen Ufern, insbesondere des Trauerseeschwalbenund Flussseeschwalbenbestandes (Anhang I) sowie des Knäkenten-, Graugans- und Rothalstaucherbestandes (Art. 4.2). Erhaltung und Herstellung von störungsfreien Sandinseln und Schlammbänken. Für Knäkente und Graugans ist die Erhaltung von angrenzenden Wiesenbereichen oder ausgedehnter Sumpf- und Grünlandbereiche zu beachten. Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Arten nach Anhang I Weißstorch, Wachtelkönig und Tüpfelsumpfhuhn sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine, Uferschnepfe, Braunkehlchen und Schafstelze. Erhaltung und Wiederherstellung der teils mosaikartig, extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen und -brachen sowie Hochstaudenfluren als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Staudensäumen in enger Verzahnung mit offenen Feuchtflächen als Habitat für Schafstelze und Braunkehlchen. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I). Erhaltung von offenen Gebieten, die an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen, höhlenreichen Einzelbäumen und Waldrändern grenzen sowie strukturierte, extensiv genutzte Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände insbesondere von Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan sowie See- und Schreiadler (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Grünlandflächen, und der Gewässer als Nahrungshabitat im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, insbesondere Auenwälder, sowie Feldgehölze. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht, Schwarzspecht, Schwarzstorch und Kranich (Anhang I) sowie die Erhaltung und die Wie- 38

41 Tausende Kraniche rasten alljährlich während des Herbstzuges im EU SPA (Foto: E. Greiner). derherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer feuchter Auenwälder mit periodisch über längere Zeit Wasser führenden Flutrinnen, Ried- und Röhrichtflächen und feuchten Hochstaudenfluren. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Eisvogelbestandes (Anhang I). Die Erhaltung von klaren, fischreichen Gewässern sowie von Wurzeltellern umgestürzter Bäume hat für den Eisvogelbestand genauso Priorität wie die Erhaltung von Uferabbrüchen als Nisthabitat und Gehölzen als Ansitzwarte. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Zugrastgebiet für Trauerseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Schwarzstorch, Weißstorch, Zwergschwan, Zwergsäger, Kampfläufer, Goldregenpfeifer und Bruchwasserläufer (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Kiebitz, Spießente, Löffelente, Pfeifente, Knäkente, Schnatterente, Blässgans, Graugans, Saatgans, Blässhuhn, Bekassine, Uferschnepfe, Großer Brachv ogel, Gänsesäger und Rotschenkel. Erhaltung von weitläufigen, störungsarmen Überschwemmungsflächen sowie von Fließgewässern und Stillgewässern, außerdem die Erhaltung und Wiederherstellung von extensiv genutzter, offener Kulturlandschaft, besonders der Grünlandbereiche mit Feldgehölzen oder Hecken. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Überwinterungsgebiet für Seeadler, Singschwan und Zwergsäger (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Saatgans und Raufußbussard. Erhaltung einer durch extensiv genutzte Grünlandbereiche im Wechsel mit feuchten Wäldern, Hecken- und Gehölzstrukturen geprägten Landschaft, zudem strukturiert von Fließgewässern und Stillgewässern. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Dynamik dieser reich strukturierten Überflutungsauenlandschaft der Unteren Havel von herausragender Bedeutung. Großen Einfluss hat neben der periodischen natürlichen Überflutung weiter Teile des Gebietes durch die Havel künftig auch das lokale Wasserstandsmanagement, um einen zu schnellen Ablauf des Wassers aus bedeutenden Wiesenbrüterhabitaten und damit die Vorverlegung der Termine für Wiesenmahd und Auftrieb von Weidevieh zulasten der Wiesenbrütervorkommen zu vermeiden. Eine für Sachsen-Anhalt besonders bedeutende Maßnahme ist die großräumige Renaturierung des Flusslaufes der Unteren Havel. Die Bewahrung der Gewässerstrukturen des mäandrierenden Havellaufs mit zahlreichen Altarmen und Altwassern oder des Schollener Sees mit ausgeprägten Verlandungs- und Schwimmblattzonen sowie des einzigartigen Lebensraummosaiks mit ausgedehnten Röhrichtzonen, Feuchtwiesen und Wasserflächen hat nicht nur für den Vogelschutz höchste Bedeutung. Die Umwandlung von Grünland in Ackerland sowie eine dem Schutzziel entgegenstehende weitere Intensivierung der Grünlandnutzung sind zu vermeiden. Bei der Nutzung des Feuchtgrünlandes sind die Belange des Vogelschutzes entsprechend dem Schutzzweck bzw. den geltenden Schutz- und Erhaltungszielen, z. B. durch an die Brutzeiten der wertgebenden Arten der Feuchtwiesen (Kiebitz, Bekassine, Wachtelkönig) angepasste Termine für Schleppen, Walzen und Mahd, zu berücksichtigen. Ebenso kann dies durch zeitweiliges Aussparen der Brutstandorte von Mahd oder Bewei- EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See 39

42 EU SPA Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See dung sowie durch schutzzielangepasste Düngung der Grünlandstandorte erreicht werden. Die Auenwälder und Auenwaldreste, insbesondere auch der Lebensraum Eichenwald im Jederitzer Holz als einziges Vorkommen des Mittelspechtes im EU SPA, sind zu bewahren und im Hinblick auf ihre Eignung als Brutstandort für Schwarz- und Mittelspecht sowie für Greifvögel (Rot- und Schwarzmilan, Seeadler) und Schwarzstorch zu entwickeln. Dabei ist das Erhalten der Horst- und Höhlenbäume, sowie das ausreichende Belassen von Starkbäumen und Totholz ebenso bedeutsam wie das Einhalten von Horstschutzzonen. Die feuchten Bruchwälder sind für die Sicherung der Brutplätze des Kranichs von besonderer Bedeutung, was ggf. in trockeneren Jahren ein lokales Wasserstandsmanagement notwendig machen kann. Für die in Schilfröhrichten brütenden Arten sind ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche unentbehrlich. Für das Blaukehlchen und die Rohrsänger-Arten sind darüber hinaus auch Gräben mit Schilfröhricht zu erhalten (keine Verfüllung) und das Grabenmanagement dementsprechend anzupassen (Grabenberäumung schonend und nur abschnittsweise). Schilfmahd darf im EU SPA nicht bzw. nur eingeschränkt unter Ausschluss sensibler Bereiche und bei Belassen ausreichend großer Ausweichflächen für Schilfbrüter stattfinden. Aufgrund des Fehlens von natürlichen Kiesinseln bzw. der zur Anlage von Nestern nicht geeigneten Schwimmblattvegetation sind langfristig die Förderung bzw. Initiierung einer Seeschwalbennester tragenden Schwimmblattvegetation von besonderer Bedeutung. Eine temporäre Option für die im Gebiet nistenden Seeschwalben- Arten ist es daher, künstliche Nisthilfen auszubringen. Für Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan, sind kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen zu erhalten. Störungen an den Brutplätzen störungsempfindlicher Arten (Kranich, Seeadler, Seeschwalben, Taucher, Kiebitz, Bekassine u.a. Wiesenbrüter) bzw. in deren engerer Umgebung sowie die Störungen von Ansammlungen rastender Vögel, insbesondere an den Schlafplätzen und in deren Umfeld, sind im EU SPA zu vermeiden. Dies sollte auch für Aktivitäten im Zuge landwirtschaftlicher oder forstlicher Nutzung gelten. Das EU SPA ist als Brut- und Rastgebiet eines der Top- 5-Gebiete für zahlreiche Vogelarten nach Anhang I und nach Art. 4.2 der EU-VSchRL. In Anbetracht der herausragenden landesweiten Bedeutung ist die Jagd auf Wasservögel im Schutzgebiet schon seit Jahren nicht mehr gestattet. Zukünftig sollte gänzlich auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, einen weitgehend ungehinderten Vogelzug entlang der Hauptzugroute an Elbe- und Havellauf und auch kürzere Flugstrecken zwischen Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA zu gewährleisten. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. Als nordische Art ist die Weißwangengans in Sachsen-Anhalt nur als Durchzügler und Wintergast zu beobachten, wobei im EU SPA Trupps von mehreren hundert Individuen auftreten (Foto: W. Steinborn). 40

43 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0004LSA EU-Nr.: DE Fläche: 784 ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht LSG0065SGH Helmestausee Berga-Kelbra (-) b) nach internationalem Recht FFH0134LSA Gewässersystem der Helmeniederung (*) FIB0002LSA Helmestausee Berga-Kelbra (=; Anteil Sachsen-Anhalt) * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra liegt im Südwesten Sachsen-Anhalts an der Landesgrenze zu Thüringen zwischen Kyffhäuser und Harz. Die Südwestecke und Teile des Südufers des Stausees befinden sich im Freistaat Thüringen und sind dort einschließlich der thüringischen Anteile am Rückhaltebecken in das EU SPA Kyffhäuser - Badraer Schweiz - Helmestausee integriert und als NSG Schlossberg-Solwiesen nationalrechtlich gesichert. Der weitaus größere Teil des Stausees und somit auch der Wasserfläche gehört jedoch zu Sachsen-Anhalt, wo das EU SPA einschließlich der nördlich und nordwestlich angrenzenden Flächenanteile am Rückhaltebecken insgesamt 784 ha umfasst. Im Süden und Westen ist das EU SPA durch die Landesgrenzen zu Thüringen definiert. Südlich befinden sich die Hügel der Badraer Schweiz mit der Naturschutzstation Numburg. Diese dient dem Numburgverein e. V. als Domizil, die Mitglieder kümmern sich insbesondere um den Schutz der Vogelwelt einschließlich des Erhalts der Lebensräume am Helmestausee. Im Norden ist das Gebiet durch die Eisenbahntrasse Halle - Kassel und den Ort Berga begrenzt. Zwischen Berga und Kelbra erstreckt sich der 4 km lange Hauptdamm der Talsperre Kelbra, der auch die östliche Grenze des EU SPA bildet. Der Helmestausee ist seit 1978 zugleich länderübergreifend mit Thüringen als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung (Anteil Sachsen-Anhalt: FIB0002LSA) und seit 1983 als Landschaftsschutzgebiet unter Schutz gestellt, seit 2000 als separates LSG in Sachsen-Anhalt. Bereits 1992 wurde das EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra an die EU-Kommission gemeldet (DORNBUSCH et al. 1996). Im Rahmen der Überarbeitung der Gebietsvorschläge für das Natura 2000-Netz wurde der Flächenzuschnitt angepasst und das EU SPA im Jahr 2000 in seiner derzeitigen Ausdehnung an die EU-Kommission übermittelt. Der Helmestausee befindet sich im Naturraum Thüringer Becken mit Randplatten in der Helme-Unstrut- Niederung. Die Böden des Gebietes sind hauptsächlich durch grundwasserbeeinflusste Vegen und Gleye gekennzeichnet, die in der Helmeniederung über teils mächtigen sandigen und kiesigen Substraten auftreten. Die am tiefsten gelegenen Bereiche der Niederung werden durch anmoorige Böden charakterisiert. In der Goldenen Aue finden sich über den holozänen Sedimenten Lössablagerungen mit fruchtbaren Lehmen. Diese teils tiefgründigen Braun- und Schwarzerdeböden werden intensiv ackerbaulich genutzt (HÖPFNER 2003). Die jährlichen Niederschläge im Gebiet betragen unter 500 mm. Infolge der aus den Mittelgebirgen über das Gewässersystem der Helme abgeführten Wassermengen ist die Niederung jedoch stark überschwemmungsgefährdet. Die Fläche des nur etwa 3,5 m tiefen Stausees nimmt zwischen Haupt- und Westdamm ca. 600 ha ein. Je nach Jahreszeit und Stauung schwankt die Wasseroberfläche erheblich. Im Frühjahr mit der Schneeschmelze beginnt der Anstau der über die Helme und ihre Zuflüsse aus dem Harz in das südliche Harzvorland abfließenden Wassermengen. Im Vollstau bei Überflutung des Grünlandes im Rückhaltebecken kann sich die Wasserfläche nahezu verdoppeln. Mit dem Ablassen des Stauseewassers im Herbst werden dagegen im Stauseebecken ausgedehnte Schlammflächen wieder frei (SCHULZE 2007). Talsperre und Stausee wurden 1968/69 in Betrieb genommen und dienen vorrangig dem Hochwasserschutz für die östlich angrenzende, sehr fruchtbare und zuvor stark überflutungsgefährdete Goldene Aue. Daneben wird der Stausee auch vielfältig für touristische Zwecke genutzt, unter anderem zum Baden, Segeln und Surfen. Die touristische Erschließung konzentriert sich auf das Südostufer, wo sich in Sachsen-Anhalt Strandbad und Gaststätte, in Thüringen Campingplatz, Anlegestellen und Bootsverleih befinden. Hier befindet sich auch ein besonders zur Kranichrastzeit geeigneter Beobachtungsturm. EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) 41

44 EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Lage und Lebensraumausstattung. Blick über den im Winterhalbjahr abgelassenen Stausee (Foto: S. Ellermann). 42

45 Das jenseits des Westdammes gelegene Rückhaltebecken wird von Gräben durchzogen, die nach Osten in den Solgraben und im Norden in die Nebenhelme entwässern. Neben teils verbrachtem Feuchtgrünland sind Röhrichte und Weichholzauenkomplexe ausgebildet. Eine landwirtschaftliche Nutzung erfolgt nur in Teilbereichen des Kuhrieths (extensive Mähnutzung) bzw. auf trockenerem Grünland im Bereich der Nordspitze und des Westdammes (Schafbeweidung) sowie auf einer Ackerfläche im äußersten Nordwesten des EU SPA (SCHULZE 2007). An Wegen, Gräben und entlang der Helme sind Einzelbäume, Weichholzauensäume, Gebüsche und Röhrichte vorhanden, die das Gebiet zusätzlich strukturieren. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Der etwa 2/3 der Fläche des EU SPA umfassende Helmestausee hat eine große Bedeutung als Brut- und Rastgebiet für zahlreiche Wasservogelarten. Schon seit vielen Jahren ist das Gebiet eines der am besten erforschten Vogelbeobachtungsgebiete in Sachsen-Anhalt (SCHULZE 2007). Es beherbergt ca. 50 regelmäßig und 25 unregelmäßig brütende Vogelarten (DORNBUSCH et al. 1996). Brutvögel: Eine flächendeckende Revierkartierung wertgebender und weiterer bemerkenswerter Arten im Rahmen der systematischen Ersterfassung fand Auch tausende Lachmöwen sind im Gebiet als Rastvögel zu beobachten (Foto: T. Stenzel). EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Der Helmestausee ist Lebensraum zahlreicher Brutvogelarten. Schilfrohrsänger (Erfassung 2006) und Wachtelkönig (Erfassung 2009) brüten im EU SPA jedoch nur im nordwestlich an den Stausee angrenzenden Rückhaltebecken. 43

46 EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Tab. 14: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHULZE (2007) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art im Jahr 2006 statt (SCHULZE 2007). Die Ergebnisse sind mit Ergänzungen zum Weißstorch und zu einigen Entenarten aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2005, 2006 und 2008) sowie den Landeserfassungen von Wachtelkönig und Blaukehlchen (SCHULZE 2010a, 2011) in Tab. 14 dargestellt. Der Weißstorch wurde erstmalig im Jahr 2006 als Brutvogel innerhalb des EU SPA nachgewiesen. Außerdem nutzen die Weißstörche die Wiesen des Kuhrieths als Nahrungsgebiet (SCHULZE 2007). Die landesweite Erfassung des Wachtelkönigs ergab für das EU SPA Helmestausee einen Bestand von 17 Revieren (SCHULZE 2010a). Als weitere Rallenart brütet auch das Tüpfelsumpfhuhn am Helmestausee, jedoch als sehr seltener und unregelmäßiger Brutvogel (WAGNER & SCHEUER 2003). Für 2006 wird ein Revier genannt (SCHULZE 2007). Bemerkenswert ist der überaus hohe Bestand des Schwarzhalstauchers im EU SPA. Erstmalig 1981 nachgewiesen, brütet er seit 2000 alljährlich auf dem Helmestausee (WAGNER & SCHEUER 2003). Seitdem haben sich die Bestände auf bis zu 87 BP erhöht (SCHULZE 2007). Gemessen am Landesbestand für Sachsen-Anhalt ergibt sich für den Helmestausee ein Anteil von 58 %. Weitere bemerkenswerte Brutvogelarten im EU SPA sind Schilfrohrsänger, Drosselrohrsänger, Knäkente, Flussre- Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach SCHULZE 2007 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel 1 1,1 0 - Weißstorch 1 0,2 1 - Rohrweihe 1 0,07 BZB 1-5 Rotmilan 1 0, Schwarzmilan 1 0, Wachtelkönig 17 6, Tüpfelsumpfhuhn 1 3, Neuntöter 4 0, Sperbergrasmücke Blaukehlchen 6 2, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente 3 2 BZB - Löffelente 3 6,7 - - Schwarzhalstaucher Bekassine 5 1,4 5 - Schilfrohrsänger 9 1,1 9 - Drosselrohrsänger 1 0, Weitere bemerkenswerte Arten Brandgans 1 0,6-1-5 Schnatterente 1 0,8 - - Krickente 1 2,2 - - Kolbenente BZB - BZB - Wachtel 2 0, Kormoran Graureiher 65 5, Flussregenpfeifer 1 0, Raubwürger 1 0,1 1 - Bartmeise Schlagschwirl 2 0,3 2 - Rohrschwirl 1 0,2 1 - Braunkehlchen , Steinschmätzer 2 0,1 2 - Grauammer 3 0, Das EU SPA beherbergt mehr als die Hälfte der in Sachsen-Anhalt brütenden Schwarzhalstaucher (Foto: R. Schöne). 44

47 genpfeifer, Bekassine, Steinschmätzer und Braunkehlchen (SCHULZE 2007). Rastvögel: Zur Ermittlung der Zug- und Rastvogelbestände auf dem Helmestausee wurden vorhandene Ergebnisse der Wasservogelzählung, Daten aus ornithologischen Jahresberichten (VEREIN NORDHÄUSER ORNITHOLOGEN e. V ), der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b), der rastenden Kraniche (PSCHORN & SCHEIL 2011) sowie gezielter Kartierungen in den Jahren 2010 und 2011 ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 15 dargestellt. Dabei wurde der Stausee jeweils als Gesamtgebiet betrachtet, da die rastenden Vögel nicht nur dem thüringischen oder sachsen-anhaltischen Anteil zugeordnet werden können. Der Helmestausee ist nicht nur ein bemerkenswertes Brutgebiet, sondern auch ein bedeutendes Rast- und Überwinterungsgebiet für zahlreiche Wasservögel. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren wurden im Gebiet rastende Kraniche registriert. Seit Beginn der 1990er Jahre handelte es sich alljährlich um mehrere tausend Individuen und die Bedeutung des Gebietes als Trittstein für den Kranichzug nahm seitdem stetig weiter zu und 2008 lag die festgestellte Tageshöchstzahl bei fast Individuen (PSCHORN & SCHEIL 2011), was die im Standarddatenbogen genannte Spanne deutlich übertrifft und die überregionale Bedeutung des EU SPA als Kranichrastplatz unterstreicht. Mit einem Rastbestand von mehr als 1 % der Flyway-Population ist der Helmestausee eines der wichtigsten Rastgebiete für den Kranich in Sachsen-Anhalt und übertrifft hinsichtlich der von festgestellten Individuenzahlen alle anderen Rastgebiete Sachsen-Anhalts bei weitem. Auch die Rastbestände von Saatgans und Löffelente erfüllen regelmäßig das 1 %-Kriterium in Bezug auf die Flyway-Population, obgleich die Rastbestände der Löffelente in den letzten Jahren im Vergleich zu DORN- BUSCH et al. (1996) etwas geringer waren. Blässgans, Krickente, Tafelente und Reiherente treten im EU SPA mit tausenden rastenden Individuen auf, ebenso Blässhuhn, Kiebitz und Lachmöwe. Bemerkenswert sind auch die Rastvorkommen von jeweils mehreren hundert Schwarzhalstauchern, Zwergtauchern, Haubentauchern und Schnatterenten. Seit 2004 nahm die Anzahl der Silberreiher im Gebiet stark zu. Auch das breite Artenspektrum der vor allem auf den Schlammflächen rastenden Limikolen ist sehr bemerkenswert, wobei auch Tab. 15: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Weißwangengans Moorente Zwergsäger Ohrentaucher Prachttaucher Löffler Rohrdommel Nachtreiher Silberreiher Purpurreiher Seidenreiher Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Wespenbussard Kornweihe Wiesenweihe Rohrweihe Rotmilan Schwarzmilan Schreiadler Steinadler Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich Tüpfelsumpfhuhn Säbelschnäbler Goldregenpfeifer Pfuhlschnepfe Odinshühnchen Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Lachseeschwalbe Raubseeschwalbe Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Küstenseeschwalbe Zwergseeschwalbe Weißbartseeschwalbe Eisvogel Seggenrohrsänger Blaukehlchen > Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Blässgans Graugans Kurzschnabelgans Brandgans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Spießente EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) 45

48 EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Knäkente Löffelente Kolbenente Tafelente Reiherente Bergente Eiderente Samtente Schellente Gänsesäger Mittelsäger Zwergtaucher Haubentaucher Rothalstaucher Schwarzhalstaucher Kormoran Graureiher Mäusebussard Wasserralle Teichhuhn Blässhuhn Austernfischer Kiebitzregenpfeifer Kiebitz Flussregenpfeifer Sandregenpfeifer Regenbrachvogel Großer Brachvogel Uferschnepfe Bekassine Flussuferläufer Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Steinwälzer Knutt Sanderling Zwergstrandläufer Temminckstrandläufer Sichelstrandläufer Alpenstrandläufer Zwergmöwe Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Mittelmeermöwe Steppenmöwe Heringsmöwe Raubwürger Bergpieper Tab. 16: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra. Art Saatgans Löffelente Kranich Wachtelkönig Blaukehlchen Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B1i, C3 B1i, C3 A4i, B1i, B1iv, C2, C5 B2, C6 C6 A4iii, C4, C7 hier einige Arten hohe Individuenzahlen erreichen. In Tab. 16 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra zusammenfassend dargestellt. Hier wird noch einmal die große Bedeutung des Gebietes als Brut- und insbesondere als Rastgebiet hervorgehoben. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Detaillierte Schutzund Erhaltungsziele werden derzeit im Rahmen der Erarbeitung des Managementplanes definiert. Auf die Avifauna bezogene Schutz- und Erhaltungsziele für das Gebiet sind: Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere des Bestandes von Rohrweihe, Rohrdommel, Tüpfelsumpfhuhn und Blaukehlchen (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen. Erhaltung von Sträuchern und Röhrichten in enger Verzahnung mit offenen Feuchtflächen sowie Erhaltung von mit Röhricht bestandenen Gräben. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände eutropher Stillgewässer mit deckungsreichen Ufern, insbesondere des Knäkenten-, Löffelenten- und Schwarzhalstaucherbestandes (Art. 4.2) sowie Erhaltung von angrenzenden Wiesenbereichen oder ausgedehnten Sumpf- und Grünlandbereichen für die Knäkente. Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Arten nach Anhang I wie Weißstorch und Wachtelkönig sowie der Zugvogelart Bekassine (Art. 4.2). Erhaltung der extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen und -brachen sowie Hochstaudenfluren. Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Röhrichten in enger Verzahnung mit offenen Feuchtflächen als Habitat für Braunkehlchen. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Neuntöter und Sperbergrasmücke (Anhang I) sowie von Raubwürger und Grauammer. Erhaltung von offenen Gebieten mit Dornstrauchgebüschen und anderen kleineren Gehölzstrukturen sowie stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Erhaltung bzw. 46

49 Rastende Silberreiher sind im EU SPA mittlerweile keine Seltenheit mehr (Foto: E. Greiner). EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Im Herbst und Frühjahr konzentrieren sich auf den Wasser- und Schlammflächen des Stausees Zehntausende rastende Zugvögel. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

50 EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Förderung der extensiven Nutzung von Grünlandund Ackerflächen. Erhaltung und Entwicklung der Greifvogelbestände, insbesondere von Rot- und Schwarzmilan (Anhang I) durch Erhaltung des störungsarmen Offenlandes als Nahrungshabitat sowie Erhaltung und Förderung geeigneter Gehölzstrukturen als Niststandort. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Zugrastgebiet für Kranich, Sing- und Zwergschwan, Silberreiher, Schwarz- und Weißstorch, Goldregenpfeifer, Pfuhlschnepfe, Bruchwasserläufer, Kampfläufer, Trauerseeschwalbe und Seggenrohrsänger (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Saatgans, Blässgans, Graugans, Schnatterente, Pfeifente, Krickente, Stockente, Löffelente, Tafelente, Reiherente, Zwergtaucher, Haubentaucher, Schwarzhalstaucher, Kormoran, Blässhuhn, Kiebitz, Kiebitzregenpfeifer, Sandregenpfeifer, Großer Brachvogel, Bekassine, Flussuferläufer, Zwergstrandläufer, Alpenstrandläufer Zwergmöwe und Lachmöwe. Erhaltung von weitläufigen, störungsarmen Schlamm- und Schlickflächen mit Restwasserbereichen im Stausee über die Herbst- und Wintermonate, Erhaltung der extensiv genutzten feuchten Grünlandbereiche im Rückhaltebecken. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Überwinterungsgebiet für Singschwan und Silberreiher (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Saatgans und Blässgans, Stockente, Reiherente, Gänsesäger, Kormoran, Graureiher, Blässhuhn. Belassen von offenen Schlamm- und Restwasserflächen in den Wintermonaten, Erhaltung extensiv genutzter Grünlandbereiche. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Für eine artenreiche und charakteristische Vogelwelt hat im EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra neben der Sicherung der Funktionalität als Brutgebiet insbesondere die Erhaltung und Optimierung der Funktion des Stausees als bedeutendes Zugrastgebiet eine hohe Priorität. Große Bedeutung kommt hierbei dem Wasserstandsmanagement zu (vgl. auch SCHULZE 2007). Dies umfasst auch die Absicherung hoher Grundwasserstände in den Grünländern und Röhrichten des Rückhaltebeckens von April bis Mitte August durch Vollstau, womit für Wiesenbrüter (Bekassine, Wachtelkönig) und Schilfbrüter (Rohrsänger, Rallen, Rohrweihe, Enten) günstige Brutbedingungen gesichert werden können. Im Bereich des Kuhrieths sowie des Langen Rieths sind ganzjährig hohe Grundwasserstände vorteilhaft. Diese werden derzeit durch die meliorative Wirkung der das Gebiet durchziehenden Wassergräben eingeschränkt. Um freiliegende Schlamm- und Schlickflächen im Bereich der Nordspitze, des Helmeeinlaufs und des südwestlichen Teils als Rastflächen für Limikolen, Wasservögel und Kranich entstehen zu lassen, müsste der Stausee ab Mitte August langsam von 13 Mio. m 3 auf ca. 10 Mio. m 3 abgelassen werden. Eine Restwasserfläche im südlichen Stauseeteil bietet über die Herbstund Wintermonate insbesondere Wasservögeln (unter anderem auch Saat- und Blässgänsen) günstige Rastbedingungen. Die möglichen Konflikte bei der Umsetzung eines nach Wasserrahmenrichtlinie vorgeschriebenen Wasserregimes der Talsperre in Beziehung zum FFH-Gebiet Gewässersystem der Helmeniederung bei Auch Reiherenten rasten in größerer Anzahl regelmäßig auf dem Helmestausee (Foto: E. Greiner). 48

51 Bis zu Blässhühner rasten am Helmestausee (Foto: T. Stenzel). der Herstellung bzw. Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes einerseits für das EU SPA, andererseits für das FFH-Gebiet müssen im Vorfeld der rechtlichen Sicherung gelöst werden. Wassertemperatur und -qualität für ein Ablassen aus dem Stausee werden im Spätsommer oft erst erreicht, wenn das Rastgeschehen der Vögel im Jahr schon weit fortgeschritten ist, also zu spät. Eine deutliche Aufwertung als Brut- und Rastplatz könnte der Stausee z. B. durch die Anlage einer Insel unweit des Mündungsbereichs der Helme erfahren. Eine forstwirtschaftliche Nutzung des Bruchwaldes südlich der Helme findet aktuell nicht statt. Es ist anzustreben, dass dies zum Schutz der Greifvogelbrutplätze und des Standortes der ehemaligen Graureiherkolonie weiterhin beibehalten wird. Die Umwandlung der wenigen Ackerflächen im Gebiet in extensiv genutztes EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Nach Norden und Westen schließen sich an den flachen Stausee ausgedehnte und teils von Gräben durchzogene Grünlandbereiche an (Foto: E. Steinborn). 49

52 EU SPA Helmestausee Berga-Kelbra (Anteil Sachsen-Anhalt) Grünland wäre vorteilhaft. Das Mahdregime auf den Grünland- und Brachflächen ist an den Brutverlauf der dort vorkommenden Wiesenbrüter, insbesondere des Wachtelkönigs, anzupassen. Außerhalb der Brutzeit ist auch eine extensive Beweidung mit Schafen möglich. Für die in Schilfröhrichten brütenden Arten sind ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche notwendig. Für das Blaukehlchen und die Rohrsänger-Arten sind Gräben mit Schilfröhricht ein wichtiger Lebensraum. Sie können nur durch ein angepasstes Grabenmanagement erhalten werden (Grabenberäumung schonend und nur abschnittsweise). Schilfmahd darf im EU SPA nicht bzw. nur eingeschränkt unter Ausschluss sensibler Bereiche und bei Belassen ausreichend großer Ausweichflächen für Schilfbrüter stattfinden. Für Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter, Raubwürger und Grauammer, sind kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten zu sichern. Die Rast- und Nahrungsflächen werden unter anderem von mehreren zehntausend Kranichen und mehreren tausend Gänsen und Enten genutzt. Auf das Rastgeschehen einwirkende Störungen sind daher zur Zugzeit sowie im Winterhalbjahr zu vermeiden. Gleiches gilt auch für die sensiblen Brutgebiete. Die touristische Nutzung des Stausees lässt sich durch eine Abgrenzung wassersportfreier Schutzzonen im Stausee mittels Bojenketten, Einschränkung der Nutzung der Nebendämme sowie durch Sperrung des Hauptdamms zur Kranichrastzeit besser mit dem Schutzziel vereinbar gestalten. Aus den gleichen Gründen entspricht die Jagd auf Vögel innerhalb des EU SPA nicht dem Schutzziel. Zum Schutz der Kraniche während ihres Aufenthaltes auf dem Herbstzug am Helmestausee hat der Landkreis Mansfeld-Südharz in den letzten Jahren Allgemeinverfügungen erlassen. Vor dem Hintergrund inzwischen steigender Besucherzahlen am mittlerweile größten Kranichrastplatz Mitteldeutschlands, der Öffnung von Teilen des Betriebsgeländes der Talsperre sowie der Nichtbeachtung von Hinweisschildern oder Absperrungen durch Besucher sollten die Regelungen evaluiert werden. Zusätzlich sollte der Besucheransturm wie bisher durch naturverträgliche Führungen gelenkt werden (z. B. durch die Biosphärenreservatsverwaltung Karstlandschaft Südharz). Hierfür würden sich auch ständige Gebietsbetreuer besonders eignen. Das Gebiet ist aufgrund seiner enormen Bedeutung als Rast- und Schlafplatz für zehntausende Zugvögel, insbesondere für Kraniche als Trittstein auf dem Zug nach Frankreich und Spanien, durch die Natura 2000 Regelungen geschützt. Da sich die Nahrungsflächen der Kraniche und Gänse vielfach außerhalb des EU SPA befinden, sind die Vogelschutzziele grundsätzlich sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen und Leitungstrassen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. Eine herausragende Bedeutung hat das EU SPA als Rastgebiet für Kraniche, die auf ihrem Weg in die Überwinterungsgebiete den Harz in Richtung Südwesten umfliegen (Foto: T. Stenzel). 50

53 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Hakel Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0005LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0146 Hakel (+) FND0002ASL Steinkuhlen bei Friedrichsaue (+) NDF0002ASL Trockenrasen im Wassertal bei Friedrichsaue (+) LSG0033ASL/QLB Hakel (+) b) nach internationalem Recht FFH0052LSA Hakel südlich Kroppenstedt (+) + liegt innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Hakel liegt ca. 11 km nordwestlich von Aschersleben. Es umfasst auf ha eine isolierte Bördewaldinsel sowie die umliegenden Offenlandstrukturen. Die beiden Waldgebiete Großer und Kleiner Hakel nehmen mit ha ca. 20 % der Fläche des EU SPA ein. Die lössreichen, größtenteils ackerbaulich genutzten Flächen rund um die Wälder sind als 0,4 bis 3,2 km breite Pufferzone ebenfalls Bestandteil des Vogelschutzgebietes. Im Norden wird das Gebiet durch den Hakeborner Weg zwischen Kroppenstedt und Hakeborn begrenzt. Der weitere Grenzverlauf folgt den umliegenden Straßen. So bildet die Straße von Friedrichsaue nach Hedersleben die südwestliche, die Straße von Cochstedt nach Schadeleben die östliche und die Straße von Hedersleben nach Kroppenstedt die westliche Grenze des Vogelschutzgebietes. Unweit der Gebietsgrenzen liegen die Ortschaften Kroppenstedt und Hakeborn im Norden, Heteborn und Hedersleben im Westen, Cochstedt im Osten sowie Schadeleben und Hausneindorf im Süden. Innerhalb des EU SPA befinden sich keine Siedlungen. Das EU SPA Hakel wurde bereits 1992 als Vogelschutzgebiet an die EU-Kommission gemeldet (DORNBUSCH et al. 1996). Mit der Meldetranche 2000 erhielt es die heutigen Ausmaße mit der ausgedehnten Offenlandzone als integralem Bestandteil. Großer und Kleiner Hakel stehen seit 1995 komplett als NSG unter Schutz und sind seit dem Jahr 2000 auch als FFH-Gebiet gemeldet. Die Schutzbemühungen für das Gebiet reichen jedoch viel weiter zurück. Schon 1939 wurde der Hakelwald als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, was noch heute, die beiden Waldflächen umfassend, besteht. Teile des Großen Hakels sowie der Kleine Hakel wurden 1954 als Waldschutzgebiete und bereits 1961 als Naturschutzgebiete mit Totalreservatsanteil ausgewiesen (STUBBE 1971). Am bedeutendsten sind die unterhalb der Domburg auf sickerfrischen Böden stockenden Kalk-Rotbuchen-Wälder, die in den sommertrockenwarmen Kalkhanglagen in einen Diptam-Elsbeeren-Eichen- Trockenwald übergehen. Aufgrund seiner herausragenden avifaunistischen Bedeutung wurde dem Gebiet im Jahr 1995 das Prädikat Europareservat durch den Deutschen Rat für Vogelschutz verliehen (DORNBUSCH et al. 1998, BAUER 1997). Naturräumlich befindet sich das EU SPA im nordöstlichen Harzvorland innerhalb der Haupteinheit östliches Harzvorland und Börden. Der Höhenzug des Hakels ist ein Muschelkalksattel im Gebiet des subherzynischen Hügellandes. Die höchste Erhebung im Hakel ist die Domburg mit ca. 245 m über NN. Nach Süden fällt die bewaldete Hochfläche auf etwa 170 m über NN und nach Nordosten auf etwa 140 m über NN ab. Auf den sich anschließenden Offenlandflächen fällt die Geländehöhe noch um etwa 40 m weiter, so dass der bewaldete Sattel deutlich aus der umgebenden flachwelligen Landschaft herausragt. Im Süden des EU SPA befinden sich mit Lausehügel und Markberg noch kleinere Erhebungen. Mit Ausnahme der zentralen Bereiche des Sattels ist der geologische Untergrund mit einer bis zu 2 m mächtigen Lössschicht bedeckt. Hierauf stehen Fahl erden oder fahle Braunerden an. Gewässer gibt es innerhalb des EU SPA kaum. Die Wasserarmut wird durch die Lage im Regenschatten des Harzes mit jährlichen Niederschlägen von im Mittel nur 500 bis 525 mm begünstigt. Südwestlich an das EU SPA angrenzend erstreckt sich jedoch die von Grünland dominierte Bode-Selke-Aue. Dominante Pflanzengesellschaften des Hakels sind Eichenwälder, die unter anderem trockenheitsliebende Arten beinhalten. Es kommen Eichen-Winterlindenmischwälder auf grundwasserfernen oder Eichen-Hainbuchenwälder auf etwas feuchteren Standorten vor. Im EU SPA Hakel 51

54 Acker Grünland Laubwald EU SPA Hakel EU SPA Hakel Lage und Lebensraumausstattung. Die auf einem Muschelkalksattel stockenden Waldinseln Großer und Kleiner Hakel erheben sich über die umliegenden, in das EU SPA als Schutzzone mit eingeschlossenen, Ackerflächen (Foto: A. Resetaritz). 52

55 Der Hakel beherbergt aktuell das einzige Brutvorkommen des Schreiadlers in Sachsen-Anhalt (Foto: M. Bosch, LBV-Archiv). EU SPA Hakel Die Eichenwälder des EU SPA sind von einer individuenreichen Population des Mittelspechtes (Erfassungsjahr 2006) besiedelt, während in gut strukturierten Offenlandbereichen Neuntöter und Sperbergrasmücke zu finden sind (Erfassungsjahr 2011). 53

56 EU SPA Hakel Tab. 17: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2007) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach WEBER et al Kleinen Hakel sind zudem Arten der Fingerkraut-Eichenwälder zu finden. Buchenwälder treten nur in geringem Umfange auf Rendzinen der aus Muschelkalk aufgebauten Domburg in Form der Leberblümchen-Buchenwälder auf ( de/doppel/nsg0146.htm). Nur kleinste Flächenanteile entfallen auf Nadel- und Mischwälder. Der landwirtschaftlich genutzte Flächenanteil des EU SPA beträgt laut Standarddatenbogen ca. 76 %. Die strukturarmen Ackerflächen um die beiden Laubwaldgebiete werden großflächig bestellt und stellen wichtige Jagd- und Nahrungshabitate für Greifvögel dar. Darin eingestreut sind Trocken- und Halbtrockenrasen, die sich in alten Steinbrüchen bzw. in natürlichen Geländeeinschnitten Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch BZB - BZB - Wespenbussard 1 0, Schreiadler Zwergadler Wiesenweihe 1 1,8 1 - Rohrweihe NG Rotmilan 13 0, Schwarzmilan 6 0, Seeadler 1 2,6 - - Wachtelkönig 1 0,4 - - Grauspecht 4 0, Schwarzspecht 14 0, Mittelspecht 50 1, Neuntöter , Sperbergrasmücke 13 0, Zwergschnäpper Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Rebhuhn 23 0, Weitere wertgebende Arten Hohltaube 31 0, Buntspecht 89 0,2 - - Grauammer 42 0, entwickelt haben und teils als FND unter Schutz stehen. Als Strukturelemente finden sich darüber hinaus einige Streuobstwiesen sowie Reste alter wegbegleitender Obstbaumreihen sowie als Windschutz bzw. zur Aufwertung der Biotopstruktur der Landschaft angepflanzte Gehölzreihen verschiedenen Alters und verschiedener Artenzusammensetzung. Auf zwei potenziell konfliktträchtige Nutzungen im Umfeld des EU SPA muss bereits an dieser Stelle hingewiesen werden. Nur ca. 2 km westlich des Gebietes wurde am Speckberg ein Windpark errichtet, der inzwischen ca. 20 Windenergieanlagen umfasst. Nur 1 km östlich der Gebietsgrenze befindet sich der 1957 als Stützpunkt der sowjetischen Luftstreitkräfte eingerichtete und 2010 als Verkehrsflughafen wieder in Betrieb genommene Airport Cochstedt. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die vielfältigen Laubwaldgesellschaften des Großen und Kleinen Hakels sind Lebensraum für zahlreiche bedrohte Vogelarten. Insbesondere für Greifvogelarten hatte das Gebiet in der Vergangenheit eine herausragende Bedeutung. Das umliegende Ackerland stellt mit seinen Hecken und Gebüschstandorten einen charakteristischen Lebensraum für Arten wie Neuntöter, Sperbergrasmücke und Grauammer dar (WEBER et al. 2007). Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel wurden im Hakel 2006 entsprechende Daten von WEBER et al. (2007) erhoben. Weiterhin werden seit 1957 mehrere Langzeitstudien im Hakelwald durchgeführt (z. B. STUBBE 1961, STUBBE & ZÖRNER 1993). Diese Daten wurden mit Ergänzungen Brutbestand von Rot- und Schwarzmilan im EU SPA Hakel 1986 und Datengrundlage: A. & M. Stubbe. 54

57 zur Wiesenweihe aus FISCHER & DORNBUSCH (2006) sowie mit aktuellen Kartierungsergebnissen zu Seeadler (M. Stubbe, pers. Mitt.), Schwarzspecht, Grauspecht, Sperbergrasmücke, Hohltaube und Buntspecht Art (N. Wuttke, A. Resetaritz, pers. Mitt.) ergänzt und sind in Tab. 17 dargestellt. Eine besondere Bedeutung hat das EU SPA Hakel als Lebensraum für Greifvogelarten, die in den Waldbeständen brüten und das umliegende Acker- und Grünland als Nahrungshabitat nutzen. Neben Rot- und Schwarzmilan sowie dem Wespenbussard ist besonders das Vorkommen des Schreiadlers hervorzuheben (STUBBE & MATTHES 1981, STUBBE et al. 2000). Der Hakelwald beherbergt seit 2007 nur noch 1 BP des Schreiadlers, im Jahr 2001 waren es letztmalig 4 BP. Das EU SPA ist damit aktuell das einzige regelmäßig besiedelte Brutgebiet dieser Art in Sachsen-Anhalt. Die Bestände der Greifvogelarten sind allerdings stark rückläufig. Im Erfassungsjahr 2006 waren die Bestände von Schreiadler, Rot- und Schwarzmilan im Vergleich zum Jahr 1999 um 50 % gesunken (WEBER et al. 2007). Der Rotmilan kam hier in den 1970er und 1980er Jahren regelmäßig mit mehr als 100 BP vor, weshalb das Gebiet für diese Art ehemals eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts war. Der größte Bestand wurde im Jahr 1979 mit 136 BP ermittelt (WUTTKY et al. 1982). Von WEBER et al. (2007) konnten noch 13 BP ermittelt werden. Aktuell beträgt der Bestand weniger als 5 BP (M. Stubbe, pers. Mitt.). Tab. 18: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach STUB- BE et al. (2006), WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU- Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Rastbestand* nach STUBBE et al Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Steinadler Kaiseradler Habichtsadler Rohrweihe Kornweihe Rotmilan Schwarzmilan Merlin Sumpfohreule Art. 4.2-Arten Raufußbussard Seit 2010 brütet im Großen Hakel der Seeadler. Die Brut konnte 2011 und 2012 erneut bestätigt werden (M. Stubbe, pers. Mitt.). Auch von der Wiesenweihe gibt es Brutnachweise sowie Brutzeitbeobachtungen im EU SPA Hakel (GÜNTHER 1990, HUTH 1992, TÖPFER 1996). Diese Art konnte durch WEBER et al. (2007) zwar nicht nachgewiesen werden, jedoch gibt es einen Nachweis aus dem Jahr 2005 (FISCHER & DORNBUSCH 2006). Ehemalige Brutnachweise liegen vom Zwergadler vor (STUBBE et al. 1996). Die Art kommt jedoch aktuell nicht mehr als Brutvogel im EU SPA vor. Die Eichenmischwaldhabitate des Großen und Kleinen Hakels sind reich an Baumhöhlen und Totholz und EU SPA Hakel Charakteristisch für den Hakelwald sind Eichenwälder verschiedener Ausprägung sowie die im Bereich des Totalreservates ausgebildeten Kalk-Buchenwälder (Foto: K. Mammen). 55

58 In den durch Hecken und Gebüschstandorte strukturierten Offenlandbereichen des Vogelschutzgebietes brüten Neuntöter, Sperbergrasmücke, Grauammer und Rebhuhn (FRITSCHE 1996, TÖPFER 1996, KRATZSCH & STUBBE 2003, WEBER et al. 2007). Die Sperbergrasmücke kam zum Zeitpunkt der Erfassungen durch WEBER et al. (2007) mit nur 2 BP vor, während 2011 im Gebiet 13 BP nachgewiesen werden konnten (N. Wuttke, A. Resetaritz, pers. Mitt.). Rastvögel: Neben seiner Bedeutung als Brutgebiet hat der Hakel auch eine Funktion als Rastgebiet für ziehende Greifvogelarten. So wurden bereits Steinadler, Kaiseradler, Habichtsadler, Kornweihe und Merlin als Rastvögel nachgewiesen (DORNBUSCH et al. 1996, WEBER et al. 2003, STUBBE et al. 2006). Weiterhin rasten regelmäßig Rot- und Schwarzmilane in beachtlicher Zahl im Gebiet (Tab. 18). EU SPA Hakel Die Hohltaube ist im Hakel in alten Waldbeständen mit verlassenen Schwarzspechthöhlen überall verbreitet (Foto: E. Greiner). bieten somit einen Lebensraum für viele Spechtarten, darunter Mittelspecht und Schwarzspecht. Für den Mittelspecht wird ein Bestand von rund 50 BP angegeben (KRATZSCH & STUBBE 2003, WEBER et al. 2007). Damit umfasst das Brutvorkommen des Mittelspechts im Hakelwald 1,4 % des Landesbestandes und zeichnet das EU SPA als eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts für den Mittelspecht aus. Der Grauspecht wurde immer wieder mit einzelnen Brutpaaren festgestellt (HUTH 1992, GNIELKA & ZAUMSEIL 1997, KRATZSCH & STUBBE 2003). Bei den Erfassungen im Jahr 2006 konnte die Art jedoch nicht als Brutvogel nachgewiesen werden (WEBER et al. 2007). Im Jahr 2011 wurden dann erneut vier Brutpaare des Grauspechts festgestellt (N. Wuttke, pers. Mitt.). Die Buchenwaldbereiche sind von besonderer Bedeutung für den Zwergschnäpper, der mit 3 Revieren im Hakelwald vorkommt (WEBER et al. 2007). Damit ist der Hakel auch für den Zwergschnäpper eines der Top-5-Gebiete in Sachsen-Anhalt. Tab. 19: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Hakel. Art Schreiadler Rotmilan Mittelspecht Zwergschnäpper Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B2, C6 (C6) C6 C6 C7 In Tab. 19 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien zusammenfassend dargestellt. Das Ergebnis hebt noch einmal die besondere Bedeutung des Vogelschutzgebietes als Brutgebiet für mehrere Anhang I-Arten naturnaher Wälder hervor, für die es eines der 5 wichtigsten Brutgebiete in Sachsen-Anhalt darstellt. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Hakel ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Nach der Ausweisung als EU SPA (1992) wurde das Gebiet auf ha landesrechtlich gesichert und mit Verordnung vom als NSG unter Schutz gestellt. Als Schutzziel wird dort die Erhaltung und Entwicklung des Waldkomplexes als Lebensraum zahlreicher bestandsbedrohter Tier- und Pflanzengesellschaften und seines agrarisch genutzten Umfeldes als Grundlage der Nahrungskette unter dem besonderen Aspekt des Greifvogelschutzes definiert. Mit Verordnung vom wurde zur Vermeidung von Gefährdungen und Störungen, die von außen in das Naturschutzgebiet hineinwirken können, die ha große Offenland-Schutzzone um die Waldfläche herum festgelegt. Aktuell werden für das NSG Hakel die Erhaltung und Entwicklung eines vielgestaltigen Laubwaldkomplexes als Lebensraum zahlreicher bestandsbedrohter Tier- und Pflanzengesellschaften sowie die Erhaltung der für Mitteleuropa einzigartigen Artenzusammensetzung und Populationsdichte der Greifvögel als Schutzziel benannt ( sachsen-anhalt.de). Schutz- und Erhaltungsziele für das Gesamtgebiet werden derzeit im Rahmen der Erarbeitung eines Managementplanes definiert. Im Hinblick auf die laut Standarddatenbogen für das EU SPA gemeldeten bzw. in jüngerer Zeit neu als Brutvö- 56

59 gel im Gebiet siedelnden Vogelarten nach Anhang I der EU-VSchRL ergeben sich folgende vorläufige Schutzund Erhaltungsziele: Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere von Wespenbussard, Schreiadler, Seeadler, Rotmilan, Schwarzmilan (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes als geeignetem Nahrungshabitat und von teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Waldbereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht, Grauspecht und Schwarzspecht sowie Zwergschnäpper (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer Waldbereiche. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I) sowie der Grauammer (Art. 4.2). Erhaltung von offenen Gebieten, die an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölze, höhlenreichen Einzelbäume, Altobstbestände und Waldränder grenzen. Erhaltung strukturierter, extensiv genutzter Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Bestände von Wiesenweihe und Wachtelkönig (Anhang I). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Für das EU SPA sind in den Verordnungen über das NSG Hakel aus den Jahren 1995 und 2002 bereits verschiedene Maßnahmen und Einschränkungen festgelegt. So gilt seit 1995 im gesamten Wald Befahrungsverbot, außerhalb der Wege Betretungsverbot vom sowie das Verbot Horst- und Höhlenbäume zu fällen. Freigestellt wurden davon die ordnungsgemäße Forstwirtschaft und Jagd, die Ausführung gesetzlich vorgeschriebener Aufgaben, sowie das Betreten bzw. Befahren durch Eigentümer und Nutzer. Die Freistellung der forstlichen Nutzung beinhaltet Einschränkungen, unter anderem hinsichtlich Nutzungsmengen, Aufforstung, Holzeinschlag und Holzabfuhr. Ebenfalls beinhaltet die NSG-Verordnung, dass die zuständige Naturschutzbehörde für besonders geschützte Vogelarten im Hakel Schongebiete festlegen kann, und dass verschiedene forstliche Aktivitäten (z. B. Entfernung von Totholz, Ausbau von Waldwegen) mit der UNB abzustimmen sind. Außerdem enthält sie Festlegungen für die Jagdausübung, unter anderem zu den Jagdzeiten und den zu bejagenden Arten. Die Jagd auf Vögel ist mit Ausnahme des Fasans nicht zulässig. Zum NSG gehören auch Gebiete mit besonderen Regelungen. So erfolgt im Totalreservat an der Domburg und in der Naturwaldzelle Troglodenhau (insgesamt 33,69 ha) keine forstwirtschaftliche Bodennutzung. Im Jahr 2002 wurde um den Großen und Kleinen Hakel eine Schutzzone von ca ha verordnet, in der den Landschaftscharakter oder die bestehenden Nutzungen verändernde Handlungen verboten sind. Für die Anwendung von Rodentiziden ist die Zustimmung der ONB einzuholen. Der Pflege- und Entwicklungsplan für das NSG Hakel (BIANCON 1996) ist auf das Erreichen des Schutzzieles der Verordnung von 1995 (Erhaltung und Entwicklung des Hakel-Waldkomplexes als Lebensraum zahlreicher bestandsbedrohter Tier- und Pflanzenarten) ausgerichtet. Im Wald sind zwei Kernzonen für natürliche Sukzession vorgesehen. Das agrarwirtschaftlich geprägte Umland wird als Schutzzone zur Sicherung der Nahrungsressourcen der Greifvögel im NSG Hakel berücksichtigt. Auch finden sich Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für vogelschutzrelevante Biotoptypen (Wälder trockenwarmer Standorte, Streuobstwiesen und Feldgehölze). Zum Schutz des letzten noch verbliebenen Schreiadlerpaars im Hakel wurden seit Ende 2008 fünf Forstflächen ganzjährig nicht mehr bewirtschaftet. Im Jahr 2012 wurde kein Schreiadler Brutpaar im Hakel nachgewiesen. Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt sowohl der Waldlebensräume als auch der Waldränder und des Halboffenlandes weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, sind sowohl Maßnahmen im Wald als auch in den Randzonen und der ausgedehnten Offenlandzone des EU SPA notwendig. Prinzipiell ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung entsprechend den in der Verordnung über das NSG festgelegten Terminen zu sichern. Aus Sicht des Schutzes der charakteristischen Waldvogelarten ist es in den letzten Jahren zu einer zu starken Auflichtung zuvor geschlossener Waldbestände in Teilen des Hakels gekommen. Die auch für die Erhaltung der Eichenlebensraumtypen notwendigen Bewirtschaftungsmaßnahmen haben ein Störungspotenzial insbesondere für die Greifvogelarten. Daher sollte die Bewirtschaftung so gestaltet werden, dass das Störpotenzial so gering wie möglich ist. Aus Sicht des Vogelschutzes sind wiederholte Einschläge auf derselben Fläche mit geringer Holzentnahme nicht förderlich. Besser mit den Zielen des Vogelschutzes vereinbar wäre die Einhaltung mehrjähriger Ruhephasen, in denen keinerlei Eingriffe und Störungen erfolgen. Besonderer Wert sollte auf die Entwicklung geschlossener Waldmäntel mit naturnahen Waldmantelgebüschen gelegt werden. Zur Stabilisierung und Förderung der Greifvogelbestände, insbesondere zur Verbesserung der Nahrungssituation, ist im landwirtschaftlich genutzten Umland ein höherer Anteil von kleinflächig über die Brutzeit verteilt gemähter Dauerfutterflächen (verstärkter Luzerneanbau) anzustreben. Um die Nahrungsgrundlage von Greifvogelarten nicht zu gefährden sollten Rodentizide nur in Ausnahmefällen bei besonders schwerwiegenden Gradationen von Kleinsäugern zum Einsatz kommen. Besonders auf die Greifvögel negativ wirkende Einflüsse des Waschbären können auf Grund der verstärkten Ausbreitungstendenz zunehmen. Dem sollte mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden. EU SPA Hakel 57

60 Für Spechtpopulationen, insbesondere des Mittelspechts, ist ein hoher Eichenanteil notwendig. Dabei sind die Erhaltung eines ausreichend hohen Totholzanteils sowie die Erhaltung und Entwicklung von Altholzkernbereichen in Eichen- und Buchenbeständen auch außerhalb der Totalreservate ebenso wichtig wie die Erhaltung der Höhlenbäume. Über den gesetzlichen Schutz von Horstbäumen nach 28 NatSchG LSA hinaus sollten in diesem für den Greifvogelschutz besonders bedeutenden Vogelschutzgebiet störungsarme Kernbereiche für den Greifvogelschutz mit reduzierter Bewirtschaftungsintensität festgelegt werden, die in dieser Form auch als Entwicklungsflächen für Spechtarten dienen können. Die charakteristischen Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft (Neuntöter, Sperbergrasmücke, Grauammer) benötigen zum Überleben eine Vielfalt von Strukturelementen (Feldhecken und andere kleinere Gehölzstrukturen, Brachen). Diese zu erhalten, aufzuwerten und durch entsprechende arten- und strukturreiche Neupflanzungen standortheimischer Gehölze zu ergänzen sichert ihren Erhaltungszustand. Im umliegenden intensiv bewirtschafteten Offenland brütende Anhang-I-Arten (Wachtelkönig, Wiesenweihe) haben ohne direkte Schutzmaßnahmen wenig Aussicht auf erfolgreiche Bruten. Ihre Neststandorte sind bei Auffinden durch Aussparen beim Erntevorgang zu sichern. Auf die Jagd auf Vögel sollte zukünftig im Vogelschutzgebiet gänzlich verzichtet werden. Milane und Adler unterliegen einer besonderen Gefährdung durch Windkraftanlagen. Darüber hinaus besteht durch den intensiven Betrieb des Airports Cochstedt ein erhöhtes Störpotenzial. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen sowie beim Betrieb des Airports Cochstedt im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. Für den Schreiadler legt die LAG VSW (2007) auf der Basis wissenschaftlicher Untersuchungen (MEYBURG et al. 2006, SCHELLER et al. 2001) für Windkraftanlagen Mindestabstände von 6 km zum Horststandort fest. EU SPA Hakel Kornweihen sind regelmäßige Wintergäste in den Offenlandbereichen des EU SPA (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). 58

61 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Aland-Elbe-Niederung Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0006LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht BR_0004LSA Mittelelbe (-) NSG0388 Aland-Elbe-Niederung (- bis auf kleine Grenzabweichungen) LSG0029SDL Aland-Elbe-Niederung (- bis auf Bereich des SPA zwischen Ufer und Mittellinie der Stromelbe) FND0013SDL Küster-Brack (+) b) nach internationalem Recht FFH007LSA Aland-Elbe-Niederung nördlich Seehausen (*) FFH008LSA Elbaue Beuster-Wahrenberg (+) FIB0003LSA Aland-Elbe-Niederung und Elbaue Jerichow (*) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung beginnt elbeaufwärts bei Neu-Goldbeck/Werben etwa bei Elbe-km 431 und endet an der Niedersächsischen Landesgrenze südlich Schnackenburg etwa bei Elbe-km 473. Es handelt sich um eine naturnahe Überflutungsaue, die durch die in weiten Schleifen mäandrierende, in Nordwest- Richtung verlaufende Elbe geprägt ist. Ausgedehnte Grünlandbereiche, durchsetzt mit Auenwaldresten, werden durch das Elbehochwasser, durch Qualmwasser sowie durch den Wasserrückstau des in die Elbe fließenden Aland beeinflusst. Das EU SPA ist durch eine Vielzahl von Altwassern, Flutrinnen und nassen Senken mit Verlandungs- und Röhrichtzonen geprägt. Daneben bestimmen vereinzelte Binnendünen, Weidengebüsche, Einzelbäume und Auenwaldreste das Bild der Landschaft. Als sachsen-anhaltischer Mosaikstein einer großräumigen, ökologisch hochwertigen Auenlandschaft mit einem für Mitteleuropa ungewöhnlich hohen Natürlichkeitsgrad und einer bedeutenden Vogelwelt wurde die Garbe-Aland-Niederung 1991 als Important Bird Area (IBA) ausgewiesen (SUDFELDT et al. 2002). Bereits 1992 erklärte das Land Sachsen-Anhalt dieses Gebiet auf der Grundlage der Erfüllung mehrerer IBA-Kriterien zum EU SPA (DORNBUSCH et al. 1996). Bei den folgenden Meldetranchen der Natura 2000-Gebiete wurde das EU SPA im Jahre 2000 und nochmals im Jahr 2003 auf die derzeitige Flächengröße von ha erweitert (DORNBUSCH & FISCHER 2007). Aufgrund der hohen Bedeutung des Gebietes für Zug- und Rastvögel wurde die Aland-Elbe-Niederung im Verbund mit der Elbaue Jerichow vom Internationalen Ramsar-Büro im Jahre 2003 zum Feuchtgebiet internationaler Bedeutung (Ramsar-Gebiet) erklärt (DORNBUSCH 2004). Große Teile des Vogelschutzgebietes sind zugleich auch als FFH- Gebiete gemeldet. Seit 2010 ist das EU SPA außerdem Bestandteil des neu verordneten großräumigen NSG Aland-Elbe-Niederung. Das EU SPA liegt in den Naturräumen Untere und Märkische Elbtalniederung bzw. in der Landschaftseinheit Werbener Elbtal. Begrenzt wird das Vogelschutzgebiet im Norden durch den nach 1961 errichteten Grenzdeich, der auch die Grenze zu Niedersachsen bildet. Im gleichen Zeitraum wurde auch der Deich von Wahrenberg aus nach Norden bis zum Grenzdeich verlängert, wodurch große Bereiche aus der Überflutungsaue herausgenommen und einer landwirtschaftlichen Nutzung zugänglich wurden (LIPPERT & AUDORF 2005). Der Bau von Poldern (Sommerpolder Beuster Werder, Geestgottberger Polder, Wahrenberger Polder, Garbepolder, Wrechowpolder) und des Alandabschlussbauwerkes stellten eine weitere Beeinflussung der hydrologischen Verhältnisse dar (ERNST et al. 2010). Östlich vom Garbe-Polder im Überflutungsbereich der Elbe befindet sich die Hohe Garbe, ein Auenwaldrelikt. Vor der Errichtung der Deiche konnte Hochwasser hier breit auflaufen. Heute wird die Hartholzaue jedoch bis zu einer Höhe von 2 m und mehr überflutet, was vor allem mittelstarke Eichen schädigt (LIPPERT & AUDORF 2005). Zwischen dem Aland-Sperrwerk und Wanzer ist die mit Weidengehölzen bestandene gedeichte Aland- Niederung sehr schmal. Südlich von Wanzer weitet sie sich, ist jedoch südlich von Pollitz bis zum Ende des Westausläufers des EU SPA an der Wahrenberger Aland- Brücke wiederum schmal gedeicht. Entlang der Elbe ab Reetz-Wische-Deich südwärts gehört nur noch das EU SPA Aland-Elbe-Niederung 59

62 EU SPA Aland-Elbe-Niederung Binnengewässer Fels- und Rohboden Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Gebüsch/Vorwald EU SPA Aland-Elbe-Niederung Lage und Lebensraumausstattung. Im Norden des EU SPA erstreckt sich die weitläufige Garbe-Aland-Niederung (Foto: S. Ellermann). 60

63 Elbevorland mit den jeweiligen Qualmwasserbereichen am Deich zum EU SPA. Im Elbebogen nördlich von Wahrenberg liegt ein weiteres kleineres Auenwaldrelikt im Überflutungsbereich an der Elbe. Nördlich von Geestgottberg/Eickerhöfe weitet sich das Elbevorland und bildet in Höhe der beiden Elbebrücken eine über 1 km breite Dauergrünland-Aue. Darin sind Altarme, Kolklöcher und die alte, seit dem Bau der neuen B 189- Brücke nicht mehr ständig durchströmte, Flutrinne der Elbe eingebettet. Ab Steinfelde/Beuster bis Schönberg/ Deich bildet die Elbe einen weiteren Dauergrünland- Mäander. Auf Glazial-Dünen inmitten der Elbeaue liegen hier mehrere kleine Ortschaften. Diese weite Flussaue mit Elbe-Altarmen und Flutrinnen wird bei Hochwasser regelmäßig überflutet. Bis zur Südgrenze des EU SPA sind die Elbevorländer ebenfalls von Dauergrünland bedeckt und durchzogen von Flutrinnen und Kolklöchern. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die naturnahe, reich strukturierte Überflutungsaue entlang von Elbe und Aland ist Lebensraum für eine ausgesprochen arten- und individuenreiche Vogelwelt. Besonders bedeutende Gebiete innerhalb des EU SPA sind dabei der Bereich Stresow-Garbe und das Elbevorland bei Losenrade. Etwa 150 Brutvogelarten sind bekannt (DORNBUSCH et al. 1996) und mehr als 105 Wat- und Wasservogelarten wurden in jüngerer Zeit auf dem Zug oder Der Wachtelkönig brütet vor allem in den weiten Auengrünländern zwischen Wahrenberg und Neukirchen (Foto: R. Schmidt, LBV-Archiv). EU SPA Aland-Elbe-Niederung Infolge der weitgehend natürlichen Hochwasserdynamik im EU SPA werden alljährlich weite Grünlandflächen überschwemmt, so dass sowohl Großer Brachvogel und Kiebitz als auch der seltene Flussuferläufer an vielen Stellen im Gebiet Brutmöglichkeiten haben (Erfassungsjahr 2004). 61

64 EU SPA Aland-Elbe-Niederung Tab. 20: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus LIPPERT & AUDORF (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach LIPPERT & AUDORF 2005 während der Überwinterung nachgewiesen (JANSEN 2008a). Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel wurden in der Aland-Elbe-Niederung 2004 entsprechende Daten von LIPPERT & AUDORF (2005) erhoben. Diese Ergebnisse wurden um aktuelle Daten zu Rohrdommel, Seeadler, Säbelschnäbler, Flussseeschwalbe, Rothalstaucher, Schwarzhalstaucher und Wiedehopf aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2006, 2007 und 2009) Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Moorente Rohrdommel 1 1, Zwergdommel 1 1, Weißstorch 2 0, Wespenbussard Rohrweihe 8 0, Rotmilan 21 0, Schwarzmilan 14 0, Seeadler 2 5, Kranich Wachtelkönig 51 18, Tüpfelsumpfhuhn 2 6, Kleines Sumpfhuhn Säbelschnäbler Trauerseeschwalbe 3 1, Flussseeschwalbe Eisvogel 7 0, Schwarzspecht 4 0, Mittelspecht 16 0, Neuntöter 59 0, Heidelerche 1 0, Sperbergrasmücke 23 1, Blaukehlchen 1 0,4 - - Ortolan 5 0,1 5 - Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente Löffelente 4 8, Rothalstaucher 1 1, Schwarzhalstaucher 10 6,7 - - Kiebitz 32 2, Großer Brachvogel , Uferschnepfe Bekassine Flussuferläufer Rotschenkel Steinkauz 5 33,3 5 - Wiedehopf 1 1,1 - - Schilfrohrsänger 91 11, Drosselrohrsänger Weitere bemerkenswerte Arten Brandgans 8 4, Schnatterente 7 5, Graureiher 8 0, ergänzt. Für Wachtelkönig und Blaukehlchen wurden die Daten der Landeserfassungen ausgewertet (SCHULZE 2010a, 2011). Die aktuellen Bestandszahlen der wertgebenden Arten im EU SPA Aland-Elbe-Niederung sind in Tab. 20 dargestellt. Die vielfältig strukturierte ausgedehnte Flusstalaue wird von einer in Sachsen-Anhalt nur noch gering verbreiteten Wiesen-, Watund Wasservogelgemeinschaft besiedelt. In den Wiesen und in feuchteren Bereichen brüten Wachtelkönig, Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine, Braunkehlchen, Wiesenpieper und Schafstelze sowie bei Vorhandensein geeigneter Strukturen auch der Neuntöter und die Sperbergrasmücke. In den Seggenrieden ist das Tüpfelsumpfhuhn zu finden. Die Schilf- und Röhrichtzonen verlandender Altwasser werden von Graugans, Rohrdommel, Zwergdommel, Rohrweihe, Wasserralle, Schilfrohrsänger und Drosselrohrsänger besiedelt. Weiterhin brüten im Bereich der Gewässer Brandgans, Schnatterente, Knäkente, Löffelente sowie Rothalstaucher und Schwarzhalstaucher. Die freien Gewässerufer und Sandbänke werden vom Flussuferläufer, in manchen Jahren auch von der Flussseeschwalbe, besiedelt. Hier gab es im Jahre 2008 auch den ersten Brutverdacht für den äußerst selten im Binnenland brütenden Säbelschnäbler (FISCHER & DORNBUSCH 2009). Im Jahre 2010 wurden dann drei Brutpaare festgestellt. Leider verliefen die Bruten erfolglos (J. Dien, R. Audorf, pers. Mitt., DORN- BUSCH & FISCHER 2010). Eine Charakterart dieser Landschaft ist der Weißstorch. Er brütet überwiegend in den umliegenden Orten, nutzt aber die Feuchtwiesen des Vogelschutzgebietes zur Nahrungssuche. Die Art erreicht hier eine ausgesprochen hohe Siedlungsdichte, die mit anderen storchenreichen Gebieten in Europa, wie Masuren, Morava-Dyje- und Save-Auen, zu vergleichen ist (DORNBUSCH et al. 1996). In Wahrenberg, dem storchenreichsten Dorf Sachsen- Anhalts, wurde 2004 ein Bestand von 14 Brutpaaren festgestellt (LIPPERT & AUDORF 2005). Typische Auenwaldbesiedler im Gebiet sind Rotmilan, Schwarzmilan, Seeadler, Kranich, Schwarzspecht, Mittelspecht und Kleinspecht. Rastvögel: Für die Zug- und Rastvögel wurden die vorhandenen Daten der Wasservogelzählung der Jahre , der länderübergreifenden Gänsezählung, aus Ornithologischen Jahresberichten (ab 2003), Daten aus BRUCH (o. J.), gezielten Kartierungen im EU SPA im Jahr 2008 (JANSEN 2008a, b, ohne Daten für Pufferbereich um EU SPA) sowie den 2008 (Goldregenpfeifer, Kiebitz, Silberreiher [SCHULZE 2010b]) bzw (Kranich [PSCHORN & SCHEIL 2011] und Schwäne [SCHULZE 2012b]) durchgeführten Landeserfassungen zu Rastvögeln ausgewertet und zusammengeführt. Die daraus resultierenden Rastbestände sind in Tab. 21 dargestellt. 62

65 Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung ist auch als Rast- und Überwinterungsgebiet für eine Vielzahl von Gastvögeln von besonderer Bedeutung. Neben den bemerkenswerten Beständen von Singschwan, Zwergschwan und Weißwangengans sind auch die Bestandszahlen von Saatgans, Blässgans, Pfeifente, Stockente, Spießente und Tafelente hervorzuheben. Aber auch Krickente, Löffelente, Reiherente, Zwergsäger und Gänsesäger kommen in beachtlicher Zahl vor. Insbesondere während der Zugzeiten halten sich einige Tausend Kraniche, Goldregenpfeifer und Kiebitze sowie zahlreiche Bekassinen, Bruchwasserläufer und Kampfläufer im Gebiet auf. Der Kiebitz tritt hier regelmäßig mit Rastbeständen von bis über Individuen auf. Die maximal festgestellte Tageshöchstzahl beträgt nach JANSEN (2008a) Individuen. Für Saatgans und Kranich stellt die Aland-Elbe-Niederung ein Schlüsselgebiet für die Rast dar, in dem mehr als 1 % der geografischen Population rasten (DELANY et al. 2009). Auch von Singschwan, Spießente und Löffelente rasten regelmäßig mehr als 1 % der Flyway- oder EU-Brutpopulation im Gebiet. Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung ist eines der bedeutendsten Rastgebiete für Wasservögel im gesamten mitteldeutschen Raum. Es erfüllt auch aktuell mehrmals das internationale 1 %-Kriterium der Ramsar-Konvention. Während der Zug- und Rastzeiten sind im Schutzgebiet regelmäßig (d. h. mindestens in der Hälfte der zu betrachtenden Jahre) 1 % einer biogeografischen Population der Arten Saatgans, Spießente, Löffelente und Kranich zu finden, bzw. regelmäßig mehr als Wasservögel aller Arten (JANSEN 2008b). Somit erfüllt das Gebiet die Kriterien A4iii und C4. In Tab. 22 ist die Erfüllung der Kriterien zusammenfassend dargestellt. Das Ergebnis hebt noch einmal die besondere Bedeutung des Vogelschutzgebietes für den internationalen Vogelschutz hervor, auch über die Landesgrenzen von Sachsen-Anhalt hinaus. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA ist Teil des zur Umsetzung der FFH- und der Vogelschutz-Richtlinie in Landesrecht verordneten NSG Aland-Elbe- Niederung, für das in 3 (Schutzzweck) der Verordnung des NSG endgültige Schutzund Erhaltungsziele definiert wurden (vgl. auch ERNST et al. 2010). Für das EU SPA gelten insbesondere die für Vogelarten und ihre Lebensräume formulierten Schutz- und Tab. 21: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Weißwangengans Moorente 2 0-(1) Zwergsäger Sterntaucher Prachttaucher Eistaucher Nachtreiher Silberreiher Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Schreiadler Steinadler Kornweihe 5 > Rotmilan Seeadler Wanderfalke Merlin Kranich Goldregenpfeifer > Bruchwasserläufer Kampfläufer Raubseeschwalbe Trauerseeschwalbe Sumpfohreule Art. 4.2-Arten Höckerschwan Kanadagans Graugans Saatgans Blässgans Kurzschnabelgans Brandgans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Tafelente Reiherente Schellente Gänsesäger Mittelsäger Zwergtaucher Haubentaucher Rothalstaucher Schwarzhalstaucher Kormoran Graureiher Raufußbussard Mäusebussard Blässhuhn Austernfischer Kiebitzregenpfeifer EU SPA Aland-Elbe-Niederung 63

66 EU SPA Aland-Elbe-Niederung Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Erhaltungsziele, die nachfolgend auszugsweise aufgeführt werden: Die Festsetzung des Naturschutzgebietes erfolgt insbesondere zur Erhaltung, Wiederherstellung und Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Kiebitz Flussregenpfeifer Sandregenpfeifer Regenbrachvogel Großer Brachvogel Uferschnepfe Bekassine Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Temminckstrandläufer Alpenstrandläufer Zwergmöwe Lachmöwe Sturmmöwe Mantelmöwe Silbermöwe Steppenmöwe Heringsmöwe Weißflügel-Seeschwalbe Entwicklung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet vorhandenen Lebensraumtypen und Arten. Der gebietsspezifische Schutzzweck besteht insbesondere in der Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes: der Lebensräume der im Gebiet vorkommenden Tier- und Pflanzenarten, insbesondere der Arten der Anhänge II und IV der FFH-RL sowie der Vogelarten nach der EU-VSchRL. Ferner erfolgt die Festsetzung zur Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes von Lebensgemeinschaften und Lebensräumen einer vielfältigen Fauna und Flora einschließlich zahlreicher seltener und bestandsbedrohter Arten und zwar: der durch extensive Grünlandbereiche und Ackerflächen im Wechsel mit feuchten Wäldern, Hecken- und Gehölzstrukturen sowie Fließ- und Stillgewässern geprägten Landschaft als Rast- und Überwinterungsgebiet für die Vogelarten nach der EU-VSchRL, Verteilung der Brutvorkommen von Wachtelkönig (Erfassungsjahr 2009) sowie Tüpfelsumpfhuhn, Rot- und Schwarzmilan (Erfassungsjahr 2004) im EU SPA. 64

67 Tab. 22: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Aland-Elbe-Niederung. Art Singschwan Saatgans Spießente Löffelente Weißstorch Seeadler Kranich Wachtelkönig Tüpfelsumpfhuhn Säbelschnäbler Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien A4i, B1i, C2 A4i, B1i, C3 B1i, C3 B1i, C3 C6 B2, C6 A4i, B1i, C2 A1, A4i, B1i, B2, C1, C2, C6 C6 C6 C6 C6 A4iii, C4, C7 naturnaher, strukturreicher und aus standortheimischen Arten aufgebauter Waldgesellschaften wie Erlen-Bruch-, Erlen-Eschenwäldern oder Hartholzauenwäldern mit einem annähernd naturnahen Wasserhaushalt, allen Altersphasen in mosaikartigem Wechsel und einem angemessenen Anteil an Alt- und Totholz insbesondere als Lebensraum von Seeadler, Rotmilan, Mittelspecht, Schwarzspecht, Kranich und Schwarzstorch (Anhang I), der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere von Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen in Verbindung mit reich strukturierten extensiv genutzten Landschaftsräumen, bestehend aus gestuften Hecken, Dornstrauchgebüschen, Feldgehölzen, Streuobstwiesen, höhlenreichen Einzelbäumen und gebüschreichen Waldrändern insbesondere als Lebensraum für Neuntöter und Sperbergrasmücke (Anhang I), des offenen Kulturlandes mit extensiv genutzten Wiesen, insbesondere Feucht- und Nasswiesen sowie Brenndolden-Auenwiesen und Mageren Flachland- Mähwiesen, die vor allem als Weißstorch-Nahrungshabitat und Wiesenvogel-Lebensraum, insbesondere für Wachtelkönig und Kampfläufer (Anhang I) sowie für Bekassine, Großen Brachvogel, Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe, Braunkehlchen, Wiesenpieper und Schafstelze (Art. 4.2) bedeutend sind, der Riede und Röhrichtbestände sowie der naturnahen vegetationsreichen Stillgewässer, der typischen uferbegleitenden Vegetation, insbesondere von feuchten Hochstaudenfluren, als Lebensraum insbesondere für Rohrweihe, Rohrdommel, Zwergdommel (Anhang I) und der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Löffelente, Knäkente, Graugans Drosselrohrsänger und Schilfrohrsänger, der Vogelgemeinschaft naturnaher Fließgewässer, insbesondere von Eisvogel, Flussseeschwalbe (Anhang I) und Flussuferläufer (Art. 4.2), der Greifvogelbestände, insbesondere für Fischadler, Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan, See- und Schreiadler (Anhang I) durch Erhaltung bzw. Wiederherstellung des Offenlandes, insbesondere der Grünlandflächen und der Gewässer als Nahrungsraum im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, insbesondere Auenwäldern sowie Feldgehölzen, der Lebensräume für gebüsch- und baumhöhlenbewohnende Vögel. Der Schutzzweck umfasst die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Aland-Elbe-Niederung als Teil des kohärenten europä- EU SPA Aland-Elbe-Niederung Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung ist eines der bedeutendsten Brutgebiete für den Flussuferläufer in Sachsen-Anhalt (Foto: E. Greiner). 65

68 EU SPA Aland-Elbe-Niederung ischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete Natura 2000 durch schutzverträgliche Nutzungsregelungen und gezielte Pflegemaßnahmen als Vorkommensgebiet zahlreicher Vogelarten sowie Lebensraumtypen, Tieren und Pflanzen nach der FFH- und EU-Vogelschutzrichtlinie, insbesondere: Arten nach Art. 4, Abs. 1 (Anhang I Arten) der EU- VSchRL, Arten nach Art. 4, Abs. 2 der EU-VSchRL. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung In der Verordnung über das NSG Aland-Elbe-Niederung vom (LVWA 2009a) finden sich bereits weitreichende und im Interesse der Akzeptanz und Realisierbarkeit vor Ort teils stark diversifizierte Regelungen (vgl. JÄGER et al. 2010), die der Erhaltung der charakteristischen und für die Avifauna bedeutenden Landschaftsstrukturen dienen. Unter anderem sind zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen, die Verfüllung von Bodensenken und Flutrinnen, die Beseitigung von Gehölzstrukturen sowie der Grünlandumbruch im Gebiet allgemein verboten. Ebenso sind zahlreiche Regelungen enthalten, die die im Gebiet ausgeübten Nutzungsformen im Hinblick auf die für die Avifauna formulierten Schutz- und Erhaltungsziele steuern. Im Hinblick auf den Wiesenbrüterschutz ist z. B. die Mahd von außen nach innen und in der Nacht untersagt. Weiterhin gilt ein Nutzungsverbot des Grünlandes im Umkreis der Neststandorte von Großem Brachvogel, Uferschnepfe und Rotschenkel bis 15. Juli und von Bereichen mit rufenden Wachtelkönigen bis zum 15. August des betreffenden Jahres. Nestschutzzonen von 100 m Umkreis gelten auch für Kranich und Weihenarten. Der Zeitpunkt der Erstnutzung von Grünland soll über die Begrenzung der im Mittel je ha auszubringenden Stickstoffdüngung gesteuert werden. Die maximale Standzeit von Weidevieh ist auf 20 Tage je Koppel bei maximaler Besatzdichte begrenzt, was zwar während dieser Zeit keine Wiesenvogelbruten ermöglicht, im Endeffekt aber längere nutzungsfreie Zeiträume realisiert. Im Hinblick auf die Erhaltung der Auenwälder wurden zwei forstnutzungsfreie Flächen auf der Hohen Garbe und bei Neukirchen eingerichtet. Darüber hinaus sind die Zeiträume für Holzeinschlag, -rücken und -abfuhr beschränkt, es sind sechs Biotopbäume je ha und mindestens 4 % starkes Totholz zu belassen. Über den gesetzlichen Schutz von Horstbäumen nach 28 NatSchG LSA hinaus sollten in diesem für den Greifvogelschutz besonders bedeutenden Vogelschutzgebiet störungsarme Kernbereiche für den Greifvogelschutz mit reduzierter Bewirtschaftungsintensität festgelegt werden, die in dieser Form auch als Entwicklungsflächen für Spechtarten dienen können. Im gesamten Gebiet ist die Jagd auf Vögel verboten und es gilt ein generelles Jagdverbot im Umkreis von 50 m um erkennbare Mauser-, Rast-, Sammel- sowie Schlafplätze Das EU SPA Aland-Elbe-Niederung stellt für zahlreiche Zugvogelarten eines der wichtigsten Rastgebiete in Sachsen-Anhalt dar. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

69 Zwergschwäne sind während der Zugzeiten regelmäßig im EU SPA anzutreffen (Foto: A. Schonert). EU SPA Aland-Elbe-Niederung Beobachtungen rastender Goldregenpfeifer, Sing- und Zwergschwäne in den Jahren

70 Mehr als 1 % der geografischen Population der Saatgans rasten im EU SPA Aland-Elbe-Niederung (Foto: W. Steinborn). EU SPA Aland-Elbe-Niederung von Wat- und Wasservögeln sowie jeweils vom bis zum des Folgejahres in fünf ausgewiesenen Rast vogelruhezonen. Auf die Vogelwelt negativ wirkende Einflüsse von Neozoen, insbesondere Waschbär, Mink und Marderhund können auf Grund der verstärkten Ausbreitungstendenz dieser Arten zunehmen. Dem sollte mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden. Zusätzlich zu den bereits verordneten Maßnahmen sollte die Dynamik der reich strukturierten Überflutungsauenlandschaft verbessert werden. Neben der unregelmäßigen natürlichen Überflutung weiter Teile des Gebietes durch die Elbe bzw. den Aland wäre eine längere Wasserhaltung im Gebiet, insbesondere im Bereich des Wrechow, durch die Nutzung des Alandsperrwerks sinnvoll. Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, den Vögeln einen ungehinderten Vogelzug entlang der Hauptzugroute am Elbeverlauf sowie kürzere Flugbewegungen zwischen Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. Größere Auenwaldreste befinden sich im Bereich Garbe und im Elbebogen bei Wahrenberg (Foto: N. Wuttke). 68

71 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0007LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0387 Ohre-Drömling (*) LSG0031OK_ Drömling (*) LSG0031SAW Drömling (*) NUP0001LSA Drömling (-) b) nach internationalem Recht FFH0018LSA Drömling (+) FFH0020LSA Grabensystem Drömling (*) FFH0022LSA Stauberg nördlich Oebisfelde (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling, im Nordwesten des Landes Sachsen-Anhalt gelegen, umfasst eine Fläche von ha. Es erstreckt sich von Calvörde entlang der Ohre und ihrer zuführenden Gräben nach Nordwesten. Bis Pieplockenburg bildet der Mittellandkanal die südliche Grenze des EU SPA, dann setzt sich das Schutzgebiet über diesen hinaus bis zum Landgraben bzw. der Bahnlinie bei Bösdorf und weiter mit unregelmäßigem Grenzverlauf über Mannhausen, Bösdorf, Bergfriede und Breitenrode bis zur niedersächsischen Landesgrenze fort, die die Westgrenze des EU SPA in Sachsen-Anhalt bildet. Auch auf niedersächsischer Seite ist der Drömling als EU SPA ausgewiesen. Die West-Ost-Ausdehnung des Schutzgebietes beträgt in Sachsen-Anhalt ca. 27 km. Die Nordgrenze folgt dem Verlauf der Grabensysteme und ist daher stark aufgegliedert. Teilweise grenzt das EU SPA Feldflur bei Kusey direkt an. Bereits außerhalb des EU SPA befinden sich Mieste, Dannefeld, Köckte, Röwitz und Kunrau. Innerhalb des Schutzgebietes befinden sich Gehöfte und mit Buchhorst, Miesterhorst und Krügerhorst auch einige Siedlungen. Das EU SPA wird von der stark befahrenen Bundesstraße B188 sowie von der ICE-Trasse Hannover - Berlin durchquert. Als Vogelschutzgebiet an die EU-Kommission gemeldet wurden einzelne Teile des Drömlings (südlicher Drömling/Ohre sowie nördlicher/böckwitz-jahrstedter/ Breitenroder-Oebisfelder Drömling) bereits 1992 (DORN- BUSCH et al. 1996). Im Jahr 2000 wurde das EU SPA auf die heutige Flächengröße erweitert und als eine kompakte Fläche abgegrenzt. Drei FFH-Gebiete, die den nordwestlichen und südlichen Drömling sowie große Anteile des Grabensystems im übrigen Gebiet umfassen, befinden sich ganz bzw. zum größten Teil innerhalb des EU SPA. Nahezu zwei Drittel des EU SPA wurden durch das im Jahr 2005 verordnete NSG Ohre-Drömling landesrechtlich gesichert. Der Böckwitz-Jahrstedter und Breitenroder-Oebisfelder Drömling sowie die Bekassinenwiese sind als Totalreservate (Schutzzone I - Kernzone) ausgewiesen. Das EU SPA liegt außerdem nahezu vollständig innerhalb des Landschaftsschutzgebietes Drömling und des gleichnamigen, seit 1990 bestehenden, Naturparks. Die am verabschiedete Biodiversitätsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt sieht vor, mit der Umsetzung des Naturschutzgroßprojektes Drömling die Voraussetzungen für eine Ausweisung des Naturparks Drömling als Biosphärenreservat zu schaffen und eine UNESCO-Anerkennung anzustreben. Naturräumlich betrachtet liegt das EU SPA im atlantisch geprägten Weser-Aller-Tiefland, wo es die Naturraum- und Landschaftseinheit Drömling bildet. Sehr kleine Flächenanteile entfallen im Nordosten auf die Klötzer Heide sowie am Südrand auf das Ostbraunschweigische Flachland. In der flachen Drömlingsniederung werden nur Höhen um m über NN erreicht. Auch die umliegenden pleistozänen Hochflächen erheben sich nur m höher aus der Landschaft. Über der beckenförmig liegenden, bis zu 30 m mächtigen Grundmoräne der Elster-Kaltzeit liegen dicke Schichten pleistozäner, in den Niederungen v. a. saale- und weichselkaltzeitlicher Talsande (SEELIG et al. 1996). Der Drömling war Teil des Breslau-Magdeburger Urstromtales. Zum Ende der Eiszeit bildete sich hier ein See, dessen Versumpfung und Verlandung noch in der Weichsel- Kaltzeit einsetzte. Durch Torfakkumulation entstand ein bis zu 2 m mächtiges großflächiges Niedermoor. Die durch Erosion entstanden Talsandinseln, die auch als Horste bezeichnet werden und das Gebiet zusätzlich EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling 69

72 EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland Laubwald Nadelwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen anthropogen überformte Biotope EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Lage und Lebensraumausstattung. Blick über eine der Kernzonen des EU SPA, den Böckwitz-Jahrstedter Drömling (Foto: S. Ellermann). 70

73 strukturieren, waren von der Torfbildung ausgenommen (SEELIG et al. 1996). Die Drömlingsniederung ist durch ganzjährigen Wasserzufluss aus den Endmoränen der Altmarkheiden mit starken saisonalen Abflussschwankungen charakterisiert. Es herrschen daher grundwasserbeeinflusste Böden, wie Niedermoorböden, Gleye und Anmoorgleye vor. Im Drömling befindet sich eine Wasserscheide zwischen dem Einzugsgebiet der Elbe, in das die durchfließende Ohre und ihre Zuflüsse entwässern, und dem Einzugsgebiet der Weser, das im Gebiet durch die Aller und ihre Zuflüsse gespeist wird. Bis ins 18. Jahrhundert war die Drömlingsniederung ein unzugängliches Sumpfgebiet. Infolge des geringen Gefälles der Region waren die Flüsse weit verzweigt und Hochwasser lief nur langsam ab. Auf den vernässten Böden entwickelten sich ausgedehnte Versumpfungsmoore mit Erlen- und Birkenbruchwäldern. Ab 1782 wurde auf Anweisung Friedrichs II. begonnen, das Gebiet zu entwässern und für die Landwirtschaft urbar zu machen. Nach diesen ersten Meliorationsmaßnahmen konnte Weide- und Grünlandnutzung betrieben werden. Durch den Ausbau und die Erweiterung bestehender Gräben, Wehre und Schleusen im 19. Jahrhundert sowie das Verbessern der Moordammkulturen erhielt der Drömling sein heutiges Aussehen mit dem engmaschigen System aus unzähligen Gräben, die das Wasser den größeren Gräben wie Friedrichskanal, Wilhelmskanal, Wallgraben, Flötgraben oder den Flüssen direkt zuführen. Entsprechend wird das Gebiet auch als Land der Gräben bezeichnet. Beim Bau des Mittellandkanals südlich des EU SPA in den 1930er Jahren wurden zahlreiche Einlassbauwerke integriert, damit Hochwasser aus dem Gebiet schneller abgeführt werden kann. Zudem wurden in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft die Vorfluter ausgebaut, Pumpwerke errichtet und breite Teichgräben angelegt. Das immer weiter ausgebaute Entwässerungssystem führte zufließendes Wasser schneller aus dem Gebiet ab, so dass es zum Ausgleich des Wasserdefizits im Sommerhalbjahr nicht mehr verfügbar war. In Verbindung mit Waldrodungen und intensiver Weide- und Ackernutzung führte die Melioration in den letzten 200 Jahren zum Austrocknen und Schrumpfen des Moorkörpers in weiten Teilen des Drömlings, weshalb die Niedermoordecke heute meist nur noch Mächtigkeiten von cm aufweist (BRAUMANN 1993). Derzeit werden etwa 27 % der Fläche des EU SPA, vor allem auf den randlich gelegenen Niederterrassen, als Ackerflächen genutzt, während in den zentralen Bereichen Grünlandnutzung dominiert. Neben intensiv genutzten, artenarmen Wiesen kommen auf den moorigen und anmoorigen Standorten Hochstaudenfluren, Seggenriede, Röhrichte Tab. 23: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus KRATZSCH & PATZ- AK (2010) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach KRATZSCH & PATZAK 2010 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch BZB - BZB 1-5 Weißstorch 14 2, Wespenbussard 5 1, Schreiadler Wiesenweihe 2 3, Rohrweihe 4 0, Rotmilan 30 1, Schwarzmilan 12 0, Seeadler 1 2, Kranich 19 6, Wachtelkönig 9 3, Tüpfelsumpfhuhn Sumpfohreule Eisvogel 5 0, Grauspecht 0-1 0,2 0 - Schwarzspecht 26 0, Mittelspecht 11 0, Neuntöter 494 2, Heidelerche 21 0, Sperbergrasmücke 28 1, Ortolan 39 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente 2 1, Rebhuhn 23 0, Kiebitz 63 4, Großer Brachvogel 20 28, Bekassine , Wiedehopf 1 1,1 1 - Schilfrohrsänger , Drosselrohrsänger 39 1, Weitere bemerkenswerte Arten Graugans 5 0,2 5 - Schnatterente Krickente 3 6,7 3 - Wachtel 17 0, Zwergtaucher Graureiher 37 3, Habicht 3 0,4 3 - Sperber 1 0,1 1 - Mäusebussard 90 1, Baumfalke 5 1, Turmfalke 8 0,2 8 - Wasserralle 12 1, Schleiereule 4 0,2 4 - Wendehals 5 0, Pirol 159 1, Raubwürger 10 1, Beutelmeise 20 2, Schlagschwirl 67 9, Rohrschwirl 8 1, Teichrohrsänger 284 1, Braunkehlchen 100 1, Wiesenpieper 299 8, Schafstelze Karmingimpel Grauammer 4 0, EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling 71

74 und Feuchtwiesen vor. Die strukturierten Wiesenflächen mit Gräben, begleitenden Gehölzreihen und Wegen bieten vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Diese Strukturierung ist sehr charakteristisch und prägend für das EU SPA. Die begleitenden Gehölzreihen sind dominiert von Erle, Pappel und Grauweide. Erlen- Bruchwälder sind nur noch kleinflächig zu finden, häufiger sind dagegen Traubenkirschen-Eschenwälder. Die Talsandinseln, welche aus den feuchteren Böden aufragen, sind mit Honiggras-Eichenwäldern oder seltener mit Schmielen-Rotbuchenwäldern bestockt. Auf Grund der großflächigen Rodungen im Zuge der Meliorationsmaßnahmen in den letzten Jahrhunderten sind jedoch nur noch wenige Gehölzkomplexe vorhanden. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Charakteristisch für die Landschaft im Drömling sind die stark durch Grundwassereinflüsse geprägten Wälder sowie die von vielen Gräben durchzogenen Wiesen und Niederungen. Diese ausgesprochen abwechslungsreiche Landschaft zeichnet sich durch eine enorme tierische und pflanzliche Artenvielfalt aus. EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Auch der Bestand des Schilfrohrsängers im EU SPA Vogelschutz gebiet Drömling hat landesweite Bedeutung (Foto: E. Greiner). Brutvögel: Eine systematische Ersterfassung der wertgebenden Brutvögel erfolgte im Drömling im Jahr 2009 durch KRATZSCH & PATZAK (2010). Die dabei gewonnenen Ergebnisse wurden um Daten zum Großen Brachvogel aus FISCHER & DORNBUSCH (2005) und Daten der Wach- Das EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling beherbergt landesweit bedeutende Brutbestände unter anderem von Bekassine, Großem Brachvogel, Kranich und Kiebitz (Erfassungsjahr 2009). 72

75 Sehr charakteristisch für das Gebiet sind die Gräben und Weidensäume der um die Mitte des 19. Jahrhunderts begonnenen Moordammkultur (Foto: U. Patzak). EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Brutvorkommen von Karmingimpel, Raubwürger, Sperbergrasmücke und Weißstorch im EU SPA (Erfassungsjahr 2009). 73

76 EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Die Bekassine brütet fast ausschließlich in der als Totalreservat ausgewiesenen Kernzone im Nordwesten des EU SPA (Foto: E. Greiner). telkönig-landeserfassung (SCHULZE 2010a) ergänzt und sind in Tab. 23 dargestellt. Der Drömling stellt für viele Vogelarten ein bedeutendes Brutgebiet dar und ist für 8 Brutvogelarten nach Anhang I der EU-VSchRL sogar eines der Top-5-Gebiete in Sachsen-Anhalt. Insgesamt 18 Arten des Anhang I der EU-VSchRL sowie 8 Arten der Rote-Liste-Kategorien 1 und 2 sind hier als Brutvögel vertreten. Viele wertgebende Arten treten im Drömling mit weitaus höheren Beständen auf als in anderen Gebieten des Landes. Die Ausweisung von Kernzonen als Totalreservat kommt dem Schutz vieler Vogelarten zugute. Auf die von menschlichen Eingriffen unberührten Bereiche des Totalreservates konzentrieren sich daher bedeutende Für den Weißstorch ist der Drömling mit den umliegenden Orten das mittlerweile einzige kompakte Brutgebiet westlich der Elbe. Im Herbst sind hier auch Ansammlungen rastender Störche zu beobachten (Foto: E. Greiner). 74

77 Brutbestände vieler gefährdeter Arten, wie Seeadler, Kranich, Wachtelkönig, Tüpfelsumpfhuhn, Wasserralle, Bekassine, Graugans, Krickente, Knäkente, Rohrschwirl, Schlagschwirl, Schilfrohrsänger und Karmingimpel (KRATZSCH & PATZAK 2010). Besonders die störungsempfindlichen Großvogelarten profitieren von der Kernzone. Insgesamt 11 Greifvogelarten konnten im Erfassungsjahr 2009 nachgewiesen werden, darunter mit Wespenbussard, Wiesenweihe, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzmilan und Seeadler sechs Arten des Anhang I der EU-VSchRL. Der Drömling stellt damit eines der bedeutendsten Brutgebiete für Greifvogelarten in Sachsen-Anhalt dar. Hervorzuheben sind dabei die hohen Bestände von Rotund Schwarzmilan sowie das Vorkommen der Wiesenweihe, die ihren Verbreitungsschwerpunkt innerhalb des Landes Sachsen-Anhalt im Altmarkkreis Salzwedel hat (FONGER 2007). Im Jahr 2009 brüteten 14 Paare des Weißstorchs im Vogelschutzgebiet Drömling. Zusammen mit den Brutpaaren in den Randorten, die überwiegend im Drömling ihre Nahrung suchen, wird dieses Brutvorkommen als der letzte kompakte Brutbestand westlich der Elbe bezeichnet. Mit 46 BP im Jahr 2011 umfasst es knapp 10 % des Landesbestands. Vom Schwarzstorch, der früher regelmäßig im Gebiet brütete, gelangen in neuerer Zeit nur Brutzeitbeobachtungen (SEELIG et al. 1996, GNIELKA 2005). Auch ist der Drömling eines der wenigen Brutgebiete in Sachsen-Anhalt für die Sumpfohreule (SEELIG et al. 1996, KRATZSCH & PATZAK 2010). Der Kranich kommt aktuell mit mehr Brutpaaren vor, als im Standarddatenbogen aufgeführt sind. Bereits ARGE (2007) geben einen Bestand von 10 bis 14 BP an und 2009 konnten sogar 19 BP erfasst werden (KRATZSCH & PATZAK 2010). Die vernässten Wiesen der Niederungslandschaft sind Lebensraum zahlreicher Wiesenvogelarten wie Wachtelkönig, Bekassine, Großer Brachvogel, Kiebitz, Braunkehlchen und Wiesenpieper. Im Vergleich zum Landesbestand treten Bekassine und Großer Brachvogel hier mit bedeutenden Beständen auf. Die Bestände des Wachtelkönigs unterliegen starken Schwankungen und liegen zwischen 0 und 9 Revieren (DORN- BUSCH et al. 1996, WEBER et al. 2003, ARGE 2007, KRATZSCH & PATZAK 2010, SCHULZE 2010a). Viele Vogelarten siedeln auch im Bereich der Schilfröhrichte. Der Schilfrohrsänger kommt hier mit sehr hohen Beständen vor, womit der Drömling auch für diese Art eines der wichtigsten Brut- Tab. 24: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. *Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Rothalsgans Weißwangengans Zwerggans Moorente Zwergsäger Prachttaucher Rohrdommel Silberreiher Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Kornweihe Wiesenweihe Rohrweihe Schreiadler Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich > Großtrappe Tüpfelsumpfhuhn mind Goldregenpfeifer > Pfuhlschnepfe Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Raubseeschwalbe Weißbart-Seeschwalbe Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Küstenseeschwalbe Raufußkauz Sumpfohreule mind Grauspecht Blaukehlchen Art. 4.2-Arten Höckerschwan Ringelgans Saatgans Blässgans Graugans Kurzschnabelgans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Tafelente Kolbenente Reiherente Schellente Gänsesäger Zwergtaucher Haubentaucher EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling 75

78 EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Schwarzhalstaucher Kormoran Graureiher Raufußbussard mind Rotfußfalke Blässhuhn Teichhuhn Austernfischer Kiebitz Flussregenpfeifer Regenbrachvogel Großer Brachvogel Uferschnepfe Waldschnepfe Zwergschnepfe Bekassine Flussuferläufer Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Temminckstrandläufer Alpenstrandläufer Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Weißflügel-Seeschwalbe Ringeltaube Star Misteldrossel Wacholderdrossel Singdrossel Rotdrossel Seidenschwanz Berghänfling gebiete Sachsen-Anhalts darstellt. Drosselrohrsänger, Rohrschwirl und Schlagschwirl treten hier ebenfalls in hoher Dichte auf. Im Totalreservat Böckwitz-Jahrstädter Drömling konnte 2009 das Tüpfelsumpfhuhn mit 3 Revieren festgestellt werden. Diese Art ist ein unregelmäßiger Brutvogel im Drömling (KRATZSCH & PATZAK 2010). Neben den Greifvogelarten bieten die Waldgebiete im Drömling auch einen Lebensraum für Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht sowie in Tab. 25: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling. Art Saatgans Weißstorch Wiesenweihe Rotmilan Kranich Tüpfelsumpfhuhn Kiebitz Sumpfohreule Neuntöter Ortolan Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien A4i, B1i, C3 C6 C6 C6 A4i, B1i, B1iv, C2, C5, C6 C6 A4i, B1i, C3 C6 C6 C6 A4iii, C4, C7 den Randlagen für die Heidelerche. Der Bestand des Neuntöters hat im Drömling eine Dichte, die viermal so hoch wie der Landesdurchschnitt ist (KRATZSCH & PATZAK 2010). Von den seltenen weniger gefährdeten Arten ist der Karmingimpel hervorzuheben, für den der Drömling das wichtigste Brutgebiet Sachsen-Anhalts darstellt. Laut FISCHER & DORNBUSCH (2008) ist der Drömling stetiger durch den Karmingimpel besiedelt als alle anderen Gebiete des Landes. Mit 7 BP, allesamt im Totalreservat, wird hier außerdem der landesweit höchste Bestand dieser Art erreicht (KRATZSCH & PATZAK 2010). Rastvögel: Zur Ermittlung der Zug- und Rastvogelbestände wurden vorhandene Daten der Wasservogelzählung, aus ornithologischen Jahresberichten (WELK & BRAUMANN 2003, BRAUMANN & BRAUMANN 2004, 2005, BRAUMANN et al. 2006, NIEBEL & BRAUMANN 2007, NIEBEL 2008), der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b) und der Rastbestände des Kranichs (PSCHORN & SCHEIL 2011) sowie der laufenden Rastvogelerfassungen im Naturpark Drömling ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 24 dargestellt. Die weite Niederungslandschaft im Drömling hat als Rast- und Überwinterungsgebiet für eine Vielzahl von Watvögeln, Gänsen, Enten sowie für den Kranich eine große Bedeutung (SEELIG et al. 1996). Hier rasten alljährlich weit mehr als Wasservögel. Für Saatgans, Kranich und Kiebitz stellt der Drömling ein Schlüsselgebiet dar, in dem zur Zugzeit mehr als 1 % der Flyway-Population rasten. Die maximal festgestellte Tageshöchstzahl von Individuen der Saatgans liegt deutlich über der im Standarddatenbogen und bei WEBER et al. (2003) genannten Zahl. Auch für den Kiebitz sind mit maximal Individuen aktuell höhere Rastbestände zu verzeichnen, als in den oben genannten Quellen angegeben. Bemerkenswert ist auch das Rastvorkommen des Goldregenpfeifers mit bis zu Individuen. Im Standarddatenbogen wird sogar ein Rastbestand von mehr als Individuen genannt. Der Rastbestand an Silberreihern ist ebenfalls erwähnenswert, zumal die Art im Standarddatenbogen bisher nicht aufgeführt war. In Tab. 25 ist eine Übersicht über die Erfüllung der IBA- Kriterien im Drömling dargestellt, an Hand derer die herausragende Bedeutung des EU SPA als Vogelschutzgebiet, sowohl für Brutvögel als auch für Zug- und Rastvögel, zu erkennen ist. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach 76

79 Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Als vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele für das Gesamtgebiet wurden definiert (LANDESAMT FÜR UMWELT- SCHUTZ, Stand 11/2009): Erhaltung des Gebietes, insbesondere der Habitatund Strukturfunktionen der Lebensräume der im Gebiet vorkommenden Vogelarten (Anhang I-Arten und Arten nach Art. 4.2 EU-VSchRL). Erhaltung und Entwicklung unterschiedlich intensiv genutzter Grünlandstandorte zur Gewährleistung einer ausreichenden Nahrungsgrundlage für besonders geschützte Vogelarten, insbesondere Greifvögel und Weißstorch. Erhaltung und Entwicklung großflächiger, insbesondere für den Vogelschutz bedeutende Feuchtgebietskomplexe, Wiesen und Weiden, die als Weißstorch- Nahrungshabitat und Wiesenvogel-Lebensraum, unter anderem für Wiesenweihe, Sumpfohreule, Wachtelkönig (Anhang I) sowie Großen Brachvogel, Uferschnepfe, Bekassine, Kiebitz (Art. 4.2) oder andere schutzbedürftige Arten bedeutend sind. Erhaltung und Entwicklung von Brutplätzen für Bodenbrüter. Erhaltung und Entwicklung von feuchten Laubwäldern als Lebensraum für Schwarzstorch, Kranich, Wespenbussard, Schreiadler und Seeadler (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung der Lebensräume für Gebüsch und Baumhöhlen bewohnende Vögel. In der Verordnung über das NSG Ohre-Drömling (LVWA 2005) wird der Schutzzweck für das ca. zwei Drittel der Fläche des EU SPA umfassende NSG festgesetzt. In der NSG-Verordnung ist im Hinblick auf die beabsichtigten Schutzziele auch die Zonierung des NSG in vier räumlich klar abgegrenzte Schutzzonen (Kernzone, Nässe-, Erhaltungs- und Verbindungszone) festgeschrieben. Im NSG als ökologisch und landschaftsästhetisch besonders wertvollem Ausschnitt des sachsen-anhaltischen Drömlings sind die Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Ausprägung von Natur und Landschaft zu erhalten und in der Schutzzone I (Kernzone) einer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Die Festsetzung des NSG, das zentraler Bestandteil des Großschutzgebietes Drömling ist, erfolgt insbesondere zur Erhaltung, Wiederherstellung und Entwicklung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes im gesamten Drömling. Dazu werden in den Schutzzonen I und II die Erhaltung des Niedermoorkörpers (einschließlich der Einstellung der dafür notwendigen Wasserstände) sowie allgemein die Erhaltung der offenen Wiesen und Weiden durch standortangepasste Landwirtschaft angestrebt. Zudem ist das NSG eines der euro- EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Die weite Niederungslandschaft des EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling hat als Rast- und Überwinterungsgebiet einer Vielzahl von Zugvogelarten eine sehr hohe Bedeutung. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

80 EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling paweit bedeutendsten Durchzugs- und Rastgebiete für Vogelarten und als wichtiger Besiedlungsschwerpunkt der Ostzieher-Population des Weißstorches von besonderem Wert. Der gebietsspezifische Schutzzweck zielt auf großflächige Renaturierung von Niederungswäldern und Mooren, Erhaltung der durch grundwasserbeeinflusste Standorte geprägten Kulturlandschaft sowie der naturnahen Ökosysteme der Nass- und Feuchtstandorte und Gewässerstrukturen, Erhöhung der Wasserrückhaltung, Vermeidung von Nährstoffüberschüssen, Erhaltung bzw. Verbesserung der Gewässergüte und der ökologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer, Erhaltung naturnaher Böden und von Moordammkulturen, Erhaltung des hohen Naturerlebnis- und Bildungswertes ab. Bezüglich Flora und Fauna zählt zum Schutzzweck auch die Erhaltung und Entwicklung: a) zahlreicher Arten und Lebensgemeinschaften gefährdeter und bestandsbedrohter Arten sowie b) der Funktion des Drömlings als Teil des europäischen Netzes der NATURA 2000-Gebiete als Vorkommensgebiet von LRT und Arten der Anhänge I, II und IV der FFH-Richtlinie, von Arten nach Anhang I der EU- VSchRL (z. B. Schwarz- und Weißstorch, Wespenbussard, Seeadler, Schwarz- und Rotmilan, Rohrweihe, Tüpfelsumpfhuhn, Kranich, Sumpfohreule, Ziegenmelker, Eisvogel, Schwarzspecht, Heidelerche, Sperbergrasmücke, Neuntöter, Ortolan) sowie nach Art. 4.2 der EU-VSchRL (z. B. Goldregenpfeifer, Kiebitz, Bruchwasserläufer, Schafstelze, Schlagschwirl, Rohrschwirl, Braunkehlchen, Wiesenpieper). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Seit 1992 ist der Drömling Gegenstand eines Naturschutzgroßprojektes. Projektziele sind die Erhaltung des Moorkörpers, großflächige Überstauung und allgemeine Anhebung des Wasserstandes, Verbesserung der Wasserqualität, langfristige Entwicklung der Gewässerstruktur hin zu größerer Diversität, Aushagerung des Grünlandes und Schaffung von Lebensbedingungen für vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten (LANG HEINRICH et al. 2010). In Phase I ( ) wurden für den sachsen-anhaltischen Teil des Drömlings ein Pflege- und Entwicklungsplan erstellt (LPR 1996) sowie wissenschaftliche, wasser- und eigentumsrechtliche Grundlagen für die Erreichung der Projektziele geschaffen. Der Flächenerwerb begann bereits in der Erarbeitungsphase des PEP, so dass zeitnah erste Maßnahmen (Anlage Feuchtsenken, Kleingewässer, Waldumbau) einsetzen konnten (KAUSCHE 2007) fand eine agrarstrukturelle Entwicklungsplanung statt, in deren Folge mehrere Flurneuordnungsverfahren mit dem Ziel der Konfliktminderung und der Konzentrierung öffentlichen Flächeneigentums in den Nässegebieten angeordnet wurden. Das öffentliche Flächeneigentum wuchs durch Zukäufe in den naturschutzfachlich wertvollsten Bereichen durch Beobachtungen rastender Goldregenpfeifer und Kiebitze verteilen sich nahezu über das ganze Vogelschutzgebiet. Dargestellt sind die Vorkommen der Jahre

81 den Zweckverband Drömling, das Land Sachsen-Anhalt, die Stiftung Stork Foundation, den Verein Aktion Drömlingsschutz e. V. und die Nutzung von Kompensationsmaßnahmen auf ha im Jahr 2007 an (KAUSCHE 2007). Dies beförderte die wasserrechtlichen Planungen ebenso wie die Ausweisung des NSG Ohre-Drömling im Jahr 2005 auf ca. zwei Drittel der Fläche des EU SPA. Für das NSG wurde der Pflege- und Entwicklungsplan (ARGE 2007) bereits fortgeschrieben. Ca. 840 ha NSG-Fläche sind als Totalreservat mit ganzjährigem Betretungsverbot ausgewiesen, wovon die Avifauna stark profitiert. In Phase II des Naturschutzgroßprojektes ( ) standen wasserbauliche Maßnahmen (unter anderem Neu- und Umbau von Stauanlagen, Verlegung von Grabenanschlüssen, Neuanlage von Gewässern) im Vordergrund. Eine ganzjährige bzw. zeitweilige Vernässung ist auf ha geplant. Ein Großteil der geplanten Stauanlagen sowie der wasserrechtlichen Verfahren zur Wiedervernässung sind genehmigt (LANGHEINRICH et al. 2010). Bereits ganzjährig wiedervernässt ist das Totalreservat Breitenroder-Oebisfelder Drömling mit einem mittlerweile fast natürlichen Totholzanteil. An Teichgräben wurden auf 4,5 km Uferlänge bereits bauliche Maßnahmen wie Uferabflachungen und Anlage von Grabentaschen vorgenommen. Auch einige Kleingewässer sowie die Flachwasserzone bei Mannhausen (als A/E-Maßnahme) wurden angelegt. Von der Naturparkverwaltung Drömling wird zur Erhaltung und Förderung des Weißstorchbestandes seit 1992 mit Unterstützung durch die Stiftung The Stork Foundation Störche für unsere Kinder ein Lebensraumschutzprogramm realisiert. Im Rahmen dieses Programms wurde die Umwandlung von Acker in Grünland durchgeführt, die Nutzung von ausgewählten Grünlandflächen extensiviert sowie Flachwasserbereiche (Feuchtsenken) neu geschaffen. Durch die Naturparkverwaltung erfolgen weiterhin die laufende Betreuung der Weißstorchhorste, das Ausbringen neuer Nisthilfen (Nestplattformen für Weißstörche, Kästen für Schleiereulen) sowie das Greifvogel- und Wiesenbrütermonitoring. Gegenstand des letzteren sind v. a. Großer Brachvogel, Kiebitz und Bekassine, deren Brutreviere im Frühjahr kartiert und erforderliche Schutzmaßnahmen (z. B. Auszäunen von Gelegen auf Weideauftriebsflächen) getroffen werden. Auch künftig sind Nestschutzzonen für Wiesenbrüter (v. a. für den Großen Brachvogel außerhalb des NSG bzw. auf Ackerflächen) sowie für die Wiesenweihe und den Kiebitz auf Ackerflächen unverzichtbare Maßnahmen, um erfolgreiche Bruten zu ermöglichen. Problematisch bleibt der hohe Prädatorendruck auf Wiesenbrüter, Kranich, Rohrweihe und Knäkente (KRATZSCH & PATZAK 2010). Zahlreiche Regelungen mit Maßnahmecharakter sind bereits in der NSG-Verordnung enthalten. Dies umfasst EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Mit bis zu Individuen nutzen mehr als 1 % der geografischen Population des Kranichs das EU SPA während der Zugzeit als Rastgebiet. Dargestellt sind die Vorkommen der Jahre

82 sowohl restriktive Festlegungen (allgemeine Verbote, Landwirtschaftliche Nutzung, Forstwirtschaftliche Nutzung, Jagd, Fischerei, Gewässerunterhaltung) als auch zulässige Handlungen. Die Vorgaben für die Landnutzungsformen sind nach Schutzzonen differenziert und regeln u. a. den zulässigen Viehbesatz, das Auskoppeln von Biotopstrukturen, Zeiträume und Intensität für Befahren, Düngung und Mahd der Wiesenflächen, für forstliche Arbeiten (keine Holzentnahme, -einschlag, -rückung vom ) außerdem die Erhaltung von Horst- und Höhlenbäumen sowie von stehendem starken Totholz (Entnahmeverbot, wenn Anteil 5 % des Holzvorrates unterschreitet). Die Jagdzeiträume sind ebenfalls nach Schutzzonen gestaffelt. In der Kernzone herrscht, bis auf eine Beunruhigungsjagd auf ausgewählte Arten im 3. Quartal, Jagdverbot. In Zone II-IV ist die Jagd mit Auflagen zugelassen. Grundsätzlich verboten ist die Verwendung von Bleischrot und die Jagd an Wasservogelschlafplätzen. Auch andere, als solche erkennbare Rast- und Ruheplätze von Vögeln dürfen nicht beeinträchtigt werden. Die Jagd auf Vögel ist in Schutzzone I und II verboten, in den Schutzzonen III und IV jedoch auf Ringeltaube, Stockente, Fasan und Rabenvögel zulässig. Die ordnungsgemäße Ausübung der Fischerei ist in einigen Gewässern (entsprechend Anlage b) erlaubt, jedoch mit Auflagen versehen, u. a. dürfen Schilfzonen nicht betreten und Brut- und Rastvögel nicht gestört werden. In Anbetracht der herausragenden Bedeutung des EU SPA als Brut- und Rastgebiet sowie der landesweiten Bedeutung als eines der Top-5-Gebiete zahlreicher Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU- VSchRL wäre es wünschenswert, zukünftig vollständig auf die Jagd auf Vögel zu verzichten. Prädatoren wie Waschbär und Mink (Neozoen), aber auch der Fuchs, beeinträchtigen den Reproduktionserfolg von Bodenbrütern erheblich. Soweit es der Schutz gefährdeter Arten erforderlich macht, ist dem mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken. Für die im EU SPA ansässigen Vögel sind ein weitgehend ungehinderter Vogelzug entlang von Ohre und Mittellandkanal sowie störungsfreie Rastplätze und Nahrungsräume in den angrenzenden Ackerbaugebieten zu gewährleisten. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling Feuchtes bzw. nasses Grünland mit Blänken ist für Wiesenbrüter besonders wichtig. Bei der Umsetzung des Naturschutzgroßprojektes war daher das Anlegen von Feuchtsenken (hier bei Buchhorst) eine der ersten Maßnahmen (Foto: U. Patzak). 80

83 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0008LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht b) nach internationalem Recht FFH0001LSA Landgraben-Dumme-Niederung nördlich Salzwedel (-) - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das im Norden Sachsen-Anhalts gelegene Vogelschutzgebiet Landgraben-Dumme-Niederung besteht aus vier räumlich voneinander getrennten Teilgebieten. Zusammen haben sie eine Flächengröße von ha. Nördlich enden alle Teilgebiete direkt an die Landesgrenze zu Niedersachsen. Das westlichste Teilgebiet, Harper Mühlenbach - Hestedter Dumme, verläuft entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze bis zum zweiten, unmittelbar angrenzenden Teilgebiet des EU SPA, dem Seebenauer Holz. Das dritte Teilgebiet nordwestlich von Salzwedel umfasst das Waldgebiet Buchhorst und das Cheiner Torfmoor. Nordöstlich von Salzwedel befindet sich das vierte Teilgebiet, das ehemalige NSG Bürgerholz sowie einige Feuchtwiesen westlich der querenden B 248. Zum Naturraum Wendland - Altmark gehörend, ist das Gebiet glazial und periglazial geprägt. Die Niederterrasse wird von vielen Gräben durchzogen, von denen der größte die Jeetze ist. Die Dumme, die ebenfalls das EU SPA durchfließt, mündet in die Jeetze. Die vorherrschenden grundwasserbeeinflussten Böden über Sand sind die verschiedenen Ausprägungen von Gleyen sowie Niedermoortorfe. Das Gebiet der Landgraben- Dumme-Niederung stellt einen der am besten erhaltenen und größten Niedermoorkomplexe Deutschlands dar. Die Landschaft weist mit ausgedehnten Waldungen, Baumreihen, Hecken, Feuchtgebüschen, Brachen, Niedermooren, Sümpfen, Still- und Fließgewässern sowie Grünland eine große Strukturvielfalt auf (HOLZ- ÄPFEL 2005b). Das weitläufige Grabensystem beherrscht das Landschaftsbild. Im westlichen Teilgebiet entlang der Landesgrenze befindet sich der Harper Mühlenbach, das größte Fließgewässer in diesem Bereich. Hier herrschen die charakteristischen Feuchtbiotope der Flussauen und angrenzenden Grünlandbereiche vor. Je nach Fließgeschwindigkeit der Gräben finden sich die Pflanzengesellschaften der Ufer- und Verlandungszonen, wie Brunnenkressen- und Igelkolbengesellschaften, die von Weiden und Schwarzerlen begleitet sind. Landwirtschaftlich genutzte Feuchtwiesen (Pfeifengras- oder Glatthafergesellschaften) nehmen den Großteil des westlichen Teilgebietes ein. Das Seebenauer Holz dagegen stellt ein zusammenhängendes Waldgebiet dar. Die dominante Waldform sind Erlenbruchwälder oder Erlen-Eschenwälder. Auf trockeneren Standorten stocken Eichen-Buchenwälder. Das Teilgebiet Buchhorst und Cheiner Torfmoor untergliedert sich in ein ausgedehntes naturnahes Feuchtlaubwaldgebiet mit Erlenbruch-, Erlen-Birkenbruchwäldern, kleinflächig auch Eichen-Buchenwäldern sowie das südlich liegende Durchströmungsmoor, ebenfalls geprägt von Erlenbruchwäldern aber auch Moorbirken, Schilfröhrichten, Seggenrieden, Staudenfluren und Weidengebüschen (HOLZÄPFEL 2005b). Teilweise existieren temporäre oder dauerhafte Wasserflächen. Das 390 ha große Bürgerholz ist ebenfalls durch naturnahe grundwasserbeeinflusste Laubwaldgesellschaften gekennzeichnet. Auf den südlichen trockeneren Standorten sind Hainsimsen-Rotbuchenwälder (Luzulo-Fagetum) zu finden (DORNBUSCH et al. 1996). Das EU SPA Landgraben-Dumme-Niederung zeichnet sich durch eine enorme Vielfalt der Biotope und ein strukturreiches, naturnahes Miteinander verschiedener Pflanzengesellschaften aus, die vielen verschiedenen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die sehr vielfältig strukturierte Landschaft des EU SPA Landgraben-Dumme-Niederung bietet einen Lebensraum für eine ausgesprochen artenreiche Vogelwelt. Neben der extensiv genutzten Offenlandschaft mit Niedermooren, Sümpfen und zahlreichen Fließ- und Standgewässern sind besonders das Seebenauer Holz, das Cheiner Torfmoor und das Bürgerholz als besonders bedeutende Teilbereiche innerhalb des EU SPA zu nennen. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel erfolgte in der Landgraben-Dumme-Niederung 2004 eine flächendeckende und punktgenaue Kartierung (HOLZÄPFEL 2005b). Deren Ergebnisse EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung 81

84 EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen EU SPA Landgraben-Dumme-Niederung Lage und Lebensraumausstattung. Außerhalb der Waldbereiche stellt sich das EU SPA als von zahlreichen Gräben durchzogene und von Grünlandbiotopen dominierte Niederung dar (Foto: M. Seyring). 82

85 wurden um Daten zum Rothalstaucher aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2005) sowie aus der Landeserfassung Raufußkauz (PSCHORN 2011a) ergänzt und sind in Tab. 26 dargestellt. Besonders Brutvögel der Auenwälder, aber auch zahlreiche Wiesenbrüter, finden innerhalb des EU SPA wertvolle Habitate (DORN- BUSCH et al. 1996). Im Rahmen der Erstinventarisierung konnten in der Landgraben-Dumme- Niederung 14 Brutvogelarten nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie festgestellt werden (HOLZÄPFEL 2005b). Der Schwarzstorch bewohnt die größeren Waldbereiche des EU SPA (Cheiner Torfmoor, Seebener Holz und Bürgerholz) und nutzt die Gräben und Feuchtgebiete in der umliegenden Niederungslandschaft als Nahrungshabitat. HOLZÄPFEL (2005b) gibt einen Bestand von 2 BP an. Dies ist gemessen am Landesbestand bedeutend (6,7 %), weshalb die Landgraben- Dumme-Niederung zu Sachsen-Anhalts Top- 5-Gebieten für den Schwarzstorch zählt. Vernässte Bereiche der Erlenbruchwälder von Cheiner Moor und Seebenauer Holz bieten geeignete Brutstandorte für den Kranich, von dem HOLZÄPFEL (2005b) 13 BP feststellen konnte. Dies entspricht 4,3 % des Landesbestandes. Die Landgraben-Dumme-Niederung ist damit eines der Top-5-Gebiete für den Kranich in Sachsen-Anhalt. Weitere regelmäßige Brutvögel der Gehölze sind Wespenbussard, Rotmilan, Schwarzspecht und Mittelspecht. Der Mittelspecht ist, wie in den meisten anderen Gebieten, auch in der Landgraben-Dumme-Niederung streng an Eichenbestände gebunden und auch der Schwarzspecht bevorzugt hier Eichen-Mischbestände (HOLZÄPFEL 2005b). Die mit zahlreichen Fließgewässern durchzogene Landschaft stellt einen hervorragenden Lebensraum für den Eisvogel dar. Insbesondere entlang der Dumme bei Wustrow findet der Eisvogel meterhohe Steilwände zum Anlegen von Brutröhren. In anderen Bereichen des EU SPA werden neben Gewässerufern ebenfalls große Wurzelteller am Rande von Gräben und Bächen als Brutplatz genutzt. Wurde der Bestand zuvor laut WEBER et al. (2003) auf 1 bis 5 BP geschätzt, so konnten 2004 insgesamt 10 Reviere im gesamten EU SPA nachgewiesen werden (HOLZÄPFEL 2005b). Damit hat das Gebiet gemessen am Landesbestand eine herausragende Bedeutung für diese Anhang I-Art und zählt zu den fünf wichtigsten Brutgebieten des Eisvogels in Sachsen-Anhalt. Die Rohrweihe brütet in Schilf- und Röhrichtbeständen des Offenlandes. Brachflächen und Grünland dienen ihr als Nahrungshabitat. Erstmalig 2004 konnte auch ein Revier der Wiesenweihe festgestellt werden. Weitere Individuen der Wiesenweihe, die auf niedersächsischer Seite brüten, nutzen die Wiesen des EU SPA zur Nahrungssuche (HOLZ- ÄPFEL 2005b). Damit beherbergt das EU SPA eine weitere Greifvogelart des Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie, die bisher nicht auf dem Standarddatenbogen aufgeführt war. Tab. 26: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus HOLZÄPFEL (2005b) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach HOLZ- ÄPFEL 2005b Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch 2 6, Wespenbussard 2 0, Wiesenweihe 1 1,8 1 - Rohrweihe 5 0, Rotmilan 4 0, Schwarzmilan Kranich 13 4, Wachtelkönig 2 0,7 2 - Tüpfelsumpfhuhn Raufußkauz 1 0,6 0 - Eisvogel 10 1, Schwarzspecht 7 0, Mittelspecht 54 1, Neuntöter 61 0, Heidelerche 1 0, Sperbergrasmücke 6 0, Ortolan 6 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Rothalstaucher 1 1,3 - - Großer Brachvogel Bekassine 2 0, Schilfrohrsänger 2 0,2 2 - Drosselrohrsänger 1 0, Weitere bemerkenswerte Arten Raubwürger Hecken, Grenzstreifen und verbuschte Sukzessionsstadien auf den Niederungswiesen sind Brutplatz von Neuntöter und Sperbergrasmücke. In den Randbereichen des Gebietes entlang von Baumreihen mit alten Eichen sowie an Waldrändern kommt der Ortolan vor (DORNBUSCH et al. 1996, HOLZÄPFEL 2005b). Die mit zahlreichen Fließgewässern durchzogene Landschaft stellt einen hervorragenden Lebensraum für den Eisvogel dar (Foto: E. Greiner). EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung 83

86 EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung Die Landgraben-Dumme-Niederung zählt zu den fünf bedeutendsten Kranich-Brutgebieten in Sachsen-Anhalt (Foto: E. Greiner). Rastvögel: Aktuelle Rastvogeldaten aus den Jahren 2003 bis 2010 liegen aus JANSEN (2008a, b) sowie aus der Landeserfassung des Kranichs (PSCHORN & SCHEIL 2011) vor. In Tab. 27 sind daneben auch die Rastbestände der Anhang I-Arten und Art. 4.2-Arten nach WEBER et al. (2003) und DORNBUSCH et al. (1996) im Vergleich zu den Daten im Standarddatenbogen dargestellt. Als Rastgebiet hat die Landgraben-Dumme-Niederung im Vergleich zu ihrer großen Bedeutung als Brutgebiet eine eher untergeordnete Funktion. Tab. 27: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Ein regelmäßiger Rastvogel ist der Kranich, der in den meisten Jahren mit mehreren hundert Individuen rastet. Die festgestellte Tageshöchstzahl beläuft sich nach der landesweiten Kranicherfassung (PSCHORN & SCHEIL 2011) auf 638 Individuen. WEBER et al. (2003) nennen weiterhin einen Rastbestand von 800 Goldregenpfeifern. Auch liegen aus den letzten Jahren Beobachtungen von Sing- und Zwergschwänen sowie Saat- und Blässgänsen innerhalb des EU SPA vor (JANSEN 2008a, b). Viele weitere Beobachtungen beziehen sich jedoch auf Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Rohrdommel Silberreiher Kornweihe Wiesenweihe Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich Goldregenpfeifer Bruchwasserläufer Sumpfohreule Art. 4.2-Arten Saatgans Blässgans Kiebitz das engere Umfeld außerhalb der Grenzen des EU-Vogelschutzgebietes. Tab. 28 gibt eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Landgraben-Dumme-Niederung, die vor allem die Bedeutung des Gebietes als Brutgebiet für Vogelarten des Anhang I der EU-VSchRL unterstreicht. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Landgraben-Dumme-Niederung ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Endgültige Schutz- und Erhaltungsziele werden im Rahmen der derzeitigen Erarbeitung des Managementplanes formuliert. Als vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele wurden definiert (LANDES- AMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 03/2006): Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Anhang I-Arten Mittelspecht, Kranich, Schwarzspecht und 84

87 Tab. 28: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Landgraben-Dumme-Niederung. Art Schwarzstorch Kranich Eisvogel Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C6 C6 C7 Schwarzstorch. Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer feuchter Bruch- und Auenwälder die periodisch längere Zeit überstaut sind und langzeitig wasserführende Flutrinnen sowie dauernd stark vernässte Ried- und Röhrichtflächen und feuchte Hochstaudenfluren enthalten. Erhaltung und Entwicklung von Hochwäldern als Lebensraum des Schwarzspechtes bzw. alt- und totholzreicher Bruch- und Auenwälder sowie von artenreichen Laubmischwäldern als Lebensraum des Mittelspechtes. Erhaltung und Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere der Anhang I-Arten Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, insbesondere der Grünlandflächen, und der Gewässer als Nahrungsraum im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern. Erhaltung und teilräumliche Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände der Anhang I-Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter. Erhaltung bzw. Wiederherstellung von gestuften Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen, höhlenreichen Einzelbäumen und Waldrändern sowie strukturierten Offenlandflächen mit stellenweise kurzrasigen oder vegetationsarmen Bereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Eisvogelbestandes. Erhaltung von möglichst klaren, fischreichen Gewässern sowie von Wurzeltellern umgestürzter Bäume und natürlichen Uferabbrüchen sowie Gehölzen als Ansitzwarte. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere des Rohrweihenbestandes. Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten, störungsarmen Ried- und Röhrichtbeständen in der Nähe von extensiven, störungsarmen Offenlandflächen als Lebensraum für Rohrweihe, Schilfrohrsänger und Drosselrohrsänger. Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft vom offenen Kulturland, insbesondere der Arten nach Art. 4.2 Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine, und Erhaltung und Wiederherstellung der extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung Das überwiegend bewaldete EU SPA ist Brutgebiet etlicher Vogelarten des Anhang I der EU-VSchRL, darunter von Mittelspecht, Schwarzspecht und Kranich (Erfassungsjahr 2004). 85

88 EU SPA Landgraben-Dumme- Niederung als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung und Wiederherstellung weiträumiger und störungsarmer Feucht- und Nassgrünlandflächen mit lichtwüchsiger Vegetation und langzeitig nassen Senken als typischer Lebensraum für Kiebitz und Bekassine. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um auch weiterhin geeignete Lebensstätten für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt zu sichern, ist die reich strukturierte Niedermoorlandschaft mit ihrem Grünland von großer Bedeutung. Der Erhalt einer extensiven Grünlandnutzung sowie die Vermeidung einer Umwandlung in Ackerland sind daher wichtig zur Umsetzung der Schutzziele. Bei der Nutzung des Feuchtgrünlandes sind deshalb die Belange des Vogelschutzes entsprechend dem Schutzzweck bzw. den geltenden Schutz- und Erhaltungszielen zu berücksichtigen, z. B. durch an die Brutzeiten der wertgebenden Arten der Feuchtwiesen (Wachtelkönig, Bekassine) angepasste Termine für Schleppen, Walzen und Mahd oder durch zeitweiliges Aussparen der Brutstandorte von der Mahd oder der Beweidung. Horst- und Höhlenbäume sowie die als Horststandort für Greifvögel und Schwarzstorch geeigneten, ausreichend großen und in den sensiblen Zeiten ungestörten Altholzblöcke sind zu erhalten. Insbesondere für Rotmilan, Schwarzstorch und Kranich sind Horstschutzzonen entsprechend 28 NatSchG LSA zu sichern. Für die Spechtarten, insbesondere den in bemerkenswerter Anzahl vorkommenden Mittelspecht, sind ausreichende Eichenbestände in einer entsprechend geeigneten Altersstufe erforderlich. Dafür sind die vorhandenen Eichen- und Eichen-Mischbestände nicht nur zu erhalten und zu pflegen, sondern auch vorausschauend zu entwickeln. Ebenso sind die Brut- und Rastplätze des Kranichs zu erhalten und zu fördern. Für die in Schilfröhrichten brütenden Arten sind ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche notwendig. Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan, benötigen kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Störungen an den Brutplätzen störungsempfindlicher Arten (Schwarzstorch, Kranich, Bekassine) bzw. in deren engerer Umgebung sowie Störungen von Ansammlungen rastender Vögel, insbesondere an den Schlafplätzen und in deren Umfeld, sind im EU SPA zu vermeiden. Dies sollte auch für Aktivitäten im Zuge landwirtschaftlicher oder forstlicher Nutzung gelten. Im Rahmen eines zukünftigen Managements sollte in Umsetzung der Schutz- und Erhaltungsziele gewährleistet werden, dass Störungen sensibel reagierender Vogelarten im Schutzgebiet minimiert werden. Auf die Jagd auf Vögel sollte daher verzichtet werden. Prädatoren wie Waschbär und Mink (Neozoen), aber auch der Fuchs, beeinträchtigen den Reproduktionserfolg von Bodenbrütern erheblich. Soweit es der Schutz gefährdeter Arten erforderlich macht, sollte dem mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden. Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, den Vögeln einen ungehinderten Vogelzug sowie kürzere Flugstrecken zwischen Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. In den Waldgebieten sind teilweise Erlenbruchwälder entwickelt, die als Brutplätze für den Kranich von besonderer Bedeutung sind (Foto: N. Wuttke). 86

89 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Milde-Niederung/Altmark Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0009LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht b) nach internationalem Recht FFH0016LSA Secantsgraben, Milde und Biese (*) * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Milde-Niederung/Altmark gliedert sich in zwei Teilgebiete, die zwischen den Orten Kalbe (Milde) und Bismark (Altmark) etwa 25 km nordwestlich von Stendal gelegen sind. Die beiden Teilgebiete haben zusammen eine Größe von ha und bestehen zum überwiegenden Teil aus Grünland-, Feuchtgrünlandund Ackerkomplexen. Der größere nördliche Teil des EU SPA wird von der Milde und der Unteren Milde durchflossen. Hier befindet sich außerdem der Mündungsbereich des Secantsgrabens in die Milde. Die Ortschaften Butterhorst, Vienau, Büste, Poritz und Karritz liegen um das ca ha große Gebiet herum. Der kleinere der beiden Teile im Süden wird vom Secantsgraben durchflossen. Im Osten reicht der nur ca. 560 ha große Teil bis zur Ortschaft Lindstedterhorst. Von dort aus beginnend Richtung Westen umfasst das Gebiet hauptsächlich Grünlandflächen nördlich und südlich des Secantsgrabens (BENECKE 2005). Das EU SPA wurde bereits 1992 als Vogelschutzgebiet gemeldet (DORNBUSCH et al. 1996). Die größeren Fließgewässer sowie die meisten kleineren Gräben sind auch Bestandteile des FFH-Gebietes Secantsgraben, Milde und Biese. Im Naturraum des Wendlands gelegen, ist das EU SPA Teil der Niederungsbereiche der Altmark. Das flache Relief ist wartheeiszeitlich geprägt und erreicht Höhen von 27 bis 32 m über NN. Die Böden der Niederung umfassen verschiedene Ausprägungen grundwasserbeeinflusster Gleye, die auf pleistozänen Sanden anstehen. In den Randbereichen zu den Altmarkheiden befinden sich meist Nieder- und Gleyemoore. Dominierende Bewirtschaftungsform ist eine intensive Grünlandnutzung. Durch regelmäßige Mahd und Eingriffe in den Wasserhaushalt der Region sind die natürlichen Biotope und Lebensräume überwiegend stark überprägt. Derzeit ist Saatgrasland die vorherrschende Form der Grünlandkomplexe. In den Bereichen der Milde und des Secantsgrabens, die durch anthropogene Eingriffe stark beeinflusst wurden, finden sich nur noch wenige natürliche Strukturen. Flächenerwerb mit der Zweckbindung Naturschutz, Extensivierung der Grünlandnutzung auf Teilflächen und die Anlage von Flachwasserbereichen und Grabenaufweitungen in jüngerer Zeit wirken der jahrzehntelangen Intensivierung und der damit verbundenen Flächennivellierung entgegen (BENECKE 2005). Teilweise finden sich im Gebiet des EU SPA auch ackerbaulich genutzte Flächen und kleinere Waldflächen, oft bestehend aus Stieleiche und Schwarzerle. Gebüschreihen und Hecken strukturieren das offene Gebiet etwas. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das Gebiet hat sowohl für Brutvögel als auch für Zugund Rastvögel eine große Bedeutung. Besonders Gänse, Limikolen und andere mehr oder weniger an Wasser gebundene Arten finden hier die entsprechenden Feucht- und Nasshabitate. Weitläufige Feuchtwiesen und Grabensysteme stellen interessante Rastplätze und Nahrungsgebiete dar. Brutvögel: Die Revierkartierung wertgebender Arten im Rahmen der systematischen Ersterfassung erfolgte in der Milde-Niederung im Jahr 2004 (BENECKE 2005). Ergänzt um Daten zu Großem Brachvogel, Rotschenkel, Uferschnepfe und Wiedehopf aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring in Sachsen-Anhalt (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2007, 2008, 2009) sowie um aktuelle Bestandszahlen des Wachtelkönigs aus der Landeserfassung (SCHULZE 2010a) sind die Ergebnisse in Tab. 29 zusammengefasst. Neben dem Drömling stellt auch die Milde-Niederung eines der wenigen Brutgebiete Sachsen-Anhalts für die Sumpfohreule dar, die 2004 mit einem Brutpaar innerhalb des EU SPA im Bereich der Secantsgrabenniederung nachgewiesen wurde (BENECKE 2005). Auch in den Folgejahren wurde die Art weitgehend regelmäßig mit einem Revierpaar nachgewiesen (FISCHER & DORN- BUSCH 2009). Die häufigste Anhang I-Art der Milde-Niederung ist der Neuntöter, der in den zahlreichen Hecken und Gebüschen der offenen Landschaft bevorzugte Brutstandorte vorfindet. Im Nordteil werden Hecken und EU SPA Milde-Niederung/Altmark 87

90 EU SPA Milde-Niederung/Altmark Acker Grünland Feuchtgrünland Laubwald Mischwald EU SPA Milde-Niederung/Altmark Lage und Lebensraumausstattung. Blick über Wiesen und Staudenfluren im Teilgebiet Secantsgraben (Foto: H.-G. Benecke). 88

91 Für den Großen Brachvogel gehören die Niederungen von Milde und Secantsgraben zu den landesweit drei wichtigsten Brutgebieten. Darüberhinaus ist es ein bedeutendes Rastgebiet für die Art (Foto: E. Greiner). EU SPA Milde-Niederung/Altmark Das EU SPA ist Brutgebiet für gefährdete Wiesenbrüterarten wie Bekassine, Großer Brachvogel und Kiebitz (Erfassungjahr 2004). 89

92 EU SPA Milde-Niederung/Altmark Tab. 29: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus BENECKE (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach BENECKE 2005 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Weißstorch Wespenbussard Kornweihe Wiesenweihe Rohrweihe 3 0, Rotmilan 2 0, Schwarzmilan Kranich 2 0, Wachtelkönig 10 3, Sumpfohreule Eisvogel Schwarzspecht 2 0, Mittelspecht 1 0, Neuntöter 65 0, Sperbergrasmücke 2 0, Ortolan 3 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Kiebitz 23 1, Großer Brachvogel 25 35, Uferschnepfe Rotschenkel Bekassine 6 1, Wiedehopf 1 1,1 - - Weitere bemerkenswerte Arten Raubwürger 1 0, Baumreihen auch durch einige Paare von Sperbergrasmücke, Ortolan und Raubwürger besiedelt (BENECKE 2005). Typische Wiesenbrüter der Milde-Niederung sind Wachtelkönig, Kiebitz, Großer Brachvogel, Rotschenkel und Bekassine (DORNBUSCH et al. 1996, BENECKE 2005). Mit 1 Revierpaar konnte 2008 auch die vom Aussterben bedrohte Uferschnepfe festgestellt werden (FISCHER & DORNBUSCH 2009). Für den Großen Brachvogel hat das Gebiet mit einem Bestand von 8 BP in der Mildeniederung und 17 weiteren Paaren in der Secantsgrabenniederung neben dem Drömling und dem Fiener Bruch derzeit die landesweit größte Bedeutung, zumal es das letzte noch ausreichend reproduzierende Vorkommen ist (FISCHER & DORNBUSCH 2009). In Röhrichten und Schilfbereichen brütet die Rohrweihe. Ungestörte Bereiche der Bruchwälder werden vom Kranich als Brutplatz genutzt. Bedeutend ist die Niederungslandschaft auch als Nahrungsraum für den Weißstorch, der zwar nicht direkt innerhalb des EU SPA brütet, jedoch mit 15 bis 20 Paaren in den umliegenden Ortschaften (DORNBUSCH et al. 1996, BENECKE 2005). Rastvögel: In Bezug auf die Zug- und Rastvögel wurden vorhandene Daten der Wasservogelzählung, aus ornithologischen Jahresberichten (HOLZÄPFEL 2005a, ), der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b) und des Kranichs (PSCHORN & SCHEIL 2011) sowie gezielter Kartierungen in den Jahren 2010 und 2011 ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 30 dargestellt. Als Rast- und Überwinterungsgebiet hat die Milde- Niederung/Altmark eine besondere Funktion für Kranich, Goldregenpfeifer, Kiebitz sowie verschiedene Gänsearten und stellt ein Trittsteinbiotop im Binnenland zu anderen Rastgebieten dar (DORNBUSCH et al. 1996). Regelmäßig rasten hier mit etwa Individuen mehr als 1 % der biogeografischen Population des Kranichs. Im Herbst finden sich tausende Gänse ein, darunter mehr als Blässgänse und Saatgänse. Für die Saatgans wird damit das 1 %-Kriterium in Bezug auf die Flyway-Population erfüllt. Auch zahlreiche Limikolenarten rasten im Gebiet. Goldregenpfeifer und Kiebitz treten hier mit mehreren tausend rastenden Individuen auf. Großer Brachvogel und Bekassine sind zwar seltenere, aber dennoch regelmäßige Rastvögel. Die Milde-Niederung ist eines der wenigen Brutgebiete der Sumpfohreule in Sachsen-Anhalt (Foto: E. Greiner). Eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Milde-Niederung/Altmark gibt Tab. 31. Insbesondere ist auf die Bedeutung als Rastgebiet für Kranich und Saatgans hinzuweisen. Die Brut der sehr seltenen und in Sachsen-Anhalt nur sporadisch brütenden Sumpfohreule weist auf die gute Habitateignung des Gebietes für diese Art hin. 90

93 Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Mildeniederung/Altmark ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Als vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet Secantsgraben, Milde und Biese wurden definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 03/2006): Erhaltung und Wiederherstellung der Strukturvielfalt der natürlichen Fließgewässer und das Zulassen einer dynamischen Flussbettentwicklung durch Rückbau von vorhandenen Sohlen- und Uferbefestigungen, Wehren (soweit mit den Bedürfnissen der Wiesenvögel vereinbar), Staustrecken sowie das Unterlassen oder Reduzieren der Gewässerunterhaltung zum Schutz und zur Erhaltung der Fließgewässer, feuchter Hochstaudenfluren, Erlen- Eschenwälder und Weichholzauenwälder als Lebensraum und Nahrungshabitat für Vögel. Erhaltung und Wiederherstellung der natürlichen Hochwasser- und Auendynamik. Erhaltung und Wiederherstellung der naturnahen Erlen-Eschenwälder und Weichholzauenwälder durch den (weitgehend) vollständigen Verzicht auf Holznutzung und weitere anthropogene Nutzung zur Sicherung und Verbesserung eines hohen Alt- und Totholzanteils in den Wäldern, Zulassen von natürlicher Sukzession. Erhaltung und Wiederherstellung der Hochstaudenfluren durch sporadische Nutzung oder Pflege sowie der Flachland-Mähwiesen durch extensive Nutzung oder Pflege. Im Hinblick auf den Vogelschutz stehen folgende Schutz- und Erhaltungsziele im Vordergrund: Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Arten nach Anhang I Weißstorch (wichtiges Nahrungshabitat), Wachtelkönig und Sumpfohreule sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Kiebitz, Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bekassine. Erhaltung und Wiederherstellung der teils mosaikartig, extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen und -brachen sowie Hochstaudenfluren als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Auenwälder als Lebensraum für Rotmilan, Schwarz- Tab. 30: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003), DORNBUSCH et al. (1996) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Rastbestand* nach DORN- BUSCH et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Weißwangengans Rohrdommel Silberreiher Schwarzstorch Weißstorch > Fischadler Schreiadler Kornweihe Wiesenweihe Rotmilan Schwarzmilan Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich > Großtrappe Goldregenpfeifer > Bruchwasserläufer Kampfläufer Sumpfohreule > Eisvogel Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Blässgans Graugans Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Tafelente Reiherente Gänsesäger Mittelsäger Zwergtaucher Kormoran Graureiher Raufußbussard Mäusebussard Baumfalke Blässhuhn Kiebitz Großer Brachvogel Uferschnepfe Bekassine Sumpfläufer Flussuferläufer Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Saatkrähe EU SPA Milde-Niederung/Altmark 91

94 Tab. 31: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Milde-Niederung/Altmark. Art Saatgans Kranich Sumpfohreule Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B1i, C3 A4i, B1i, C2 und Mittelspecht (Anhang I). Erhaltung von Horstund Höhlenbäumen, Ausweisung von ungenutzten Altholzblöcken in Kombination mit Horstschutzzonen nach 28 NatSchG LSA bzw. (weitgehend) vollständigem Nutzungsverzicht in den Auenwäldern. Erhaltung und Förderung der Vogelgemeinschaft von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere des Rohrweihen- und Kranichbestandes (Anhang I). Erhaltung und Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Arten nach Anhang I Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan. Erhaltung von Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen im Komplex mit gestuften Hecken aus dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen, Obstbeständen, höhlenreichen Einzelbäumen und strukturreichen Waldrändern. C6 C7 Erhaltung der Funktion des Gebietes als Rast- und Überwinterungsgebiet für Seeadler, Sing- und Zwergschwan, Silberreiher, Kranich, Goldregenpfeifer (Anhang I) sowie Saat- und Blässgans, Kiebitz, Großen Brachvogel, Bekassine (Art. 4.2) und weitere Wat- und Wasservogelarten. Erhaltung einer durch extensive Grünlandbereiche im Wechsel mit feuchten Wäldern, Hecken- und Gehölzstrukturen sowie Gewässern geprägten Landschaft. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Erhaltung der reich strukturierten Niederungslandschaft von großer Bedeutung. Das generelle Ziel einer Wiederherstellung der natürlichen Fließgewässer durch den Rückbau von Wehren steht dem Schutzziel und der überragenden landesweiten Bedeutung des Gebietes für den Großen Brachvogel entgegen, da nur die lokale Regulierbarkeit des Wasserstandes den Lebensraum erhalten kann. Die Regulierbarkeit ist nötig, um dem Brachvogel einerseits im Frühjahr geeignete feuchte Grünlandstandorte anzubieten, andererseits aber eine extensive Bewirtschaftung von Grünländern zu ermöglichen. Naturschutzfachliches Ziel muss es sein, langfristig geeignete Habitate für Wiesenbrüter zu erhalten. Zu EU SPA Milde-Niederung/Altmark Beide Teilgebiete des EU SPA Milde-Niederung werden von zahlreichen Zugvogelarten als Rastgebiet genutzt. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

95 Mehrere Tausend Goldregenpfeifer rasten alljährlich im EU SPA (Foto: H. Werth, LBV-Archiv). berücksichtigen sind dabei auch die auf Wiesenbrüter negativ wirkenden Einflüsse von Prädatoren wie Fuchs sowie Waschbär, Mink und Marderhund (Neozoen), denen mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden sollte. Die Vermeidung der Umwandlung von Grünland in Ackerland sowie eine extensive Grünlandnutzung sind wichtige Voraussetzungen für die Erhaltung der Wiesenbrüterlebensräume. Die Anlage eines Gewässerrandstreifens ohne Ackernutzung entlang des Secantsgrabens und der Milde wäre förderlich für diese Arten. Bei der Nutzung des Feuchtgrünlandes sind die Belange des Vogelschutzes entsprechend dem Schutzzweck bzw. den geltenden Schutz- und Erhaltungszielen zu berücksichtigen, z. B. durch an die Brutzeiten der wertgebenden Arten der Feuchtwiesen (Wachtelkönig, Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine) angepasste Termine für Schleppen, Walzen und Mahd, durch zeitweiliges Aussparen der Brutstandorte von der Mahd oder der Beweidung sowie durch Reduktion der Düngung der Grünlandstandorte. Die Brut- und Rastplätze des Kranichs sind zu erhalten. Die in Schilfröhrichten brütenden Arten benötigen ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche. Für Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan, sind kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen erforderlich. Störungen an den Brutplätzen störungsempfindlicher Arten (Kranich, Sumpfohreule, Kiebitz, Bekassine und EU SPA Milde-Niederung/Altmark Individuenreiche Rastbestände sind im Gebiet auch von Goldregenpfeifer und Kiebitz zu verzeichnen. Dargestellt sind die Vorkommen der Jahre

96 andere Wiesenbrüter) bzw. in deren engerer Umgebung sowie Störungen von Ansammlungen rastender Vögel, insbesondere an Schlafplätzen und in deren Umfeld, sind im EU SPA zu vermeiden. Dies gilt auch für Aktivitäten im Zuge landwirtschaftlicher oder forstlicher Nutzung sowie für jagdliche Aktivitäten. In Anbetracht der Bedeutung des EU SPA als Brut- und Rastgebiet für eine Vielzahl von Arten sollte im Schutzgebiet zukünftig auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. Den im EU SPA vorkommenden Vögeln soll auch zukünftig ein ungestörtes Brut- und Rastgeschehen ermöglicht werden. Das gilt auch für kürzere Flugstrecken zwischen Brutplätzen bzw. Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Milde-Niederung/Altmark Milde, Untere Milde und Secantsgraben sind die größten Fließgewässer im EU SPA (Foto: E. Steinborn). 94

97 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0010LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht b) nach internationalem Recht FFH0159LSA Klietzer Heide (+) + liegt innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Die Klietzer Heide liegt im Nordosten des Landes Sachsen-Anhalt südlich des EU SPA Untere Havel und Schollener See. Das ha große EU SPA umfasst einen Teil des Truppenübungsplatzes östlich von Klietz inmitten von weitläufigen Kiefernforsten. Bereits seit den 1930er Jahren wurde das insgesamt über ha umfassende Gelände militärisch genutzt und hat sich seitdem landschaftlich stark verändert. Zunächst entstand eine Sprengstofffabrik (WASAG). Nach deren Demontage wurde das Gelände zunächst von der Kasernierten Volkspolizei genutzt und 1956 von der NVA übernommen. Truppenübungsplatz und Garnison Klietz wurden in der Folgezeit für Artillerieeinheiten und das Militärwissenschaftliche Institut der DDR weiter ausgebaut erfolgte die Übergabe an die Bundeswehr, die aktuell hier zahlreiche Übungs- und Schießmöglichkeiten vorhält ( - Datenblatt TrÜbPl Klietz - Stand: 01/12). Das Gebiet wurde im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet gemeldet. Fast die gesamte Fläche ist auch im FFH-Gebiet Klietzer Heide enthalten. Naturräumlich ist das Gebiet innerhalb der Elbtalniederung dem Schollener Land zuzuordnen. Es gehört zur Landschaftseinheit Ländchen im Elbe-Havel-Winkel. Die Höhe beträgt im Mittel nur 50 m über NN. Durch pleistozäne Bodenentwicklung geprägt, sind hier sandige Böden vorherrschend, was sich auch in der Vegetation widerspiegelt. Kiefernforste stellen die dominierende Waldform dar, jedoch gibt es teilweise auch Laub- und Mischwälder mit einem hohen Anteil an Traubeneichen und Birken. Weite Flächen des EU SPA sind jedoch durch die andauernde militärische Nutzung über Jahrzehnte offen gehalten worden. Hier konnten sich Zwergstrauchheiden und Silbergrasfluren entwickeln. Dominante Art der Heiden ist die Besenheide. Die offenen Standorte sind Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten, jedoch schreitet in nicht regelmäßig genutzten Teilbereichen die natürliche Sukzession mit Aufwuchs von Birken und Kiefern voran. Auf den beiden Schießbahnen des Geländes befinden sich Bauten und bauliche Reste inmitten eines Biotopmosaiks aus offenem Sandboden, Heide, Grasfluren und Trockenrasengesellschaften, in weniger frequentierten Bereichen wachsen Birken und Kiefern auf (KUHNERT 2005). Die Schießbahnen des Truppenübungsplatzes werden militärisch intensiv genutzt. Eine große Schießbahn umfasst die gesamten zentralen Offenlandflächen des EU SPA südöstlich von Klietz bis zur Landesgrenze nach Brandenburg. Diese Schießbahn wird vor allem im östlichen Bereich für Artillerie und Panzer genutzt, wohingegen der westliche Teil weniger intensiv genutzt und teils durch Pflegemaßnahmen offen gehalten wird. Im Süden des EU SPA befindet sich außerdem ein ehemaliger Feldflugplatz, der durch regelmäßige Mahd freigehalten wird (KUHNERT 2005). Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die Klietzer Heide ist vor allem Lebensraum für charakteristische Vogelarten der Heide- und Offenlandbiotope. Zusätzlich brüten hier Fisch- und Seeadler, möglicherweise bedingt durch die Nachbarschaft zum EU- Vogelschutzgebiet Untere Havel/Sachsen-Anhalt und Schollener See in Verbindung mit der, abgesehen von militärischen Übungen, weitgehenden Störungsfreiheit des Sperrgebietes. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung erfolgte im Jahr 2004 eine Revierkartierung der wertgebenden Arten im EU SPA Klietzer Heide (KUHNERT 2005). Die Ergebnisse dieser Erfassung wurden um Daten zum Wiedehopf aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring in Sachsen-Anhalt (FISCHER & DORNBUSCH 2009, 2010b) ergänzt und sind in Tab. 32 dargestellt. Seit 1993 brütet der Fischadler erfolgreich im SPA auf Stahlgittermasten bzw. Nestunterlagen, seit 1994 sind im Gebiet 2 BP vertreten. Auch der Seeadler ist seit längerem Brutvogel der Klietzer Heide. Jedoch erst 2004 bezog das Brutpaar einen Horst innerhalb der Grenzen des EU-Vogelschutzgebietes (KUHNERT 2005). Die landesweite Raufußkauzerfassung in den Jahren 2009/2010 erbrachte auch Nachweise in der Klietzer Heide (PSCHORN 2011a), jedoch nicht innerhalb des EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide 95

98 Fels- und Rohboden Grünland Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide Lage und Lebensraumausstattung. Bedingt durch die andauernde militärische Nutzung sind im EU SPA noch große Offenlandflächen vorhanden (Foto: M. Kuhnert). 96

99 Vogelschutzgebietes. Charakterarten der Heidelandschaft und der Trockenrasen sind Ziegenmelker, Brachpieper, Neuntöter und Heidelerche. Das Vorkommen des Ziegenmelkers mit 6,8 % des Landesbestandes ist als bedeutend einzustufen. Eine große Besonderheit ist auch der Bestand von 40 BP des Steinschmätzers, der Steinhaufen als Brutplatz nutzt. Weiterhin brüten im Gebiet Wiedehopf, Raubwürger, Sperbergrasmücke, Ortolan und Schwarzkehlchen (KUHNERT 2005). Der Wiedehopf konnte 2008 mit 10 BP nachgewiesen werden (FISCHER & DORNBUSCH 2009), wobei im Erfassungsjahr 2004 nur 7 Reviere erfasst werden konnten (KUHNERT 2005). Auch 2009 war die Zahl der erfassten Reviere wieder auf 7 gesunken (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Interessanterweise nutzt der Schwarzspecht neben alten Kiefern und Buchen auch Holzmasten zur Anlage von Bruthöhlen, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass im Gebiet zu wenig geeignete Höhlenbäume vorzufinden sind (KUHNERT 2005). Der Kranich brütet, anders als im Standarddatenbogen vermerkt, außerhalb des Schutzgebietes, das EU SPA wird aber während der Aufzucht der Jungen als Nahrungshabitat genutzt (KUHNERT 2005). Für Rastvögel hat das EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide keine landesweite Bedeutung. Deshalb wurden bisher keine systematischen Rastvogelerfassungen durchgeführt. In Tab. 33 ist eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im Vogelschutzgebiet Klietzer Heide gegeben. Hier wird noch einmal die besondere Bedeutung des SPA als Brutgebiet für Seeadler, Fischadler, Ziegenmelker und Brachpieper deutlich. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 EU-VSchRL zu erhalten. Im Rahmen der Erarbeitung des Managementplanes werden auch detaillierte Schutz- und Erhaltungsziele formuliert. Im Hinblick auf die im Gebiet vorkommenden Vogelarten ergeben sich folgende Schutzund Erhaltungsziele: Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der offenen Heidelandschaft, insbesondere der Arten nach Anhang I Ziegenmelker, Brachpieper und Heidelerche. Erhaltung und Wiederherstellung der trockenen Offenlandflächen mit lichter, niedriger Vegetation und stellenweise vegetationslosen Bereichen in Randbereichen zu aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Heidelandschaft, insbesondere der Bestände von Neuntöter und Sperbergrasmücke (Anhang I) sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Wiedehopf, Wendehals Raubwürger, Schwarzkehlchen Art Das EU SPA hat auch für den auf offene, allenfalls spärlich bewachsene, Rohbodenflächen angewiesenen Brachpieper eine große Bedeutung als Brutgebiet (Foto: B. Schäfer). Tab. 32: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus KUHNERT (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach KUHNERT 2005 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Fischadler 2 6, Wespenbussard Wiesenweihe 1 1,8 1 0 Rotmilan 2 0, Schwarzmilan Seeadler 1 2,6 1 - Kranich Ziegenmelker , Schwarzspecht 5 0, Neuntöter 45 0, Heidelerche 52 0, Sperbergrasmücke 2 0, Brachpieper , Ortolan 2 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Wiedehopf 10 11,1 7 - Weitere bemerkenswerte Arten Wachtel 9 0, Baumfalke Turteltaube 6 0,1 6 - Wendehals 2 0, Grünspecht 1 0, Raubwürger 9 1, Schwarzkehlchen 6 0,2 6 - Steinschmätzer EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide 97

100 EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide Tab. 33: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide. Art Fischadler Seeadler Ziegenmelker Brachpieper Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C6 B2, C6 und Steinschmätzer. Erhaltung von offenen Gebieten mit Büschen und Kleingehölzen sowie stellenweise vegetationsarmen Bereichen im Komplex mit aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Anlage von Steinhaufen. Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere von Fisch- und Seeadler, Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan (Anhang I) sowie Baumfalke (Art. 4.2) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Heideflächen, im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern sowie Einzelbaumgruppen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere des Bestandes des Schwarzspechtes (Anhang I). Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer, teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzter oder C6 C7 zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltender Wälder. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Die Klietzer Heide verfügt gegenwärtig vor allem für die typischen Heide- und Offenlandarten (Ziegenmelker, Brachpieper, Neuntöter, Raubwürger, Sperbergrasmücke und Ortolan) über gute Habitatvoraussetzungen. Die offenen Lebensraumstrukturen werden durch die anhaltende militärische Nutzung überwiegend begünstigt und verhindern eine zu starke Sukzession mit Gehölzen. Die im Gelände verteilten Strukturelemente wie Panzersperren oder Zielscheiben bzw. -elemente dienen gegenwärtig den Arten Wiedehopf, Wendehals und Steinschmätzer als Brutstätten. Bei gleichzeitiger Entwicklung natürlicher Bruthabitate sollten sie auch bei einer teilweisen Aufgabe militärischer Nutzung zunächst erhalten oder auf dem Platzgelände anderweitig verteilt werden. Erhöhte Angebote von Natursteinhaufen als Brutgelegenheit und ggf. von künstlichen Nisthilfen, insbesondere für den Wiedehopf, wären übergangsweise ebenfalls förderlich. Zur Unterstützung der Ziegenmelkerpopulation sind unbedingt die strukturierten Waldränder mit Übergängen in die Offenflächen zu erhalten bzw. gezielt zu entwickeln. Neben der Pflege der Offenlandbereiche ist auch der Schutz der naturnahen Waldlebensräume von großer Für das Gebiet typische Brutvogelarten sind Heidelerche, Steinschmätzer und Ziegenmelker (Erfassungsjahr 2004). 98

101 Der Steinschmätzer brütet im EU SPA in großer Anzahl (Foto: R. Schöne). EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide In weniger genutzten Bereichen des Truppenübungsplatzes entwickelt sich Gehölzaufwuchs (Foto: M. Kuhnert). 99

102 Bedeutung. Im Rahmen des Horstschutzes sind insbesondere Horstbäume von Seeadler und anderen Greifvogelarten, auch die künstlichen Neststandorte vom Fischadler, zu erhalten und sind Störungen während der Brut- und Aufzuchtzeit zu vermeiden. Um den Erhaltungszustand der Waldarten, vor allem der Spechte, zu verbessern, sollte ein ausreichend hoher Altholz- und Totholzanteil angestrebt werden. Alte Kiefern und Buchen dienen insbesondere als Niststandort für den Schwarzspecht. Sie sollten erhalten und darüber hinaus die Entwicklung von Altholzinseln gefördert werden. Eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit der Entwicklung naturnaher und standortangepasster Waldgesellschaften und ausreichend großen Altholzblöcken als Brutstandorte für Greifvögel und Spechte ist anzustreben. Um Störungen sensibler Arten zu minimieren sollte zukünftig im Vogelschutzgebiet auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. EU SPA Vogelschutzgebiet Klietzer Heide Offenland-Mosaik aus Silbergrasfluren und Besenheide (Foto: B. Schäfer). 100

103 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Elbaue Jerichow Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0011LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0009 Arneburger Hang (+) NSG0010 Schelldorfer See (+ bis auf kleine Grenzabweichungen) NSG0015 Rogätzer Hang - Ohremündung (+) NSG0043 Bucher Brack-Bölsdorfer Haken (+) NSG0045 Alte Elbe zwischen Kannenberg und Berge (+) NSG0189 Taufwiesenberge (+) NSG0193 Elsholzwiesen (*) NSG0388 Aland-Elbe-Niederung (*) LSG0006SDL Untere Havel (*) LSG0009SDL Arneburger Hang (*) LSG0015 OK Barleber und Jersleber See m. Ohre- u. Elbniederung (*) LSG0029SDL Aland-Elbe-Niederung (*) LSG0074SDL Altmärkische Wische (*) LSG0092JL Elbtalaue (*) LSG0097SDL Tanger-Elbeniederung (*) LSG0103SDL Elbaue-Wahlenberge (*) BR_0004LSA Mittelelbe (*) sowie 4 FND und 3 NDF b) nach internationalem Recht FFH0009LSA Elbaue Werben und Alte Elbe Kannenberg (+) FFH0012LSA Elbaue zwischen Sandau und Schönhausen (+) FFH0034LSA Tanger-Mittel- und Unterlauf (*) FFH0037LSA Elbaue bei Bertingen (+) FFH0038LSA Elbaue südlich Rogätz mit Ohremündung (+) FFH0157LSA Elbaue zwischen Derben und Schönhausen (+) FIB0003LSA Aland-Elbe-Niederung und Elbaue Jerichow (+; Teilgebiet Elbaue Jerichow) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA EU SPA Elbaue Jerichow Gebietsbeschreibung Entlang der Elbe erstreckt sich das ha große EU SPA Elbaue Jerichow über eine Strecke von mehr als 80 km. Nördlich des Mittellandkanals bei Magdeburg beginnend, zieht sich das EU SPA flussabwärts, an Rogätz, Tangermünde, Arneburg und Sandau vorbei, bis nach Werben im Norden Sachsen-Anhalts, wo es direkt an das EU SPA Aland-Elbe-Niederung grenzt. Große Teile beider Vogelschutzgebiete wurden 2003 gemeinsam als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung (FIB0003LSA Aland-Elbe-Niederung und Elbaue Jerichow) ausgewiesen (DORNBUSCH 2004). Etwa ein Drittel der Fläche des EU SPA Elbaue Jerichow, der Bereich zwischen Derben und Tangermünde, wurde bereits im Jahr 2000 als EU SPA an die EU-Kommission gemeldet. Mit einer Überarbeitung der Gebietsvorschläge für das Natura 2000-Netz im Jahr 2003 wurde das Gebiet auf die heutige Flächenausdehnung erweitert. Es bein- haltet fünf FFH-Gebiete, die sich entlang des Elbeverlaufes aneinander reihen und zusammen die gesamte Fläche des EU SPA einnehmen. Das Vogelschutzgebiet ist darüber hinaus Bestandteil des Biosphärenreservats Mittelelbe und fast vollständig auch in den entlang der Elbe ausgewiesenen LSG enthalten. Besonders wertvolle Habitatkomplexe sind als NSG unter Schutz gestellt. Die landesrechtliche Sicherung des gesamten EU SPA als NSG ist derzeit in Vorbereitung. Das EU SPA befindet sich im Naturraum der Märkischen Elbtalniederung mit geringen Anteilen an der Bittkauer Platte. Trotz seiner erheblichen Längenausdehnung hat das Gebiet maßgebliche Flächenanteile nur an den Landschaftseinheiten Werbener Elbtal (Nordteil) und Tangermünder Elbtal (Südteil). Das pleistozän geprägte Gebiet der Elbetalniederung wird von grundwasserbeeinflussten Böden über Sand dominiert. 101

104 Binnengewässer Fels- und Rohboden Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen anthropogen überformte Biotope EU SPA Elbaue Jerichow EU SPA Elbaue Jerichow Lage und Lebensraumausstattung. Elbe und Elbaue bei Kehnert (Foto: S. Ellermann). 102

105 Lehmige oder sandige Auenböden, wie verschieden entwickelte Gleye oder Vegen, kennzeichnen die Böden. Trockene höher gelegene Standorte, wie die Taufwiesenberge (53 m über NN) nördlich von Magdeburg, stellen Flugsandinseln dar, wo sich wertvolle Trockenund Magerrasen sowie Silbergrasfluren finden. Der größte Teil der flachen Elbetalaue liegt bei Höhen von m über NN, im Norden bei Werben erreicht die aufgeweitete Flussniederung jedoch nicht mehr als 25 m über NN. Bis in die heutige Zeit ist der größte Teil des Gebietes periodisch von Überschwemmungen und Hochwassern der Elbe betroffen und stellt sich als eine strukturreiche dynamische Auenlandschaft dar. Die Vielfalt an Lebensräumen und die Großräumigkeit des Gebietes begünstigen die artenreiche Vogelwelt (HELLWIG 2005a). In großen Teilen wird die Elbe von flussnahen oder am Rande der Überflutungsauen errichteten Deichen begleitet. Fast die Hälfte der Fläche des EU SPA wird von Grünland eingenommen. Wertvoll sind hier die extensiv bewirtschafteten Wiesen der Deiche und Deichvorländer, die eine höhere Diversität als die umliegenden intensiv bewirtschafteten Grünländer aufweisen. Reste der Weichholzaue treten in Form von Weiden entlang der Elbe immer wieder auf. Zahlreiche Altarme, Altwasser und weitere Gewässer, unter anderem durch Qualmwasser oder Kiesabbau entstanden, strukturieren und bereichern das EU SPA abseits des Flusses. Der Schelldorfer See und der Bölsdorfer Haken sind charakteristische Altarme der Elbe mit angrenzenden Feuchtwiesen und deren typischen Pflanzengesellschaften, wie Knickfuchsschwanz- oder Silgen-Rasenschmielenwiesen. Röhrichte und Großseggenriede strukturieren zusätzlich das Gebiet. Intensive Bewirtschaftung und das Eintiefen der Elbe mit nachfolgenden Grundwasserabsenkungen gefährden die feuchten Habitate der Flussniederung (HELLWIG 2004). Das Trockenfallen der Aue begünstigt das intensivere und zeitige Nutzen der Grünlandkomplexe, die durch Mahd, Düngung und Beweidung an Vielfalt einbüßen oder sogar in Ackernutzung überführt wurden. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die strukturreiche und zeitweise überflutete Auenlandschaft der Elbaue Jerichow hat noch weitgehend ihren natürlichen Charakter behalten. In Verbindung mit der Großflächigkeit des Gebiets verleiht diese Vielfalt natürlicher Strukturen dem EU SPA eine herausragende Bedeutung für die Avifauna, sowohl als Brutgebiet als auch als Rast- und Überwinterungsgebiet (DORNBUSCH 2004, HELLWIG 2004). Besonders wertvolle Bereiche innerhalb des EU SPA sind unter anderem die NSG Bucher Brack-Bölsdorfer Haken, Alte Elbe zwischen Kannenberg und Berge sowie Schelldorfer See. Tab. 34: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus HELLWIG (2005a) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach HELLWIG 2005a Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel 2 2, Zwergdommel 1 1, Weißstorch 1 0,2 1 0 Fischadler 1 3,1 - - Wespenbussard Wiesenweihe 1 1, Rohrweihe 18 1, Rotmilan 15 0, Schwarzmilan 12 0, Seeadler 2 5, Kranich 8 2, Wachtelkönig 47 17, Tüpfelsumpfhuhn 8 26, Kl. Sumpfhuhn Trauerseeschwalbe 47 20, Flussseeschwalbe Sumpfohreule Eisvogel 19 2, Schwarzspecht 6 0, Mittelspecht 28 0, Neuntöter 639 3, Heidelerche 12 0, Sperbergrasmücke Blaukehlchen Brachpieper 1 0,6 1 - Ortolan 9 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente 20 13, Löffelente 12 26, Rebhuhn 1 0, Rothalstaucher Kiebitz 48 3, Großer Brachvogel 9 12, Uferschnepfe Bekassine 33 9, Flussuferläufer Rotschenkel Steinkauz 1 6,7 - - Wiedehopf Schilfrohrsänger 46 5, Drosselrohrsänger 15 0, Weitere bemerkenswerte Arten Spießente BZB - BZB - Schnatterente 8 6,7 - - Krickente 1 2,2 - - Brutvögel: Im Rahmen der Ersterfassung der Brutvögel in den EU SPA erfolgte von HELLWIG (2004) in der Elbaue Jerichow 2003 eine Revierkartierung der Arten des Anhang I der EU-VSchRL und der Roten Liste Sachsen-Anhalts Kategorie 1 und 2 (DORNBUSCH et al. 2004a) sowie 2004 eine Kartierung innerhalb der seit 2003 zum Gebiet gehörenden Erweiterungsflächen (HELL- EU SPA Elbaue Jerichow 103

106 In den halboffenen und trockeneren Habitaten des EU SPA brüten bis zu 100 Paare der Sperbergrasmücke (Foto: E. Greiner). WIG 2005a). Diese Ergebnisse wurden mit Angaben aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring in Sachsen- Anhalt (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2005, 2007, 2008, 2009, 2010b), unter anderem zu Rohrdommel, Zwergdommel, Tüpfelsumpfhuhn, Kleinem Sumpfhuhn und Spieß ente ergänzt. Bestandszahlen für den Wachtelkönig entstammen SCHULZE (2010a). Die aktuellen Revierzahlen sind in Tab. 34 dargestellt. Das EU SPA Elbaue Jerichow zeichnet sich durch eine sehr artenreiche Vogelwelt mit Vertretern verschiedenster ökologischer Ansprüche aus. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen geschützten bzw. gefährdeten Brutvogelarten. Aktuell liegen Brutnachweise bzw. Brutverdachtsbeobachtungen von insgesamt 24 Anhang I-Arten und 13 Arten der Rote-Liste- Kategorien 1 und 2 vor (Tab. 34). Für Rohrweihe, Seeadler, Wachtelkönig, Tüpfelsumpfhuhn, Kleines Sumpfhuhn, Trauerseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Eisvogel, Neuntöter, Sperbergrasmücke und Blaukehlchen ist die Elbaue Jerichow eines der Top-5-Gebiete in Sachsen- Anhalt, obwohl letztere Art im Rahmen einer landesweiten Erfassung aktuell nur in 2 Revieren festgestellt werden konnte (SCHULZE 2011). In den ausgedehnten Schilfbeständen des Gebietes brütet die Rohrweihe. Aktuell kommen im EU SPA 18 BP vor. Vom Gewässerreichtum und dem ausgedehnten Feuchtgrünland profitieren ebenfalls Rot- und Schwarz- EU SPA Elbaue Jerichow Brutvorkommen von Rotmilan, Schwarzmilan und Rohrweihe innerhalb des lang gestreckten EU SPA Elbaue Jerichow (Erfassungsjahr 2003/04). 104

107 milan, da sich hier optimale Nahrungsbedingungen bieten. Brutplätze der beiden Milanarten finden sich z. B. in den Hartholzauen der Elbe, in alten Pappeln sowie im Sandauer Holz (HELLWIG 2005a). Der Flussuferläufer sowie zahlreiche Wiesenbrüter wie Wachtelkönig, Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Bekassine und Kiebitz kommen im EU SPA mit landesweit bedeutenden Beständen vor. Insbesondere die vom Aussterben bedrohte Uferschnepfe ist hervorzuheben, da mit zeitweise bis zu 3 BP die Elbaue Jerichow einen erheblichen Anteil des kleinen verbliebenen Landesbestandes dieser Art beherbergt. Wichtige Bruthabitate für Arten wie den Kiebitz sind vor allem die Uferbereiche der Alten Elbe im NSG Bucher Brack-Bölsdorfer Haken (HELLWIG 2004, 2005a), wenngleich aber die Mehrzahl der Kiebitze aktuell auf den in Ackernutzung befindlichen Flächen brütet. Der Wachtelkönig konnte im Rahmen der Landeserfassung (SCHULZE 2010a) aktuell mit 47 Rufern nachgewiesen werden. HELLWIG (2005a) gibt für die Jahre 2002 bis 2004 weitaus weniger Rufer bei erheblichen jährlichen Schwankungen (4-27) an. Im Jahr 2009 konnte auch das Tüpfelsumpfhuhn mit 6 Revieren bei Jerichow sowie je 1 Revier bei Bölsdorf und bei Altenzaun nachgewiesen werden (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Ebenfalls gelang 2009 ein Nachweis des Kleinen Sumpfhuhns (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Problematisch für viele Wiesenbrüterarten im Gebiet ist jedoch eine zu zeitige und großflächige Wiesennutzung nach dem raschen Ablaufen des Frühjahrshochwassers (HELLWIG 2005a). Durch das zeitige Trockenfallen der Wiesen wird eine frühe Wiesenmahd bzw. der Besatz mit Weidevieh ermöglicht, was sich sehr negativ auf den Bruterfolg auswirkt. Der hohe Prädatorendruck, insbesondere durch Raubsäuger, verursacht zusätzliche Verluste. Die Trauerseeschwalbe brütet auf schwimmenden Nisthilfen im NSG Bucher Brack-Bölsdofer Haken, auf der Alten Elbe zwischen Kannenberg und Berge und auf der Alten Elbe bei Bertingen, hier zu geringen Anteilen auch auf der Schwimmblattvegetation. Das Vorkommen der Flussseeschwalbe im EU SPA ist räumlich unstet und durch starke Fluktuationen gekennzeichnet (FISCHER & DORNBUSCH b). In den Jahren 2003/2004 brüteten bis zu 7 BP überwiegend auf den Sandbänken der Elbe (HELLWIG 2005a). Dort wurden bis 2007 noch einzelne Paare angetroffen, gleichzeitig erfolgte 2005 jedoch eine Ansiedlung in der Kiesgrube Parey (außerhalb des EU SPA), die 2006/2007 einen Maximalbestand von 31 BP aufwies. Parallel dazu erkundete das erste Paar im EU SPA die Bodenentnahmestelle bei Bölsdorf (2006) bzw. außerhalb des EU SPA den Kiessee bei Rogätz (2007) brüteten im Bereich Elbaue Jerichow 28 Paare, ausschließlich an der Bodenentnahmestelle. Bereits im Folgejahr siedelte die Kolonie jedoch in den Kiessee Rogätz EU SPA Elbaue Jerichow Wachtelkönige (Erfassung: 2009) brüten in den elbnahen Wiesen vor allem im mittleren und nördlichen Teil des EU SPA, während der auf geeignete Brutstandorte angewiesene Eisvogel (Erfassung: 2003/04) an den Elbe-Altarmen im Süden und Norden des Gebietes anzutreffen ist. 105

108 Tab. 35: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen EU SPA Elbaue Jerichow Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Rothalsgans Weißwangengans Zwerggans Moorente Zwergsäger Ohrentaucher Sterntaucher Prachttaucher Zwergdommel Nachtreiher Silberreiher Löffler Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Schreiadler Kornweihe Rotmilan Schwarzmilan Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich Säbelschnäbler Goldregenpfeifer > Pfuhlschnepfe Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Raubseeschwalbe Weißbartseeschwalbe Flussseeschwalbe Sumpfohreule Grauspecht Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Blässgans > Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Graugans Kurzschnabelgans Brandgans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Kolbenente Tafelente Reiherente Schellente Gänsesäger Mittelsäger Zwergtaucher Haubentaucher Kormoran Graureiher Raufußbussard Mäusebussard Blässhuhn Kiebitz > Großer Brachvogel Uferschnepfe > Zwergschnepfe Bekassine Dunkler Wasserläufer Rotschenkel > Grünschenkel Zwergstrandläufer Waldwasserläufer Sanderling Temminckstrandläufer Alpenstrandläufer Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Mittelmeermöwe um. Ein Grund für die geringe Brutortstreue in der Elbeaue ist sicherlich der infolge von Prädation oder Hochwasserereignissen meist nur geringe Bruterfolg (HELLWIG 2005a, FISCHER & DORNBUSCH b). Auch verlieren natürliche Brutstandorte unter Umständen durch Sukzession rasch ihre Eignung für diese auf vegetationsarme Bereiche angewiesene Art. Die vielen Altarme der Elbe bieten auch einen geeigneten Lebensraum für den Eisvogel, der in den Abbruchkanten der Gewässer und in Wurzeltellern umgestürzter Bäume seine Brutröhren anlegt. Die Feuchtbiotope mit ausgedehnten Schilfbeständen zwischen Havelberg und Sandau, zwischen Kannenberg und Berge sowie bei Bertingen sind wichtige Bruthabitate für Röhrichtbewohner wie Blaukehlchen, Schilfrohrsänger und Drosselrohrsänger (HELLWIG 2005a). Der Mittelspecht besiedelt im Gebiet die größeren Waldbestände. Die Reviere konzentrieren sich in der Hartholzaue nördlich von Glindenberg sowie im Norden des EU SPA im Sandauer Wald und im Mühlenholz bei Havelberg (HELLWIG 2005a). Im Jahr 2003 gelang zur Brutzeit eine Beobachtung der Spießente. Der letzte sichere Brutnachweis stammt jedoch aus dem Jahr 1999 (HELLWIG 2004). Die Bestände von Knäkente und Löffelente im EU SPA haben mit 13,3 % bzw. 26,7 % des Landesbestandes überregionale Bedeutung (HELLWIG 2005a). In den halboffenen, trockeneren Habitaten des EU SPA kommen Neuntöter und Sperbergrasmücke in hoher Dichte vor. Für den Neuntöter ergab sich durch Hochrechnungen auf das Gesamtgebiet ein Bestand von etwa 639 BP. Der Gesamtbestand der Sperbergras- 106

109 mücke wird auf maximal 100 BP geschätzt (HELLWIG 2005a). Im Bereich der Dünen brütet die Heidelerche. Eichenbestände entlang von Feldern werden durch den Ortolan besiedelt (HELLWIG 2005a). Rastvögel: Zur Ermittlung der Zug- und Rastvogelbestände wurden vorhandene Daten der Wasservogelzählung, aus ornithologischen Jahresberichten (ORNITHO- LOGENVEREIN ALTMARK OST e.v ), aus gezielten Kartierungen, der länderübergreifenden Gänse-/ Schwanenzählung im Nordteil Sachsen-Anhalts (JANSEN 2008a, b) bzw. Managementplanungen für die im EU SPA enthaltenen FFH-Gebiete, sowie der Landeserfassung der Schwäne (RANA 2010, SCHULZE 2012b) und der Rastbestände des Kranichs (PSCHORN & SCHEIL 2011) ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2010 sind in Tab. 35 dargestellt. Als Rast- und Überwinterungsgebiet hat die Elbaue Jerichow eine ebenso große Bedeutung wie als Brutgebiet (DORNBUSCH 2004, HELLWIG 2004). Alljährlich rasten hier mehr als Wasservögel. Singschwan, Saatgans, Blässgans und Kranich treten hier während der Zugzeit mit mehr als 1 % ihrer biogeografischen Populationen auf. Unter den Saatgänsen sind neben der überwiegenden Anzahl von Tundrasaatgänsen auch regelmäßig bis zu 40 Waldsaatgänse zu beobachten. Die Blässgans konnte mit einer Tageshöchstzahl von Individuen nachgewiesen werden, so dass das EU SPA Elbaue Jer ichow für diese Art eines der wichtigsten Rastgebiete in Sachsen-Anhalt darstellt. Auf den Wiesen und Feldern rasten alljährlich auch mehrere Tausend Kiebitze. Der maximal festgestellte Rastbestand lag bei Individuen. Weiterhin rasten hier während der Zugzeit tausende Goldregenpfeifer, Tab. 36: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Elbaue Jerichow. Art Singschwan Saatgans Blässgans Rohrweihe Seeadler Kranich Wachtelkönig Tüpfelsumpfhuhn Kleines Sumpfhuhn Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Eisvogel Neuntöter Sperbergrasmücke Blaukehlchen Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien A4i, B1i, C2 A4i, B1i, C3 A4i, B1i, C3 C6 B2, C6 A4i, B1i, C2 A1, A4i, B1i, B2, C1, C2, C6 C6 C6 B2, C2, C6 C6 C6 C6 B3, C6 C6 A4iii, C4, C7 Graugänse, Stockenten, Tafelenten, Kormorane und Lachmöwen. Erwähnenswert ist auch der Rastbestand von über 100 Weißwangengänsen, eine Zahl, die die im Standarddatenbogen genannte Spanne übertrifft. Der Silberreiher, bisher nicht im Standarddatenbogen genannt, konnte in den letzten Jahren mit bis zu 160 rastenden Individuen festgestellt werden. Eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Elbaue Jerichow ist in Tab. 36 dargestellt. Hier wird noch einmal die herausragende Bedeutung des Gebietes als Brutgebiet sowie als Rastgebiet für eine Vielzahl von Vogelarten deutlich. Der Elbelauf stellt zudem für zahlreiche Vogelarten eine Leitlinie während des Vogelzuges dar. Auch ist auf die räumliche Kontinuität der weitläufigen Überflutungsauen des EU SPA EU SPA Elbaue Jerichow Für die Blässgans ist das EU SPA Elbaue Jerichow eines der wichtigsten Rastgebiete in Sachsen-Anhalt (Foto: W. Steinborn). 107

110 EU SPA Elbaue Jerichow Elbaue Jerichow zur nördlich anschließenden Aland- Elbe-Niederung sowie zur östlich abzweigenden Niederung der Unteren Havel mit jeweils ebenfalls bedeutenden Rastbeständen zahlreicher Wasservogelarten zu verweisen. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Elbaue Jerichow ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele wurden definiert (LANDES- AMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 12/2009) und im Rahmen der Erarbeitung eines Verordnungsentwurfs für das geplante NSG Elbaue Jerichow überarbeitet. Im derzeit vorliegenden Entwurf der Verordnung für das NSG, das die Fläche des gesamten EU SPA (einschließlich der 5 FFH-Gebiete) umfassen soll, sind als Schutz- und Entwicklungsziele im Hinblick auf die Vogelwelt die Erhaltung, Wiederherstellung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustandes und der Lebensräume der Arten nach EU-VSchRL genannt. Hierzu gehören insbesondere: Altwasserbereiche mit ihrer Schwimmblattvegetation und ihren Verlandungszonen als Lebensraum der Trauerseeschwalbe (Anhang I), die durch Grünlandbereiche und vereinzelte Ackerflächen im Wechsel mit Wäldern, Hecken- und Gehölzstrukturen sowie Fließ- und Stillgewässern geprägte Landschaft als Zug-, Rast- und Überwinterungsgebiet für die Vogelarten nach der EU-VSchRL, das Feuchtgrünland mit Flutrasen, Hochstaudenfluren feuchter Standorte, Staudenfluren an Gebüschmänteln vorhandener Auwaldreste, Riede und Röhrichtbestände, naturnahe vegetationsreiche Stillgewässer sowie die typische uferbegleitende Vegetation als Lebensraum insbesondere für Rohrweihe, Rohrdommel, Blaukehlchen (Anhang I) sowie Löffelente, Knäkente, Graugans, Drossel- und Schilfrohrsänger (Art. 4.2), die Wiesenlimikolen wie Großer Brachvogel, Kiebitz und Rotschenkel (Art. 4.2), das offene Kulturland mit extensiv genutzten, stellenweise flach überfluteten Wiesen, die vor allem als Weißstorch-Nahrungshabitat und als Wiesenvogel- Lebensraum, insbesondere im Übergangsbereich zwischen Grünland und offenen Gewässern, für seltene bestandsgefährdete Arten wie Bekassine, Großen Brachvogel, Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe (Art. 4.2) und Wachtelkönig (Anhang I) bedeutsam sind, die halboffene Kulturlandschaft, insbesondere Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen in Verbindung mit reich strukturierten, extensiv genutzten Landschaftsräumen, bestehend aus Hecken, Gebüschen, Feldgehölzen, Wildobstgehölzen, Streuobstwiesen, höhlenreichen Einzelbäumen Das EU SPA Elbaue Jerichow hat als Leitlinie und Rastgebiet eine herausragende Bedeutung für den Vogelzug. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

111 und gebüschreichen Waldrändern, insbesondere als Lebensraum für Neuntöter, Ortolan, Heidelerche und Sperbergrasmücke (Anhang I), gehölzfreie Binnendünen, Silbergrasfluren und nährstoffarme Sandböden mit Sandtrockenrasen als Lebensraum u. a. für Brachpieper (Anhang I) und Wiedehopf (Art. 4.2), naturnahe, strukturreiche und aus standortgerechten Arten aufgebaute Wälder mit einem naturnahen Wasserhaushalt und einem hohen Anteil an Alt- und Totholz im Rahmen einer naturnahen Bewirtschaftung, insbesondere als Lebensraum von Seeadler, Rotmilan, Mittelspecht, Schwarzspecht und Kranich (Anhang I) sowie für Baumhöhlen bewohnende Vögel. Der Schutzzweck umfasst darüber hinaus die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durch schutzverträgliche Nutzungsregelungen und gezielte Pflegemaßnahmen, insbesondere für Arten nach Anhang I und nach Art. 4.2 der EU-VSchRL. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Das EU SPA Elbaue Jerichow wurde anteilig bei der Erarbeitung der Managementpläne für die fünf enthaltenen FFH-Gebiete berücksichtigt. Die zeitgleich erarbeiteten Managementpläne liegen seit 2009 vor (IHU GmbH & BIOTA GmbH 2009, LRP GmbH 2009, MILAN 2009, PROF. HELLRIEGEL INSTITUT 2009, RANA 2009) und müssen mit den für das EU SPA geltenden Vogelschutzzielen abgestimmt werden. Die separat erstellten Geodaten wurden bereits im Nachgang zusammengeführt (PROF. HELLRIEGEL INSTITUT 2010). Um für die überaus artenreiche und charakteristische Vogelwelt des Gebietes auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Erhaltung der Dynamik dieser reich strukturierten Überflutungsauenlandschaft der Elbe unerlässlich. Da die sehr zeitige Wiesennutzung für den Bruterfolg von Wiesenbrütern eine Bedrohung darstellt (vgl. HELLWIG 2004, 2005a), sind Maßnahmen eines Wasserstandsmanagements auf dafür geeigneten Flächen dringend erforderlich. Sie sollen den Wiesenbrütern ein hinreichend feuchtes Grünland sichern und ein zu schnelles Ablaufen des Wassers aus den Altwassern und den Wiesenbrüterhabitaten, z. B. an der Alten Elbe zwischen Kannenberg und Berge (HELLWIG 2005a), verhindern. Weitere positiv wirkende Maßnahmen wären ein geringerer Viehbesatz bei Portionsweiden und die großzügige Aussparung der Gewässer aus dem Weidebetrieb. Bei Ausbau und Unterhaltung der Elbe müssen die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Schutzziele hinreichend Berücksichtigung finden. Für die Avifauna besonders bedeutsame Habitatkomplexe feuchter Standorte sowie Altarme und Altwasser sind zu erhalten. Die Umwandlung von Grünland in Ackerland sowie eine Intensivierung der Grünlandnutzung sind zu vermeiden. Bei der Nutzung des Feuchtgrünlandes sind die Belange des Vogelschutzes entsprechend dem Schutzzweck bzw. den geltenden Schutz- und Erhaltungszielen zu berücksichtigen. Das kann z. B. durch an die Brutzeiten der wertgebenden Arten der Feuchtwiesen (Kiebitz, Bekassine, Wachtelkönig, Tüpfelsumpfhuhn) angepasste Termine für Schleppen, Walzen und Mahd bzw. Beweidung erfolgen. Auch ein zeitweiliges Aussparen der Brutstandorte von der Mahd oder der Beweidung (z. B. 200 x 200 m große Nestschutzzonen beim Wachtelkönig) sowie die Reduktion der Düngung stellen geeignete Maßnahmen dar. Zur Erhaltung der kleinen Wiesenbrüterbestände und zur notwendigen Verbesserung der geringen Bruterfolge, u. a. aufgrund des negativen Einflusses von Prädatoren wie Fuchs EU SPA Elbaue Jerichow Zwergsäger sind im EU SPA in kleinen Anzahlen regelmäßig als Rastvögel zu verzeichnen (Foto: T. Stenzel). 109

112 EU SPA Elbaue Jerichow sowie Waschbär, Mink und Marderhund (Neozoen), sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Ein intensives Management für die Wiesenbrüterbestände, insbesondere aktiver Nestschutz, ist unumgänglich. Ebenso sind die Auenwälder und Auenwaldreste, insbesondere die Hartholzauen bei Glindenberg und Havelberg sowie am Rogätzer Hang als Lebensräume des Mittelspechtes im EU SPA, zu sichern und auch künftig im Hinblick auf ihre Eignung als Brutstandort für Schwarz- und Mittelspecht sowie für Greifvögel (Rot- und Schwarzmilan, Seeadler) zu entwickeln. Bei der forstlichen Nutzung sind die Erhaltung der Horstund Höhlenbäume, das Belassen von Starkbäumen und Totholz ebenso wie das Einhalten von Horstschutzzonen nach 28 NatSchG LSA Vorraussetzungen für die Erreichung des Schutzzieles. Die als Brutplätze des Kranichs dienenden Habitate sind zu erhalten, ggf. ist auch hier ein lokales Wasserstandsmanagement notwendig. Die in Schilfröhrichten brütenden Arten benötigen ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche, für das Blaukehlchen zudem in räumlicher Verzahnung mit vegetationsärmeren Bereichen (z. B. Alte Elbe bei Bertingen, Kannenberg und Berge, Tonabgrabungen bei Havelberg). Für die im Gebiet nistenden Flussseeschwalben sollten natürliche Sandbänke als Brutstandorte erhalten bzw. potenzielle Brutplätze auf überschwemmungssicheren Sekundärstandorten geschaffen werden. Für die Trauerseeschwalbe müssen vorerst auch weiterhin regelmäßig künstliche Nisthilfen ausgebracht werden. Langfristig ist hier aber die Förderung bzw. Initiierung einer Seeschwalbennester tragenden Schwimmblattvegetation von besonderer Bedeutung. Unbefestigte Uferbereiche, an denen durch die natürliche Überflutungsdynamik immer wieder neue Abbrüche als potenzielle Eisvogelbrutplätze entstehen können, sind zu belassen. Für die Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan sind kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen bedeutsam und somit zu erhalten. Störungen an Brutplätzen störungsempfindlicher Arten (Kranich, Seeadler, Seeschwalben, Taucher, Kiebitz, Bekassine u. a. Wiesenbrüter) bzw. in deren engerer Umgebung sowie Störungen von Ansammlungen rastender Vögel, insbesondere auch an den Schlafplätzen, sind im EU SPA zu vermeiden. Im Entwurf einer Verordnung für das geplante NSG Elbaue Jerichow sind diesbezüglich zahlreiche Regelungen mit Maßnahmecharakter enthalten. Das künftige NSG soll 13 besondere Gebiete sowie 3 Kernzonen enthalten, die besonders wertvolle und bisher zumeist bereits als NSG gesicherte Habitatkomplexe umfassen. Weiterhin wird die Ausweisung von Ruhezonen (als Rückzugs- und Reproduk tionsräume für störungsempfindliche Tierarten wie z. B. Trauerseeschwalbe, Kranich) und Rastvogelbereiche (als störungsberuhigte Bereiche für durchziehende und überwinternde Vogelarten) angestrebt. Neben allgemeinen für das Gesamtgebiet geltenden Verboten (u. a. Befahrungs-, Bau- und Veränderungsverbot, ganzjähriges Wegegebot) sind in den besonderen Gebieten weitergehende Regelungen vorgesehen. Im Bereich von bereits ausgewiesenen Kernzonen besteht ein vollständiges Betretungs-, Befahrungs- und Nutzungsverbot. Ruhezonen dürfen während der Brutzeit nicht betreten werden. An verlandenden Altarmen und Altwassern ist ein strukturreiches Mosaik aus offenen Wasserflächen, Schwimmrasen, Rieden und Röhrichten ausgebildet (Foto: N. Wuttke). 110

113 Außerhalb der Kernzonen könnte die ordnungsgemäße landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Bodennutzung von den Verboten freigestellt werden, solange ein günstiger Erhaltungszustand der Schutzgüter nicht gefährdet wird. Es gibt jedoch Einschränkungen zum Wiesenbrüterschutz (u. a. Vorgaben für Befahrungszeiträume, Mahd, Beweidung, Auskoppeln von Biotopstrukturen und Gewässern) sowie Vorgaben zur Holzentnahme (u. a. Zeiträume für Befahren, Einschlag und Rückung, Erhaltung von Horst- und Höhlenbäumen, Belassen von starkem stehenden oder liegenden Totholz). Für die Bewirtschaftung von Waldflächen in den besonderen Gebieten gelten zusätzliche Vorgaben und es werden forstnutzungsfreie Zonen (Arneburger Hang, Elbauenwald Schönhausen, Werder Storkau und Möwenwerder) ausgewiesen. Über den gesetzlichen Schutz von Horstbäumen nach 28 NatSchG LSA hinaus sollten in diesem für Greifvögel bedeutenden Vogelschutzgebiet störungsarme Kernbereiche für den Greifvogelschutz mit reduzierter Bewirtschaftungsintensität festgelegt werden, die in dieser Form auch als Entwicklungsflächen für Spechtarten dienen können. Die Jagd im Gebiet stellt außerhalb der Kernzonen und einiger der besonderen Gebiete keine grundsätzliche Beeinträchtigung des Schutzzieles dar, wenn sie den Vorgaben zu Zeiträumen und Art der Bejagung folgt. Für die ausgewiesenen Rastvogelbereiche, die Umgebung erkennbarer Mauser-, Rast-, Sammel- und Schlafplätze von Wat- u. Wasservögeln, für Schilf- und Röhrichtbestände und Gewässerufer sind weitergehende Vorgaben erforderlich. In Anbetracht der herausragenden Bedeutung des EU SPA als Brut- und Rastgebiet sowie der landesweiten Bedeutung als eines der Top-5-Gebiete zahlreicher Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL sollte auf die Jagd auf Vögel grundsätzlich verzichtet werden, da sie mit erheblichen Störungen der Arten verbunden ist. Die Ausübung der ordnungsgemäßen Fischerei stellt außerhalb der Kernzonen, bei Beachtung der folgenden Hinweise keine Bedrohung der Schutzziele dar: Schonung des natürlichen Uferbewuchses, wie z. B. Gehölze, Schilfzonen, Röhrichtbestände und Hochstaudenfluren, keine Störung der Brut- und Rastvögel, nicht im Umfeld erkennbarer Mauser-, Rast-, Sammel- oder Schlafplätze von Wat- u. Wasservögeln, nicht an Horststandorten und im Winterhalbjahr nur zeitweise in den ausgewiesenen Rastvogelbereichen. In den besonderen Gebieten sind ggf. weitergehende Einschränkungen notwendig. Ein Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, den Vögeln einen ungehinderten Vogelzug entlang der Hauptzugroute am Elbeverlauf sowie kürzere Flugbewegungen zwischen Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Elbaue Jerichow Neben vielen anderen Wat- und Wasservogelarten rasten vereinzelt auch Rotschenkel im EU SPA (Foto: W. Steinborn). 111

114 EU SPA Elbaue Jerichow Elbaue bei Werben (Foto: S. Ellermann). 112

115 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz- Letzlinger Heide Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0012LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0007 Jävenitzer Moor (+) NSG0014 Colbitzer Lindenwald (+) FND0024OK_ Schützensol mit Alteichenbestand (+) LSG0010SDL Uchte-Tangerquellen und Waldgebiete nördlich Uchtspringe (*) b) nach internationalem Recht FFH0027LSA Jävenitzer Moor (+) FFH0029LSA Colbitzer Lindenwald (+) FFH0235LSA Colbitz-Letzlinger Heide (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Nördlich von Magdeburg befindet sich das EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide, das mit einer Fläche von ha das größte Vogelschutzgebiet Sachsen-Anhalts ist. Die Ortschaften Born, Letzlingen, Jävenitz, Uchtspringe, Dolle, Colbitz und Hillersleben umgrenzen das Gebiet. Das EU SPA umfasst mit dem Truppenübungsplatz Altmark eines der größten aktiven Militärgelände Deutschlands und dessen Umfeld sowie weitere angrenzende wertvolle Habitatkomplexe, darunter das Jävenitzer Moor und den Colbitzer Lindenwald, beide auch als NSG ausgewiesen. Die zum Truppenübungsplatz gehörenden bebauten Bereiche sind nicht Bestandteil des Vogelschutzgebietes. Der Südteil des EU SPA wurde auf ca ha unter dem Namen Hudewälder nordöstlich Haldensleben bereits im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Mit Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 2003 wurden umfangreiche Flächenerweiterungen vorgenommen und das Gebiet erhielt die Bezeichnung Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide. Das gesamte EU SPA ist, verteilt auf drei separat ausgewiesene Gebiete, auch FFH-Gebiet. Naturräumlich gehört die Colbitz-Letzlinger Heide zur Landschaftseinheit Altmarkheiden in der Haupteinheit Wendland und Altmark. Im Norden Sachsen- Anhalts gelegen ist das Gebiet durch eine pleistozäne Entwicklung geprägt. Es finden sich mehrere Endmoränen mit dazwischen liegenden Sanden oder Geschiebemergel. Im Norden des EU SPA haben sich Dünen gebildet. Die Höhenzüge der Endmoränen erreichen im Südosten des Gebietes eine Höhe von bis zu 131 m über NN. Die sandigen Böden begünstigen das schnelle Versickern von Wasser und tragen dazu bei, dass sehr wenige Oberflächengewässer vorhanden sind. Teilweise bilden sich in verdichteten Fahrrinnen temporäre Kleingewässer. Weitere temporäre Gewässer bilden sich nach Stark regen im Tal des Dollgrabens, der jedoch die meiste Zeit des Jahres trocken liegt. Der Rehbuschgraben ist der zweite größere Graben des Gebietes und entwässert das Jävenitzer Moor (SCHÄFER et al. 2006). Die militärische Erschließung der dünn besiedelten Region begann in den 1930er Jahren. Mehrere in der Heide liegende Dörfer wurden dabei geräumt bzw. abgerissen und es erfolgte ein erster Kahlschlag von ca ha. Während der Zeit des Dritten Reiches diente das Gebiet vor allem zur Erprobung von Artillerie- und Panzerabwehrwaffen. Nach 1945 übernahm die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte das Gelände und nutzte es bis 1994 als Truppenübungsplatz, Waffenund Munitionstestgelände. Während dieser Zeit wurde der größte Teil des noch vorhandenen Waldbestandes im Inneren des Truppenübungsplatzes abgeholzt übernahm die Bundeswehr das Areal, beräumte es von Restmunition und errichtete hier den Truppenübungsplatz Altmark mit dem Gefechtsübungszentrum Heer. Dieses ist eines der modernsten Übungszentren weltweit, was einen intensiven Übungsbetrieb mit einer Auslastung von ca. 250 Übungstagen pro Jahr zur Folge hat ( - Datenblatt TrÜbPl Altmark - Stand: 12/11; wiki/truppenübungsplatz_altmark). Infolge der langjährigen militärischen Nutzung dominieren im Zentrum der Heide heute weitläufige Offenlandbereiche. Auf Grund der sandigen Böden finden sich hier typische Pflanzen der Heideflächen und Trockenrasen. Thermophile und trockenheitsresistente Wälder auf nährstoffarmen Standorten wie Birken- Stieleichenwälder stellen die natürliche Waldvegetation dar. Die natürliche Sukzession durch Birken, Kiefern und Aspen verdrängt zunehmend die Offenstandorte EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide 113

116 EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide Fels- und Rohboden Grünland Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide Lage und Lebensraumausstattung. Weite Teile des Offenlandes in der Colbitz-Letzlinger Heide sind mit Calluna-Heiden bedeckt (Foto: B. Schäfer). 114

117 und führt über Pionierwälder zu einer natürlichen Waldvergesellschaftung. Frühere Brandrodung und militärische Nutzungen wirkten diesem Aufwuchs entgegen. Im Süden des Gebietes bei Paxförde finden sich aber auch alte, naturschutzfachlich wertvolle Eichenbestände (alte Hudewaldreste) und lindenreiche Traubeneichen-Hainbuchenwälder (NSG Colbitzer Lindenwald). Meist wurden naturnahe Wälder allerdings in naturferne Kiefernforste umgewandelt. In den Heiden sind je nach Bodenbeschaffenheit auf armen, podsolierten Böden Heidekraut oder auf nährstoffreicheren Böden Ginster vorherrschend. Die Dünen sind durch Kiefern- und Birkenaufwuchs sowie Silbergrasfluren charakterisiert. Diese Pioniergesellschaft besiedelt ebenfalls die ehemals militärisch genutzten Offenlandbereiche. Kennzeichnende Arten dieser Gesellschaft sind Silbergras und Frühlings-Spark, weiterhin kommen hier die Ästige Graslilie und der gefährdete Keulen-Bärlapp vor. Neben den Mager- und Trockenstandorten kommen im zentralen Bereich des EU SPA außerdem Hochstaudenfluren vor, die mehr oder weniger regelmäßig gemäht werden. Westlich von Dolle im Quellbereich des Dollgrabens befinden sich kleinflächige Grünlandbereiche und alte Eichenwälder. Eine Besonderheit im Norden des EU SPA ist das Jävenitzer Moor. Das Durchströmungsmoor wird von 5 Quellen gespeist und weist mittlerweile wieder eine sehr vielfältige Vegetation auf. In den Verlandungszonen kommen der stark gefährdete Blassgelbe Wasserschlauch und der Rundblättrige Sonnentau vor. Torfmoose, Wollgras, Schnabelried und verschiedene Seggen- und Binsenarten vervollständigen das charakteristische Bild des Moores. In den Randbereichen stocken pfeifengrasreiche Birkenmoorwälder oder Kiefernbestände mit Sumpfporst. Das Vorkommen von sowohl sehr trockenen, warmen als auch feuchten, moorigen Standorten macht die Colbitz-Letzlinger Heide zu einem Rückzugsraum für viele verschiedene Tierarten. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA Colbitz-Letzlinger Heide umfasst einen großräumigen, durch anhaltende militärische Nutzung geprägten Landschaftsausschnitt im Norden Sachsen- Anhalts, der für Brutvogelarten des Offen- und Halboffenlandes, junger Vorwaltstadien und alter Waldbestände gleichermaßen hervorragende Habitatbedingungen bietet und Populationen landesweiter Bedeutung beherbergt. Brutvögel: Die systematische Ersterfassung der wertgebenden Brutvogelarten wurde in den Jahren 2004 bis 2005 durchgeführt (SCHÄFER et al. 2006). Die Ergebnisse dieser Kartierung sind mit Ergänzungen aus den Tab. 37: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHÄFER et al. (2006) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Landeserfassungen von Raufußkauz (PSCHORN 2011a) und Spechten (MAMMEN & MAMMEN 2012) in Tab. 37 dargestellt. Eine große Besonderheit in der Colbitz-Letzlinger Heide ist das inzwischen vermutlich erloschene Vorkommen des Birkhuhns (SCHÄFER & KNÜPPEL 2008). Während der Erfassungen konnte 2005 noch eine Birkhenne nachgewiesen werden (SCHÄFER et al. 2006). Auch für die vorherigen Jahre liegen regelmäßige Beobachtungen von Einzeltieren vor (SCHÄFER et al. 2006). In den 1990er Jahren war das Birkhuhn noch weiter verbreitet, bevor es einen starken Bestandsrückgang hinnehmen musste (BRACKHAHN 1993, SODEIKAT & KNÜPPEL 1997, DORNBUSCH 2002). Eine sehr häufige Anhang I-Art des EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide ist der Ziegenmelker mit einem Bestand von 500 BP, was einem Anteil von mehr als 40 % am Landesbestand entspricht. Besonders die lichten mit Birken bestandenen Vorwald- Revierzahl Anteil am Landesbestand ( %) Revierzahl nach SCHÄFER et al Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Birkhuhn 1 Ind. 100 BZB - Schwarzstorch Wespenbussard 7 2, Wiesenweihe Rohrweihe 1 0, Rotmilan 2 0, Schwarzmilan 1 0, Kranich Wachtelkönig Raufußkauz 2 1, Ziegenmelker , Eisvogel 1 0,1 1 - Grauspecht 2 0, Schwarzspecht 31 0, Mittelspecht 193 5, Neuntöter 166 0, Heidelerche , Sperbergrasmücke 48 2, Zwergschnäpper Brachpieper 92 55, Ortolan 26 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Rebhuhn 3 0,1 3 - Wiedehopf , Drosselrohrsänger 1 0, Weitere bemerkenswerte Arten Baumfalke > 1 0, Raubwürger 34 4, Braunkehlchen > 11 0, Schwarzkehlchen > 55 2, Steinschmätzer > 15 0, Grauammer > 8 0,2 - - EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide 115

118 EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide Die im EU SPA lebende Population des Ziegenmelkers umfasst 40 % des gesamten Bestandes dieser Art in Sachsen-Anhalt (Foto: E. Greiner). Die Brutvorkommen von Mittelspecht und Schwarzspecht konzentrieren sich in Waldbereichen mit geeigneten Althölzern, v.a. im Süden des EU SPA sowie bei Dolle und Letzlingen, während Brachpieper hauptsächlich in den beiden großen Offenlandbereichen und der Ortolan in den Randbereichen des aktiven Truppenübungsplatzes zu finden sind (Erfassungsjahr 2004/05). 116

119 stadien der Heide und Grasfluren werden von dieser Art bewohnt (SCHÄFER et al. 2006). Aktuell zeichnen sich allerdings Rückgänge ab, da die Vorwaldstadien durch Pflegemaßnahmen stark zurückgedrängt werden (B. Schäfer, pers. Mitt.). In den Hudewäldern leben Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht. Letzterer besiedelt überwiegend die Eichenalthölzer (SCHÄFER et al. 2006). Für den Mittelspecht ist das EU SPA eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts. Greifvogelarten des EU SPA sind Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan. Dabei ist der Bestand des Wespenbussards mit 7 BP als besonders bemerkenswert hervorzuheben. Die Landeserfassung des Raufußkauzes ergab einen Bestand von 2 BP (PSCHORN 2011a). Auch ältere Vorkommen dieser kleinen Eulenart sind aus der Colbitz-Letzlinger Heide bekannt (LEINEN & ROG- GENBACH 1999, FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2005, SCHÄFER et al. 2006). Der Wiedehopf bewohnt Heideflächen in der Nähe von Gehölzinseln und Waldrändern. Mit Hilfe eines im Jahre 2007 begonnenen Nistkastenprojektes konnte Schäfer im Jahr 2009 den Wiedehopf mit 25 bis 28 Revieren nachweisen, darunter mindestens 20 sichere Brutnachweise (FISCHER & DORNBUSCH 2010b) waren es bereits 28 bis 30 Reviere (FISCHER & DORNBUSCH 2011). Somit haben sich die Bestände im Gegensatz zum Erfassungsjahr 2005, als nur 7 Reviere nachgewiesen werden konnten, deutlich erhöht und stiegen auch 2011 und 2012 weiter an. Nur vor 2001 waren solch hohe Bestandszahlen bekannt (BRACKHAHN 1993, SCHÄFER et al. 2006). Halboffene mit Ginster durchsetzte Heide- und Grasfluren werden von Raubwürger, Neuntöter, Sperbergrasmücke, Heidelerche, Steinschmätzer, Schwarzkehlchen und Grauammer bewohnt (SCHÄFER et al. 2006). Für Heidelerche, Sperbergrasmücke und Brachpieper ist das Gebiet eines der Top- 5-Gebiete Sachsen-Anhalts. Rastvögel: Als Rastgebiet hat das EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide landesweit eine untergeordnete Bedeutung. Nachgewiesen wurden hier aber einige Arten des Anhang I EU-VSchRL wie Schwarzstorch, Kornweihe, Wiesenweihe, Merlin und Sumpfohreule. In Tab. 38 sind die Rastbestände nach WEBER et al. (2003) im Vergleich zu den Daten im Standarddatenbogen aufgeführt. In Tab. 39 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide zusammengefasst. Hier wird noch einmal die große Bedeutung des Gebietes für typische heidebewohnende Brutvogelarten deutlich. EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide Verteilung der Brutvorkommen von Ziegenmelker und Sperbergrasmücke im EU SPA (Erfassungjahr 2004/05). 117

120 EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide Tab. 38: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach WEBER et al. (2003) und den Daten im Standarddatenbogen. Art Rastbestand nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel Schwarzstorch Kornweihe Wiesenweihe 1 - Merlin Sumpfohreule Im EU SPA Colbitz-Letzlinger Heide lebt eine bemerkenswert große Population des Raubwürgers (Foto: F. Robiller). Tab. 39: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Colbitz-Letzlinger Heide. Art Birkhuhn Ziegenmelker Mittelspecht Heidelerche Sperbergrasmücke Brachpieper Raubwürger Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien (C6) B2, C6 B3, C6 B2, C6 C6 C6 B2 C7 Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Der zu erarbeitende Managementplan wird auch Schutz- und Entwicklungsziele enthalten. Für das Gebiet wurden bereits vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 09/2006): Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der offenen Heidelandschaft, insbesondere der Arten nach Anhang I Ziegenmelker, Brachpieper und Heidelerche. Erhaltung und Wiederherstellung der trockenen Offenlandflächen mit lichter, niedriger Vegetation und stellenweise vegetationslosen Bereichen in Randbereichen zu aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Heidelandschaft, insbesondere der Bestände von Birkhuhn, Sperbergrasmücke, Neuntöter und Ortolan (Anhang I) sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Wiedehopf, Wendehals, Raubwürger, Schwarzkehlchen und Steinschmätzer. Erhaltung von offenen Gebieten mit Büschen und Kleingehölzen sowie stellenweise vegetationsarmen Bereichen im Komplex mit aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Anlage von Steinhaufen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht, Kranich, Schwarzspecht, Grauspecht, Raufußkauz und Schwarzstorch (Anhang I) sowie der Hohltaube (Art. 4.2). Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer, teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzter oder zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltender Wälder. Erhaltung von angrenzenden störungsarmen Feuchtwiesen, Nassbrachen und Gewässern als geeignetes Nahrungshabitat für Schwarzstorch und Kranich. Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere von Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan (Anhang I) sowie Baumfalke (Art. 4.2) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Heideflächen, im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, sowie Einzelbaumgruppen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände von naturnahen Kleingewässern und Röhrichtbeständen, insbesondere des Rohrweihenbestandes (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt der großflächigen Heidegebiete auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Erhaltung sowohl der Waldanteile als auch der mit Heide bewachsenen bzw. vegetationsarmen Offenlandbereiche wesentlich. 118

121 Auch der Wiedehopf brütet mit mindestens 30 Paaren im EU SPA. Im Bild ein gerade flügger Jungvogel (Foto: B. Schäfer). EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide Von Fahrwegen durchzogene offene Grasfluren mit Einzelgehölzen und Ginsterbeständen bieten Lebensraum für Neuntöter und Sperbergrasmücke (Foto: B. Schäfer). 119

122 Auch zukünftig wird die entsprechende Pflege überwiegend im Rahmen der militärischen Nutzung des Gebietes erfolgen. Gezieltes Einbringen von speziellen Schutzerfordernissen in die Managementmaßnahmen ist hier als Schwerpunktaufgabe anzusehen. Prinzipiell ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit dem Ziel einer Entwicklung naturnaher und standortangepasster Waldgesellschaften und ausreichend großen Altholzblöcken anzustreben. Für Spechtpopulationen, insbesondere des Mittelspechts, ist ein hoher Anteil von Alteichen- und Eichenmischbeständen notwendig. Dabei kommt der Erhaltung eines hohen Totholzanteils sowie den Umtriebszeiten zur Erhaltung und Entwicklung eines ausreichenden Altholzbestandes ebenso wie der Erhaltung von Höhlenbäumen eine besondere Bedeutung zu. Bestimmungen zum Schutz von Horstbäumen unterliegen dem 28 des Naturschutzgesetzes von Sachsen-Anhalt. Langfristig sollte der Eichenanteil durch Umbau von Kiefernforsten in standorttypische Wälder, mindestens in Teilbereichen, erhöht werden. Weiterhin sind für die charakteristischen und in hohen Anzahlen vorkommenden Halboffenlandarten (Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke, Ortolan) bedeutende Strukturelemente zu erhalten und aufzuwerten. Für diese Arten sind, ebenso wie für den Brachpieper und den Ziegenmelker, auch benachbarte vegetationsarme Bereiche wichtig. Das gegen den ständigen Sukzessionsdruck mit aufkommenden Gehölzen angestrebte Offenhalten großer Flächen ist für die Erhaltung der bedeutenden Populationen der Offen- und Halboffenlandarten in den Heidegebieten unabdingbar. Um den guten Erhaltungszustand des Ziegenmelkers zu sichern, ist der weitgehende Verzicht des Einsatzes von Pestiziden und Dünger auch weiterhin beizubehalten. Bisher hat sich diese Maßnahme positiv auf die Bestandsentwicklung nicht nur dieser Art ausgewirkt. Für die Erhaltung des Birkhuhns bzw. eine mögliche Wiederbesiedlung als Brutvogel ist die Pflege eines vielfältigen Habitatmosaiks von besonderer Bedeutung. Im Rahmen eines zukünftigen Managements sollte im Schutzgebiet die Vermeidung von Störungen der störungsempfindlichen Arten besondere Beachtung finden. Auf die Jagd auf Vögel sollte daher im Vogelschutzgebiet verzichtet werden. EU SPA Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide Inselartige Eichenalthölzer finden sich u. a. im Norden des EU SPA (Foto: B. Schäfer). 120

123 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0013LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0169 Fiener Bruch (+) b) nach internationalem Recht FFH0158LSA Fiener Bruch (+) + liegt innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch ist im Landkreis Jerichower Land gelegen und hat eine Fläche von ha. Es befindet sich im Osten des Landes Sachsen-Anhalts, die östliche Grenze entspricht der Landesgrenze zu Brandenburg. Im Land Brandenburg setzt sich der Naturraum des Niedermoores fort und ist hier ebenfalls als EU SPA ausgewiesen. Die Ortschaften Karow, Paplitz, Tucheim und Fienerode umrahmen das EU SPA. Die Gebietsgrenzen folgen von der Landesgrenze aus überwiegend dem Verlauf von Gräben oder Wegen. Den Status als Vogelschutzgebiet in Sachsen-Anhalt erhielt das Fiener Bruch im Jahr Mit ha wurde das Gebiet 2000/2002 außerdem zu einem länderübergreifenden Important Bird Area (IBA) erklärt (BICH & SCHMIDT 2005). Innerhalb des EU SPA befindet sich das NSG Fiener Bruch, das 1997 zum Schutz der Großtrappe ausgewiesen wurde. Die meisten Gräben innerhalb des EU SPA sind Bestandteil des FFH-Gebietes Fiener Bruch. Das Fiener Bruch befindet sich nördlich des Flämings und südlich der Karower Platte. Es gehört zur Landschaftseinheit und zum gleichnamigen Naturraum Baruther Urstromtal/Fiener Bruch. Kleine Flächenanteile entfallen auf die Einheiten Ländchen im Elbe-Havel-Winkel und Burger Vorfläming. Das Niederungsgebiet wird überwiegend von Niedermooren geprägt, nur sehr kleinräumig sind Flugsand- bzw. Talsandinseln eingebettet. Im östlichen Teil sind quartäre Sande und Kiese der Flussauen und Niederungen mit oberflächennahen Torfen und anmoorigen Bindungen zu finden. Im Westen des Gebietes liegen quartäre Sande und Kiese unter Geschiebemergel, lokal mit Decksanden, über tertiären Schichten (LPR 2011). Die nahezu ebene Niederung liegt sehr flach auf nur m über NN. Das natürlich sumpfige Gebiet war bis in das 17. Jahrhundert mit Sumpfwäldern bestockt, die später durch Entwässerung und großflächige Rodungen in Wiesen umgewandelt wurden. Umfangreiche Meliorationsmaßnahmen im 18. Jahrhundert ermög- lichten eine zunehmende Grünlandnutzung auf den Niedermoorstandorten, auch wurde stellenweise Torfabbau betrieben. Weitere Meliorationen fanden in den 1920er und 1960er Jahren statt (HELLWIG 2005b). Es entstanden große Weideflächen, auf denen Einzelbäume, Baum- und Gebüschgruppen weitestgehend verloren gingen. Nach den meliorativen Maßnahmen der 1960er Jahre war die Grünlandbewirtschaftung vorwiegend durch mehrmaligen Vollumbruch in Verbindung mit Neuansaat, intensive mineralische Düngung und ganzjährige Gülleausbringung, frühen Weideauftrieb bzw. vollmechanisierte und frühe Mahd charakterisiert. Die bis dahin häufig vertretenen, extensiv als Streuwiesen genutzten Pfeifengraswiesen wurden großflächig durch artenärmere Pflanzengesellschaften des Wirtschaftsgrünlandes ersetzt (RYSLAVY & BICH 1999, 2005) oder in Ackerflächen umgewandelt. Auch heute dominieren weitläufige Grünland- und Feuchtgrünlandkomplexe, die ca. 90 % der Fläche des EU SPA einnehmen und zumeist sehr intensiv bewirtschaftet werden. Ein weitverzweigtes Grabensystem ist charakteristisch für das Landschaftsbild und wird zur Regelung des Wasserstandes der Feuchtwiesen genutzt. Im Norden und Süden des Vogelschutzgebietes finden sich einzelne Ackerflächen. Nur in wenigen Bereichen gibt es noch Niedermoorkomplexe. Die Niederung ist somit fast ausschließlich von Offenlandbiotopen geprägt, der Waldanteil liegt unter 1 %. Gehölze finden sich überwiegend als Baumreihen (Pappeln, Erlen, Weiden) entlang von Gräben oder Wegen. Auch die sich in Ost-West-Richtung erstreckenden Dünenzüge sind mit Baumgruppen, Feldgehölzen oder Wald (vor allem Kiefer) bestanden. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die besondere Bedeutung des EU SPA Fiener Bruch liegt im Vorkommen der Großtrappe, die hier eines ihrer letzten Rückzugsgebiete in Deutschland hat. Jedoch brüten auf den großräumigen Wiesen- und Ackerflächen auch weitere gefährdete Offenland- und Halboffenlandarten EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch 121

124 EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Gebüsch/Vorwald EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch Lage und Lebensraumausstattung. Die grünlandreiche Niederung des Fiener Bruches ist eines der landesweit bedeutendsten Brutgebiete des Großen Brachvogels (Foto: N. Wuttke). 122

125 und auf dem Durchzug finden sich größere Rastbestände verschiedener Arten ein. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassungen erfolgte 2004 eine flächendeckende Revierkartierung der wertgebenden Vogelarten (HELLWIG 2005b). Die Ergebnisse wurden um aktuelle Daten zu Großtrappe und Großem Brachvogel (FISCHER & DORNBUSCH 2008, 2010b) sowie zum Wachtelkönig (SCHULZE 2010a) ergänzt und sind in Tab. 40 zusammengestellt. Der Hauptgrund für die Ausweisung des Fiener Bruchs als EU SPA ist das Vorkommen der Großtrappe. Zwischen dem 18. Jahrhundert und 1960 war die Großtrappe im Gebiet relativ häufig. Zeitweise wurden bis zu 50 Individuen gesichtet (BORGGREVE 1869, FREIDANK & DRÖSSLER 1983). Seitdem unterliegen die Bestände dieser vom Aussterben bedrohten und inzwischen extrem seltenen Art jedoch starken Schwankungen. Nach starken Bestandsverlusten konnte ein EU-LIFE-Projekt in den Jahren 1994 bis 1996 zu einer kurzzeitigen Bestandserhöhung auf 8 bis 10 Vögel verhelfen. Anschließend sanken die Bestände jedoch wieder ab (BICH 2003). Daher wurden auch im EU SPA in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2006 und 2010 insgesamt 21 flügge Jungtrappen aus dem Aufzuchtprogramm ausgewildert (FISCHER & DORNBUSCH 2007, 2011). Im Ergebnis stieg der Bestand deutlich an. Seit 2006 hat sich der Großtrappenbestand trotz einiger Verluste durch Winterfluchten und hohe Prädation bei einem Tab. 40: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus HELLWIG (2005b) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Brutzeitbestand von Vögeln stabilisiert (LITZBARSKI et al. 2011). Das Gebiet ist derzeit das einzige EU SPA Sachsen-Anhalts mit sicheren Brutnachweisen der Art (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Der Förderverein Groß- Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach HELLWIG 2005b Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Weißstorch 1 0,2 1 - Wiesenweihe 1 1, Rohrweihe 2 0, Rotmilan 2 0, Schwarzmilan 2 0,1 2 - Kranich 2 0, Großtrappe (Vögel) Wachtelkönig 2 0, Sumpfohreule Eisvogel Schwarzspecht 1 0, Neuntöter 72 0, Sperbergrasmücke 6 0,3 6 - Blaukehlchen 1 0,4 - - Ortolan 6 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Rebhuhn 2 0, Kiebitz 7 0, Großer Brachvogel 13 18, Wiedehopf Weitere bemerkenswerte Arten Raubwürger EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch Die Großtrappe ist ein typischer Steppenvogel und braucht weite offene Landschaften als Lebensraum (Foto: D. März). 123

126 EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch trappenschutz e.v. und der Landkreis Jerichower Land unterhalten in der Paplitzer Flur eine raubwildsichere Umzäunung (Trappenschutzzaun, ca. 18 ha), die neben der Auswilderung von Jungtrappen auch dem Schutz brütender Trappenhennen vor Prädatoren dient. Bevorzugte Brutareale im EU SPA sind zum einen die zentrale Niederung des Fiener Bruchs rund um das Hauptbalzgebiet zwischen Karow und der bewaldeten Geländekante bei Paplitz sowie das Grünland in der Niederung nördlich von Tucheim. Das Einstandsgebiet der Großtrappen reicht jedoch deutlich über die Grenzen des EU SPA hinaus. Ein Individuenaustausch von Vögeln aus dem Fiener Bruch mit Vögeln aus den beiden anderen Einstandsgebieten Havelländisches Luch und Belziger Landschaftswiesen im Land Brandenburg findet regelmäßig statt (LITZBARSKI et al. 2011). Vom Weißstorch brütete 2004 ein BP im Kerngebiet des EU SPA (HELLWIG 2005b). Zwischenzeitlich war dieser Brutplatz nicht mehr besetzt bzw. vorhanden. Im Jahr 2010 besetzte erstmals wieder ein Weißstorchpaar einen Horst innerhalb des EU SPA (M. Firla, pers. Mitt., in LPR 2011). Weitere Paare brüten in den an das Gebiet grenzenden bzw. umliegenden Orten. Die Altvögel der nächstgelegenen Brutplätze suchen das Gebiet regelmäßig zur Nahrungssuche auf. Die Wiesenweihe war mit 0-1 BP (im Zeitraum 1990 bis 2000) unregelmäßiger Brutvogel des Gebietes (WEBER et al. 2003). Die letzten Brutnachweise für das EU SPA stammen aus den Jahren 1996 und 1997 (RYS- LAVY & BICH 1999). Auch während der Ersterfassung 2004 gelang im EU SPA kein Brutnachweis (HELLWIG 2005b). Jedoch wurde 2009 ein Nistmaterial tragender Altvogel beobachtet (S. Königsmark, pers. Mitt., in LPR 2011), was auf ein Brüten innerhalb des Vogelschutzgebietes hindeutet. Die Rohrweihe brütet im EU SPA mit 2-3 BP (WEBER et al. 2003, HELLWIG 2005b). Pappelreihen entlang von Gräben sowie am Rande der Felder sind Horststandorte von Rot- und Schwarzmilan (HELLWIG 2005b). Der Schwarzspechtbestand des Gebietes wird durch die sehr geringe Wald- und Gehölzfläche begrenzt. Der Kranich brütet in mit Röhricht bewachsenen Gewässern, während das angrenzende Grünland als Nahrungshabitat dient wurden im EU SPA 2 Brutvorkommen des Kranichs erfasst (HELLWIG 2005b). Im Gebiet vertretene Wiesenbrüter sind Wachtelkönig und Großer Brachvogel. WEBER et al. (2003) geben für den Wachtelkönig im EU SPA für den Zeitraum rufende Männchen an. Insgesamt ist die Art als unregelmäßiger Brutvogel des Gebietes einzustufen, der vor allem in nassen Frühjahren auftritt. Bei der Ersterfassung im Jahr 2004 gelangen keine Nachweise (HELLWIG 2005b). Die Wachtelkönig-Landeserfassung ergab jedoch wieder 1 Revier (SCHULZE 2010a) wurden zwei rufende Das EU SPA ist Brutgebiet von Wiesenbrütern wie Großer Brachvogel und Kiebitz. Entlang von Gehölz bestandenen Gräben und Wegen sind mit Neuntöter, Ortolan und Sperbergrasmücke jedoch auch typische Arten des Halboffenlandes zu finden (Erfassungsjahr 2004). 124

127 Männchen im Nordwestteil des EU SPA auf Grünland verhört (LPR 2011). Vom Großen Brachvogel brüteten in den 1960er Jahren jährlich noch ca. 35 BP im Fiener Bruch (FREIDANK & DRÖSSLER 1983). Bis Mitte der 1990er Jahre schwankte der Bestand innerhalb des EU SPA zwischen 17 und 23 BP. Danach setzte ein erneuter Bestandsrückgang ein, so dass zwischen 2004 und 2008 im EU SPA nur noch RP ermittelt werden konnten, die zudem einen geringen Bruterfolg hatten (HELLWIG 2005b, FISCHER & DORNBUSCH 2008). Seit 2009 ging der Bestand nochmals stark zurück (LPR 2011). Auf Ackerflächen brüten Kiebitz und Rebhuhn. Bei der Ersterfassung wurden 2004 noch 7 Kiebitzpaare im Vogelschutzgebiet nachgewiesen (HELLWIG 2005b), alle auf Ackerflächen gelangen aktuelle Brutnachweise auf verschiedenen Grünlandflächen im Ostteil des EU SPA, während zugleich die Ackerbrutplätze verwaist waren (LPR 2011). Ehemalige Brutvorkommen des Wiedehopfes lagen bei Paplitz, Fienerode und Königsrode (FREIDANK & DRÖSSLER 1983). Noch für die Jahre 1994 bis 1998 wird der Brutbestand des Wiedehopfs im Fiener Bruch mit 2 bis 4 BP angegeben (RYSLAVY & BICH 1999). Aktuelle Angaben zu Brutvorkommen im Gebiet (ab 2003) liegen nicht vor (LPR 2011). Auch bei der Ersterfassung im Jahr 2004 wurde die Art nicht als Brutvogel im Gebiet nachgewiesen (HELLWIG 2005b). Häufigere Offenlandarten des Anhang I sind im Fiener Bruch Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan (HELLWIG 2005b). Wichtige Bruthabitate des Neuntöters sind vor allem die Moordammkulturen in der westlichen Hälfte des EU SPA sowie die sonstigen durch Hecken und Baumreihen reich strukturierten offenen und halboffenen Bereiche. Deutlich dünner besiedelt ist dagegen die weitere Umgebung des Paplitzer Hauptgrabens südwestlich von Karow. Die zur Ersterfassung 2004 ermittelten 6 Reviere der Sperbergrasmücke beschränken sich auf das Kerngebiet sowie den Nordteil des EU SPA, während sich die Reviere des Ortolans am Südrand des Schutzgebietes befanden (HELLWIG 2005b). RYSLAVY & BICH (1999) führen das Blaukehlchen als Brutvogel des benachbarten brandenburgischen EU SPA Fiener Bruch auf. Im Standarddatenbogen des EU SPA in Sachsen-Anhalt ist das Blaukehlchen weder als Brutvogel noch als Durchzügler aufgeführt. Ein neuerer Nachweis der Vogelart wurde durch T. Hellwig südlich Königsrode für das Jahr 2009 erbracht und erstmals für das sachsen-anhaltische EU SPA als Revier gewertet (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Die letzten im Fiener Bruch festgestellten Bruten der Sumpfohreule erfolgten in den feldmausreichen Jahren 1998 (RYSLAVY & BICH 1999) und 2005 (FISCHER & DORN- BUSCH 2006). Die erfolgreiche Brut im Jahre 2005 befand sich im EU SPA. Das Birkhuhn ist in Sachsen-Anhalt fast oder ganz ausgestorben. DORNBUSCH et al. (2007) geben noch einen Gesamtbestand von 0 bis 5 Paaren an. Die Art ist ein ehemaliger Brutvogel des Fiener Bruchs. Nach Angaben von HEFT (1963) gab es hier Vorkommen bis Aus dem EU SPA liegen aus den 1990er Jahren noch einige wenige Beobachtungen vor (RYSLAVY 1997, RYSLAVY & BICH 1999, ABBO 2001). Rastvögel: Daten zu Zug- und Rastvögeln wurden aus gezielten Kartierungen im Rahmen der Erarbeitung des Managementplanes in den Jahren 2010 und 2011 (LPR 2011) der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b) und des Kranichs (PSCHORN & SCHEIL 2011), der Großtrappenzählung des Fördervereins Großtrappenschutz e. V. sowie weiterer Rastvogelerfassungen EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch Neben vielen anderen Wasservogelarten nutzen auch Krickenten das EU SPA als Rastgebiet (Foto: E. Greiner). 125

128 EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch Tab. 41: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Silberreiher Schwarzstorch Weißstorch Kornweihe Wiesenweihe Rohrweihe Rotmilan mind Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich > Großtrappe Goldregenpfeifer > Bruchwasserläufer Kampfläufer Sumpfohreule Eisvogel Blaukehlchen Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Blässgans Graugans Stockente Schnatterente Krickente Gänsesäger Raufußbussard Mäusebussard Kiebitzregenpfeifer Kiebitz Großer Brachvogel Bekassine Lachmöwe Hohltaube Ringeltaube Star Wacholderdrossel Braunkehlchen (S. Jansen, pers. Mitt.) zusammengetragen. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 41 dargestellt. Die weiträumigen Grünlandflächen inmitten des Grabensystems haben eine überregionale Bedeutung als Rastplatz und Nahrungshabitat zahlreicher Zug- und Rastvögel, vor allem für Arten der Feucht- und Nasshabitate. Regelmäßig rasten hier über Kraniche und Kiebitze. Auch Saat- und Blässgans treten in relativ hohen Rastbeständen auf (LPR 2011). Auch die im Gebiet anwesenden Großtrappen überwintern zum großen Teil im EU SPA, suchen aber auch umliegende Nahrungsflächen auf (LITZBARSKI et al. 2011). Tab. 42: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch. Art Großtrappe Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C7 In Tab. 42 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch dargestellt, die sich insbesondere in der herausragenden Bedeutung für den Bestand der Großtrappe zeigt. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Im Managementplan (LPR 2011) wurden endgültige Schutz- und Erhaltungsziele definiert: Im Vogelschutzgebiet Fiener Bruch kommen folgende Brutvogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie sowie der Kategorien 1 und 2 der Roten Liste der Vögel des Landes Sachsen-Anhalt (Stand 2004) vor: Blaukehlchen (Luscinia svecica), Großer Brachvogel (Numenius arquata), Großtrappe (Otis tarda), Kiebitz (Vanellus vanellus), Kranich (Grus grus), Neuntöter (Lanius collurio), Ortolan (Emberiza hortulana), Rebhuhn (Perdix perdix), Rotmilan (Milvus milvus), Rohrweihe (Circus aeruginosus), Schwarzmilan (Milvus migrans), Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria), Schwarzspecht (Dryocopus martius) und Wachtelkönig (Crex crex). Vorrangig zu beachten ist die Großtrappe ( Otis tarda), für die das Vogelschutzgebiet der einzige regelmäßige und somit bedeutendste Jahreslebensraum in Sachsen- Anhalt ist. Zu diesem gehören neben Balzarealen wichtige Brutflächen und Wintereinstände der Großtrappe. Daneben sichert das Gebiet für charakteristische Brutvogelarten des Grünlandes einen repräsentativen Mindestbestand in Sachsen-Anhalt, insbesondere für folgende Arten: Großer Brachvogel (Numenius arquata) und Kiebitz (Vanellus vanellus). Dabei besitzen vor allem die extensiv genutzten Wiesen des Gebietes eine herausragende Bedeutung für diese Arten. Außerdem stellt das SPA ein bedeutendes Rast- und Nahrungsgebiet für Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria), Kiebitz (Vanellus vanellus), Kornweihe (Circus cyaneus), Raufußbussard (Buteo lagopus) und Weißstorch (Ciconia ciconia) dar. Ziel in der durch Offenland geprägten gehölzarmen Bruchlandschaft ist die Bewahrung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes aller vorstehend aufgeführten Vogelarten. Dafür ist eine ausreichende Vielfalt, Ausstattung und Flächengröße ihrer Lebensräume und Lebensstätten innerhalb des Gebietes zu erhalten oder wieder herzustellen, wobei bestehende funktionale Zusammenhänge zu berücksichtigen sind. Lebensräume und Lebensstätten der genannten Vogelarten sind die ausgedehnten Grünlandflächen, insbesondere die extensiv genutzten Grünländer feuchter bis trockener Standorte sowie Vernässungsflächen. Bedeutend sind zudem brache- 126

129 reiche Ackerflächen, vorhandene Heckenstrukturen in den Randlagen des Gebietes und die vorhandenen Standgewässer sowie Röhrichte. Gestaffelte Termine bei der Grünlandmahd sind sowohl für die Brutvogelarten des Gebietes als auch für Nahrungsgäste, die im Umfeld des EU SPA brüten, von hoher Bedeutung (z. B. Großtrappe, Weißstorch, Rot- und Schwarzmilan). Darüber hinaus ist zur Sicherung der Kohärenz die Unzerschnittenheit der wichtigsten Flugkorridore der Großtrappe zu den Einstandsgebieten Havelländisches Luch, Belziger Landschaftswiesen und Zerbster Ackerland zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Übergeordnetes Ziel für das Fiener Bruch ist die Entwicklung einer artenreichen Kulturlandschaft. Das beinhaltet insbesondere den Großtrappen- und Feuchtwiesenschutz, wobei die unterschiedlichen Lebensraumansprüche der Leitarten eine räumliche Differenzierung erfordern. Vorrangig ist im EU SPA der Schutz der Großtrappe, der auch im Managementplan für das EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch (LPR 2011) starke Berücksichtigung findet. Zur Verbesserung der Nahrungssituation, insbesondere der Jungvögel von Großtrappe, Rebhuhn, Kiebitz und Großem Brachvogel, sind ein an Insektennahrung reiches, extensiv genutztes Grünland, das Anlegen von Trappenbrachen bzw. 50 m breiten Trappenstreifen (Mahd bzw. Beweidung erst ab September, von März bis August keine Bewirtschaftung) sowie allgemein das Belassen von 10 % der Fläche entweder als ungemähte Streifen (10 m breit) oder flächig um bekannte Brutplätze anzustreben. Ziel ist es, auf diese Weise direkt an den gemähten Flächen Bereiche als Rückzugsort für die Küken und als Quelle für eine Wiederbesiedlung der Gesamtfläche mit Arthropoden zu sichern. Günstig wird auch die Kombination von Trappenstreifen mit Rotationsbrache-Streifen (20-30 m breit, für 5 Jahre) sowie eine möglichst vielfältige Fruchtfolge mit Erhaltung des derzeitigen Anteils von Winterrapsanbau auf den Agrarflächen des EU SPA sowie der Umgebung als Winteräsung der Großtrappen eingeschätzt. Arbeiten (einschließlich Mäharbeiten) zur Nachtzeit beinhalten ein sehr hohes Störpotenzial und sind daher zu vermeiden. Insgesamt wird im EU SPA ein Mosaik mit unterschiedlichen Mahdterminen angestrebt, so dass in besonders sensiblen Bereichen mit Brutkonzentrationen von Bodenbrütern die Mahd möglichst spät erfolgt, während in den von relevanten Wiesenbrütern unbesiedelten Bereichen auch frühe Mahdtermine möglich sind. Aus Sicht des Großtrappenschutzes ist auch ein Flächenanteil mit einer frühen ersten Mahd in Verbindung mit nachfolgender langer Ruhezeit günstig, da den Trappen dann auch Flächen für einen ungestörten zweiten Brutversuch zur Verfügung stehen (FÖRDERVEREIN GROSSTRAPPENSCHUTZ e. V. 2011). Die im Jahr 2004 eingeleiteten Bestandsstützungsmaßnahmen der Großtrappe im Fiener Bruch (Errichtung raubwildsicherer Schutzzäune, Auswilderung von Jungtrappen) sind vorerst fortzuführen. Parallel dazu ist eine verstärkte und nachhaltige Reduzierung der Prädatorenbestände, insbesondere von Fuchs, Waschbär und Marderhund, erforderlich. Zur Minimierung von Störungen sind Nutzungseinschränkungen von Wirtschaftswegen vor allem im Bereich des Trappenschutzzaunes sowie saisonal im Bereich der Wintereinstände anzustreben. Da das temporär genutzte Einstandsgebiet der Großtrappen teils deutlich über die Grenzen des EU SPA hinausreicht (LITZBARSKI et al. 2011), sollten die außerhalb des Vogelschutzgebietes gelegenen Ackerflächen auf der Hochfläche östlich Karow, in der Niederung nördlich Tucheim und auf der Hochfläche zwischen Tucheim und Paplitz (nördlich der B 107) mit geeigneten Behandlungsgrundsätzen unterlegt werden. Allgemeine Maßnahmen zum Schutz von Rebhuhn, Wiesenweihe, Weißstorch, Kiebitz, Großem Brachvogel und Sumpfohreule stellen die Erhaltung des vorhandenen Extensivgrünlandes sowie die mosaikartige Staffelung der Mahdtermine dar. Zum Schutz der Bruten hat eine Grünlandmahd grundsätzlich von innen nach außen zu erfolgen, wobei das Belassen ungemähter Reststreifen (1 3 Streifen je Schlag, mind. 5 m breit) anzustreben ist. Eine Mahdgeschwindigkeit von max. 5 km/h mit einem Mähwerk bis 3 m Breite und einer Schnitthöhe von mindestens 10 cm werden für den Gelegeschutz als zweckmäßig erachtet. Pflegearbeiten wie Schleppen oder Walzen sollen vor der Brutzeit (bis des Jahres) abgeschlossen sein. An festgestellten Brutplätzen sind Nestschutzmaßnahmen zu ergreifen, d. h. die Brutplätze sind bei der landwirtschaftlichen Bearbeitung entsprechend auszusparen. Die Verdichtung und der hohe Wuchs vorhandener Gehölze durch fortschreitende Sukzession, aber auch durch Pflanzungen schränken die Übersichtlichkeit des Geländes entgegen dem Sicherheitsbedürfnis bodenbrütender Vogelarten wie Großtrappe, Kiebitz oder Großem Brachvogel ein und verbessern die Bedingungen für Prädatoren. Daher ist zur Erhaltung der weitläufigen Grünlandbereiche auch der Einschlag von Altpappeln als Maßnahme sinnvoll, ohne jedoch eine bedeutende Beeinträchtigung der Horstgehölze von Rot- und Schwarzmilan zu verursachen. Der Wachtelkönig benötigt hochgrasige, wechselfeuchte und extensiv genutzte Grünlandflächen. Zu seinem effektiven Schutz ist es entscheidend, die von ihm besiedelten Flächen von Mitte Mai bis Mitte August von der Mahd auszunehmen. Begünstigend für Kiebitz und Großen Brachvogel ist eine anhaltend hohe Wasserhaltung mit Blänkenbildung. Extensiv genutztes Grünland mit ganzjährig hohen Grundwasserständen kommt als Nahrungshabitat auch dem Weißstorch zugute. Eine intensive Gebietsbetreuung ist für die Umsetzung der Vogelschutzziele, insbesondere des aufwendigen Großtrappenschutzes, notwendig und sollte neben dem Monitoring der Brutplätze von Großtrappe, Kiebitz, Großem Brachvogel, Wiesenweihe und Wachtelkönig auch die Nestschutzmaßnahmen, das Freiräumen geeigneter Trappen-Äsungsflächen auf Raps bei hohen Schneelagen sowie eine angepasste Besucherlenkung realisieren. Für Rotmilan, Schwarzmilan und Schwarzspecht sind ausreichend Altholzbestände sowie als Nistplatz genutzte Baumreihen in den mit dem Großtrappenschutz abgestimmten Bereichen zu erhalten. Horstund Höhlenbäume dürfen nicht gefällt werden. Für den EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch 127

130 EU SPA Vogelschutzgebiet Fiener Bruch Rotmilan gilt die Horstschutzzone gemäß 28 NatSchG LSA. In den Habitaten des Schwarzspechtes ist ausreichend Totholz zu belassen. Die Erhaltung der Schilfröhrichte und die Vermeidung von Störungen an den Brutgewässern sind wichtige Voraussetzungen zum Schutz von Rohrweihe und Kranich. Für den Kranich gilt eine Horstschutzzone entsprechend 28 NatSchG LSA. In Habitaten des Kranichs wären das Anlegen von Kleingewässern mit flach auslaufenden Ufern und das Verschließen entwässernder Gräben dem Schutzziel dienende Maßnahmen, da Bruten in den Bereichen mit ständiger Wasserführung für Prädatoren schwerer erreichbar sind. Die Offenlandarten Neuntöter und Sperbergrasmücke benötigen Gebüsche, Hecken und Waldsäume. Sofern es mit dem Großtrappenschutz vereinbar ist, sind diese zu erhalten und sollten gepflegt sowie durch geeignete Sukzessionsstadien mit Hilfe von Beweidung oder Mahd, insbesondere im Bereich der Moordammkulturen ergänzt werden. Für den Ortolan sind Erd- und Sandwege sowie Saumstrukturen und Gehölze, vor allem entlang der südlichen und nördlichen Außengrenzen, unerlässliche Strukturelemente, die es zu erhalten gilt. Im gesamten EU SPA sind Störungen zu minimieren. Dem kann unter anderem durch einen Leinenzwang für Hunde während der Brutzeit und den Verzicht auf Erweiterungen des vorhandenen Wegesystems entsprochen werden. Die Jagdausübung stellt grundsätzlich eine Störungen für die sensibel reagierende Großtrappe dar. Sie sollte sich im Gebiet daher auf Schalenwild und eine effektive Prädatorenbekämpfung einschließlich der Neozoen konzentrieren. Auf andere Jagdausübungen, insbesondere auf Jagd auf Vögel, sollte im Vogelschutzgebiet verzichtet werden. Im EU SPA, dessen Umgebung sowie in den Flugkorridoren zwischen den verschiedenen Einstandsgebieten der Großtrappe in Sachsen-Anhalt und Brandenburg stellen Energiefreileitungen und Windkraftanlagen ein erhöhtes Unfallpotenzial dar. Insbesondere ist daher zu prüfen, ob eine Möglichkeit des Rückbaus bzw. einer Erdverkabelung der Mittelspannungsleitung von Königsrode nach Karow besteht. Großtrappen haben eine sehr traditionelle Raumnutzung und sind daher kaum in der Lage, auf schnell erfolgende Veränderungen in ihrem Lebensraum flexibel zu reagieren (FÖRDERVEREIN GROSSTRAPPENSCHUTZ e.v. 2010, 2011). Deshalb sind grundsätzlich auch im Umfeld des Gebietes, insbesondere in der gesamten Niederung mit den angrenzenden Hochflächen im Norden und im Süden die Belange des Vogelschutzes bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Nur so können wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt bleiben. Ein verzweigtes Grabennetz durchzieht das EU SPA (Foto: N. Wuttke). 128

131 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet Altengrabower Heide Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0014LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht b) nach internationalem Recht FFH0055LSA Ringelsdorfer-, Gloine- und Dreibachsystem im Vorfläming (*) FFH0274LSA Altengrabower Heide (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Die Altengrabower Heide befindet sich 30 km östlich der Landeshauptstadt Magdeburg im Landkreis Jerichower Land. Das EU SPA umfasst den zentralen Teil eines auch heute noch militärisch genutzten länderübergreifenden Truppenübungsplatzes, der sich überwiegend in Sachsen-Anhalt befindet und nach Brandenburg fortsetzt. In beiden Bundesländern sind die jeweiligen Anteile der Altengrabower Heide als EU SPA ausgewiesen. Der Truppenübungsplatz wurde bereits 1885 in Betrieb genommen und nachfolgend fast ununterbrochen als Übungsplatz und Truppenlager, zeitweise auch als Lager für Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter genutzt wurde das Lager Altengrabow zur sowjetischen Garnison von Artillerie, Infanterie und Flugabwehr. Nach dem Abzug der russischen Streitkräfte wurde der Platz 1994/95 von der Bundeswehr übernommen und entsprechend den aktuellen Anforderungen umgebaut. Die Beräumung von Altlasten und Munitionsresten ging unter anderem mit einem Abtrag des Bodens und Befahren mit schweren Maschinen einher. Aktuell wird der Truppenübungsplatz hauptsächlich als Schießbahn genutzt ( - Datenblatt TrÜbPl Altengrabow - Stand: 12/11). Der Ort Altengrabow und die ehemalig sowie aktuell genutzten militärischen Gebäude begrenzen das EU SPA im Nordwesten und Norden. Die Ostgrenze entspricht der Landesgrenze zu Brandenburg. Im Süden verläuft die Gebietsgrenze nördlich der Ortschaft Schweinitzer Hütten. Hier grenzen überwiegend kieferngeprägte Waldbereiche an, die nicht Bestandteil des SPA sind. Im Südwesten ist die Grenze des SPA mit der des TÜP identisch. Im westlichen Teil des Gebietes finden sich halboffene und offene Bereiche, bei denen es sich überwiegend um Schießbahnen handelt (KATTHÖVER 2005a). Lübars, der in westliche Richtung nächstgelegene Ort, befindet sich ca. 3 km entfernt. Das EU SPA Altengrabower Heide wurde im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet ausgewiesen und 2003 flächenmäßig vergrößert. Es umfasst das FFH Gebiet Alten- grabower Heide, das ca. drei Viertel der Fläche des EU SPA einnimmt. Im Vorfläming gelegen, sind die Böden der Altengrabower Heide hauptsächlich glazial und periglazial geprägt. Teilweise finden sich in Bachtälern und Stauungsgebieten grundwasserbeeinflusste sowie anmoorige Böden. Das EU SPA ist gekennzeichnet durch einen Wechsel von Offenland, Zwergstrauchheiden und naturnahen Laubwäldern, teilweise durchsetzt mit kleinen Bachtälern. Im Südwesten befindet sich ein kurzrasig gehaltener Feldflugplatz. Der Süden wird von forstlich genutzten Flächen geprägt. In das SPA ist die sich östlich anschließende, von kurzgemulchten Sandheiden geprägte Schießbahn 6 (Infanterieschießbahn) einbezogen. An den Rändern finden sich Kiefern-Ersatzgesellschaften sowie Kiefern- und Birken-Sukzessionsbestände. Die östlich angrenzenden Waldflächen bestehen auf etwa 140 ha Fläche aus Jahre alten Eichen. Nördlich davon schließt sich ein Kiefern-Birken-Wald an, der von den militärisch genutzten Offenlandbereichen durch Zwergstrauchheiden abgegrenzt wird. Die angrenzenden Freiflächen wurden 2002 auf ha durch kontrollierte Brände von einem lichten, von Birken geprägten Sukzessionswald wieder in ein Brand-Initialstadium zurück versetzt, was auch eine Verjüngung der Besenheide zur Folge hatte (KATTHÖVER 2005a). Nördlich schließt sich der zentrale Einschussbereich des Schießplatzes an, der von Einzelgehölzen, Besenheide und Besenginster auf zumeist vergrasten Flächen geprägt wird, in denen immer wieder kleine Brandflächen eingestreut sind. Durch natürliche Sukzession, sind vor allem die weniger intensiv genutzten Offenlandbereiche bedroht, die besonders für Arten der offenen Trockenstandorte, wie Ziegenmelker oder Brachpieper, einen wichtigen Lebensraum darstellen. Neben den dominierenden trockenen, sandigen Standorten sind im EU SPA auch Feuchthabitate vorhanden. Mit dem das Gebiet durchfließenden Gloinebach einhergehend ist in der Niederung ein Sumpf- und Schilfbestand mit typischen Ufer- und Quellgesellschaften ausgebildet EU SPA Vogelschutzgebiet Alten grabower Heide 129

132 EU SPA Vogelschutzgebiet Alten grabower Heide Fels- und Rohboden Grünland Niedermoor Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen anthropogen überformte Biotope EU SPA Vogelschutzgebiet Altengrabower Heide Lage und Lebensraumausstattung. Im Bereich der Schießbahnen bleiben die offenen, teils lückigen Heideflächen erhalten (Foto: B. Schäfer). 130

133 (KATTHÖVER 2005a). Auch bruchwaldtypische Gehölzarten, wie Schwarzerlen, Weiden und Aspen, sind dort anzutreffen. Im Norden befindet sich ein Durchströmungsmoor, an das sich der Zimmermannsteich anschließt. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Durch die ehemalige militärische Nutzung sowie die heutige Nutzung als Schießplatz sind in der Altengrabower Heide unterschiedliche Biotopstrukturen und Sukzessionsstadien entstanden. Das Gebiet stellt daher ein wichtiges Brutgebiet für Offenlandarten dar und bietet zahlreichen Arten einen Lebensraum. Kleinere Feuchtgebiete bereichern das ansonsten durch Trockenstandorte dominierte Gebiet. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung erfolgte in den Jahren 2003 und 2004 eine Kartierung der wertgebenden Vogelarten (KATTHÖVER 2005a). Die Ergebnisse sind in Tab. 43 zusammengefasst. Für das Tüpfelsumpfhuhn wurden Daten aus FISCHER & DORNBUSCH (2004) hinzugezogen. Charakterarten der Altengrabower Heide sind Ziegenmelker, Neuntöter und Heidelerche. Nahezu im gesamten EU SPA verbreitet und die häufigste der wertgebenden Arten ist der Neuntöter. Er fehlt nur in den geschlossenen Waldbereichen. Fast ebenso weit verbreitet ist die Heidelerche. Der Ziegenmelker bevorzugt die mit Kiefern und Birken bestandenen Halboffenlandschaften mit Sandheide und Besenginster. Besonders gut strukturierte Bereiche des EU SPA mit Dornsträuchern werden von der Sperbergrasmücke bewohnt. Für Heidelerche und Sperbergrasmücke stellt das Gebiet eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts dar. Der Ziegenmelker verfehlte das Top-5-Gebiet hier nur mit wenigen Paaren. Seltenere Arten sind Ortolan, Brachpieper und Wiedehopf. Für den Brachpieper zählte das Gebiet zum Zeitpunkt der Ersterfassung noch zu den Top-5-Gebieten des Landes. Aktuell konnten im Rahmen einer landesweiten Erfassung der Art keine Brachpieper mehr im Gebiet nachgewiesen werden (SCHULZE & SCHÄFER 2012). In den Waldgebieten leben Schwarzspecht und Mittelspecht mit einigen Brutpaaren (KATTHÖVER 2005a). Der Kranich ist ein regelmäßiger Brutvogel im Bereich der Durchströmmoore und Sümpfe mit Schilf- und Röhrichtbeständen (KATTHÖVER 2005a). Das Tüpfelsumpfhuhn konnte im Jahr 2003 von Katthöver mit 1 Revier im Gebiet nachgewiesen werden (FISCHER & DORNBUSCH 2004). Dahingegen gelang im Jahr 2004 kein Nachweis dieser Art (KATTHÖVER 2005a). Tab. 43: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus KATTHÖVER (2005a) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach KATTHÖ- VER 2005a Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Wespenbussard 0-2 0, Rohrweihe 1-2 0, Rotmilan 0-2 0, Schwarzmilan Kranich Tüpfelsumpfhuhn 1 3,3 - - Sumpfohreule Ziegenmelker , Eisvogel Schwarzspecht 3-5 0, Mittelspecht , Neuntöter , Heidelerche , Sperbergrasmücke , Brachpieper , Ortolan 1-3 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Wiedehopf 2-5 5, Weitere bemerkenswerte Arten Wachtel , Baumfalke 0-2 0, Turteltaube 3-8 0, Wendehals , Raubwürger Braunkehlchen , Schwarzkehlchen , Steinschmätzer 3-5 0, Gebirgsstelze 3-4 0, EU SPA Vogelschutzgebiet Alten grabower Heide Für das EU SPA sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt. Systematische Erfassungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. Die Heidelerche ist im EU SPA fast überall anzutreffen (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). 131

134 In Tab. 44 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Altengrabower Heide zusammenfassend dargestellt. Das Ergebnis verdeutlicht noch einmal die besondere Bedeutung als Brutgebiet für Vogelarten der strukturreichen Heidelandschaften. EU SPA Vogelschutzgebiet Alten grabower Heide Auch für nicht in Anhang I der EU VSchRL enthaltene Arten wie das Schwarzkehlchen hat das EU SPA Altengrabower Heide eine sehr große Bedeutung als Brutgebiet (Foto: E. Greiner). Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet Altengrabower Heide ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Der derzeit in Bearbeitung befindliche Managementplan wird auch detaillierte Schutz- und Erhaltungsziele enthalten. Im Hinblick auf die vorkommenden Vogelarten ergeben sich die folgenden Schutzund Erhaltungsziele für das Gebiet: Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der offenen Heidelandschaft, insbesondere der Arten nach Anhang I Ziegenmelker, Brachpieper und Heidelerche. Erhaltung und Wiederherstellung der trockenen Offenlandflächen mit lichter, niedriger Vegetation und stellenweise vegetationslosen Bereichen in Randbereichen zu aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Heidelandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I) sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Wiedehopf, Wendehals, Raubwürger, Schwarzkehlchen und Für das Gebiet typische Brutvogelarten sind u. a. Ziegenmelker, Wiedehopf und Schwarzkehlchen (Erfassungjahr: 2003/04). 132

135 Tab. 44: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Altengrabower Heide. Art Ziegenmelker Heidelerche Sperbergrasmücke Brachpieper Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B2 C6 C6 (C6) C7 Steinschmätzer. Erhaltung von offenen Gebieten mit Büschen und Kleingehölzen sowie stellenweise vegetationsarmen Bereichen im Komplex mit aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Anlage von Steinhaufen. Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände insbesondere von Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan (Anhang I) sowie Baumfalke (Art. 4.2) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Heideflächen, im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern sowie Einzelbaumgruppen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht und Schwarzspecht (Anhang I), sowie Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer, teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzter oder zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltender Wälder. Erhaltung von angrenzenden störungsarmen Feuchtwiesen, Nassbrachen und Gewässern als geeignetes Nahrungshabitat für den Kranich. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände von naturnahen Kleingewässern und Röhrichtbeständen, insbesondere der Bestände von Kranich, Rohrweihe und Tüpfelsumpfhuhn (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Die Erhaltung sowohl der Waldanteile als auch der mit Heide bewachsenen bzw. vegetationsarmen Offenlandbereiche ist Voraussetzung, um auch weiterhin geeignete Lebensstätten für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt zu sichern. Das Offenhalten großer Flächen, gegen den ständigen Sukzessionsdruck mit aufkommenden Gehölzen, ist für die Erhaltung der bedeutenden Populationen der Offen- und Halboffenlandarten in den Heidegebieten unabdingbar. In der Altengrabower Heide wird dies auch zukünftig durch die anhaltende militärische Nutzung begünstigt bzw. könnte auch zusätzlich durch kontrolliertes Abbrennen unterstützt werden. Dabei ist dafür zu sorgen, dass das Mosaik der verschiedensten Biotoptypen erhalten bleibt und nicht eine Habitatstruktur völlig zerstört wird, an die bestimmte Vogelarten gebunden sind. Auch sollte eine zusätzliche Befestigung der offenen Sandwege vermieden werden. Für die charakteristischen und in hohen Anzahlen vorkommenden Halboffenlandarten (Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke) sowie den Ortolan sind bedeutende Strukturelemente zu erhalten und aufzuwerten. Für diese Arten sind, ebenso wie für den Brachpieper und den Ziegenmelker, auch benachbarte vegetationsarme Stellen wichtig. Viele vormals geeignete Habitate EU SPA Vogelschutzgebiet Alten grabower Heide Auf weniger intensiv genutzten Offenlandbereichen schreitet die natürliche Sukzession voran und es kommt zunehmend dichtere Verbuschung auf (Foto: B. Schäfer). 133

136 sind durch die geringere militärische Nutzung zu stark vergrast. Gefördert werden sollten insbesondere spärlich bewachsene Sandpionierrasen. Dies würde vor allem dem Brachpieper, der das Gebiet in jüngster Zeit nicht mehr besiedelt, zugute kommen. In den bewaldeten Bereichen ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit der Entwicklung strukturierter und standortangepasster Waldgesellschaften und ausreichend großen Altholzblöcken anzustreben. Zur Förderung der Spechtpopulationen, vor allem des Mittelspechts, sind insbesondere die Alteichenbestände, z. B. im Südosten des EU SPA, von besonderer Bedeutung. In allen Waldtypen ist ein ausreichender Totholzanteil zumindest in Kernbereichen zu gewährleisten. Höhlenbäume sind zu erhalten. Die Feuchtgebiete als Lebensraum von Kranich, Rohrweihe und Tüpfelsumpfhuhn stellen eine große Bereicherung inmitten der gewässerarmen Landschaft dar und sind daher unbedingt zu erhalten, auch für die unregelmäßig als Nahrungsgäste vorkommenden Arten Schwarzstorch und Seeadler. Im Rahmen des zukünftigen Managements sollte die Vermeidung von Störungen besonders störungsempfindlicher Arten eine besondere Berücksichtigung finden. Auf die Jagd auf Vögel sollte daher verzichtet werden. EU SPA Vogelschutzgebiet Alten grabower Heide Blick über die Altengrabower Heide (Foto: B. Schäfer). 134

137 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0015LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0087 Diebziger Busch (+) NSG0088 Neolith-Teich (+) NSG0132 Wulfener Bruchwiesen (+) FND0010KÖT Windrose Osternienburg (+) FND0012KÖT Wiesenmoor (+) FND0013KÖT Südrand des Diebziger Busches (Ochsenbusch) (+) LSG0051KÖT Mittlere Elbe (*) LSG0081KÖT Elsnigk-Osternienburger Teiche (*) BR_0004LSA Mittelelbe (*) b) nach internationalem Recht FFH0163LSA Diebziger Busch und Wulfener Bruchwiesen (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg befindet sich südöstlich und räumlich eng benachbart zum EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst. Es liegt ca. 6 km nördlich von Köthen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld und wird von den Orten Diebzig, Lödderitz, Mennewitz und Elsnigk im Osten, bzw. Osternienburg, Micheln und Wulfen im Westen umgeben. Das Gebiet lässt sich landschaftlich in drei Teile gliedern, den Diebziger Busch im Norden, die Wulfener Bruchwiesen sowie die sich südlich anschließenden Osternienburger Teiche. Das EU SPA wurde bereits im Jahr 2000 als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurde die Fläche noch etwas vergrößert. Das Gebiet ist Teil des Biosphärenreservates Mittelelbe. Etwa die Hälfte der Fläche ist auch als FFH-Gebiet gemeldet. Mit dem Diebziger Busch, den Wulfener Bruchwiesen und dem Neolith-Teich sind wesentliche Gebietsteile auch als NSG ausgewiesen. Das Gebiet ist dem Naturraum Elbe-Mulde-Tiefland, genauer dem Elbe-Elster-Tiefland zuzuordnen. Im Südosten geht es über in die Köthener Ebene im östlichen Harzvorland. Als Landschaftseinheiten sind im Gebiet das Dessauer Elbetal sowie im Süden das Köthener Ackerland und die Mosigkauer Heide vertreten. Die Böden der nördlichen Gebietsteile befinden sich größtenteils auf Flussschottern sowie Auensanden und -lehmen. Die Osternienburger Teiche entstanden durch Absenkungen des Untertageabbaus von Braunkohle. Diese Bergbaufolgegewässer prägen im Süden das Erscheinungsbild des EU SPA. Die über 30 Teiche sind zwischen 1 und 50 ha groß und umgeben von ausgedehnten Schilf- und Röhrichtsäumen (TODTE 2005). Eines der größten Gewässer ist neben dem Lobitzsee und dem Schachtteich der als NSG unter Schutz gestellte Neolith-Teich, eines der bedeutendsten Rastgewässer für nordische Gänsearten in Sachsen-Anhalt. Der maximal 2 m tiefe Neolith-Teich wird vom Landgraben gespeist und entwässert und weist infolge von Abwassereinleitungen in den Graben einen hohen Salzgehalt sowie eine hohe Nährstoffbelastung auf. Nördlich daran anschließend befinden sich die weitläufigen Wulfener Bruchwiesen. Bis weit in das 19. Jahrhundert gehörte das Gebiet zum Überflutungsraum der Elbe. Seit der Eindeichung erreichen Hochwässer das Gebiet nicht mehr, jedoch wurde - infolge des geringen Gefälles und eines ganzjährig flurnahen Grundwasserstandes - hier auch später meist nur extensive Grünlandnutzung betrieben. Erst in den 1970er Jahren führten Entwässerungsmaßnahmen und Grünlandumbruch zu drastischen Veränderungen des Wasserhaushaltes und einer Intensivierung der Nutzung, in deren Folge die zuvor bedeutenden Wiesenbrüterbestände zusammenbrachen. Die starke Grundwasserabsenkung (ca. 1 m) ermöglichte auch den Umbruch von Grünland zur Nutzung als Ackerland (DARMER et al. 1998). Bis heute befinden sich im Süden und Norden des Bruches Ackerflächen. Die intensiv genutzten Grünlandflächen werden stark über den Landgraben entwässert. Im Frühjahr und Herbst sind zwar teils noch relativ hohe Grundwasserstände zu verzeichnen, jedoch reichen diese für die Erhaltung oder Entwicklung artenreichen Feucht- und Wechselfeuchtgrünlandes nicht aus. Hinzu kommen in den Sommermonaten lange Trockenperioden mit sehr niedrigen Grundwasserständen (MANN EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg 135

138 EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen anthropogen überformte Biotope EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Lage und Lebensraumausstattung. Blick über die Osternienburger Teiche im Osten des EU SPA (Foto: S. Ellermann). 136

139 & TISCHEW 2010). Die Vegetation reicht derzeit von landwirtschaftlich genutzten Wiesen mit Honiggras- oder Fuchsschwanzgesellschaften, über Flutrasen, Röhrichte und Seggenriede in feuchten Senken bis zu Hochstaudenfluren und Pflanzengesellschaften der Fließgewässer. Einzelne Feldgehölze und Gebüschreihen strukturieren das Gebiet zusätzlich. Um weitere Beeinträchtigungen der Bruchwiesen durch intensive großflächige Nutzung sowie Meliorationsmaßnahmen zu verhindern, wurden seit 1994 von Umweltorganisationen sukzessive mehrere hundert Hektar im Wulfener Bruch erworben. Neben der Anhebung des Wasserstandes und einer angepassten Bewirtschaftung ist ein weiteres Ziel die Umwandlung von Ackerflächen in Feuchtgrünland, um die beiden Teile des NSG Wulfener Bruchwiesen miteinander zu verbinden ( de/wulfenerbruch.htm). Im Jahre 1999 begann der NABU-Kreisverband Köthen auf zunächst 13 ha Heckrinder zu halten. Das Beweidungsprojekt wurde nach und nach auf weitere Flächen ausgedehnt, die Herde vergrößert und um Przewalski-Pferde und Koniks erweitert. Der Einfluss der Weidetiere auf die nur in geringer Dichte vorkommenden Gehölze ist sehr stark. Auch ist auf den Extensivweiden eine Veränderung der Pflanzenbestände zu krautigen Arten bei deutlichem Zurückdrängen von Süßgräsern zu beobachten. Die Anzahl gefährdeter Arten auf den Weideflächen ist höher als auf naturschutzgerecht gemähten Wiesen. Der sich im Norden anschließende Diebziger Busch besitzt wertvolle Altholzbestände innerhalb einer noch teilweise vorhandenen Hartholzaue. Dominiert wird der Wald von Stieleiche, Feldahorn und Flatterulme. Auf trockeneren Standorten dominiert Stieleichenwald mit beigemischten Hainbuchen oder Birken, der teils in Kiefernforste umgewandelt wurde. Auf sehr feuchten oder anmoorigen Standorten in der Nähe der durchfließenden Taube kommt ein erlenreicher Eschenwald vor. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Mit einer hohen Artenvielfalt und teilweise auch Individuenzahl gefährdeter Vogelarten ist das EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg ein bedeutendes EU-Vogelschutzgebiet Sachsen-Anhalts. Schilfbewohner und andere Arten der Feuchtgebiete finden hier ebenso einen Lebensraum wie Waldarten und Offenlandarten (TODTE 2005). Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassungen erfolgte im Jahr 2004 eine Kartierung der wertgebenden Vogelarten (TODTE 2005). Die Ergebnisse wurden um Daten zu Zwergdommel und Wiesenweihe aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2007, 2008) sowie zu Schellente, Kranich, Wachtelkönig, Tüpfelsumpfhuhn, Großem Brachvogel, Raubwürger, Drosselrohrsänger und Blaukehlchen Tab. 45: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus TODTE (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach TODTE 2005 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel Zwergdommel 16 22, Wespenbussard 1 0, Wiesenweihe 1 1,8 - - Rohrweihe Rotmilan 10 0, Schwarzmilan 6 0, Kranich 1 0, Wachtelkönig 4 1, Tüpfelsumpfhuhn 1 3, Flussseeschwalbe Schwarzspecht 2 0, Mittelspecht Neuntöter 61 0, Heidelerche 2 0, Sperbergrasmücke 3 0, Blaukehlchen 7 2,8 1 - Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente Löffelente 4 8,9 4 - Rothalstaucher 2 2,7-1-5 Schwarzhalstaucher 2 1,3 - - Kiebitz 17 1, Großer Brachvogel 0-1 1, Schilfrohrsänger 7 0,9 7 - Drosselrohrsänger 80 3, Weitere bemerkenswerte Arten Kolbenente Schellente Raubwürger 1 0,1-1-5 Braunkehlchen 18 0, Wiesenpieper 10 0, Schafstelze 12 0, nach persönlichen Mitteilungen von I. Todte ergänzt und sind in Tab. 45 zusammengestellt. Die vielen Teiche des Gebietes sind Lebensraum von Rohrdommel und Zwergdommel, die beide mit beachtlichen Beständen vorkommen (TODTE 2005). Für beide Arten ist das EU SPA eines der fünf bedeutendsten Brutgebiete Sachsen-Anhalts. Die höchste Zahl an Revieren der Zwergdommel konnte im Jahr 2006 mit 16 Revieren festgestellt werden (FISCHER & DORNBUSCH 2007). Damit beherbergt das EU SPA einen Anteil von ca. 23 % am Landesbestand und stellt das wichtigste Brutgebiet für die Art im Land dar. Die 9 Reviere der Rohrdommel (TODTE 2005) stellen ebenfalls einen beachtlichen Anteil am Landesbestand (10 %) dar. Im Teichgebiet brütet auch die Rohweihe in hoher Dichte. Auch für diese Art ist das Gebiet eines der Top-5- Gebiete. Weitere Greifvogelarten im EU-Vogelschutzgebiet sind Rotmilan und Schwarzmilan (TODTE 2005). Die Wiesenweihe konnte in den letzten Jahren mehrmals nachgewiesen werden, 2005 mit 1 BP (FISCHER & DORN- EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg 137

140 EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Der Drosselrohrsänger bewohnt die Schilfbestände an den Osternienburger Teichen (Foto: E. Greiner). BUSCH 2006). Der Kranich ist regelmäßiger Brutvogel mit einem Paar. Wachtelkönig und Tüpfelsumpfhuhn kommen nicht alljährlich jeweils mit 1 bis 4 Rufern im Gebiet vor. Seltene aber dennoch regelmäßige Brutvögel der Teiche sind Knäkente, Löffelente, Rothals- und Schwarzhalstaucher, die beiden letzteren jedoch nicht alljährlich. Der Neolith-Teich ist ein charakteristischer Brutstandort für den Drosselrohrsänger, der dort mit 10 BP und im gesamten EU SPA mit 70 BP vorkommt (TODTE 2005). Damit stellt das EU SPA für diese Art eines der wichtigsten Vorkommensgebiete Sachsen-Anhalts dar (GEORGE et al. 2004). Die Ackerflächen am Rande des Wulfener Bruchs, in den letzten Jahren auch wieder die Wiesenflächen innerhalb, sind Brutstandorte für den Kiebitz. Der Große Brachvogel hat sein Brutvorkommen nach drastischem Rückgang inzwischen aufgegeben und kommt alljährlich nur noch auf dem Durchzug vor. Beide Arten waren einst verbreitete Charakterarten des Wulfener Bruchs, mussten jedoch durch zunehmende Trockenlegung und Nutzungsintensivierung starke Bestandseinbußen hinnehmen (ROCHLITZER 1993). Während 1971 zum Beispiel noch 175 Kiebitzpaare im Bruch brüteten, beläuft sich der aktuelle Bestand für den Kiebitz auf 17 BP (TODTE 2005). Das Waldgebiet NSG Diebziger Busch ist Lebensraum von Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Schwarzspecht und Mittelspecht sowie im Randbereich auch vereinzelt von der Heide- Im Teichgebiet Osternienburg brütet ein bemerkenswerter Anteil der landesweiten Populationen von Rohrdommel, Zwergdommel und Drosselrohrsänger. Der an ältere Waldbestände gebundene Mittelspecht besiedelt den Diebziger Busch in vergleichsweise hoher Dichte (Erfassungsjahr 2004). 138

141 Tab. 46: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg. Art Saatgans Blässgans Rohrdommel Zwergdommel Rohrweihe Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien A4i, B1i, C3 B1i, C3 B2, C6 lerche (TODTE 2005). In den 1980er Jahren brütete hier auch der Schwarzstorch. C6 C6 A4iii, C4, C7 zahlreichen rastenden Limikolenarten ist insbesondere der Kiebitz zu nennen. Alljährlich rasten mehr als Kiebitze im Gebiet. Ebenfalls tritt das Blässhuhn mit über Individuen auf. Der Kranich rastet mit über 500 Individuen. Die Gewässer sind weiterhin Rastplatz zahlreicher Enten- und Möwenarten. Besonders hoch sind die Bestände von Stock-, Löffel-, Tafel- und Reiherente. Aber auch Meeresenten wie Samtente und Trauer ente konnten hier zur Zugzeit schon nachgewiesen werden. Bemerkenswert sind auch Ansammlungen von aktuell bis zu Rauch- und Uferschwalben, die die Röhrichte der Teiche als Schlafplatz nutzen. Rastvögel: Zur Ermittlung der Zug- und Rastvogelvorkommen wurden die Daten der Wasservogelzählung, der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012a), gezielter Kartierungen in den Jahren 2010 und 2011 sowie persönlicher Mitteilungen von I. Todte zu Blässgans, Ohrentaucher, Schwarzhalstaucher, Weißstorch, Raufußbussard, Wanderfalke, Trauerseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Sumpfohreule und Bartmeise ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 47 dargestellt. Neben seiner herausragenden Bedeutung als Brutgebiet stellt das EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg auch ein bedeutendes Rastgebiet für zahlreiche Wat- und Wasservogelarten dar. Mit über Individuen finden sich hier regelmäßig mehr als 1 % der biogeografischen Population der Saatgans ein. Auch die Rastbestände der Blässgans sind mit Individuen und damit mehr als 1 % der Flyway-Population bemerkenswert. Unter den Eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien gibt Tab. 46. Hier wird noch einmal die herausragende Bedeutung des Gebietes als Vogelschutzgebiet sowohl für Brut- als auch für Rastvogelarten verdeutlicht. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Wulfener Bruch und Osternienburger Teiche ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Detaillierte Schutz- und Erhaltungsziele für das Gesamtgebiet wurden bisher nicht definiert, werden jedoch im derzeit in Bearbeitung befindlichen Managementplan enthalten sein. Analog den EU SPA mit großen Auen- und Grünlandanteilen und ähnlichem Arteninventar können im Vorfeld die folgenden Schutz- und Erhaltungsziele festgehalten werden: Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere des Rohrweihen-, Rohrdommel-, Zwergdommel- und Blaukehlchenbestandes (Anhang I) und der Zugvo- EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Für die Zwergdommel ist das EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg das bedeutendste Brutgebiet in Sachsen- Anhalt (Foto: A. Hartl, LBV-Archiv). 139

142 gelarten nach Art. 4.2 Drosselrohrsänger und Schilfrohrsänger. Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände naturnaher vegetationsreicher Stillgewässer mit Inseln, Schwimmblattvegetation und deckungsreichen Ufern, insbesondere des Knäkenten-, Löffelenten-, Graugans- und Rothals- sowie Schwarzhalstaucherbestandes (Art. 4.2). Erhaltung und Herstellung von störungsfreien Sandinseln und Schlammbänken. Für Knäkente und Graugans ist die Erhaltung von angrenzenden Wiesenbereichen oder ausgedehnter Sumpfund Grünlandbereiche zu beachten. Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Arten nach Anhang I Weißstorch, Wachtelkönig und Tüpfelsumpfhuhn sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine, Uferschnepfe, Braunkehlchen und Schafstelze. Erhaltung und Wiederherstellung der teils mosaikartig, extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen und -brachen sowie Hochstaudenfluren als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Staudensäumen in enger Verzahnung mit offenen Feuchtflächen als Habitat für Schafstelze und Braunkehlchen. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I). Erhaltung von offenen Gebieten, welche an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen, höhlenreichen Einzelbäumen und Tab. 47: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Zwerggans Rothalsgans Weißwangengans Moorente Zwergsäger Ohrentaucher Prachttaucher Silberreiher Weißstorch Fischadler Schreiadler Kornweihe Rotmilan Seeadler Wanderfalke Merlin Kranich Goldregenpfeifer Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Sumpfohreule Eisvogel Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Blässgans Graugans Kurzschnabelgans Brandgans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Spießente Knäkente Löffelente Kolbenente Tafelente Reiherente Trauerente Samtente Schellente Gänsesäger Zwergtaucher Haubentaucher Rothalstaucher Schwarzhalstaucher Kormoran Graureiher Habicht Sperber Raufußbussard Mäusebussard Turmfalke Wasserralle Teichhuhn Blässhuhn Kiebitzregenpfeifer Kiebitz Regenbrachvogel Großer Brachvogel Bekassine Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Alpenstrandläufer Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Steppenmöwe Raubwürger Bartmeise

143 Unter den zahlreichen im Teichgebiet rastenden Entenarten ist auch die Tafelente vertreten (Foto: E. Greiner). EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Von Rastvögeln werden während der Zugzeit vor allem die vielen Teiche aufgesucht, jedoch dienen auch die Bruchwiesen als Rastund Überwinterungsgebiet einer Vielzahl von Zugvogelarten. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

144 EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Waldrändern grenzen sowie strukturierte, extensiv genutzte Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände insbesondere von Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan sowie See- und Schreiadler (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Grünlandflächen, und der Gewässer als Nahrungshabitat im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, insbesondere Auenwälder, sowie Feldgehölze. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht, Schwarzspecht, Schwarzstorch und Kranich (Anhang I) sowie die Erhaltung und die Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer feuchter Auenwälder mit periodisch über längere Zeit Wasser führenden Flutrinnen, Ried- und Röhrichtflächen und feuchten Hochstaudenfluren. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Zugrastgebiet für Trauerseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Schwarzstorch, Weißstorch, Singschwan, Zwergsäger, Kranich, Kampfläufer, Goldregenpfeifer und Bruchwasserläufer (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Kiebitz, Spießente, Löffelente, Pfeifente, Knäkente, Schnatterente, Blässgans, Graugans, Saatgans, Blässhuhn, Bekassine, Großer Brachvogel, Gänsesäger und Rotschenkel. Erhaltung von weitläufigen, störungsarmen Überschwemmungsflächen sowie von Fließgewässern und Stillgewässern, außerdem die Erhaltung und Wiederherstellung extensiv genutzter Grünlandbereiche mit Feldgehölzen oder Hecken. Erhaltung und Entwicklung der Funktion des Gebietes als Überwinterungsgebiet für Seeadler, Singschwan und Zwergsäger (Anhang I) sowie für die Arten nach Art. 4.2 Saatgans und Raufußbussard. Erhaltung einer durch extensiv genutzte Grünlandbereiche geprägten Landschaft im Wechsel mit feuchten Wäldern, Hecken- und Gehölzstrukturen, zudem geprägt von Fließgewässern und Stillgewässern. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Entsprechend den Schutz- und Erhaltungszielen sind Maßnahmen zum Wiesenvogelschutz besonders vordringlich. Dies kann mindestens durch eine lokale Anhebung des Wasserstandes auf den Wiesen im Frühjahr, teilweise auch Nutzungsänderungen (Beweidung, Mahd, Stilllegung - in Kombination und mit an die Brutzeiten der Wiesenbrüter angepassten Nutzungsterminen) sowie eine verstärkte Bejagung von Fuchs, Marderhund, Waschbär und Mink erreicht werden. Seit 1994 bemüht sich der NABU Köthen mit weiteren Umweltverbänden durch Flächenkäufe die Situation im Tausende Saat- und Blässgänse rasten alljährlich an den größeren Teichen und auf den Bruchwiesen im EU SPA. 142

145 NSG Wulfener Bruch zu verbessern. Bisher wurden mehr als 150 ha erworben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ackerflächen, die in Feuchtgrünland umgewandelt werden und die beide bestehenden Teile des NSG Wulfener Bruchwiesen verbinden sollen, sowie auf tief liegenden Grünlandflächen, die aus der Intensivbewirtschaftung genommen werden. Ziel ist die Wiederherstellung eines zusammenhängenden Offenlandbiotopverbundes und die Erhaltung, Wiederherstellung und Förderung eines zeitlich und räumlich variierenden Mosaiks der Pflanzengesellschaften von kurzrasigen, häufig beweideten Gras- und Krautflächen, über Stauden- und Hochstaudenfluren bis zu Saum-, Strauch- und Waldgesellschaften. Das zu diesem Zweck seit 1999 aufgebaute Beweidungsprojekt umfasst inzwischen 80 ha Beweidungsfläche. Hinzu kommt eine weitere 12 ha große Vergleichsfläche, die von August bis Februar beweidet und für die Heugewinnung im ersten Schnitt gemäht wird. Ziel ist es, durch weiteren Flächenzukauf auf mehr als 300 ha Feuchtwiesen den Wasserstand naturnah zu halten. Für die Vielzahl im Gebiet vorkommender Arten der Riede und Röhrichte ist die Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen bei reduzierter Nutzung notwendig. Ebenso gilt der Erhaltung und Förderung der Auenwälder besondere Aufmerksamkeit als Lebensraum für Rot- und Schwarzmilan sowie für Mittelspecht und aktuell auch für den Seeadler. Die Auenwaldbewirtschaftung muss dem Schutzziel angepasst sein. Zusätzliche Mischwaldbestände anstelle der reinen Kiefernbestände würden die Naturnähe und die Biodiversität des Gebietes fördern. Die Waldwiesen sollten weiterhin kleinstrukturiert genutzt werden. Für Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter und Sperbergrasmücke, sind kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen zu erhalten. Der in den Randbereichen des NSG Diebziger Busch fortschreitenden Eutrophierung infolge der angrenzenden intensiven agrarischen Nutzung könnte mit Pufferstreifen entlang der Waldkante begegnet werden. Eine Renaturierung der Taube im Bereich des NSG ist wünschenswert, ebenso Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität (Neolith-Teich, Landgraben). Die im Zuge der Wiedervernässung extensivierte Gewässerunterhaltung an der Taube und am Landgraben sowie die Außerbetriebnahme des Schöpfwerkes im Wulfener Bruch führten in den letzten Jahren jedoch nicht nur zur angestrebten Anhebung des Wasserstandes auf den Bruchwiesen, sondern auch weit darüber hinaus. Dies führte zu Konflikten mit betroffenen Nutzern. Hier ist im Zuge der Erarbeitung des Managementplans nach langfristigen Lösungen zu suchen. In Anbetracht der herausragenden Bedeutung des EU SPA als Brut- und insbesondere auch Rastgebiet zahlreicher Vogelarten nach Anhang I und nach Art. 4.2 der EU-VSchRL ist im Schutzgebiet sowie in einem weiträumigen Bereich um die Schlafplätze von Gänsen eine Störung der Vögel zu vermeiden. Auf die Jagd auf Vögel sollte daher im Vogelschutzgebiet vollständig verzichtet werden. Ein Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, den Vögeln einen ungehinderten Vogelzug entlang der Hauptzugroute am Elbeverlauf sowie kürzere Flugbewegun- EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Im zentralen Teil des EU SPA erstrecken sich die ausgedehnten Wulfener Bruchwiesen (Foto: A. Resetaritz). 143

146 gen zwischen Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Wulfener Bruch und Teichgebiet Osternienburg Die Teiche, meist ausgestattet mit offenen Wasserflächen, Schwimmblatt- und Unterwasservegetation sowie umlaufenden Röhrichtgürteln, sind Brut- und Rastgebiet vieler Wasservogelarten (Foto: A. Resetaritz). 144

147 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0016LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0001 Untere Schwarze Elster (+) NSG0101 Großer Streng (+) NSG0102 Alte Elbe bei Bösewig (+) FND0025WB_ Dorfteich Schluft (Bleddiner Dorfteich) (+) LSG0095WB_ Elbetal zwischen Wittenberg und Bösewig (*) LSG0100WB_ Elbetal zwischen Elster und Sachau (*) BR_0004LSA Mittelelbe (*) b) nach internationalem Recht FFH0071LSA Untere Schwarze Elster (+) FFH0073LSA Elbaue zwischen Griebo und Prettin (*) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster befindet sich ca. 10 km südöstlich von Lutherstadt Wittenberg und umfasst den Mündungsbereich der Schwarzen Elster in die Elbe. Das ha große Gebiet umfasst die weitläufigen Flussauen von Elbe und Schwarzer Elster sowie die Altarme und Altwasser der Naturschutzgebiete Großer Streng, Untere Schwarze Elster und Alte Elbe Böse wig. Die West-Ost-Ausdehnung des EU SPA beträgt zwischen Dabrun und Jessen ca. 14 km. Die südlichen Elbewiesen erstrecken sich bis an die Ortschaften Kleinzerbst und Klöden heran. Innerhalb des EU SPA befinden sich keine Siedlungen, jedoch grenzen zahlreiche Ortschaften an das Schutzgebiet an. Das EU SPA wurde im Jahr 2000 bereits mit einer Fläche von mehr als ha an die EU-Kommission gemeldet und bei der Überarbeitung der Gebietsvorschläge im Jahr 2003 auf die heutige Ausdehnung erweitert. Es ist vollständig in der FFH-Gebietskulisse enthalten, in wesentlichen Teilen als NSG gesichert und zu großen Teilen auch Landschaftsschutzgebiet. Bis auf die Ackerflächen zwischen Bleddin und Wartenburg ist das EU SPA außerdem im Bundesländer übergreifenden Biosphärenreservat Mittelelbe enthalten. Naturräumlich gehört das Gebiet zum Elbe-Elster- Tiefland innerhalb des Elbe-Mulde-Tieflandes. Als Landschaftseinheiten sind in den auf die Elbeauen entfallenden Flächenanteilen das Dessauer Elbetal und im Ostteil entlang der Schwarzen Elster die Einheiten Annaburger Heide und Schwarze-Elster-Tal vertreten. Große Teile des EU SPA liegen in den natürlichen Überflutungsbereichen von Elbe und Elster. In den Überflutungsauen sind zahlreiche Altarme und Altwasser der beiden Flüsse erhalten. Hochwasserschutzdeiche umgeben nahezu das gesamte EU SPA, wobei die Deichanlagen überwiegend auch die Gebietsgrenze darstellen. Innerhalb der Deichlinie wird Grünlandnutzung in unterschiedlicher Intensität betrieben. Manche Bereiche sind landwirtschaftlich nicht oder nur extensiv nutzbar, jedoch ist auch Intensivgrünland vorhanden (SIMON & SIMON 2007). Die intensive Nutzung führte zu artenarmen Pflanzengesellschaften, nur in unzugänglichen nassen Senken finden sich noch Seggen- und Wasserschwadengesellschaften. In einigen Feuchtwiesen sind auch bemerkenswerte und gefährdete Arten, wie Gottes-Gnadenkraut oder Langblättriger Ehrenpreis, vertreten. Ackerflächen befinden sich innerhalb des Vogelschutzgebietes nur im Bereich südlich von Wartenburg. Die Uferbereiche von Elbe und Schwarzer Elster sowie der Altarme werden von charakteristischen Pflanzengesellschaften der Ufer- und Verlandungszonen oder Schlickflächen eingenommen. Laichkraut- und Wasserschlauchbestände, Igelkolben und Pfeilkraut sind nur einige Beispiele für die Mannigfaltigkeit der Ufervegetation. Die weitläufige, mit ausgedehnten Grünländern, Altwassern, versumpften Flächen, Röhrichten und Hochstaudenfluren durchsetzte Auenlandschaft wird weiterhin durch Weichholzauenreste und Einzelbäume, darunter alte Stieleichen und Ulmen als Reste einer Hartholzaue, strukturiert (SIMON & SIMON 2007). Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA umfasst eine reich gegliederte Auenlandschaft im Überflutungsraum von Elbe und Schwarzer Elster. Besondere Bedeutung hat es als Brut- und Rastgebiet für eine Vielzahl von Wiesenbrütern und Wasservögeln. EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster 145

148 EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Nadelwald Gebüsch/Vorwald EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Lage und Lebensraumausstattung. Altwasser Krumme Elster in der Elsteraue (Foto: B. Simon). 146

149 Brutvögel: Im Jahr 2006 fand eine flächendeckende Kartierung ausgewählter wertgebender Brutvogelarten im EU SPA statt (SIMON & SIMON 2007). Ergänzt mit Angaben zu Rohrdommel, Seeadler und Flussseeschwalbe aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2007, 2009) sowie Daten der Wachtelkönig-Landeserfassung (SCHULZE 2010a) sind die Ergebnisse in Tab. 48 dargestellt. Insgesamt 39 wertgebende Arten konnten im Jahr 2006 als Brutvögel erfasst werden, darunter 13 Arten nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie (SIMON & SIMON 2007). Aktuell liegen sogar Nachweise von 16 Anhang I-Arten vor. Die Ried- und Feuchtwiesen sowie die vielen Altwasser bieten hervorragende Nahrungshabitate für Greifvogelarten. Rohrweihe, Rotmilan und Schwarzmilan sind Charakterarten des EU SPA. Für den Schwarzmilan ist das EU SPA eines der Top-5-Gebiete in Sachsen-Anhalt. Die Wiesenweihe kommt hier in einzelnen Jahren mit 1 BP vor (SIMON & SIMON 2007). Ebenfalls im Gebiet brütet der Seeadler (FISCHER & DORNBUSCH 2009). Aus der Elsteraue Gorsdorf liegt aus dem Jahr 2006 der Nachweis eines Reviers der Rohrdommel vor (FISCHER & DORNBUSCH 2007). Unzugängliche und damit störungsfreie Riedflächen und Altwasser im Bereich der Unteren Schwarzen Elster bieten ein Rückzugsgebiet für den Kranich (SIMON & SIMON 2007). Charakteristische Wiesenbrüter der großflächigen Gründlandbereiche der Elbeauen sind Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine, Uferschnepfe und Wachtelkönig. Mit nur wenigen Brutpaaren ist der Große Brachvogel schwerpunktmäßig in den gehölzarmen, großflächigen Grünlandbereichen der Elbeauen verbreitet. Der Kiebitz bevorzugt Flutrinnen und versumpfte Flächen in der Nähe der Altwasser. Die Uferschnepfe ist nur in Ried- und Sumpfwiesen und spät gemähten Nasswiesen anzutreffen. Mit 3 Revierpaaren beherbergt das EU SPA einen erheblichen Anteil des nur noch geringen Landesbestandes. Allerdings blieben Reviernachweise in den letzten Jahren aus. Der Wachtelkönig brütet mit typischen Bestandsschwankungen vor allem im Bereich der Alten Elbe bei Bösewig. Während SIMON & SIMON (2007) nur 4 Reviere nachweisen konnten, ergab die Landeserfassung einen Bestand von 8 Revieren (SCHULZE 2010a). Eine große Bedeutung hat das EU SPA auch für den Weißstorch. Zwar brütet nur 1 Brutpaar innerhalb der Grenzen des EU-Vogelschutzgebietes, jedoch gibt es mindestens 14 weitere Brutpaare im direkten Umfeld, für die das Grünland im EU SPA ein wichtiges Nahrungshabitat ist. An der Alten Elbe Bösewig wurde die Flussseeschwalbe als Brutvogel nachgewiesen (FISCHER & DORNBUSCH 2007) und für die Trauerseeschwalbe bestand dort ebenfalls Brutverdacht (SIMON & SIMON 2007). Die Untere Schwarze Elster zeichnet sich durch eine hohe Gewässerdynamik Tab. 48: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SIMON & SIMON (2007) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach SIMON & SIMON 2007 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel 1 1, Weißstorch 1 0, Wespenbussard Wiesenweihe 1 1, Rohrweihe 11 0, Rotmilan 17 0, Schwarzmilan 12 0, Seeadler 1 2,6 - - Kranich 5 1, Wachtelkönig Tüpfelsumpfhuhn Trauerseeschwalbe 1 0,4 1 - Flussseeschwalbe Eisvogel 7 0, Grauspecht Schwarzspecht 2 0, Mittelspecht 1 0, Neuntöter 117 0, Heidelerche 6 0, Sperbergrasmücke 2 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente Löffelente 4 8, Rothalstaucher Kiebitz 31 2, Großer Brachvogel 3 4, Uferschnepfe Bekassine Flussuferläufer Rotschenkel Wiedehopf 1 1, Schilfrohrsänger 19 2, Drosselrohrsänger 56 2, Weitere bemerkenswerte Arten Graugans 16 0, Brandgans 3 1, Schnatterente 2 1,7 2 - Tafelente Reiherente 4 0,7 4 - Kormoran 51 4, Austernfischer Flussregenpfeifer 7 0,6 7 - Waldwasserläufer Raubwürger 2 0,2 2 - mit steilen Uferböschungen aus und bietet somit ideale Bruthabitate für eine weitere Charakterart des EU SPA, den Eisvogel. Der Flussuferläufer nutzt Uferbereiche im ganzen Gebiet, vor allem aber direkt am Elbe- und Elsterlauf. Infolgedessen ist der Brutverlauf stark abhängig von den saisonalen Wasserverhältnissen (SIMON & SIMON 2007). Die Gebüschstandorte der Halboffenlandschaften entlang der unteren Schwarzen Elster werden in hoher Dichte vom Neuntöter besiedelt. In der Elsteraue sowie einigen Altwassern der Elbe brütet die Knäkente EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster 147

150 EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Die Knäkente brütet an den Altwassern in der Elbe- und Elsteraue (Foto: E. Greiner). Die strukturreichen Auen der Elster und der Elbe im EU SPA unterliegen einer weitgehend natürlichen Überflutungsdynamik, so dass auch sehr seltene Arten wie Bekassine, Uferschnepfe, Knäkente und Flussuferläufer hier in bemerkenswerten Anzahlen vorkommen (Erfassungsjahr 2006). 148

151 Tab. 49: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Rothalsgans Weißwangengans Zwerggans Moorente Zwergsäger Silberreiher Löffler Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Kornweihe Rotmilan Seeadler Wanderfalke Merlin Kranich Steppenkiebitz Säbelschnäbler Goldregenpfeifer Pfuhlschnepfe Bruchwasserläufer Kampfläufer Trauerseeschwalbe Weißbartseeschwalbe Zwergseeschwalbe Sumpfohreule Art. 4.2-Arten Höckerschwan Saatgans Blässgans Graugans Kurzschnabelgans Brandgans Schnatterente Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Tafelente Reiherente Schellente Gänsesäger Zwergtaucher Haubentaucher Schwarzhalstaucher Kormoran Graureiher Raufußbussard Blässhuhn Kiebitzregenpfeifer Kiebitz Flussregenpfeifer Regenbrachvogel Großer Brachvogel Uferschnepfe Bekassine Flussuferläufer Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Zwergstrandläufer Sichelstrandläufer Alpenstrandläufer Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Weißflügelseeschwalbe EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster mit einem bemerkenswert hohen Bestand, der einen erheblichen Anteil am Landesbestand darstellt. Weitere im Gebiet typische Arten mit bemerkenswerten Brutbeständen sind Schilf- und Drosselrohrsänger. Beide Arten haben ihren Vorkommensschwerpunkt in der Elsteraue, wohingegen sich an der Elbe die Vorkommen auf altwassernahe Biotopstrukturen und Flutrinnen beschränken (SIMON & SIMON 2007). Rastvögel: Zur Ermittlung der Zug- und Rastvogelbestände wurden vorhandene Daten aus der Wasservogelzählung, aus ornithologischen Jahresberichten (FACHGRUPPE ORNITHOLOGIE UND VOGELSCHUTZ LUTHER- STADT WITTENBERG ), der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b) und der Rastbestände des Kranichs (PSCHORN & SCHEIL 2011), Daten der Staatlichen Vogelschutzwarte sowie gezielter Kartierungen in den Jahren 2010 und 2011 ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 49 dargestellt. Als Rast- und Überwinterungsgebiet hat das EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster eine überregionale Bedeutung. Regelmäßig halten sich hier während der Zugzeiten mehr als Wasservögel auf. Allein Saat- und Blässgans rasten hier regelmäßig mit über Individuen, d. h. mit weit mehr als 1 % ihrer biogeografischen Population (WAHL et al. 2007). Regelmäßig halten sich hier auch mehr als 1 % der Flyway- Population der Krickente auf. Die Rastbestände von bis zu Kiebitzen, Goldregenpfeifern sowie Pfeifenten sind ebenfalls hervorzuheben. Für alle drei Arten wird, wie auch bei Saat-, Bläss- und Graugans sowie dem Großen Brachvogel, die im Standarddatenbogen genannte Spanne bei weitem übertroffen. Weiterhin rasten hier regelmäßig mehr als Singschwäne und deutlich über 100 Silberreiher. 149

152 EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Das innerhalb des EU SPA liegende NSG Alte Elbe bei Bösewig ist während der Sommer- und Herbstmonate ein bedeutender Rast- und Sammelplatz für den Kranich (ZUPPKE 2008). Bei den Schlafplatzzählungen in den Jahren 2009/2010 waren während des Herbstzuges in den Monaten September bis November nahezu durchgängig Kraniche anwesend. Der Frühjahrszug fällt deutlich schwächer aus, jedoch suchen Kraniche das Gebiet schon während der Sommermonate wieder verstärkt auf (PSCHORN & SCHEIL 2011). Auch für den Durchzug von Limikolen hat dieses Gebiet eine große Bedeutung. Einen Überblick über die Erfüllung der IBA-Kriterien gibt Tab. 50. Die überregionale Bedeutung des EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster ist insbesondere als Rastgebiet für Saat- und Blässgänse sowie allgemein für rastende Wasservögel hervorzuheben. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Schutz- und Erhaltungsziele wurden bisher nur für die im Gebiet enthaltenen NSG definiert (www. lvwa-natur.sachsen-anhalt.de). Weiterhin weisen SIMON Tab. 50: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster. Art Saatgans Blässgans Krickente Schwarzmilan Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien A4i, B1i, C3 A4i, B1i, C3 B1i, C3 C6 A4iii, C4, C7 & SIMON (2007) auf die Erhaltung bestimmter Arten hin. Vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele für das EU SPA sind: Erhaltung einer artenreichen Auenlandschaft mit charakteristischer Naturausstattung, insbesondere im NSG am Unterlauf der Schwarzen Elster. Schutz und Erhaltung einer charakteristischen offenen Auenlandschaft mit Altwassern und Kolken als Brutgebiet für bestandsgefährdete Sumpf- und Wasservogelarten sowie als wichtiges Nahrungs-, Übersommerungs-, Rast- und Überwinterungsgebiet, insbesondere in den NSG Großer Streng und Alte Elbe Bösewig. Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Arten nach Anhang I wie dem Wach- Das EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster wird von zahlreichen Zugvogelarten als Rastgebiet genutzt. Besonders beeindruckend sind die für Saat- und Blässgänse sowie Kiebitze festgestellten Anzahlen. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

153 Mehr als eintausend Singschwäne rasten während der Zugzeiten im EU SPA (Foto: A. Schonert). EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Rastvorkommen von Singschwan und Krickente im EU SPA. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

154 EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster telkönig und der Zugvogelarten nach Art. 4.2 wie Kiebitz, Großer Brachvogel, Uferschnepfe und Bekassine. Erhaltung und Wiederherstellung der extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung der natürlichen Überflutungsdynamik. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere der Bestände von Rohrweihe, Kranich und Tüpfelsumpfhuhn (Anhang I) sowie Schilf- und Drosselrohrsänger (Art. 4.2). Erhaltung und teilräumliche Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände der Arten nach Anhang I. Erhaltung von durch gestuften Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölze und höhlenreiche Einzelbäume begrenzte Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen als Lebensraum für Neuntöter (Anhang I), Raubwürger und Wiedehopf (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaften naturnaher Fließgewässer, insbesondere Eisvogel und Flussseeschwalbe (Anhang I) und Flussuferläufer (Art. 4.2). Erhaltung und Förderung der Greifvogelbestände, insbesondere der Anhang I-Arten Rotmilan, Schwarzmilan und Seeadler. Erhaltung der Gewässer und des Offenlandes als Nahrungsraum, Förderung extensiver Grünlandnutzung sowie Erhaltung der als Horstträger geeigneten Althölzer. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Voraussetzung für die Sicherung der Lebensstätten der artenreichen und charakteristischen Vogelwelt ist die Dynamik der reich strukturierten Überflutungsauenlandschaft der Elbe und der Schwarzen Elster. In Teilbereichen lässt sich durch Deichrückverlegungen diese Habitatqualität deutlich verbessern (z. B. Untere Schwarze Elster, vgl. de). Daran anknüpfend ist das Management der Wasserhaltung im Gebiet eine wichtige Voraussetzung. Das Halten eines hohen Wasserstandes nach Überflutungen, zumindest in Teilbereichen, kommt in erster Linie den Wiesenbrütern zugute, da die Wiesen einerseits die Ernährung der Vögel sichern und andererseits die landwirtschaftliche Nutzung erst so spät erfolgt, dass vor dem ersten Befahren der Flächen die Bruten i. d. R. abgeschlossen sind. Die Stauanlage im NSG Alte Elbe Bösewig wurde Ende 2005 saniert. Seitdem erfolgt die Regulierung des Wasserstandes zur Gewährleistung der Schutzziele des NSG durch Mitarbeiter der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe bzw. durch ehrenamtliche Naturschützer. Kiebitze rasten vor allem im Auengrünland in großen Ansammlungen. Seit einigen Jahren sind auch Silberreiher immer häufiger zu beobachten, die sich vorwiegend an und in der Nähe von Gewässern aufhalten. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

155 In Bezug auf die landwirtschaftliche Nutzung im Gebiet ist mindestens in Teilen die schrittweise Ablösung der intensiven Grünlandnutzung durch extensive Bewirtschaftungsformen als wichtiger Beitrag zur Erreichung der Schutzziele zu nennen. Die Umwandlung von Grünland in Ackerland sowie eine weitere Intensivierung der Grünlandnutzung ist dem abträglich. Da der Bruterfolg von Wiesenbrütern im EU SPA eng mit der Bewirtschaftung verknüpft ist, sind insbesondere an die Brutzeiten der Wiesenbrüter angepasste und in der Häufigkeit reduzierte Mahd- und Bearbeitungstermine (z. B. partielle späte Mahd ab Mitte Juli, Mahd streifenweise oder von innen nach außen, Aussparen von Brutstandorten) sowie ein verringerter Viehbesatz (< 1 GVE/ha, ggf. auch Auskopplung von Wiesenbrüterstandorten) zielführend. Die Extensivierung würde durch verringerte Störintensitäten und artenreichere Wiesen mit verbessertem pflanzlichem und tierischem Nahrungsangebot neben Wiesenbrütern auch vielen anderen Vogelarten zugute kommen, die das Grünland als Nahrungs- oder Rasthabitat nutzen. An der Schwarzen Elster sind teils starke Beeinträchtigungen des Gebietes durch Erholungsnutzung zu verzeichnen, die schutzzielbezogen minimiert werden sollten. Insbesondere zu den Rastzeiten sind die zurzeit recht beträchtlichen Störungen durch Freizeitnutzung (z. B. Motorflugsport) zu vermeiden. Je nach Zustand der Altwasser wäre in einigen Fällen eine Entschlammung sinnvoll. Die Erhaltung der vorhandenen Althölzer als Brutstandort für Schwarz- und Mittelspecht sowie für Greifvögel (Rot- und Schwarzmilan, Seeadler) ist von besonderer Bedeutung. Die als Brutplätze des Kranichs dienenden Habitate verdienen Altarm im NSG Untere Schwarze Elster bei Gorsdorf (Foto: S. Ellermann). besondere Beachtung und sind ggf. in das Wasserstandsmanagement einzubeziehen. Durch die natürliche Überflutungsdynamik lassen unbefestigte Uferbereiche Abbrüche als potenzielle Eisvogelbrutplätze entstehen. Sie gehören, ebenso wie natürliche Sand-, Schlamm- und Kiesbänke, zur besonderen Habitatausstattung des Gebiets und sollten erhalten werden. Für Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter und Sperbergrasmücke, ist es förderlich, kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten und Brutplätze in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen zu erhalten. Störungen an Brutplätzen störungsempfindlicher Arten (Kranich, Seeadler, Kiebitz, Bekassine u. a. Wiesenbrüter) bzw. in deren engerer Umgebung sowie Störungen von Ansammlungen ras- EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Kormorane sind im Gebiet ganzjährig anzutreffen (Foto: E. Greiner). 153

156 tender Vögel sind im EU SPA zu vermeiden. Dies sollte auch im Zuge landwirtschaftlicher, forstlicher sowie fischereilicher und angelsportlicher Nutzungen berücksichtigt werden. Dem erheblichen Einfluss von Prädatoren (z. B. Fuchs, Waschbär und Mink) auf Vogelbestände, insbesondere Wiesenbrüter, sollte mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden. In Anbetracht der herausragenden Bedeutung des EU SPA als Brut- und insbesondere auch Rastgebiet zahlreicher Vogelarten nach Anhang I und nach Art. 4.2 der EU-VSchRL steht die Jagd auf Vögel dem Schutzzweck entgegen, da sie eine erhebliche Störung der Vögel darstellt. Ein Ziel der Natura 2000 Regelungen ist es, den Vögeln einen ungehinderten Vogelzug entlang der Hauptzugroute am Elbeverlauf sowie kürzere Flugbewegungen zwischen Schlafgewässern und umliegenden Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Mündungsgebiet der Schwarzen Elster Elbelauf unterhalb von Schützberg (Foto: B. Simon). 154

157 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Auenwald Plötzkau Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0017LSA EU-Nr.: DE Fläche: 385 ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0082 Auwald bei Plötzkau (+ bis auf kleine Grenzabweichungen) LSG0034BBG Saale (-) NUP0006LSA Unteres Saaletal (-) b) nach internationalem Recht FFH0164LSA Auenwälder bei Plötzkau (*) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das EU SPA Auenwald Plötzkau liegt ca. 3 km südlich von Bernburg zwischen den Ortschaften Gröna, Kustrena und Plötzkau. Mit einer Größe von nur 385 ha ist es eines der kleinsten EU SPA Sachsen-Anhalts. Der größte Flächenanteil befindet sich westlich der Saale und erstreckt sich von dieser bis an den Ortsrand von Plötzkau. Im Südteil reicht das Vogelschutzgebiet über die Saale hinweg nach Osten. Hier bilden der Ort Kustrena sowie die Obertageanlagen der Kavernen des Gasspeichers Gnetsch die Grenze. Die BAB A 14 umläuft das EU SPA westlich in einer Entfernung von teilweise weniger als 1 km. Mit der Meldetranche 2000 wurde der Plötzkauer Auenwald als EU SPA benannt. Fast die gesamte Fläche ist auch als FFH-Gebiet gemeldet. Das Gebiet ist außerdem vollständig im Naturpark Unteres Saaletal sowie im LSG Saale enthalten. Etwa ein Drittel des EU SPA ist seit 1961 als NSG geschützt. Die landesrechtliche Sicherung des gesamten EU SPA als NSG ist derzeit in Vorbereitung. Naturräumlich ist das Gebiet dem nordöstlichen Harzvorland und hinsichtlich der Landschaftseinheiten dem unteren Saaletal zuzuordnen. Nahezu das gesamte Gebiet liegt im Überschwemmungsbereich der Saale und wird periodisch überflutet, so dass Auenwälder und -wiesen die kennzeichnenden Biotoptypen sind. Nur im Süden befinden sich einzelne Acker- und Wiesenflächen. Neben ehemaligen Mäandern der Saale weist das Gebiet verschiedene kleinere Altwasser sowie ein in die Saale mündendes Fließgewässersystem auf. Bemerkenswert sind die im Gebiet erhaltenen Hartholzauenwälder mit Esche und Ulme. Infolge des Ulmensterbens und eines erhöhten Nitrateintrages sind diese Auenwälder jedoch starken Veränderungen ausgesetzt. Die Ulmenarten beschränken sich somit meist auf die Strauchschicht. Vereinzelt sind alte Stieleichen vertreten. Einige Bereiche werden forstlich genutzt. So kom- men vor allem in den westlichen Randzonen Pappelforste vor (PSCHORN 2007). In der Krautschicht des Auenwaldes dominieren Artengesellschaften mit typischen jahreszeitlich aufeinander folgenden Aspekten. Im Frühjahr blühen Scharbockskraut, Gelbes Windröschen oder Wald-Goldstern, im Sommer dominieren dagegen Gräser und Hochstauden. In den Feuchtbereichen und Altwässern sind typische Pflanzen der eutrophen Verlandungsgesellschaften zu finden. Unweit der Gebietsgrenzen befindet sich auf der östlichen Saaleseite bei Beesedau ein Kiesgrubengewässer, das zeitweise von Wasservögeln als Rastplatz genutzt wird. Kleinere Abbruchgewässer gibt es auch bei Gröna. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Als zusammenhängender Hartholzauenwald inmitten einer intensiv genutzten Agrarlandschaft ist der Auenwald Plötzkau ein Bruthabitat für viele Waldvogelarten, insbesondere auch für Greifvögel. Daneben sind die angrenzenden Acker- und Wiesenflächen als Jagd- und Nahrungshabitat von großer Bedeutung. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel wurden im EU SPA Auenwald Plötzkau 2006 entsprechende Daten erhoben (PSCHORN 2007) und um Angaben zum Graureiher ergänzt (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Die ermittelten Revierzahlen sind in Tab. 51 zusammengestellt. Die höchste Bedeutung hat der Auenwald Plötzkau für Rot- und Schwarzmilan. Für den Schwarzmilan ist der Plötzkauer Auenwald eines der Top-5-Gebiete Sachsen- Anhalts. Die hohen Brutdichten der beiden Milanarten waren ein Entscheidungskriterium für die Ausweisung als Vogelschutzgebiet. Allerdings waren die Bestände innerhalb des Schutzgebietes in den letzten Jahren stark rückläufig. Zwischen 1990 und 2000 brüteten noch 12 bis 37 Paare des Rotmilans im Gebiet (WEBER EU SPA Auenwald Plötzkau 155

158 EU SPA Auenwald Plötzkau Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Laubholz- und Gehölzkulturen EU SPA Auenwald Plötzkau Lage und Lebensraumausstattung. Das EU SPA beinhaltet neben kleineren Altwassern auch einige längere Altarme der Saale (Foto: A. Pschorn). 156

159 et al. 2003). Dagegen betrug der Bestand im Erfassungsjahr 2006 nur noch 4 BP, während die anderen Rotmilanpaare auf Pappelgehölze im Umland ausgewichen waren. Der Schwarzmilan konnte 2006 mit 11 BP nachgewiesen werden. Im Vergleich zu WEBER et al. (2003) mit Bestandszahlen von 19 bis 33 BP sind die Bestände aber auch bei dieser Art deutlich gesunken, obwohl es nach 2000 zunächst einen positiven Bestandstrend zu verzeichnen gab. Als weitere Greifvogelarten kamen früher regelmäßig Wespenbussard und Rohrweihe im Gebiet vor (K. Zappe u. a. in PSCHORN 2007). Im Erfassungsjahr 2006 gelang jedoch kein Nachweis dieser Arten. Auch ehemalige Brutnachweise der Rohrdommel ließen sich nicht mehr bestätigen. Die im Gebiet langjährig bestehende Graureiherkolonie war seit 2002 nur von wenigen Paaren besetzt und seit 2004 wahrscheinlich infolge der mit Störungen und Nestprädation einhergehenden hohen Waschbärdichte verlassen (U. Henkel in PSCHORN 2007, HENZE & HENKEL 2007). In den letzten Jahren war sie an wechselnden Standorten wieder mit 3 bis 4 Brutpaaren besetzt (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Die Hartholzaue bietet mit ihrem hohen Totholzanteil einen geeigneten Lebensraum für Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht. Mit 12 BP ist der Mittelspecht im Gebiet die häufigste dieser Arten. Entlang der Saale und ihrer Altarme kommt der Eisvogel mit 3 BP vor, der an den Ufern der Gewässer Möglichkeiten zum Bau seiner Bruthöhlen sowie Ansitzwarten zum Jagen findet. Laut WEBER et al. Tab. 51: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen und im Vergleich zu den Daten aus PSCHORN (2007) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach PSCHORN 2007 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel Wespenbussard Schreiadler Rohrweihe Rotmilan 4 0, Schwarzmilan 11 0, Eisvogel 3 0, Grauspecht 1 0,2 1 - Schwarzspecht 3 0, Mittelspecht 12 0, Neuntöter 12 0, Weitere bemerkenswerte Arten Graureiher 4 0, Wachtel 1 0, Hohltaube 3 0, Wendehals 6 0,2 6 - Grünspecht 3 0, Wiesenpieper 3 0, Grauammer 1 0, (2003) kamen in den Jahren 1990 bis 2000 bis zu 5 BP des Eisvogels im Plötzkauer Auenwald vor. In Relation zur geringen Größe des EU SPA sind die hier erreichten Bestandszahlen von Mittelspecht und Eisvogel bemerkenswert. In den Waldrand- und Offenlandstrukturen brüten Wendehals, Neuntöter und Grauammer. EU SPA Auenwald Plötzkau Die langjährige besetzte Graureiher-Kolonie wurde 2004 aufgegeben. In den letzten Jahren haben sich erneut wenige Paare angesiedelt (Foto: W. Steinborn). 157

160 Tab. 52: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten aus WEBER et al. (2003) und dem Standarddatenbogen. * Tageshöchstzahlen Art Rast bestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Moorente Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Schreiadler 1 - Kornweihe Rotmilan 74 - Seeadler Merlin Wanderfalke Kranich Bruchwasserläufer Sumpfohreule Eisvogel 5 - Der Schwarzmilan ist im Plötzkauer Auenwald der häufigste Greifvogel (Foto: E. Greiner). Rastvögel: Das EU SPA Auenwald Plötzkau hat auch eine Bedeutung als Rastgebiet, insbesondere für Greifvogelarten. Darunter sind vor allem Rotmilan, aber auch Fischadler, Schreiadler, Kornweihe, Seeadler, Wanderfalke und Merlin zu nennen. Weiterhin rasteten hier zeitweise mehrere Hundert Kraniche (WEBER et al. 2003). EU SPA Auenwald Plötzkau Das EU SPA Auenwald Plötzkau hat als Brutgebiet vor allem für strukturreiche Wälder bewohnende Vogelarten wie Rotmilan, Schwarzmilan und Mittelspecht Bedeutung (Erfassungsjahr 2006). 158

161 Tab. 53: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Auenwald Plötzkau. Art Schwarzmilan Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C7 Die Rastbestände nach WEBER et al. (2003) im Vergleich zum Standarddatenbogen sind in Tab. 52 dargestellt. In Tab. 53 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Auenwald Plötzkau zusammengestellt. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Auenwald Plötzkau ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Schutzziel für das NSG Auwald bei Plötzkau ist die Erhaltung eines typischen, vergleichsweise großen Eschen-Ulmen-Auenwaldes, der von Saalealtwässern und feuchten Senken durchzogen ist, sowie die Sicherung der Brutplätze für die vorkommenden Greifvögel. Für den als FFH-Gebiet ausgewiesenen Teil liegen vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele vor (LANDESAMT FÜR UMWELT- SCHUTZ, Stand 10/2007). Schutz- und Erhaltungsziele für das EU SPA wurden bisher nicht separat definiert, sind jedoch im Verordnungsentwurf für das geplante NSG Auenwälder bei Plötzkau enthalten, das die Fläche des gesamten EU SPA (einschließlich des FFH-Gebietes) umfassen soll. Hier sind als Schutz- und Entwicklungsziele im Hinblick auf die Vogelwelt die Erhaltung, Wiederherstellung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustandes und der Lebensräume der Arten nach EU-VSchRL genannt. Hierzu gehören insbesondere: großflächige Laub- bzw. Laubmischwälder mit einem hohen Anteil von Altbäumen zur Nahrungssuche und zur Anlage von Nisthöhlen insbesondere für Arten wie Schwarzspecht, Mittelspecht und Grauspecht (Anhang I), Horst- und Höhlenbäume, der hohe Grenzlinienanteil von Waldrändern mit gestuften Saum- und Mantelbereichen sowie vorgelagerter Kleingehölze und Hecken in angrenzenden oder eingeschlossenen, extensiv genutzten Grünlandbereichen als Lebensraum insbesondere des Neuntöters (Anhang I), der gute Gewässerzustand natürlicher fischreicher Gewässer sowie Wurzelteller von umgestürzten Bäumen und natürliche Uferabbrüche als Nahrungs- und Nisthabitat für den Eisvogel (Anhang I), die durch die Hartholzauen sowie Fließ- und Stillgewässer geprägte Landschaft als Zug-, Rast- und Überwinterungsgebiet für Vogelarten nach der EU- VSchRL, möglichst ausgedehnte, weitgehend störungsfreie Röhrichtbestände im Zusammenhang mit extensiv genutzten, störungsarmen Offenlandflächen, insbesondere für die Rohrweihe (Anhang I), die Brut-, Wohn-, Nahrungs- und Rastplätze für zahlreiche, z. T. seltene, gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Tierarten, insbesondere als bedeutendes Brutgebiet für Greifvögel. Der Schutzzweck umfasst darüber hinaus die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durch schutzverträgliche Nutzungsregelungen und gezielte Pflegemaßnahmen, insbesondere für: Arten nach Anhang I der EU-VSchRL: Singschwan, Moorente, Zwergsäger, Rohrdommel, Silberreiher, Schwarzstorch, Weißstorch, Fischadler, Wespenbussard, Schreiadler, Kornweihe, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzmilan, Seeadler, Merlin, Wanderfalke, Kranich, Bruchwasserläufer, Sumpfohreule, Eisvogel, Grauspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht, Neuntöter, Arten nach Art. 4.2 der EU-VSchRL: Höckerschwan, Saatgans, Graugans, Schnatterente, Krickente, Stockente, Knäkente, Tafelente, Reiherente, Schellente, Gänsesäger, Wachtel, Zwergtaucher, Graureiher, Blässhuhn, Kiebitz, Hohltaube. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Grundlage für die Erhaltung der Lebensstätten der charakteristischen und im Gebiet artenreich vertretenen Vogelwelt naturnaher Auenwälder mit Fließ- und Stillgewässern sowie des offenen Kulturlandes ist die Dynamik der reich strukturierten Überflutungsauenlandschaft. Deshalb ist die natürliche periodische Überflutung durch die Saale auch weiterhin die wichtigste Voraussetzung zur Erreichung der Schutzziele. Die Trockenlegung von Grünland, die Umwandlung von Grünland in Ackerland und eine weitere Intensivierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung stehen diesem Schutzziel entgegen. Die Belange des Vogelschutzes sollten in den Schutz- und Erhaltungszielen zukünftig noch stärker herausgestellt werden. Insbesondere ist die Erhaltung der vorhandenen Auenwälder und Auen- An den Waldrändern und im strukturreichen Offenland des EU SPA brütet der Wendehals (Foto: E. Greiner). EU SPA Auenwald Plötzkau 159

162 EU SPA Auenwald Plötzkau waldreste im Rahmen der zukünftigen forstwirtschaftlichen Nutzung von besonderer Bedeutung und sollte detailliert auf die Anforderungen des Vogelschutzes ausgerichtet werden. Ebenso hat die Erhaltung der vielfältigen Strukturen, wie Baumgruppen, Einzelbäume und Weichholzauensäume, aber auch der naturnahen Fließgewässerstrukturen, Altarme und Altwasser sowie von Horst- und Höhlenbäumen eine besondere Bedeutung. Für die in Schilfröhrichten brütenden Arten sind ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche eine wichtige Voraussetzung zur Sicherung der Populationen. Die gesetzlichen Regelungen zum Horstschutz bestimmen sich nach 28 NatSchG LSA. Auf ausgewiesenen Sukzessionsflächen sollte, bis auf die Jagd, jegliche Nutzung unterbleiben. In den weiteren Bereichen des Schutzgebietes sollte die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung weitgehend freigestellt werden, solange ein günstiger Erhaltungszustand der Schutzgüter auf diese Weise gesichert werden kann. Bei der Holzentnahme sollten Vorgaben u. a. zu Zeiträumen für das Befahren, Einschlag und Rückung, Erhaltung von Horst- und Höhlenbäumen, Belassen von starkem stehenden oder liegenden Totholz eingehalten werden. Die Jagd sollte im NSG ebenfalls freigestellt werden, soweit Jagdzeiten und Bejagungsarten mit den Schutzzielen vereinbar sind. Im Hinblick auf den Vogelschutz ist es vorteilhaft, die Jagd im EU SPA auf Schalenwild, insbesondere aber auf die Bekämpfung von Waschbär, Marderhund und Mink, zu konzentrieren. Die Jagd auf Vögel ist im EU SPA nicht mit dem Schutzziel vereinbar. Die Fischerei ist naturschutzfachlich unproblematisch, solange sie mit den Schutzzielen vereinbar ist sowie auf eutrophierende fischereiwirtschaftliche Verfahren (z. B. Zufütterung, Netzkäfighaltung, Fischintensivhaltung) und erhebliche Beeinträchtigungen oder Zerstörungen des natürlichen Uferbewuchses (Gehölze, Schilfzonen, Röhrichtbestände, Hochstaudenfluren usw.) im Zuge der fischereilichen Nutzung verzichtet wird. Um Störungen durch Erholungssuchende (Saale-Radweg) und Angler (alte Saaleschleife im Süden des Gebietes) zu verringern, sollten die Besucherlenkung verbessert und die Bündelung von Zugangsmöglichkeiten zu Gewässern für Angler verfolgt werden. Aufgrund der hohen Siedlungsdichte von Greifvögeln, früher im EU SPA, heute verteilt in der ausgedehnten Saaleaue und der angrenzenden Agrarlandschaft, aber auch aufgrund des teilweise bemerkenswerten Rastgeschehens, sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen stärker zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Zwei Windparks befinden sich bereits westlich des EU SPA in einer Entfernung von ca. 1,8 bzw. 2,8 km. Im strukturreichen Auenwald des EU SPA findet sich auch noch starkes Totholz (Foto: A. Pschorn). 160

163 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0018LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht LSG0032WR_Harz und nördliches Harzvorland (-, bis auf kleine Grenzabweichungen) NP_0001LSA Harz (Sachsen-Anhalt) (*) NUP0004LSA Harz/Sachsen-Anhalt (-) b) nach internationalem Recht FFH0046LSA Rohnberg, Westerberg und Köhlerhöhe bei Ilsenburg (*) FFH0160LSA Hochharz (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz ist das höchstgelegene Vogelschutzgebiet Sachsen-Anhalts. Es ist Teil des länderübergreifenden Nationalparks Harz, der Bereiche in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen umfasst. Mit ha nimmt das EU SPA ca. zwei Drittel des sachsen-anhaltischen Teils des Nationalparks ein. Das EU SPA umfasst zwei Teilflächen und befindet sich südlich von Ilsenburg. Es beinhaltet die höchsten Lagen des Harzes in Sachsen-Anhalt einschließlich des Brockens und des Hohnekamms. Die östlichste Ausdehnung befindet sich bei Drei Annen Hohne, wo unter anderem auch die Brockenbahn einen Haltepunkt hat. Im Süden verläuft die Grenze des EU SPA entlang der Siedlungsbebauung von Schierke, um sich dann nördlich an dem 971 m hohen Wurmberg entlang zu ziehen. Ab hier entspricht die Gebietsgrenze der Landesgrenze zu Niedersachsen. Nördlich der Eckertalsperre verläuft die Grenze gen Osten in Richtung Ilsenburg. Das EU SPA wurde im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet gemeldet und ist durch zwei hier befindliche FFH-Gebiete auch vollständig Bestandteil der FFH- Gebietskulisse. Es liegt z. T. innerhalb der Kernzone des Nationalparks Harz, ist Bestandteil des Naturparks Harz sowie des LSG Harz und nördliches Harzvorland. Der Nationalparkverwaltung Harz obliegt als gemeinsamer länderübergreifender Behörde von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen die Regelung sämtlicher fachlichen Belange des Nationalparks, wie z. B. Biotop- und Artenschutz, Waldbehandlung, aber auch Bildungs- und Informationsarbeit, Erholung und Forschung. Sie hat für das Gebiet des Nationalparks die Funktion der unteren Naturschutz-, Forst- und Jagdbehörden. Naturräumlich ist das Gebiet dem Mittelharz zugehörig, mit kleinen Anteilen am Unterharz. Als Landschaftseinheiten sind vor allem der Hochharz sowie im Osten und Norden der Mittelharz vertreten. Der Harz ist das am nördlichsten gelegene Mittelgebirge Deutschlands. Mit dem Brocken als höchster Erhebung (1.141 m) und weiteren Höhenzügen über m ist der Harz weithin sichtbar. Im Süden und Osten geht das Gebirge sanft in das Harzer Vorland über, im Norden hingegen ist der Übergang steil und markant, woran sich das nördliche Harzvorland anschließt. Klimatisch ist der Harz, insbesondere der Brocken, von Extremen gekennzeichnet. Hier sind sehr lange Winter und nur eine kurze Sommerperiode, sowie starke Stürme und viel Niederschlag (im jährlichen Mittel mm) charakteristisch. Die Temperatur beträgt im Jahresmittel nur 3,2 C. Im Durchschnitt haben 171 Tage im Jahr ein Tagesminimum von unter 0 C, nur die Monate Juli und August sind im langjährlichen Mittel durchgehend frostfrei (SCHULZE et al. 2008). Für die pflanzengeografischen Besonderheiten der Vegetation des Harzes sind die Höhenstufung und die weit nach Norden vorgeschobene Lage entscheidend. Die Nordexposition führt unter dem Einfluss der Westwinde zu einem montan-ozeanischen Klima, das eine sehr dichte Aufeinanderfolge der Höhenstufen der Vegetation bedingt (KISON et al. 1994). Auf Grund des feuchten Klimas und der verschiedenen Höhenlagen gibt es im Harz eine Vielzahl an unterschiedlichen Naturräumen mit einer zugehörigen Vielfalt an Fauna und Flora. Der Gipfel des Brockens liegt oberhalb der natürlichen Waldgrenze im supramontanen (tiefsubalpinen) Bereich und wird von verschiedenen Zwergstrauchheiden unterschiedlicher Ausprägung (z. B. Brockenanemone-Heidekrautheide als wohl natürlich vorkommende Pflanzengesellschaft des Brockens) besiedelt. Darunter schließt sich die Stufe der natürlichen Bergfichtenwälder an, die mit einzelnen Ebereschen, Birken und Weiden durchsetzt ist. Verzahnt mit den Bergfichtenwäldern sind verschiedene Typen von EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz 161

164 Binnengewässer Grünland Feuchtgrünland Hoch- und Übergangsmoor Laubwald Nadelwald Mischwald natürlicher Bergmischwald EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Lage und Lebensraumausstattung. Kernstück des EU SPA Hochharz ist das Brockenmassiv mit dem höchsten Berg Norddeutschlands dem Brocken (Foto: LAU- Archiv). 162

165 Mittelgebirgsmooren. Auf Grund der hohen Niederschläge sind die Hochmoore trotz früherer partieller Torfgewinnung in einem guten Zustand (SCHULZE et al. 2008). Die Moorkomplexe des Hochharzes bilden im Verbund mit Bergfichtenwäldern die Einzugsgebiete der wichtigsten Flüsse des Harzes (STÖCKER 1994). Durch den Nationalpark verläuft außerdem die Hauptwasserscheide zwischen Weser und Elbe. Die Bode bildet das größte Flusssystem des Harzes, deren Zuflüsse Warme und Kalte Bode teilweise aufgestaut sind. Im EU SPA liegen weiterhin die Flüsschen Wormke, Ilse und Ecker, entlang derer verschiedene Laubmischund Buchenwaldgesellschaften zu finden sind. Neben den naturnahen Fichtenwäldern kommen auch forstlich genutzte Fichtenforste vor. Im Übergang zu den tieferen Lagen finden sich Mischwälder, in denen die Rotbuche dominant ist und Fichten sowie bei standörtlicher Eignung Bergahorn beigemischt sind. In den tieferen Bereichen des Harzes finden sich reine Buchenwälder. In feuchten Schluchten und Tälern kommen zusätzlich Eschen und Schwarzerlen hinzu. Wiesen- und Grünlandflächen sind im EU SPA nur kleinflächig zu finden. In den hohen Kammlagen, an Hängen oder Felsformationen kommen jedoch kleinere Offenlandbereiche vor (MEYER et al. 1997). Hier können hauptsächlich Spezialisten wie Zwergsträucher, Flechten und Moose überleben, die an die rauen klimatischen Bedingungen angepasst sind. Tab. 54: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHULZE et al. (2008) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach SCHULZE et al Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Auerhuhn (Vögel) Schwarzstorch 1 3, Rotmilan BZB 0 BZB - Schwarzmilan BZB 0 BZB - Wanderfalke Raufußkauz Sperlingskauz 13 21, Grauspecht 2 0,4 2 - Schwarzspecht 23 0, Mittelspecht 1 0, Neuntöter 13 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Ringdrossel Weitere bemerkenswerte Arten Tannenhäher 2 3, Grünlaubsänger Wasseramsel Gebirgsstelze 68 6, Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz hat auf Grund seiner einmaligen Habitatausstattung und seiner Höhenlage eine überregionale Bedeutung für den EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Auch der Raufußkauz ist ein typischer Bewohner der Bergwälder im Hochharz (Foto: W. Steinborn). 163

166 Vogelschutz. Insbesondere bietet es Lebensraum für montane Brutvogelarten wie Ringdrossel und Grünlaubsänger (SCHULZE et al. 2008). Vom Sperlingskauz lebt etwa ein Fünftel des Landesbestandes im EU SPA Hochharz (Foto: M. Bosch, LBV-Archiv). Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel wurden im EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz 2007 entsprechende Daten von SCHULZE et al. (2008) erhoben. Seit 1990 finden für einige Arten spezielle Erfassungen statt, darunter zum Sperlingskauz (WADEWITZ 1999), zur Ringdrossel (HELLMANN et al. 1997, HELLMANN 2005) und zum Grünlaubsänger (WADE- WITZ 2006). WADEWITZ (2003, 2005, 2008) erfasste darüber hinaus auch den Bestand von Wendehals, Neuntöter, Heidelerche, Wasseramsel und Gebirgsstelze. Die Ergebnisse der systematischen Ersterfassung, die Daten der Arterfassungen sowie Ergänzungen zum Auerhuhn aus FISCHER & DORNBUSCH (2004, 2008) sind in Tab. 54 dargestellt. Der Hochharz stellte das einzige bzw. letzte Vorkommen des Auerhuhns in Sachsen-Anhalt dar. Der Bestand geht auf ein niedersächsisches Auswilderungsprojekt zurück. Aus den Jahren 1993 bis 2001 liegen Beobachtungen einzelner Tiere vor (HELLMANN & WADEWITZ 2000, SCHWARZENBERGER 2001). Für das Jahr 2003 nennen FISCHER & DORNBUSCH (2004) einen Bestand von 1 bis 2 Individuen. Laut SCHULZE et al. (2008) konnte das Auer- EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Die Fichtenwälder in den Hochlagen des Harzes werden von Schwarzspecht, Raufußkauz und Sperlingskauz bewohnt. Die klimatische Sonderstellung der Brockenkuppe unterstreichen die Brutvorkommen von sonst nur in den nordischen und alpinen Regionen Europas verbreiteten Arten wie Grünlaubsänger und Ringdrossel (Erfassung: 2007). 164

167 huhn in den letzten Jahren nicht mehr im Hochharz nachgewiesen werden. Die Art kann vermutlich als ausgestorben gelten. Die Wälder des EU SPA sind Lebensraum von Raufußkauz und Sperlingskauz, die hier beide mit hohen Dichten vorkommen. Der Hochharz ist für beide Eulenarten eines der Top-5-Gebiete in Sachsen-Anhalt. Vom Sperlingskauz liegen zahlreiche Beobachtungen vor (GEORGE & WADEWITZ 1999, 2001, SCHULZE et al. 2008). Mit 13 BP beherbergt der Hochharz etwa ein Fünftel des Landesbestandes dieser Art. Für den Raufußkauz mit 18 BP sind es 10 % des Landesbestandes (SCHULZE et al. 2008, PSCHORN 2011a). Zu weiteren Besonderheiten des EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz zählen Ringdrossel und Grünlaubsänger. Die Ringdrossel ist ein Bewohner höherer Gebirgszüge. In Deutschland kommt sie außerhalb der Alpen nur an wenigen isolierten Plätzen vor. Das Vorkommen im Hochharz ist deshalb eine große Besonderheit (NICO- LAI 1993, BAUER et al. 2005). Die Vorkommen innerhalb des EU SPA konzentrieren sich auf das Brockenplateau (HELLMANN et al. 1992, 1997, HELLMANN & WADEWITZ 2000, HELLMANN 2012). Bei den Erfassungen im Jahr 2007 wurden durch SCHULZE et al. (2008) 10 Reviere ermittelt, die in den letzten Jahren jedoch nicht mehr erreicht wurden. Der Grünlaubsänger konnte erstmalig 1993 im Hochharz nachgewiesen werden. Seitdem sind mehrere Brutzeitbeobachtungen aus der Umgebung des Brocken bekannt (WADEWITZ 1998, 2006, GEORGE & WADEWITZ 2000). Im Erfassungsjahr Jahr 2007 wiesen SCHULZE et al. (2008) 2 Reviere des Grünlaubsängers nach. Die Art ist in Sachsen-Anhalt wie auch in Deutschland extrem selten, so wird für ganz Deutschland nach BOSCHERT (2005) ein Bestand von weniger als 5 BP angenommen. Der Schwarzstorch brütete von 2000 bis 2005 im Hochharz (SCHULZE et al. 2008). Die beiden Brutplätze lagen außerhalb der Grenzen des EU SPA, ersterer von 2000 bis 2003 jedoch in unmittelbarer Grenznähe. Später gelangen mehrfach Beobachtungen zur Brutzeit, jedoch brütet die Art derzeit nicht im Gebiet (HELLMANN & WADEWITZ 2000, SCHULZE et al. 2008). Im nördlichen Bereich des EU SPA brütet regelmäßig der Wanderfalke (R. Ortlieb pers. Mitt., SCHULZE et al. 2008). Auch Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht kommen vor. Dabei ist der Schwarzspecht mit 23 BP weitaus häufiger als Grau- und Mittelspecht, für die die überwiegend durch Nadelbäume geprägten Wälder des Hochharzes keinen bevorzugten Lebensraum bieten (SCHULZE et al. 2008). Weitere typische Arten im EU SPA sind Tannenhäher, Wasseramsel und Gebirgsstelze. WADEWITZ (2008) schätzt den Gebirgsstelzen-Bestand für den gesamten Nationalpark auf 50 bis 100 BP. Der Neuntöter besiedelt die Offenlandbereiche des EU SPA bis in die mittleren Höhenlagen (SCHULZE et al. 2008). Rastvögel: Als Rastgebiet hat das EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz keine landesweite Bedeutung. Allerdings rasten während der Zugzeiten auf dem Brocken regelmäßig interessante Arten wie Mornellregenpfeifer und Ringdrossel sowie unregelmäßig auch Steinrötel, Alpenbraunelle, Schneesperling und Schneeammer (GÜNTHER & OHLENDORF 1990, HELLMANN & WADEWITZ 2000, HELLMANN 2008, 2009). EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Eckertalsperre und Scharfensteinklippe im Nordwesten des EU SPA, von den Bismarckklippen aus gesehen (Foto: D. Lämmel). 165

168 EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Tab. 55: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Hochharz. Art Auerhuhn Raufußkauz Sperlingskauz Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien (C6) C6 C6 C7 In Tab. 55 ist eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im Hochharz dargestellt. Hier wird noch einmal die besondere Bedeutung dieses Vogelschutzgebietes für Brutvögel ausgedehnter Waldgebiete der collinen bis montanen Höhenstufe deutlich. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Aus der Nationalpark-Verordnung von 1990 ergeben sich folgende Schutz- und Erhaltungsziele für den Teilbereich Sachsen-Anhalt: Erhaltung einer in Mitteleuropa einmaligen Mittelgebirgslandschaft mit Bergfichtenwäldern und unterschiedlichen Moortypen in den Hochlagen des Harzes. Erhaltung der naturnahen Bergfichtenwälder und der Moore und Sicherung ihrer natürlichen Abläufe. Überführung der Fichtenforste und anderer gestörter Ökosysteme in naturnahe Zustände. Erhaltung der Vielfalt heimischer Tier- und Pflanzenarten. Erhaltung von Ökosystemen im Randbereich des Nationalparks, die durch den Menschen geprägt sind, wie Halbkulturformationen (Heiden, Triften, Hutungen bei Schierke und Drei-Annen-Hohne), Bergwiesen und historische Nutzungsformen der Wälder. Aktuell wird der Schutzzweck des fusionierten Nationalparks von der Nationalparkverwaltung wie folgt dargestellt ( ueberuns/ gebietsgliederung): Gewährleistung eines möglichst ungestörten Ablaufs der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Fortentwicklung für die gebietstypischen natürlichen und naturnahen Ökosysteme auf mindestens 75 % der Fläche. Erhaltung der natürlichen Vielfalt an Lebensräumen, Lebensgemeinschaften und Tier- und Pflanzenarten des Harzes von den Hochlagen bis zur collinen Stufe. Vermeidung einer Verschlechterung der Lebensräume und der Habitate der Arten sowie erheblicher Störungen von Arten. Schaffung von Voraussetzungen für eine natürliche Wiederbesiedlung durch Pflanzen- und Tierarten, die aus dem Gebiet ganz oder weitgehend verdrängt sind. Erhaltung oder Wiederherstellung der besonderen Eigenart, landschaftlichen Schönheit, Ruhe und Ungestörtheit des Gebietes. Erhaltung der besonderen geologischen und bodenkundlichen Erscheinungsformen in ihrer Ursprünglichkeit. Erhaltung der Pflegebereiche in typischen Beispielen durch Pflegemaßnahmen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Für das EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz sind bereits in der Nationalparkverordnung, heute im National parkgesetz verschiedene Maßnahmen und Eine Besonderheit der Brockenkuppe ist die hier vorkommende Ringdrossel (Foto: M. Hellmann). 166

169 Verbote festgeschrieben. Unter anderem gilt im gesamten Wald ein Befahrungsverbot und mit Ausnahme der Wege und ortsnaher Betretungsbereiche ein grundsätzliches Betretungsverbot. Freigestellt sind davon die ordnungsgemäße Forstwirtschaft und die Jagd, die Ausführung gesetzlich vorgeschriebener Aufgaben, sowie das Betreten bzw. Befahren durch Eigentümer und Nutzer. Nicht zulässig ist zudem die Aufforstung von Nadelholz bzw. das Einbringen von Gehölzarten, die nicht der natürlichen Artenzusammensetzung entsprechen. Außerdem gelten weitere Festlegungen für die Jagdausübung. Den Schutz- und Erhaltungszielen sowie dem aktuellen Zustand der Landschaft entsprechend wurde der Nationalpark Harz in verschiedene Zonen unterteilt ( wirueberuns/gebietsgliederung): Naturdynamikzonen sind Flächen, die sich in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden und in denen keinerlei steuernde Eingriffe mehr stattfinden (aktuell 52 % der Gesamtfläche). Naturentwicklungszonen sind Flächen, die sich durch Steigerung der Naturnähe vorhandener Ökosysteme zu Naturdynamikzonen entwickeln. Die dazu erforderlichen Biotopinstandsetzungs- und Renaturierungsmaßnahmen (Initial- und Entwicklungsmaßnahmen) sind zeitlich befristet und nicht auf Bewirtschaftung ausgerichtet (aktuell 47 % der Gesamtfläche). Nutzungszonen sind kulturhistorisch wertvolle Flächen wie Bergwiesen, Bergheiden und Schwermetallrasen (Pflegebereiche) sowie Flächen, die den mit dem Schutzzweck zu vereinbarenden Erholungs-, Bildungsoder Erschließungsfunktionen dienen (Erholungsbereiche) (aktuell 1 % der Gesamtfläche). Wirtschaftsbestimmte Nutzungen finden nicht statt, lediglich in einer 500 m breiten Randzone werden waldbauliche Maßnahmen im Sinne einer Pufferung der natürlichen Dynamik gegenüber benachbarten Wäldern durchgeführt. Außerdem wird der Wildbestand im Nationalpark reguliert. Artenschutzmaßnahmen sind gegenüber dem Prozessschutz als nachrangig eingestuft und bleiben grundsätzlich auf die Nutzungszone, also einen winzigen Teil des Nationalparks, beschränkt. Die Grundannahme ist, dass die naturnahe Entwicklung der Ökosysteme selbst die Voraussetzungen für die Ansiedlung verdrängter Arten und für eine angemessene Bestandsentwicklung ökosystemtypischer Arten schafft. Übergangsweise können Stützungsmaßnahmen für Arten auch in der Naturentwicklungszone durchgeführt werden. Spätestens 30 Jahre nach Ausweisung als Nationalpark sollen jedoch 75 % der Flächen soweit entwickelt sein, dass sie in die Naturdynamikzone einzugliedern sind. Der Nationalpark hat eine besondere Verantwortung für die in der Anlage 4 der Nationalparkgesetze ausdrücklich genannten Brut- und Zugvogelarten nach Anhang I bzw. Art. 4.2 der EU-VSchRL. Für Sachsen-Anhalt sind dies Schwarzstorch, Auerhuhn, Raufußkauz, Sperlingskauz, Grauspecht, Schwarzspecht, Wanderfalke, Neuntöter (Anhang I) sowie Fichtenkreuzschnabel, Gebirgsstelze, Tannenhäher und Ringdrossel (Art. 4.2). Letztendlich besteht aber auch für den als EU SPA ausgewiesenen Teil des Nationalparks die Verpflichtung der Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes aller vorkommenden Arten nach Anhang I und Art. 4.2 der EU-VSchRL. Dazu können gemäß Nationalparkplan der Prozessschutz, das Einrichten von Ruhebereichen für störungsempfindliche Arten oder populationsstützende Übergangsmaßnahmen genutzt werden. Prak- EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Im EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz können sich durch reduzierte Bewirtschaftung naturnahe Wälder mit urwaldartigem Charakter entwickeln (Foto: M. Schulze). 167

170 tisch werden Wanderfalken-Nistplätze unter anderem durch befristete Kletterverbote und Wegeverlegungen geschützt und Maßnahmen mit Störpotenzial werden außerhalb der Brutzeit durchgeführt. Gleiches gilt für den Schwarzstorch. Es gibt im Nationalpark entsprechend der im Nationalparkgesetz formulierten Regelungen auch keine Jagd auf Vögel wurde der erste gemeinsame Nationalparkplan für den fusionierten Nationalpark Harz in Kraft gesetzt ( gesetzliche_grundlagen). Dieser enthält die Ziele und Maßnahmen für den Schutz und die Entwicklung des Nationalparks hinsichtlich Biotopschutz, Artenschutz und Renaturierung, Waldbehandlung, Wildbestandsregulierung, Bildungs- und Informationsarbeit sowie Erholung und Forschung. Gleichfalls 2011 trat der erste gemeinsame Wegeplan für den Nationalpark Harz in Kraft ( Der Wegeplan enthält für die Wege, Loipen und sonstigen Flächen des Parks, die nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, jeweils den gegenwärtigen Zustand, die beabsichtigte Entwicklung und die Art und Weise des zulässigen Betretens. Die verschiedenen Nationalparkhäuser und -informationsstellen sowie die Nationalparkwacht machen Bildungsangebote und leisten einen großen Beitrag zur Besucherlenkung. In Anbetracht des außerordentlich starken touristischen Andranges auf dem Brocken wären jedoch weitere Maßnahmen zur Besucherlenkung sinnvoll (z. B. hinsichtlich der Fahr- und Taktzeiten der Brockenbahn sowie des zunehmenden Radtourismus, insbesondere des Mountainbiking). Die Vergrämung Nahrung suchender Vögel (durch Fahrzeuge, Besucher) vom Brockenplateau, das u. a. für die Ringdrossel ein wichtiges Nahrungsrevier darstellt, aber auch Störungen im Bereich der Hohneklippen (durch Betreten der Felsen, zahlreiche Wanderwege), entwerten diese potenziell hochwertigen Brutvogellebensräume (SCHULZE et al. 2008). EU SPA Vogelschutzgebiet Hochharz Hochmoore, wie hier an der Ostseite des Brockens, sind für den Hochharz charakteristisch (Foto: M. Schulze). 168

171 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Nordöstlicher Unterharz Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0019LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0022 Bodetal (+) NSG0066 Anhaltinischer Saalstein (+) NSG0067 Spaltenmoor (+) NSG0068 Alte Burg (+) NSG0069 Burgesroth-Bruchholz (+) NSG0073 Selketal (+) NSG0178 Oberes Selketal (*) NSG0186 Steinköpfe (+) NSG0194 Eichenberg (+) LSG0032WR_/QLB Harz und Nördliches Harzvorland (*) LSG0032ASL Harz (*) NUP0004LSA_Harz/Sachsen-Anhalt (*) Sowie 18 FND und 4 NDF b) nach internationalem Recht FFH0096LSA Selketal und Bergwiesen bei Stiege (*) FFH0161LSA Bodetal und Laubwälder des Harzrandes bei Thale (*) FFH0162LSA Spaltenmoor östlich Friedrichsbrunn (+) FFH0177LSA Burgesroth und Laubwälder bei Ballenstedt (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Mit ha ist das EU SPA Nordöstlicher Unterharz eines der größten EU-Vogelschutzgebiete in Sachsen- Anhalt. Es besitzt eine Ost-West-Ausdehnung von ca. 30 km. Im Westen befindet sich die Rappbodetalsperre, die hier die Grenze des EU SPA darstellt. Im Norden begrenzen die Orte Thale, Gernrode und Ballenstedt das Vogelschutzgebiet. Im Osten schließt sich Meisdorf an. Von dort verläuft die Grenze in Richtung Süden bis Harzgerode und weiter über Friedrichsbrunn und Allrode bis Hasselfelde. Der zwischen Rieder und Ballenstedt betriebene Steinbruch befindet sich zwar inmitten des Waldgebietes, ist jedoch als Exklave aus dem EU SPA ausgegrenzt. Das Gebiet wurde im Jahr 2000 als EU-Vogelschutzgebiet gemeldet. Etwa zwei Drittel der Fläche sind auf 4 FFH-Gebiete verteilt. Das EU SPA ist Bestandteil des Naturparks Harz und befindet sich vollständig innerhalb der LSG Harz bzw. Harz und Nördliches Harzvorland. Innerhalb des Gebietes ist eine Vielzahl an wertvollen Habitatkomplexen als NSG oder FND landesrechtlich gesichert, darunter Bode- und Selketal, Spaltenmoor sowie zahlreiche Klippen, Anhöhen und Waldwiesen. Das Gebiet ist im Wesentlichen dem Naturraum Unterharz zuzuordnen, mit Übergängen zur östlichen Harzabdachung bzw. zum nördlichen und nordöstlichen Harzvorland. Hinsichtlich der Landschaftseinheiten Sachsen-Anhalts sind im Gebiet Anteile am Mittelharz, Unterharz und dem nördlichen Harzrand vorhanden. Aufgrund von Niederschlagsmengen von deutlich über 600 mm pro Jahr und geringer Versickerungsfähigkeit des anstehenden Gesteins hat sich ein dichtes Fließgewässernetz herausgebildet (LAU 1997). Die tief eingeschnittenen Täler von Selke und Bode prägen das Gebiet. Die Bode, ein breiter Gebirgsfluss, ist das bedeutendste Fließgewässer des Harzes und Kern eines nach Norden entwässernden Fließgewässersystems aus zahlreichen Bächen. Am nördlichen Harzrand bei Thale hat sie in den Ramberg-Granit ein gewaltiges Durchbruchstal mit fast senkrechten Steilhängen eingeschnitten, das von der Roßtrappe und vom Hexentanzplatz aus zur Talsohle Höhenunterschiede von fast 250 m erreicht. Der Abfluss der Bode wird seit Inbetriebnahme des Rappbode-Talsperrensystems um 1960 entsprechend der wasserwirtschaftlichen Erfordernisse gesteuert. Die wichtigsten Zuflüsse im Oberlauf der Bode, Kalte Bode, Warme Bode und Rappbode, sind durch Unterbrechung der ökologischen Durchgängigkeit und des Geschiebetransports, Veränderung der Temperatur- und Sauerstoffverhältnisse in den Stauseen und die Veränderung des Abflussgeschehens EU SPA Nordöstlicher Unterharz 169

172 EU SPA Nordöstlicher Unterharz Acker Grünland Feuchtgrünland Laubwald Nadelwald Mischwald natürlicher Bergmischwald anthropogen überformte Biotope EU SPA Nordöstlicher Unterharz Lage und Lebensraumausstattung. Blick in das tief eingeschnittene Selketal (Foto: S. Ellermann). 170

173 gestört (BIETERGEMEINSCHAFT BODETAL 2011). Die Luppbode ist der einzige größere Bodezufluss, dessen Lauf nicht durch Talsperren unterbrochen wird. Mehr als 90 % des reliefreichen und zumeist flachgründigen Vogelschutzgebietes sind bewaldet. Laubwälder, Nadelwälder und Mischwälder wechseln sich je nach Standort, anthropogener Beeinflussung und Klima ab. An schwer zu bewirtschaftenden Hang- und Tallagen, aber auch am trockeneren Harzrand, dominieren Laubwälder. Die steilen Hanglagen, vor allem im Selke- und Bodetal, weisen teils einen recht naturnahen Zustand auf und sind überdurchschnittlich mit Totholz ausgestattet. Auf nährstoffarmen Granitplateaus bzw. an steilen Hängen und Bergkuppen finden sich Hainsimsen-Rotbuchenwälder. Im Gegensatz dazu stocken die weiter verbreiteten Waldmeister-Buchenwälder auf frischeren, etwas nährstoffreicheren Flächen. An südexponierten und flachgründigen Hängen befinden sich trockene Traubeneichen-Hainbuchenwälder. An schattigen Hanglagen finden sich Ahorn-Eschenwälder und in den von schmalen Wiesen geprägten Talgründen sind galeriewald- bis reihenartige Erlenbestände erhalten (KATTHÖVER 2005b). In den mäßig reliefierten Wäldern der Mittelharzhochfläche herrschen forstlich geprägte Wirtschaftswälder mit einem hohen Nadelholzanteil vor. Bei den Nadelwäldern handelt es sich meist um intensiv bewirtschaftete Fichten- oder auch Kiefernforste. Ein natürliches Kiefernvorkommen befindet sich im NSG Anhaltinischer Saalstein, in dem Kiefern gemeinsam mit der seltenen und stark gefährdeten Bärentraube vorkommen. Seit 2004 hat sich infolge von Borkenkäfer-Kalamitäten und Sturmschäden die von Kahlschlägen eingenommene Fläche stark erhöht. Auf den torfigen Böden des NSG Spaltenmoor sind Erlenbruchwälder zu finden, die in der Krautschicht mit Seggen, Wald-Reitgras und Siebenstern einhergehen. Natürliche vegetationsarme Flächen finden sich vor allem an den Felsen und Blockhalden des Bodetals. Bei den zahlreich vorhandenen Stillgewässern handelt es sich meist um Stau- oder Fischteiche mit unterschiedlicher Naturnähe und Nutzungsintensität. In den vielen Quellbereichen des EU SPA haben die verschiedenen Gesellschaften der Quellbereiche und Feuchthabitate ihren Standort. Wertvolle Feuchtwiesen mit Knabenkraut, Herbstzeitlose oder Trollblume sind im Nordosten anzutreffen. An südexponierten Hängen oder flachgründigen Standorten sind dagegen Trockenund Halbtrockenrasen zu finden. Hier finden sich unter anderem Federgras oder das Gemeine Sonnenröschen. Touristische Attraktionen wie Roßtrappe und Hexentanzplatz bedingen einen relativ starken Besucherandrang auf das EU SPA südlich von Thale, zumal sich die Seilbahn-Bergstation Hexentanzplatz und der Tierpark Thale im Vogelschutzgebiet sowie weitere touristische Anziehungspunkte direkt an der Gebietsgrenze befinden. Das tief eingeschnittene Bodetal ist eines der Tab. 56: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus KATTHÖVER (2005b) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach KATT- HÖVER 2005b Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch Wespenbussard Rotmilan Wanderfalke , Raufußkauz 4 2, Sperlingskauz 8 13, Uhu Eisvogel 1-5 0, Grauspecht Schwarzspecht , Mittelspecht , Neuntöter , Zwergschnäpper 4 26, Weitere bemerkenswerte Arten Hohltaube , Wasseramsel Gebirgsstelze beeindruckendsten Felstäler Deutschlandes nördlich der Alpen, so dass der Wanderweg im Tal zwischen Thale und Treseburg sowie die Aufstiegswege zur Roßtrappe und zum Hexentanzplatz von Wanderern stark frequentiert werden. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das große und vielgestaltige Waldgebiet mit den naturnahen Flusstälern von Selke und Bode sowie zahlreichen kleineren Fließgewässern und Teichen in den Nebentälern ist ein wichtiger Lebensraum für Wald und Gewässer bewohnende Vogelarten in den mittleren und unteren Höhenlagen des Harzes. Brutvögel: Auf Grund der enormen Größe des EU SPA fand im Rahmen der systematischen Ersterfassung im Jahr 2004 eine stichprobenhafte Kartierung der wertgebenden Brutvogelarten statt (KATTHÖVER 2005b). Die dabei gewonnenen Ergebnisse wurden mit Daten aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2005, 2006, 2008), den 2009/2010 durchgeführten Probeflächen-Kartierungen für die Managementpläne zu den FFH-Gebieten Bodetal (BIETERGEMEINSCHAFT BODETAL 2011) und Selketal (SALIX 2010) sowie mit Daten aus den Landeserfassungen zu Raufußkauz und Sperlingskauz (PSCHORN 2011a) ergänzt und sind in Tab. 56 dargestellt. Das EU SPA Nordöstlicher Unterharz ist ein bedeutendes Brut- und Nahrungsgebiet für viele typische Waldvogelarten und stellt für eine große Zahl dieser Arten eines der fünf wichtigsten Gebiete Sachsen-Anhalts dar. Darunter sind Schwarzstorch, Wespenbussard, Wanderfalke, Uhu, Raufußkauz, Sperlingskauz, Grauspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht und Zwergschnäpper zu nennen. EU SPA Nordöstlicher Unterharz 171

174 EU SPA Nordöstlicher Unterharz Das ausgedehnte Waldgebiet mit den Tälern der Bode und Selke ist Lebensraum des Schwarzstorches, der im EU SPA mit 2 bis 3 Paaren brütet (FISCHER & DORN- BUSCH 2005, KATTHÖVER 2005b). In den Tälern von Bode und Selke siedeln 1 bis 5 BP des Eisvogels und auch Wasseramsel und Gebirgsstelze finden hier geeignete Habitate (KATTHÖVER 2005b). Zu den Greifvogelarten des Unterharzes gehören Wespenbussard und Rotmilan. Für den Wespenbussard wird der Bestand auf 5 bis 15 Paare geschätzt, was gemessen am Landesbestand bedeutend ist (KATTHÖVER 2005b). Eine Besonderheit ist der Wanderfalke, der mit 4 bis 5 BP im EU SPA vorkommt. An den Hängen des Roßtrappenmassivs im Unterharz verwaiste 1974 der letzte Wanderfalken-Brutplatz Ostdeutschlands. Ausgehend von der Roßtrappe begann 1980 auch die Wiederbesiedlung Sachsen-Anhalts durch den Wanderfalken, so dass das Vorkommen im Unterharz das Kerngebiet der Landespopulation darstellt (R. Ortlieb, pers. Mitt., ROCKENBAUCH 1998). Daneben bietet der Unterharz auch einem weiteren Felsbrüter Lebensraum, dem Uhu. Nach M. Wadewitz in KATTHÖVER (2005b) besiedelt der Uhu den Nordöstlichen Unterharz mit bis zu 2 BP. Im Januar 2010 konnte E. Kartheuser im Bereich Rosstrappe/ Hexentanzplatz drei rufende Exemplare im Umfeld des Bergzoos Thale feststellen (BIETERGEMEINSCHAFT BODETAL 2011). Weitere Eulenarten des Gebietes sind Raufußkauz und Sperlingskauz. Mit 8 BP beherbergt das EU SPA 13,3 % des Landesbestandes des Sperlingskauzes. Der Bestand des Raufußkauzes konnte über die Landeserfassung auf 4 BP beziffert werden, was einen Anteil von 2,2 % am Landesbestand ergibt (PSCHORN 2011a) wurden innerhalb von Probeflächen im FFH-Gebiet Bodetal (BIETERGEMEINSCHAFT BODETAL 2011) allein schon 4 Reviere festgestellt, was auf einen höheren Gesamtbestand im EU SPA hinweist. In den Laubwäldern des EU SPA brütet der Grauspecht in hoher Dichte, während die fichtenreicheren Bereiche gemieden werden. Auf Grund seiner großen Reviere und der nur stichprobenhaften Kartierung wird für den Bestand eine Spanne von 30 bis 80 BP angegeben (KATT- HÖVER 2005b), wovon 10 bis 20 Paare allein im Bereich des FFH-Gebietes Bodetal siedeln (BIETERGEMEINSCHAFT BODE- TAL 2011). Der Maximalwert von 80 BP entspricht 16 % des Landesbestandes. Der Mittelspecht ist im Unterharz mit einer sehr hohen Dichte vertreten und besiedelt dort insbesondere die Waldbestände mit alten Eichen. Totholzreiche, kaum bewirtschaftete Eichenwälder nehmen an Steilhängen größere Flächen ein und ermöglichen dort diese hohen Siedlungsdichten. Der Bestand wird von KATTHÖVER (2005b) auf 150 bis 250 Paare geschätzt, was ausgehend vom Maximalwert einen Anteil von 7,1 % am Landesbestand ergibt. Anhand von Kartierungen im In den Wäldern im nordöstlichen Unterharz leben Schwarzstorch, Raufußkauz und Sperlingskauz (Erfassungsjahr 2009/10). 172

175 An den schnell fließenden Bächen und Flüssen des Harzes ist die Wasseramsel zu finden (Foto: E. Greiner). Jahr 2011 geschätzte 60 bis 80 Paare brüten allein im FFH-Gebiet Bodetal (BIETERGEMEINSCHAFT BODETAL 2011). Im Gegensatz zu Grau- und Mittelspecht ist der Schwarzspecht nicht zwingend an Laubwald gebunden, weshalb er den Unterharz nahezu flächendeckend besiedelt. Mit einem Bestand von 50 bis 60 BP ergibt sich ein Anteil am Landesbestand von 1,7 %. Typische Buchenwaldbewohner im Unterharz sind Zwergschnäpper und Hohltaube. Im Erfassungsjahr 2004 konnte zwar kein Nachweis des Zwergschnäppers erbracht werden, dennoch wird der Bestand auf 1 bis 5 BP geschätzt (KATTHÖVER 2005b). Für das Jahr 2005 wird ein Revier des Zwergschnäppers südlich von Ballenstedt genannt (FISCHER & DORNBUSCH 2007) wurden innerhalb von Probeflächen im FFH-Gebiet Bodetal (BIETERGEMEINSCHAFT BODETAL 2011) sogar 4 singende Männchen verhört. Die an Schwarzspechthöhlen gebundene Hohltaube findet im EU SPA ausreichend Brutplätze vor und ist entsprechend häufig. Im Gebiet verbreitete Bewohner der Gebirgsflüsse und -bäche sind Wasseramsel und Gebirgsstelze. Da viele Fließgewässer im EU SPA noch einen weitgehend naturnahen Charakter haben, sind beide Arten im Gebiet mit bemerkenswerten Beständen vertreten. Bei der Wasseramsel brüten im EU SPA 40 % des Landesbestandes. Auch der Eisvogel ist im Gebiet vertreten, findet hier aber weniger geeignete Uferabbrüche als im Tiefland. Eine Besonderheit für das Selke- und Bodetal stellen die Bestände baumbrütender Mauersegler dar (nicht in Tab. 56 enthalten). Sie nisten in alten, jahrzehntelang ausgefaulten Buntspechthöhlen (GÜNTHER & Hellmann 1991). Für Offenlandarten bietet der Unterharz weniger geeignete Lebensräume. So kommt der Neuntöter nur punktuell auf größeren Kahlschlagsflächen und außerhalb der geschlossenen Waldbereiche vor. Infolge von Borkenkäfer-Kalamitäten und Sturmschäden sind nach 2005 vielerorts neue Kahlschläge entstanden (BIETERGE- MEINSCHAFT BODETAL 2011), so dass sich kurz- und mittelfristig das Habitatpotenzial für diese Art gegenüber der Ersterfassung (KATTHÖVER 2005b) verbessert hat. Langfristig nutzbare Offenlandhabitate fehlen jedoch. Die Bergwiesen als potenziell attraktives Habitat werden oft erst spät gemäht bzw. beweidet und sind damit zur Brutzeit für Neuntöter nicht als Nahrungshabitat nutzbar. Für das Gebiet sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. Die Bedeutung des EU SPA Nordöstlicher Unterharz als Vogelschutzgebiet ist in Tab. 57 zusammengefasst. Es wird deutlich, dass das Gebiet eine sehr große Bedeutung als Brutgebiet für viele typische Waldvogelarten hat. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Nordöstlicher Unterharz ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele für das EU SPA wurden definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 08/2007): EU SPA Nordöstlicher Unterharz 173

176 EU SPA Nordöstlicher Unterharz Tab. 57: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Nordöstlicher Unterharz. Art Schwarzstorch Wespenbussard Wanderfalke Raufußkauz Sperlingskauz Uhu Grauspecht Schwarzspecht Mittelspecht Zwergschnäpper Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B2, C6 C6 B2, C6 C6 C6 C6 C6 C6 B3, C6 C6 C7 Erhaltung und Erhöhung des Flächenanteils der naturnahen Laubwälder, Bewirtschaftung vorrangig im Dauerwaldbetrieb mit einzelstammweiser oder femelartiger Nutzung unter Schonung von Bäumen mit Großhöhlen. Erhaltung bzw. Erhöhung des Altund Totholzanteils, Förderung der Naturverjüngung besonders von Eichen sowie Verzicht auf Nutzung von Steilhang-Eichentrockenwäldern, insbesondere für Schwarzstorch, Schwarz-, Mittel- und Grauspecht, Zwergschnäpper (Anhang I) sowie Mauersegler, Wendehals und Hohltaube (Art. 4.2). Erhaltung des Flächenanteils der Fichten- oder Fichtenmischbestände im natürlichen Verbreitungsgebiet der Fichte im Harz. Erhöhung des Altholzanteils und Entwicklung vielfältiger Binnenstrukturen, Bewirtschaftung vorrangig im Dauerwaldbetrieb, Förderung der Naturverjüngung, Erhaltung bzw. Neueinrichtung nutzungsfreier Waldbereiche, insbesondere für montane Arten wie Raufußkauz, Sperlingskauz (Anhang I) sowie Tannenhäher (Art 4.2). Im EU SPA bestehen mehrere Reviere von Wanderfalken (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). Sicherung des Anteils extensiv genutzter und störungsarmer Grünland- und Feuchtbiotopkomplexe als Nahrungsgebiet des Schwarzstorchs (Anhang I) und der Waldschnepfe (Art. 4.2). Sicherung der vorhandenen Brutplätze von Uhu und Wanderfalke (Anhang I) vor unbefugtem Aufsuchen und Aushorsten. Erweiterung des Brutplatzangebotes durch Freistellung geeigneter Einzelfelsen und Steilhänge, ggf. mit Schaffung künstlicher Nisthilfen. Sicherstellung der Eignung der Fließgewässer des Gebietes einschließlich ihrer Uferzonen als Brut- und Nahrungshabitate durch Erhaltung und Wiederherstellung ihrer natürlichen Hochwasser- und Auendynamik, gegebenenfalls die Verbesserung der Wasserqualität und der Gewässerstrukturgüte. Erhaltung und Entwicklung einer gebietstypischen Begleitvegetation der Fließgewässer sowie Ausschluss von Störungen an Brutplätzen, insbesondere für Eisvogel (Anhang I) sowie Wasseramsel und Gebirgsstelze (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung des Offenlandmosaiks durch Nutzung des Grünlandes und Freistellung von Bachtälern von Fichtenjungwuchs. Erhaltung und Entwicklung von gestuften Waldsäumen, Hecken und einzelnen dornenreichen Gehölzgruppen im Offenland der Harzhochfläche als Lebensraum von Neuntöter (Anhang I), Baumfalke und Raubwürger (Art. 4.2). Für die innerhalb des EU SPA liegenden FFH-Gebiete wurden in den Managementplänen teils auch Schutzund Entwicklungsziele formuliert. Für das Bodetal als den größten beplanten Ausschnitt des EU SPA beinhaltet dieser auch Inhalte speziell für EU SPA-Schutzgüter (BIETERGEMEINSCHAFT BODETAL 2011): Bewahrung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet vorkommenden Populationen aller Brutvogelarten von gemeinschaftlichem Interesse gemäß Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG, insbesondere von Mittelspecht, Schwarzspecht, Grauspecht, Eisvogel, Uhu, Sperlingskauz, Raufußkauz, Wespenbussard, Rotmilan, Wanderfalke, Schwarzstorch, Neuntöter, Zwergschnäpper sowie der für ihre Fortpflanzung, Ernährung, Migration, Durchzug und Überwinterung wichtigen Habitate. Erhaltung bzw. Stabilisierung der Arten der Wälder durch Erhaltung und Weiterentwicklung von alt- und totholzreichen Buchen- und Buchen-Mischwäldern sowie der Schaffung von beruhigten Waldbereichen. Erhaltung bzw. Entwicklung von totholzreichen (für Grau- und Mittelspecht auch von eichenreichen) Altholzbeständen, für Raufuß- und Sperlingskauz auch Erhaltung von Offenlandbereichen und Verlichtungsstellen in den geschlossenen Wäldern. Erhaltung bzw. Stabilisierung der Greifvogelbestände insbesondere der Anhang I-Arten Rotmilan und Wespenbussard durch Erhaltung und Weiterentwicklung der Bergwiesen und des sonstigen Grünlandes. Erhaltung und Weiterentwicklung von Altbeständen, Schaffung von Horstschutzzonen. 174

177 Erhaltung und Weiterentwicklung von Altbeständen, Schaffung von Horstschutzzonen sowie störungsfreien Ruhezonen in den Wäldern und entlang der Fließgewässer für den Schwarzstorch. Erhaltung und Weiterentwicklung von Beständen der Felsbrüter durch Schutz und Erhaltung der offenen Felsbiotope und umgebenden Hang- und Schluchtwäldern. Erhaltung von störungsfreien Ruhezonen in den Felsbereichen. Erhaltung des Anteils an gestuften Hecken, Kleingehölzen und Waldrändern mit hohem Dornstrauchanteil in den extensiv landwirtschaftlich genutzten Bergwiesen und an den angrenzenden Übergängen zu den offenen Feldfluren, insbesondere für den Neuntöter. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Für die 4 FFH-Gebiete innerhalb des EU SPA wurden Managementpläne erarbeitet. Als für den Vogelschutz besonders bedeutende Teilbereiche sind die FFH- Gebiete Bode- und Selketal zu nennen, deren laut Managementplan (SALIX 2010, BIETERGEMEINSCHAFT BODE- TAL 2011) vorgesehene Maßnahmen auf größere Teile der Laub- und Laubmischwälder im Vogelschutzgebiet übertragbar sind. Für den Vogelschutz liegt der Fokus für das Gesamtgebiet auf der Erhaltung der reich strukturierten Mittelgebirgslandschaft mit ihren zahlreichen naturnahen Habitaten sowie auf artbezogenen Erhaltungsmaßnahmen insbesondere für waldgebundene Vogelarten. In den FFH-Gebieten ist zur Erhaltung bzw. Entwicklung von Wald-Lebensraumtypen eine naturnahe forstliche Bewirtschaftung anzustreben, die in Teilbereichen eine extensive Bewirtschaftung aber auch nutzungsfreie Prozessschutzflächen beinhalten sollte (vor allem im und um das Bodetal). Eine intensive forstliche Nutzung könnte in Teilen der FFH-Gebiete den Schutzzielen entgegenstehen. Insbesondere in Buchen- und Eichen-Hainbuchenwäldern würden eine dauerwaldartige Bewirtschaftung mit einzelstamm- bis gruppenweiser Holznutzung sowie die Erhöhung des Totholzanteils zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes vor allem der Spechtarten beitragen. Insgesamt sollten ein mehrschichtiger Bestandesaufbau und ein mosaikartiges Nebeneinander verschiedener Waldentwicklungsphasen etabliert werden. Die Holzernte sollte möglichst so gestaffelt werden, dass jeweils ein angemessener Anteil Reifephase in der oberen Baumschicht verbleibt. Zur Wahrung bzw. Erhöhung des Anteils der Reifephase bieten sich verlängerte Umtriebszeiten für Eiche und Buche an. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen lokaler Populationen der Vogelarten des Anhang I der EU-VSchRL ist neben dem Schutz der Waldlebensräume auch der Schutz der Brutplätze und brütender Vögel angezeigt. Um die Brutplätze von Wanderfalke, Schwarzstorch und Rotmilan sind grundsätzlich Horstschutzzonen nach 28 NatSchG LSA einzuhalten. Dies sollte in Anlehnung an die gesetzliche Regelung auch für den Uhu gelten. Im Umkreis von 300 m um Niststandorte dieser Arten ist während der Brutzeit jegliche Störung zu vermeiden. Die Jagdausübung stellt eine solche Störung dar. An Brutplätzen von Sperlingskauz, Raufußkauz, Mittel-, Grau- und Schwarzspecht können unmittelbar angrenzende forstwirtschaftliche Maßnahmen während der Brutzeit ebenso Störungen verursa- EU SPA Nordöstlicher Unterharz Herbstfärbung der Laubwälder im Osten des EU SPA, rechts im Bild ist die Burg Falkenstein zu sehen (Foto: S. Ellermann). 175

178 EU SPA Nordöstlicher Unterharz chen. Eine ausreichende Zahl von Höhlenbäumen ist für diese Arten essentiell. Allein schon die zunehmende Erschließung der Wälder ist für störungssensible Arten wie den Schwarzstorch problematisch, da gleichzeitig ruhige und abgelegene Altholzbestände immer seltener werden. Eine Erweiterung des vorhandenen Wegenetzes, der Waldwegeausbau sowie sonstige touristische Erschließungen stehen deshalb innerhalb des EU SPA dem Schutzziel entgegen. Für Wanderfalke und Uhu sind aus Freizeitnutzungen resultierende Beeinträchtigungen im engeren Umfeld der Brutplätze zu minimieren. Die zahlreichen naturnahen Fließgewässer sind Lebensraum von Eisvogel, Wasseramsel und Gebirgsstelze. Es gilt diese zu sichern und keine negativ wirkenden Veränderungen (z. B. wasserbauliche Maßnahmen, Befahren der Bachabschnitte mit Maschinen) vorzunehmen. Für den Neuntöter bedeutende Strukturelemente (Feldhecken und andere kleinere Gehölzstrukturen) sind nicht nur zu erhalten, sie sind möglichst aufzuwerten und durch entsprechende arten- und strukturreiche Neupflanzungen standortheimischer Gehölze zu ergänzen. Große Bedeutung kommt auch der Erhaltung und der Nutzung der Offenlandflächen (Mähwiesen, Trockenrasen, Heiden, Verbuschungsstadien etc.) im EU SPA zu. Für die landwirtschaftliche Nutzung des Grünlandes in den FFH-Gebieten gelten allgemeine Grundsätze, wie z. B. kein Grünland-Umbruch, keine Umwandlung von Wiesen oder Mähweiden in Ganzjahres-Standweiden, keine Pferdebeweidung, kein Biozideinsatz. Zur langfristigen Erhaltung der Berg-Mähwiesen ist eine kontinuierliche und extensive Grünlandnutzung notwendig, die vorzugsweise durch eine einschürige, auf frischen bis frischfeuchten Standorten auch zweischürige Mahd erreicht werden kann. Eine Nachbeweidung mit Rindern zum 2. Aufwuchs bzw. eine Mahd-Weide-Wechselnutzung ist ebenfalls als günstig einzuschätzen. Bisher beweidete Bergwiesen sowie auch abgelegene oder schwer nutzbare Waldwiesen und Wiesentäler sollten soweit möglich in die Mahd einbezogen werden. Alleinige Beweidung stellt keine optimale Bewirtschaftung für Bergwiesen dar, ist jedoch auf stark exponierten, nicht maschinengängigen Hängen oft die einzige Möglichkeit der Nutzung (SALIX 2010). Dabei sollten angepasste, standorttypische Rinderrassen bevorzugt werden. Im Interesse einer weitgehend ungestörten Entwicklung und Naturverjüngung der Waldbestände sollte sich die Jagd im Vogelschutzgebiet auf Schalenwild und Neozoen konzentrieren. Im Interesse einer weiteren Beruhigung des Gebietes sowie einer ungestörten Entwicklung der Vogellebensgemeinschaft naturnaher Laubwälder sind Störungen zu minimieren. Die Jagd auf Vögel stellt eine solche Störung dar. Der Schwarzstorch und die hier brütenden Greifvogelarten unterliegen einer besonderen Gefährdung durch Windkraftanlagen. Da diese Arten regelmäßig auch außerhalb des EU SPA auf Nahrungssuche gehen sind die Vogelschutzziele grundsätzlich sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. In den Tälern stockende Laubwälder werden auf den Hochflächen von Fichtenforsten abgelöst (Foto: K. Mammen). 176

179 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Salziger See und Salzatal Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0020LSA EU-Nr.: DE Fläche: 650 ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0147 Salziger See (+) NSG0366 Salzatal zwischen Langenbogen und Köllme (+) FND0020ML_ Tausendsee (+) FND0021ML_ Grottenteich (+) FND0022ML_ Igelsumpf (+) FND0025SK_ Salz- und Trockenrasenvegetation bei Langenbogen (+) FND0026ML_ Erdfall am Bindersee (+) LSG0038ML_ Süßer und Salziger See (*) LSG0066SK_ Salzatal (*) NUP0006LSA Unteres Saaletal (*) b) nach internationalem Recht FFH0124LSA Salzatal bei Langenbogen (+) FFH0165LSA Salziger See nördlich Röblingen am See (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Salziger See und Salzatal, mit einer Gesamtgröße von 650 ha, befindet sich im Süden Sachsen-Anhalts zwischen Eisleben und Halle. Es gliedert sich in vier Einzelflächen. Je zwei Teilflächen gehören zum Salzigen See und zum ca. 2 km nordwestlich gelegenen Salzatal. Der 518 ha umfassende Bereich des Salzigen Sees wird von den Ortschaften Aseleben, Erdeborn, Röblingen am See und Amsdorf umgrenzt. Neben dem ehemaligen Salzigen See sind hier auch die Teufelsspitze und der Südwestteil des Bindersees Bestandteil des EU-Vogelschutzgebietes. Durch das Gebiet verlaufen die L 176 sowie die aus dem EU SPA ausgegrenzte B 80, an die die beiden Teilflächen Salziger See bzw. Teufelsspitze/ Bindersee unmittelbar angrenzen. Weiterhin gehören zum Vogelschutzgebiet Teile des Salzatals nordwestlich von Langenbogen sowie der gesamte Bereich von Langenbogen bis nach Köllme. Das EU SPA wurde im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet gemeldet (DORNBUSCH & FISCHER 2007). Die gesamte Fläche ist auch in der FFH-Gebietskulisse enthalten, als LSG ausgewiesen sowie teilweise Bestandteil des Naturparks Unteres Saaletal. Der größte Teil des Salzigen Sees, die Teufelsspitze, der südliche Bindersee sowie das Salzatal zwischen Langebogen und Köllme sind zudem als NSG unter Schutz gestellt. Naturräumlich ist das EU SPA dem Östlichen Harzvorland zugehörig. Auf lokaler Ebene gehört es zum Teutschenthaler Sattel, der in herzynischer Streichrichtung das Östliche Harzvorland von der Querfurter Platte trennt. Die Kali- und Steinsalzschichten und deren geologische Entwicklung im Teuschtenthaler Sattel sind eng mit der Entstehung des Salzigen Sees verbunden. Durch Salzauslaugungen des Untergrundgesteins verursachte Senkungen führten unter anderem zur Ausbildung des Seebeckens, in dem sich infolge des ständigen Zustroms salzhaltigen Wassers ein relativ hoher Salzgehalt einstellte. Der Salzige See war damals mit einer Größe von 875 ha das größte natürliche Stillgewässer Mitteldeutschlands (TROST & RAUCHHAUS 2000). Mit Intensivierung des Kupfererzabbaus wurden die Entwässerungsmaßnahmen im Gebiet zunehmend verstärkt. Folgen der bergbaulichen Wasserhaltung im Mansfelder Revier machten sich zunächst durch sinkende Wasserstände im Salzigen See sowie versiegende Quellen im Umland bemerkbar. Im Jahr 1892 kam es zu starken Wassereinbrüchen im Mansfelder Bergbaurevier, in deren Folge der Wasserspiegel des Salzigen Sees innerhalb kürzester Zeit drastisch absank. Zur Sicherung des Kupferschieferbergbaus wurde der See danach trockengelegt und schon 1895 konnte der entwässerte Seeboden ackerbaulich genutzt werden (WEISS 2000). Infolge dessen versiegten in den umliegenden Dörfern jedoch zahlreiche Brunnen und Mühlbäche, so dass das natürliche Vorflutsystem des Sees geändert werden musste. Die größeren Zuflüsse wurden in einem nördlichen und südlichen Ringkanal um die Seefläche herum geleitet und sicherten die Wasserversorgung der Dörfer und der Braunkohlegruben. Kleine Zuflüsse EU SPA Salziger See und Salzatal 177

180 EU SPA Salziger See und Salzatal Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen EU SPA Salziger See und Salzatal Lage und Lebensraumausstattung. Das Becken des ehemaligen Salzigen Sees ist größtenteils wieder vernässt (Foto: S. Ellermann). 178

181 und das sich im Seebecken sammelnde Wasser wurden in offenen Gräben zum Pumpwerk geführt, wo sich die Wasserströme vereinen und unter dem Namen Salza nordostwärts bis zur Saale fließen. Die Trockenlegung hatte auch den fast völligen Verlust der Verlandungs- und sonstigen Feuchtvegetation einschließlich der Salzstelle bei Erdeborn zur Folge. Die im Seebecken neu gewonnene Landfläche wurde in der Folge teils landwirtschaftlich genutzt. Mit der Einstellung des Kupferschieferbergbaus im Jahr 1970 wurde auch die Zwangswasserhaltung im Mansfelder Kupferschieferrevier beendet. Dies führte zu erhöhten Grundwasserständen und zu großflächigen Vernässungen im Becken des ehemaligen Salzigen Sees und im Salzatal (WEISS 2000). Der Wasserstand wird aber nach wie vor durch Abpumpen auf dem derzeitigen Niveau gehalten. Östlich von Langenbogen bildeten sich ausgedehnte Flachgewässer mit schwankenden Wasserständen und teils breiten Röhrichtgürteln heraus. Im Becken des ehemaligen Salzigen Sees hat sich ein Mosaik aus Äckern, Wirtschaftsgrünland, Brachen und diffus salzbeeinflussten Flachgewässern mit eutropher Verlandungsvegetation und temporären Schlammfluren entwickelt. Lokal ist die Salzbeeinflussung aufgrund von Salzquellen erhöht. Die wiedervernässten Bereiche des Salzigen Sees werden vor allem durch Röhrichtgesellschaften und salztolerante Ufergesellschaften geprägt. Als dominante halophile Art findet sich z. B. die Strandaster. Weiterhin vertreten sind Feuchtwiesen, Streuobstwiesen, Weidengebüsche sowie einige Trocken- und Halbtrockenrasen. Entlang des Ufers der Salza finden sich Schilfröhrichte und Weiden-Pappel-Gehölzreihen. Feuchtwiesen werden von Hochstaudenfluren oder artenreichen Mähwiesen eingenommen. An den Hängen des Salzatales kommen wertvolle Trockenrasengesellschaften vor. Tab. 58: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus LEHMANN et al. (2009) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach LEHMANN et al Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel 5 5, Zwergdommel Wespenbussard Wiesenweihe Rohrweihe 10 0, Rotmilan Schwarzmilan Wachtelkönig Tüpfelsumpfhuhn Kleines Sumpfhuhn Uhu Eisvogel 1 0, Neuntöter 69 0, Sperbergrasmücke 5 0, Blaukehlchen 28 11, Ortolan Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente 1 BV 0,7-1-5 Löffelente 2 4,4-1-5 Rebhuhn 1 0, Rothalstaucher 1 1, Schwarzhalstaucher 2 1,3-1-5 Wiedehopf 1 1,1-1-5 Schilfrohrsänger 20 2, Drosselrohrsänger > 8 0, Weitere bemerkenswerte Arten Wendehals 5 0, Raubwürger 1 0, Beutelmeise > 1 0, Bartmeise > Rohrschwirl > 4 0, Braunkehlchen 9 0, Schwarzkehlchen 10 0, Steinschmätzer EU SPA Salziger See und Salzatal Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die Vielfalt in der Vegetation des EU SPA Salziger See und Salzatal bietet sowohl Brutvögeln als auch Zug- und Rastvögeln unterschiedlichste Lebensräume als Brutplatz, Rast- und Nahrungshabitat. Im Gebiet konnten mehr als 125 Brutvogelarten nachgewiesen werden (STENZEL 2000). Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassungen wurden im Jahr 2007 entsprechende Daten von LEHMANN et al. (2009) erhoben. Die dabei erzielten Ergebnisse wurden ergänzt mit Daten zu Rohrdommel, Zwergdommel und Tüpfelsumpfhuhn aus den Jahresberichten zum Vogelmonitoring (FISCHER & DORNBUSCH 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009). Für das Blaukehlchen wurden die Daten Der Salzige See beherbergt die landesweit größte Blaukehlchenpopulation (Foto: E. Greiner). 179

182 EU SPA Salziger See und Salzatal Unter den Röhricht bewohnenden Vogelarten im EU SPA ist auch die Rohrdommel mit mehreren Brutpaaren vertreten (Foto: A. Hartl, LBV-Archiv). SCHULZE (2011) entnommen. Tab. 58 stellt die aktuellen Revierzahlen nach den o. a. Quellen dar. In den von Schilf und anderen Röhrichten geprägten Gewässern und Feuchtgebieten leben zahlreiche Vogelarten, darunter Rohrdommel, Zwergdommel, Rohrweihe, Tüpfelsumpfhuhn, Blaukehlchen, Schwarzhalstaucher, Schilfrohrsänger, Drosselrohrsänger, Rohrschwirl, Beutelmeise und Bartmeise (STENZEL 2000, LEHMANN et al. 2009). Für Rohrdommel, Zwergdommel, Tüpfelsumpfhuhn und Blaukehlchen ist das EU SPA eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts. Die Rohrweihe kommt am Salzigen See mit bis zu 10 BP vor (LEHMANN et al. 2009). Für die 1990er Jahre wurde der Bestand noch mit 22 BP angegeben (STENZEL 2000). Die Wiesenweihe brütete in der Vergangenheit sporadisch im Gebiet eine künftige Wiederbesiedlung ist nicht ausgeschlossen. Das Tüpfelsumpfhuhn war früher mit bis zu 6 rufenden Männchen vertreten (STENZEL 2000, WEBER et al. 2003), doch gelang im Erfassungsjahr 2007 kein Nachweis. Im Jahr 2008 war wieder ein Revier besetzt (FISCHER & DORNBUSCH 2009). Der Salzige See weist den höchsten Bestand des Blaukehlchens in ganz Sachsen-Anhalt auf. Die Landeserfassung ergab hier 28 BP (SCHULZE 2011). Damit beherbergt das EU SPA 11,2 % des Landesbestandes. Vom Eisvogel wurde 2007 ein Revier festgestellt. In den verbuschten Halbtrockenrasen und Streuobstwiesen finden Neuntöter und Wen- Die Brutvorkommen von Zwergdommel, Rohrdommel und Rohrweihe konzentrieren sich hauptsächlich auf den wieder entstandenen Salzigen See südlich der B80. Der Schilfrohrsänger kommt nur im südlichen Teil des EU SPA vor, der Rohrschwirl dagegen nur in den nördlichen Teilgebieten (Erfassungsjahre 2007 und 2009). 180

183 dehals optimale Habitatstrukturen vor. Auch Sperbergrasmücke, Raubwürger, Rebhuhn, Schwarzkehlchen und Braunkehlchen sind hier zu finden (STENZEL 2000, LEHMANN et al. 2009). Rastvögel: Zur Ermittlung der Zug- und Rastvogelbestände wurden vorhandene Daten aus der Wasservogelzählung, aus ornithologischen Jahresberichten, der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b) sowie gezielter Kartierungen in den Jahren 2010 und 2011 ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 59 dargestellt. Das EU SPA Salziger See und Salzatal hat eine große Bedeutung als Rast-, Mauser-, Durchzugs- und Überwinterungsgebiet für eine große Zahl an Vogelarten, die neben der Bedeutung als Brutgebiet wesentlich zur Ausweisung des Gebietes auch als Important Bird Area beigetragen hat (STENZEL 2000). Besonders wichtig ist das EU SPA als Rastgebiet für Gänse im Süden Sachsen-Anhalts, insbesondere für die Saatgans. Mit weit über Individuen rasten hier regelmäßig mehr als 1 % der Flyway-Population dieser Art. Im Standarddatenbogen wird für Saatgans und Blässgans sogar ein Rastbestand von bis Individuen angegeben und auch STENZEL (2000) nennt ein Rastvorkommen von mehr als Saat- und Blässgänsen, die den Aselebener Pumpensee als Schlafgewässer nutzen. Die Gewässer haben weiterhin eine überregionale Bedeutung als Mauserplatz für zahlreiche Entenarten (STENZEL 2000). Dabei sind vor allem Schnatterente, Krickente, Stockente, Löffelente und Tafelente Tab. 59: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Weißwangengans Moorente Zwergsäger Prachttaucher Rohrdommel Zwergdommel > Silberreiher Weißstorch Fischadler Wespenbussard Kornweihe Rohrweihe Rotmilan Schwarzmilan Seeadler Wanderfalke Merlin Kranich Tüpfelsumpfhuhn Goldregenpfeifer Pfuhlschnepfe Odinshühnchen Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Raubseeschwalbe Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Sumpfohreule Eisvogel Art. 4.2-Arten Höckerschwan Kanadagans Saatgans Blässgans Graugans Brandgans Schnatterente Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Pfeifente Krickente Stockente Spießente Knäkente Löffelente Kolbenente Tafelente Reiherente Schellente Gänsesäger Zwergtaucher Haubentaucher Schwarzhalstaucher > Kormoran Graureiher Sperber Mäusebussard Turmfalke Wasserralle Teichhuhn Blässhuhn Kiebitz Flussregenpfeifer Großer Brachvogel Zwergschnepfe Bekassine Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Alpenstrandläufer Zwergmöwe Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Mittelmeermöwe Steppenmöwe Bartmeise > Bergpieper EU SPA Salziger See und Salzatal 181

184 Tab. 60: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Salziger See und Salzatal. Art IBA-Kriterien Saatgans B1i, C3 Zwergdommel C6 Rohrdommel B2, C6 Tüpfelsumpfhuhn C6 Blaukehlchen C6 Allgemeingültige Kriterien C7 im Herbst und Winter regelmäßig mit bis zu mehreren Hundert Individuen auf. In Tab. 60 ist eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Salziger See und Salzatal dargestellt. Hier wird die große Bedeutung als Brutgebiet sowie Rastgebiet für eine Vielzahl von Vogelarten noch einmal hervorgehoben. EU SPA Salziger See und Salzatal zu nennen, die hier regelmäßig mit mehreren hundert Individuen auftreten. Im Bereich der Schlammflächen und Flachwasserzonen am Aselebener Pumpensee finden sich zur Zugzeit viele Kraniche und Limikolen, wie z. B. Kampfläufer und Kiebitz, ein. Nach STENZEL (2000) wurden hier bereits über 30 Watvogelarten nachgewiesen. Auch viele Möwenarten nutzen die Gewässer als Schlafplatz. Hier ist vor allem das Rastvorkommen von mehr als Sturmmöwen erwähnenswert. Doch nicht nur für Wat- und Wasservögel hat der Salzige See eine Bedeutung als Rastgebiet. Insbesondere die Schilfgürtel der Gewässer ziehen alljährlich zu den Zugzeiten eine Vielzahl von Kleinvogelarten an. Seit Mitte der 1990er Jahre findet daher eine intensive Erfassung des Kleinvogelzuges im Bereich der Schilfbestände statt (STENZEL 2000). Die Bartmeise, die ganzjährig im EU SPA vorkommt und auch im Gebiet brütet, tritt Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Salziger See und Salzatal ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Endgültige Schutz- und Erhaltungsziele werden derzeit im Rahmen der Erarbeitung des Managementplanes formuliert. Als vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele wurden definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 05/2009): Erhaltung und Entwicklung von großflächigen, störungsarmen Röhrichtbeständen, Altschilfbeständen und Großseggenrieden sowie von offenen störungsarmen Strukturen und aufgelockerten Bereichen mit annuellen Schlammfluren als Lebensraum für Rohrweihe, Wiesenweihe, Rohrdommel, Zwergdommel, Blaukehlchen (Anhang I) sowie Drosselrohrsänger, Schilfrohrsänger und Rohrschwirl (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung naturnaher, deckungsreicher Alle Teilgebiete des EU SPA Salziger See und Salzatal werden von Zugvogelarten als Rastgebiet genutzt. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

185 Gewässer mit reicher Unterwasservegetation aber auch offenen Schlammbänken für Löffelente, Schnatterente, Knäkente und Brandgans (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung naturnaher, fischreicher Fließgewässer mit natürlichen Uferabbrüchen als Nahrungsund Nisthabitat des Eisvogels (Anhang I). Erhaltung und Wiederherstellung extensiv genutzter, störungsarmer Feucht- und Nassgrünlandflächen, Hochstaudenfluren und hochwüchsigen, stellenweise vernässten Wiesen sowie verschilften Wiesenbereichen als Lebensraum von Wachtelkönig (Anhang I), Kiebitz, Bekassine und Braunkehlchen (Art. 4.2). Erhaltung von gestuften Hecken, Kleingehölzen, Feldgehölzen, Einzelbäumen und Waldrändern, die an extensiv genutzte, kurzrasige oder vegetationsarme Flächen grenzen als Lebensraum von Neuntöter, Sperbergrasmücke, Ortolan (Anhang I) sowie Raubwürger und Schwarzkehlchen (Art. 4.2). Erhaltung von Streuobstbeständen mit Altholzanteil, die reich an Höhlen sind und eine geringe Bodendeckung sowie eine geringe Wuchshöhe der Krautschicht aufweisen als Lebensraum von Wendehals und Wiedehopf (Art. 4.2). Erhaltung von höhlenreichen Strukturen an Geländesteilkanten oder fugenreichen Mauern und Steinhaufen als Habitat des Steinschmätzers (Art. 4.2). Erhaltung und Wiederherstellung der Gehölzbestände mit Altholzanteilen an den Talrändern und am Rande des Seebeckens als Brutgebiet und die Erhaltung des umliegenden, störungsarmen Offenlandes (Grünland) als Nahrungshabitat für Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan (Anhang I). Erhaltung des Gebietes als Rasthabitat durch Sicherung und Wiederherstellung einer großflächig störungsarmen Landschaft mit Offenland und ausgedehnten Feuchtgebieten und Wasserflächen sowie einer extensiv genutzten, offenen Kulturlandschaft mit Grünlandbereichen sowie Feldgehölzen und Hecken. Festlegungen zum Schutzzweck sind für maßgebliche, als NSG gesicherte Teile des Vogelschutzgebietes auch in den entsprechenden NSG-Verordnungen enthalten. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Für die landesrechtlich unter Schutz gestellten Teile des EU SPA sind in den Schutzgebietsverordnungen für das NSG Salziger See (1994) und NSG Salzatal zwischen Langenbogen und Köllme (2003) Einschränkungen der Freizeitnutzung (Angeln, Zelten, Feuer machen, Hunde frei laufen lassen, Lärmen etc.) sowie ein Betretungsverbot außerhalb der Wege enthalten. Verschiedene Freistellungen für das Betreten und Befahren durch Eigentümer und Nutzer sowie die ordnungsgemäße landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Bodennutzung sind mit einigen gebietsweise unterschiedlichen Einschränkungen gegeben. Gleichzeitig ist auch die Pflicht zur Duldung von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für Eigentümer und Nutzer festgelegt. Die Jagdausübung ist grundsätzlich erlaubt. Im NSG Salziger See darf größtenteils nur vom und vom und nicht auf Wasservögel und Rebhuhn gejagt werden. Im NSG Salzatal ist die Jagd auf Wasservögel dagegen gestattet und nur räumlich eingeschränkt. Für die Angelfischerei EU SPA Salziger See und Salzatal Zur Zugzeit ist im EU SPA in bemerkenswerter Anzahl auch der Kampfläufer anzutreffen (Foto: E. Greiner). 183

186 EU SPA Salziger See und Salzatal gelten gebietsweise formulierte Regelungen, wobei das Beeinträchtigen von Schilfzonen und dort brütenden Vogelarten entweder über ein direktes Verbot (Salziger See) oder durch räumliche und zeitliche Lenkung (Salzatal) umgesetzt wird. Mit den Verordnungen wird die Minimierung von Störungen und direkten Beeinträchtigungen von Arten bzw. Habitaten angestrebt. Die Vereinheitlichung der Regelungen innerhalb des EU SPA steht jedoch noch aus. Grundlage für die Erhaltung der Lebensstätten der charakteristischen und im Gebiet artenreich vertretenen Vogelwelt des EU SPA ist die Erhaltung der aus dem Grundwasseranstieg resultierenden vernässten Flächen. Hohe Wasserstände auf Grünlandflächen bis in den Mai bzw. Juni hinein ermöglichen zumindest in Teilbereichen vielen gefährdeten Wiesenbrüterarten erst erfolgreiche Bruten. Gleiches gilt für die extensive Grünlandnutzung, die gefördert werden sollte. Die Belange des Vogelschutzes sind entsprechend dem Schutzzweck bzw. den geltenden Schutz- und Erhaltungszielen stärker zu berücksichtigen und im Rahmen des Managementplans umzusetzen. Insbesondere kann dies durch die Einrichtung von Pufferzonen zwischen Acker- und Schilfflächen und durch die Umwandlung von intensiv genutzten in extensiv genutzte Ackerflächen im Seebecken erreicht werden. Auch sind in diesem Zusammenhang die Entbuschung der Trockenhänge mit anschließender Schaf- und Ziegenbeweidung, die Herrichtung von vorhandenen Weinbergmauern, eine Steilwandpflege sowie eine Rinder- bzw. Pferdebeweidung von Feuchtflächen und Salzstandorten zum Erreichen des Schutzzieles geeignet (vgl. auch RANA 2011a). Von Bedeutung sind die vielfältigen Strukturen mit Baumreihen, Einzelbäumen und Weichholzauensäumen, aber auch die naturnahe Gewässerstruktur. Für die in Schilfröhrichten brütenden Arten sind ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche erforderlich. Schilfmahd wirkt dem entgegen und sollte im EU SPA nicht bzw. nur unter Ausschluss sensibler Bereiche und bei Belassen ausreichend großer Ausweichflächen für Schilfbrüter durchgeführt werden. Die Vermeidung von Störungen, insbesondere in Schlaf-, Rast- und Nahrungsflächen während der Zugzeiten und im Winterhalbjahr, wird als eine wesentliche Schutzmaßnahme für das Gebiet angesehen. Auf die Jagd auf Vögel sollte daher zukünftig innerhalb des EU SPA verzichtet werden. Um Flugstrecken zwischen Schlafgebieten im EU SPA und umliegenden Nahrungsflächen zu gewährleisten sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. Das nördlichste Teilgebiet des EU SPA umfasst einen naturnah mäandrierenden Abschnitt der Salza bei Langenbogen (Foto: T. Stenzel). 184

187 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0021LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0165 Rabeninsel und Saaleaue bei Böllberg (+, bis auf kleine Grenzabweichungen) NSG0173 Saale-Elster-Aue bei Halle (+) NSG0183 Pfingstanger bei Wörmlitz (+) NSG0197 Luppeaue bei Horburg und Zweimen (*) NSG0323 Elsteraue bei Ermlitz (+, bis auf kleine Grenzabweichungen) NSG0364 Abtei und Saaleaue bei Planena (+) FND0003MQ_ NW-Ecke Döllnitzer Holz (+) FND0014MQ_ Lehmausstich nördlich der Leipziger Chaussee (+) FND0015MQ_ Lehmausstich am Fürstendamm öst. Meuschau (+) FND0041MQ_ Elsteraue bei Döllnitz (+) LSG0034HAL/SK_ Saaletal (*) LSG0034MQ_ Saale (*) LSG0045MQ_ Elster-Luppe-Aue (*) b) nach internationalem Recht FFH0141LSA Saale-, Elster-, Luppeaue zwischen Merseburg und Halle (+) FFH0143LSA Elster-Luppe-Aue (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle umfasst zwei Teilflächen mit einer Gesamtgröße von ha. Das westliche Teilgebiet beginnt nördlich von Bad Dürrenberg und umfasst die Saaleaue bis weit in das Stadtgebiet von Halle hinein, wo es an der Nordspitze der Peißnitzinsel endet. Ebenfalls eingeschlossen sind die von Osten in die Saale mündende Weiße Elster (ab Burgliebenau) und die Luppe (ab Lössen) einschließlich ihrer weitläufigen Auenbereiche bis hin zum Saalelauf. Östlich davon erstreckt sich das zweite, kleinere Teilgebiet des EU SPA, das die Elsteraue südlich von Ermlitz und die Luppe-Aue zwischen Zöschen und Maßlau umfasst. Das EU SPA wurde im Jahr 2000 an die EU-Kommission gemeldet wurden noch geringe Veränderungen an der Abgrenzung vorgenommen. Substanzielle Teile der Saale-Elster-Aue zwischen Döllnitz und der Peißnitz sowie bei Merseburg und auch das gesamte östliche Teilgebiet Elster-Luppe-Aue sind als FFH-Gebiete gemeldet. In etwas geringerem Umfang sind Teile des Gebietes auch als NSG ausgewiesen. Das EU SPA ist zudem fast vollständig in die LSG Saale bzw. Saaletal und Elster-Luppe-Aue eingegliedert. Naturräumlich befindet sich das Vogelschutzgebiet im Übergangsbereich zwischen dem Östlichen Harzvorland und dem Leipziger Land. Es hat Anteile an den Landschaftseinheiten Halle-Naumburger Saaletal und Weiße-Elster-Tal. Die Auenlandschaften befinden sich auf pleistozänen Sanden, Schottern und Kiesen, auf denen Auenlehme aufgelagert sind. Es finden sich vorrangig grundwasserbeeinflusste Böden, wie Vegen und Gleye. Das Gebiet der Elster-Luppe-Aue befindet sich im Becken der Weißen Elster, das durch Senkung auf Grund salztektonischer Vorgänge gebildet wurde. In diesem Becken südlich von Halle münden die Luppe und die Weiße Elster in die Saale. Die noch teilweise natürliche Auenlandschaft, vor allem der Saale-Elster-Aue südlich von Halle, ist dynamischen Wasserstandsänderungen unterworfen und wird mehr oder weniger regelmäßig von Hochwassern überflutet. Im Winkel zwischen Saale und Weißer Elster existieren viele Gewässer, da dieser Bereich nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer für längere Zeit durch Hochwasser überstaut werden kann (RANA 2011b). Im östlichen Teilgebiet des EU SPA wurde die Weiße Elster in weiten Teilen begradigt, während sich die dazu fast parallel verlaufende Luppe teils noch in natürlichen Mäandern windet. Insgesamt wird das Landschaftsbild in der Saale-, Elster- und Luppeaue von mehr oder weniger intensiv genutztem Grünland sowie perlenschnurartig entlang der Flüsse aufgereihten Auwaldrest gehölzen (z. B. Kreypauer Holz, Fasanerie, Hohndorfer und Kollenbeyer Holz, Döllnitzer Holz, Burgholz, Abtei) geprägt, die Lebensraum zahlreicher Tierarten sind (SCHULZE 2005). EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle 185

188 Binnengewässer Acker Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Laubwald Gebüsch/Vorwald Laubholz- und Gehölzkulturen anthropogen überformte Biotope EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle Lage und Lebensraumausstattung. Weiße Elster und Elsteraue bei Döllnitz (Foto: S. Ellermann). 186

189 Auch im Stadtgebiet von Halle finden sich auf der Rabeninsel und der Peißnitz insel noch Reste naturnaher Auenwaldkomplexe. Die Rabeninsel besitzt die wertvollsten Hartholzauenwälder der Stadt Halle mit über 260-jährigen Stieleichen. Natürliche Eichen-Ulmenwälder im Auenbereich wurden in Folge des veränderten Wasserhaushaltes, des Ulmensterbens und forstlicher Interessen zurückgedrängt und weisen heute höhere Anteile von Hybrid-Pappel, Esche und Ahorn auf. Bei Ermlitz, im östlichen Teilgebiet des EU SPA, finden sich die größten Auenwälder. Diese sind auf Grund der Wasserstandsregulierung der Luppe und der Eindeichung der Weißen Elster jedoch nicht mehr der natürlichen Hochwasserdynamik unterworfen und nur noch grundwasserbeeinflusst (SCHULZE 2005). Die Feuchtwiesen im EU SPA sind häufig intensiv genutzt, nur selten kommen natürliche Feuchtbiotope vor. Teilweise extensiv genutzte Wiesen beherbergen Arten wie den Großen Wiesenknopf oder die Sibirische Schwertlilie. Schilfröhrichte und Großseggenriede, beispielsweise bei Döllnitz südöstlich von Halle, sind nur noch selten vorkommende wertvolle Landschaftselemente. Ackerbaulich werden ca. 27 % des Gebietes genutzt, vor allem im Bereich der Saaleaue südlich von Halle bis nach Merseburg und Leuna. Die B 91, die Bahntrasse Halle-Erfurt und auch die ICE-Neubautrasse Halle-Erfurt durchqueren das EU SPA zwischen Halle und Merseburg. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die strukturreiche Saale-, Elster- und Luppeaue wurde geprägt von der natürlichen Überflutungsdynamik, und auch heute noch werden das Grünland und die erhaltenen kleineren Auenwaldreste zwischen Halle und Merseburg regelmäßig überflutet. Von größter Bedeutung für die Avifauna sind, neben den erhaltenen Auenwäldern, die in der Elsteraue zwischen Döllnitz und Burg gelegenen Überflutungsflächen, die von Rieden und Röhrichten dominiert sind und keiner oder nur extensiver Nutzung unterliegen (SCHULZE 2005). Tab. 61: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHULZE (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach SCHULZE 2005 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel 1 1, Zwergdommel 1 1, Weißstorch 2 0, Wespenbussard 2 0, Kornweihe Wiesenweihe Rohrweihe 4 0, Rotmilan 47 1, Schwarzmilan 69 4, Seeadler 1 2, Wachtelkönig 16 5, Tüpfelsumpfhuhn 1 3, Kleines Sumpfhuhn Eisvogel 9 1, Grauspecht 3-4 0, Schwarzspecht 14 0, Mittelspecht Neuntöter 110 0, Sperbergrasmücke Zwergschnäpper Blaukehlchen 13 5, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente 1 0, Löffelente 3 BV 6,7-1-5 Kiebitz 2 0, Wiedehopf 1 1,1 - - Schilfrohrsänger 10 1, Drosselrohrsänger 7 0, Weitere bemerkenswerte Arten Schellente Wachtel 10 0, Bienenfresser 9 1,6 - - Bartmeise 9 2,2-1-5 Grauammer 12 0, Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung von Brutvögeln wurde im Jahr 2004 eine flächendeckende Revierkartierung der wertgebenden Vogelarten durchgeführt (SCHULZE 2005). Ergänzungen zu Rohrdommel, Zwergdommel, Seeadler, Kleinem Sumpfhuhn, Löffelente, Schellente, Wiedehopf und Bienenfresser ergaben sich aus FISCHER & DORNBUSCH (2007, 2008, 2009, 2010b). Während der Erstellung des Managementplanes für das EU SPA (RANA 2011b) erfolgten ebenfalls Kartierungen zu Wiesenbrütern (Arten des Anhang I der EU-VSchRL, Arten der Roten Liste Kat. 1 und 2), die sich vor allem auf Wachtelkönig und Tüpfelsumpfhuhn konzentrierten, aber auch neue Bestandszahlen z. B. zum Bienenfresser erbrachten. Aktuelle Bestandszahlen für Wachtelkönig, Blaukehlchen, Rohr- und Zwergdommel wurden den Daten der landesweiten Arterfassungen (SCHULZE 2010a, 2011, 2012a) entnommen. Eine Übersicht der Revierzahlen ist in Tab. 61 enthalten. Für das Gebiet sind bedeutende Brutbestände des Rotmilans mit 47 BP (1,9 % des Landesbestandes) und des Schwarzmilans mit 69 BP (4,6 % des Landesbestandes) charakteristisch. Für beide Milanarten stellt die Saale-Elster-Aue damit eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts dar. Die hohe Rotmilandichte war auch einer der Gründe für die Ausweisung der Saale-Elster- Aue als EU SPA. Vor allem infolge der überregionalen Bestands entwicklung beider Arten hat sich das Häufigkeitsverhältnis von Rot- zu Schwarzmilan von früher 2:1 auf derzeit 2:3 verschoben, wobei die Bestandsabnahme des Rotmilans im von Grünland geprägten EU SPA weit geringer war als in intensiv ackerbaulich genutzten Regionen (SCHULZE 2005). Auch der Wespenbussard ist seit langem als seltener, aber regelmäßiger Brut vogel der Saale-Elster-Aue im Gebiet vertreten EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle 187

190 EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle (RYSSEL & SCHWARZ 1981, SCHULZE 2005). Seeadler wurden seit 2004 regelmäßig im Gebiet angetroffen, es handelte sich aber überwiegend um erfolglose Brutversuche, wie auch schon 1999 und 2001, oder um subadulte Vögel (SCHULZE 2005, FISCHER & DORNBUSCH 2009). Seit 2010 brütet ein Paar erfolgreich, 2011 zog es sogar drei Jungvögel auf (P. Tischler, pers. Mitt.). Horststandorte des Weißstorchs befinden sich innerhalb des EU SPA bei Kollenbey sowie zwischen Benkendorf und Holleben. Weitere Paare brüten in den Dörfern außerhalb des Vogelschutzgebietes und nutzen die Auenbereiche zur Nahrungssuche. Im Schilfgebiet bei Döllnitz wird fast alljährlich die Rohrdommel nachgewiesen (SCHULZE 2005, FISCHER & DORNBUSCH 2010b, SCHULZE 2012a). Auch die Zwergdommel konnte hier festgestellt werden (RYSSEL & SCHWARZ 1981, GEORGE & WADEWITZ 1997, RANA 2011b bzw. SCHULZE 2012a). Nach einer längeren Zeit ausbleibender Nachweise gelang P. Tischler im Jahr 2008 der Nachweis eines Reviers der Zwergdommel am Schachtteich bei Döllnitz (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Innerhalb des EU SPA existieren noch einige Röhrichte mit Potenzial als Bruthabitat, u. a. die Planenaer oder Schlettauer Teiche, Flutrinnen und Altarme am Döllnitzer oder Kollenbeyer Holz sowie am Burgholz und die alten Lehmgruben bei Meuschau (RANA 2011b). Weitere Arten der Schilfbestände sind Rohrweihe, Tüpfelsumpfhuhn, Kleines Sumpfhuhn, Blaukehlchen, Drossel- und Schilfrohrsänger. Das Tüpfelsumpfhuhn ist hinsichtlich der Brutplätze stark von der Überflutung des Grünlandes bis in den Mai/Juni hinein abhängig, was im Gebiet nur selten eintritt (SCHULZE 2005). Das Kleine Sumpfhuhn wurde innerhalb der Grenzen des heutigen Vogelschutzgebietes nach 1973 erst wieder 2006 nachgewiesen (RYSSEL & SCHWARZ 1981, FISCHER & DORNBUSCH 2007), weitere Feststellungen im Gebiet der Aue beziehen sich auf das benachbarte Kiesgrubengebiet Wallendorf (SCHULZE 2005) bzw. den Tagebau Lochau (GEORGE & WADEWITZ 1998). Die Feuchtwiesen im EU SPA werden vom Wachtelkönig besiedelt. Früher war der Wachtelkönig in der Region weit verbreitet (GNIELKA 1983/84). In den Jahren waren regelmäßig 9-39 Rufer anwesend, teils fehlte die für ihre starken Bestandsschwankungen bekannte Art aber auch (SCHULZE 2005). Der aktuelle Maximalbestand wird auf 12 Reviere beziffert (SCHULZE 2010a). Das Blaukehlchen war im EU SPA über lange Zeit als Brutvogel verschwunden. Erst Anfang der 1990er Jahre gelangen wieder Beobachtungen im Gebiet (SCHULZE 2005), und bei der aktuellen Landeserfassung wurden hier 13 BP festgestellt (SCHULZE 2011). Sowohl für den Wachtelkönig als auch für das Kleine Sumpfhuhn und das Blaukehlchen ist das EU SPA eines der fünf wichtigsten Brutgebiete in Sachsen-Anhalt, wobei für das Kleine Sumpfhuhn bislang kein Brutnachweis gelang. Die Flüsse Saale, Weiße Elster und Luppe bieten zudem Die Vorkommen von Wachtelkönig (Erfassung 2009) und Grauspecht (Erfassung 2004) sind in den strukturreichen Auen im Stadtgebiet und südlich von Halle zu finden. Mittel- und Schwarzspecht (Erfassung 2004) haben ihren Besiedlungsschwerpunkt im östlichen Teilgebiet des EU SPA, bewohnen jedoch auch die kleineren Auwaldreste in der Saaleaue von Halle bis Merseburg. 188

191 Der Rotmilan ist eine Charakterart der Saale-Elster-Aue (Foto: E. Greiner). EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle Für Rot- und Schwarzmilan ist die Saale-Elster-Aue eines der landesweit wichtigsten Brutgebiete (Erfassungsjahr 2004). 189

192 ein ideales Habitat für den Eisvogel, der an steilen Uferkanten im gesamten Gebiet brütet. Der Bestand wird für 2004 mit 9 BP angegeben. Diese hohe Bestandszahl zeichnet die Saale-Elster-Aue als eines der landesweiten Top-5-Gebiete für den Eisvogel aus, wobei der eigentliche Bestand sicher noch etwas höher liegt, da nicht alle potenziellen Brutplätze besetzt waren. Anders ist die Situation beim Kiebitz, der in der Elster-Luppe- und Saale-Aue noch in den 1960er und 1970er Jahren mit einem Bestand von bis zu 100 BP ein häufiger Brutvogel war (RYSSEL & SCHWARZ 1981, TAUCHNITZ 1981). Seit Ende der 1960er Jahre verlagerten sich Brutplätze zunehmend vom Grünland auf Ackerflächen (TEICHMANN 1975). Nachfolgend sank der Bestand drastisch ab, bis im Jahr 2004 innerhalb der Grenzen des EU SPA kein einziges Kiebitz- Revier mehr besetzt war (SCHULZE 2005). Derzeit ist der Kiebitz hier ein unregelmäßiger Brutvogel, der vor allem nach Überschwemmungen einzelne Reviere besetzt. Die meisten Bruten finden auf Ackerflächen statt, wo infolge von landwirtschaftlichen Bearbeitungsmaßnahmen und Prädation die Bruten meist ohne Erfolg bleiben. Die Auenwaldbestände des EU SPA werden von Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht bewohnt. Dabei ist der Mittelspecht mit Abstand die häufigste der drei Spechtarten mit deutlichem Schwerpunkt in den Auenwäldern bei Ermlitz und Horburg. Alle drei Arten waren früher im Gebiet eher selten, besonders Mittelund Schwarzspecht haben in den vergangenen Jahren merkliche Bestandszunahmen erfahren (ERDMANN 1973, RYSSEL & SCHWARZ 1981, GNIELKA 1983/84, GNIELKA & ZAUM- SEIL 1997, SCHULZE 2005). Die mit Hecken und Gebüschen strukturierten Auen werden von Neuntöter, Sperbergrasmücke und Grauammer besiedelt. Der Neuntöter brütet hier mit 110 Paaren und auch der Bestand der Sperbergrasmücke ist gemessen am Landesbestand mit 19 BP als relativ hoch zu bezeichnen (SCHULZE 2005). Weiterhin kommen einige Brutpaare vom Bienenfresser vor, auch einzelne Paare vom Wiedehopf. Tab. 62: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus WEBER et al. (2003) und den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan Zwergschwan Weißwangengans Rothalsgans Moorente Zwergsäger Rohrdommel Silberreiher Schwarzstorch Weißstorch Fischadler Kornweihe Rotmilan Seeadler Schreiadler Merlin Wanderfalke Kranich Goldregenpfeifer Bruchwasserläufer Kampfläufer Schwarzkopfmöwe Trauerseeschwalbe Flussseeschwalbe Sumpfohreule Eisvogel > Art. 4.2-Arten Höckerschwan Kanadagans Saatgans Blässgans Graugans Schnatterente Pfeifente Krickente Stockente Art Rastbestand* Rastbestand* nach WEBER et al Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Spießente Knäkente Löffelente Kolbenente Tafelente Reiherente Schellente Gänsesäger Mittelsäger Zwergtaucher Haubentaucher Schwarzhalstaucher Kormoran Graureiher Mäusebussard Raufußbussard Wasserralle Teichhuhn Blässhuhn Kiebitz Sandregenpfeifer Flussregenpfeifer Großer Brachvogel Zwergschnepfe Bekassine Dunkler Wasserläufer Rotschenkel Grünschenkel Waldwasserläufer Alpenstrandläufer Zwergstrandläufer Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe Bienenfresser Rauchschwalbe Uferschwalbe

193 Rastvögel: Zur Ermittlung der Zug- und Rastvogelbestände wurden vorhandene Daten aus der Wasservogelzählung, aus ornithologischen Jahresberichten, der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b), dem Managementplan für das EU SPA (RANA 2011b) sowie gezielten Kartierungen in den Jahren 2010 und 2011 ausgewertet und zusammengefasst. Die maximal erfassten Rastbestände der Jahre 2003 bis 2011 sind in Tab. 62 dargestellt. Neben seiner herausragenden Bedeutung als Brutgebiet ist das EU SPA Saale-Elster-Aue auch ein wichtiges Rast- und Überwinterungsgebiet für viele Wasser- und Watvogelarten. Regelmäßig rasten hier viele hundert Gänse und Enten. Die Tageshöchstzahlen von rastenden Blässgänsen liegen bei mehr als Individuen. Bemerkenswert sind ebenfalls die hohen Rastbestände von Möwen, so z. B. Tageshöchstzahlen von Lachmöwen bzw Sturmmöwen. Unter den rastenden Watvogelarten sind vor allem der Kiebitz mit knapp Individuen und die Bekassine mit einer festgestellten Tageshöchstzahl von 250 Individuen als bemerkenswert zu nennen. Weiterhin rasten in der Saale-Elster-Aue zahlreiche Große Brachvögel, Bruchwasserläufer und Kampfläufer. Dokumentiert sind auch größere Rastbestände des Schwarzstorchs mit bis zu 25 Individuen (WEBER et al. 2003), in den letzten Jahren wurden maximal 13 Individuen pro Tag festgestellt. In diesem Zusammenhang ist jedoch noch auf den Bereich der Elster-Luppe-Aue, der sich zwischen beiden Teilgebieten des EU SPA befindet und nicht in das Vogelschutzgebiet einbezogen ist, hinzuweisen. Hier befinden sich mit dem Wallendorfer und Raßnitzer See die ehemaligen Restlöcher 1a und 1b des Tagebaus Merseburg Ost, die 1998 bis 2000 mit Wasser der Weißen Elster geflutet wurden. Jeder der beiden Seen hat eine Wasserfläche von rund 300 ha. Westlich angrenzend wird außerdem Kiesförderung betrieben. Die dort entstehenden Flachwasser- und Inselbereiche sowie Schilfgebiete sollen nach Betriebsende als Bindeglied zur nahen Saaleaue fungieren. Die großen Wasserflächen und die bereits entstandenen Röhrichte werden seit einigen Jahren von Hunderten Graugänsen, zahlreichen Tauch- und Schwimmenten sowie Limikolen und im Winter von Tausenden Saat- und Blässgänsen, Steppen-, Silber-, Lach- und Sturmmöwen als Rastplatz genutzt. Die Saale-Elster-Aue ist außer für Wasser- und Watvögel auch ein wichtiges Rastgebiet für andere Vogelarten sowie ein bedeutendes Brutgebiet, insbesondere für viele seltene und gefährdete Arten. Für sechs Vogelarten stellt das EU SPA eines der Top-5-Gebiete dar. Die Erfüllung der IBA-Kriterien ist in Tab. 63 zusammengefasst. EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle Im EU SPA Saale-Elster-Aue wird das gesamte Offenland als Rastgebiet stark frequentiert. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

194 EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle Tab. 63: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle. Art Saatgans Rotmilan Schwarzmilan Wachtelkönig Kleines Sumpfhuhn Eisvogel Blaukehlchen Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B1i, C3 C6 B2, C6 B2, C6 C6 C6 C6 C7 Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Im Managementplan für das EU SPA (RANA 2011b) wurden endgültige Schutz- und Erhaltungsziele für das Gesamtgebiet definiert: Erhaltung bzw. Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere der Anhang I-Arten Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan sowie Seeadler. Erhaltung bzw. Wiederherstellung des Offenlandes, insbesondere der Grünlandflächen, und der Gewässer als Nahrungsraum im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, insbesondere Auenwäldern, sowie Feldgehölzen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Anhang I-Arten Mittelspecht, Grauspecht, Schwarzspecht sowie Erhaltung oder Wiederherstellung der Brutgebiete des Graureihers als gebietsprägender Art (Art. 4.2). Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer feuchter Auenwälder mit periodisch über längere Zeit Wasser führenden Flutrinnen, Ried- und Röhrichtflächen und feuchten Hochstaudenfluren, insbesondere auch als Lebensraum des gebietstypischen Schlagschwirls (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Brutvogelgemeinschaft von offenem Kulturland, insbesondere der Arten nach Anhang I Weißstorch, Wachtelkönig und der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Kiebitz, Bekassine, Braunkehlchen und Schafstelze. Erhaltung und Wiederherstellung der extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung und Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Arten nach Anhang I Sperbergrasmücke und Neuntöter und der Zugvogelarten (Art. 4.2) Wendehals und Schwarzkehlchen. Erhaltung von Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen im Komplex mit gestuften Hecken aus dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen, Obstbeständen, Größere Ansammlungen von Bekassine und Silberreiher finden sich vor allem in der Saaleaue bei Halle und Schkopau. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

195 höhlenreichen Einzelbäumen und strukturreichen Waldrändern. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft von Rieden und Röhrichtbeständen sowie Verlandungsbereichen mit Übergang zur Weichholzaue, insbesondere des Rohrweihen-, Rohrdommel-, Zwergdommel- und Blaukehlchen-Bestandes und Vorkommens des Kleinen Sumpfhuhns (Anhang I) und der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Drosselrohrsänger, Schilfrohrsänger und Beutelmeise. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemein schaft naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Eisvogel- (Anhang I) und Bienenfresser-Bestandes (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände naturnaher vegetationsreicher Stillgewässer mit deckungsreichen Ufern und wassergefüllter Wiesensenken mit Vorkommen des Tüpfelsumpfhuhns (Anhang I) und der Knäkente (Art. 4.2). Erhaltung der Funktion des Gebietes als Zugrastgebiet für Trauerseeschwalbe, Sumpfohreule, Silberreiher, Schwarzstorch, Kranich, Kampfläufer, Bruchwasserläufer, Moorente und Fischadler (Anhang I) sowie für Arten nach Art. 4.2, insbesondere Spießente, Löffelente, Pfeifente, Krickente, Knäkente, Schnatterente, Brandgans, Graugans, Saat- und Blässgans, Kormoran, Blässhuhn, Kiebitz, Großer Brachvogel, Bekassine, Rotschenkel, Waldwasserläufer, Flussuferläufer, Flussregenpfeifer, Alpenstrandläufer, Zwergstrandläufer, Lachmöwe, Sturmmöwe, Bienenfresser, Ufer-, Mehl- und Rauchschwalbe. Erhaltung der Funktion des Gebietes als Überwinterungsgebiet für Rothalsgans, Weißwangengans, Seeadler, Kornweihe, Merlin, Wanderfalke, Singschwan und Zwergsäger (Anhang I) sowie für Arten nach Art. 4.2, insbesondere für Saat- und Blässgans, Tafelente, Reiherente, Schellente, Gänsesäger und Raufußbussard. Erhaltung einer durch extensive Grünlandbereiche im Wechsel mit feuchten Wäldern, Hecken- und Gehölzstrukturen sowie Fließgewässern und Stillgewässern geprägten Landschaft. Darüber hinaus werden für die meisten Brutvogelarten nach Anhang I und Art. 4.2 der EU-VSchRL die Schutzund Erhaltungsziele noch habitatbezogen untersetzt. Für Rastvögel steht im Vordergrund die Erhaltung und Wiederherstellung der Rasthabitate, d. h. von weiträumigen, störungsarmen Überschwemmungswiesen mit über den Zeitraum des Hauptdurchzugs vorhandenen Wasserflächen, von naturnahen, störungsarmen Fließ- und Stillgewässern sowie von extensiver offener Kulturlandschaft, insbesondere von Grünlandbereichen mit eingestreuten Feldgehölzen/Hecken. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Grundlage für die Lebensstätten der charakteristischen und im Gebiet artenreich vertretenen Vogelwelt naturnaher Fließ- und Stillgewässer sowie des offenen Kulturlandes ist die Dynamik der reich strukturierten Überflutungsauenlandschaft. Daneben haben die vielfältigen Strukturen wie Baumgruppen, Einzelbäume und Auch der Bruchwasserläufer ist in der Saale-Elster-Aue als regelmäßiger Rastvogel anzutreffen (Foto: E. Greiner). Weichholzauensäume, aber auch die naturnahen Fließgewässerstrukturen, Altarme und Altwasser grundlegende Bedeutung. In diesem Sinne ist die periodische natürliche Überflutung weiter Teile des Gebietes durch Saale, Weiße Elster und Luppe zu gewährleisten bzw. zu fördern. Eine weitere Verbauung der Flüsse steht diesem Anspruch entgegen. Die Gewährleistung hoher Wasserstände auf Grünlandflächen bis in den Mai/ Juni mit dem Ziel des langsameren Abtrocknens der Wiesen nach Hochwasser ermöglicht erst erfolgreiche Bruten vieler gefährdeter Wiesenbrüterarten. Um einen günstigen Erhaltungszustand dieser Arten zu sichern ist zumindest in Teilbereichen ein Wassermanagement zu fördern. Gleiches gilt für die extensive Grünlandnutzung. Das Trockenlegen von Grünland, die Umwandlung von Grünland in Ackerland und eine weitere Intensivierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung (Düngung, zeitige Mahd etc.) stehen dem Schutzziel entgegen. Insbesondere die Erhaltung der vorhandenen Auenwälder und Auenwaldreste sind im Rahmen der Forsteinrichtung entsprechend zu untersetzen. Die Belange des Vogelschutzes sind entsprechend dem Schutzzweck bzw. den Schutz- und Erhaltungszielen im Rahmen des zukünftigen Gebietsmanagements auf der Grundlage des Managementplans (RANA 2011b) stärker zu berücksichtigen und umzusetzen. Dafür sind im Managementplan auch zahlreiche Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für Brutvogelarten nach Anhang I bzw. Art. 4.2 der EU-VSchRL vorgesehen. Als artbezogene Behandlungsgrundsätze aufgeführt sind u. a. die Erhaltung von Brutstandorten (Horste, Röhrichte, Wiesenbrüternester), der gesetzlich in 28 NatSchG LSA geregelte Horstschutz für Rotmilan und Seeadler, die Minderung von optischen/akustischen Störungen während der Brutzeit (u. a. ICE-Baustelle, Wegegebot, Einschränkung Jagd- und Forstnutzung, Gewässerunterhaltung nur außerhalb der Brutzeit), die Einschränkung störender Nutzungen im Habitat sowie die Erhaltung der von den betreffenden Brutvogelarten besiedelten Habitatkom- EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle 193

196 EU SPA Saale-Elster-Aue südlich Halle plexe. Flächenbezogene Maßnahmen für Erhaltung und Verbesserung von Brut- und Nahrungshabitaten und zur Störungsreduzierung sind z. B. eine regelmäßige Horstbaumkartierung zur Durchsetzung der Regelungen des 28 NatSchG LSA (Horstschutzzonen für Rotmilan und Seeadler) sowie ein jährliches Monitoring zur Abgrenzung von Wiesenbrüter-Brutplätzen (Tüpfelsumpfhuhn, Wachtelkönig, Kiebitz, Bekassine) und Abgrenzen von Nestschutzzonen (basierend auf Monitoring). Wenn kein Wachtelkönig-Monitoring erfolgt, sollten auf > 50 % der Wiesen in der Habitatfläche die Erstnutzungen erst nach erfolgen und Auflagen für die Mahd (Balkenmäher, langsames Tempo, von innen nach außen, Belassen von Schutzstreifen) eingehalten werden. Weitere, den Erhaltungszustand von Arten sichernde Maßnahmen sind die Anlage von großen Blänken bzw. Flachwasserbereichen auf den Wiesen nördlich Kollenbey (Seeadler, Kiebitz, Bekassine), das Abstechen von Steilwänden (Eisvogel, Bienenfresser) sowie die Anreicherung von potenziellen Höhlenbäumen (Altholz) durch dauerhafte Erhaltung von 3 Überhältern/ha glattschäftiger Baumarten (Schwarzspecht) bzw. von 5 Alteichen/ha (Mittelspecht), die Erhöhung der Umtriebszeit der Eiche und die Ausweisung von Naturwaldzellen. Im Managementplan werden auch einige Gebietserweiterungen des EU SPA angeraten, so für Rohr- und Zwergdommel, deren Populationen im EU SPA sehr klein und auf Zuwanderung angewiesen sind (betrifft Kiesgrube Burgliebenau, Tagebau Merseburg-Ost, Prüfung eines separaten EU SPA Kiesgruben Wallendorf/Schladebach), für den Eisvogel (Erweiterung auf gesamten Saalelauf mit Uferstreifen zwischen Gut Werden und Ostrau), sowie für das Blaukehlchen um eine Habitatfläche an der Reideaue. Für Rastvögel ist eine Flussdynamik mit periodischen Überschwemmungsereignissen essentiell, ebenso die Erhaltung der zeitweise überfluteten Grünländer und der großen Stillgewässer. Während der Zugzeit und im Winterhalbjahr sind Störungen auf Rast- und Nahrungsflächen in der Überschwemmungsaue, auf den Äsungsflächen nordischer Gänse und in den bedeutenden Rasthabitaten der Saale zu vermeiden. Dies muss bei Planungen zum Wege- und Straßennetz beachtet werden. Ein generelles Wegegebot und die Beschränkung des Befahrens der Wege auf Landnutzer sind geeignet, die Störungen weiter zu reduzieren. Während der Haupt rastzeiten und in bedeutenden Rastgebieten stellt die Jagd eine deutliche Störung dar. Die Verwendung von Bleischrot und die Jagd auf Vögel im Schutzgebiet und den umliegenden Rast- und Schlafgewässern stehen den Schutzzielen entgegen. Die wassersportliche Nutzung von Luppe und Weißer Elster wird ebenfalls als nicht mit den Schutzzielen des EU SPA verträglich angesehen. Zur Vermeidung von Nahrungsmangel bzw. Vergiftungen dürfen keine Rodentizide in den bedeutenden Rasthabitaten ausgebracht werden. Ein wichtiges Ziel des EU SPA ist es, einen ungehinderten Vogelzug sowie kürzere Flugstrecken zwischen Schlafgewässern im EU SPA bzw. den umliegenden Seen (Wallendorfer, Raßnitzer und Geiseltal-See, Kiesgrube Rattmannsdorf, Tagebau Lochau) einerseits und Nahrungsflächen außerhalb und innerhalb des EU SPA andererseits zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen und Leitungstrassen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Weiterhin sind nach Inbetriebnahme der das EU SPA durchquerenden, sich derzeit noch im Bau befindenden, ICE-Trasse erhebliche Lärmbelastungen der umliegenden Bereiche des EU-Vogelschutzgebietes zu erwarten. Die Lärmbelastung könnte sich negativ auf das Schutzziel auswirken, was Lärmschutzmaßnahmen notwendig machen würde. Überflutungsgebiet zwischen Weißer Elster und Markgraben nördlich des Döllnitzer Holzes Lebensraum von Wachtelkönig und Tüpfelsumpfhuhn (Foto: M. Schulze). 194

197 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Glücksburger Heide Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0022LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0196 Glücksburger Heide (*) b) nach internationalem Recht FFH0068LSA Glücksburger Heide (=) * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA Gebietsbeschreibung Das relativ kleine EU SPA Glücksburger Heide befindet sich im Osten von Sachsen-Anhalt an der Grenze zu Brandenburg nördlich der Stadt Jessen. Das EU-Vogelschutzgebiet umfasst ein jahrzehntelang intensiv militärisch genutztes Gelände, das ab 1936 der deutschen Luftwaffe zunächst als Bombenabwurfplatz diente. Es folgte die Nutzung eines Feldflugplatzes im Südwestteil und einer Startbahn im Norden im Bereich des späteren Hubschrauberlandeplatzes im 2. Weltkrieg. Mit der Übernahme des Geländes durch die Sowjetische Armee kam es nach 1945 mit Schießplatz und Flugbahn zu einer mehrfachen räumlichen Ausdehnung des militärisch genutzten Gebietes sowie zur großflächigen Sperrung für die Öffentlichkeit (SIMON et al. 2008). Ab Mitte der 1960er Jahre wurde das Gebiet zum Artillerieschießplatz mit Panzerbetrieb. Der intensive Übungsbetrieb ging einher mit dem Verlust der ursprünglich vorhandenen Eichen- und Buchenwälder und verhinderte in großen Teilen eine Wiederbewaldung des Gebietes. Panzerfahrtrassen und Schießbahnen sind teils noch heute sichtbar. Mit dem Abzug der Streitkräfte im Jahr 1992 endete die militärische Nutzung. Oberirdische Anlagen wurden weitestgehend zurückgebaut. Eine abschließende Munitionsberäumung erfolgte in den 1990er Jahren nur auf Teilflächen. Auf Grund noch vorhandener Restmunition ist auch heute eine forstliche oder touristische Nutzung weitgehend verboten (SIMON et al. 2008). Das ha große EU SPA ist damit größtenteils von äußeren Einflüssen verschont und bietet Rückzugsmöglichkeiten für viele Tier- und Pflanzenarten. Das EU SPA wurde im Jahr 2000 als Vogelschutzgebiet gemeldet und mit der Meldetranche 2003 im Flächenzuschnitt geringfügig verändert. Das EU SPA ist flächengleich auch als FFH-Gebiet gemeldet. Der größte Teil des Gebietes wurde bereits seit 2002 als NSG Mittlere Glücksburger Heide landesrechtlich geschützt, im Jahr 2011 als NSG Glücksburger Heide neu verordnet. Naturräumlich gehört die Glücksburger Heide zum südlichen Fläming-Hügelland sowie zur gleichnamigen Landschaftseinheit. Das Gelände steigt nach Süden von 80 auf 90 m über NN an. Die tiefstgelegenen Bereiche der Marcolinischen Wiesen im Westen erreichen nur 77,5 m über NN. Das Relief ist somit weitgehend eben, wobei kleine, meist anthropogen entstandene Hohlformen von max. 3 m Tiefe nicht selten sind (SIMON et al. 2008). Das Gebiet ist durch glazial und periglazial entstandene Böden gekennzeichnet. Lockere Sandböden und ein relativ geringer Jahresniederschlag von 533 mm sind für die potenzielle natürliche Vegetation der Kiefern-Eichenwälder verantwortlich. Aktuell finden sich teils Pionierwälder aus Birken und Kiefern bzw. Kiefernforste, in denen auf sauren Böden im Unterwuchs die Heidelbeere zu finden ist. Die Landschaft wird jedoch großflächig vor allem durch Zwergstrauchheiden und Sandtrockenrasen geprägt. Die dominierende Art der Heiden ist die Besenheide, die von Haarginster, Besenginster und Kriechweide durchsetzt ist. Wertvolle Silbergras- und Moosbestände bieten Lebensraum für seltene Laufkäfer, Heuschrecken, Vögel und andere Tiergruppen. Offenland- und Trockenbiotope werden jedoch mit fortschreitender Sukzession zunehmend zurückgedrängt und es entwickeln sich birken- und aspendominierte Vorwälder. Die Marcolinischen Wiesen im Westen des EU SPA sind grundwasserbeeinflusst und weisen noch seggen-, binsen- und hochstaudenreiche Bereiche auf. Durch Melioration in den angrenzenden Ackerflächen wurden artenreiche Feuchtbiotope allerdings stark zurückgedrängt, so dass sich weitläufige Landreitgras-Fluren ausbreiten konnten. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Als ehemaliger Truppenübungsplatz ist die Glücksburger Heide auch heute noch weitgehend für touristische und forstliche Nutzung gesperrt, so dass hier viele Vogelarten ein Rückzugsgebiet finden. Bereits 127 Vogelarten wurden hier nachgewiesen, von denen 98 Arten im Gebiet brüten (SIMON et al. 2008). EU SPA Glücksburger Heide 195

198 EU SPA Glücksburger Heide Fels- und Rohboden Acker Grünland Feuchtgrünland Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald EU SPA Glücksburger Heide Lage und Lebensraumausstattung. Blick vom Südrand der Heide aus nach Norden, Zustand 1992 (Foto: S. Ellermann). 196

199 Tab. 64: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHULZE & Meyer (2004) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art gen liegen auch von Wespenbussard, Rohrweihe und Rotmilan vor. Für diese Arten fehlt jedoch ein aktueller Brutnachweis, so dass der Bestand für diese Arten mit 0 bis 1 BP angegeben wird (SCHULZE & MEYER 2004, SIMON et al. 2008). Die Landeserfassung des Raufußkauzes erbrachte einige Nachweise für die Glücksburger Heide (PSCHORN 2011a), jedoch nicht innerhalb des EU SPA. Auch sind in der Glücksburger Heide einzelne Brutvor- Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach SCHULZE & MEYER 2004 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Wespenbussard 0-1 0, Kornweihe Rohrweihe 0-1 0, Rotmilan 0-1 0, Sumpfohreule Ziegenmelker , Schwarzspecht 2-3 0, Neuntöter , Heidelerche Sperbergrasmücke , Brachpieper 2 1, Ortolan 1-3 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Wiedehopf 1-2 2,2 0 - Weitere bemerkenswerte Arten Baumfalke 1-2 0,5 0 - Wendehals ,3 0 - Raubwürger 2-3 0, Schwarzkehlchen ,5 8 - Steinschmätzer 1-2 0,1 - - Brutvögel: Die systematische Ersterfassung in der Glücksburger Heide fand 2003 im Rahmen des Förderprojektes Erhaltung und Schutz von Zwergstrauchheiden auf ehemaligen Truppenübungsplätzen in Sachsen-Anhalt vor dem Hintergrund europäischer Naturschutzbestimmungen (NATURA 2000) am Beispiel des FFH- und EU-Vogelschutzgebietes Glücksburger Heide statt (SCHULZE & MEYER 2004). Im Abschlussbericht zu diesem Projekt (RANA 2005) sowie im Managementplan für das EU SPA (ÖKO & PLAN 2007) werden weitere Ergebnisse zum Brutvogelbestand dargestellt und schließlich in SIMON et al. (2008) zusammengefasst. Eine Übersicht über die aktuellen Brutvorkommen aller wertgebenden Arten nach SIMON et al. (2008) im Vergleich zu den Daten von SCHULZE & MEYER (2004) findet sich in Tab 64. Eine Charakterart der Glücksburger Heide ist der Ziegenmelker, der nahezu im gesamten Gebiet mit hoher Dichte vorkommt. SCHULZE & MEYER (2004) wiesen 117 Reviere im EU SPA sowie weitere 31 Reviere in den westlich vorgelagerten lichten Kiefernforsten und Birkenwäldern nach. Zu Projektabschluss wurde der Bestand von RANA (2005 in SIMON et al. 2008) auf 100 bis 200 BP geschätzt. Managementplan (ÖKO & Plan 2007) und SIMON et al. (2008) gehen jedoch von einem Maximalbestand von 100 bis 125 Revieren für das SPA aus, der die Kapazität der derzeit (noch) optimalen Habitatstrukturen im Gebiet ausschöpft. Davon ausgehend beherbergt die Glücksburger Heide das zweitgrößte Ziegenmelkervorkommen Sachsen-Anhalts und ist damit eines der Top-5-Gebiete für diese Art. Der Bestand kann als mehr oder weniger stabil angesehen werden. Heidelerche und Neuntöter kommen ebenfalls in hoher Dichte und fast im gesamten Gebiet vor (SIMON et al. 2008). Für die Heidelerche ist das Gebiet eines der fünf wichtigsten Gebiete Sachsen-Anhalts. Als weitere typische Bewohner von Sandheiden, Kiefernwäldern und Sukzessionsflächen brüten im Gebiet Wendehals, Raubwürger, Sperbergrasmücke, Brachpieper und Schwarzkehlchen (SCHULZE & MEYER 2004, SIMON et al. 2008). Der Brachpieper kam Mitte der 1990er Jahre noch mit BP vor (SIMON & SIMON 1996 in SCHULZE & MEYER 2004). Parallel zum Rückgang offener Sandflächen im Gebiet nahm der Bestand schnell ab, so dass SIMON et al. (2008) den Brachpieper nur noch als unregelmäßigen Brutvogel bezeichnen, dessen letzte zwei Reviere sich bereits auf einem suboptimalem Standort mit hohen Verbuschungsgrad und aufkommenden Kiefern befinden. Neben dem recht verbreiteten Wendehals ist in der Glücksburger Heide der Schwarzspecht mit 2 bis 3 BP ansässig. Er besiedelt die Kiefernbestände im Bereich der Randlagen (SIMON et al. 2008). Für andere Spechtarten sowie für Greifvögel bietet die Glücksburger Heide auf Grund des geringen Waldanteils dagegen keine optimalen Bedingungen. Mit 1 bis 2 Paaren kommt der Baumfalke vor (SIMON et al. 2008). Brutzeitbeobachtun- Für Greifvogelarten ist das EU SPA infolge des geringen Waldanteils nicht optimal, doch kommt der Baumfalke mit einzelnen Brutpaaren im Gebiet vor (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). EU SPA Glücksburger Heide 197

200 kommen von Wiedehopf, Steinschmätzer und Ortolan bekannt (SIMON et al. 2008). Für das Gebiet sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. In Tab. 65 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Glücksburger Heide zusammengefasst. Trotz seiner gegenüber anderen Heidegebieten Sachsen-Anhalts deutlich geringeren Flächengröße ist das Gebiet für zwei typische Brutvogelarten der Heiden eines der landesweit wichtigsten Brutgebiete. Schutz- und Erhaltungsziele Schutzziele im EU SPA Glücksburger Heide sind laut Standarddatenbogen die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der gemeldeten Lebensräume (einschließlich aller dafür charakteristischen Arten) und Arten nach FFH-RL und EU-VSchRL. Für das Gebiet wurden auf Grundlage des erstellten Managementplanes (ÖKO & PLAN 2007) Schutz- und Erhaltungsziele definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 06/2009): Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der offenen, trockenen Heidelandschaft, insbesondere der Arten nach Anhang I Tab. 65: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Glücksburger Heide. Art Ziegenmelker Heidelerche Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien B2, C6 C6 C7 Ziegenmelker, Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke und Brachpieper. Erhaltung der derzeit in einem günstigen Erhaltungszustand befindlichen Heideflächen durch geeignete Nutzung und Pflege (außer Flächen im Bombodrom ). Schaffung strukturreicher und möglichst ausgedehnter Übergangsbereiche zwischen Wald und Offenland zur Förderung von Ziegenmelker, Neuntöter, Heidelerche und Sperbergrasmücke (Anhang I) sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Raubwürger und Schwarzkehlchen. Verbesserung der Nahrungsbasis für Wespenbussard, Baumfalke und Ziegenmelker durch Zurückdrängen der Gehölzsukzession. Umwandlung großflächig aufgekommener, jüngerer Gehölzsukzession in Gehölzinseln innerhalb großer offener Heideflächen. Erhaltung eines hinreichenden Anteils an Gehölzsukzessionsstadien im Komplex mit Zwergstrauchheiden durch geeignete Maßnahmen in den derzeit bereits älteren Pionierwäldern außerhalb der am stärksten munitions belasteten Flächen. EU SPA Glücksburger Heide Auch für dieses ehemals militärisch genutzte Heidegebiet sind Ziegenmelker und Heidelerche typische und häufige Brutvogelarten, wohingegen der an offene Sandflächen gebundene Brachpieper infolge natürlicher Sukzession bei ausbleibender Nutzung bzw. Pflege zurückgeht (Erfassungsjahr: 2003). 198

201 Schutz, Erhaltung, Entwicklung und gegebenenfalls Verbesserung naturschutzfachlich wertvoller Biotope im Offenland zur Schaffung günstiger Lebensbedingungen für Offenland bewohnende Arten wie Neuntöter, Brachpieper (Anhang I), Wiedehopf, Raubwürger, Feldlerche und Steinschmätzer (Art. 4.2), insbesondere von Borstgras-, Mager- und Sand-Trockenrasen im Komplex mit offenen Sandflächen und Heide-Lebensraumtypen durch Zurückdrängen der Sukzession mittels entsprechender Pflegemaßnahmen. Schutz, Erhaltung, Entwicklung und gegebenenfalls Verbesserung naturschutzfachlich wertvoller, grundwasserbeeinflusster Offenland-Biotope im Bereich der Marcolinischen Wiesen, unter anderem zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensbedingungen für Rohrweihe und Kranich (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von mageren Flachland-Mähwiesen, Pfeifengraswiesen, Brenndolden-Auenwiesen, seggen-, binsen- oder hochstaudenreichen Nasswiesen und Seggenrieden sowie feuchten Hochstaudenfluren. Erhaltung des Erlenbruchwaldes. Erhaltung und Entwicklung des Bestandes von Wespenbussard, Rotmilan (Anhang I) und Baumfalke (Art. 4.2). Schutz, Erhaltung, Entwicklung und gegebenenfalls Verbesserung naturschutzfachlich wertvoller Wald-Biotope, unter anderem zur Herausbildung störungsfreier Bruthabitate für Greifvögel und Spechte, insbesondere durch dynamische Entwicklung der vorhandenen, derzeit von Birken und Kiefern dominierten Sukzessionswälder im Bereich der am stärksten munitionsbelasteten Flächen sowie durch Entwicklung naturnaher strukturreicher Laubmischwälder durch Umbau von Kiefernforsten in Bestände aus ausschließlich standortheimischen Baumarten mit der langfristigen Option des vollständigen Verzichts auf forstliche Nutzung. Für den Schwarzspecht (Anhang I) weiterhin Erhaltung von Höhlenbäumen > 25 cm Stammdurchmesser sowie Belassen von Alt- und Totholz. Schutz und Erhaltung weitestgehend störungsfreier Wald-Ackergrenzen zur Sicherung der Ortolan-Vorkommen (Anhang I). Extensive Nutzung der Ackerflächen im Süden des SPA, vorzugsweise Anbau von Roggen. Erhaltung bzw. Etablierung artenreicher Ackerrand- bzw. Saumstreifen entlang von Wegen. Schutz und Erhaltung des Bestandes der Feldlerche (Art. 4.2) durch Heidepflege. Der Neuntöter ist als Brutvogel im Gebiet zahlreich vertreten (Foto: E. Greiner). und für den Ziegenmelker langfristig einen Rückgang der Populationsgröße zur Folge haben. Möglichkeiten zum Offenhalten der Flächen sind Entkusselung, Brennen, Heidemahd und extensive Beweidung mit Schafen und Ziegen. Ziegenmelker und Heidelerche profitieren von der Erhaltung zusammenhängender Calluna-Heideflächen durch die im Managementplan (ÖKO & PLAN 2007) vorgesehenen Heidepflege-Maßnahmen. Optimal sind Heideflächen abwechselnd mit Waldstrukturen und strukturierten Säumen. Für die Erhaltung oder Neuentwicklung des lichten Birkenpionierwaldes auf forstlich genutzten Flächen im und außerhalb des NSG muss ebenfalls eine Regelung gefunden werden. Es ist auch zu prüfen, ob westlich angrenzende Flächen mit bedeutenden Ziegenmelkervorkommen in das EU SPA einbezogen werden können. EU SPA Glücksburger Heide Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist insbesondere die Erhaltung der mit Heide bewachsenen bzw. vegetationsarmen Offenlandbereiche notwendig. Das gegen den ständigen Sukzessionsdruck langfristig angestrebte Offenhalten großer Flächen ist für die bedeutenden Populationen der Offen- und Halboffenlandarten (z. B. Ziegenmelker, Heidelerche, Brachpieper) im Vogelschutzgebiet unabdingbar und muss infolge der fehlenden militärischen Nutzung durch Pflegemaßnahmen oder alternative Nutzungsformen gewährleistet werden (ÖKO & PLAN 2007, SIMON et al. 2008). Die Sukzession der derzeit besiedelten Habitate wird für die Heidelerche kurz- bis mittelfristig Lückiger verjüngter Heidebestand mit Birkenaufwuchs im Südosten des EU SPA (Foto: F. Meyer). 199

202 EU SPA Glücksburger Heide Für den Brachpieper wird im Gebiet perspektivisch wieder eine Etablierung von 3 bis 5 (bis 7) BP angestrebt (SIMON et al. 2008). Ohne konkrete Pflegemaßnahmen wird die Art jedoch bereits kurzfristig verschwinden. Für eine erfolgreiche Wiederbesiedlung durch den Brachpieper sind noch intensivere Pflegemaßnahmen als für den Ziegenmelker notwendig. Insbesondere ist die Wiederherstellung von niedrigwüchsigen, unverkusselten Flächen mit hohem Anteil Rohbodenflächen aus Sand und Sandtrockenrasen sowie leicht verkusselte Heide-Sandmagerrasen-Komplexe mit max. 10 % Gehölzdeckung anzustreben. Als grundlegende Pflegemaßnahme kommt dafür nur (großflächiges) Plaggen in Frage, unterstützt durch Mahd, Beweidung, und kontrolliertes Brennen (SIMON et al. 2008). Infolge der Munitionsbelastung muss jedoch in weiten Teilen des Gebietes auf in die obere Bodendecke eingreifende Pflegemaßnahmen verzichtet werden, so dass die Wiederherstellung einer stabilen Population des Brachpiepers wenig realistisch ist (RANA 2005). Der Gehölzaufwuchs in den stark munitionsbelasteten Bereichen kann nur der natürlichen Sukzession überlassen werden. In den Laubmischwäldern mit Eiche, Birke, Aspe und Kiefer kann, unter Berücksichtigung von Hainbuche bzw. Rotbuche auf den besser wasserversorgten Standorten im Südwesten, eine natürliche Waldentwicklung erfolgen. Die flächigen jungen Kiefernbestände sollten zu naturnahen und standortangepassten Waldgesellschaften (Eichen-Kiefernwälder) umgebaut werden, wobei auf die Entwicklung ausreichend großer Altholzblöcke abzuzielen ist. Zur Erhaltung der Spechtpopulationen ist generell der Totholzanteil zu erhöhen. Höhlenbäume, insbesondere alte Buchen sind als Brutplatz für den Schwarzspecht zu erhalten bzw. zu entwickeln. Alte Kiefern in Waldrandnähe sollten als Horstbäume belassen werden. Die kleinen Erlenbruchwälder im Umfeld der Marcolinischen Wiesen sollten einer ungestörten Entwicklung vorbehalten bleiben. Für die charakteristischen und in hohen Anzahlen vorkommenden Halboffenlandarten Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke und Ortolan sind wesentliche Strukturelemente zu erhalten und aufzuwerten. Für diese Arten, besonders aber für den Brachpieper und den Ziegenmelker, sind auch benachbarte vegetationsarme bzw. -freie Stellen wichtig, die auf Dauer nur durch regelmäßige Pflegeeingriffe zu sichern sind. Gleiches gilt für das Offenhalten der Marcolinischen Wiesen im Westen des EU SPA, z. B. durch gezielte extensive Nutzung (Mahd, Beweidung). Eine partielle Wiedervernässung, z. B. durch Verschluss von Entwässerungsgräben, könnte die Attraktivität der Wiesen als Brutstandort für Arten des Anhang I (Rohrweihe, Kranich) und für Wiesenbrüter deutlich erhöhen. Als Rotwildeinstandsgebiet mit traditionellem Brunftplatz kommt der Glücksburger Heide auch heute noch besondere jagdliche Attraktivität zu. Federwild wird derzeit nicht bejagt (SIMON et al. 2008). Grundsätzlich sollte aber die Jagd auf alle Vögel im EU SPA unterbleiben. Ziegenmelker reagieren gegenüber Windkraftanlagen sehr empfindlich. Das Monitoring in mehreren Brandenburger Windparks zeigte, dass nach Inbetriebnahme % der Ziegenmelker-Reviere in den Parks aufgegeben wurden und die Meidungsabstände zu WKA m betrugen (LANGGEMACH & DÜRR 2012). Auch wenn derzeit die Munitionsbelastung in weiten Teilen des Gebietes Erdarbeiten unmöglich macht, muss darauf hingewiesen werden, dass grundsätzlich die Vogelschutzziele, insbesondere der Schutz des Ziegenmelkers, sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen sind. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Stark vergraste und pflegebedürftige Heidefläche mit Birkenpionierwald (Foto: F. Meyer). 200

203 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0023LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0175 Alte Elster und Rohrbornwiesen (+) b) nach internationalem Recht FFH0074LSA Gewässersystem Annaburger Heide südöstlich Jessen (*) FFH0075LSA Alte Elster und Rohrbornwiesen bei Premsendorf (+) FFH0176LSA Annaburger Heide (+) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Die Annaburger Heide ist ein Ländergrenzen übergreifendes Waldgebiet im Landkreis Wittenberg. Neben Sachsen-Anhalt haben auch der Freistaat Sachsen und das Land Brandenburg Anteile an diesem Gebiet. Das EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide erstreckt sich in Sachsen-Anhalt von der Landesgrenze zu Brandenburg ausgehend bis fast an die Stadt Annaburg heran. Im Norden wird es durch die Ortschaften Löben, Premsendorf und Arnsnesta bzw. den Lauf der Schwarzen Elster begrenzt, im Südwesten verläuft die Gebietsgrenze durch den Forst. Insgesamt umfasst das EU SPA eine Fläche von ha. Das EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide wurde im Jahr 2000 gemeldet. Etwa die Hälfte der Fläche ist auch Bestandteil der im Gebiet ausgewiesenen 3 FFH-Gebiete. Ein kleiner Teil im Norden des EU SPA entlang der Schwarzen Elster ist als NSG Alte Elster und Rohrbornwiesen unter Schutz gestellt. Innerhalb des Naturraumes Elbe-Mulde-Tiefland gehört die Region zum Elbe-Elster-Tiefland. Die entsprechende Landschaftseinheit Sachsen-Anhalts trägt die Bezeichnung Annaburger Heide und Schwarze- Elster-Tal. Die Annaburger Heide ist durch pleistozäne Bodenentwicklung charakterisiert, wobei das EU SPA mit der Elsteraue und der eigentlichen Annaburger Heide aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen besteht (SIMON 2005). Vorherrschende Böden im Bereich des saalekaltzeitlichen Urstromtales und in den flachen Flussauen am Rande des Gebietes sind grundwasserbeeinflusste Auenböden wie Sand- und Decklehm- Gleye. Bei der Annaburger Heide handelt es sich um Sandflächen mit waldbestandenen Dünenkomplexen auf einem Höhenniveau zwischen 76 und 100 m über NN. Die Dünen sind mit Sand-Rankern oder gering entwickelten Sand-Braunerden bedeckt (BFN 2013). Die militärische Nutzung der Annaburger Heide wurde in den 1950er Jahren durch die Nationale Volksarmee begonnen. Innerhalb weniger Jahre entstanden zunächst mehrere Truppenübungslager und zwei Panzerschießplätze. Der Truppenübungsplatz wurde ständig weiter ausgebaut und modernisiert und erhielt einen Bahnanschluss ( wurde das Gelände in einen Standortübungsplatz umgewandelt. Heute ist die Annaburger Heide Bestandteil des gleichnamigen militärischen Sicherheitsbereiches (MSB) des Bundeswehrstandortes Schönewalde/Holzdorf mit den drei Ausbildungseinrichtungen Standortübungsplatz Holzdorf, Schießgelände und Übungsraum für fliegende Kräfte (Lastenabwurfzone). Die Nutzung des MSB Annaburger Heide erfolgt überwiegend durch die Unteroffiziersschule des Heeres Delitzsch, durch die vor Ort stationierten Verbände und Einheiten der Luftwaffe sowie eine Vielzahl anderer Truppenteile, jedoch dient das Gelände auch für zivile Übungen von DRK, THW und Polizei (BROSCHUERE.DE 2007). Seit 1954 befindet sich das Gebiet in ständiger militärischer Nutzung. Da weite Teile der Annaburger Heide als Sperrgebiet nicht zugänglich waren bzw. sind, konnte sich die Natur hier weitgehend ungestört entwickeln. Teilweise erfolgt eine forstwirtschaftliche Nutzung. Vorrangig sind im EU SPA Kiefernforste vorhanden, jedoch auch Mischwälder mit teils sehr alten Eichen. Die offenen Dünenbereiche und die ausgedehnten Heideflächen stellen interessante Habitate für verschiedene Tierarten dar. Jedoch kommt es auf den nicht mehr genutzten Schießplätzen zu fortschreitender Sukzession durch Birkenaufwuchs und Kiefernverjüngung. Eingestreut in die genannten Lebensräume sind Gräben, anmoorige Bereiche und Erlenbruchwäldchen. Gewässer, Feuchtgebiete und Grünland sind dabei vor allem im Norden und Nordwesten des EU SPA vorhanden, wie im NSG Alte Elster und Rohrbornwiesen. Die Wasserqualität der Schwarzen Elster hat sich deutlich verbessert, was sich in einer größeren floristischen Vielfalt niederschlägt. Auch sind noch einige Elemente der Hartholzaue, z. B. die Stieleiche, vorhanden. EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide 201

204 Fels- und Rohboden Acker Grünland Feuchtgrünland Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide Lage und Lebensraumausstattung. Offenlandbereich im Südwesten des EU SPA, Zustand 2004 (Foto: F. Meyer). 202

205 Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die Annaburger Heide ist Lebensraum einer charakteristischen Vogelwelt der Heide- und Offenlandbiotope. Zusätzlich bereichern die artenreichen Altwasser und Feuchtwiesen das Gebiet und bieten vielen weiteren Brutvögeln sowie Zug- und Rastvögeln ein geeignetes Nahrungshabitat. Das Gebiet genießt weitgehende Störungsfreiheit und bietet störungssensiblen Arten wie Schwarzstorch, Seeadler und Kranich sichere Rückzugsgebiete. Brutvögel: Die systematische Erstinventarisierung der Brutvogelfauna im EU SPA Annaburger Heide fand in den Jahren 2003 und 2004 durch SIMON (2005) unter Mitarbeit von U. Simon, H. Rehn, M. Barth und U. Zuppke statt. Ergänzt wurden die dabei erzielten Ergebnisse um Daten zu Wiedehopf, Krick- und Knäkente aus FISCHER & DORNBUSCH (2006) sowie zum Raufußkauz aus PSCHORN (2011a). In Tab. 66 ist die Revierzahl der wertgebenden Arten dargestellt. Das weitgehend störungsfreie EU-Vogelschutzgebiet Annaburger Heide bietet Lebensraum für eine Vielzahl gefährdeter Vogelarten. Vor allem störungssensible Arten wie Schwarzstorch, Seeadler und Kranich finden hier geschützte Brutmöglichkeiten vor. So ist die Annaburger Heide eines der Top-5-Gebiete für den Kranich. Er brütet in grundwassernahen Bereichen, die sich überwiegend entlang von Altwassern im Bereich der Elsteraue befinden. Ebenfalls schwerpunktmäßig in der Elsteraue ist der Eisvogel zuhause (SIMON 2005). Für den Schwarzstorch wird von SIMON (2005) auf Grund von Brutverdachtsbeobachtungen ein Bestand von 0 bis 1 BP angegeben. In den 1990er Jahren brüteten im EU SPA noch 2 Paare. Zu dieser Zeit war auch der Seeadler noch nicht im Gebiet. Erstmalig wurde 1999 ein Revierpaar für diese Art festgestellt, 2003 dann der erste Brutnachweis. Inzwischen ist regelmäßig 1 BP anwesend. Die Waldbereiche im EU SPA sind Lebensraum des Wespenbussards, der hier mit 3 bis 5 Paaren brütet (SIMON 2005). Damit ist die Annaburger Heide eines der fünf wichtigsten Brutgebiete dieser Greifvogelart in Sachsen-Anhalt. Vom Schreiadler liegen verschiedene Brutzeitbeobachtungen vor, zuletzt 2003 (SIMON 2005). Ziegenmelker und Schwarzspecht sind in der Annaburger Heide nahezu flächendeckend vertreten. Während der Schwarzspecht die gesamten Waldbereiche besiedelt, sind bevorzugte Habitate des Ziegenmelkers Offen- und Halboffenlandstrukturen, wie die ehemals als Schießplatz genutzten großen Freiflächen, aber auch mit Kiefern und Birken bestockte Vorwald- bzw. Sukzessionsstadien. Von der hohen Dichte des Schwarzspechts profitiert der Raufußkauz, der alte Spechthöhlen als Brutplatz nutzt. Er wurde erstmalig durch die Erfassung von SIMON (2005) im Jahr 2003 nachgewiesen und mit einem Bestand von 5 bis 8 BP Tab. 66: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SIMON (2005) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach SIMON 2005 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch 0-1 3, Wespenbussard 3-5 1, Schreiadler BZB Wiesenweihe 0-1 1, Rohrweihe 2-4 0, Rotmilan 3-5 0, Schwarzmilan 1-2 0, Seeadler 1 2, Kranich 5-8 2, Raufußkauz 5-8 4, Ziegenmelker , Eisvogel 1-3 0, Grauspecht 0-1 0, Schwarzspecht , Mittelspecht 2 0, Neuntöter , Heidelerche , Sperbergrasmücke 1-5 0, Brachpieper Ortolan 2-5 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Knäkente 1 BV 0, Kiebitz , Bekassine , Flussuferläufer Wiedehopf 6 6, Drosselrohrsänger , Weitere bemerkenswerte Arten Krickente 5 BV 11,1 - - Turteltaube Raubwürger Schwarzkehlchen , Steinschmätzer , Die Waldbereiche im EU SPA sind Lebensraum des Wespenbussards (Foto: R. Schöne). EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide 203

206 Tab. 67: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide. Art Wespenbussard Kranich Raufußkauz Ziegenmelker Neuntöter Heidelerche Brachpieper Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C6 C6 B2, C6 C6 C6 C6 C7 EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide Für den Raufußkauz ist die Annaburger Heide eines der bedeutendsten Brutgebiete Sachsen-Anhalts (Foto: M. Bosch, LBV-Archiv). angegeben, womit der Annaburger Heide der Status eines Top-5-Gebietes auch für diese Art zukommt. Die landesweite Raufußkauzerfassung (PSCHORN 2011a) wies mit 6 BP einen Bestand in gleicher Größenordnung nach. Für den Grauspecht wurde 2004 der Erstnachweis für die Annaburger Heide erbracht. Der Mittelspecht wurde für das EU SPA erstmals im Rahmen der landesweiten Kartierung (MAMMEN & MAMMEN 2012) nachgewiesen. Die ermittelten 2 Reviere befanden sich in den äußersten Randbereichen der Waldbestände des EU SPA. Der Hauptteil des EU-Vogelschutzgebietes war auch nicht Bestandteil der kartierten Probefläche. Daher sind weitere Reviere des Mittelspechtes im Gebiet wahrscheinlich. Charakterarten für die offene Landschaft des EU SPA sind Neuntöter, Heidelerche, Raubwürger, Schwarzkehlchen und Steinschmätzer. In den Offenlandflächen des EU SPA ist die Heidelerche sehr häufig, während die Wälder vom Schwarzspecht und auch vom Raufußkauz, der als Nachnutzer in den Schwarzspechthöhlen brütet, besiedelt sind (Erfassungsjahr 2003/04). 204

207 Auch Wiedehopf, Brachpieper und Sperbergrasmücke kommen hier vor (SIMON 2005). Für Neuntöter, Heidelerche und Brachpieper stellt das EU SPA ebenfalls eines der Top-5-Gebiete Sachsen-Anhalts dar. Auch wenn im EU SPA kleinere Flächen für Zug- und Rastvögel geeignet sind, sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelzahlen bekannt. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. In Tab. 67 wird eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide gegeben. Die große Bedeutung als Top-5-Gebiet in Sachsen-Anhalt für insgesamt 7 Arten nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie wird hier noch einmal hervorgehoben. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. In Anbetracht der Gebietsausstattung und der dort vorkommenden Vogelarten ergeben sich folgende Schutz- und Erhaltungsziele für das Gebiet: Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der offenen Heidelandschaft, insbesondere der Arten nach Anhang I Ziegenmelker, Brachpieper und Heidelerche. Erhaltung und Wiederherstellung der trockenen Offenlandflächen mit lichter, niedriger Vegetation und stellenweise vegetationslosen Bereichen in Randbereichen zu aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Heidelandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I) sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Wiedehopf, Raubwürger, Schwarzkehlchen und Steinschmätzer. Erhaltung von offenen Gebieten mit Büschen und Kleingehölzen sowie stellenweise vegetationsarmen Bereichen im Komplex mit aufwachsender Sukzession. Erhaltung und Anlage von Steinhaufen. Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere von Wespenbussard, Seeadler, Rot- und Schwarzmilan (Anhang I). Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes, hier vor allem der Heideflächen, im Wechsel mit teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern, sowie Einzelbaumgruppen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Schwarzstorch, Kranich, Raufußkauz, Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht (Anhang I). Erhal- EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide Ziegenmelker, Raubwürger und Wiedehopf bewohnen vor allem die miteinander verzahnten Übergangsbereiche zwischen Wald und Offenland im Bereich der ehemaligen Schießplätze bzw. lichte Kiefern- und Birkenwälder oder auch Kahlschläge. Steinschmätzer sind nur im Offenland mit zur Brut geeigneten Strukturen zu finden (Erfassungjahr 2003/04). 205

208 EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide tung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer, teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzter oder zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltender Wälder. Erhaltung von angrenzenden störungsarmen Feuchtwiesen, Nassbrachen und Gewässern als geeignetes Nahrungshabitat für Schwarzstorch und Kranich. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände von naturnahen Kleingewässern, Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere der Bestände von Rohrweihe und Kranich (Anhang I) sowie Drosselrohrsänger (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung von ausgedehnten Verlandungszonen mit Altschilfbeständen und aufgelockerten Bereichen. Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft des offenen Kulturlandes, insbesondere der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Kiebitz und Bekassine. Erhaltung und Wiederherstellung der teils mosaikartig, extensiv genutzten Feucht- und Nasswiesen und -brachen sowie Hochstaudenfluren als ihre vorrangigen Lebensräume. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaft naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Eisvogelbestandes (Anhang I). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Das EU SPA Vogelschutzgebiet Annaburger Heide weist sehr unterschiedlich strukturierte Teilgebiete und dadurch eine sehr artenreiche und charakteristische Vogelwelt auf. Um diese Vielfalt langfristig zu sichern, sind sowohl Waldbereiche als auch mit Heide bewachsene, vegetationsarme oder nässebeeinflusste Offenlandbereiche von besonderer Bedeutung. In den bewaldeten Bereichen ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit dem Ziel der Entwicklung naturnaher und standortangepasster Waldgesellschaften und ausreichend großer Altholzblöcke anzustreben. Insbesondere der Schwarzspecht ist beim Höhlenbau auf starkes Altholz angewiesen. Schwarzspechthöhlen wiederum sind Voraussetzung für eine Besiedlung durch den Raufußkauz. Stabile Vorkommen von Grau- und Mittelspecht erfordern Alteichen. Insofern sind in jüngeren Beständen Bereiche zur Altholzentwicklung vorzusehen sowie ausreichend Totholz und Höhlenbäume zu erhalten. Weiterhin sind für die charakteristischen und in hohen Anzahlen vorkommenden Halboffenlandarten Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke sowie Ortolan Strukturelemente bedeutsam. Sie sollten erhalten und aufgewertet werden. Für diese Arten sind, ebenso wie für den Brachpieper und den Ziegenmelker, auch benachbarte vegetationsarme Flächen wichtig. Für die Erhaltung der bedeutenden Populationen dieser Offenund Halboffenlandarten im EU SPA ist dem ständigen Sukzessionsdruck entgegenzuwirken, um auch langfristig die notwendigen großen Offenlandbereiche zu erhalten. Dies wird auch zukünftig durch die anhaltende militärische Nutzung begünstigt. Es ist darauf zu achten, dass ein Mosaik der verschiedenen Biotoptypen erhalten bleibt, um allen darin vorkommenden Vogelarten auch weiterhin geeignete Lebensstättenbedingungen zu gewährleisten. Im NSG und FFH-Gebiet Alte Elster und Rohrbornwiesen ist ein Teil der Flächen durch Naherholung, intensive Weidenutzung und Eutrophierung der Gewässer beeinträchtigt. Insbesondere für den Nordostteil des NSG ist eine extensive Weidenutzung zu erreichen. Die vorhandenen Erholungsaktivitäten sind entsprechend den Schutz- und Erhaltungszielen gezielter zu lenken. Zur Verbesserung der Bestandssituation von Wiesenlimikolen (Bekassine, Kiebitz) sind geeignete Maßnahmen wie z. B. die Optimierung der Wasserrückhaltung oder eine wiesenbrüterfreundliche Gestaltung der Nutzung erforderlich. Im Rahmen eines zukünftigen Managements sollte in Umsetzung der Schutz- und Erhaltungsziele im Schutzgebiet gewährleistet werden, dass Störungen sensibel reagierender Vogelarten weitgehend minimiert werden. Auf die Jagd auf Vögel sollte daher im Gebiet verzichtet werden. Im Gebiet brütende Greifvögel sowie Schwarzstorch, Kranich und Ziegenmelker sind besonders gefährdet durch Windkraftanlagen. Da sich die Aktionsräume dieser Arten teilweise auch auf Gebiete außerhalb des EU SPA erstrecken, sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Vogelschutzgebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) einzuhalten und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. Die großen offenen Dünenbereiche und Heideflächen sind charakteristisch für die Annaburger Heide, jedoch kommt es in nicht mehr militärisch genutzten Bereichen zunehmend zum Aufwuchs von Birken und Kiefern (Foto: M. Trost). 206

209 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Feldflur bei Kusey Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0024LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NUP0001LSA Drömling (*) NSG0387 Ohre-Drömling (*, Jeggauer Moor +) LSG0008SAW Zichtauer Berge und Klötzer Forst (*) LSG0031SAW Drömling (*) b) nach internationalem Recht FFH0019LSA Jeggauer Moor (+) FFH0020LSA Grabensystem Drömling (*) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Feldflur bei Kusey liegt im Nordwesten Sachsen-Anhalts nördlich des EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling, an das es teilweise direkt angrenzt. Im Norden wird das Gebiet durch die Orte Kusey und Quarnebeck und durch den Klötzer Forst begrenzt. Östlich liegt der Zichtauer Forst. Die beiden Dörfer Trippigleben und Wenze befinden sich innerhalb des EU SPA, sind aber nicht Bestandteil des Vogelschutzgebietes. Das EU SPA wurde 2003 mit Kabinettsbeschluss in der heutigen Größe als Vogelschutzgebiet gemeldet. Es gehört größtenteils zum Naturpark Drömling und ist überwiegend auch in den Landschaftsschutzgebieten Drömling bzw. Zichtauer Berge und Klötzer Forst enthalten. Im EU SPA befinden sich das FFH-Gebiet Jeggauer Moor (ursprünglich als NSG Jeggauer Moor gesichert, dann 2005 dem neu ausgewiesenen NSG Ohre- Drömling zugeordnet) sowie die nördlichen Ausläufer des FFH-Gebietes Grabensystem Drömling. Die direkte Nachbarschaft zum EU SPA Drömling ermöglicht einen räumlichen und funktionalen Austausch zwischen beiden Gebieten. Naturräumlich betrachtet entfällt der größte Flächenanteil des EU SPA hinsichtlich der Landschaftseinheiten auf die Altmarkheiden, insbesondere auf die Klötzer Heide in der naturräumlichen Haupteinheit Wendland und Altmark. Der Südwesten des Gebietes gehört (im Weser-Aller-Tiefland) zum Drömling. Große Reliefunterschiede sind in der pleistozän geprägten Feldflur nicht vorhanden, im Mittel werden Höhen um 60 m über NN erreicht. Im Nordosten erreicht die Endmoränenlandschaft des Zichtauer Forstes Höhen von 80 bis 100 m über NN. Die Niederungen sind saale- und weichselkaltzeitlich geformt. Die Urstromtal- und Niederterrassenlandschaft des Naturraumes Drömling wird hauptsächlich von sandigen Böden mit Gley-Braunerden oder Podsol-Gley-Braunerden geprägt. In Senken können Humusgleye oder Moorböden bestehen. Im EU SPA ist hier zum Beispiel das Jeggauer Moor zu nennen. Der Flötgraben und das zu Meliorationszwecken angelegte weitläufige Grabensystem bestimmen zwischen Röwitz, Wenze und Jeggau das Landschaftsbild. Heute werden laut Standarddatenbogen etwa 70 % der Fläche des EU SPA ackerbaulich genutzt. Im Umfeld des Jeggauer Moores und zwischen Trippigleben, Röwitz und Wenze finden sich in den Niederungen des Flötgrabens und feuchten Senken ausgedehnte Grünlandkomplexe, die zum großen Teil wasserstandsreguliert sind. Die großen, weitläufigen Wiesenflächen sind relativ strukturarm und nehmen etwa 17 % der Fläche des Vogelschutzgebietes ein. Die gut zu bewirtschaftenden Flächen stellen aufgrund des schnellen Wasserabflusses im Frühjahr für viele ursprünglich vorkommende Tier- und Pflanzenarten nur noch einen pessimalen Lebensraum dar (SCHÄFER 2007). Entlang der Gräben und an Wegen zwischen landwirtschaftlichen Nutzflächen sind als Strukturelemente Hecken und kleinere Gehölzreihen zu finden. Bei den Gehölzen entlang der Gräben handelt es sich überwiegend um Weiden- und Erlenbestände sowie um Pappelreihen, die das Landschaftsbild gliedern und den typischen und unverwechselbaren Charakter des Drömlings prägen (SCHÄFER 2007). Größere Gehölze oder kleinere Wäldchen sind kaum vorhanden. Lediglich nördlich von Peckfitz sowie nordwestlich von Jeggau sind größere Waldflächen zu finden, die zu großen Teilen aus Kiefernforst bestehen. Zwischen den Dörfern Röwitz, Köckte und Wenze befinden sich einzelne Gehölzkomplexe unterschiedlicher Größe. Feldwege, für Landwirtschaftsverkehr ausgebaute Verbindungsstraßen und zwei Landesstraßen durchziehen das Gebiet. Bebaute Bereiche beschränken sich innerhalb des EU SPA auf einige wenige Gehöfte und Landwirtschaftsflächen. EU SPA Feldflur bei Kusey 207

210 EU SPA Feldflur bei Kusey Acker Grünland Feuchtgrünland Laubwald Nadelwald Mischwald EU SPA Feldflur bei Kusey Lage und Lebensraumausstattung. Grünland und begleitende Gehölzreihen südöstlich von Röwitz (Foto: B. Schäfer). 208

211 Das Jeggauer Moor stellt eine Besonderheit im EU SPA dar. Das Niedermoor ist durch die typischen Moorgesellschaften mit Torfmoos, Wollgras und Pfeifengras gekennzeichnet. In den offenen Gräben finden sich Arten der Wasser- und Ufergesellschaften, z. B. Froschbiss, Wasserhahnenfuß oder Wasserknöterich. Als inmitten landwirtschaftlich genutzter Flächen gelegenes Refugium hat das Jeggauer Moor für viele seltene Tier- und Pflanzenarten eine besondere Bedeutung. Als Sonderstandorte innerhalb des Gebietes sind zwei aufgelassene Kiessandabbaustellen zu erwähnen (SCHÄFER 2007). Eine größere Wasserfläche befindet sich in einem aufgelassenen Kiessandabbau nordwestlich von Peckfitz. Hier haben sich teilweise Ufer- und Verlandungsgesellschaften etabliert. An einem weiteren aufgelassenen Kiessandabbau haben sich auf den sandigen Böden Magerrasen und Kiefernsukzessionswald entwickelt. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Eine besondere Bedeutung hat das EU SPA Feldflur bei Kusey als Brutgebiet für Vögel der halboffenen Kulturlandschaft (Feldflur), insbesondere für den Ortolan. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Erstinventarisierung erfolgte im Jahr 2006 eine Revierkartierung der wertgebenden Arten im EU SPA Feldflur bei Kusey (SCHÄFER 2007). Diese Daten sind ergänzt um Angaben zur Wiesenweihe aus den Jahresberichten des Schutzprojekts Wiesenweihe im Altmarkkreis Salzwedel (FONGER 2007) in Tab. 68 dargestellt. Tab. 68: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHÄFER (2007) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Besonders bemerkenswert ist das Vorkommen des Ortolans mit 110 Revieren, so dass dieser als Charakterart des EU-Vogelschutzgebietes angesehen werden kann. Das EU SPA ist eines der fünf wichtigsten Brutge- Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach SCHÄFER 2007 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Wespenbussard Wiesenweihe 2 3,6 NG/BZB 1-5 Rohrweihe BZB 0 NG/BZB 1-5 Rotmilan 3 0, Schwarzmilan BZB 0 NG/BZB 1-5 Kranich BZB 0 BZB - Eisvogel 2 0, Schwarzspecht 4 0, Mittelspecht 1 0, Neuntöter 52 0, Heidelerche 31 0, Sperbergrasmücke 18 0, Ortolan 110 2, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Rebhuhn 8 0,3 8 - Kiebitz 5 0,4 5 - Drosselrohrsänger 3 0,1 3 - Weitere bemerkenswerte Arten Wachtel 17 0, Raubwürger 3 0, Grauammer 17 0, EU SPA Feldflur bei Kusey Auch das Rebhuhn ist als typischer Bewohner strukturreicher Agrarlandschaften im Gebiet vertreten (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). 209

212 Das EU SPA Feldflur bei Kusey gehört zu den wichtigsten Brutgebieten des Ortolans in Sachsen-Anhalt (Foto: E. Greiner). biete des Ortolans in Sachsen-Anhalt. Die Art bevorzugt Übergangsstrukturen zwischen Ackerland bzw. Grünland und Gehölzbeständen (SCHÄFER 2007) und kommt auf strukturreichen Flächen mit einer Dichte von bis zu 5 Rev./km² vor. Sie fehlt lediglich in ausgeräumten Ackerbereichen und großen Grünlandkomplexen. Die durch Hecken und Gebüsche strukturierten Bereiche des EU SPA werden auch vom Neuntöter besiedelt. Während der Neuntöter in den von Gräben und Hecken durchzogenen Grünlandbereichen teils fehlt, finden sich dort bevorzugt Reviere der Sperbergrasmücke. Die Heidelerche kommt in Ackerrandbereichen und an Brachflächen vor (SCHÄFER 2007). Sie ist vor allem in den Randzonen des EU SPA verbreitet, im zentralen Teil um Trippigleben und Richtung Wenze jedoch kaum anzutreffen. Auch die Grauammer fehlt weitgehend in den zentralen Ackerbereichen des EU SPA. Weitere im Gebiet vertretene typische Arten der halboffenen Feldflur sind Raubwürger und Wachtel. In Sachsen-Anhalt brüten jährlich ca Paare der Wiesenweihe (Fischer & DORNBUSCH 2011). In den Randbereichen des EU SPA gab es Brutnachweise bei Röwitz (2 BP 2004, HOLZÄPFEL 2005c) bzw. südlich von Kusey (2 BP 2005, R. Fonger in SCHÄFER 2007). Im Rahmen der Erstinventarisierung erfolgten Brutzeitbeobachtungen der Art im nördlichen und östlichen Teil des EU SPA. Aufgrund der Habitatausstattung des Vogelschutzgebietes EU SPA Feldflur bei Kusey Der Ortolan besiedelt im EU SPA Übergangsstrukturen zwischen Ackerland bzw. Grünland und Gehölzbeständen und kommt in den Grünlandbereichen gemeinsam mit der Sperbergrasmücke vor (Erfassungsjahr 2006). 210

213 ist auch bei Bruten in der Umgebung davon auszugehen, dass Flächen innerhalb des EU SPA regelmäßig zur Nahrungssuche genutzt werden (SCHÄFER 2007). Ebenfalls im EU SPA brütet der Rotmilan. Von der Rohrweihe und vom Schwarzmilan liegen Brutzeitbeobachtungen von wohl außerhalb der Gebietsgrenzen brütenden Vögeln vor (SCHÄFER 2007). Die Reviere des Schwarzspechts verteilen sich auf verschiedene Gehölze innerhalb des Vogelschutzgebietes, umfassen teils aber auch außerhalb liegende Gehölzbestände. Der Mittelspecht wurde nur im Jeggauer Moor festgestellt. Weiterhin ist auf die erfassten Kiebitz-Brutvorkommen hinzuweisen, die sich im Gebiet überwiegend auf Ackerflächen befanden und mindestens teilweise auch erfolgreiche Bruten hervorbrachten. Insgesamt ist die Situation für Wiesenbrüter im Gebiet aber sehr ungünstig, da die stark meliorierten Flächen im Frühjahr schnell abtrocknen, so dass maschinelle Arbeitsgänge wie Schleppen und Walzen möglich sind, und auch die erste Mahd bzw. der Viehbesatz sehr zeitig im Jahr stattfinden können. Rastvögel: Daten zu Zug- und Rastvogelbeständen liegen aus der Feldflur Kusey von speziellen Kartierungen der Naturparkverwaltung Drömling aus den Jahren 2003 bis 2010 vor. Diese maximal erfassten Rastbe- Für die Grauammer ist eine extensive Landnutzung förderlich (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). EU SPA Feldflur bei Kusey In den ackerbaulich genutzten trockeneren Bereichen des EU SPA brütet der Neuntöter in großer Anzahl. Auch Heidelerche und Grauammer sind hier anzutreffen, jedoch mehr in den Randlagen des EU SPA. Weitere bemerkenswerte Brutvogelarten sind Kiebitz und Raubwürger (Erfassungsjahr 2006). 211

214 EU SPA Feldflur bei Kusey Tab. 69: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quelle im Vergleich zu den Daten im Standarddatenbogen, getrennt nach Arten des Anhang I und des Art. 4.2 der EU-Vogelschutzrichtlinie. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand* Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Singschwan 2 - Silberreiher 1 - Fischadler 1 - Kornweihe Wiesenweihe > 1 - Rohrweihe 2 - Seeadler 1 - Kranich Goldregenpfeifer Flussregenpfeifer 5 - Bruchwasserläufer Kampfläufer Art. 4.2-Arten Saatgans Blässgans Graugans Krickente 12 - Stockente 46 - Löffelente 10 - Tafelente 68 - Reiherente 12 - Haubentaucher 10 - Kormoran 12 - Mäusebussard 40 - Blässhuhn Kiebitz Raubwürger Die im EU SPA vorkommende Wiesenweihe ist ein seltener Brutvogel in Sachsen-Anhalt (Z. Tunka, LBV-Archiv). Tab.70: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Feldflur bei Kusey. Art Ortolan Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C7 stände sind im Vergleich zu den Daten aus dem Standarddatenbogen in Tab. 69 dargestellt. Für Rastvögel besitzt das Gebiet vor allem eine Bedeutung als Nahrungsraum. Die großen Schläge in der Flötgrabenniederung werden tagsüber regelmäßig von Kiebitzen, Kranichen, Saat- und Blässgänsen aufgesucht, die auf den großen Flachgewässern im benachbarten EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling übernachten. Die höchsten Rastbestände wurden beim Kranich mit Individuen und beim Kiebitz mit Individuen festgestellt. Laut Standarddatenbogen treten zudem Saat- und Blässgans mit bis Individuen auf. Im Rahmen der aktuellen Kartierungen konnten jedoch nur weitaus geringere Bestände erfasst werden. Neben dem Kiebitz finden sich zur Zugzeit auch weitere Limikolenarten ein. So konnten z. B. Goldregenpfeifer und Flussregenpfeifer nachgewiesen werden und im Standarddatenbogen sind Bruchwasserläufer und Kampfläufer genannt. Die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Feldflur bei Kusey ist in Tab. 70 zusammengefasst. Das Ergebnis betont noch einmal die besondere Bedeutung des Gebietes als Brutgebiet des Ortolans. Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Feldflur bei Kusey ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele für das EU SPA wurden definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 12/2012) (vgl. auch SCHÄFER 2007): Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Ortolan, Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke (Anhang I) sowie von Rebhuhn, Wachtel, Raubwürger und Grauammer (Art. 4.2). Erhaltung von offenen Gebieten mit pflanzenartenreichen Feldhecken und anderen kleineren Gehölzstrukturen. Förderung von extensiv genutzten Ackerflächen. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelarten des offenen Kulturlandes, insbesondere von Wiesenweihe und Weißstorch als Arten nach Anhang I und des Kiebitz als Art des Art Minimierung von Störungen, Schutz ggf. vorkommender Bruten. Erhaltung und Entwicklung der Greifvogelbestände, insbesondere des Rotmilans (Anhang I) durch Erhaltung des störungsarmen Offenlandes als Nahrungshabitat (auch für weitere Arten wie Schwarzmilan und Rohrweihe). Erhaltung und Förderung geeigneter Gehölzstrukturen als Niststandort. Erhaltung und Entwicklung der Spechtbestände, insbesondere des Schwarzspechts (Anhang I) durch 212

215 Erhaltung und Förderung geeigneter Gehölzstrukturen sowie gestufte alte Mischwälder und Altholzinseln. Erhaltung und Entwicklung der Vogelgemeinschaften naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Eisvogels (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelarten des offenen Kulturlandes, insbesondere der Zugvogelarten Kranich (Anhang I) und Kiebitz (Art. 4.2). Minimierung von Störungen, Bewirtschaftung und Förderung von extensiv genutzten Ackerflächen mit größerer Fruchtartenvielfalt. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Im Hinblick auf Erhaltung, Entwicklung und Förderung der charakteristischen Vogelarten des offenen und halboffenen Kulturlandes kommt primär dem Schutz der Lebensräume eine besonders große Bedeutung zu. Dies lässt sich durch eine Begrenzung der weiteren Intensivierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und die Förderung von extensiv genutzten Ackerflächen mit größerer Fruchtartenvielfalt erreichen. Die Reduzierung des Einsatzes von Bioziden und Düngemitteln wäre anzustreben. Der Anteil an Brachflächen sollte erhalten werden und die Schaffung weiterer Brachflächen geprüft werden. Bruten der Wiesenweihe im EU SPA sollten in das Wiesenweihen-Schutzprojekt einbezogen und konsequent gegen Ausmähen und Bodenprädation gesichert werden. In den Schwerpunktvorkommen des Ortolans wirkt sich der großflächige Anbau nachwachsender Rohstoffe besonders negativ aus. Durch spezielle Maßnahmen, wie vergrößerte Drillabstände, ließe sich der Ortolanbestand fördern. In den Bereichen mit dominierender Grünlandnutzung sollte das Wasserregime besser an die Schutzziele angepasst werden. Eine extensive Nutzung auf Grünlandflächen würde Bruterfolge von Wiesenbrütern ermöglichen. Weiterhin sind für die charakteristischen Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft (Ortolan, Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke) bedeutende Strukturelemente (Feldhecken und andere kleinere Gehölzstrukturen) besonders wichtig. Deren Aufwertung sowie arten- und strukturreiche Neupflanzungen standortheimischer Gehölze tragen zur Erreichung von Schutzzielen bei. Der Erhaltung und Förderung der als Niststandort für Greifvögel und Spechte geeigneten Gehölzstrukturen käme diesen Arten zugute. Schwarzerlen-Beständen kommt dabei als Lebensraum von Schwarz- und Mittelspecht im Gebiet eine besondere Bedeutung zu. Sinnvoll ist auch die Erhaltung bzw. die Wiederherstellung von Schilf- und Röhrichtstrukturen als Bruthabitat für die Rohrweihe sowie die Verbesserung von klaren Gewässern als Lebensraum für den Eisvogel. Besonders während der Brutzeit sind die Vögel störungssensibel. Daher sind Störungen, wie sie insbe- EU SPA Feldflur bei Kusey In der strukturierten Feldflur des EU SPA Feldflur bei Kusey finden sich vielerorts rastende Zugvögel ein. Dargestellt sind die Rastvorkommen der Jahre

216 sondere im südöstlichen Grenzbereich des EU SPA, z. B. durch Motocross auftreten, zu vermeiden. Im Rahmen eines zukünftigen Managements sollten in Umsetzung der Schutz- und Erhaltungsziele Störungen sensibel reagierenden Vogelarten minimiert werden. Daher sollte auch auf die Jagd auf Vögel im Vogelschutzgebiet verzichtet werden. Im Verbund mit dem angrenzenden EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling ist die Feldflur Kusey als weitläufige, offene und relativ ebene Agrarlandschaft zu erhalten, in der die teilweise weiträumigen Flug- bewegungen der Vogelarten zwischen Brut-, Schlafund Nahrungsplätzen gewährleistet sind. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Feldflur bei Kusey Der Flötgraben und das zuführende Grabensystem dienen zur Melioration im Umfeld von Röwitz, Wenze und Jeggau; im Bild Grünland zwischen Köckte und Röwitz (Foto: B. Schäfer). 214

217 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0025LSA EU-Nr.: DE Fläche: 222 ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht FND0042WSF Grube Kayna-Süd (+) NSG0253 Berbaufolgelandschaft Kayna-Süd (-) b) nach internationalem Recht + liegt innerhalb des EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das südöstlich von Merseburg und Leuna gelegene EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd hat eine Fläche von nur 222 ha und ist damit das kleinste Vogelschutzgebiet Sachsen-Anhalts. Es umfasst den südlichen Teil des Bergbaufolgesees südlich von Großkayna am Rande des Geiseltals sowie die umliegenden Offenlandbiotope. Der ehemalige Tagebau hat eine Fläche von insgesamt ca. 600 ha und eine Wasserfläche von 260 ha. Den Status als EU-Vogelschutzgebiet erhielt das Gebiet im Jahr Seit 2010 ist es Bestandteil des NSG Bergbaufolgelandschaft Kayna-Süd und damit auch landesrechtlich geschützt. Das EU SPA ist in die Naturräume des Östlichen Harzvorlandes und der Altenburg-Zeitzer Lösslandschaft einzugliedern. In der Landschaftsgliederung Sachsen- Anhalts gehört es innerhalb der Querfurter Platte zur Tagebauregion Geiseltal. Sedimente, die sich während der Elster- und Saalekaltzeit in mächtigen Schichten auflagerten, bedecken die darunter liegenden Schichten des Muschelkalks und Oberen Buntsandsteins und die Braunkohleflöze des Geiseltals. Da das Eis der folgenden Weichselkaltzeit nicht in diese Region reichte, lagerte sich eine mächtige Fluglössschicht ab. Hier finden sich teilweise fruchtbare Schwarzerden und Braunerden in verschiedenen Ausprägungen. Dem entsprechend ist die Umgebung der Bergbaulandschaft hauptsächlich durch Ackerbau geprägt. In der ehemaligen Tagebaulandschaft und vor allem in den Steil- und Abbruchkanten des EU SPA bilden die Lössschichten wertvollen Lebensraum für viele Tierarten wurde mit dem Aufschluss des Braunkohlebergbaus in Kayna-Süd begonnen. Der Abbau begann südlich von Großkayna und wurde später nach Südosten und schließlich in Richtung Süden fortgeführt. Ausgekohlte Abbaufelder wurden sukzessive mit anfallendem Abraum verkippt. Ab 1970 wurde im Südfeld Abraum aus dem Tagebau Rossbach verspült, später auch Kraftwerksasche ( de/geschichte_1.html, abgerufen am ). Nach Einstellung des Abbaus bildete sich ein flacher See in der Mitte des Tagebaus. Weitere belastende Emissionen stammten aus der Verkippung von Haus- und Gewerbemüll (bis 1990), der Einleitung kommunaler Abwässer (bis 1994), der Gülleverregnung auf der Westkippe (bis 1992) und einer Fischintensivzucht (bis 1992). Eine geplante Umnutzung des Restlochs zur Industrieund Hausmülldeponie kam im Zuge der politischen Wende jedoch nicht mehr zustande ( abgerufen am ). Der Restsee vergrößerte sich sukzessiv mit dem ansteigenden Grundwasserspiegel. Eine Flutung des Bergbaugeländes erfolgte ab 1991 mit Wasser aus der Leiha, gleichzeitig erfolgten am ehemaligen Tagebau umfangreiche Sicherungs- und Sanierungsarbeiten durch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau- Verwaltungsgesellschaft mbh (LMBV). Zur Verbesserung der Wasserqualität wurde von Wasser aus der Saale und aus Tiefbrunnen eingeleitet. Bei der Sanierung wurden im Südteil nur die notwendigsten Sicherungsmaßnahmen an den Außenböschungen vorgenommen, ansonsten blieben die Innenkippen, das Gewässerufer sowie die umgebenden Löss-Steilwände erhalten ( geschichte_2.html, abgerufen am ). Der See weist am Südufer eine große Röhrichtzone auf. Die Landlebensräume des EU SPA sind von natürlicher Sukzession geprägt. Neben Rohbodenstandorten sind natürliche Sukzessionsstadien von Pionierfluren über Landreitgras-Gesellschaften und Gebüsche bis hin zu Birken-Pappel-Wäldchen ausgebildet, die sich mit hoher Dynamik weiter entwickeln ( Dieser Strukturreichtum, verbunden mit der Nährstoffarmut der Standorte, ermöglicht es vielen seltenen und konkurrenzschwachen Tier- und Pflanzenarten sich durchzusetzen. Damit das Offenland nicht vollständig der natürlichen Sukzession unterliegt, sollen die wertvollen offenen und halboffenen Lebensräume durch extensive Beweidungsmaßnahmen von Gehölzaufwuchs frei gehalten werden (LVWA 2009b). Von 2009 bis 2011 EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd 215

218 EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd Binnengewässer Fels- und Rohboden Grünland Niedermoor Zwergstrauchheiden Laubwald Gebüsch/Vorwald anthropogen überformte Biotope EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd Lage und Lebensraumausstattung. Blick über den Großkaynaer See von Süden aus (Foto: N. Wuttke). 216

219 wurde durch den Burgenlandkreis im Rahmen des Naturschutz- und Landschaftspflegeprojekts Kayna-Süd eine Beweidung mit Rindern und Pferden etabliert ( abgerufen am ). Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die offenen und halboffenen Flächen, Gebüsche und Pionierwäldchen im EU SPA sind Brut- und Nahrungshabitat für seltene und streng geschützte Vogelarten. Die Restseen der umliegenden Tagebauregion Geiseltal, zum großen Teil auch mit einer Flächengröße von ca ha als Important Bird Area (IBA) Bergbaufolgelandschaft Geiseltal ausgewiesen (SUDFELDT et al. 2002), haben inzwischen eine große Bedeutung als Rastplatz, Schlafund Sammelgewässer für Zugvögel erlangt. Für den als EU SPA ausgewiesenen Teilbereich Kayna-Süd hat sich dies bisher noch nicht bestätigt. Tab. 71: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus RYSSEL (2008) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach RYSSEL 2008 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Rohrdommel Rohrweihe 2 0, Rotmilan 1 0, Schwarzmilan 1 0, Neuntöter 10 0, Heidelerche 6 0, Sperbergrasmücke 2 0, Blaukehlchen 3 1, Brachpieper 1 0,6 1 - Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Wiedehopf 1 BV 1,1 - - Drosselrohrsänger 2 0, Weitere bemerkenswerte Arten Bienenfresser 7 1,3 3 - Wendehals 2 0, Raubwürger Uferschwalbe 32 0,2 - - Der mit mehreren Paaren im EU SPA brütende Bienenfresser ist eine Charakterart der thermisch begünstigten Bergbaufolgelandschaften Sachsen-Anhalts (Foto: E. Greiner). Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Erstinventarisierung der Brutvögel wurden im Jahr 2007 im EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna-Süd entsprechende Erfassungen vorgenommen (RYSSEL 2008). Für das Blaukehlchen wurden aktuelle Daten der Landeserfassung ausgewertet (SCHULZE 2011). Außerdem erfolgten 2010/2011, begleitend zum Landschaftspflegeprojekt, avifaunistische Erfassungen (UMGEODAT 2011). Eine Übersicht über die aktuellen Revierzahlen ist in Tab. 71 dargestellt. Arten der Sukzessionsstadien im Offenland sind Neuntöter, Sperbergrasmücke, Heidelerche und Brachpieper (RYSSEL 2008). In den letzten Jahren ist der Bestand des Neuntöters von 6 auf 10 BP angestiegen, möglicherweise als Folge kurzgehaltener Vegetation auf den beweideten Flächen. Eine Charakterart von Bergbaufolgelandschaften ist der Bienenfresser, der seit 1994 im Geiseltal und seit 2005 auch innerhalb des EU SPA brütet. Wie auch in vielen anderen geeigneten Bruthabitaten Sachsen-Anhalts stieg nach dem Erstnachweis der Bestand von 3 BP (2007) auf 7 BP (2011) an. Da es im EU SPA an Baumhöhlen mangelt, nutzt der Wendehals alte Bruthöhlen des Bienenfressers (RYSSEL 2008). Am Ostufer hat sich in den letzten Jahren auch eine Uferschwalbenkolonie etabliert, die 2011 bereits 32 BP umfasste (UMGEODAT 2011) und 2011 wurde auch der Wiedehopf über längere Zeit im Gebiet beobachtet, ein Brutnachweis gelang jedoch nicht (UMGEODAT 2011). Im Schilf der südwestlichen Bucht brüteten BP und BP der Rohrweihe. Das Gebiet bietet ansonsten nur wenige geeignete Brutstandorte für Greifvögel, dennoch brüten in den Pappelgehölzen jeweils 1 Paar von Rotmilan und Schwarzmilan (RYSSEL 2008). Das Blaukehlchen, das im Erfassungsjahr 2007 nur mit einer Zugzeit-Beobachtung nachgewiesen worden ist, konnte im Rahmen der Landeserfassung als neue Brutvogelart für das EU SPA mit 2 BP kartiert werden (SCHULZE 2011) waren es schon 3 BP (UMGEODAT 2011). Rastvögel: Rastvogeldaten liegen aus der Wasservogelzählung, von der Landeserfassung der Schwäne (SCHULZE 2012b) sowie aus Beobachtungen im Rahmen des Landschaftspflegeprojektes (UMGEODAT 2011) vor. In Tab. 72 sind diese Daten neben den Daten aus dem Standarddatenbogen dargestellt. Trotz der bedeutenden Rastbestände, die sich an den Tagebaurestseen der Bergbaufolgelandschaft Geiseltal alljährlich aufhalten, ist die Nutzung der im EU SPA liegenden Südhälfte des EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd 217

220 Großkaynaer Sees bislang relativ gering. Zwar wurden schon recht viele Wasservogelarten hier nachgewiesen, doch blieben die Individuenzahlen in der Regel klein. Mit Erreichen des Endwasserstandes können sich hier jedoch wieder größere Röhrichte entwickeln, so dass die Attraktivität auch für Kleinvögel zunehmen wird. Auch der Ausbau der touristischen Nutzung der nördlichen Seen des Geiseltals kann eine zunehmende Frequentierung des mit weitgehenden Nutzungsverboten belegten EU SPA durch Rastvögel fördern. Das EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna-Süd erfüllt bislang nur das IBA-Kriterium C7 (Tab. 73). Gemessen am Landesbestand und im Vergleich zu anderen EU SPA hat die Bergbaufolgelandschaft Kayna-Süd keine überregionale Bedeutung für einzelne Vogelarten. In Anbetracht der geringen Flächengröße des Vogelschutzgebietes sind die in den letzten Jahren angestiegenen Brutbestände bei mehreren wärmeliebenden Offenlandarten sowie bei Arten mit speziellen Habitat ansprüchen wie Bienenfresser und Uferschwalbe jedoch bemerkenswert. EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd Am Ostufer des Großkaynaer Sees hat sich eine Kolonie der Uferschwalbe angesiedelt (Foto: A. Hartl, LBV-Archiv). Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna-Süd ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Es ist Teil des zur Umsetzung der FFH- und Auf den zum EU SPA gehörenden locker mit Gehölzen bestandenen Böschungen, die um die Südspitze des Sees herumlaufen, gibt es Brutvorkommen von Heidelerche, Neuntöter und Sperbergrasmücke (Erfassungsjahr 2007). 218

221 Tab. 72: Übersicht über die Rastbestände der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten im Standarddatenbogen. * Tageshöchstzahlen Art Rastbestand Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Zwergsäger Sterntaucher 1 - Prachttaucher 1 - Silberreiher 1 - Fischadler Kornweihe Rotmilan 2 - Wanderfalke 1 - Kranich 74 - Goldregenpfeifer 9 - Sumpfohreule Eisvogel 1 - Art. 4.2-Arten Höckerschwan 15 - Saatgans 98 - Schnatterente 4 - Pfeifente Krickente 18 - Stockente Löffelente 7 - Art Rastbestand Individuenzahl Standarddatenbogen (2004) Kolbenente 6 - Tafelente Reiherente Samtente 4 - Schellente Zwergtaucher Gänsesäger 10 - Zwergtaucher 3 - Haubentaucher 51 - Kormoran Graureiher 7 - Mäusebussard 16 - Turmfalke 7 - Blässhuhn Kiebitz Bekassine Lachmöwe Sturmmöwe Silbermöwe 27 - Steppenmöwe 4 - Raubwürger 2 - Vogelschutz-Richtlinie in Landesrecht verordneten NSG Bergbaufolgelandschaft Kayna-Süd, für das gemäß Verordnung endgültige Schutz- und Erhaltungsziele definiert wurden (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 12/2010): Erhaltung und Entwicklung des überdurchschnittlich vielgestaltigen Landschaftsausschnittes mit der Möglichkeit der von menschlichen Aktivitäten weitgehend unbeeinflussten und lediglich unter der Beweidung durch pflanzenfressende Großsäuger als Maßnahme zur Offenlanderhaltung stehenden Gebietsentwicklung zur Gewährleistung der Lebensraumfunktion für Vogelarten der EU-VSchRL. Erhaltung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere als Lebensraum für Sperbergrasmücke, Heidelerche, Neuntöter (Anhang I), Wendehals und Raubwürger (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung von Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen im Komplex mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen und strukturreichen Vorwäldern. Erhaltung und Pflege von großflächigen trockenen Offenlandbereichen mit lichter, niedriger Vegetation und weiten vegetationslosen Bereichen als Lebensraum für den Brachpieper (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von Rieden und Röhrichtbeständen, insbesondere als Lebensraum für Rohrweihe, Rohrdommel und Blaukehlchen (Anhang I) sowie für Drosselrohrsänger (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung abgeschirmter Altholzbestände als Bruthabitat und des störungsarmen Offenlandes als Nahrungshabitat für Rotmilan und Schwarzmilan (Anhang I). Erhaltung der Zugvogelbestände nach Art. 4.2 der an Steilwänden vorkommenden Arten wie Bienenfresser, Wendehals und Uferschwalbe. Erhaltung der Funktion des Gebietes als Zug- und Rastgebiet für Zwergsäger, Kornweihe, Fischadler und Sumpfohreule (Anhang I) und Pfeif-, Schell-, Tafel-, Reiher- und Stockente, Saat-, Bläss- und Graugans, Blässhuhn, Gänsesäger, Kormoran, Sturm-, Silber- und Lachmöwe, Hauben- und Zwergtaucher und Bekassine (Art. 4.2). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die charakteristische Vogelwelt offener und halboffener Landschaften geeignete Lebensstätten zu sichern, bietet sich die reich strukturierte Bergbaufolgelandschaft an. Zur Bewahrung von Offenlandflächen müssen jedoch die natürliche Sukzession ständig zurückgedrängt und aufkommende Gehölze entfernt werden. Der Burgenlandkreis hat dazu von 2009 bis 2011 im Rahmen eines Landschaftspflegeprojekts im NSG eine Herde aus Galloway-Rindern und Konik-Pferden mit dem Ziel einer extensiven Ganzjahresbeweidung initiiert (www. naturschutzmitbiss.de). In der Verordnung über das NSG Bergbaufolgelandschaft Kayna-Süd aus dem Jahr 2010 (LVWA 2010) sind wesentliche Vorgaben bereits festgeschrieben, unter anderem ist ein Befahren und Betreten außerhalb der öffentlichen Wege, das Bebauen sowie die weitgehende Nutzungsänderung untersagt. Mit Einschränkungen freigestellt sind die ordnungsgemäße Ausübung der Land- und Forstwirtschaft, die Jagd und Fischerei sowie zur Erhaltung des Gebietes notwendige Pflegemaßnahmen. Freigestellt sind auch das Betreten und Befahren durch Eigentümer und Nutzer. Für den im Naturschutzgebiet eingeschlossenen Seebereich sind außerdem eine Benutzung von Wasserfahrzeugen aller Art sowie eine Anlandung an den Uferbereichen untersagt. Tab. 73: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd. Art Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C7 EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd 219

222 EU SPA Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd Auf den Grünlandflächen ist die weitere natur- und landschaftsverträgliche Nutzung als Dauergrünland erwünscht, jedoch ohne Umbruch, Bodenbearbeitung oder Düngung. Abgezielt wird vorzugsweise auf eine Standweide mit Pferden, Rindern, Schafen oder Ziegen mit höchstens 0,6 GVE/ha. Röhrichtufer sowie ggf. weitere Schilf- und Röhrichtflächen bleiben ausgespart. Einer Mahdnutzung muss die Untere Naturschutzbehörde zustimmen, wobei der erste Schnitt nicht vor dem erfolgen darf. Insgesamt wird damit den Belangen des Vogelschutzes bei der Nutzung des Feuchtgrünlandes weitgehend Rechnung getragen. Ein zeitweiliges Aussparen von Brutstandorten gefährdeter Vogelarten von der Mahd oder aus der Beweidung ist grundsätzlich möglich. In den Waldbereichen sind Holzentnahme, -einschlag, -rückung und -abfuhr vom 1. März bis zum 15. August nicht zulässig. Nist-, Horst- und Höhlenbäume sind zu erhalten und starkes, stehendes oder liegendes Totholz darf nicht entnommen werden, solange dessen Anteil 4 % der nutzbaren Holzmenge nicht übersteigt. Die Jagd im Gebiet ist zulässig, soweit Rast- und Ruheplätze von Vögeln nicht beeinträchtigt werden und ein Pufferbereich von 50 m entlang der Uferlinie ausgespart bleibt. Vom ist die Beunruhigungsjagd zulässig. Nur in dieser Zeit und als einzige Vogelart darf hier der Fasan bejagt werden, soweit erhebliche Störungen oder Beeinträchtigungen der Brut- und Rastvögel ausgeschlossen sind. Zukünftig soll darauf hingewirkt werden, dass auch der Fasan im EU SPA nicht mehr bejagt wird. Im Umkreis von 50 m um erkennbare Mauser-, Rast- und Sammel- sowie Schlafplätze von Wat- und Wasservögeln ist eine Jagd nicht zulässig. Vom ist jährlich nochmals eine Beunruhigungsjagd zulässig, jedoch nicht auf Vögel. Es darf kein Bleischrot verwendet werden. Angelfischerei wird beschränkt auf einen etwa 530 m langen Uferabschnitt im Nordosten des NSG und auf einen 250 m langen Uferabschnitt am Westufer, dort jedoch nur im Bereich von Lücken oder Schneisen im Röhrichtgürtel und nur vom , d. h. außerhalb der Brutzeit. Vom Boot aus oder an nicht ausdrücklich freigegebenen Uferabschnitten ist die Angelfischerei nicht zulässig. Für die in Schilfröhrichten brütenden Arten sind ausreichend große und ungestörte Röhrichtbereiche notwendig. Diese wurden nach ersten Erfahrungen im Beweidungsprojekt ausgekoppelt. Für Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft, wie Neuntöter, Sperbergrasmücke und Heidelerche sind kleinere Gehölzstrukturen als Singwarten und Nistplätze in Nachbarschaft zu strukturreichen, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen notwendig, was mit einer angepassten Beweidung erreicht werden kann. Störungen an Brutplätzen störungsempfindlicher Arten bzw. in deren engerer Umgebung sowie Störungen von Ansammlungen rastender Vögel, insbesondere an den Schlafplätzen und in deren Umfeld, sind im EU SPA zu vermeiden. Die Wegegebote der NSG-Verordnung sind, in Verbindung mit dem See-Rundweg und den beiden Beobachtungstürmen, eine gute Grundlage zur Besucherlenkung. Ob bei einer intensiveren Nutzung des EU SPA durch Rastvögel das in der NSG-Verordnung festgeschriebene 50 m Abstandsgebot für Jagdaktivitäten sowie die Betretungsregelungen für Freizeitnutzungen perspektivisch ausreichend sind, muss sich dann zeigen. Schutzziel des Natura 2000 Gebietes ist es auch, rastenden Vogelarten den Wechsel zwischen den Schlafgewässern und den Nahrungsflächen außerhalb des EU SPA weitgehend ungehindert zu ermöglichen. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Eine zunehmende Bedeutung des EU SPA für Rastvögel ist mit dem Ausbau der Freizeitmöglichkeiten an den umliegenden Tagebaurestseen zu erwarten (Foto: T. Stenzel). 220

223 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Mahlpfuhler Fenn Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0026LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0044 Mahlpfuhler Fenn (*) LSG0010SDL Uchte-Tangerquellen und Waldgebiete (*) b) nach internationalem Recht FFH0035LSA Mahlpfuhler Fenn (=) * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA Gebietsbeschreibung Nordwestlich von Tangerhütte und nur 4 km östlich des EU-Vogelschutzgebietes Colbitz-Letzlinger Heide befindet sich das EU SPA Mahlpfuhler Fenn. Es wurde 2003 mit Kabinettsbeschluss als Vogelschutzgebiet gemeldet und ist flächengleich mit dem gleichnamigen FFH- Gebiet. Das EU SPA ist größtenteils auch landesrechtlich unter Schutz gestellt. Mit Ausnahme der Nordspitze ist es Bestandteil des NSG Mahlpfuhler Fenn und liegt bis auf den Südteil auch innerhalb des LSG Uchte-Tangerquellen und Waldgebiete. Das EU SPA gehört zum Naturraum Elbtalniederung bzw. kleinräumig zur Tangerhütter Niederung. Es liegt überwiegend in der Landschaftseinheit Tangergebiet, der Westteil in den Altmarkheiden und stellt einen überwiegend waldgeprägten Landschaftsbereich im Übergang der Tangerniederung zur Colbitz-Letzlinger Heide dar. Sandige Böden des Pleistozän mit nachfolgender Entwicklung sowie Böden der Niederungen, Moore und Quellbereiche ermöglichen eine große Standortsvielfalt von trockenen armen Sandstandorten bis hin zu Vermoorungen. Kernstück des Gebietes ist das zentrale, als Totalreservat ausgewiesene Hangmoor. Mit aktuellem Moorwachstum ist es das besterhaltene Moor in der Altmark. Daneben kommen weitere Moor-, Feucht- und Nassstandorte, Erlen-Eschenbrüche, Quellen und Quellbäche, aber auch alte Stieleichen, Eichenmischwälder und trockene Dünenbereiche vor. Typisch für die Quellräume sind Laubwälder mit zum Teil sehr alten Hude- Eichen, wovon im EU SPA jedoch nur noch wenige Exemplare erhalten sind. Die ca. 100 m breite Schneise der seit 1965 durch das Feuchtgebiet verlaufenden Hochspannungstrasse zerschneidet das Gebiet (LIPPERT 2007). Insgesamt sind etwa 80 % des EU SPA bewaldet. Jeweils knapp ein Drittel des Gebietes entfällt auf Bruch- und Sumpfwälder aus Birken, Eichen, Erlen oder Kiefern bzw. auf Nadelwald-Reinbestände aus Kiefern oder auch Fichten. Der Laubholzanteil im Mahlpfuhler Fenn ist mit 43 % relativ hoch und auch deutlich höher als in den umliegenden Waldgebieten der Altmark. Dennoch dominiert die Kiefer (vorwiegend in Form von Reinbeständen) große Teile des EU SPA, und auch der Anteil der Fichte ist für Tieflandsstandorte recht hoch. Nach der Kiefer nehmen die Schwarz-Erle bzw. die Birke die größten Flächenanteile ein. Aus naturschutzfachlicher Sicht wertvolle Birken-Moorwälder befinden sich jeweils am Rande der Offenmoorbereiche. Naturnahe großflächige Erlen-Birken-Bruchwälder stocken im Karrenbach-Quellgebiet sowie im Bereich des Totalreservates im Süden (RANA 2012). Der Sumpfporst als eine Art der Roten Liste kommt in den Sumpfporst- Kiefernbrüchen des Gebietes in ausgedehnten Beständen vor. Die übrige Waldfläche nehmen andere Waldtypen ein, wie z. B. Eichen-Birkenwälder. Quellbereiche, wie die des Karrenbachs oder des Mühlenbachs, sind meist mit Erlen-Eschenwäldern bestockt. Während der Karrenbach relativ naturnah ist, sind Mühlengraben und Dollgraben naturfern gestaltet und relativ trocken. Die Bäche münden nach Osten in die Tanger. Der Mühlenbach wurde 1971 melioriert und die umliegenden Wiesen drainiert. Die bis dahin schwer zu bewirtschaftenden Nasswiesen trockneten aus und sind teils auch wegen des düngungsbedingten dichten Aufwuchses für Wiesenbrüter wenig attraktiv (LIPPERT 2007). Weitere großräumige Trockenlegungen beeinträchtigten in den 1970er Jahren auch den Wasserhaushalt des Erlenbruchs. Westlich des Gebietes wurde eine Brunnengalerie zur Trink- und Brauchwasser-Gewinnung errichtet, die zusätzlich Wasser aus dem Gebiet abzog, so dass auch die Bäche zeitweilig wenig Wasser führten. Seit den 1980er Jahren verbesserten sich die Wasserverhältnisse im Karrenbachgebiet wieder. Durch Wasserstandsregulierungen ist hier auch eine für den Kranich günstige jahreszeitliche Dynamik der Wasserstände realisierbar (LIPPERT 2007). In den nicht bewaldeten Bereichen, vor allem im Nordosten sowie im Südteil des EU SPA, findet sich überwiegend feuchtes Grünland, das ausschließlich oder im Wechsel als Mähwiese genutzt bzw. mit Rindern oder EU SPA Mahlpfuhler Fenn 221

224 Grünland Feuchtgrünland Niedermoor Hoch- und Übergangsmoor Laubwald Nadelwald Mischwald EU SPA Mahlpfuhler Fenn EU SPA Mahlpfuhler Fenn Lage und Lebensraumausstattung. Besonders wertvolle Teilbereiche im EU SPA sind die Quellräume, hier der Flöte (Foto: W. Lippert). 222

225 Pferden beweidet wird. Für die meisten Wiesen bestehen derzeit Nutzungsbeschränkungen hinsichtlich des Mahdzeitpunktes, des Düngemitteleinsatzes bzw. der Viehbesatzstärke. Als Ackerfläche werden nur wenige Hektar genutzt. Andere trockene Offenlandbiotope kommen nur vereinzelt vor. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA Mahlpfuhler Fenn besitzt infolge seiner Habitatausstattung eine sehr hohe Bedeutung für Vogelarten, die in Wäldern sowie in Mooren bzw. sehr nassen Wiesen brüten, darunter auch für etliche Arten des Anhang I der EU-VSchRL, wie z. B. Schwarzstorch, Kranich, Grau-, Schwarz- und Mittelspecht. Tab. 74: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach LIPPERT (2007) im Vergleich zu den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen- Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach LIPPERT 2007 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2008) Anhang I-Arten Schwarzstorch 1 3, Wespenbussard BZB 0 BZB 1-5 Rotmilan 2 0, Seeadler 1 2,6 1 - Kranich 10 3, Uhu BZB 0 BZB - Grauspecht 1 0,2 1 - Schwarzspecht 6 0, Mittelspecht 22 0, Neuntöter 14 0, Ortolan 1 0, Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Bekassine 3 0, Weitere bemerkenswerte Arten Waldschnepfe Waldwasserläufer Hohltaube 7 0,2 7 - Schlagschwirl Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Erstinventarisierung der Brutvögel erfolgten im Jahr 2006 entsprechende Erfassungen durch LIPPERT (2007). Tab. 74 gibt die im Rahmen dieser Kartierung ermittelten Revierzahlen der wertgebenden Arten an. Das Mahlpfuhler Fenn ist besonders für Brutvogelarten der feuchten Habitate und Niedermoore ein hervorragendes Gebiet. Besonders wertvolle Teilbereiche innerhalb des EU SPA sind der Torfstich bei Uchtdorf, die Fennwiese, der Karrenbach-Quellraum und die Mühlenbach-Wiesen. Nach ersten Brutansiedlungen des Kranichs in den 1970er Jahren (STEINKE 1978) brüten inzwischen in den Erlenbruchwäldern und Feuchtsenken des EU SPA bis zu 10 Paare. Damit beherbergt das EU SPA 3,3 % des Landesbestandes und stellt eines der fünf bedeutendsten Kranichbrutgebiete Sachsen-Anhalts dar. Der in der Brutzeit meist zu geringe Wasserstand, Prädation und Störungen bedingen jedoch einen jahrweise sehr geringen Bruterfolg, dem nur mit gezielten Maßnahmen zum Wasserstandsmanagement entgegen gewirkt werden könnte (RANA 2012). Eine weitere Besonderheit im Gebiet ist der Schwarzstorch, der regelmäßig seit 1962 im EU SPA brütet. Bevorzugte Brutstandorte innerhalb des EU SPA sind alte Hude-Eichen aber auch alte Kiefern. Es existiert ein traditioneller Nistplatz im Gebiet, der jedoch in den vergangenen Jahren nur unregelmäßig besetzt war. Nistplatzwechsel waren teils auf die Anwesenheit des Seeadlers oder Störungen im Horstumfeld zurückzuführen (RANA 2012). Der Rotmilan brütet aktuell mit 2 BP im Mahlpfuhler Fenn. Die ausgedehnten Wiesen des Gebiets dienen auch weiteren Paaren, die außerhalb des EU SPA brüten als Nahrungshabitat. Auch ein BP des Seeadlers brütet seit einigen Jahren regelmäßig im Gebiet. Vom Wespenbussard gibt es aus früheren Jahren Brutnachweise innerhalb und in direkter Umgebung des EU SPA. Aus dem Erfassungsjahr 2006 liegen mehrere Brutzeitbeobachtungen vor (LIPPERT 2007). Die Waldbereiche werden weiterhin von Schwarzspecht und Mittelspecht und sporadisch vom Grauspecht bewohnt, die hier sehr gute Brutmöglichkeiten vorfinden. Für Brutvögel der Waldmäntel und des Halboffenlandes hat das EU SPA eine eher untergeordnete Bedeutung. Neuntöter besiedeln Schlehengebüsche und Hecken entlang der Quellbäche und Gräben sowie die durch ein Mosaik aus Gebüschen und Offenlandbiotopen geprägte Schneise unter der das Gebiet querenden Stromleitung mit bis zu 14 BP. Die Sperbergrasmücke, die von STEINKE (1978) mit 2 bis 4 BP im Gebiet nachgewiesen wurde, brütete im Jahr 2006 nur mit einem Paar außerhalb der Grenzen des EU SPA. Ähnlich ist die Situation der Heidelerche, die bis vor 10 Jahren noch im Gebiet vorkam, inzwischen aber infolge des Fehlens geeigneter Habitate verschwunden ist. Der Ortolan, mit einem BP an der Gebietsgrenze und weiteren BP außerhalb nachgewiesen, ist keine gebietstypische Art. Die Bekassine brütete vor etwa 30 Jahren mit 15 BP in hoher Dichte auf den Karren- und Mühlenbachwiesen Im Mahlpfuhler Fenn brütet auch der landesweit sehr seltene Waldwasserläufer (Foto: E. Greiner). EU SPA Mahlpfuhler Fenn 223

226 Tab. 75: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Mahlpfuhler Fenn. Art Kranich Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C7 (STEINKE 1978). Durch intensive Nutzung des Gebietes sind die Bestände dieser und anderer Wiesenlimikolen, z. B. Großer Brachvogel und Kiebitz, jedoch dramatisch zusammengebrochen. Lediglich drei balzende Bekassinen konnten im Jahr 2006 auf der Detzelwiese beobachtet werden (LIPPERT 2007), während Kiebitz und Großer Brachvogel seit Anfang der 1990er Jahre als Brutvögel aus dem Gebiet verschwunden sind (RANA 2012). Die Bestände der Waldschnepfe unterliegen starken Schwankungen. Auf Grund mehrerer Brutzeitbeobachtungen im Jahr 2006 schätzt LIPPERT (2007) den aktuellen Bestand auf 5 bis 10 Reviere. In den Jahren 1997 und 2006 konnten Waldwasserläufer beobachtet werden. Es wird aktuell von einem Bestand von bis zu 2 BP ausgegangen (LIPPERT 2007). Interessant ist auch die Erstbeobachtung eines Uhus aus dem Jahr 2006 (LIPPERT 2007). Hierbei handelt es sich zwar nur um eine Einzelbeobachtung, doch kann eine zukünftige Brut im EU SPA nicht ausgeschlossen werden. Für Rastvögel hat das Gebiet keine landesweite Bedeutung. Deshalb wurden bisher keine systematischen Erfassungen durchgeführt. Tab. 75 zeigt die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Mahlpfuhler Fenn, die sich insbesondere in der Bedeutung als regelmäßiges Brutgebiet für den Kranich darstellt. Schutz- und Erhaltungsziele Schutzziel im EU SPA Mahlpfuhler Fenn ist laut Standarddatenbogen die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der gemeldeten Lebensräume (einschließlich aller dafür charakteristischen Arten) und Arten nach FFH-RL und EU-VSchRL. Die zunächst definierten vorläufigen Schutz- und Erhaltungsziele (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 04/2008) wurden im Managementplan für das EU SPA (RANA 2012) inzwischen zu endgültigen Schutz- und Erhaltungszielen präzisiert: Erhaltung und Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere der Anhang I-Arten Wespenbussard, Seeadler und Rotmilan durch Erhaltung von teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest große ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Wäldern mit angrenzenden Offenlandbereichen. Für Seeadler und Rotmilan Erhaltung und Wiederherstellung EU SPA Mahlpfuhler Fenn Brutvorkommen von Kranich, Bekassine, Mittel- und Schwarzspecht im EU SPA. Eine große Bedeutung hat das Mahlpfuhler Fenn für den Kranich, der in den Erlenbruchwäldern und Feuchtsenken brütet (Erfassungsjahr 2006). 224

227 großer, standortgerechter Laub- und Mischwälder mit hohem Anteil von Altholzbeständen sowie störungsund nutzungsfreien Bereichen als Brutgebiet und des störungsarmen Offenlandes als Nahrungshabitat. Sicherstellung des Bruterfolges durch Vermeidung von Störungen und Schädigungen im Horstplatzumfeld. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Anhang I-Arten Schwarzstorch, Kranich, Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht sowie der Zugvogelarten nach Art. 4.2 Waldschnepfe und Waldwasserläufer. Für den Schwarzstorch Erhaltung und Förderung des traditionell besetzten Brutplatzes, Erhaltung und Entwicklung großer, störungsarmer, standortgerechter Waldbestände im Kontakt zu angrenzenden störungsarmen, nahrungsreichen Feucht- und Nasswiesen, Sümpfen und Gewässern. Vermeidung von Störungen und Schädigungen am Horstplatz, mindestens entsprechend den Vorgaben des 28 NatSchG LSA, und im Nahrungshabitat. Für den Kranich Erhaltung und Entwicklung des landesweit bedeutenden Brutbestandes. Erhaltung und Wiederherstellung von periodisch überschwemmten Bruchwäldern im Kontakt zu angrenzenden (störungsarmen) Feuchtgrünländern und Nassbrachen, Ried- und Röhrichtflächen sowie Mooren. Vermeidung von Störungen und Schädigungen am Nistplatz, mindestens entsprechend den Vorgaben des 28 NatSchG LSA, und im Nahrungshabitat. Für Schwarz- und Grauspecht Erhaltung der Brutbestände durch Erhaltung bzw. Entwicklung alt- und totholzreicher, standortgerechter Misch- bzw. Laubmischwälder. Erhaltung und Förderung der Grenzlinienbereiche zum Offenland sowie des extensiv genutzten Grünlandes. Für den Mittelspecht Erhaltung des landesweit bedeutenden Brutbestandes. Erhaltung bzw. Entwicklung alt- und totholzreicher Laubmischwälder unter besonderer Berücksichtigung der Eiche und von Bruchwäldern. Erhaltung eines strukturreichen Halboffenlandes im Umfeld der Brutplätze. Erhaltung und Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände der Arten des Anhang I Neuntöter und Ortolan. Erhaltung (und für den Neuntöter auch Entwicklung) von landwirtschaftlich extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen oder kurzrasigen Bereichen im Komplex mit gestuften strukturreichen Waldmänteln, Dornstrauchgebüschen, Kleingehölzen und Solitärbäumen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände feuchter Offenlandbereiche, insbesondere der Bekassine (Zugvogelart nach Art. 4.2). Erhaltung und Wiederherstellung eines (historisch) landesweit bedeutenden Brutbestandes und Habitates. Erhaltung und Reaktivierung eines extensiv und artverträglich genutzten, von hohen Grundwasserständen geprägten Offenlandes mit Feucht- und Nassgrünländern, Mooren, Röhrichten und wassergefüllten Wiesensenken und Übergängen zu Bruchwaldkomplexen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Entsprechend der Gebietscharakteristik stehen im FFH- Gebiet und EU SPA Mahlpfuhler Fenn die Erhaltung und Entwicklung standorttypischer Waldlebensräume, vermoorter Flächen und der übrigen vom Wasserhaushalt abhängigen Offenlandbereiche sowie der Schutz streng geschützter Vogelarten im Mittelpunkt. Zahlreiche grundsätzliche Regelungen wurden mit der Neuverordnung des NSG im Jahr 2002 bereits in die NSG- Verordnung integriert, von denen einige direkt für den Vogelschutz von Bedeutung sind. So gelten ein Betretungsverbot abseits der Wege sowie ein Befahrverbot. Das Betreten sowie jegliche Nutzungen im Totalreservat sind untersagt. Im Karrenbachquellgebiet ist bis auf die Jagd ebenfalls keine Nutzung statthaft. Auf den bislang landwirtschaftlich bzw. forstlich genutzten Flächen sind die ordnungsgemäße Land- bzw. Forstwirtschaft freigestellt, aber mit Auflagen versehen. Beispielsweise sind Walzen und Schleppen von Grünland vom sowie das Ausbringen von flüssigem organischem Material wie Gülle, Jauche, Klärschlamm, Fäkalien grundsätzlich nicht zulässig. Für die Bewirtschaftung einiger Grünlandbereiche sind darüber hinaus spezielle Nutzungseinschränkungen und -termine definiert. Weitere Vorgaben beziehen sich auf die Waldbewirtschaftung (Baumarten, Hiebsverfahren) und Termine für Holzeinschlag und Holzrücken (jeweils nicht vom ). Die Entnahme von Höhlen- oder Horstbäumen und einzelstammweise auftretendem Totholz ist beschränkt. In einer 300-m-Schutzzone um Neststandorte der streng geschützten Großvogelarten dürfen vom keine forstwirtschaftlichen Maßnahmen und keine Jagd stattfinden. Daneben gelten die im 28 NatSchG LSA definierten Horstschutzzonen. Hinsichtlich der Jagd außerhalb des Totalreservates gilt weiterhin: keine Jagd Der Schwarzstorch nistet im EU SPA seit Jahrzehnten auf alten Hude-Eichen oder alten Kiefern (Foto: W. Steinborn). EU SPA Mahlpfuhler Fenn 225

228 EU SPA Mahlpfuhler Fenn auf Waldschnepfen, keine Errichtung oder Erweiterung von Wildfütterungsstellen, Wildäckern oder Jagdhütten. Die Jagd auf Vögel entspricht nicht dem Schutzziel und sollte daher zukünftig unterbleiben. Der für das EU SPA erstellte Managementplan (RANA 2012) beinhaltet als übergreifende Maßnahme zum Habitatschutz die Verbesserung des Wasserhaushaltes im Gebiet einschließlich der Renaturierung und Neuanlage von Gewässern sowie der Wiedervernässung von Bruchwäldern und Grünland, was insbesondere für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung von Brut- und Nahrungshabitaten von Schwarzstorch, Kranich und Bekassine wichtig ist. Wichtigste artbezogene Maßnahmen des Managementplanes für die im EU SPA brütenden streng geschützten Großvogelarten sind der Schutz von Horstbäumen, die Vermeidung von Störungen im Umfeld des Brutplatzes durch Einrichtung von Horstschutzzonen entsprechend 28 NatSchG LSA sowie die Verbesserung von Nahrungshabitaten. Grundlage für den Horstschutz ist die Ermittlung der aktuell genutzten Horste, ggf. in Verbindung mit einer Markierung oder Einmessung der Horstbäume. Für Schwarzstorch, Seeadler und Rotmilan gelten Nestschutzzonen von 300 m um aktuell genutzte Horste, in denen keine forstliche Nutzung oder Pflege erfolgen sowie ein Betretungsverbot des Waldes und Sperrung der Wege von Anfang März bis Ende August (Schwarzstorch) bzw. von Januar bis Ende Juli (Seeadler) gelten sollten. Sinnvoll erscheint die Ausweisung von mehreren Hektar großen Altholzinseln in den traditionell Torfstich mit Wollgras (Foto: W. Lippert). zur Brut genutzten Waldbereichen, in denen dauerhaft keine forstliche Nutzung erfolgt (RANA 2012). Artbezogene Maßnahmen für den Schwarzstorch können weiterhin das Anbringen von Nestplattformen in Altholzinseln sowie die Nutzbarmachung im Wald liegender Fließgewässer als Nahrungshabitat durch Freihalten der Randbereiche sein. Auf Grund des schlechten Bruterfolgs des Kranichs stehen die Verbesserung der Nahrungsverfügbarkeit sowie der Schutz der Brutplätze vor Prädation und Störungen im Mittelpunkt. Ein besseres Brutergebnis kann unter anderem durch Wegerückbau, Ausweisung von Nestschutzzonen um die Revierstandorte auf der Basis des 28 NatSchG LSA sowie eine intensive Schwarzwildbejagung außerhalb der Brutzeit erreicht werden. Durch die Förderung von Erlenbrüchen und weiteren potenziellen Brutplätzen in den nördlichen Waldbereichen lässt sich beispielsweise die derzeit nahezu ausgeschöpfte Habitatkapazität verbessern (RANA 2012). Prioritär ist auch die Wiederherstellung eines stabilen Vorkommens der Bekassine. Dies kann durch Maßnahmen zur verbesserten Wasserhaltung im Gebiet, die Vernässung ehemaliger Moor- und Bruchwaldflächen und von Grünland, die Anlage von Blänken sowie durch ein gezieltes Bibermanagement erreicht werden. Bei der Nutzung des Feuchtgrünlandes sind die Belange des Vogelschutzes entsprechend zu berücksichtigen (extensive Nutzung mit später Mahd bzw. angepasstem Beweidungsregime). Für die das EU SPA besiedelnden Spechtarten sind Höhlenbäume zu erhalten und zu fördern. Dazu kann ein höherer Anteil von Alt-, Bruch- und Totholz sowie Misch- und Laubmischwäldern beitragen. Insgesamt kommt den Spechtarten des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie eine Gewährleistung des Kronenschlusses und eines angepassten Alt- und Totholzanteils entgegen. Für den Mittelspecht essentiell sind die Erhaltung und Förderung des Anteils der Eiche und weiterer rauborkiger Baumarten (Erle, Weide). Je Hektar sollten deshalb in den Mittelspechthabitaten dauerhaft mindestens 25 Alteichen >150 Jahre vorgehalten werden, was für die Eiche eine Erhöhung des Umtriebsalters sowie infolge der Alterslücke bei mittelalten Beständen und Verjüngung einen zeitnahen Nutzungsverzicht erfordern würde (RANA 2012). Für den Neuntöter wäre ein angepasstes Habitatmanagement im Vorkommensschwerpunkt, beispielsweise durch eine differenzierte Gehölzentnahme nur außerhalb der Brutzeit, sehr förderlich. In anderen Offenlandbereichen sollte durch Beweidung oder Mahd einer zu starken Verbuschung bzw. Verbrachung entgegengewirkt werden. Die im EU SPA brütenden Großvogelarten nutzen vielfach auch Nahrungsflächen außerhalb des Gebietes. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. 226

229 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0027LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0027 Osteroder Holz (+) NSG0028 Kleiner Fallstein (+) NSG0029 Großer Fallstein (+) NSG0030 Waldhaus (+) LSG0027HBS Fallstein (-) b) nach internationalem Recht FFH0045LSA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck (=) + liegt innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck hat eine Größe von ha und befindet sich ca. 1,5 km nördlich von Osterwieck. Es handelt sich um die westlichste Erhebung eines von Nordwesten nach Südosten streichenden salztektonischen Breitsattels, der sich ostwärts über den Huy und den Hakel fortsetzt. Der Große Fallstein umfasst einen bewaldeten, bis 288 m über NN sanft aufragenden Muschelkalkrücken. Der Kleine Fallstein befindet sich westlich in enger räumlicher Nachbarschaft und zieht sich als sehr schmaler Höhenrücken nordwestlich bis nach Hornburg in Niedersachsen. Nur der östlichste Teil des Kleinen Fallsteins ist bewaldet, wobei trotz der engen räumlichen Nachbarschaft keine direkte Anbindung an die Waldfläche des Großen Fallsteins besteht. Nordwestlich an den Großen Fallstein schließt sich übergangslos die ebenfalls zum EU SPA gehörende Waldfläche des Osteroder Holzes an. Weitere Orte, die den Fallstein in ca. 1,5 km Entfernung umgeben, sind Deersheim, Hessen, Veltheim, Osterode und Rhoden. Einige Betonstraßen verlaufen von dort aus durch den Großen Fallstein, die aber für den öffentlichen Fahrzeugverkehr gesperrt sind. Der Wald selbst ist touristisch wenig frequentiert. Die Gründe dafür sind neben der eingeschränkten verkehrstechnischen Erschließung auch die abgeschiedene Lage nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze sowie das unmittelbar nördlich angrenzende Große Bruch, das hier eine natürliche Barriere darstellt. Zwei Ausflugslokale sowie der 1904 eingeweihte Bismarckturm am Südrand des Großen Fallsteins kanalisieren den Tourismus weitgehend (MAMMEN et al. 2007a). Das EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck wurde 2003 per Kabinettsbeschluss als Vogelschutzgebiet gemeldet und ist flächengleich mit dem gleichnamigen FFH-Gebiet. Es beinhaltet vier seit 1961 unter Schutz gestellte NSG und ist vollständig im LSG Fallstein enthalten. Naturräumlich liegt das Fallsteingebiet innerhalb des nördlichen Harzvorlandes in der Harzrandmulde. Die herzynisch streichenden Schichten des Muschelkalkes sind von mächtigen Löss- und Sandschichten bedeckt. Fahlerden und seltener Braunerden herrschen bei den Böden vor. An grundwasserbeeinflussten Standorten sind Gleye in unterschiedlicher Ausprägung vorhanden. Die bewaldeten Erhebungen des Fallsteingebietes ragen inselartig aus der umgebenden Agrarlandschaft heraus. Bei den angrenzenden Flächen handelt es sich fast ausschließlich um Ackerflächen. Nur am Südrand des Großen Fallsteins rund um das NSG Waldhaus sind einige Grünlandflächen vorhanden, und der Waldkante sind hier zahlreiche kleine Streuobstwiesen vorgelagert (MAMMEN et al. 2007a). Die klimatischen Verhältnisse, darunter ein Jahresniederschlag von über 600 mm, ermöglichen Vorkommen sowohl subkontinentaler als auch subatlantischer Pflanzenarten. Hauptbaumart in den ausgedehnten Laubmischwäldern ist die Buche, die teilweise noch in der natürlichen Vergesellschaftung mit der subozeanischen Waldhaargerste vorhanden ist. Als typische subkontinentale Art findet man hier den Diptam ( htm). Neben den verschiedenen Buchenwaldformen, die vereinzelt mit Esche, Bergahorn und Stieleiche durchsetzt sind, tritt an südexponierten Hängen Traubeneichen-Hainbuchenwald auf. Im Süden des EU SPA stockt ein Ahorn-Eschen-Gründchenwald mit Stieleiche, Esche und Bergahorn. Der Fallstein zeichnet sich zudem durch das Vorhandensein von Halbtrockenrasen mit Vorkommen von verschiedenen Orchideenarten aus. EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck 227

230 Acker Grünland Laubwald Nadelwald Mischwald Laubholz- und Gehölzkulturen EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck Lage und Lebensraumausstattung. Der Große Fallstein stockt auf einem Muschelkalksattel inmitten intensiv genutzter Ackerflächen (Foto: N. Wuttke). 228

231 Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck ist mit den alten Laubwäldern, die von wärmebegünstigten Offenlandstrukturen umgeben werden, ein geeigneter Lebensraum für viele Vogelarten (MAMMEN et al. 2007a). Hier finden sowohl Vogelarten der Wälder wie Greifvogelund Spechtarten als auch Arten der Offenlandhabitate wie Neuntöter und Sperbergrasmücke geeignete Lebensstätten. Tab. 76: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus MAMMEN et al. (2007a) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach MAMMEN et al. 2007a Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Wespenbussard 1 0, Schreiadler Rotmilan 3 0, Schwarzmilan Grauspecht Schwarzspecht 7 0, Mittelspecht 20 0, Neuntöter 17 0, Sperbergrasmücke 1 0, Zwergschnäpper Weitere bemerkenswerte Arten Grünspecht 1 0, Buntspecht 17 0, Kleinspecht 4 0,1 4 - Wiesenpieper 11 0, Karmingimpel Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel erfolgte im Fallstein 2006 eine flächendeckende Kartierung durch MAMMEN et al. (2007a). Die dabei erhobenen Daten wurden mit aktuellen Daten zum Schwarzspecht (A. Schonert, pers. Mitt.) ergänzt und sind in Tab. 76 dargestellt. Besondere Bedeutung kommt dem Fallstein für Grauspecht und Zwergschnäpper zu. Für beide Arten ist der Fallstein auf Grund der im Vergleich zu anderen Gebieten hohen Bestände eines der fünf bedeutendsten Brutgebiete des Landes Sachsen-Anhalt. Der Grauspecht konnte im Rahmen der Erstinventarisierung mit 5 BP erfasst werden, die sich auf die Randbereiche der Waldgebiete konzentrierten. Auch der Mittelspecht, im Jahr 2006 mit 20 Revieren ermittelt, bewohnt im Fallstein die Waldrandlagen. Hier befinden sich die älteren Eichenbestände mit einem hohen Totholzanteil, die für Spechte, insbesondere den Mittelspecht, von besonderer Bedeutung sind. Dies bestätigte sich auch 2011 auf den im Rahmen der landesweiten Spechterfassung kartierten Teilflächen. Auch Schwarzspecht, Kleinspecht, Grünspecht und Buntspecht kommen im Fallstein vor (MAMMEN et al. 2007a). Der Nachweis von insgesamt 3 Revieren des Zwergschnäppers ist als Besonderheit zu werten, zumal diese Anhang I-Art bisher nicht im Standarddatenbogen aufgeführt war (MAMMEN et al. 2007a). Der Anteil der Population im Fallstein beträgt 10 % des Landesbestandes. EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck Der Zwergschnäpper ist in Sachsen-Anhalt ein seltener Brutvogel größerer Laubwälder mit kühlem MIkroklima. Sein Verbreitungsschwerpunkt liegt weiter östlich (Foto: C. Moning, LBV-Archiv). 229

232 EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck Der Grauspecht besiedelt vorrangig die strukturreichen Randlagen des Fallsteins (Foto: Z. Tunka, LBV-Archiv). Anfang der 1990er Jahre besiedelte der Rotmilan den Fallstein mit 13 BP und der Schwarzmilan kam mit 1 BP vor (MAMMEN 1993). Wie auch in den anderen Waldinseln Huy und Hakel nahm der Bestand des Rotmilans in den Folgejahren stark ab, gegenwärtig sind nur noch drei besetzte Rotmilan-Horste bekannt. Der Schwarzmilan brütet nicht mehr im Fallstein (MAMMEN et al. 2007a). Im westlichen Waldbereich des Großen Fallstein befindet sich ein Revier des Wespenbussards. Bei Osterwieck, außerhalb des EU SPA, zog 2006 und 2007 ein Uhu-Brutpaar jeweils erfolgreich 2 Junge groß (FISCHER & DORNBUSCH 2008). Ein innerhalb des EU SPA in der Nähe des Bismarckturmes gelegener Uhu-Brutplatz ist jedoch seit vielen Jahren verwaist (M. Wadewitz, pers. Mitt.). Weiterhin gelang 2006 am Südrand des Fallsteins der Nachweis eines Karmingimpelreviers. Waldränder und Gebüschstrukturen der Offenlandhabitate werden vom Neuntöter bewohnt. Mit 17 nachgewiesenen Revieren im Jahr 2007 wird die im Standarddatenbogen genannte Spanne weit überschritten. Am östlichen Waldrand des Fallsteins brütet die Sperbergrasmücke in direkter Nachbarschaft zu den Neuntötern. Die Offenlandschaft bietet hier auch dem Wiesenpieper einen geeigneten Lebensraum (MAMMEN et al. 2007a). In den Waldbereichen des EU SPA brüten Rotmilan und Mittelspecht. In den strukturreichen Randlagen leben Grauspecht und Neuntöter (Erfassungsjahr 2006). 230

233 Tab. 77: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck. Art Grauspecht Zwergschnäpper Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C6 C7 Für Rastvögel hat das Gebiet keine landesweite Bedeutung. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. Eine Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck ist in Tab. 77 dargestellt. Für Grauspecht und Zwergschnäpper sind die Wälder des Fallsteingebietes eines der 5 wichtigsten Brutgebiete in Sachsen-Anhalt. Im Fallstein kommen insgesamt sechs Spechtarten vor, darunter auch der Grünspecht (Foto: R. Schöne). Schutz- und Erhaltungsziele Im EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck ist laut Standarddatenbogen ein günstiger Erhaltungszustand der gemeldeten FFH-Lebensraumtypen (einschließlich der charakteristischen Arten) und der Arten nach FFH-RL und EU-VSchRL zu sichern bzw. wiederherzustellen. Innerhalb der vier Naturschutzgebiete liegt der Schwerpunkt in der Erhaltung bestimmter Waldtypen ( und zwar der subatlantisch geprägten Buchenwälder im NSG Großer Fallstein, des Ahorn-Eschen-Gründchenwaldes und naturnaher Buchen- und Hainbuchenwälder im NSG Waldhaus, des Galio-Carpinetums mit Hutewaldcharakter im NSG Osteroder Holz sowie des Feldahorn-Eichenwaldes und eines Komplexes xerothermer Buchenwälder im Kleinen Fallstein. Endgültige Schutz- und Erhaltungsziele für das Gebiet werden im Rahmen der derzeitigen Erarbeitung des Managementplanes bzw. in einer Schutzgebietsverordnung zu definieren sein. Im Hinblick auf die im EU SPA aktuell vorkommenden Vogelarten ergeben sich folgende Schutz- und Erhaltungsziele (vgl. auch MAMMEN et al. 2007a): Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere von Wespenbussard und Rotmilan (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes als geeignetem Nahrungshabitat (auch außerhalb des EU SPA) und von teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Waldbereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Mittelspecht, Grauspecht und Schwarzspecht sowie Zwergschnäpper (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer Waldbereiche. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I). Erhaltung von offenen Gebieten, die an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölze, höhlenreiche Einzelbäume, Altobstbestände und Waldränder grenzen, sowie strukturierten, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Entwicklung strukturreicher Waldmäntel. Erhaltung des ehemaligen Uhubrutplatzes (Anhang I). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt der Waldlebensräume und Waldränder sowie des Halboffenlandes weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, sind sowohl Maßnahmen im Wald als auch in den Randzonen und Offenlandanteilen des EU SPA notwendig. Eine teilweise sehr intensive forstliche Nutzung hat in den zurückliegenden Jahrzehnten die für die Zielarten notwendige Waldstruktur in Teilbereichen stark verändert. Der begonnene Waldumbau hin zu naturnahen Laubwäldern ist daher fortzusetzen. Zur Erhaltung der Spechtpopulationen ist eine deutliche Erhöhung des Alt- und Totholzanteil erforderlich. Eine schutzzielorientierte Umtriebszeit von Eiche und Buche würde die Spechtarten ebenfalls begünstigen. Die Erhaltung und Entwicklung von Altholzkernbereichen, insbesondere in Buchenbeständen, sollte befördert werden, da dies bisher einen limitierenden Lebensraumfaktor für den Schwarzspecht darstellt. Zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes des Mittelspechtvorkommens ist der langfristige Erhalt des Eichenanteils notwendig. Um bekannte Bereiche mit Rotmilanhorsten sind die nach NatSchG LSA 28 definierten Horstschutzzonen einzuhalten. Darüber hinaus sollten in diesem für den Greifvogelschutz besonders bedeutenden Vogelschutzgebiet störungsarme Kernbereiche für den Greifvogelschutz mit reduzierter Bewirtschaftungsintensität festgelegt werden, die in dieser Form auch als Entwicklungsflächen für Spechtarten dienen können. EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck 231

234 Besondere Aufmerksamkeit ist der Erhaltung und Förderung der naturnahen Waldmantelgebüsche sowie der Dornenbüsche entlang der angrenzenden Wege als Lebensraum der Vogelgemeinschaft der halboffenen Landschaft wie Neuntöter und Sperbergrasmücke insbesondere in den südlichen Bereichen zu widmen. Gegebenenfalls sind ergänzend arten- und strukturreiche Neupflanzungen mit standortheimischen Gehölzen vorzunehmen. Dies wäre auch in den direkt angrenzenden Lebensräumen außerhalb der Grenzen des EU SPA förderlich. Um Störungen sensibel reagierender Vogelarten im Schutzgebiet möglichst zu minimieren sollte zukünftig auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. Der Rotmilan und andere Greifvögel sind besonders gefährdet durch Windkraftanlagen. Da diese Arten vielfach auch Flächen außerhalb des EU SPA zur Nahrungssuche nutzen sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck Im Fallsteingebiet sind infolge des starken Holzeinschlages in vergangenen Jahrzehnten kaum Altholzbestände vorhanden (Foto: M. Huepkes). 232

235 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Huy nördlich Halberstadt Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0028LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0031 Herrenberg und Vorberg im Huy (+) LSG0026HBS Huy (*) FND0001HBS Schäferplätzchen (+) FND0002HBS Fläche östlich des Schäferplätzchens (+) FND0003HBS Langer Berg (+) FND0009HBS Kiefhai (+) FND0010HBS Steppenrasen (+) FND0011HBS Eichen-Lindenwald (+) FND0013HBS Sonnenburg (+) b) nach internationalem Recht FFH0047LSA Huy nördlich Halberstadt (=) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Huy nördlich Halberstadt befindet sich ca. 6 km nordwestlich von Halberstadt und umfasst insgesamt ha. Der bewaldete Höhenzug des Huy erstreckt sich zwischen Dardesheim und Schwanebeck in einer Ost-West-Ausdehnung von etwa 12 km. Die Grenze des EU SPA entspricht im Wesentlichen dem Verlauf der Waldkante des Huys, der als weitgehend geschlossenes Waldgebiet inselartig aus der umgebenden Agrarlandschaft ragt. Am Fuß des Höhenzuges befinden sich im Süden die Ortschaften Sargstedt, Aspenstedt und Athenstedt und im Norden Dingelstedt. Nördlich grenzen die Ortschaften Huy-Neinstedt, Wilhelmshall und Röderhof direkt an das Schutzgebiet an. Innerhalb des Huys liegen Mönchhai sowie das Benediktiner-Kloster St. Marien auf der Huysburg. Alle Siedlungen sind aus der Fläche des EU SPA ausgegrenzt. Innerhalb des Vogelschutzgebietes sind neben den in Nord-Süd-Richtung querenden Landesstraßen L83 und L84 auch innerhalb der Waldfläche sowie zwischen Röderhof und Wilhelmshall gut ausgebaute Forstwege vorhanden. Von den Zugangsstraßen aus sind die touristischen Anziehungspunkte des Gebietes (unter anderem Gletschertöpfe, Danailshöhle, Kloster Huysburg, Sargstedter Warte und Paulskopfwarte) erschlossen. Daneben existiert ein gut ausgebautes Wanderwegenetz, das auch zwei Radwanderwege beinhaltet. Das EU SPA wurde im Jahr 2003 per Kabinettsbeschluss gemeldet. Es ist flächen- und namensgleich mit dem FFH-Gebiet und liegt bis auf die östlichste Spitze innerhalb des LSG Huy. Im zentralen Teil des EU-Vogelschutzgebietes sind seit 1961 etwa 244 ha als NSG ausgewiesen. Naturräumlich liegt der Huy innerhalb des nördlichen Harzvorlandes in der Harzrandmulde. Das weitgehend geschlossene Waldgebiet ragt inselartig aus der umgebenden Agrarlandschaft. Geologisch besteht der Huy aus zwei fast parallelen, bis 314 m über NN (Buchenberg) hohen Muschelkalksatteln in herzynischer Streichrichtung, die durch eine Verwerfungsspalte getrennt sind. Deutlich ragen einzelne Kuppen als Berge aus der Landschaft heraus. Während die Erhebung des Huy von Süden relativ steil ansteigt, fällt das Gelände nach Norden hin sanfter ab (MAMMEN et al. 2007b). Der nördliche Sattel ist aus Schichten des Oberen Muschelkalks, der südliche Sattel aus Schichten des Unteren Muschelkalks aufgebaut. Im Scheitelbereich sind Buntsandsteinschichten aufgeschlossen. Diese Ausgangsgesteine sowie teils aufgelagerte Lössschichten waren Ausgangspunkt unterschiedlichster Bodenbildungen und ermöglichen die Existenz verschiedener Pflanzengesellschaften. Das EU SPA liegt im niederschlagsarmen Mitteldeutschen Trockengebiet und ist relativ arm an Oberflächengewässern. Meist handelt es sich um temporäre Kleingewässer bzw. auch um ehemalige Fischteiche (z. B. Röderhofer Teiche) oder, wie bei den Kolly-Teichen im West-Huy, um wassergefüllte Erdfälle (Dolinen). Grundwasseraustritte aus Kalkgestein führten zur Bildung von Karst- und Schichtquellen, wie beispielsweise der Jürgenquelle. Weitere Quellen befinden sich auch in Röderhof, Wilhelmshall und Huy-Neinstedt. Von den Quellaustritten ausgehend entwässern kleine Bachläufe den Huy (ÖKO- TOP 2012). EU SPA Huy nördlich Halberstadt 233

236 EU SPA Huy nördlich Halberstadt Acker Grünland Laubwald Nadelwald Mischwald natürlicher Bergmischwald Laubholz- und Gehölzkulturen EU SPA Huy nördlich Halberstadt Lage und Lebensraumausstattung. Blick entlang der Nordkante des Huy (Foto: S. Ellermann). 234

237 Über den Muschelkalkstandorten stocken Waldmeister- und Perlgras-Buchenwälder, auf den versauerten Buntsandsteinen dagegen Hainsimsen-Buchenwälder. An den Nordhängen sind Bingelkraut-Buchenwälder ausgebildet. Auf südexponierten Standorten werden die Buchenwälder durch Eichen-Hainbuchenwälder abgelöst, die an den Waldrändern teils in xerotherme Eichentrockenwälder übergehen. In den Gründchen der Täler wachsen Ahorn- Eschenwälder. Forstlich genutzter Nadelwald (überwiegend Lärche) nimmt als Buchenvoranbau nur einen geringen Anteil ein und wird mit dem Aufwachsen der Buchen wieder entfernt. Eine Besonderheit sind die zahlreichen Orchideenarten, die im NSG anzutreffen sind. Offen- und Halboffenland ist mit einem Flächenanteil von etwa 9 % vorhanden und konzentriert sich vor allem im bis 1990 teils militärisch genutzten Ost-Huy am Paulskopf sowie in der Teilfläche nördlich von Sargstedt. Der von gebüschdurchsetzten Magerrasen mit umgebenden Niederwäldern geprägte Ostteil des Huy bildet dabei einen eigenen landschaftlichen Komplex innerhalb des EU SPA. Darüber hinaus sind kleinflächige Offen- und Halboffenlandbiotope wie Magerrasen, Streuobstwiesen und Grünland, im gesamten Gebiet verstreut. Außerhalb des EU SPA schließen sich teils ackerbaulich genutzte, mit Streuobstwiesen, Trocken- und Halbtrockenrasen und Feldgehölzen reich strukturierte wärmebegünstigte Hanglagen an (MAMMEN et al. 2007b). Tab. 78: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus MAMMEN et al. (2007b) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach MAMMEN et al. 2007b Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Wespenbussard 1 BV 0, Rotmilan 6 0, Schwarzmilan Grauspecht Schwarzspecht 4 0, Mittelspecht 9 0, Neuntöter 34 0, Sperbergrasmücke 8 0, Weitere bemerkenswerte Arten Wendehals , Grünspecht 5 0,1 5 - Buntspecht , Wiesenpieper 4 0,1 4 - Karmingimpel Grauammer 1 0, Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA Huy nördlich Halberstadt bietet mit seinen alten Laubmischwaldgesellschaften einen geeigneten Lebensraum für viele Waldvogelarten, wobei Greifvogel- und Spechtarten besonders hervorzuheben sind. Im wärmebegünstigten und abwechslungsreich strukturierten Umland des Huy finden Charakterarten von Offenlandstrukturen wie Neuntöter und Sperbergrasmücke geeignete Lebensstätten. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel erfolgte im Huy 2006 eine flächendeckende Kartierung durch MAMMEN et al. (2007b). Die dabei erhobenen Daten wurden mit aktuellen Ergebnissen zum Wespenbussard ergänzt und sind in Tab. 78 dargestellt. EU SPA Huy nördlich Halberstadt Nur im Ost-Huy finden sich in größerem Umfang Offenlandbiotope, darunter Trocken- und Halbtrockenrasen (Foto: T. Lüdicke). 235

238 EU SPA Huy nördlich Halberstadt Im Ostteil des Huy wurde der Karmingimpel nachgewiesen, der landesweit eine sehr seltene Brutvogelart ist (Foto: H.-J. Fünfstück, LBV-Archiv). Das EU SPA ist eines der fünf wichtigsten Brutgebiete Sachsen-Anhalts für den seltenen Grauspecht, von dem im Rahmen der Erstinventarisierung 5 Reviere nachgewiesen wurden. Die meisten Habitate des Grauspechts befinden sich im wärmebegünstigten Ost-Huy (MAMMEN et al. 2007b). Neben dem Grauspecht bieten die Waldbereiche des Huy auch Grünspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht, Buntspecht und Kleinspecht einen Lebensraum. Der Schwarzspecht kommt insbesondere in Bereichen mit alten Buchen vor. Als Bewohner von alten Eichenwäldern mit einem hohen Totholzanteil findet der Mittelspecht nur in einigen Teilbereichen des Huy geeignete Habitate. Dort, z. B. in den Eichenmischbeständen im westlichen Huy, werden allerdings beachtliche Dichten von 3 BP / 100 ha erreicht (MAMMEN et al. 2007b). Im Huy brüten weiterhin Rotmilan und Wespenbussard. Während der 1970er und 1980er Jahre wurden die großen isolierten Waldgebiete Huy und Hakel kolonieartig vom Rotmilan besiedelt. Der Maximalbestand im Huy wurde im Jahr 1981 mit 92 Brutpaaren registriert (GÜNTHER & WADEWITZ 1990). Frühere Erfassungen belegen auch Nachweise des Schwarzmilans, der jedoch seit 1999 nicht mehr als Brutvogel im Huy nachgewiesen werden konnte. Die Ursachen hierfür sind unbekannt (MAMMEN et al. 2007b). Der höchste Bestand wurde im Jahr 1992 mit 7 Brutpaaren erreicht (MAMMEN 1993). Im Brutvorkommen von Mittelspecht, Grauspecht, Neuntöter und Sperbergrasmücke im EU SPA Huy nördlich Halberstadt (Erfassungsjahr 2006). 236

239 Tab. 79: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Huy nördlich Halberstadt. Art Grauspecht Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C7 Standarddatenbogen wird der Bestand des Schwarzmilans mit 6-10 Brutpaaren angegeben. Der Wespenbussard konnte 2006 nicht nachgewiesen werden, jedoch liegen aus mehreren Jahren Beobachtungen vor, die einen Brutverdacht rechtfertigen. Reich strukturierte, xerotherme Offenlandbereiche mit Hecken und Gebüschen finden sich überwiegend im Bereich der Paulskopfwarte im Ost-Huy sowie entlang der südlichen Waldrandbereiche des Gebietes. In diesen Habitaten brüten Neuntöter, Sperbergrasmücke und Wiesenpieper. An Grenzstrukturen zwischen Wald und Offenland findet die Grauammer geeignete Habitatstrukturen vor (MAMMEN et al. 2007b). Die zahlreichen Streuobstwiesen, vor allem in den Bereichen Paulskopfwarte und Lindenberg, werden in hoher Dichte vom Wendehals besiedelt. Der Grünspecht, der ebenfalls in Streuobstwiesen zu finden ist, besiedelt im Huy außerdem lichte Waldbestände und strukturreiche Offenlandbereiche mit lockerem Baumbestand (MAMMEN et al. 2007b). Erwähnenswert ist auch ein Revier des Karmingimpels, das 2006 an einem Waldrand im Ost-Huy nachgewiesen wurde (MAMMEN et al. 2007b). Der Karmingimpel ist in Sachsen-Anhalt eine sehr seltene Art mit einem geschätzten Landesbestand von maximal 15 Revieren (Fischer & DORNBUSCH 2008, 2010b). Für Rastvögel hat das Gebiet keine landesweite Bedeutung. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. In Tab. 79 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Huy nördlich Halberstadt dargestellt. Für den Grauspecht ist das EU SPA eines der 5 wichtigsten Brutgebiete in Sachsen-Anhalt. Schutz- und Erhaltungsziele Im EU SPA Huy nördlich Halberstadt ist laut Standarddatenbogen ein günstiger Erhaltungszustand der gemeldeten FFH-Lebensraumtypen (einschließlich der charakteristischen Arten) sowie der Arten nach FFH-RL und EU-VSchRL zu sichern bzw. wiederherzustellen. Innerhalb des NSG liegt der Fokus auf den dort zu erhaltenden Orchideenvorkommen. Endgültige Schutz- und Erhaltungsziele für das Gebiet werden derzeit im Rahmen der Erarbeitung eines Managementplanes formuliert bzw. in einer folgenden Schutzgebietsverordnung zu definieren sein. Im Hinblick auf die im EU SPA aktuell vorkommenden Vogelarten ergeben sich folgende Schutz- und Erhaltungsziele (vgl. auch MAMMEN et al. 2007b): Erhaltung und Entwicklung sowie Stabilisierung der Greifvogelbestände, insbesondere von Wespenbussard und Rotmilan (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes als geeignetem Nahrungshabitat (auch außerhalb Der Grünspecht besiedelt im Gebiet strukturreiches Offenland mit lockerem Baumbestand, Streuobstwiesen und lichte Waldbestände (Foto: E. Greiner). des EU SPA) und von teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Waldbereichen. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer Waldbereiche. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I) sowie von Wendehals und Grauammer (Art. 4.2). Erhaltung von offenen Gebieten, die an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölze, höhlenreiche Einzelbäume, Altobstbestände und Waldränder grenzen, sowie strukturierten, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt sowohl der Waldlebensräume als auch der Waldränder und des Halboffenlandes weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, sind einerseits Maßnahmen im Wald, andererseits in den Randzonen und Offenlandanteilen des EU SPA notwendig. Die in den letzten Jahren erfolgte Waldbewirtschaftung hat mit wiederholten Einschlägen in kurzen Zeitabständen zu einer Auflichtung zuvor geschlossener Waldbestände geführt, die den Schutzzielen entgegensteht. Aus Vogelschutzsicht wären Nutzungseinschläge günstiger, die von einer mehrjährigen Ruhephase EU SPA Huy nördlich Halberstadt 237

240 EU SPA Huy nördlich Halberstadt ohne Eingriffe und Störungen unterbrochen sind. Ein günstiger Erhaltungszustand der Spechtpopulationen kann durch einen höheren Totholzanteil und höhere Umtriebszeiten von Eiche und Buche erreicht werden. Die Erhaltung und Entwicklung von Altholzkernbereichen, insbesondere in Buchenbeständen, sollte befördert werden, da dies bisher einen limitierenden Lebensraumfaktor für den Schwarzspecht darstellt. Zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes der Mittelspechtvorkommens ist der langfristige Erhalt des Eichenanteils notwendig. Für Rotmilanhorste sind die nach NatSchG LSA 28 definierten Horstschutzzonen einzuhalten. Darüber hinaus sollten in diesem für den Greifvogelschutz besonders bedeutenden Vogelschutzgebiet störungsarme Kernbereiche für den Greifvogelschutz mit reduzierter Bewirtschaftungsintensität festgelegt werden, die in dieser Form auch als Entwicklungsflächen für Spechtarten dienen können. Besondere Aufmerksamkeit ist der Erhaltung und Förderung der naturnahen Waldmantelgebüsche sowie der Dornenbüsche entlang der angrenzenden Wege als Lebensraum der Vogelgemeinschaft der halb offenen Landschaft wie Neuntöter und Sperbergrasmücke zu widmen, insbesondere an der Südkante zwischen Aspenstedt und Sargstedt sowie am Nordwestrand zwischen Huy-Neinstedt und Dingelstedt. Gegebenenfalls sind entsprechende arten- und strukturreiche Neupflanzungen mit standortheimischen Gehölzen zu verwirklichen. Dies betrifft auch die direkt angrenzenden Lebensräume außerhalb der Grenzen des EU SPA. Im östlichen Huy sind Höhlenbäume und Obstbäume als Lebensraum des Wendehalses zu erhalten und zu entwickeln. Zur Stabilisierung und Förderung der Greifvogelbestände, insbesondere zur Verbesserung der Ernährungssituation, würde sich die Erhöhung des Anteils kleinflächig über die Brutzeit verteilt, gemähter Dauerfutterflächen (Luzerne oder Grünland) im Umfeld des EU SPA sehr positiv auswirken. Außerdem ist in diesem Bereich grundsätzlich auf eine Kleinsäugerbekämpfung zu verzichten. Um Störungen sensibel reagierender Vogelarten im Schutzgebiet möglichst zu minimieren sollte zukünftig auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. Rot- und Schwarzmilan gelten als besonders gefährdet durch Windkraftanlagen. Da diese Arten vielfach auch Flächen außerhalb des EU SPA zur Nahrungssuche nutzen sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. Die im Huy vorhandenen Buchen- und Eichenwaldgesellschaften bilden oft gut strukturierte Bestände (Foto: D. Bley). 238

241 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0029LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht LSG0032WR_ Harz und nördliches Harzvorland (-) NUP0004LSA Harz/Sachsen-Anhalt (-) b) nach internationalem Recht FFH0078LSA Laubwaldgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg (=) = flächengleich mit dem EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Das ha große EU SPA erstreckt sich zwischen Wernigerode und Blankenburg über eine Länge von ca. 12,6 km. Die nördliche Grenze verläuft entlang der Orte Benzingerode und Heimburg bis nach Blankenburg. Von dort aus erstreckt sich ein Ausläufer des Gebietes bis südöstlich von Hüttenrode. Ab Hüttenrode verläuft die Grenze dann in Richtung Nordwesten bis nach Wernigerode. Das EU SPA wurde im Jahr 2003 per Kabinettsbeschluss als Vogelschutzgebiet gemeldet und ist mit dem bereits 2000 gemeldeten FFH-Gebiet flächengleich. Es ist Teil des Naturparks Harz sowie des LSG Harz und nördliches Harzvorland. Naturräumlich ist das Gebiet zu etwa gleichen Teilen dem Nördlichen Harzvorland (Harzrandmulde) und dem Unterharz zuzurechnen. Von den Landschaftseinheiten hat es hauptsächlich Anteile am nördlichen Harzrand, im Nordosten am nördlichen Harzvorland und im Südwesten am Mittelharz. Das EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg umfasst die am Nordrand des Harzes in nordöstliche Richtung ausstreichenden Hügelzüge von Wernigerode bis Blankenburg und ist überwiegend bewaldet. Charakteristisch sind zahlreiche Bachläufe, die temporär oder ganzjährig Wasser führen, sowie der stetige Wechsel von Tälern und Hanglagen. Die Höhenlagen variieren zwischen 300 und 500 m über NN. Fahlerden über Löss oder Sand dominieren die Böden. Auf felsigem Untergrund sind Rohböden beziehungsweise Ranker vorhanden. Charakterisiert durch weitläufige Laubwälder bietet dieses Gebiet vielen waldbewohnenden Arten Lebensraum. Vorherrschende Baumart ist die Rotbuche, die je nach Bodenbeschaffenheit als Waldmeister-Rotbuchengesellschaft oder Hainsimsen-Rotbuchengesellschaft vorkommt. Die trockeneren Hanglagen südöstlich Wernigerode und südlich Blankenburg sind durch alte Eichenwälder geprägt (PSCHORN 2008a). An feuchten Standorten sind Esche und Bergahorn zu finden. Bach begleitend treten schmale Erlenwälder und Wie- senkomplexe auf. Die Buchenwälder sind häufig forstlich genutzt, ebenso wie die stellenweise vorhandenen Fichtenforste. Trotz der forstlichen Nutzung sind jedoch auch alte Waldbestände mit Totholz und zahlreichen Höhlenbäumen vorhanden. Im gesamten Gebiet verteilt finden sich Bäche unterschiedlicher Fließgeschwindigkeit und Sohlenbeschaffenheit, Quellbereiche sowie kleinflächige Wiesen- und Staudenfluren. Großflächige Windwurfflächen befinden sich im Mittelteil des EU SPA auf ehemaligen Fichtenforsten (PSCHORN 2008a). Die Nord- und Ostgrenze des Vogelschutzgebietes ist durch zahlreiche Streuobstwiesen und Heckenstrukturen geprägt. Im Südosten gibt es größere Wiesenkomplexe mit Hecken und Solitärgehölzen. Stillgewässer sind im Gebiet kaum vorhanden, stets anthropogenen Ursprungs und dienen zumeist als Angelgewässer. Im Norden des Gebietes befinden sich am Kloster Michaelstein mehrere fischereiwirtschaftlich genutzte Teiche. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die ausgedehnten Eichen- und Buchenmischwälder am nördlichen Harzrand sind Lebensraum einer artenreichen Brutvogelgemeinschaft, wie sie für naturnahe Wälder typisch ist. Brutvögel: Im EU-Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg wurde im Rahmen der systematischen Ersterfassungen im Jahr 2007 eine flächendeckende Revierkartierung der wertgebenden Arten vorgenommen (PSCHORN 2008a). Die Ergebnisse dieser Kartierung ergänzt mit Daten der Landeserfassungen von Raufußkauz und Sperlingskauz (PSCHORN 2011a) sind in Tab. 80 dargestellt. In den alten Buchenwäldern brütet schon seit vielen Jahren erfolgreich ein Paar des Schwarzstorchs (PSCHORN 2008a). Das Vogelschutzgebiet hat damit eine große Bedeutung für diese Art und ist zugleich eines der fünf wichtigsten Schwarzstorchbrutgebiete Sachsen-Anhalts. Auch Greifvogelarten wie Rotmilan, Mäu- EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg 239

242 EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg Grünland Laubwald Nadelwald Mischwald natürlicher Bergmischwald EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg Lage und Lebensraumausstattung. Herbstfärbung der von Eichen- und Buchenwaldgesellschaften dominierten Laubwälder im EU SPA, Blick von Wernigerode aus nach Osten am Harzrand entlang (Foto: S. Ellermann). 240

243 sebussard, Sperber und Habicht finden hier einen geeigneten Lebensraum. Für den Wespenbussard gelangen zwar im Erfassungsjahr 2007 keine Brutnachweise, jedoch ist ein Vorkommen der Art aktuell nicht auszuschließen (PSCHORN 2008a). Der Raufußkauz konnte im Rahmen der Ersterfassung nicht nachgewiesen werden. Aktuelle Ergebnisse der Landeserfassung ergaben allerdings einen Bestand von 2 BP (PSCHORN 2011a). Erstmalig im Jahr 2007 konnten 2 Reviere des Eisvogels an den Fischteichen und Bächen nachgewiesen werden. Die Bachtäler sind auch Lebensraum von Wasseramsel und Gebirgsstelze (PSCHORN 2008a). Als typische Bewohner von mit Eichen und Buchen durchsetzten älteren Laubwäldern besiedeln Grauspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht und Hohltaube das Vogelschutzgebiet. Im Bereich von Windwurfflächen und anderen geeigneten Standorten im gesamten Gebiet ist der Neuntöter zu finden. In aufgelockerten Baumbeständen sowie an den Randlagen kommt der Wendehals vor (PSCHORN 2008a). Die für ein waldgeprägtes Gebiet beachtlichen Bestände von Neuntöter und Wendehals sind ein Indikator für die reiche Strukturierung des Gebietes und damit auch für viele besiedelbare Grenzstrukturen und Übergangszonen zwischen bewaldeten und offenen Flächen. Im Zuge der Erfassung wurde auch eine kleine Graureiher-Kolonie bei Michaelstein festgestellt. Aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit geeigneter Nahrungshabitate entspricht die geringe Paarzahl wohl schon der Lebensraum-Kapazität des Gebietes. Tab. 80: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus PSCHORN (2008a) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach PSCHORN 2008a Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch 1 3, Wespenbussard Rotmilan 4 0, Raufußkauz 2 1, Eisvogel 2 0,3 2 - Grauspecht 4 0, Schwarzspecht 13 0, Mittelspecht 13 0, Neuntöter 21 0, Weitere bemerkenswerte Arten Graureiher 13 1, Habicht 1 0,1 1 - Sperber 2 0,2 2 - Mäusebussard 11 0, Hohltaube 17 0, Turteltaube 3 0, Waldohreule 2 0, Waldkauz 7 0,2 7 - Wendehals 9 0, Wasseramsel 2 1, Gartenrotschwanz 7 0, Gebirgsstelze 4 0, Für das Gebiet sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg Mittelspecht-Reviere beschränken sich im EU SPA auf einige Eichenwaldkomplexe in Hanglagen bei Wernigerode und Blankenburg (Foto: R. Schöne). 241

244 Tab. 81: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg. Art Schwarzstorch Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C7 In Tab. 81 ist die Erfüllung der IBA-Kriterien im Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg dargestellt. Die einzelartbezogene Bedeutung besteht vor allem im Hinblick auf den Schwarzstorch. EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg Eichenbestand mit hohem Totholzanteil bei Wernigerode (Foto: A. Pschorn). Schutz- und Erhaltungsziele Das EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg ist laut Standarddatenbogen als Lebensraum für Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der EU-VSchRL zu erhalten. Für das EU-Vogelschutzgebiet wurden zunächst vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele (Landesamt für Umweltschutz, Stand 11/2008) und im Managementplan (PROF. HELLRIEGEL INSTITUT e. V. 2011) die nachfolgend zusammengefasst wiedergegebenen endgültigen Schutz- und Erhaltungszielen definiert: Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher alter Buchen- und Buchenmischwälder sowie deren Rand- und Begleitstrukturen, insbesondere der Anhang I-Arten Schwarzstorch, Rotmilan, Raufußkauz, Schwarzspecht, Mittelspecht sowie weiterer Arten nach Art. 4.2, insbesondere Wendehals Brutvorkommen von Schwarzspecht, Mittelspecht, Grauspecht und Neuntöter im EU SPA (Erfassungsjahr: 2007). 242

245 und Hohltaube, durch Erhaltung und Entwicklung alt- und totholzreicher, störungsarmer Wälder mit einem reichen Höhlenangebot. Erhaltung und Stabilisierung der Großvogelbestände, insbesondere der Anhang I-Arten Schwarzstorch und Rotmilan, durch Schaffung und/oder Erhaltung von weitestgehend störungsfreien Altholzbeständen (mit forstwirtschaftlich eingeschränkter Nutzung) in großflächig zusammenhängenden Komplexen störungsarmer Laub- und Mischwaldbestände. Erhaltung und Entwicklung von großflächigen Hochwaldstrukturen mit einem hohen Anteil von über 100-jährigen Buchen zur Anlage der Nisthöhlen von Schwarzspecht (Anhang I) bzw. zur Nachnutzung von Nisthöhlen durch die Hohltaube (Art. 4.2), von mittelalten bis alten, lichten und strukturreichen Buchenund Buchenmischwäldern für den Grauspecht (Anhang I) sowie alt- und totholzreicher, arten- und strukturreicher Laubmischwälder mit hohem Eichenanteil für den Mittelspecht (Anhang I). Erhaltung und Förderung alter, reich strukturierter Buchen- und Buchenmischbestände mit Nadelholzanteil mit einem hohen Angebot an Großhöhlen zur Brut, an deckungsreichen Tagesruheplätzen sowie Lichtungen und unterholzarmen Waldbeständen zur Nahrungssuche für den Raufußkauz (Anhang I). Erhaltung und Förderung von großräumig störungsfreien Altholzbeständen als Bruthabitat in räumlichem Zusammenhang mit störungsarmen Nahrungshabitaten, wie Feucht- und Waldwiesen, Sümpfen, Fließ- und Stillgewässern für den Schwarzstorch (Anhang I) und vielfältig strukturierten offenen und halboffenen Landschaftsräumen für Rotmilan und Wespenbussard (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft naturnaher Gewässer, insbesondere der Vorkommen des Eisvogels (Anhang I) und des Wasseramsel- und Gebirgsstelzenbestandes (Art. 4.2). Erhaltung und Förderung kleinfischreicher Gewässer mit mindestens mäßiger Sichttiefe, überhängenden Gehölzstrukturen (als Ansitzwarten) in störungsarmen Bereichen und Steilwänden aus grabfähigen Substraten (als geeignete Brutplätze, ggf. auch im Umfeld der Gewässer) für den Eisvogel (Anhang I). Erhaltung von möglichst klaren (Güteklasse I-II) Fließgewässern mit permanenter Wasserführung, stärkerer Strömung, Stromschwellen, steinig-kiesigem Grund, größeren Steinen im Gewässerbett und Pestwurzfluren im Uferbereich sowie Erhaltung und Förderung geeigneter Strukturen zur Anlage des Nistplatzes (z. B. überhängende Ufer, Steilabbrüche, Wurzelteller, Brückennischen etc.) für die Wasseramsel (Art. 4.2). Erhaltung und Förderung Laubwald umgebener, schattreicher Fließgewässer mit unterschiedlichen Strömungsverhältnissen, Geröllufern, Geschiebe- und Geröllinseln, seichten und zeitweise trocken fallenden Schlamm- und Sandbänken sowie geeigneter Strukturen zur Anlage des Nistplatzes für die Gebirgsstelze (Art. 4.2). Erhaltung und Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der Waldsäume und halboffenen Bachtäler, insbesondere der Bestände des Neuntöters Der Schwarzspecht besiedelt über das EU SPA verteilt geeignete Altholzbestände (Foto: E. Greiner). (Anhang I) durch Erhaltung von weitgehend extensiv genutzten Offenlandflächen im Komplex mit Hecken aus dominierenden Dornstrauchgebüschen und gestuften Saum- und Mantelbereichen entlang der Waldkanten. Erhaltung von Feldgehölzen, lückigen, offenlandnahen Laub- und Mischwäldern mit Altholzbeständen, die reich an Spechthöhlen sind, insbesondere für den Wendehals (Art. 4.2). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Erhaltung der reich strukturierten Mittelgebirgslandschaft von großer Bedeutung. Im Managementplan für das EU SPA (PROF. HELLRIEGEL INSTITUT e. V. 2011) werden in Form von Behandlungsgrundsätzen allgemeine Maßnahmeempfehlungen für Habitate der wertgebenden Brutvogelarten gegeben. Aus Gründen des speziellen Vogelschutzes ergeben sich ergänzende Maßnahmen: Wald bewohnende Greif- und Großvögel bevorzugen Altholzbereiche als potenzielle Horstplätze. Der Schwarzstorch benötigt darüber hinaus insbesondere Waldwiesen sowie naturnah ausgestattete Gewässer bzw. Versumpfungsbereiche. Zweckmäßig ist daher ein angemessener Mindestanteil von Altholzbereichen sowie die Erhaltung und Entwicklung von Freiflächen innerhalb des Waldes. Höhlen- und Horstbäume sind grundsätzlich zu erhalten. Zur Sicherung störungsarmer Brutplätze sollten in dem für Großvogelarten bedeu- EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg 243

246 EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg tenden Vogelschutzgebiet über 28 NatSchG LSA hinausgehend Schutzzonen in einem Radius von 300 m (Schwarzstorch, Rotmilan) bzw. 100 m (übrige Greifvogelarten) gelten. In diesen Horstschutzzonen sollte ein grundsätzliches Jagd-, Betretungs- und Bewirtschaftungsverbot während der Brutperiode gelten, für Schwarzstorch und Rotmilan sollte eine ganzjährige Bewirtschaftungsruhe im 100-m-Umkreis umgesetzt werden. Dies dient der Gewährleistung großräumig weitgehend ungestörter Bereiche für den Vogelschutz ebenso wie der Verzicht auf den weiteren Ausbau des vorhandenen Wegenetzes. Für die Specht- und Eulenarten ist in den Laubwäldern ein ausreichender Anteil an Altholzbereichen in der Reifephase zu erhalten bzw. zu entwickeln. Hier sollte ein sichtbarer Anteil (anzustreben sind mindestens zwei je ha) abgängiger Baumindividuen (vor allem Eichen) sowie starken, auch stehenden Totholzes verbleiben. Bei Durchforstungsmaßnahmen in Altholzbeständen ermöglicht die räumlich deutlich abgestufte wechselnde Intensität der Eingriffe den Wechsel von unterwuchsreichen Zonen für Mittelspecht und Gartenrotschwanz sowie unterwuchsarmen Beständen für Schwarzspecht und Hohltaube. Der Mittelspecht benötigt einen Mindestanteil der Hauptbaumart Eiche in allen Altersstufen von 30 %, der Raufußkauz hingegen benötigt einen Mindestanteil von mosaikartig divers strukturierten, höhlenreichen Eichenhangwald südöstlich von Wernigerode (Foto: A. Pschorn). Nadelholzbeständen, vor allem Fichte, auf ca. 5 bis 10 % der waldbestockten Fläche. Die Erhaltung der naturnahen Bachläufe mit überwiegend steinigem Substrat, permanenter Wasserführung, hoher Wasserqualität (Biologische Wassergüte I bzw. I-II), wechselnden und überwiegend raschen Strömungsverhältnissen, weitgehend natürlichen Längsund Querprofilen, vielgestaltigen Ufern und überhängenden Gehölzbeständen dient der Sicherung der Vorkommen von Eisvogel, Wasseramsel und Gebirgsstelze. An den Stillgewässern kommen Graureihern und Eisvögeln deckungsreiche Flachwasserbereiche, mindestens mäßige Sichttiefe, gut entwickelte Kleinfischbestände und überhängende Ufergehölze bzw. Ufersteilwände zugute. Für Bewohner der Waldsäume und des Halboffenlandes wie Neuntöter, Turteltaube, Waldohreule und Wendehals sind ältere Obstbaumbestände, Baumgruppen und Feldgehölze sowie abwechslungsreich strukturierte, horizontal und vertikal gegliederte Hecken, Gebüsche und Waldmäntel in ausgewogen verteilter Altersstruktur zu erhalten bzw. zu entwickeln. Für den Neuntöter sind Hecken mit hohem Anteil dorniger und dichtwüchsiger Sträucher (vor allem Schlehen, Rosen, Weißdorne), durchsetzt mit Großsträuchern bzw. älteren Bäumen und verzahnt mit 2 bis 5 m breiten Krautsäumen, günstig. Bei drohender Überalterung oder Strukturverarmung ist ggf. eine Pflege der oben genannten Gehölzstrukturen, vorzugsweise durch räumlich und zeitlich alternierendes Auf-den-Stock-setzen, erforderlich. Einzelne Überhälter sollten belassen werden. Diese Pflegeschnitte sollten im Winterhalbjahr durchgeführt und frühestens nach ca. 10 bis 25 Jahren wiederholt werden. Im Umfeld der Gehölzstrukturen sollte eine mäßig intensive bis halbextensive Grünlandnutzung (Beweidung oder Mahd) Vorrang haben. Vorhandene unbefestigte Wege mit lückiger bzw. niedriger Vegetation sind zu erhalten. Innerhalb des Waldes ist ein Anteil von mind. 5 bis 10 % Freiflächen (>0,5 ha) geeignet, die gegenwärtige Wald- Offenlandverteilung sowie die vorhandene Vielfalt an äußeren und inneren Grenzlinien zu erhalten. Um Störungen sensibel reagierender Vogelarten zu minimieren, sollte im Schutzgebiet die Jagd auf Vögel zukünftig unterbleiben. Der Schwarzstorch und Greifvögel gelten als besonders gefährdet durch Windkraftanlagen. Da diese Arten vielfach auch außerhalb des Vogelschutzgebietes Nahrung suchen sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. 244

247 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Buchenwälder um Stolberg Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0030LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht NSG0103 Pferdekopf (+) NSG0137 Großer Ronneberg-Bielstein (*) LSG0032SGH Harz und südliches Harzvorland (-) NUP0004LSA Harz/Sachsen-Anhalt (-) BR_0003LSA Karstlandschaft Südharz (-) b) nach internationalem Recht FFH0097LSA Buchenwälder um Stolberg (=) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA; - umfasst das gesamte EU SPA und weitere außerhalb liegende Bereiche Gebietsbeschreibung Die Wälder des EU SPA Buchenwälder um Stolberg liegen inmitten des Südharzes rund um das Städtchen Stolberg (Gemeinde Südharz), das ebenso wie die im Tal fließende Thyra teilweise nicht Bestandteil des Vogelschutzgebietes ist. Auch Ackerflächen und Nadelwald rings um den westlich von Stolberg gelegenen Ortsteil Hainfeld sind aus dem EU SPA ausgegrenzt. Im Süden bei Rottleberode ist das Gebiet durch die Waldkante zu den anschließenden Ackerflächen begrenzt, westlich davon durch die Landesgrenze zu Thüringen bzw. die Laubwaldgrenze um Hainfeld. Im Norden endet das EU SPA mit mehreren der Geländemorphologie folgenden Ausläufern ca. 2 km südlich von Breitenstein inmitten bewaldeter Höhenzüge. Das EU SPA überschreitet dabei nicht die von Norden nach Stolberg führenden Kreisstraßen. Der Große Auerberg gehört nur teilweise zum Vogelschutzgebiet. Im Osten reicht das EU SPA fast bis an die Ackerflächen um Schwenda heran. Das Gebiet wurde mit Kabinettsbeschluss im Jahr 2003 als EU SPA gemeldet und ist mit dem bereits 2000 gemeldeten FFH-Gebiet flächengleich. Es ist weiterhin Bestandteil des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz, des Naturparks Harz sowie des LSG Harz und südliches Harzvorland. Innerhalb des EU SPA befinden sich die NSG Großer Ronneberg-Bielstein und Pferdekopf. Naturräumlich ist das Gebiet vor allem dem Harz zugehörig, mit Übergängen zur östlichen Harzabdachung und zum Südharzer Zechsteingürtel. Als Landschaftseinheiten sind Mittelharz und südlicher Harzrand dominierend, mit kleinen Anteilen am Unterharz und dem südlichen Harzvorland. Durchschnittlich befinden sich die weitläufigen Laubwälder auf einer Höhe von 420 m über NN, die höchste Erhebung liegt bei 580 m über NN. Das Gebiet ist gekennzeichnet durch stetig wechselnde Tal- und Hanglagen in verschiedener Exposition, die Grundlage für die verschiedenen Pflanzengesellschaften der Wälder sind. Abgesehen von einigen Waldwiesen ist das EU SPA vollständig bewaldet. Die Böden des Südharzes stehen meist über Tonschiefer oder Grauwacken an. Vorherrschende Bodentypen sind Braunerden in verschiedenen Entwicklungsstadien bzw. Podsole auf sauren Standorten (auf Granit oder Rhyolith). Unter Waldbestockungen ist podsolierte Braunerde verbreitet. Überwiegende Baumart ist die Rotbuche in ihren verschiedenen Vergesellschaftungen. Auf sauren Böden finden sich Hainsimsen-Buchenwälder, auf lössreichen Böden dagegen Waldmeister-Buchenwälder. Örtlich sind der Buche auch Eichen beigemischt. In den naturnah ausgebildeten Bachtälern, die vielfach von bewaldeten Steillagen eingefasst sind, treten eschen- und ahornreiche Wälder auf. Auch die Schwarzerle ist stets an diesen feuchten Standorten anzutreffen. Neben den natürlichen Laubwäldern kommen auch forstlich genutzte Nadelwälder v. a. aus Fichte und Lärche vor, die über das gesamte Gebiet verteilt sind und im Osten des Gebietes auch größere Flächenanteile einnehmen (SCHULZE et al. 2007). Zahlreiche größere und kleine Bäche (z. B. Lude, Sprachenbach, Krummschlachtbach) sowie der Verlauf der Thyra bereichern das Gebiet ebenso wie kleinere Stauteiche. In den Tälern findet sich entlang der Fließgewässer meist Grünland. Auch die großen Buchenwälder sind vielerorts mit Waldwiesen und feuchten Quellbereichen durchsetzt. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Die ausgedehnten alten Buchenwälder um Stolberg mit ihren angrenzenden Feuchtwiesen sowie zahlreichen Bächen und Quellen sind ein wertvolles Brut- und EU SPA Buchenwälder um Stolberg 245

248 EU SPA Buchenwälder um Stolberg Grünland Feuchtgrünland Laubwald Nadelwald Mischwald natürlicher Bergmischwald EU SPA Buchenwälder um Stolberg Lage und Lebensraumausstattung. Blick über Stolberg und die nördlich anschließenden Buchenwälder am Pferdekopf (Foto: S. Ellermann). 246

249 Nahrungshabitat für waldgebundene Vogelarten wie Schwarzstorch, Eulen und Spechte. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Ersterfassung der Brutvögel führten SCHULZE et al. (2007) im EU SPA im Jahr 2006 eine flächendeckende Revierkartierung der wertgebenden Arten durch. Die daraus resultierenden Ergebnisse sowie ergänzende Angaben zum Raufußkauz (PSCHORN 2011a) und zum Eisvogel nach pers. Mitteilungen von H. Bock sind in Tab. 82 zusammenfassend dargestellt. Der Schwarzstorch kommt in den Buchenwäldern um Stolberg seit 1970 regelmäßig mit einem Brutpaar vor (H. Bock, pers. Mitt.) und konnte auch im Erfassungsjahr 2006 durch SCHULZE et al. (2007) mit einem Brutpaar sowie mehreren Beobachtungen von Nahrungsgästen nachgewiesen werden. Das EU SPA ist damit eines der fünf wichtigsten Brutgebiete dieser Art in Sachsen-Anhalt. Die alten, strukturreichen Buchenwaldbestände des EU SPA stellen einen geeigneten Lebensraum für Grauspecht und Schwarzspecht dar, für die das Gebiet eines der Top-5- Gebiete Sachsen-Anhalts ist. Insbesondere der Bestand des Schwarzspechtes ist in Relation zur Gebietsgröße sehr hoch und unterstreicht die optimale Ausstattung des Waldes mit Buchenaltholz. Mit 5 bis 6 BP beherbergt das EU SPA 1,2 % des Landesbestandes des Grauspechts. Der Rotmilan brütet aktuell mit 2 BP im Gebiet. Zu den in den Buchenwäldern um Stolberg vorkommenden Eulenarten zählen Raufußkauz, Sperlingskauz, Waldohreule und Waldkauz. Mit Ausnahme der Waldohreule sind alle auf das Vorhandensein von Spechtoder Faulhöhlen in Altholzbeständen angewiesen. Vorkommen des Raufußkauzes wurden bereits von GNIELKA & ZAUMSEIL (1997) sowie WAGNER & JENTZSCH (2000) beschrieben. Der Sperlingskauz wurde erstmalig 1997 von H. Bock nachgewiesen und 2006 im Rahmen der Ersterfassungen bestätigt (SCHULZE et al. 2007). Die vielen Bäche innerhalb des Waldgebietes stellen einen idealen Lebensraum für die Wasseramsel dar. Weiterhin bieten sich hier mögliche Bruthabitate für den Eisvogel, der 2006 nur mit einer Brutzeitbeobachtung festgestellt werden konnte (SCHULZE et al. 2007). Im Jahr 2005 gab es jedoch einen Brutnachweis. Weitere typische Waldarten im Gebiet sind Hohltaube, Mäusebussard, Habicht, Sperber und Waldschnepfe. An den Waldrändern kommt der Neuntöter als Brutvogel vor, der jedoch in diesem ganz überwiegend von Wald geprägten Gebiet keinen großen Bestand erreicht (SCHULZE et al. 2007). Tab. 82: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHULZE et al. (2007) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach SCHULZE et al Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch 1 3, Rotmilan 2 0, Raufußkauz 2 1, Sperlingskauz 1 1,7 1 0 Eisvogel 1 0,1 BZB - Grauspecht 5-6 1, Schwarzspecht 23 0, Mittelspecht 1 0, Neuntöter 6 0, Zwergschnäpper Weitere bemerkenswerte Arten Habicht 1 0,1 1 - Sperber 1 0,1 1 - Mäusebussard 11 0, Hohltaube 18 0, Waldkauz 20 0, Grünspecht 1 0, Wasseramsel 7 4, Tab. 83 gibt eine Übersicht über die Erfüllung der IBA- Kriterien im EU SPA Buchenwälder um Stolberg. Als Top-5-Gebiet für drei Wald bewohnende Anhang I-Arten zeichnet sich das Gebiet als ein bedeutendes Vogelschutzgebiet im Süden Sachsen-Anhalts aus. Schutz- und Erhaltungsziele Schutzziel im EU SPA Buchenwälder um Stolberg ist laut Standarddatenbogen die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der gemeldeten Lebensräume (einschließlich aller dafür EU SPA Buchenwälder um Stolberg Das EU SPA hat keine landesweite Bedeutung für Rastvögel. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. Der Grauspecht brütet in den alten, strukturreichen Buchenwaldbeständen des EU SPA, das für die Art eines der wichtigsten Brutgebiete Sachsen-Anhalts ist (Foto: R. Schöne). 247

250 EU SPA Buchenwälder um Stolberg Der Waldkauz findet in Specht- und Faulhöhlen geeignete Brutplätze (Foto: E. Greiner). charakteristischen Arten) und Arten nach FFH-RL und EU-VSchRL. Für das Gebiet wurden vorläufige Schutzund Erhaltungsziele definiert (LANDESAMT FÜR UMWELT- SCHUTZ, Stand 08/2008), die derzeit im Rahmen der Erarbeitung des Managementplanes endgültig formuliert und mit der folgenden landesrechtlichen Sicherung festgeschrieben werden: Erhaltung des Gebietes als Lebensraum der im Gebiet vorkommenden Vogelarten nach Anhang I und nach Artikel 4.2 der Vogelschutzrichtlinie. Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher, alter Buchen- und Buchenmischwälder, insbesondere der Anhang I-Arten Schwarzstorch, Rotmilan, Raufußkauz, Grauspecht, Schwarzspecht und Zwergschnäpper sowie Hohltaube (Art. 4.2). Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer Wälder mit einem reichen Höhlenangebot. Erhaltung und Stabilisierung der Großvogelbestände, insbesondere der Anhang I-Arten Schwarzstorch und Rotmilan (Anhang I). Erhaltung und Förderung von großräumig störungsfreien Altholzbeständen in großflächig zusammenhängenden Komplexen naturnaher störungsarmer Laub- und Mischwaldbestände im engeren räumlichen Zusammenhang mit störungsarmen Nahrungshabitaten wie Feuchtwiesen, Sümpfen, Fließ- und Stillgewässern sowie strukturierten offenen und halboffenen Landschaftsräumen. Brutvorkommen von Schwarzspecht, Grauspecht und Wasseramsel (Erfassungsjahr 2006) sowie Raufußkauz und Sperlingskauz (Erfassungsjahr 2010) im EU SPA Buchenwälder um Stolberg. 248

251 Tab. 83: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Buchenwälder um Stolberg. Art Schwarzstorch Grauspecht Schwarzspecht Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C6 C6 C6 C7 Erhaltung und Förderung alter, reich strukturierter Buchen- und Buchenmischwälder mit Nadelholzanteil mit einem hohen Angebot an Großhöhlen zur Brut, deckungsreichen Tagesruheplätzen sowie Lichtungen und unterholzarmen Waldbeständen zur Nahrungssuche als Lebensraum für den Raufußkauz (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von großflächigen Hochwaldstrukturen mit einem hohen Anteil an über 100-jährigen Buchen sowie mittelalte, lichte und strukturreiche Buchen- und Buchenmischwälder für Grauspecht und Schwarzspecht (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung von großhöhlenreichen hallenartigen Altholzbeständen als Lebensraum für die Hohltaube (Art. 4.2). Erhaltung und Entwicklung reich strukturierter Buchen- und Buchenmischbestände mit ausgeprägter Dürrzweigzone im lückigen Oberstand sowie Freiräumen zwischen Kraut-, lückiger Strauch- und Kronenschicht mit dem Schwerpunkt in Bereichen mit einem von hoher Luftfeuchtigkeit geprägten Kleinklima (Bachtäler, Hanglagen) als Lebensraum für den Zwergschnäpper (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Vogelgemeinschaft naturnaher Fließgewässer, insbesondere des Wasseramsel- und Gebirgsstelzenbestandes (Art. 4.2). Erhaltung von möglichst klaren Fließgewässern mit permanenter Wasserführung, stärkerer Strömung, Stromschwellen, steinig-kiesigem Gewässergrund, größeren Steinen im Gewässerbett und Pestwurzfluren im Uferbereich als Lebensraum der Wasseramsel. Erhaltung und Förderung laubwaldumgebener, schattenreicher Fließgewässer mit mehr oder weniger Strömung, Geröllufern, Geschiebe- und Geröllinseln, unterschiedliche Strömungsverhältnisse, zeitweise trockenfallenden Schlamm- und Sandbänken als Lebensraum der Gebirgsstelze. Erhaltung und Förderung geeigneter Strukturen wie überhängende Ufer, Steilabbrüche, Wurzelteller, nischenreicher Brücken und Mauern am Gewässer zur Anlage der Nistplätze von Wasseramsel und Gebirgsstelze (Art. 4.2). Erhaltung und Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der Waldsäume mit vorgelagerten Kleingehölzen und Hecken und halboffenen Bachtäler, insbesondere als Lebensraum des Neuntöters (Anhang I). Erhöhung des Grenzlinienanteils entlang der Waldkanten. Erhaltung und Förderung von dichten dorntragenden Gehölzen zur Brut und freien Ansitzwarten für die Jagd. Erhaltung der Offenlandflächen im Komplex mit gestuften Mänteln und Hecken aus dominierenden Dornstrauchgebüschen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, ist die Erhaltung der reich strukturierten Mittelgebirgslandschaft von großer Bedeutung. Grundlage ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung, die naturnahe Laubwälder mit ausreichend großen Altholzblöcken im EU SPA Buchenwälder um Stolberg Die hügelige Mittelgebirgslandschaft um Stolberg weist Höhenunterschiede von über 400 m auf (Foto: S. Ellermann). 249

252 gesamten EU SPA sichert. Ein ausreichend hoher Anteil alter Buchen zur Erhaltung der Spechtpopulationen, vor allem des Schwarzspechts, ist durch eine angepasste Bewirtschaftung im gesamten EU SPA dauerhaft zu sichern. Sinnvoll ist dabei die gezielte Ausweisung von Bereichen mit reduzierter Bewirtschaftungsintensität (d. h. höherer Totholzanteil, längere Umtriebszeiten und geringere Entnahme in den Buchenbeständen) oder von Totalreservaten. Höhlen- und Horstbäume sind grundsätzlich zu erhalten, was auch den Nachnutzern Raufußkauz und Sperlingskauz zugute kommt. Um Schwarzstorch- und Rotmilanhorste sind Horstschutzzonen gemäß 28 NatSchG LSA einzuhalten. Holzeinschlag und andere forstliche Maßnahmen sollten dort möglichst nur in mehrjährigen Abständen und nur außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeit erfolgen. Besonderer Wert sollte auch auf die Erhaltung bzw. Entwicklung geschlossener Waldmäntel mit naturnahen Waldmantelgebüschen gelegt werden. Weiterhin sind für den Neuntöter als charakteristische Vogelart der halboffenen Kulturlandschaft bedeutende Strukturelemente (Feldhecken und andere kleinere Gehölzstrukturen) zu erhalten, aufzuwerten und durch entsprechende arten- und strukturreiche Neupflanzungen standortheimischer Gehölze zu ergänzen. Die zahlreichen naturnahen Fließgewässerstrukturen sind als Lebensraum von Eisvogel und Wasseramsel zu sichern. Um Störungen sensibel reagierender Vogelarten im Schutzgebiet möglichst zu minimieren sollte zukünftig auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. Der Schwarzstorch und Greifvögeln gelten als besonders gefährdet durch Windkraftanlagen. Da diese Arten vielfach auch Flächen außerhalb des EU SPA zur Nahrungssuche nutzen sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Buchenwälder um Stolberg Totholzreicher Buchenbestand im NSG Pferdekopf (Foto: M. Schulze). 250

253 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Zeitzer Forst Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0031LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht FND0097BLK Flachmoor mit Kreuzotterwiese östlich Nickelsdorf (+) FND0119BLK Rauschebachtal von Quellgebiet bis Mündung (+) LSG0043BLK Aga-Elster-Tal und Zeitzer Forst (*) NUP0002LSA_Saale-Unstrut-Triasland (*) b) nach internationalem Recht FFH0156LSA Zeitzer Forst (=) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA Gebietsbeschreibung Südwestlich von Zeitz liegt das EU SPA Zeitzer Forst. Das ha große Gebiet befindet sich zwischen den Ortschaften Wetterzeube, Breitenbach, Lonzig und Nickelsdorf. Im Süden und Westen verläuft die Gebietsgrenze entlang der Landesgrenze zum Freistaat Thüringen. Das EU SPA wurde im Jahr 2003 per Kabinettsbeschluss als Vogelschutzgebiet gemeldet, flächengleich mit dem gleichnamigen FFH-Gebiet. Es liegt vollständig innerhalb des LSG Aga-Elster-Tal und Zeitzer Forst und, bis auf den aktiven Truppenübungsplatz, auch innerhalb des Naturparkes Saale-Unstrut-Triasland. Südlich der Landesgrenze schließt sich in Thüringen das EU SPA Zeitzer Forst (DE ) mit einer Größe von 397 ha an. Naturräumlich gehört das Gebiet überwiegend zur Saale-Elster-Sandsteinplatte, im Osten erfolgt der Übergang zum Altenburg-Zeitzer Lössgebiet. Es ist der Landschaftseinheit Zeitzer Buntsandsteinplateau zugeordnet und befindet sich am Rande des mitteldeutschen Trockengebietes. Mit einem jährlichen Niederschlag von 575 mm ist die Region relativ niederschlagsarm. Der Zeitzer Forst ist das größte zusammenhängende Waldgebiet im südlichen Burgenlandkreis. Es wird durch das Rauschebachtal, den Kupferborn und den Forstgraben morphologisch gegliedert. Bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts war der Zeitzer Forst von Buchenwäldern bedeckt, in denen die Weißtanne eine vorherrschende Baumart war. Ab 1800 wurden die artenreichen Bestände durch wirtschaftlichere Nadelhölzer ersetzt ( abgerufen am ). Um 1900 lag der Nadelholzanteil bei ca. 80 %, das früher abwechslungsreiche Waldbild bot einen uniformen und düsteren Anblick (UNRUH 2010a). Die militärische Nutzung des Gebietes lässt sich bis ins Jahr 1939 zurückverfolgen. Von 1950 bis 1989 wurde der Zeitzer Forst durch die Sowjetarmee als militärischer Schieß- und Übungsplatz für Panzer, Artillerie, Pioniere und später auch für die Flugabwehr genutzt (UNRUH 2010b). Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen übernahm die Bundeswehr das Gelände, das auf verringerter Fläche als Standortübungsplatz v. a. durch das in Gera stationierte Panzerpionierbataillon genutzt wird ( abgerufen am ). Der als Militärischer Sicherheitsbereich abgegrenzte Übungsplatz der Bundeswehr darf wegen des Übungsbetriebes und noch vorhandener Munitionsbelastung nicht betreten werden. Das Gebiet ist überwiegend bewaldet. Die Wälder befinden sich größtenteils unter Bundesforstverwaltung. Neben Nadel- und Mischwaldkomplexen dominieren im Nordwesten Hainsimsen-Rotbuchenwälder und im Südwesten Waldlabkraut-Eichen-Hainbuchenwälder. Auf den staunassen Plateaustandorten kommen pfeifengrasreiche Honiggras-Eichenwälder vor. Entlang von Bachtälern finden sich kleinflächige Winkelseggen-Eschenwälder. An einigen Flachmoorbereichen vereinzelter Weiher stehen verarmte Walzenseggen-Erlenbrüche (PSCHORN 2008b). Größere Offenlandflächen gibt es nur im Bereich des militärischen Übungsgeländes, das durch Landreitgras-Gesellschaften und kleinflächige Ginster-Heidekraut-Heiden charakterisiert ist. Durch fortschreitende Sukzession kommt es jedoch zunehmend zu Birkenaufwuchs, der die Offenlandgesellschaften verdrängt. Westlich und nordwestlich des Waldgebietes befinden sich entlang der Weißen Elster auch größere Grünlandflächen mit Baumreihen und kleineren Wäldchen. Im Norden und Osten sind auch kleinere Acker- und Wiesenflächen sowie Streuobstwiesen in das EU SPA integriert, die direkt an den Wald angrenzen. Im Zuge der langjährigen Nutzung als militärischer Übungsplatz, aber auch durch großflächige und tiefgehende Munitionsräumungen nach 1994, entstan- EU SPA Zeitzer Forst 251

254 EU SPA Zeitzer Forst Fels- und Rohboden Acker Grünland Feuchtgrünland Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald natürlicher Bergmischwald anthropogen überformte Biotope EU SPA Zeitzer Forst Lage und Lebensraumausstattung. Im Nordwesten ist entlang der Elsteraue auch mit Gehölzstrukturen durchsetztes Offenland Bestandteil des EU SPA (Foto: A. Pschorn). 252

255 den ökologisch wertvolle Nischen für Fauna und Flora (UNRUH 2010b). Typische Arten für diese Offenlandbereiche sind z. B. Landreitgras, Ginster und verschiedene Heidearten. Durch eine fortlaufende militärische Nutzung werden einige dieser Bereiche auch weiterhin offen gehalten. Im Mittelteil des EU SPA gibt es daher auch noch offene Sandbodenflächen. Im Südosten des Gebietes befinden sich kleine angestaute Teiche. Daneben finden sich v. a. im militärisch genutzten Offenland, aber teils auch im Norden des Gebietes, Tümpel, Weiher und Staunässebereiche (PSCHORN 2008b). Im Südwesten gibt es außerdem Reste eines kleinen Niedermoores, welches sich durch das Vorkommen von Grauseggen und Hundsstraußgras auszeichnet. In der Elsteraue sind noch Elemente der ursprünglichen Weichholzaue zu finden, vor allem Pappeln und Weiden. Bedeutung als Vogelschutzgebiet Aufgrund der reich strukturierten Landschaft weist das EU SPA Zeitzer Forst nicht nur günstige Lebensräume für typische Waldarten, insbesondere für Spechte, auf, sondern auch für Arten des Offen- und Halboffenlandes. Brutvögel: Die systematische Erstinventarisierung der wertgebenden Brutvogelarten fand im Jahr 2007 statt (PSCHORN 2008b). Die Ergebnisse dieser Kartierungen wurden um Daten der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby zum Schwarzstorch ergänzt und sind in Tab. 84 zusammengefasst. Das EU SPA bietet einen geeigneten Lebensraum für den Schwarzstorch. Die letzte bekannte Brut fand im Jahr 2003 statt (PSCHORN 2008b, Staatliche Vogelschutzwarte). Mit fünf nachgewiesenen Revieren des Schwarzspechts sind alle potenziellen Habitate besiedelt. Weiterhin kommen Grauspecht und Mittelspecht vor. Ein regelmäßiger, wenn auch seltener Brutvogel, ist der Wespenbussard. Die Offenlandbereiche mit ihren Gebüschbeständen werden in relativ hoher Dichte von Neuntöter, Sperbergrasmücke und Grauammer bewohnt. Auch weitere typische Arten wie Braunkehlchen, Schwarzkehlchen und Wiesenpieper kommen mit mehreren Paaren vor. Vom Wendehals konnten im Jahr 2007 fünf Reviere erfasst werden, wobei sowohl lichte, aufgelockerte Birkenbestände als auch strukturreiche Waldränder besiedelt wurden (PSCHORN 2008b). Jeweils ein Nachweis wurde für den Ortolan im Jahr 2001 sowie für den Raubwürger im Jahr 2005 verzeichnet (PSCHORN 2008b). Aktuellere Nachweise dieser beiden Arten existieren nicht. Tab. 85: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Zeitzer Forst. Art Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien C7 Tab. 84: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus PSCHORN (2008b) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl nach PSCHORN 2008b Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Schwarzstorch 1 3, Wespenbussard 1 0, Rotmilan Schwarzmilan Sperlingskauz Grauspecht 2 0, Schwarzspecht 5 0, Mittelspecht 8 0, Neuntöter 30 0, Heidelerche > 1 0, Sperbergrasmücke 7 0, Ortolan Weitere bemerkenswerte Arten Wachtel 4 0, Habicht 1 0,1 1 - Mäusebussard 7 0,1 7 - Turmfalke 1 0, Waldwasserläufer Hohltaube 4 0, Turteltaube 3 0, Waldohreule 1 0, Waldkauz 5 0,2 5 - Wendehals 5 0,2 5 - Grünspecht 3 0, Raubwürger 1 0, Schlagschwirl 4 0,6 4 - Braunkehlchen 7 0, Schwarzkehlchen 3 0,1 3 - Gartenrotschwanz 4 0, Wiesenpieper 6 0, Gebirgsstelze 1 0, Grauammer 15 0, Im angrenzenden Thüringer Teil des Zeitzer Forstes kommen sporadisch Sperlingskauz und Raufußkauz vor (WIESNER et al. 2008). Für das Gebiet sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. Das EU SPA Zeitzer Forst erfüllt nur das IBA-Kriterium C7 (Tab. 85). Gemessen am Landesbestand und im Vergleich zu anderen EU SPA hat es keine überregionale Bedeutung für einzelne Vogelarten, stellt jedoch mit seinen ausgedehnten Wald- und Offenlandhabitaten einen wichtigen Lebensraum für verschiedene Arten im Süden Sachsen-Anhalts dar. Schutz- und Erhaltungsziele Im EU SPA Zeitzer Forst ist laut Standarddatenbogen ein günstiger Erhaltungszustand der gemeldeten Lebensräume einschließlich aller dafür charakteristischen Arten nach FFH- und EU-VSchRL zu sichern. Detaillierte Schutz- und Erhaltungsziele werden im derzeit in Bear- EU SPA Zeitzer Forst 253

256 Die Turteltaube ist im EU SPA mit mehreren Brutpaare ansässig (Foto: E. Greiner). EU SPA Zeitzer Forst In den Waldbereichen des Zeitzer Forstes brüten Mittelspecht und Schwarzspecht, während Waldränder und strukturreiches Offenland als Lebensraum für Grauammer, Neuntöter und Sperbergrasmücke dienen (Erfassungsjahr 2007). 254

257 beitung befindlichen Managementplan definiert. Im Hinblick auf die laut Standarddatenbogen für das EU SPA gemeldeten bzw. in jüngerer Zeit neu als Brutvögel im Gebiet siedelnden Vogelarten nach Anhang I der EU- VSchRL ergeben sich folgende Schutz- und Erhaltungsziele: Erhaltung und Entwicklung der Vogelbestände strukturreicher Wälder, insbesondere der Bestände von Grauspecht, Schwarzspecht und Mittelspecht (Anhang I) sowie die Erhaltung und Wiederherstellung alt- und totholzreicher, störungsarmer Waldbereiche. Entwicklung der Greifvogelbestände, insbesondere vom Wespenbussard (Anhang I), und Erhaltung des Schwarzstorchbestandes (Anhang I) durch Erhaltung und Wiederherstellung des störungsarmen Offenlandes als Nahrungshabitat und von teilweise nicht forstwirtschaftlich genutzten oder zumindest ungestörte Altholzblöcke enthaltenden Waldbereichen. Erhaltung und Entwicklung sowie Förderung der charakteristischen Vogelgemeinschaft der halboffenen Kulturlandschaft, insbesondere der Bestände von Sperbergrasmücke und Neuntöter (Anhang I) sowie der Grauammer (Art. 4.2). Erhaltung von offenen Gebieten, die an gestufte Hecken mit dominierenden Dornstrauchgebüschen, Kleingehölze, höhlenreiche Einzelbäume, Altobstbestände und Waldränder grenzen. Erhaltung von strukturierten, extensiv genutzten Offenlandflächen mit stellenweise vegetationsarmen Bereichen. Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Um für die artenreiche und charakteristische Vogelwelt sowohl der Waldlebensräume als auch der Waldränder und des Halboffenlandes auch weiterhin geeignete Lebensstätten zu sichern, sind sowohl Maßnahmen im Wald als auch in den Randzonen des EU SPA notwendig. Allgemein sollte eine Umwandlung der Kiefernwälder in Laub-Mischwälder angestrebt werden (PSCHORN 2008b). Für die Stabilisierung und Förderung der Greifvogelbestände werden dauerhaft ausreichend große, störungsarme Altholzblöcke benötigt. Dazu sollten in dauerhaft festgelegten Bereichen die Umtriebszeiten von Eiche und Buche auf mindestens 150 Jahre erhöht werden. Um Brutplätze des Schwarzstorches sowie des Rotmilans sind Horstschutzzonen gemäß 28 NatSchG LSA einzuhalten. Für Schwarzstorchhorste sollte ein Bewirtschaftungsverzicht im Umkreis von 100 m ganzjährig sowie in einer erweiterten Schutzzone von 300 m während der Brutzeit gelten. Der Mittelspecht kommt im Vogelschutzgebiet nur in den Eichenwäldern vor, während die älteren Kiefernbestände als Schwarzspechtlebensraum von Bedeutung sind. Zur Erhaltung der Spechtpopulationen, ist daher der derzeitige Eichenanteil zu erhalten und perspektivisch ausreichend zu erhöhen. Übergangsweise sollten auch Kiefernaltholzinseln erhalten werden, bis ausreichend Buchenaltholz als potenzielle Schwarzspecht-Höhlenbäume zur Verfügung stehen. Horst- und Höhlenbäume sind zu erhalten. Weiterhin sind für die charakteristischen Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft (Neuntöter, Sperbergrasmücke, Grauammer) Strukturelemente (Feldhecken und andere kleinere Gehölzstrukturen, Einzelbüsche, Streuobstwiesen) bedeutsam. Diese zu erhalten, aufzuwerten und durch entsprechende artenund strukturreiche Neupflanzungen standortheimischer Gehölze zu ergänzen verbessert den Lebensraum EU SPA Zeitzer Forst Der Gartenrotschwanz brütet im Gebiet in lichten Gehölzgruppen entlang der Waldränder und in Streuobstwiesen (Foto: E. Greiner). 255

258 der Halboffenlandarten. Besonderer Wert sollte auch auf die Entwicklung geschlossener Waldmäntel mit naturnahen Waldmantelgebüschen gelegt werden. Da weite Teile des Gebietes munitionsberäumt wurden, sind zur Erhaltung von Offenlandbiotopen auch Pflegemaßnahmen möglich. Im Norden des EU SPA wird seit 2009 durch die Untere Naturschutzbehörde des Burgenlandkreises in Abstimmung mit dem Bundesforst auf ca. 200 ha ein Beweidungsprojekt mit Konik-Pferden durchgeführt. Seit Mai 2010 erfolgt zusätzlich eine Beweidung mit Schottischen Hochlandrindern. Zweck der Beweidung ist es, mit relativ geringem Aufwand den attraktiven halboffenen Charakter der Landschaft zu bewahren ( abgerufen am ). Um Störungen sensibel reagierender Vogelarten im Schutzgebiet möglichst zu minimieren sollte zukünftig auf die Jagd auf Vögel verzichtet werden. Der Schwarzstorch und Greifvögel sind besonders gefährdet durch Windkraftanlagen. Da diese Arten vielfach auch Flächen außerhalb des EU SPA zur Nahrungssuche nutzen sind die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. EU SPA Zeitzer Forst Laubwald an den Hanglagen der Dietendorfer Wand (Foto: V. Neumann). 256

259 Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013: EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide Allgemeine Angaben Landesinterne Nr.: SPA0032LSA EU-Nr.: DE Fläche: ha Einbezogene Schutzgebiete: a) nach nationalem Recht BR_0004LSA Mittelelbe (*) NSG0184 Mittlere Oranienbaumer Heide (*) NDF0001DE_ Vordere Moch-Hau (*) NDF0004DE_ Mochwiese (+) LSG0072AZE Oranienbaumer Heide (*) LSG0072DE_ Oranienbaumer Heide (*) LSG0072WB_ Oranienbaumer Heide (*) b) nach internationalem Recht FFH0168LSA Mittlere Oranienbaumer Heide (=) + liegt innerhalb des EU SPA; * liegt teilweise innerhalb des EU SPA; = flächengleich mit dem EU SPA Gebietsbeschreibung Das EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide ist ha groß und liegt im östlichen Sachsen-Anhalt südöstlich der Stadt Dessau. Es befindet sich östlich der Mulde in direkter Nachbarschaft zum EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst. Das ehemals militärisch genutzte Gelände wurde 2003 als Vogelschutzgebiet gemeldet. Es ist flächengleich auch FFH-Gebiet und zu etwa drei Viertel der Fläche landesrechtlich als NSG gesichert. Große Flächen befinden sich als Nationales Naturerbe im Eigentum der Deutschen Bundesstiftung Umwelt Naturerbe GmbH. Die landesrechtliche Sicherung des gesamten EU SPA als NSG ist derzeit in Vorbereitung. Naturräumlich wird die Oranienbaumer Heide zwischen dem Mittelelbegebiet und der Dübener Heide eingeordnet und zeichnet sich durch eine pleistozäne Bodenentwicklung aus. Im Norden bilden Niederterrassen der Elbe und Mulde den geologischen Untergrund, im Süden sind es saalekaltzeitliche Moränenzüge. Sandige, nährstoffarme Böden dominieren das Gebiet und bestimmen die Vegetation. Trockene europäische Heiden, Sandrasengesellschaften, aber auch Silbergrasfluren kennzeichnen die offenen Bereiche, so dass auch hinsichtlich der Fauna viele xerothermophile Offenlandarten hier Lebensraum finden. Bis ins 18. Jahrhundert wurden die Wälder intensiv zur Gewinnung von Brenn- und Bauholz, zur Streuentnahme, zur Jagd und als Hutungen genutzt. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Wälder dann überwiegend in Kiefernforste umgewandelt. Mit Beginn der militärischen Nutzung als Truppenübungsplatz der sowjetischen Streitkräfte wurden ab 1945 zunächst kleinere, ab 1956 großflächige Abholzungen vorgenommen. Durch die jahrzehntelange militärische Nut- zung einschließlich der durch Panzerschießübungen ausgelösten Brände entstanden im zentralen Teil der Heide sehr großflächige Offenlandbereiche. Der Truppenübungsplatz wurde stetig erweitert, bis Mitte der 1960er Jahre auf ha und bis Ende der 1970er Jahre, unter anderem auch durch wiederholte Brände in den Randbereichen, auf über ha waren die ehemaligen sowjetischen Streitkräfte vollständig aus dem Gebiet abgezogen und hinterließen eine große, anthropogen überprägte und fast gehölzfreie Offenlandfläche mit vielen Rohbodenstellen und großflächigen Sand- Heide-Biotopen (BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE 2010). Infolge der geologischen Bedingungen sowie der vorangegangenen unterschiedlichen Nutzungsintensitäten konnte sich hier auf ca ha ein Mosaik aus FFH-Offenlandlebensraumtypen, Gras- und Krautfluren, kleinräumigen Feuchtbereichen, Gebüschen, Baumgruppen und Pionierwäldern entwickeln, das von zahlreichen offenen Sandwegen durchzogen wird. Seit dem Ende der militärischen Nutzung werden die vegetationsarmen Offenlandbiotope zunehmend von Besenheide, Gebüschen und Aufwuchs von Birken, Aspen und Kiefern verdrängt (SCHULZE & PSCHORN 2006). Typische Pflanzenarten der trockenen Standorte sind außerdem Besenginster und Land-Reitgras. An die ausgedehnten Offenlandbereiche im Zentrum des ehemaligen Übungsplatzes schließen sich Kiefernforste und Kiefern-Birken-Wäldchen an. Birken- Pionierwälder sind mittlerweile ebenfalls verbreitet und auf feuchteren Standorten kommen Eichen- und Erlenbestände vor. Eine reguläre forstliche Nutzung ist infolge der Munitionsbelastung in weiten Teilen des Gebietes trotz einer teilweisen Oberflächenberäumung bis heute nicht möglich (BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide 257

260 EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide Fels- und Rohboden Grünland Zwergstrauchheiden Laubwald Nadelwald Mischwald Gebüsch/Vorwald anthropogen überformte Biotope EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide Lage und Lebensraumausstattung. Mochwiese am Südwestrand des EU SPA (Foto: F. Meyer). 258

261 2010), auch besteht allgemeines Betretungsverbot. Ausgenommen von dieser Regelung ist jedoch seit 2012 ein etwa 13 km langes für die Bevölkerung freigegebenes Wander- und Radwegenetz zwischen den Orten Oranienbaum, Möhlau, Sollnitz und Jüdenberg, das auf Veranlassung des Eigentümers der Naturerbefläche zwei Meter tief sondiert und von Munition beräumt wurde (KLEMM 2012). Feuchtere Standorte gibt es im Wesentlichen nur im Südwesten des EU SPA rund um den Mühlbach, in den Niederungen der umliegenden Mochwiesen und -teiche mit Pflanzengesellschaften der Uferbereiche und Feuchtwiesen sowie mit Röhrichten und Rieden, kleinflächig auch im Nordwesten des EU SPA. Ab 2008 wurde im Rahmen eines von der DBU geförderten Modellprojektes im zentralen Offenlandbereich eine extensive Ganzjahresstandweide mit Heck-Rindern und Konik-Pferden auf bis zu 800 ha etabliert. Dabei steht die Erhaltung einer halboffenen Weidelandschaft nach naturschutzfachlichen Maßgaben im Vordergrund und nicht eine auf Gewinn orientierte Haltung von Weidetieren (BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE 2010). Bedeutung als Vogelschutzgebiet Das EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide bietet insbesondere Vogelarten des Offenlandes und strukturreicher Heidelandschaften einen Lebensraum. Die hier infolge der ehemaligen militärischen Nutzung ausgesprochen großflächigen Offenlandbereiche unterliegen jedoch zunehmender Verbuschung. Brutvögel: Im Rahmen der systematischen Erstinventarisierung wurden 2005 die wertgebenden Vogelarten kartiert (SCHULZE & PSCHORN 2006). Die Ergebnisse dieser Erfassungen sind ergänzt um Angaben zum Wiedehopf (A. Pschorn, pers. Mitt.) in Tab. 86 dargestellt. Als typischer Bewohner halboffener Heidelandschaften ist der Ziegenmelker ein Brutvogel der Oranienbaumer Heide. SCHULZE & PSCHORN (2006) konnten einen Bestand von 62 BP nachweisen. Zwar sind die Bestandszahlen in anderen EU SPA des Landes noch höher, jedoch stellt auch die Oranienbaumer Heide eines der landesweit wichtigsten Brutgebiete für den Ziegenmelker dar. SCHULZE & PSCHORN (2006) vermuten innerhalb des EU SPA 1 BP des Rotmilans, der auch schon früher mit Brutzeitbeobachtungen verzeichnet wurde (ÖKOPLAN 1996, VOGEL 1998). Andere Greifvogelarten konnten nicht oder nur als Nahrungsgast nachgewiesen werden. Lediglich von der Rohrweihe gab es eine Brutzeitbeobachtung (SCHULZE & PSCHORN 2006). Von der Sumpfohreule lagen mehrere Brutzeitbeobachtungen vor (SCHULZE & PSCHORN 2006), jedoch gelang 2005 kein konkreter Brutnachweis oder Brutverdacht, so dass die Art nicht als Brutvogel für das EU SPA benannt werden kann. Die Alteichen- und Erlenbestände, vor allem um den Mühlbach und den Mochteich, werden vom Mittelspecht besiedelt, während der Wendehals Bewohner der Birken-Pionierwälder und Birken-Eichenwälder ist. Auch Grauspecht und Schwarzspecht kommen im EU Tab. 86: Übersicht über die aktuellen Revierzahlen der wertgebenden Arten nach o. a. Quellen im Vergleich zu den Daten aus SCHULZE & PSCHORN (2006) und den Daten im Standarddatenbogen. Angegeben ist ferner der Anteil am Gesamtbestand im Land Sachsen-Anhalt (ausgedrückt als Prozentsatz des geschätzten Maximalbestandes nach DORNBUSCH et al. [2007], aktualisiert). Art Revierzahl Anteil am Landesbestand (%) Revierzahl 2005 nach SCHULZE & PSCHORN 2006 Revierzahl laut Standarddatenbogen (2004) Anhang I-Arten Wespenbussard Rohrweihe BZB 0 BZB 1-5 Rotmilan 1 0, Schwarzmilan Kranich 1 0, Tüpfelsumpfhuhn Sumpfohreule BZB Ziegenmelker 62 5, Eisvogel Grauspecht 1 0, Schwarzspecht 3 0, Mittelspecht 7 0, Neuntöter 70 0, Heidelerche 53 0, Sperbergrasmücke 24 1, Brachpieper Rote-Liste-Arten (Kategorie 1 und 2) Bekassine Wiedehopf 1 1, Weitere bemerkenswerte Arten Wachtel 2 0, Wendehals 14 0, Raubwürger 2 0, Braunkehlchen 20 0, Schwarzkehlchen Grauammer 56 1, SPA vor (SCHULZE & PSCHORN 2006). Sträucher und Gebüsche dienen dem Neuntöter als Niststandort, der in den offenen und halboffenen Heideflächen und Landreitgrasfluren des EU SPA mit 70 BP ansässig ist (ÖKOPLAN 1996, SCHULZE & PSCHORN 2006). In den gleichen Habitaten brütet hier auch die Sperbergrasmücke (SCHULZE & PSCHORN 2006). Zur Heidelerche wurden in der Oranienbaumer Heide langjährige Studien durchgeführt. Für das Jahr 1996 wurde ein Bestand von 92 BP ermittelt (VOGEL 1998) betrug die Bestandszahl nur noch 53 Paare, so dass von einem starken Bestandsrückgang auszugehen ist. Mit fortschreitender Sukzession verlagern sich die Vorkommen der Art innerhalb des Gebietes, sofern nicht durch großräumige Pflegemaßnahmen die Erhaltung der Offenflächen realisiert wird. Auch eine weitere Bestandsabnahme ist wahrscheinlich (SCHULZE & PSCHORN 2006). Der Brachpieper war Mitte der 1990er Jahre im Gebiet noch mit 5-15 BP vertreten, konnte von SCHULZE & PSCHORN (2006) jedoch nicht mehr als Brutvogel bestätigt werden. Geeignete Brutplätze waren im Gebiet auch kaum noch vorhanden. Weitere typische Offenlandarten innerhalb des EU SPA sind Raubwürger, Schwarzkehlchen, Braunkehlchen und Grauammer, die teilweise bemerkenswerte Bestände erreichen. Für das Gebiet sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt. Systematische Erhebungen wurden deshalb bisher nicht durchgeführt. EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide 259

262 EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide Tab. 87: Übersicht über die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide. Art Ziegenmelker Allgemeingültige Kriterien IBA-Kriterien In Tab. 87 wird die Erfüllung der IBA-Kriterien im EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide aufgeführt, wobei insbesondere die Bedeutung des Gebietes als eines der wichtigsten Brutgebiete des Ziegenmelkers in Sachsen- Anhalt hervorzuheben ist. Schutz- und Erhaltungsziele Schutzziel im EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide ist laut Standarddatenbogen die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der gemeldeten Lebensräume einschließlich aller dafür charakteristischen Arten sowie der Arten nach FFH-RL und EU-VSchRL. Für das Gebiet wurden vorläufige Schutz- und Erhaltungsziele definiert (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ, Stand 08/2009) und im Verordnungsentwurf für das geplante NSG Oranienbaumer Heide, das die Fläche des gesamten EU SPA (und des FFH-Gebietes) umfassen soll, überarbeitet. Hier sind als Schutzund Entwicklungsziele im Hinblick auf die Vogelwelt die Erhaltung, Wiederherstellung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustandes der Arten nach B2 C7 EU-VSchRL sowie deren Lebensräume genannt. Hierzu gehören insbesondere: Erhaltung und Entwicklung eines großflächigen Mosaiks aus Zwergstrauchheiden, Sandtrockenrasen, offenen Pionierfluren, Gras- und Staudenfluren sowie Einzelbäumen, Gebüschkomplexen und lichten Baumbeständen mit gebietsheimischen, standortgerechten Gehölzarten, auch als Lebensstätten oder Biotope für wildlebende Tier- und Pflanzenarten, insbesondere für Wespenbussard, Ziegenmelker, Neuntöter, Heidelerche und Brachpieper (Anhang I) sowie für den Steinschmätzer als Zugvogelart nach Art Erhaltung und Entwicklung von naturnahen, strukturreichen und aus standortgerechten, gebietsheimischen Baumarten aufgebauten Waldgesellschaften mit allen Altersphasen in mosaikartigem Wechsel und einem den natürlichen Verhältnissen nahe kommenden Anteil an Alt- und Totholz, unter anderem als Lebensraum von Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan, Seeadler, Schwarzstorch, Kranich, Schwarzspecht, Mittelspecht und Grauspecht (Anhang I). Erhaltung des Wald- und Offenlandkomplexes in seiner Weiträumigkeit, Unzerschnittenheit und Ungestörtheit und mit seinen Funktionen als Schutzzone zur Erhaltung störungsempfindlicher Tierarten. Erhaltung und Entwicklung der naturnahen, ständig wasserführenden oder temporären Fließ- und Grauammer, Neuntöter und Sperbergrasmücke sind in den nur leicht verbuschten Offenlandbereichen des EU SPA fast überall anzutreffen (Erfassungsjahr 2005). 260

263 Stillgewässer und Feuchtgebiete einschließlich der dazu gehörenden Sumpf- und Niedermoorvegetation, unter anderem zur Sicherung der Habitate von Schwarzstorch, Kranich, Rohrweihe, Tüpfelsumpfhuhn und Eisvogel (Anhang I). Erhaltung und Entwicklung der Mochwiese mit ihren arten- und strukturreichen, wechselfeuchten Pfeifengraswiesen, Seggenrieden und Röhrichten, auch zur Sicherung der Habitate des Kranichs (Anhang I). Der Schutzzweck umfasst darüber hinaus die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durch schutzverträgliche Nutzungsregelungen und gezielte Pflegemaßnahmen, insbesondere für: Arten nach Anhang I der EU-VSchRL: Schwarzstorch, Wespenbussard, Kornweihe, Wiesenweihe, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzmilan, Wanderfalke, Kranich, Tüpfelsumpfhuhn, Sumpfohreule, Ziegenmelker, Eisvogel, Grauspecht, Schwarzspecht, Mittelspecht, Neuntöter, Heidelerche, Sperbergrasmücke und Brachpieper. Arten nach Art. 4.2 der EU-VSchRL: Baumfalke, Wiedehopf, Wendehals, Raubwürger, Rohrschwirl, Drosselrohrsänger, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen, Steinschmätzer und Grauammer. Der im EU SPA brütende Raubwürger ist eine auffällige Erscheinung (Foto: F. Robiller). Fachliche Hinweise zur Gebietsentwicklung Grundlegende Maßnahmen zur Sicherung des EU SPA als Lebensraum für eine artenreiche und charakteristische Vogelwelt sind die Erhaltung sowohl der Waldanteile als auch der großflächigen Heiden bzw. vegetationsarmen Offenlandbereiche. In den bewaldeten Bereichen ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit einer EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide Auch die Heidelerche bevorzugt das Offenland. Reviere des Ziegenmelkers befinden sich dagegen meist in den Übergangsbereichen zwischen offenen Flächen und dichteren Gehölzbeständen bzw. Wald (Erfassungsjahr 2005). 261

264 EU SPA Mittlere Oranienbaumer Heide Einen bemerkenswerten Bestand weist das Braunkehlchen im Gebiet auf (Foto: E. Greiner). Entwicklung standortangepasster Waldgesellschaften und ausreichend großen Altholzblöcken zu sichern. Zur Erhaltung der Spechtpopulationen, vor allem des Mittelspechts, sind die Alteichen- und Eschenbestände, vor allem im Südwesten des EU SPA, zu bewahren. Durch die Entwicklung weiterer Altholzbereiche, die Erhöhung des Laubholzanteils und den Erhalt stehenden Totholzes sowie von Horst- und Höhlenbäumen ließe sich der Erhaltungszustand der Spechtbestände sichern oder verbessern. Zum Schutz der Brutstandorte von Schwarzstorch, Kranich und Rotmilan in den Waldbereichen außerhalb der Kernzonen (s. u.) ist der Horstschutz nach 28 NatSchG LSA das wichtigste Schutzinstrument. Die charakteristischen und in hohen Beständen vorkommenden Halboffenlandarten wie Neuntöter, Sperbergrasmücke und Grauammer benötigen entsprechende Strukturelemente. Für viele Arten sind auch lückige, vegetationsarme Stellen zur Nahrungssuche wichtig. Insbesondere der Ziegenmelker, die Heidelerche und der Brachpieper, dessen Bestand im EU SPA mittlerweile wohl erloschen ist (SCHULZE & SCHÄFER 2012), sind auf die Sandrohbodenflächen im räumlichen Mosaik mit Heiden und Sandmagerrasen angewiesen. Ein solches kann durch Pflegemaßnahmen, z. B. durch gezielte Gehölzentfernung, Abplaggen der Heide oder, wie im Gebiet bereits praktiziert, auf größeren Flächen durch Beweidung und damit verbundenen Viehtritt erreicht werden. Gute Ergebnisse erbrachte diesbezüglich ein von 2008 bis 2011 von der DBU gefördertes Modellprojekt einer extensiven Ganzjahresstandweide im zentralen Offenlandbereich mit Heck-Rindern und Konik-Pferden. Weitere Maßnahmen waren die gezielte Entbuschung bzw. Mahd in Teilflächen des EU SPA. Im Hinblick auf die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Calluna-Heide (Lebensraumtyp 4030) bzw. von Rohbodenflächen wäre auch eine Beweidung mit Schafen und Ziegen, kombiniert mit lokalem Brennen sowie mit Plaggen auf vorher entmunitionierten Flächen, eine optimale Pflegevariante. Im Entwurf einer Verordnung für das geplante NSG Oranienbaumer Heide sind diesbezüglich zahlreiche Regelungen mit Maßnahmecharakter enthalten. Neben allgemein für das Gesamtgebiet geltenden Verboten (u. a. Befahr-, Reit-, Bau- und Veränderungsverbot, ganzjähriges Wegegebot, Verbot der Nutzungsänderung) werden für Teile des künftigen NSG differenzierte Festlegungen getroffen. Neben einem sofortigen Nutzungsverzicht in einem Teil der ausgewiesenen Kernzonen sollen in Teilbereichen zunächst bis zum Jahr 2030 gezielte Pflegemaßnahmen zur Entwicklung naturnaher Waldgesellschaften zur Anwendung kommen. In allen Kernzonen wird letztendlich eine natürliche Waldentwicklung angestrebt. Die Kernzonen befinden sich überwiegend innerhalb der ca. ¾ der NSG-Fläche einnehmenden Flächen des Nationalen Naturerbes, für die zwischen Eigentümer und Naturschutzbehörden entsprechende Entwicklungspläne abgestimmt wurden. In weiteren Bereichen des Schutzgebietes soll die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung weitgehend freigestellt werden, solange der gegenwärtig günstige Erhaltungszustand der Schutzgüter auf diese Weise gesichert werden kann. Ziel ist die Erhaltung bzw. Herstellung eines Mosaiks unterschiedlicher Waldentwicklungsphasen zur Etablierung von Lichtbaumarten (z. B. Eichen) und die Zurückdrängung nicht gebietsheimischer oder nicht standortgerechter Gehölzarten wie z. B. Späte Traubenkirsche und Robinie. Hierbei werden auch die mit weiteren besonderen Entwicklungskonzepten untersetzten Naturerbeflächen eine wichtige Rolle einnehmen. Sie sollen nach der Etablierung naturnaher Waldbestände schließlich aus der Nutzung entlassen werden. Die Jagd soll im NSG außerhalb der Kernzonen mit Vorgaben zu Zeiträumen und Art freigestellt werden, sofern der Erhaltungszustand der im Schutzzweck enthaltenen Vogelarten nach Anhang I nicht verschlechtert wird und als solche erkennbare Rast-, Brut- und Ruheplätze von Vögeln nicht beeinträchtigt werden. Grundsätzlich verboten soll die Jagd auf Vögel sowie die Verwendung von Bleischrot sein, wobei ganzjährig ein Mindestabstand von 150 m zu benannten Gewässern einzuhalten wäre. Im Hinblick auf den Vogelschutz sollte sich die Jagd im EU SPA auf Schalenwild, Raubsäuger und dabei insbesondere auf invasive Arten konzentrieren. In den Naturerbeflächen und speziell in den Kernzonen soll die Jagd außer zum Zweck des Wildtiermanagements untersagt bzw. auf spezielle Naturschutzziele ausgerichtet werden. Ziegenmelker reagieren gegenüber Windkraftanlagen sehr empfindlich, was sich in Meidungsabständen von m äußert (LANGGEMACH & DÜRR 2012). Die Oranienbaumer Heide ist eines der wichtigsten für diese Vogelart geeigneten Gebiete in Sachsen-Anhalt. Grundsätzlich sind daher die Vogelschutzziele sowohl innerhalb des Gebietes als auch in dessen Umfeld bei der Raumordnungsplanung allgemein und bei der Planung und Errichtung von Windkraftanlagen im Speziellen zu berücksichtigen. Insbesondere sind dabei die Abstandskriterien der LAG VSW (2007) und aktuellere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Damit werden wesentliche Schutzziele des EU SPA gewahrt. 262

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