Sanierten Muffen auf den Zahn gefühlt

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1 1 Sanierten Muffen auf den Zahn gefühlt IKT untersucht Langzeitwirkung von Gel-Injektionsverfahren Verfahren zur Gelinjektion von undichten Rohrverbindungen sind ein Klassiker der Kanalsanierungstechnik und werden seit Jahrzehnten eingesetzt. Kritiker haben dennoch immer wieder die Nachhaltigkeit der Sanierungsresultate in Zweifel gezogen. Um Spekulationen und Gerüchte durch belastbare Fakten zu ersetzen, ließ die Röhm GmbH & Co. KG, Hanau, Tochter der Degussa AG, Düsseldorf, als Hersteller des Injektionsgels Plex 6803-O eine wissenschaftliche Untersuchung durch das Gelsenkirchener Institut für Unterirdische Infrastruktur (IKT) durchführen: Im Sommer 2003 wurden 45 Muffen in drei Kanalhaltungen, die vor sieben bis 10 Jahren nach dem Seal-i-Tryn-Verfahren mit dem Werkstoff saniert wurden, durch Dichtheitsprüfungen und in situ-ausgrabungen auf ihre Funktionsfähigkeit untersucht. Alle beprüften Rohrverbindungen, auch jene in dauerhaft grundwasserfreiem und deshalb vermeintlich kritischem Milieu, erwiesen sich dabei als zuverlässig dicht. Der Hintergrund Am Anfang war die Gelinjektion. So lassen sich die Ursprünge der grabenlosen Kanalsanierung zutreffend auf den Punkt bringen. Das in den 70erJahren aus den USA nach Europa importierte Verfahren, Rohrverbindungen nach vorangehender Dichtheitsprüfung mit einem Packersystem im nachfolgenden Arbeitsgang durch Injektion eines schnellhärtenden Mehrkomponenten-Gelsystems abzudichten, stellt den historischen Ursprung der No-Dig- Sanierungstechnologie dar. Unter Markennamen wie Penetryn, Seal-i-Tryn, Posatryn oder Cherne-Verfahren dichteten die Gelinjektionsverfahren seither Hunderttausende von Rohrverbindungen in Deutschlands Kanalnetzen schnell und wirtschaftlich ab. Allen gemeinsam ist eine dreistufige Arbeitsweise: Druckbeaufschlagung der zu beprüfenden Muffe über einen Packer mit Luft oder Wasser unmittelbare Gelinjektion über den gleichen Packer bei festgestellter Undichtheit unmittelbarer Nachweis des Sanierungserfolgs durch erneute Druckbeaufschlagung

2 2 Die Verfahren unterscheiden sich einerseits im Aufbau der Prüf- und Injektionspacker, zum anderen durch das injizierte Gelsystem. Heute kommen im wesentlichen noch zwei Systeme zum Einsatz: ein Polyurethan-Prepolymer mit hydrophilen Eigenschaften, das mit Wasser zu einer gelartigen Masse reagiert. ein zweikomponentiges Injektionsmaterial auf Methacrylatbasis, das nachgewiesen frei von Acrylamid und Formaldehyd ist und zweikomponentig und wasserfrei geliefert wird. Der letztgenannte Werkstoff wird unter dem Produktnamen PLEX 6803-O von der Röhm GmbH & Co. KG hergestellt und vertrieben. Plex 6803-O ist das einzige für Gelinjektionsverfahren eingesetzte Gelsystem auf dem Markt, das über eine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik, Berlin, verfügt. In diesem Zusammenhang wurde dem Material auch die Unbedenklichkeit unter Umweltaspekten attestiert. Das Problem Trotz des unbestreitbaren Nutzen-Kosten-Verhältnisses der Gelinjektionsverfahren haben sie in den letzten Jahre deutlich rückläufige Umsätze zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist zum Teil darauf zurück zu führen, dass das Spektrum grabenloser Kanalsanierungsverfahren seit Anfang der 90er Jahre deutlich breiter geworden ist und sich die Gelinjektionstechniken insofern erhöhtem technologischen Wettbewerb ausgesetzt sehen. Zum anderen jedoch wird (auch im Zuge des zunehmend scharfen Wettbewerbs) seit Jahren immer wieder behauptet, die Sanierungswirkung der Gelinjektionsverfahren sei langzeitig nicht sicher gestellt und diese seien insofern nur ein Provisorium. Insbesondere zwei Behauptungen werden immer wieder als Argumente ins Feld geführt: in Abwesenheit von Wasser komme es im Boden zu Schrumpfungsprozessen des Gels, was die Dichtwirkung aufhebe durch Spülvorgänge werde das Material mittelfristig wieder aus den Rohrverbindungen ausgewaschen und auch insofern sei keine nachhaltige Abdichtung zu gewährleisten Um diesen Behauptungen nachhaltige, wissenschaftlich gesicherte Fakten entgegen zu stellen, beauftragte die Röhm GmbH & Co. KG das Institut für Unterirdische Infrastruktur, Gelsenkirchen (IKT), mit der Untersuchung von drei Kanalhaltungen, die zwischen 1993 und 1996 durchgängig mit dem Seal-i-Tryn-Verfahren unter Verwendung von PLEX 6803-O saniert wurden. Die Rainer Kiel Kanalsanierung GmbH, Blomberg, als erfahrener Anwender von Seal-i-Tryn hatte die drei Kanäle im Ortsgebiet von Blomberg/Lippe geprüft und abgedichtet. Nun wurde das Unternehmen als Projektpartner gewonnen, um unter wissenschaftlicher Aufsicht durch das IKT die sanierten Rohrverbindungen einer erneuten Dichtheitsprüfung nach den einschlägigen Vorgaben zu unterziehen.

3 3 Das Prüfdesign Um insbesondere die immer wieder behauptete Wirkung der Einflußgröße Grundwasser nachweisen zu können, wurden drei repräsentative Kanalhaltungen mit unterschiedlichen Grundwasserbedingungen ausgewählt: den dauerhaft im Grundwasser liegenden Kanal An der Diestel eine Leitung in der Grundwasserwechselzone ein Rohr in einer dauerhaft grundwasserfreien Trasse In diesen drei Haltungen wurden insgesamt 45 vormals sanierte Rohrverbindungen unter Verwendung des Seal-i-Tryn-Equipments auf Dichtheit geprüft und anschließend optisch begutachtet. Der Prüfung lagen die Dichtheitskriterien des ATV-DVWK-Merkblatts ATV- DVWK M 143 Teil 6 zugrunde: Prüfdruck 100 mbar Prüfzeit 180 Sekunden bei DN 300 Prüfzeit 200 Sekunden bei DN 200 maximal zulässiger Druckabfall während der Prüfzeit: 15 mbar Allen Prüfungen ging jeweils eine Hochdruck-Grundreinigung des Rohrs voran, um den sicheren Sitz des Prüfpackers im Kanal und eine zuverlässige Dichtheit des Prüfraumes zum Hauptrohr hin zu gewährleisten. Der Kanal An der Diestel, ein Steinzeugrohr DN 300, wurde zudem einer Hochdruckspülung nach dem Hamburger Modell unterzogen und 24 mal bei 120 bar Spüldruck gespült. Die seit der Sanierung durch den Betreiber bereits durchgeführten sechs Spülgänge wurden dem Kanal dabei gutgeschrieben. Hier wurden sowohl vor, als auch nach dem Spülgang Dichtheitsprüfungen durchgeführt. An dem unter einer Wiese gelegenen Kanal An der Diestel wurde eine Rohrverbindung aufgegraben, um Zustand und Verteilungsmuster des Injektionsgels im Bereich der Rohrverbindung zu untersuchen. Auch wurden hier Proben entnommen, anhand derer ein unabhängiges Prüflabor später den Nachweise der Identität des untersuchten Materials führte.

4 4 Die Ergebnisse Hinsichtlich der Dichtheitsprüfung erweisen sich alle untersuchten, durch Injektion mit PLEX 6803-O sanierten Rohrverbindungen als dicht. Das galt ausnahmslos auch für Muffen in trockenem oder wechselfeuchtem Bodenmilieu. Dies zeigt, dass die wiederholten Behauptungen, Gelinjektionen führten in trockenem Boden zu unzuverlässigen Sanierungsresultaten, zumindest für PLEX 6803-O wissenschaftlich unhaltbar sind. Die optische Untersuchung erwies zudem, dass in etlichen Rohrverbindungen das Gelmaterial noch heute, nach bis zu 10 Jahren Betrieb, sichtbar ansteht. In der Haltung An der Diestel hielt derart erkennbares Material auch einer wiederholten Hochdruck-Spülbelastung nach dem Hamburger Modell stand. Auch die Ausgrabung einer Rohrverbindung im Grundwasserbereich in der Haltung An der Diestel führte zu einem interessanten Resultat. Hier war das Rohr nicht in Sand, sondern in den natürlich anstehenden Lehmboden gebettet worden. Dieser erwies sich mit einem Feinanteil (< 125 µm) von rund 80 % als extrem bindig, was sich auch in einem für die Grundwasserzone geringen Wassergehalt von nur 25% ausdrückt. Obwohl diese Bedingungen einer Gelausbreitung tendenziell entgegen stehen, war diese dennoch sehr ausgeprägt. Das Gel war offensichtlich in feinste, kaum wahrnehmbare Hohlräume eingedrungen und hatte sich dort verbreitet. Es hatte sich ein Netzwerk von Gel-Adern ausgebildet, das sogar über die eigentliche Bettungszone hinaus bis in die frühere Grabenwand reichte und eine Distanz von bis zu 45 Zentimetern überbrückte. Ein interessanter Randaspekt der Dichtheitsprüfung war, dass bei einer Rohrverbindung der Nachweis der Dichtheit erst in einem zweiten Prüfdurchgang nach einer erneuten Hochdruckreinigung des Kanals gelang. Zwei Muffen mussten ganz von der Prüfung ausgeschlossen werden, weil der Prüfpacker wegen inkrustierter Sedimente nicht druckfest platziert werden konnte. Bei einer ebenfalls von der Prüfung ausgeschlossenen Rohrverbindung zeigte sich bei genauer optischer Betrachtung eine beginnende Scherbenbildung im Muffenbereich, die für den Druckverlust ursächlich war. Diese auf den Blomberger Modellbaustellen gemachten Erfahrung zeigt, dass angesichts der feinen Prüftoleranzen einer Dichtheitsprüfung das Prüfergebnis maßgeblich davon abhängt, dass die Randbedingungen der Prüfung penibel genau eingehalten und auch kleinste Unregelmäßigkeiten im beprüften Bereich vom Prüfer zuverlässig erkannt werden. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt (oder liegen gar Mängel am Prüfgerät vor) so führt das recht schnell zu einem negativen Befund, der dann zu Unrecht dem beprüften Sanierungsgewerk zur Last gelegt wird.

5 5 Schlussfolgerungen Das eindeutig positive Prüfresultat der IKT-Untersuchung, verbunden mit den vorgenannten Einsichten zur Sensibilität des Prüfvorgangs, wirft zumindest die Frage auf, ob nicht hinter den in der Vergangenheit gelegentlich zitierten, jedoch nie wissenschaftlich untermauerten Negativbefunden schlicht unprofessionell durchgeführte Prüfungen des Sanierungsergebnisses stehen. Die Blomberger Untersuchungen beweisen vielmehr, dass Gelinjektionen - zumindest mit PLEX 6803-O - auch nach drei- bis fünffacher Dauer des Gewährleistungszeitraumes ihre Funktion ohne jede Einschränkung erfüllen. Sie pauschal als Sanierungsprovisorium abzuqualifizieren, erscheint daher unhaltbar. Kontakt: Röhm GmbH & Co KG Herrn Dr. Michael Olbrich Rodenbacher Chaussee Hanau-Wolfgang Tel Fax michael.olbrich@degussa.com Institut für Unterirdische Infrastruktur (IKT): Herrn Dr. Homann homann@ikt.de Rainer Kiel Kanalsanierung GmbH: Herrn Henry Watermeier info@kanalsanierung-kiel.de

6 6 Abbildungen: Untersuchungsfeld an der Diestel. Die beprüfte Haltung liegt unmittelbar neben dem Bach und ständig unter dem Grundwasserspiegel Einrichtung der Dichtheitsprüfung Vor dem Test: Der IKT-Gutachter kontrolliert das Prüfsystem

7 7 Gel- Ausgrabung am Kanal An der Diestel Frisch wie am ersten Tag: Ausgegrabenes Injektionsgel Vorbereitung des Spülbelastungstest nach Muster des Hamburger Spülversuchs Die rote Markierung zeigt, wie weit sich das Gel trotz des extrem bindigen Bodens vom Rohr her ausgebreitet hat.