Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz

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1 Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1998 Wem gehört der Boden? Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter erhältlich. Beilagen der Jahresberichte Anno Domini unter

2 Wem gehört der Boden? Walter Schmid in: Terra Grischuna, Heft 6/1998 Seite

3 - 3 - von Walter Schmid, Chur Es gibt im Kanton Graubünden keinen einzigen Quadratmeter Boden, der nicht einen Eigentümer hat. Nur ist nicht immer klar, wem die Liegenschaft, was darin steckt oder hindurch fliesst, genau gehört. Oft müssen darüber Gerichte entscheiden, bevor das Eigentum im Grundbuch eingetragen wird. Das eidgenössische Zivilgesetzbuch (ZGB) verpflichtet die Kantone, das Grundbuch anzulegen. Gemäss diesem Auftrag führen auch die Grundbuchverwalter in Graubünden, gestützt auf amtliche Vermessungen und die ihnen vor liegenden altrechtlichen Grundbucheinrichtungen, das eidgenössische Grundbuch ein.

- 4 - Von den insgesamt 212 Gemeinden im Kanton verfügen erst 51 über dieses Instrument, in dem die Eigentumsverhältnisse des ganzen Gemeindegebietes eingetragen sind.

4 - 4 - Von den insgesamt 212 Gemeinden im Kanton verfügen erst 51 über dieses Instrument, in dem die Eigentumsverhältnisse des ganzen Gemeindegebietes eingetragen sind. In den anderen Gemeinden ist das Grundbuch noch lückenhaft oder nicht bereinigt. Das Grundbuch ist aber eine elementare Institution zur Sicherung des Eigentums der Rechte an Grund und Boden. Temporär gehört nun diese Liegenschaft in Tomils dem Archäologischen Dienst, der auf «fremdem Boden» die Überreste einer alten Kapelle freilegt. Ein Dossier für jedes Grundstück Ziel des eidgenössischen Grundbuches für jedes Grundstück einzelne Grundbuchblätter zu eröffnen, auf welchen Eigentümer mit sämtlichen Rechten und Lasten eingeschrieben sind. In den Gemeinden, in denen diese Arbeit noch nicht beendet ist, gelten die zum Teil alten Grundbucheinrichtungen weiter, die oft unübersichtlich und damit fehleranfällig geworden sind. «Entsprechend liegt uns die Grundbucheinführung sehr am Herzen», Bernhard Trauffer, Grundbuchinspektor des Kantons Graubünden, «damit die Rechte möglichst bald bereinigt werden.» Das heisst aber noch lange nicht, dass dann die Arbeit der Grundbuchverwalter abgeschlossen sein wird. Denn der Eigentumswechsel von Liegenschaften, Durchfahrtsrechte Vorkaufsrechte usw. müssen laufend nachgeführt werden. Dazu kommen «Altlasten» in Form von Eigentum, das seit Generationen in der Familie ohne Eintragung im Grundbuch weitergegeben wurde und eines Tages dann doch noch auf den Tisch des Grundbuchamtes gelangt; oder wenn erst durch Gerichtsentscheide die eigentlichen Eigentümer gefunden werden.

5 - 5 - Liegenschaften werden im sogenannten Grundbuch erfasst. Streit um Gletscher, Gipfel und Quellen Derzeit bemühen sich beispielsweise die Politische Gemeinde Laax und die Bürgergemeinde Sagogn um das Eigentum am Vorabgletscher, wobei noch nicht abzusehen welche Partei den alles klärenden Nachweis dafür erbringen kann. «Die Klage wird gutgeheissen», lautete hingegen das teil eines Schiedsgerichtes von 1989, und es wird gerichtlich festgehalten, dass das Eigentum an dem unproduktiven Gebiet des Tambo-Hornes der Politischen Gemeinde Felsberg zusteht.» Damit wurde ein jahrelanger Streit zwischen den Gemeinden Medels und Felsberg beendet und der karge Berggipfel als Eigentum der weit entfernt liegenden Gemeinde Felsberg im Grundbuch eingetragen. Wie kompliziert Eigentumszuweisungen sein können, zeigen auch die Beispiele des Lai da Vons, der erst nach langen juristischen Abklärungen ins Grundbuch der Gemeinde Andeer eingetragen wurde, oder der auf Taminser Gemeindegebiet liegen den Gisibelquelle. Das Quellgebiet wurde 1967 von der Gemeinde Bad Ragaz erworben, die glaubte, die Quelle stünde mit dem Boden nun in ihrem Privateigentum. Die Taminser waren jedoch anderer Ansicht und machten geltend. dass die Quelle im öffentlichen Eigentum der Territorialgemeinde stehe und untersagten der Nachbargemeinde mit Verfügung die weitere Nutzung. Bad Ragaz reichte Rekurs ein, der vom Verwaltungsgericht Graubünden abgelehnt wurde.

- 6 - Die unklaren Eigentumsverhältnisse um den Lai da Vons mussten juristisch geklärt und gerichtlich entschieden werden. Jetzt gehört der verträumte Bergsee zur Gemeinde Andeer.

6 - 6 - Die unklaren Eigentumsverhältnisse um den Lai da Vons mussten juristisch geklärt und gerichtlich entschieden werden. Jetzt gehört der verträumte Bergsee zur Gemeinde Andeer. Wer sich in die komplexe (juristische) Materie über Bodenrechte, Eigentum usw. vertiefen will, dem empfiehlt sich folgende Lektüre: Teil «Sachrecht» im «Lehrbuch zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch» von Tuor/Schnyder/Schmid. Erhältlich in den Buchhandlungen. Öffentliche oder private Quelle? Neben unzähligen und für Nichtjuristen komplizierten Erwägungen war für das Urteil zugunsten von Tamins die Grösse der Quelle entscheidend. Denn grundsätzlich gehört eine Quelle dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sie entspringt, aber eben nur wenn sie nicht die Grösse von öffentlichem Interesse aufweist. Führt unter dem Eigentum ein unterirdischer Bach vorbei, so ist auch dieser ein öffentliches Gewässer. Ist der Eigentümer darüber ein Landwirt, darf er aber rechtsmässig davon 100 Liter pro Minute für seinen Betrieb ableiteten, für häuslichen Bedarf sind 50 Minutenliter erlaubt. Da stellt sich unweigerlich auch die Frage nach dem Eigentümer grosser Gewässer wie etwa dem Rhein. Haldenstein ist zum Beispiel nur dort Eigentümer, wo das Wasser Gemeindegebiet durchfliesst. Diese nasse Liegenschaft ist im Grundbuch selbstverständlich ebenfalls vermerkt.

7 - 7 - Schatzsuche: Was auf eigenem Grund und Boden gefunden wird und niemandem gehört, ist Eigentum - es sei denn, es habe wissenschaftlichen Wert. Jedes Stockwerk eines Hauses mit Eigentumswohnungen wird im Grundbuch wie eine einzelne Liegenschaft behandelt.

8 - 8 - Nach oben und unten - soweit Interesse besteht In das Grundbuch eingetragen werden ausschliesslich geregelte Verhältnisse. Die Basis zur Bereinigung aller eventuellen vorgängigen Streitereien bildet das Eidgenössische Zivilgesetzbuch (ZGB). In ihm wird zum Beispiel auch festgehalten, wie weit nach oben und wie weit nach unten das Eigentum von Boden reicht. Früher spitzten sich die untersten Grenzen aller Liegenschaften exakt in der Erdmitte zu, und die oberen entschwanden in der Unendlichkeit des Alls. Nach ZGB erstreckt sich heute das Grundeigentum «nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht». Viele öffentliche Einrichtungen wie Eisenbahn- und Strassentunnels, Leitungen von Kommunikations- und Energieträgern wären ohne diese Rechtslage ungewiss realisierbar. Denn es wird davon ausgegangen, «dass sich diese Anlagen in der Regel in einem Raum befinden, der nicht zum Eigentum des darüber liegenden Grundeigentümers gehört». Nach oben begrenzt ist Eigentum zum Beispiel dort, wo Mindestflughöhen eine Rolle spielen, selbstverständlich aber auch durch die entsprechenden Baugesetzgebungen. Einen Schatz gefunden Angenommen, ein Eigentümer stösst beim Setzen des Fahnenmastes auf seiner Liegenschaft auf eine Schatzkiste mit alten Münzen, so gehört der Fund ihm - mit gewissen Vorbehalten. Abgesehen davon, dass die Liegenschaft im Grundbuch auf seinen Namen eingeschrieben sein muss, hat der Schatz selbst verschiedene Kriterien zu erfüllen. Ist sicher, dass er seit langem vergraben ist und keinen heutigen Eigentümer hat, so darf der Grundeigentümer ihn sein eigen nennen. Gilt der Fund aber als herrenloses Altertum von bedeutendem wissenschaftlichen Wert, so fällt er dem Kanton zu, der dem Finder gegenüber eine Entschädigungspflicht hat. Der Eigentümer der auf seiner Liegenschaft diesen wertvollen Schatz gefunden hat, muss auch erdulden, dass unter Umständen auf seinem Grund - allerdings gegen Schadenersatz - Ausgrabungen vorgenommen werden. Nicht als Eigentum gilt hingegen eine aufgelesene Brieftasche.

9 - 9 - Der Finder muss den Wertgegenstand beim Fundbüro abliefern und kann ihn erst dann behalten, wenn sich der eigentliche Eigentümer nach abgelaufener Frist nicht gemeldet hat. Wie jeder Quadratmeter mit dem «Darüber und Darunter» jemandem gehört, hat auch das sogenannte «der Kultur nicht fähige herrenlose» Land seine Eigentümer. Es sind die Territorialgemeinden, denen auch die Hoheit über die «herrenlosen Sachen» zusteht. Der Gemeingebrauch daran ist bundesrechtlich gewährleistet und darf von den Gemeinden nicht völlig ausgeschlossen werden. Man darf sich also auf der «terra grischuna» ohne weiteres nach Pilzen, Beeren, Mineralien, Tannzäpfen, Kieselsteinen usw. bücken - natürlich immer im Rahmen der Verordnungen des Kantons und der jeweiligen Territorialgemeinde. Walter Schmid ist Journalist. Fotos: Romano Pedetti, Rothenbrunnen. Internet-Bearbeitung: K. J. Version 12/

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