Die Zukunft der Qualitätssicherung der ambulanten Rehabilitation Abhängigkeitskranker
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- Lucas Waldfogel
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1 Qualitätsmanagement in der ambulanten Suchtkrankenhilfe Vortrag: NLS am Die Zukunft der Qualitätssicherung der ambulanten Rehabilitation Abhängigkeitskranker Sehr geehrte Damen und Herren, als mich im Frühjahr 2006 Frau Böttger von der NLS anrief, um mich als Referenten zu gewinnen, war das Thema Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement im Bereich der ambulanten Suchtkrankenhilfe noch nicht so drängend wie heute. Zukunft schien damals ein sehr dehnbarer Zeitbegriff zu sein. In der Zwischenzeit ist diese Dehnbarkeit von Zeit und Zukunft erheblich zusammengeschrumpft. Die Aktivitäten der zuständigen Gremien der Deutschen Rentenversicherung sind weit fortgeschritten und haben ein hohes Maß an Effektivität erreicht. Derzeit werden Teile der entwickelten Vorstellungen in vielen Themenbereichen, also auch in der ambulanten Rehabilitation Sucht im Qualitätssicherungsbereich umgesetzt. Bei der Fülle des Stoffes um den es hier insgesamt geht, ist es mir nur möglich, einige Schlaglichter zu setzen oder Eckpunkte zu beschreiben. Grundlage für die gesamte Qualitätssicherung ist der 20 SGB IX. Das SGB IX erhielt am Rechtsgültigkeit. Wesentlichster Aspekt ist die institutionsübergreifende Sichtweise. Das SGB IX ist ein gemeinsames Gesetz für alle Teilbereiche des gegliederten Sozialsystems. Der nächste wesentliche Schritt ereignet sich dann im Jahre 2003, er besteht darin, dass eine gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach 20 Abs. 1 SGB IX am in Kraft tritt. Hierin vereinbaren Krankenkassen, Bundesagentur für Arbeit, gesetzliche Unfallversicherung, gesetzliche Rentenversicherung und andere Sicherung und Weiterentwicklung von barrierefreier Leistungserbringung und deren Qualitätssicherung. In diesem Grundlagenpapier wird eine Definition von Qualität gegeben: Qualität von Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitation) bedeutet eine wirksame und bedarfsgerechte am Krankheitsfolgemodell (ICF) orientierte fachlich qualifizierte, aber auch wirtschaftliche Leistungserbringung. Grundlage für die Qualitätssicherung, das Qualitätsmanagement ist eine umfangreiche Expertise zur gemeinsamen Entwicklung eines QS-Programms in der ambulanten Re-
2 2 habilitation Sucht der Universität Hamburg, Institut Prof. Dr. Koch. Auftraggeber hierfür ist die Arbeitsgemeinschaft der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung. Der Entwicklungszeitraum für diese Expertise ist der bis Die grundlegenden Fragen werden in dieser Expertise dargelegt: 1. Strukturqualität einschließlich Visitationen 2. Prozessqualität, Peer-Review-Verfahren 3. Ergebnisqualität, Erfassung von Minderung von Beeinträchtigungen (Outcome im eigentlichen Sinne) 4. Therapiezielerfassung und Zielerreichung 5. Patientenzufriedenheit. In diesem Expertisenpapier gibt es eine erhebliche Anzahl von Anhängen, in denen Erfassungsinstrumente in allen drei QS-Bereichen dargestellt und vorgestellt werden. Einige will ich hier beispielhaft nennen, da sie die Breite und Tiefe der Qualitätssicherung darstellen: Strukturqualität: a. Katalog der Basis- und Zuweisungssteuerungskriterien der Strukturqualität b. Erfassungsbogen der Strukturqualität c. Visitations-Check-Liste der Strukturqualität. Prozessqualität: Bei der Prozessqualität geht es ebenfalls um eine Check-Liste und ein Manual: Peer- Review. Es werden Module entwickelt für Selbstdokumentation: a. Patientenbefragung b. Visitations-Check-Liste. Ergebnisqualität : Die Erfassung wird anhand des Deutschen Kerndatensatzes Klient plus KDS- Katamnese dargestellt. Hierzu dient: a. Allgemeiner Gesundheitsfragebogen b. Fragebogen zur Erfassung von Therapiezielen und deren Erreichung c. Fragebogen Patientenzufriedenheit. Zusätzlich gibt es einen Patientenbogen zur direkten Erfassung der Ergebnisqualität und entsprechende Therapeutenfragebögen. Im Februar 2005 wird von der Deutschen Rentenversicherung ein Stellungnahmepapier verfasst: Zu Weiterentwicklungsmöglichkeiten und zum aktuellen Stand der Rehabilitation Abhängigkeitskranker, mit einem Kapitel: Stärkung der Qualitätssicherung. Dann scheint es einen Stillstand zu geben. Weitere offizielle Berichte über QS- Management, Weiterentwicklung Suchtbehandlung werden kaum mitgeteilt. Im Sep-
3 3 tember 2005 wird erstmals über das stationäre Visitationsprogramm auf der Buss- Tagung in Kassel berichtet. Im Vordergrund steht in der Deutschen Rentenversicherung die Organisationsreform. KTL (Katalog der therapeutischen Leistungen): 1995 wurde zum ersten Mal der KTL-Schlüssel eingeführt, der bis zum Jahre 2006 in der gleichen Grundstruktur mit kleineren Abänderungen erhalten geblieben ist wird dann von der Deutschen Rentenversicherung Bund (damals noch BfA), Grundsatz- und Querschnittsreferat ein Forschungsauftrag erteilt, der eine komplette Überarbeitung der KTL beinhaltet. Aktuell findet am eine Einführungsveranstaltung der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Einführung des neuen KTL-Schlüssels statt. Die entscheidenden Gremien der Deutschen Rentenversicherungen hatten schon im September 2006 beschlossen, dass dieser neue Schlüssel offiziell eingeführt wird. Aus der Einführungssitzung, an der ich teilgenommen habe, einige wichtige Eckpunkte: Der KTL ist von allen ambulanten und stationären Einrichtungen ab dem umzusetzen. Die Einführung des KTL hat zum Stichtag zu geschehen, der neue Katalog der therapeutischen Leistungen ist die Grundlage für die Prozessqualitätserfassung, umzusetzen ist er für alle Versicherten, Patienten, die zu diesem Zeitpunkt die Therapie abschließen, nicht die Therapie aufnehmen. Gleichzeitig wird deutlich in der Tagung, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund über ein Instrumentarium verfügt durch Querverbindungen, Datenabgleiche, die angegebenen KFL-Merkmale zu kontrollieren, dies ist möglich über Vergleiche mit Strukturerhebungsbögen, Peer Review, Entlassungsberichten. Eine kleine Randbemerkung aus der Tagung: Bisher sind KTL-Daten zumindest im Datensatz der Deutschen Rentenversicherung Bund (alte BfA) zu 99% von den ambulanten und stationären Einrichtungen erhoben und angegeben worden. Einzige Ausnahme bilden ambulante Suchtbehandlungseinrichtungen. Leitlinienprojekt Alkoholabhängigkeit: Ebenfalls seit 2004 arbeitet die Deutsche Rentenversicherung an einem Leitlinienprojekt zur stationären Rehabilitation von Alkoholabhängigkeit. Die endgültige Fassung soll im Frühjahr 2007 mit einer Einführungsveranstaltung erfolgen. Peer-Review-Verfahren: Dieses Verfahren wurde um ICF-gestützte Kategorien erweitert. Besonders zu nennen ist hier der Bereich der Kontextfaktoren sowie der Bereich Ressourcen, Barrieren, berufsbezogene Anteile. Patientenbefragung als Qualitätssicherungsinstrument: Die Wichtigkeit dieses Bausteins wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass ebenfalls im Juli 2006 ein neues bundesweites Reha-Forschungsprogramm installiert wurde mit dem Thema: Chronische Krankheit und Patientenorientierung:
4 4 Die Theorie und Praxis der flexiblen, patientenbezogenen rehabilitativen Behandlung wird hier in den Vordergrund gestellt: Fragen wie Motivation, Schulung erhalten eine erheblich größere Bedeutung im Bereich der gesamten Rehabilitation. Die Mündigkeit, Eigenverantwortung des Patienten oder Versicherten wird betont, er ist in therapeutische Prozesse einzubinden. Eine mögliche Konsequenz wäre: die Diskussion des vom Patienten mit unterschriebenen Entlassungsberichtes. Visitationsprogramm: Im September 2005 wird zum ersten Mal darauf aufmerksam gemacht, dass ein zentralisiertes Visitationsprogramm installiert werden soll, welches sich mit allen Teilen von Qualitätssicherung befasst. Hier wird aus meiner Sicht zum ersten Mal Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung in einem Projekt zusammengeführt. Es werden entsprechende Merkmale für die unterschiedlichen Bereiche festgelegt: Für das interne Qualitätsmanagement: Als erforderliche Minimalanforderung: QM-Beauftragter (mit Positionsbeschreibung) Konzept Qualitätsmanagement/internes QM-System: Mindestanforderung: Konzept Qualitätsmanagement vorhanden, Qualitätshandbuch, interne Qualitätszirkel, die sich nicht mit dem Tagesgeschäft befassen. Patientenzufriedenheit: Fragebogen sowie Beschwerdemanagement, verbindliche Regelungen zur internen Erörterung externer Qualitätssicherungsprogramme. Seit Oktober 2006 gibt es den Dokumentationsbogen für Visitationen, für stationäre Entwöhnungsbehandlung, wobei ein ähnlicher Bogen für ambulante Entwöhnungsbehandlung denkbar ist. Mittlerweile wurde auch ein Rahmenkonzept zur ambulanten Rehabilitation im Bereich Abhängigkeitserkrankungen entwickelt, wobei ausdrücklich die ganztätig ambulante Rehabilitation nicht gemeint ist. Aufgebaut ist dieses Rahmenkonzept analog zu den Rahmenkonzepten der ambulanten Rehabilitation im somatisch-psychosomatischen Bereich der BAR. Der ICF ist die Grundlage des gesamten Reha-Prozesses in Diagnostik (Reha- Diagnostik) und Therapie. Der ICD dient quasi nur noch als Qualifizierungselement des medizinischen Teilsegmentes. Es ergeben sich gleichzeitig entscheidende Veränderungen im personellen Bereich:
5 5 Das interdisziplinäre Reha-Team steht unter Leitung eines verantwortlich Leitenden Arztes: Neben Einzel- und Gruppentherapie sind indikative Zusatzangebote zu installieren: Medizinische Behandlung Sozialarbeiterische Betreuung, Sozialberatung, Reintegration in Alltag und Beruf Gesundheitsbildung Ergo, Kreativtherapie Sport, Bewegungstherapie und andere. Reha-Diagnostik, Reha-Pläne werden beschrieben, ebenso einzelne Berufsgruppen wie Arzt, Psychologe und Sozialarbeiter, einmal mit Anzahl und zum anderen mit ihren Aufgabenbereichen. Wesentliche Instrumente des stationären Qualitätssischerungssystems sollen in den ambulanten Bereich angepasst, übertragen werden. Dies wären dann Strukturerhebungsbögen, modifiziertes Peer-Review-Verfahren, Rehabilitandenbefragung, Arzt-, Therapeutenbefragung, Visitationskonzept. Sicher kann hier nicht verschwiegen werden, dass es noch vielfältige Problembereiche gibt, an den entsprechenden Lösungen wird jedoch gearbeitet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass adäquate Qualitätssicherungsmaßnahmen im ambulanten Bereich der Suchtbehandlung umgesetzt werden. Sicherlich sind noch einige Entwicklungen abzuwarten, einige Beschlüsse müssten e- benfalls noch gefasst werden, es gibt jedoch einen Teil von Qualitätssicherungsmaßnahmen, der sehr leicht umsetzbar ist und daher in absehbarer Zeit, d. h. im Jahre 2007 kommen wird: 1. KTL ab Patientenbefragung. Internes Qualitätsmanagement - Externes Qualitätssicherungssystem sind dabei selbstverständliche Bausteine oder Säulen. Auch regionale Qualitätszirkel sind sicherlich eine Möglichkeit, Qualität zu sichern und zu dokumentieren. Zusammenfassung: Betrachtet man die dargestellte Zeitschiene von 2001 bis 2006, dann ist auffällig, dass seit September 2006 quasi bis zum heutigen Tag wichtige Informationen, eine nach der anderen, an die Entscheidungsträger im Bereich der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Regionalträger herangetragen werden. Die Vorstellung, Zeit zu haben, lange Entwicklungsprozesse zu haben, entspricht nach heutiger Kenntnis nicht mehr der Realität. Datenbanken mit entsprechender Software machen vieles nachvollziehbar und transparent. Vieles kann miteinander im Bereich der Qualitätssicherung in Beziehung gesetzt werden und überprüft werden. Darüber sollten sich die Leistungserbringer im Klaren sein.
6 6 Um es noch einmal deutlich klarzustellen, was für die Zukunft zu erwarten ist: 1. KTL-Einführung 2. Patientenbefragung 3. Entlassungsberichte sollten vom Inhalt her dem Peer-Review-Verfahren entsprechen 4. Grundlagen von Qualitätsmanagement wie QM-Beauftragter, QM-Handbuch sollten in einer ambulanten Einrichtung Rehabilitation Sucht vorhanden sein. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Zur Frage der Position des Arztes in der ambulanten Reha-Sucht soll nochmals verdeutlicht werden: Suchtbehandlung ist medizinische Rehabilitation. Diese steht unter der Leitung eines Arztes. Beispielhaft wurden im mündlichen Vortrag ein Stundenanteil von 19,25 Stunden genannt. Dies hat zu erheblicher Unruhe geführt: Gemeint war und das wurde am Ende des Vortrags auch betont, dass es extrem wichtig sei, sich mit dem Komplex medizinische Leitung von ambulanter Rehabilitation Sucht auseinander zu setzen, über Modelle wie das zu gestalten sei, nachzudenken. Dazu gehören aus meiner Sicht Gedanken über Stundenanteile Arzt, Kooperationsmodelle (z. B. mehrere Beratungsstellen), Wirtschaftlichkeitsfragen, Inhaltsfragen wie Aufgabenstellung, z. B. sozialmedizinische Beurteilung. Es ging mir nicht darum, Angst oder Panik hervorzurufen, wohl aber darum, kreative Denkprozesse anzustoßen. Am Ende des Vortrags wurde ebenfalls ausgesagt, dass die Deutsche Rentenversicherung Oldenburg-Bremen und Braunschweig-Hannover davon überzeugt sind, dass gute Arbeit geleistet wird, dies wurde noch einmal ausdrücklich am Ende des Vortrags erwähnt. Es muss jedoch auch möglich sein, Denkanstöße, Gedanken zur Weiterentwicklung der ambulanten Reha Sucht in deutlicher Sprache artikulieren zu können. Der Vortrag ist aus meiner Sicht nicht als Diktat der Deutschen Rentenversicherung zu verstehen, sondern sollte einen Beitrag darstellen, die Einrichtungen der ambulanten Reha Sucht zukunftsorientiert, zukunftssicher zu machen. F. Mantel Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Sozialmedizinische Dienst der Deutschen Rentenversicherung Oldenburg-Bremen
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