360 Steuern und Recht für Kommunale Unternehmen Teil 10: Energie- und Stromsteuer aktuell
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- Barbara Fischer
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1 Sehr geehrte Damen und Herren, die Strom- und Energiesteuer gehört für kommunale Versorgungsunternehmen zum Tagesgeschäft. Aber auch Unternehmen der Entsorgungswirtschaft können hiervon als Entlastungsberechtigte betroffen sein. Eike Christian Westermann Partner Recht und Steuern Tel.: In dieser Ausgabe der Herbstserie greifen wir u. a. einmal mehr das Thema der Stromsteuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Stromsteuergesetz (StromStG) für EEG-Anlagen auf. Nicht nur die Finanzverwaltung versucht, die Stromsteuerbefreiung für EEG-Anlagen in Frage zu stellen. Auch der aktuelle Referentenentwurf zum Strommarktgesetz wendet sich gegen die Stromsteuerbefreiung im Rahmen von EEG-Begünstigungen. Außerdem beleuchten wir den Begriff des Verwenders und die Auswirkungen der Begriffsdefinition auf die Praxis. Wie jedes Jahr möchten wir an dieser Stelle zusätzlich noch einmal die Gelegenheit nutzen, Sie auf etwaigen bestehenden Handlungsbedarf zum Jahresende hinzuweisen: Matthias Beier Partner Steuern Tel.: matthias.beier@de.pwc.com Nach dem Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) sind alle Unternehmen, die kein kleines und mittleres Unternehmen (KMU) im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG vom 6. Mai 2003 sind, verpflichtet, bis zum 5. Dezember 2015, und in der Folge alle vier Jahre, ein Energieaudit durchzuführen. Dies betrifft auch Unternehmen, bei denen 25 % oder mehr seines Kapitals oder seiner Stimmrechte direkt oder indirekt von einer oder mehreren öffentlichen Stellen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts einzeln oder gemeinsam kontrolliert werden. Ferner endet die Frist zur Einreichung der Entlastungsanträge für das Jahr 2014 und zur Durchführung von Maßnahmen zur Sicherung des Spitzenausgleichs 2015 am 31. Dezember Eine interessante Lektüre wünschen Ihnen Ihre Eike Christian Westermann Matthias Beier
2 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 2 Stromsteuerbefreiung für kleine EEG-Anlagen nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG Zunächst möchten wir Ihnen die aktuelle Entwicklung bei der Steuerbefreiung von sogenannten Kleinanlagen näher bringen. Seit Einführung des 12b Abs. 4 Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) mit Wirkung vom 01. August 2013 war die Frage rechtlich umstritten, ob insbesondere für Strom, der nach dem EEG begünstigt wird, parallel eine Stromsteuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG geltend gemacht werden kann. Auch zwischen einzelnen Hauptzollämtern gab es zu dieser Frage widerstreitende Festsetzungspraxis. Auffassung der Finanzverwaltung Zur Beendigung der seit über einem Jahr andauernden Diskussion führt das BMF in seinem Schreiben vom 23. März 2015 (III B 6 - V 4250/05/10003 DOK 2015/ ) ohne konkrete Nennung des sogenannten EEG-Wälzungsmechanismus aus, dass ein Rückerwerb des eingespeisten und nach dem EEG vergüteten Stroms durch den Anlagenbetreiber durch die Vorgaben des EEG ausgeschlossen sei. Die Voraussetzungen des 12b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StromStV lägen hier nicht vor und die Steuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG sei für diesen Strom ausgeschlossen. Dies gelte explizit auch dann, wenn im Gegenzug zur Einspeisung eine entsprechende Menge Strom von einem Dritten erworben und für diese Menge die Steuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG geltend gemacht werde. Auch eine klassische Direktvermarktung, bei der der Strom an einen Dritten verkauft wird, ist demnach nicht mit der Stromsteuerbefreiung vereinbar. Diese Rechtswirkung habe nach Ansicht der Finanzverwaltung bereits vor dem Inkrafttreten des 12b Abs. 4 StromStV gegolten, da die im Gesetz angelegte Voraussetzung, dass eine kaufmännisch-bilanzielle Rückverfolgbarkeit des vom Letztverbraucher im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnommenen Stroms zu der Anlage bestehe, nicht erfüllt sei. Die Hauptzollämter nehmen zwischenzeitlich eine wesentlich engere Auslegung des Steuerbefreiungstatbestandes vor; dies gilt umso mehr, als in der Vergangenheit einzelne Hauptzollämter beide Begünstigungen (Einspeisevergütung und Stromsteuerbefreiung) nebeneinander gewährt haben und nun von dieser Praxis abrücken dürften. Insoweit ist mit der vertieften Prüfung dieser Sachverhalte durch die Finanzverwaltung zu rechnen sowie damit, dass das in der Vergangenheit akzeptierte Nebeneinander nun rückabgewickelt werden könnte und die betroffenen Anlagenbetreiber mit Steuernachforderungen konfrontiert werden. Rechtsstreitigkeiten sind in diesen Konstellationen wohl nicht zu verhindern. Denn die Finanzverwaltung weicht mit ihrer Rechtsauffassung von
3 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 3 der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) ab, der in seinen Urteilen vom 20. April 2004 (VII R 54/03, VII R 57/03) ausdrücklich festgestellt hat, dass die Fördertatbestände des EEG und die Stromsteuerbefreiung unabhängig voneinander bestehen. Hätte der Gesetzgeber eine Kumulierung der Vergünstigungen vermeiden wollen, wäre es nahe liegend gewesen, entsprechende Regelungen in das Gesetz aufzunehmen, so der BFH. Ob allein durch die Änderung des EEG- Wälzungsmechanismus durch die Ausgleichsmechanismusverordnung zum 1. Januar 2010 wie von der Finanzverwaltung angenommen die gesetzlich geregelte Stromsteuerbefreiung gehindert werden kann, erscheint u. E. zweifelhaft und dürfte in Kürze die Finanzgerichte beschäftigen. Bei negativen Entscheidungen der Zollverwaltung, insbesondere über vergangene Veranlagungszeiträume, empfehlen wir daher dringend, die Einlegung von Rechtsmitteln genau zu prüfen. Da Versorger im Rahmen ihrer jährlichen Veranlagung verpflichtet sind, die steuerfreien und steuerpflichtigen Mengen in ihrer Jahressteueranmeldung bis zum 31. Mai zutreffend anzugeben, bestand hier bereits Handlungsbedarf, insbesondere wenn in der Vergangenheit eine Steuerbefreiung abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung beansprucht wurde. Versorger sind nun zunächst verpflichtet, die Mengen im Sinne der Finanzverwaltung als steuerpflichtig anzumelden und können erst anschließend das Rechtsverfahren beschreiten. Möglicherweise abweichende Vorgehensweisen sollten individuell geprüft und eingehend diskutiert werden. Daneben sollte die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit von Änderungsanträgen oder Korrekturen in Bezug auf Steueranmeldungen der Vergangenheit geprüft werden und zumindest eine Offenlegung des Sachverhalts angedacht werden. Gesetzesentwurf zum Strommarktgesetz stellt Stromsteuerbefreiung bei der regionalen Direktvermarktung in Frage Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 14. September 2015 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) vorgelegt. Neben diversen Neuregelungen für das Energiewirtschaftsgesetz und weiteren Normen aus dem Energierecht enthält der Gesetzesentwurf auch Neuregelungen für das EEG und das Stromsteuergesetz. Sowohl in 19 EEG als auch in 9 StromStG sollen mit Wirkung vom 1. Januar 2016, falls nötig auch rückwirkend auf dieses Datum Regelungen eingefügt werden, die eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Stromsteuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 1 (Befreiung für grünen Strom in grünen Netzen ) bzw. Nr. 3 StromStG (Befreiung für Erzeugung in Kleinanlagen bei Entnahme im räumlichen Zusammenhang) für Strom aus Anlagen, die nach EEG gefördert werden, ausschließen.
4 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 4 Im Gesetzesentwurf ist von einem Exklusivitätsverhältnis zwischen EEG-Förderung und Stromsteuerbegünstigung die Rede. Sollte dieser Referentenentwurf in Kraft treten, stehen sämtliche Vermarktungsmodelle, die sowohl die Voraussetzungen der EEG-Förderung als auch der Steuerbefreiung erfüllen und so nach geltendem Recht grundsätzlich zur Inanspruchnahme beider Förderungen berechtigt sind, in Frage. Die Pauschalität der Regelung und die Formulierung eines Exklusivitätsverhältnisses zwischen EEG-Förderung und Stromsteuerbegünstigung ist eine Fortsetzung des bereits von der Finanzverwaltung Anfang diesen Jahres eingeschlagenen Weges. Offensichtlich sollen EEG-Förderungen und eine Stromsteuerbefreiung nicht mehr parallel gewährt werden, auch wenn der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 20. April 2004 keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine solche Doppelförderung erhoben hat. Nicht zuletzt stellen sich bei Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens für viele Betreiber von EEG-Anlagen ungelöste rechtliche Fragen des Bestands- und Vertrauensschutzes. Hieraus zieht das BMF den Schluss, dass unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Regelung des 12b Abs. 2 StromStV die Fernsteuerbarkeit einer Anlage im Sinne der 35, 36 EEG zum Erhalt der Marktprämie nach dem EEG 2014 eine zentrale Steuerung im Sinn des 12b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StromStV sei. Für zentral gesteuerte Anlagen besteht also stromsteuerlich wiederum die Gefahr, dass sie als eine Gesamtanla- Stromsteuerbefreiung für kleine Anlagen nach 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG (Fernsteuerbarkeit nach EEG und virtuelles Kraftwerk) Im Zusammenhang zu dem vorstehenden Themenfeld ist auch die Frage der Fernsteuerbarkeit bzw. der zentralen Steuerung von Kleinanlagen einzuordnen. Mit Schreiben vom 25. März 2015 (III B 6 - V 4250/05/10003 :004 DOK 2015/ ) hat sich das BMF zu der Frage geäußert, ob eine Fernsteuerbarkeit nach den 35, 36 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als zentrale Steuerung zum Zwecke der Stromerzeugung im Sinne des 12b StromStV anzusehen ist, wodurch die Gefahr besteht, dass die zentral gesteuerten Anlagen als Gesamtanlage (virtuelles Kraftwerk) angesehen werden. Im Falle der sogenannten Direktvermarktung zum Erhalt der Marktprämie einem alternativen Fördermodell zur Einspeisevergütung sieht das EEG in den genannten Paragraphen verpflichtend vor, dass entsprechende Anlagen fernsteuerbar sind. Das bedeutet, dass die Ist- Einspeisung abrufbar ist und die Einspeiseleistung ferngesteuert reduziert werden kann.
5 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 5 ge (virtuelles Kraftwerk) zu betrachten sind und die Erzeugungsleistung der Anlagen zu addieren ist (Problem: 2 MW-Grenze). Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, wer Eigentümer und Betreiber der Anlagen ist, da die neu gefasste Regelung des 12b Abs. 2 StromStV nicht mehr auf die entsprechende Stellung im Rahmen des Anlagenbetriebs abstellt, sondern die zentrale Steuerung hier durch Fernsteuerbarkeit als Zusammenfassungskriterium ausreichen lässt. Die Ausführungen des BMF sind aus unserer Sicht sehr pauschal ausgefallen und spiegeln in keiner Weise die Komplexität der hier vorliegenden Gesamtregelwerke wieder. Es werden vielmehr wichtige Fragestellungen außer Acht gelassen, die zum Teil bereits in anderen BMF- Schreiben angelegt sind. Bspw. steht das nun vorliegende BMF- Schreiben u. E. im Widerspruch zu anderen BMF-Schreiben, wie dem vom 30. März 2012 zum Anlagenbegriff des 12b Abs. 2 StromStV. Neuere Entwicklungen und Praxiserfahrungen haben gezeigt, dass dennoch durchaus Möglichkeiten bestehen, auch für Anlagen, die durch die EEG-Direktvermarktung gefördert werden (und damit verpflichtend fernsteuerbar sein müssen) eine Stromsteuerfreiheit nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG darzustellen und zu realisieren. Vorbehaltlich der weiteren gesetzlichen Entwicklungen zum 1. Januar 2016 (siehe vorheriger Artikel) sind u. E. Konstellationen denkbar, in denen die Stromsteuerfreiheit nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG weiterhin neben der Förderung nach EEG bestehen kann. Betreiber von Anlagen, die über die Direktvermarktung zur Erlangung der Marktprämie nach EEG gefördert werden, sollten nicht wegen der Verpflichtung zur Fernsteuerbarkeit aus 35, 36 EEG pauschal die Möglichkeit der parallelen Stromsteuerbefreiung verwerfen. Es empfiehlt sich eine nähere Betrachtung der konkreten Situation und Abstimmung mit dem zuständigen Hauptzollamt. Stromsteuerbefreiung für den Eigenerzeuger nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a StromStG Das BMF hat nach den vorstehenden Schreiben binnen Monatsfrist ein drittes Schreiben veröffentlicht, welches sich wiederum in dem angesprochenen Themenfeld bewegt. Im Zusammenhang mit der geänderten Auffassung der Verwaltung in Bezug auf 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG wurde in einem weiteren Erlass vom 29. April 2015 (III B 6 - V 4250/05/10003 DOK 2015/ ) die Frage aufgeworfen, ob und ggf. in welchem Umfang dem Eigenerzeuger diese Steuerbefreiung gewährt werden kann.
6 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 6 Das Schreiben des BMF vom 29. April 2015 verweist hier auf einen älteren Erlass vom 19. Juni In diesem wurde geregelt, dass der Betreiber einer EEG- oder KWK-Anlage grundsätzlich keinen Strom im Sinne des Stromsteuergesetzes leistet, soweit der mit diesen Anlagen erzeugte Strom zur Erlangung der EEG-Vergütung bzw. des KWK-Zuschlags nicht physikalisch, sondern lediglich kaufmännisch-bilanziell in das Netz der allgemeinen Versorgung einspeist wird. In diesen Fällen werden dem Betreiber der Anlage im Gegenzug vom Netzbetreiber die tatsächlich nicht eingespeisten Strommengen in Rechnung gestellt (kaufmännischbilanzieller Ausgleich). Nach Auffassung des BMF erfolgt hier durch den Netzbetreiber keine Leistung von Strom im Sinne des Stromsteuergesetzes. Dies gelte auch, wenn der kaufmännisch-bilanzielle Ausgleich nicht durch den Netzbetreiber, sondern von einem dritten Stromversorger erfolgt. Nach Ansicht des BMF ist der Erlass vom 19. Juni 2002 auch heute weiterhin anwendbar, soweit der kaufmännisch-bilanziell in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeiste Strom durch den Betreiber der Stromerzeugungsanlage zum Selbstverbrauch entnommen wird. Diese Einschränkung auf eine Entnahme durch den Betreiber der Anlage ist u. E. unverständlich. Denn der o.g. Erlass befasst sich nur mit der Stromsteuerbefreiung gemäß 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a StromStG. Bei EEG-Anlagen, bei denen die Geltendmachung der Steuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG aktuell in vielen Fällen in Frage gestellt wird, kann sich die Stromsteuerfreiheit der kaufmännisch-bilanziell ausgeglichenen Strommengen aber auch aus 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG ergeben. Nach 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG ist Strom steuerfrei, wenn es sich um Strom aus erneuerbaren Energieträgern handelt, der aus einem ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechenden Leitung entnommen wird. Da eine Vermischung von herkömmlichem Strom und Ökostrom im Eigennetz des Kunden nach einem weiterem Erlass des BMF steuerunschädlich ist (BMF-Schreiben vom III A 1 V /01), dürfte der Anwendungsbereich des 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG hier in vielen Fällen eröffnet sein. Soweit 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG eingreift, der zudem unabhängig von der Anlagengröße (ausgenommen Wasserkraftwerke) und der zugrunde liegenden Lieferbeziehung anwendbar ist, wäre ein Rückgriff auf 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a StromStG überhaupt nicht notwendig. Aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten in Bezug auf 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sollten Anlagenbetreiber nun die Anwendbarkeit des 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG näher prüfen.
7 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 7 Fragen zum Verwenderbegriff Nachfolgend möchten wir Ihnen eine aktuelle Entwicklung, die wir in der Beratungspraxis wahrgenommen haben, näher bringen: die Frage, des nach dem Strom- und Energiesteuergesetz Entlastungsberechtigten in Konstellationen mit weiteren Beteiligten. Der Verwender von Energie bzw. der Entnehmer des Stroms als Entlastungsberechtigter ist nicht immer zweifelsfrei zu bestimmen und führt in der Praxis oft zu Abgrenzungsfragen. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des 9b und 10 StromStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag demjenigen gewährt, der Strom für betriebliche Zwecke entnommen hat. Im Energiesteuergesetz wird die Steuerentlastung dagegen für Energieerzeugnisse gewährt, die verwendet worden sind (vgl. 51, 53, 54, 55 EnergieStG). Nicht nur die Wortwahl ist im Strom- und Energiesteuerrecht unterschiedlich. Auch die Rechtsprechung unterscheidet sich hier. Während nach dem Urteil des BFH vom 25. September 2013 (VII R 64/11, BFH/NV 2014, 108) für den Bereich der Stromsteuer in den meisten Fällen der unmittelbare Besitzer den Strom entnimmt, bleibt energiesteuerlich derzeit offen, ob die Verwendereigenschaft auch durch den mittelbaren Besitzer gegeben sein kann, so dass letztlich auch ein Auseinanderfallen von Stromsteuer und Energiesteuer nicht ganz ausgeschlossen ist. Die Verwaltungspraxis ist nach unserer Erfahrung ebenfalls nicht einheitlich. Dennoch ist eine neue Tendenz feststellbar, wonach in Fällen, in denen aus verbrauchsteuerlichen Gründen eine Entscheidung notwendig ist, ob dem unmittelbaren oder dem mittelbaren Besitzer eine Erlaubnis als Verwender zu erteilen ist, diese Erlaubnis dem unmittelbaren Besitzer erteilt wird. Unternehmen, bei denen mehrere Gesellschaften (insb. in Fällen von Dienstleistungs- und Betriebsführungsverträgen) Anlagen betreiben oder deren Betrieb ganz oder teilweise vertraglich auf einen Dritten übertragen wurde, sollten anhand der Rechtsprechung genau prüfen, wer als Verwender anzusehen ist. Da nur der Verwender der Energie entlastungsberechtigt ist und dabei strenge Form- und Fristvorgaben einzuhalten sind, kann eine unzutreffende Einschätzung mit erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen verbunden sein. Ferner sollte in den Fällen, in denen Unternehmen mögliche Strom- oder Energieentnahmen durch Dritte identifiziert haben, immer auch geprüft werden, ob im Einzelfall nur eine Nutzenergieweiterleitung an Dritte gegeben ist. Als Nutzenergielieferung kommt z.b. die Lieferung von me-
8 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 8 chanische Energie an Maschinen, die Lieferung von Druckluft oder Lichtlieferung - Beleuchtung von Räumen - in Betracht. Denn bei Weiterleitung von Nutzenergie an im eigenen Betrieb tätige Dritte greifen Sonderregelungen ( 17c Abs. 5 StromStV bzw. 100a Abs. 5 EnergieStV). Steuerbefreiung für gasförmige Biokraft- und Bioheizstoffe nach 28 EnergieStG Für Betreiber von Deponie- und Klärgasanlagen gibt das BMF mit Erlass vom 25. März 2015 (III B 6 - V 8105/09/10004 DOK 2015/ ) der Zollverwaltung aus beihilferechtlichen Gründen einige Einschränkungen bei 28 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG (Steuerbefreiung für gasförmige Biokraft- und Bioheizstoffe) vor. Demnach soll die Steuerbefreiung für Gase aus Deponie- und Klärgasanlagen nur insoweit gewährt werden, wie diese zur Stromerzeugung verwendet werden. Die Verwendung in ortsfesten Anlagen, die ausschließlich zum leitungsgebundenen Gastransport oder der Gasspeicherung dienen, unterliegt nicht der Steuerbefreiung, ebenso wenig das reine Verheizen von Biogas. Die Neufassung ist durch Bekanntmachung vom 5. September 2014 rückwirkend zum 1. April 2011 in Kraft getreten. Für nicht steuerbefreite Zwecke ist die Steuer folglich grundsätzlich auch rückwirkend zu erheben. Die beihilferechtlichen Einschränkungen der Norm binden jedenfalls die umsetzende Verwaltung. Es ist jedoch anzunehmen, dass, mit Bezug auf diesen Erlass, die gesetzliche Klarstellung rückwirkend in Kraft gesetzt wird. Für noch offene Sachverhalte besteht jedoch u. U. dennoch bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung noch Spielraum für die Anwendung von 28 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG ohne die oben aufgeführten Einschränkungen. Betroffene Anlagenbetreiber sollten den konkreten Umfang der Steuerbefreiung des 28 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG in jedem Fall überprüfen. Pachtmodell als erlaubnispflichtiges Finanzierungsleasing Schon in der Vergangenheit wurde bei Contracting-Gestaltungen seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Frage aufgeworfen, ob es sich bei einzelnen Gestaltungen um ein erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft handelt. In jüngster Zeit geraten nun zunehmend Anlagenpachtmodelle, bei denen der Pächter der Anlage das sog. Eigenstromprivileg des EEG nutzt, in den Fokus des BaFin. Grund hierfür ist, dass diese Gestaltungen im Einzelfall als Finanzierungsleasing angesehen werden können, so dass eine entsprechende Erlaubnis der BaFin einzuholen wäre. Nach 32 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) bedarf derjenige, der gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise
9 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 9 eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringen will, der schriftlichen Erlaubnis der BaFin. Auch der Abschluss von Finanzierungsleasingverträgen als Leasinggeber zählt zu den erlaubnispflichtigen Geschäften ( 1 Abs. 1a Nr. 10 KWG). Das Betreiben von nach dem KWG erlaubnispflichtigen Geschäften, ohne im Besitz der Erlaubnis zu sein, ist nach 54 KWG strafbar. Nach Auffassung der BaFin sind Verträge erfasst, bei denen die Finanzierungsfunktion im Vordergrund steht. Dies kann bei bestimmten Eigenstrommodellen der Fall sein. In einem bekannt gewordenen Eigenstromsachverhalt hat die BaFin kürzlich festgellt, dass die vorgelegten Verträge im konkreten Fall als Finanzierungsleasing anzusehen sind. Angesichts einer Vielzahl von verschiedenen Vertragsgestaltungen verbietet sich hier aber eine allgemeine Aussage. Vielmehr sollte die Betroffenheit in jeden Einzelfall geprüft werden. Ansprechpartner Ralf Reuter Senior Manager Rechtsanwalt Tel.: ralf.reuter@de.pwc.com PricewaterhouseCoopers AG Niederlassung Düsseldorf Moskauer Straße Düsseldorf Jan Steinkemper Senior Manager Rechtsanwalt Tel.: jan.steinkemper@de.pwc.com PricewaterhouseCoopers AG Niederlassung Düsseldorf Moskauer Straße Düsseldorf
10 PricewaterhouseCoopers / WIBERA, 5. November 2015 Seite 10 Hinweis: Mit unserem Newsletter für Strom- und Energiesteuer informieren wir Sie gern über die wesentlichen Änderungen und neue Entwicklungen. Sie können den Newsletter direkt über folgenden Link abonnieren: SUB- SCRIBE_Energytax@de.pwc.com. Der Bezug ist für Sie natürlich gebührenfrei. Informationen zu Veranstaltungen können Sie unserem Newsletter bzw. unserem Veranstaltungsportal ( entnehmen. Zudem bieten wir Ihnen selbstverständlich weiter maßgeschneiderte Inhouse-Seminare zu den Themen Stromsteuer, Energiesteuer und EEG, bei denen wir Ihre Mitarbeiter oder ausgewählte Teilnehmer in Ihrem Unternehmen bzw. Ihre Kunden informieren und schulen. Sprechen Sie uns hierzu sowie zu weiteren Inhouse-Seminar-Wünschen gerne an. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Die oben genannten Ansprechpartner stehen Ihnen gerne für Ihre Fragen zur Verfügung.
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