DISPOSITION ZU DEN LEHRVERANSTALTUNGEN VOM 21. UND 28. MAI 2015



Ähnliche Dokumente
indirekten Gegenvorschlag berücksichtigt? Wahl durch die Generalversammlung: keine Bestimmung -

Minder-Initiative. Auf dem Weg zum neuen Aktienrecht. Therese Amstutz Fürsprecherin, LL.M. Severin Isenschmid Rechtsanwalt.

Eidgenössische Volksinitiative «gegen die Abzockerei» / Aktienrechtsrevision

Synopsis: Artikel 95 Absatz 3 BV (Volksinitiative «gegen die Abzockerei») 1 und Vorentwurf zur Verordnung gegen die Abzockerei vom 14.

Verordnung gegen die Abzockerei

USI GROUP HOLDINGS AG, ZÜRICH

Gesetzesänderungen «Nominee», Entwurf

Bericht des Verwaltungsrats zu den Abstimmungen über die Vergütungen des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung

EverNews Annahme der Abzocker-Initiative

Einladung zur 17. Ordentlichen Generalversammlung

BERECHNUNG DER FRIST ZUR STELLUNGNAHME DES BETRIEBSRATES BEI KÜNDIGUNG

Anhang zur Einladung zur ordentlichen Generalversammlung 2016 STATUTEN. der. Bellevue Group AG

Die Gesellschaftsformen

Gründe für fehlende Vorsorgemaßnahmen gegen Krankheit

Volksbank Haltern eg. Offenlegungsbericht im Sinne der Instituts-Vergütungsverordnung. per

Arbeitsrecht: Neue Regelungen im Hinblick auf die Kündigung von Arbeitsverhältnissen ab dem

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

Inhaltsübersicht Produktinformationsblatt zur Jahres-Reiserücktritts-Versicherung der Europäische Reiseversicherung AG

ÜBER DIE ROLLE DER NATIONALEN PARLAMENTE IN DER EUROPÄISCHEN UNION

ikk-classic.de Gesetzliches Krankengeld für Selbstständige Kein Zusatzbeitrag 2010 Da fühl ich mich gut.

ÜBER DIE ANWENDUNG DER GRUNDSÄTZE DER SUBSIDIARITÄT UND DER VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

zersplittertes Aktionariat (doch kann es einen oder mehrere kontrollierende oder zumindest einflussreiche Aktionäre geben)

Risikomanagement Gesetzlicher Rahmen SAQ Sektion Zürich: Risikomanagement ein Erfolgsfaktor. Risikomanagement

An die Aktionärinnen und Aktionäre der Kühne + Nagel International AG Schindellegi, im April 2015

Schlichtungsgesuch betreffend Streitigkeiten aus Arbeitsvertrag

Kapitalerhöhung - Verbuchung

MEAG als aktiver Aktionär Richtlinie über das Abstimmverhalten auf Hauptversammlungen (Proxy Voting Richtlinie) Stand: Oktober 2014

2.04. Verzicht auf die Bezahlung der Beiträge an die AHV, die IV, die EO und die ALV bei geringem Nebenerwerb

Sterbegeldversicherung. Vorsorge treffen

Pensionskasse der Burkhalter Gruppe Zürich. Bericht der Revisionsstelle an den Stiftungsrat zur Jahresrechnung 2013

MuP-Arbeitshilfen. Kreativität organisieren Der innovative Prozess. Problem-Phase

Guten Tag. Pflicht zur Durchführung eines Energieaudits für alle Nicht KMU * bis 12/2015

zur Änderung des Reglements über das Staatspersonal (flexible Pensionierung)

Neues Rechnungslegungsrecht Auswirkungen auf die Revision

Was ist clevere Altersvorsorge?

Einladung zur ordentlichen Generalversammlung

Die rechtsformunabhängige Revisionspflicht

MUSTER. Sicherungsschein für Kreditgeber Leasinggeber Versicherer (Name und Anschrift) Anzeige des Versicherungsnehmers zur

Statuten in leichter Sprache

Dokumentation der Anlageberatung

Bayerisches Landesamt für Steuern 13a n. F. ab 2009 ErbSt-Kartei Datum: Karte 3 Az.: S 3812a /6 St 34

HIER GEHT ES UM IHR GUTES GELD ZINSRECHNUNG IM UNTERNEHMEN

Träger : Kath. Kirchengemeinde St. Laurentius Bretten

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

Häufig gestellte Fragen zur Einhebung des KV-Beitrags von Auslandspensionen

- Aktionäre oder deren Vertreter % ( ) - Unabhängigen Stimmrechtsvertreter % ( )

s Bundesgesetz über die Krankenversicherung. Teilrevision. Spitalfinanzierung

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

Zeichen bei Zahlen entschlüsseln

Volksbank Hohenlimburg eg Offenlegung gemäß 7 Instituts- Vergütungsordnung. per

Auswertung der Evaluation des Schulversuchs PraxisHAS

SVS. Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute. Prüfungskommission. Berufsprüfung 2007 für den Sozialversicherungs-Fachausweis

Richtlinien zum Controlling und Reporting von Gemeindeprojekten. Einwohnergemeinde Wahlern

Indirekte Teilliquidation

SATZUNG DER BERLIN HYP AG

Häufig gestellte Fragen

11. Pantaenius-Immobilientagung in Hamburg

ANLAGEFONDS Arbeitsauftrag

Organhaftpflichtversicherung

Damit auch Sie den richtigen Weg nehmen können die 8 wichtigsten Punkte, die Sie bei der Beantragung Ihrer Krankenversicherung beachten sollten:

Währungssituation Überblick über die Möglichkeiten für KMU im Personalbereich. Martina Wüthrich, Rechtsanwältin Muri Rechtsanwälte AG, Weinfelden

s Bundesgesetz über die Krankenversicherung. Teilrevision. Spitalfinanzierung (Differenzen)

Arbeitsrechtliche Auswirkungen der Frankenstärke: Aspekte rund um Arbeitszeit

Einladung zur Generalversammlung. 28. Oktober 2014, Türöffnung Uhr, Beginn Uhr Mövenpick Hotel - Zürich Regensdorf

Hinweise für die Teilnahme an der Gläubigerversammlung und die Ausübung des Stimmrechts (Angaben i.s. des 12 Abs. 3 Schuldverschreibungsgesetz

Ich habe von dem bevorstehenden Börsengang der Stuttgarter Maschinenbau AG gelesen. Für diesen Börsengang interessiere ich mich sehr.

Öffentliches Wirtschaftsrecht. Wettbewerbsregeln des EU- Primärrechts, ÖPP

1.07 Allgemeines Erziehungsgutschriften

Christina Klein. Wie Sie Ihre Ideen schützen können. interna Ihr persönlicher Experte

B E S C H L U S S P R O T O K O L L

SEPA Lastschriften. Ergänzung zur Dokumentation vom Workshop Software GmbH Siemensstr Kleve / /

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Ordentliche Prüfung nach OR Art. 727

Transparenz und Datenschutz: Gedanken aus Schweizer Sicht

Ping Erfahrungsaustausch

Konzernrechnung Modul 3

Informationen zur Umsetzung der GAFI-Empfehlungen

Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen.

Kantonale Volksinitiative zum Erhalt der landwirtschaftlich und ökologisch wertvollen Flächen im Kanton Zürich

Körperschaft (Personenverbindung mit Rechtspersönlichkeit) zwingend ausschliessliche Haftung der Gesellschaft (Art. 772 Abs. 1 Satz 3, Art.

Patientenmobilität an der schweizerischen Grenze

Aufgabe 1: Finanzmathematik (20 Punkte)

EU-Verordnung Nr. 1907/2006 (REACH)

Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Institutionen

Online bezahlen mit e-rechnung

Spesenreglement für Non-Profit-Organisationen (NPO)

S T A T U T E N. der. Tierärztlichen Verrechnungsstelle GST AG / Office de gestion des vétérinaires SVS S.A.

Ende von Vertragsbeziehungen

4.05 Leistungen der IV Vergütung der Reisekosten in der IV

Wann ist eine Software in Medizinprodukte- Aufbereitungsabteilungen ein Medizinprodukt?

a) Bis zu welchem Datum müssen sie spätestens ihre jetzigen Wohnungen gekündigt haben, wenn sie selber keine Nachmieter suchen wollen?

Gleichwertigkeitsanerkennung nach Art. 119b AVIV

Personal-Vorsorgestiftung der Aluminium-Laufen AG Liesberg Liesberg. Bericht der Revisionsstelle an den Stiftungsrat zur Jahresrechnung 2014

Dem erwarteten Zeitumfang der BR-/AR-Tätigkeit Dem Umfang an übernommenen Kompetenzen des BR-/AR-Mitglieds Der Position des BR-/AR-Mitglieds

Bewerbungsformular für das Förderprogramm Teamwork gefragt! Beteiligung von Personen aus anderen Kulturen in der Gemeinde

Teilzeitbeschäftigte 209

Transkript:

DISPOSITION ZU DEN LEHRVERANSTALTUNGEN VOM 21. UND 28. MAI 2015 1. Blick zurück (und nach vorn) Ein klassisches Problem von Publikumsgesellschaften: der principal/agent-konflikt (Berle Means, 1932). Kritik an übersetzten Salären an der Unternehmensspitze von Publikumsgesellschaften seit der Jahrtausendwende. Erste Antwort: Transparenz. 2002 Selbstregulierung: Richtlinie der Schweizer Börse SWX. Seit 1.1.2007 Gesetzgebung: OR 663b. Februar 2008: Einreichung der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" (Initiative Minder). Ende 2008: Zusatzbotschaft des Bundesrates zur Aktienrechtsreform (massive Verschärfung der Vorschläge betreffend Salärfragen). Hektische Aktivität im Parlament und dessen Kommissionen (einschliesslich "Bonussteuer"), schliesslich am 16.3.2012 Einigung auf indirekten Gegenvorschlag (235 gegen 1 Stimme!). 3.3.2013: Annahme der Initiative Minder mit allen Ständestimmen und überwältigendem Volksmehr. Vorläufige Umsetzung auf Verordnungsstufe in der VegüV vom 20.11.2013, in Kraft seit 1.1.2014. 2018 oder später: Ablösung der VegüV durch formelles Gesetzesrecht (Aktienrecht, Strafrecht). 2. Konzept der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" Die Proportionen: Regelung nur für börsenkotierte Aktiengesellschaften (0,12 aller Aktiengesellschaften). Regelung nur für die Saläre an der Unternehmensspitze (15-30 Personen). Gemessen am Reingewinn von SMI-Gesellschaften geringer Betrag. 9330195v1

Gesellschaftspolitische und nicht aktienrechtliche Fragen. Keine staatlichen Vorschriften betreffend maximale Saläre (Unterschied zur 1:12- Initiative und zur Mindestlohninitiative). Beschränkung auf kotierte Gesellschaften. Beschränkung auf die Unternehmensspitze (Verwaltungsrat, Geschäftsleitung, evtl. Beirat) "Alle Macht den Aktionären". (Welchen Aktionären?). Verwaltungsrat soll an die Kandare genommen werden. Viel zwingendes Recht (das strikteste Aktienrecht der Welt?). Konkrete Detailvorschriften auf Verfassungsstufe. Inhalt: Arbeitsvertraglich relevante Vorschriften, insb. zu Fragen der Kompensation in einem weiten Sinn. Strafbestimmungen. Ferner (zur Belebung der "Aktionärsdemokratie": Stimmpflicht der Pensionskassen, institutionelle Stellvertretung nur durch den unabhängigen Stimmrechtsvertreter) 3. Umsetzung in der VegüV Umsetzung nahe am Verfassungstext. Konkretisierung des absolut und des relativ notwendigen Statuteninhalts. Regelung für den Fall von Neueintritten in die Geschäftsleitung. Detaillierte Regelung des Vergütungsberichts. Zurückhaltung bei den Strafbestimmungen. (Die folgenden Themen sollen in der Lehrveranstaltung mit Berücksichtigung der Texte der Verordnung und ihrer Umsetzung in Statuten und Arbeitsverträgen erarbeitet werden). 2

4. Abstimmung über die Saläre Zwingend: Jährliche Abstimmungen. Zwingend: Gesamtsummen, getrennt für Verwaltungsrat, Geschäftsleitung (und Beirat). Prospektiv sog. "Budgetlösung" (falscher Begriff), retrospektiv, gemischt? Eine Pauschalsumme oder getrennt für fixen und variablen Teil? Die zwei in der Praxis vorherrschenden Konzepte: Prospektiv (Fixum und kurzfristige variable Teile) und retrospektiv (long term incentives). Ausschliesslich prospektiv, verbunden mit konsultativer Abstimmung über den Vergütungsbericht. Vor- und Nachteile? NB: Keine rein retrospektiven Abstimmungen. Die massgebenden Perioden (unterschiedliche Behandlung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung)? Wie ist eine Reduktion der Pauschalsumme durch die Aktionäre umzusetzen? Was ist "Entschädigung"? (Pauschalspesen? Aktien, die zum Steuerkurs angerechnet werden?) Mögliches Vorgehen bei Nichtgenehmigung? Nichtgenehmigung als wichtiger Grund für die fristlose Kündigung? (Die Angst der grossen angloamerikanischen Investoren) 5. Exkurs: Die Bedeutung variabler Lohnbestandteile Unterschiede nach Branchen. Unterschied zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Problematik des Wortes "Bonus". 3

6. Frist der Arbeitsverträge 7. Statutarische Regelung der Grundsätze der Vergütung 8. Verbot von Abgangsentschädigungen 9. Verbot von Vergütungen im Voraus 10. Verbot von Prämien für Firmenkäufe und -verkäufe 11. Zusätzliche Berater- oder Arbeitsverträge mit anderen Gruppengesellschaften 12. Kredite, Darlehen, Renten nur mit statutarischer Basis 13. Erfolgs- und Beteiligungspläne nur mit statutarischer Basis 14. Maximale Zahl von Mandaten ausserhalb des Konzerns Differenzierung je nach Art (kotierte/nicht kotierte Gesellschaften)? Können mehrere Mandate innerhalb eines anderen Konzerns als ein Mandat gezählt werden? Ausklammern von unentgeltlichen Mandaten? Sinn dieser Norm? Wirksamkeit? 4

15. Dauer der Arbeitsverträge der Geschäftsleitung (und der Mandatsverträge der Verwaltungsratsmitglieder). 16. Bedeutung des Vergütungsausschusses 17. Bedeutung des Vergütungsberichts 18. Verbot des Depotstimmrechts der Banken und der Organvertretung 19. Stimmpflicht der Pensionskassen 20. Strafbestimmungen 21. Ein Blick in die Kristallkugel Umsetzung auf Gesetzesebene (im Rahmen der Aktienrechtsreform). Positionen der interessierten Kreise: Statuts quo/nachbessern/aufpacken zusätzlicher Themen. Staatliche Lohnvorschriften? (Erfahrungen mit den Abstimmungen zur 1.12 Initiative und zur Minimallohninitiative). 22. Arbeitsrechtliche Einzelfragen OR 319 "Arbeit gegen Lohn". Was, wenn der Lohn nicht bestimmbar ist (weil erst retrospektiv von GV autorisiert) oder wenn ein zugesagter Lohn nicht ausbezahlt werden kann (weil Ablehnung durch GV)? OR 339b und in ausländischer Rechtsordnung gesetzlich vorgeschriebene Abgangsentschädigungen? OR 322b, Provisionen. 5

OR 337: Nichtgenehmigung der Saläre als wichtiger Kündigungsgrund? 23. Die ersten Erfahrungen: Erwartetes und Unerwartetes Worum ging es in der Abstimmung vom 3.3.2013? Um Aktienrecht? Die Ernüchterung: Die Vergütungen sind insgesamt nicht gesunken. Immerhin: Kaum mehr Ausreisser. Sensibilisierung der Verantwortlichen. Verschiebung des Schwergewichts der Verwaltungsratsarbeit. Zunahme der Formalitäten auf Kosten des Gehalts in der Generalversammlung. Kompetenzverschiebung vom Schweizer Verwaltungsrat auf ausländische Investoren. Neue Macht der Stimmrechtsvertreter und Proxy Advisors. Deren Willensbildung und Legitimation? Der unabhängige Stimmrechtsvertreter als zentrale Figur in der Generalversammlung. Wer kontrolliert ihn? Positive oder negative Auswirkungen auf die Zuwanderung/den Verblieb ausländischer Unternehmen? Tendenz zur Dekotierung? 24. Würdigung und Kritik Nochmals: Ein aktienrechtliches Problem? Ist die Höhe der Saläre das für die Aktionäre Entscheidende? Wenn nein, was sonst? Ein Problem nur der Publikumsgesellschaften? Spitzensaläre nur an der Unternehmensspitze? Unterschiedliche Interessenlage von Managern und von Eigentümer-Unternehmern? Was ist das Ziel variabler Vergütungen? Belohnung von Leistung/Setzen von Anreizen/Schicksalsgemeinschaft mit den Aktionären? Unterschiedliche Position von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung? Stufengerechtigkeit? 6

Einzelheiten in der Verfassung statt auf Verordnungsebene? Einzelheiten in den Statuten statt auf Reglementsebene? Beilagen Text der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" Text der VegüV Aufsatz zur VegüV in Schweiz.Treuhänder 2014 Zeitplan für die Umsetzung der VegüV Beispiele für die Umsetzung in den Statuten (Swiss Re und Mikron) Artikel aus NZZ vom 25.03.2015 Vgl. sodann Muster eines Vergütungsberichts, PDF): http://www.ubs.com/global/de/about_ubs/investor_relations/annualreporting/2014.html 7