LRS M. Rümpel [FB LRS in Lichtenberg] LRS-Förderung unter dem Namen PULS gibt es seit 2001 in der Grundschule in Lichtenberg. Inzwischen betreuen wir Kinder von der KITA (seit 2006) bis in die Oberschulen in verschiedener Weise. Von Klasse 1 bis 6 führen wir Screenings im Lesen und Rechtschreiben bzw. Feststellungsverfahren durch. Die hier aufgefallenen Kinder werden in PULS-Klassen speziell gefördert oder erhalten ein Gutachten mit Fördervorschlägen durch die betreffende Deutschlehrerin. Diese Kollegen / Kolleginnen werden von uns in mehreren Veranstaltungen fortgebildet, erhalten Informationen über spezielle Unterrichtsmaterialien oder Software. Wenn es erforderlich ist, wird vorgeschlagen, wie entlastende Maßnahmen in Form Unterstützender Maßnahmen und/oder Besonderheiten der Leistungsbewertung im Interesse der Kinder erfolgen sollen. In den letzten Jahren haben wir uns der Übergangsproblematik KITA 1. Klasse bzw. Grundin die Oberschule gewidmet. Ziel war, rechtzeitig für den Übergang in den nächst höheren Bildungsgang Förderung und einen Nachteilsausgleich zu veranlassen, um Leistungsversagen und Frustration, die ursächlich auf LRS zurückzuführen sind, zu verhindern. Trotz großer Bemühungen um eine Verbesserung des Anfangsunterrichts in der Grundschule findet sich in den Sekundarstufenschulen eine Anzahl von Schülerinnen mit z.t. erheblichen Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben, besonders aber beim Rechtschreiben und zu viele Jugendliche verlassen die Schule sogar als funktionale Analphabeten. Schülerinnen mit LRS, denen der Sprung auf Realschule oder Gymnasium gelungen ist, brauchen immer ein Mehr an Arbeit, Arbeitszeit und Einsicht. Dadurch besteht die Gefahr der Vereinsamung und Ablehnung durch die anderen, z.b. als»streber«. Schule und Elternhaus müssen aufpassen, dass Freizeit und das Zusammensein mit der Gleichaltrigengruppe nicht zu kurz kommen. Die betreffenden Kinder brauchen auch ein Mehr an Verständnis von ihren Lehrern und der Schulverwaltung.Insbesondere aber spielt die Einstellung der Eltern und Lehrer zum Kind und seinem Leistungsvermögen eine wesentliche Rolle. Die Erklärung der Lese- Rechtschreibschwierigkeiten als Dummheit oder Faulheit - und das entsprechende abwertende Verhalten dem Kind gegenüber - oder die restriktive Auslegung von Verordnungen - hier»muss«ich eine 5 geben, das»darf ich nicht anders bewerten«- hält sich bei einigen Lehrerinnen und Lehrern in den sog.»höheren«schulen noch vereinzelt. LRS Rümpel PULS Lichtenberg 1
Die Schülerinnen, die auch in der Sekundarstufe noch Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb haben, sind keine einheitliche Gruppe. Es sind Kinder, - deren Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten früh in der Grundschule begannen und dort nicht wesentlich gebessert werden konnten, - deren anfängliche Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten im Laufe der Grundschulzeit behoben oder doch gebessert werden konnten, nun jedoch aufgrund von Irritationen des Schulwechsels wieder aufbrechen, - die in der Grundschule, z.b. aufgrund günstiger Lernbedingungen und Voraussetzungen (hohe Motivation, viel Übung, rasche Auffassungsgabe, gute Merkfähigkeit, häusliche Unterstützung, fördernder Unterricht, mehr Arbeitszeit), nie auffällig waren und nun durch die erhöhten Anforderungen in einer weiterführenden Schule Schwierigkeiten bekommen, - die in der Grundschule keine Schwierigkeiten im Fach Deutsch hatten bzw. diese überwunden hatten und die nun Probleme mit dem Lesen und/oder (Recht-)Schreiben in der oder den Fremdsprachen bekommen. Wegen der Schlüsselfunktion schriftsprachlicher Bildung in unserer Gesellschaft sind Leseund/oder Rechtschreibschwierigkeiten nicht vergleichbar mit Problemen in anderen Fächern: Das Misslingen des Lese- und Schreiblernprozesses beeinträchtigt die gesamte Schulkarriere und oft auch den späteren Lebenserfolg. Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten, die anfangs isoliert auftraten, können sich zu generellem Schulversagen ausweiten und auch die Leistungen in Mathematik und allen anderen Fächern (wie Biologie, Erdkunde, Sozialkunde, Geschichte, Physik) beeinträchtigen. Bei vielen Kindern hört der Spaß am Mathematik-Unterricht schon mit den ersten Textaufgaben in der Grundschule auf - wenn sie nämlich auch hier statt nur zu rechnen auch lesen und schreiben sollen. Insbesondere aber können in den Fremdsprachen Leistungsschwierigkeiten auftreten. Im Fach Deutsch fallen die Schülerinnen nicht nur bei schriftlichen Arbeiten durch mangelhafte Rechtschreibleistungen auf, sondern auch in Aufsätzen und bei anderen schriftlichen Aufgaben, denn sie verwenden aus Angst vor Fehlern oft nicht ihren tatsächlichen Wortschatz. Häufig ist ihr Wortschatz aber auch tatsächlich geringer. Dadurch kann auch die mündliche Leistung beeinträchtigt sein. Anzutreffen sind auch Verständnisdefizite aufgrund fehlender Lesefertigkeit, Angst vor lautem Vorlesen und mangelnde Mitarbeit im Unterricht aufgrund allgemeiner Insuffizienzgefühlen. Das größte Problem in der Sekundarstufe wird für viele der Fremdsprachenunterricht. Hierzu gibt es nur wenig brauchbare schulpraktische und wissenschaftliche Erkenntnisse, die noch dazu nicht eindeutig sind. Im allgemeinen aber haben Schülerinnen mit LRS ähnliche Mühe auch beim Erlernen von Englisch und Französisch. Wie versuchen wir in Lichtenberg darauf positiv zu reagieren? Die Bemühung ist im Bezirk Lichtenberg betreffs Schülerinnen und Schülern, die mit Lese- Rechtschreibschwierigkeiten bzw. isolierten Rechtschreibschwierigkeiten an die Realschule oder ein Gymnasium wechseln, diese dort speziell zu fördern. Die neue GsVO, Sek I VO und go_vo bieten gute Möglichkeiten, diesen Kindern einen erfolgreichen Schulabschluss zu ermöglichen. Speziell ab 2006 haben wir in allen Grundschulen durch ein Screeningverfahren uns noch einmal ein Bild über den Leistungsstand im Lesen und LRS Rümpel PULS Lichtenberg 2
Rechtschreiben in allen 6. Klassen verschafft. Dabei fielen neben den Kindern, die bisher eine Förderung erhielten, etwa 100 weitere Kinder auf, die gravierende Lese- Rechtschreibschwierigkeiten haben, aber bisher von der Grundschule nicht erkannt wurden und dann kommentarlos die Noten 5 oder 6 zugewiesen bekamen. Wie vorher dargelegt wurde, sind deren Chancen in der Oberschule stark eingeschränkt. Die erwähnten 100 sowie die bisher geförderten Kinder erhalten nun ein Gutachten, das die LRS bestätigt und Regelungen für einen Nachteilsausgleich bzw. zu Besonderheiten der Leistungsbewertung empfiehlt. Das können nach 16 der GsVO, Nr. 7 sein: Schülerinnen und Schüler mit festgestellten Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten können unterstützende Maßnahmen erhalten. Bei schriftlichen Lernerfolgskontrollen oder schriftlichen Teilen von Lernerfolgskontrollen legt die Klassenkonferenz für jedes Fach die Einzelheiten der Unterstützung unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten fest und passt die Maßnahmen bei Bedarf der Lernentwicklung im Verlauf der Jahrgangsstufe an. Als unterstützende Maßnahmen kommen vorrangig in Betracht: 1. Verlängerung der Bearbeitungszeit, 2. Bereitstellen oder Zulassen spezieller Arbeitsmittel, 3. Ersetzen eines Teils der schriftlichen durch mündliche Lernerfolgskontrollen, 4. Vorlesen von schriftlich gestellten Aufgaben. Darüber hinaus können im Unterricht Regelungen zum individuellen Arbeitsablauf getroffen werden. oder nach Nr. 8: Sind Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten diagnostiziert, entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter auf der Grundlage der vorliegenden Berichte, ob die Lese- und Rechtschreibleistungen in allen Fächern bei der Benotung für die Dauer von jeweils bis zu zwei Schuljahren unberücksichtigt bleiben. In diesem Fall werden die individuellen Lernfortschritte im Lesen und Rechtschreiben verbal ausgewiesen. Auf dem Zeugnis wird vermerkt, dass die Lese- und Rechtschreibleistungen bei der Benotung unberücksichtigt geblieben sind. Die Verpflichtung, alle Fächer zu benoten, bleibt davon unberührt. Sofern die Klassenkonferenz die Fortsetzung des Nachteilsausgleichs vorschlägt, entscheidet darüber die Schulleiterin oder der Schulleiter auf der Grundlage der Lernentwicklungsberichte der Schule. weiterführend in Kapitel 14, 14 der Sek I-VO Förderung bei Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten (1) Schülerinnen und Schülern mit festgestellten Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten kann ein Nachteilsausgleich in Form von unterstützenden Maßnahmen nach Absatz 2 gewährt werden. In den Fällen, in denen eine gravierende Lese- und Rechtschreibstörung gutachterlich bestätigt wurde, können zusätzlich Besonderheiten der Leistungsbewertung nach Absatz 3 festgelegt werden. Über die Maßnahmen nach Absatz 2 und 3 entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter auf der Grundlage des Lernentwicklungsberichts der bisher besuchten Grundschule und gegebenenfalls der Empfehlungen des Schulpsychologischen Dienstes. (2) Sofern unterstützende Maßnahmen bei der Bewältigung schriftlicher Lernerfolgskontrollen oder schriftlicher Teile von Lernerfolgskontrollen gewährt werden sollen, legt die Klassenkonferenz für jedes Fach die Einzelheiten der Ausgestaltung unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten fest und passt die Maßnahmen bei Bedarf der Lernentwicklung im LRS Rümpel PULS Lichtenberg 3
Verlauf der Jahrgangsstufe an. Als unterstützende Maßnahmen kommen vorrangig in Betracht: 1. Verlängerung der Bearbeitungszeit, 2. Bereitstellen oder Zulassen spezieller Arbeitsmittel, 3. Ersetzen eines Teils der schriftlichen durch mündliche Lernerfolgskontrollen, 4. Vorlesen von schriftlich gestellten Aufgaben. Darüber hinaus können im Unterricht Regelungen zum individuellen Arbeitsablauf getroffen werden. Für den Erwerb des mittleren Schulabschlusses gilt 46 Abs. 2. (3) Sollen in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 Besonderheiten der Leistungsbewertung gelten, so werden die Rechtschreibleistungen bei der Bewertung von schriftlichen Lernerfolgskontrollen zunächst in Jahrgangsstufe 7 zurückhaltend berücksichtigt und danach, ansteigend von Jahrgangsstufe 8 bis 9, zunehmend höher gewichtet. Die individuellen Fortschritte in den Rechtschreibleistungen sind verbal auszuweisen. Auf dem Zeugnis wird vermerkt, dass die Rechtschreibleistungen nicht in vollem Umfang bei der Bewertung berücksichtigt wurden. Für Abschluss- und Abgangszeugnisse gelten die allgemeinen Maßstäbe der Leistungsbeurteilung. (4) Die Maßnahmen nach Absatz 2 und 3 werden jeweils für ein Schuljahr festgesetzt. Eine Verlängerung der Maßnahmen ist rechtzeitig vor Beginn eines neuen Schuljahres von der unterrichtenden Lehrkraft im Fach Deutsch nach Abstimmung mit den anderen betroffenen Lehrkräften über die Schulleiterin oder den Schulleiter zu beantragen; dabei ist die Lernentwicklung darzulegen. ( alle erforderlichen Formulare auch zu finden auf der Homepage der 11G23 unter friedrichsfelder.cidsnet.de ) In der vo_go 31(2) Schülerinnen und Schüler mit festgestellten gravierenden Lese- und Rechtschreibstörungen können bis zu einem von der Schule festgelegten Termin eine Verlängerung der Bearbeitungszeit für die schriftlichen Prüfungen beantragen, über die der Prüfungsvorsitzende entscheidet. Wir freuen uns, dass zunehmend die Regelungen in den Oberschulen angewendet werden. Das ist mit zusätzlichen pädagogischen Anstrengungen der betroffenen Lehrerinnen und Lehrern verbunden, die sich mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen, sie im Sinne der Kinder umsetzen und den Nichtbetroffenen Kindern in der Klasse vermitteln müssen, um ein allgemeines Verständnis zu erreichen. Für die Fachlehrer kommen neben vielen anderen Aufgaben dadurch weitere neue Aufgaben hinzu. Es gibt Oberschulen, die sich verstärkt mit der Lese- Rechtschreibförderung auseinandersetzen. Das sind zzt. im Bezirk 2 Realschulen und 2 Gymnasien, die Interesse gezeigt haben (George-Orwell-Oberschule, Vincent-van-Gogh-Schule, Kant-Gymnasium und das Barnim-Gymnasium). Diese vereinten Anstrengungen führen dazu, dass der Anspruch von Kindern mit gutachterlich bestätigter LRS auf gleiche Bildungschancen in Lichtenberg in der Praxis realisiert werden kann. Das wird auch zunehmend Eltern und Schüler/innen bewusst. Die Veränderungen der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen haben das Prozedere vereinfacht. LRS Rümpel PULS Lichtenberg 4
Ansprechpartner in Lichtenberg ist u.a. die Fachberaterin LRS Frau Rümpel, die nach Anmeldung durch die Schule das Verfahren zur Feststellung einer LRS durchführt und die gutachterliche Stellungnahme ausfertigt. LRS Rümpel PULS Lichtenberg 5