Grüne Gentechnik und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

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I Einführung 1. Genetische Information 2. Definitionen/Begriffe 3. Geschichte der Gentechnologie 4. Funktionsweise 5.

Transkript:

Grüne Gentechnik und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft Ueli Grossniklaus Professor für Entwicklungsgenetik der Pflanzen, UZH Mitglied Forum Genforschung, Plattform Science and Policy Direktor, PhD Programm Science and Policy, LSZGS

Bevölkerungswachstum Zunahme der Weltbevölkerung auf 9,3 Milliarden bis 2050 Erntefläche seit 1960 abnehmend Erntefläche/Person: 1980 0.30 ha 2004 0.22 ha 2050 0.15 ha We need to double global food production until 2030 (Ban Ki Moon, UNO Generalsekretär, Eröffnungsrede FAO Gipfel 2008)

Zuwachs der Agrarproduktion stagniert Weizen (Entwicklungsländer) Mais (Frankreich) Quelle: FAOstat Die weitverbreitete Sichtweise, der Hunger sei allein ein Verteilungsproblem, greift zu kurz. Es braucht eine nachhaltige Produktivitätssteigerung ohne bestimmtetechnologien von vornherein zu propagieren oder auszuschliessen. (Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik der EK, 2012)

Wie ist Produktivitätssteigerung noch möglich? Zum Beispiel durch Verringerung der Ertragsverluste

Gentechnik 1.0 Das Einbringen von im Reagenzglas neu kombiniertem Erbmaterial in das Genom eines Lebewesens Grundlage dazu ist die universelle Art und Weise, wie biologische Information gespeichert wird (DNA) Methoden: Agrobacterium T-DNA Transfer, Partikelbombardment, PEG-Transfektion,... Keine Gentechnik: - Klassische Kreuzungszüchtung - Hybridzüchtung - Mutationszüchtung - Zellfusion - Einbringen von Chromosomen aus Wildarten (embryo rescue, bridge crosses)

Beispiel Bt-Insektenresistenz

Bt-Insektenresistenz

Bt-Insektenresistenz Syngenta Resistenz gegen Maiszünsler Maiskolben, mit Maiszünsler- und Pilzbefall. Maiskolben durch die Bt-Technologie geschützt. Höhere Erträge Weniger Spritzmittel Hohe Spezifizität Geringere Mykotoxin-Belastung

Agrobacterium tumefaciens... der natürliche Gentechniker Pflanzentumor (Galle) Quelle: Yu Golikov, Ural Federal University

Süsskartoffeln sind natürliche GVOs We communicate the rather remarkable observation that among 291 tested accessions of cultivated sweet potato, all contain one or more transfer DNA (T-DNA) sequences. One of the T-DNAs is apparently present in all cultivated sweet potato clones, but not in the crop s closely related wild relatives, suggesting the T-DNA provided a trait or traits that were selected for during domestication. Kyndt et al (2015), Proc Natl. Acad Sci USA 112, 5844

GVOs in der Landwirtschaft Quelle: Clive James 2015 ( ISAAA Report)

GVOs mit Herbizid und/oder Insektentoleranz ~17 Millionen Bauern, 90% davon in Schwellen-/Entwicklungsländern Zuwachsraten: 8% zwischen 2010 und 2011, fast 50% der Produktion in Schwellen-/Entwicklungsländern GVOs werden von Milliarden Menschen konsumiert! Quelle: Clive James 2015

Bt-Pflanzen: Ertragssteigerung bei weniger Umweltbelastung (Quelle: www.swiss-academies.ch)

Trends in der Grünen Gentechnik gestern heute morgen

Toleranz gegenüber abiotischem Stress Wildtyp GV-Pflanze * Toleranz gegenüber Trockenheit Bodenversalzung Hitze Staunässe Globaler Klimawandel führt immer häufiger zu extremen Bedingungen * Tabakpflanzen mit einem Transgen, das unter Kontrolle eines stressinduzierten Promoters die Blattseneszenz hemmt. (Proc Natl Acad Sci USA 104, 19631-19636)

Verbesserte Nahrungsmittel (Fortified Foods) Vitamine Eisen Omega-3-fettsäuren

Phytophtora-resistente Kartoffeln Nachhaltige Resistenz gegen Kraut- und Knollenfäule durch mehrere Resistenzgene ( gene stacking ) Reduktion der Pflanzenschutzmittel: IP und konventionell: synthetische Mittel (3 kg/ha/ Jahr) Bio: Kupfer (5-8 kg/ha/jahr) Quelle: www.swiss-academies.ch Drittelung der Menge an Austragungen: 2-3 Behandlungen statt 8-12 pro Jahr Weniger Maschineneinsatz und somit geringerer Energieverbrauch

Fazit Grüne Biotechnologie birgt ein grosses Potential für Nahrungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft. Sie birgt auch potentielle Gefahren, insbesondere schafft sie neue Abhängigkeiten (Patente, Agromultis) und kann im Einzelfall auf die Umwelt nicht nur positive sondern auch negative Effekte haben! NFP59 kam zum Schluss, dass dass die Grüne Gentechnik keine Gesundheits- oder Umweltrisiken birgt, die nicht auch bei konventionell gezüchteten Pflanzen vorkommen. Die Eigenschaften der Pflanze sollten im Vordergrund stehen, nicht die Herstellungsmethode! Eine differenzierte Sichtweise ist nötig. Es bedarf einer sorgfältigen Beurteilung: welche Pflanzenart welches Gen welche Umgebung

Pflanzenwissenschaften (inklusive Gentechnologie) spielen eine wichtige Rolle für die Zukunft unseres Planeten Robert Tjian President Howard Hughes Medical Institute There is no question that plant scientists have a tremendous potential to help address and possibly alleviate some of society s most pressing concerns, such as food production, human health, protection of the environment, and renewable energy.

Apomixis: Asexuelle Fortpflanzung durch Samen Sexuelle Nachkommen sind genetisch unterschiedlich Variation als Basis der Pflanzenzucht Apomiktische Nachkommen sind genetisch identisch Fixierung komplexer Genotypen Foto: Ross Bicknell Sexuelle Nachkommen Apomiktische Nachkommen

Apomixis: Eine neue Grüne Revolution? Mit Blick auf die Zukunft wäre die Fixierung von Heterosis in hybridem Weizen oder Reis von enormer Wichtigkeit Navashin und Karpachenko ~1930

F1 Hybride erzeugen höhere Erträge und sind widerstandsfähiger

Fixierung von F1 Hybriden Inzucht Linie 1 Inzucht Line 2 Sexuelle Nachkommen Hybrid Apomixis Apomixis

Mögliche Anwendungen von Apomixis in der Landwirtschaft Fixierung jeglicher genetischer Konstitution gleich welcher Komplexität (auch stark heterozygote F1 Hybride). Subsistenzbauern in Entwicklungsländern würden so von Hybridsamen profitieren und könnten die Samen aufbewahren. Viel schnellere und billigere Zuchtprogramme, auch für Kulturpflanzen, für die es kaum professionelle Züchtung gibt (viele lokal angebaute Arten in Entwicklungsländern). Progagation von traditionell vegetativ vermehrten Kulturpflanzen durch Samen (Cassava, Kartoffeln, Yams, etc. sind sehr anfällig auf Virusinfektionen).

Afrika D. Beaton (2015) Famer s Weekly. It s been proven that of all the interventions to reduce poverty, improving agricultural productivity is the best. (Bill Gates, Senate Hunger Caucus, Washington DC, May 2013)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Viriusresistente Papaya