Studium Bauingenieurwesen, TU München Tragwerksplanerin, Häußler-Planung GmbH, Kempten

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Transkript:

HOZBAU AKTUE 2018 CURRICUUM VITAE Pro. Dr.-Ing. PATRICIA HAMM Hochschule Biberach Institut ür Holzbau Karlstraße 11 D 88400 Biberach hamm@hochschule-bc.de 1991-1996 Studium Bauingenieurwesen, TU München 1996-1998 Tragwerksplanerin, Häußler-Planung GmbH, Kempten 1998-2005 Wiss. Assistentin, TU München, Fachgebiet Holzbau 2003 Promotion zur Dr.-Ing. seit 2005 Beratende Ingenieurin im Ing.-Büro, Marktoberdor 2007-2009 Wiss. Angestellte, TU München, ehrstuhl ür Holzbau und Baukonstruktion seit Okt. 2009 Proessorin an der Hochschule Biberach Seite 2

Patricia HAMM: Schwingungen im Holzbau Personeninduzierte Schwingungen bei Holz-Beton-Verbundkonstruktionen SCHWINGUNGEN IM HOZBAU Personeninduzierte Schwingungen bei Holz-Beton-Verbundkonstruktionen Patricia Hamm Einleitung Mit den Schwingungen in diesem Beitrag sind sehr langsame Schwingungen gemeint, solche, die nicht mehr gehört, sondern nur geühlt werden können. Wir sprechen von Frequenzen von 0 Hz bis ca. 40 Hz. Abbildung 1 zeigt anschaulich, weshalb es gilt, solche Schwingungen zu vermeiden. Diese Schwingungen werden sehr unterschiedlich wahrgenommen und von Person zu Person subjektiv und unterschiedlich bewertet. Dennoch ist es wichtig, eine klare Vorschriten zu haben, wie Holz- und Holz-Beton-Verbunddecken bemessen werden sollen, um ür den Durchschnittsnutzer störende Schwingungen zu vermeiden. Abbildung 1: Schwingungen bei Holzdecken. Aus [Ohlsson, 1982] 1. Konstruktions- und Bemessungsregeln 1.1. Übersicht Das Schwingungsverhalten von Holz- und Holz-Beton-Verbunddecken wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens an der TU München [Winter/Hamm/Richter, 2010] untersucht. Ergebnis sind Konstruktions- und Bemessungsregeln ür den Schwingungsnachweis von Holz- und Holz-Beton- Verbunddecken. Diese wurden schon mehrach vorgestellt, z. B. in [Hamm, 2011] und in [Hamm-PRB, 2017] erweitert. Hier in Kapitel 1 sind die relevanten Formeln und Werte ür den Schwingungsnachweis ür Holzdecken zusammengeasst. In Kapitel 2 wird gezeigt, wie die agerung au Unterzügen rechnerisch berücksichtigt werden kann. Abbildung 2 zeigt eine Übersicht / eine schematische Darstellung des Schwingungsnachweises. Dabei werden drei Kriterien untersucht: 1. die Eigenrequenz der Decke 2. die Durchbiegung unter einer Einzellast 3. die Konstruktion inkl. Aubau der Decke HOZFORSCHUNG AUSTRIA Seite 3

HOZBAU AKTUE 2018 Geplante Nutzung / Einbaulage / Anorderung Grenzwerte und Anorderungen an Konstruktion Eigenrequenz e grenz NEIN Genauere Untersuchung JA JA Eigenrequenz e min JA Beschleunigung a a grenz NEIN NEIN NEIN Steiigkeit w (2kN) w grenz JA NEIN Konstruktive Anorderungen (Rohdecke, Schüttung, Estrich) erüllt? JA Nachweis erüllt Nachweis nicht erüllt Abbildung 2: Nachweis nach den Konstruktions- und Bemessungsregeln aus dem Forschungsvorhaben [Winter/Hamm/Richter, 2010]. Hinweis: Die genauere Untersuchung ist i. A. nur bei schweren Decken, z. B. bei Holz-Beton-Verbunddecken Erolg versprechend. 1.2. Eigenrequenz Die Eigenrequenz der Decke soll größer sein als der Grenzwert grenz nach Tabelle 3 (je nach Anorderung 8 Hz bzw. 6 Hz). Die Eigenrequenz kann durch Messung oder Berechnung ermittelt werden. Bei der Berechnung dar das tatsächliche statische System angesetzt werden, z. B. Durchlauträgerwirkung. Die Biegesteiigkeit des Estrichs dar rechnerisch angesetzt werden. Für die Masse dar allein die Eigenmasse inkl. Aubau angesetzt werden. Verkehrslast und Trennwandzuschlag müssen nicht eingerechnet werden. agerungen au nachgiebigen Unterzügen müssen berücksichtigt werden, vgl. Kapitel 2. e,ein eld h b π EI I = Balken = Eigenrequenz eines Eineldträger mit 12 2 2 m 3 Balken (Gl. 1 / 2) e,zweield Balken = k e,ein eld Balken Eigenrequenz eines Zweieldträgers mit k nach Tabelle 1 (Gl. 3) e,platte = e,balken 1+ 1/ α 4 Eigenrequenz einer Platte mit vierseitiger gelenkiger agerung (Gl. 4) b EI α = 4 Beiwert zur Berechnung der zweiachsigen Tragwirkung (Gl. 5) EI b Seite 4

Patricia HAMM: Schwingungen im Holzbau Personeninduzierte Schwingungen bei Holz-Beton-Verbundkonstruktionen : Spannweite beim Eineldträger. Beim Mehreldträger: Spannweite des größten Feldes. 1 : Beim Zweieldträger: Spannweite des kleineren Feldes m: Masse inolge Eigengewicht der Decke inkl. Aubau in [kg/m²] ohne Verkehrslast und Trennwandzuschlag b : Spannweite der Decke in Querrichtung oder Deckeneldbreite EI : eektive Biegesteiigkeit in ängsrichtung je Meter Breite in [Nm²/m]: Biegesteiigkeit der Decke + Biegesteiigkeit des Estrichs **) EIb eektive Biegesteiigkeit in Querrichtung in [Nm²/m] mit ( ) ( EI) b EI > : Biegesteiigkeit der Decke + Biegesteiigkeit des Estrichs **) E Estrich : EI quer BST : Falls kein genauerer Wert bekannt ist, wird empohlen mit einem E-Modul ür den Nassestrich von E = 15 000 N/mm² zu rechnen. EI Brettstapel, genagelt oder gedübelt: quer = 0,0005 EI EI Brettstapel geklebt: quer = 0,03 EI längs längs **) Bei Installationsührungen oder Fugen im Estrich oder Ausührung als Fertigteil mit Fugen ist die Biegesteiigkeit des Estrichs entsprechend zu reduzieren. Nicht kratschlüssig ausgeührte Stöße zwischen Elementen müssen bei der Ermittlung der Querbiegesteiigkeit berücksichtigt werden. 1.3. Genauere Untersuchung Beschleunigung im Resonanzall Vor allem bei schweren Decken oder Decken mit großen Spannweiten wird das Frequenzkriterium bemessungsrelevant. Es können auch Decken mit Eigenrequenzen kleiner als die Grenzrequenz ausgeührt werden, wenn die Schwingbeschleunigung nach Gleichung 8 begrenzt wird und eine Mindestrequenz nach Gleichung 6 eingehalten wird, vgl. Tab. 3. Der Nachweis der Schwingbeschleunigung ührt in der Regel nur bei ausreichend schweren Decken (hauptsächlich großlächigen Holz-Beton-Verbunddecken) zum Erolg. < min e min = 4,5 Hz a a grenz grenz a grenz = 0,05 m a grenz = 0,10 m s² s² (Gl. 6) (Gl. 7) (Gl. 8) ür Bewertung 1,0 bis 1,5 (Gl. 9) ür Bewertung 1,5 bis 2,5 (Gl. 10) Die Beschleunigung ür ein einachsig oder zweiachsig gespanntes Deckeneld als Eineldträger mit der (Raum-) Breite b inolge einer gehenden Person kann wie olgt berechnet werden: Die anzusetzende dynamische Krat F(t) ist abhängig von der Eigenrequenz der Decke und kann aus Abbildung 3 abgelesen werden. m a = s² m kg / 0,4 F( t)[ N] [ m² ] 0,5 [ m] 0,5 b[ m] 2D (Gl. 11) HOZFORSCHUNG AUSTRIA Seite 5

HOZBAU AKTUE 2018 Die Dämpung D, auch bezeichnet als ehr sches Dämpungsmaß, kann Tabelle 2 entnommen werden. Als mitschwingende Masse wurde in der Gleichung die halbe Spannweite und die halbe Breite b angesetzt. Das ist ür vierseitig gelagerte Eineldträger mit einer ausreichenden Querbiegesteiigkeit eine gute Näherung. Eine ausreichende Querbiegesteiigkeit ist z. B. vorhanden bei Holz-Beton-Verbunddecken, lächigen Massivholzdecken oder Aubauten mit Nassestrich. Für die Raumbreite b sollte der kleinere Wert aus der tatsächlichen Breite und das 1,5-ache der Spannweite eingesetzt werden (bei HBV und BSP- Decken). Bei linienörmigen Elementen gilt der kleinere Wert aus der tatsächlichen Breite und der Spannweite. Die einwirkende Krat au die Decke F(t) ist zeit- und ortveränderlich. Sie wird in Gleichung 11 mit dem Faktor 0,4 reduziert, weil die Einwirkungsstelle wechselt und die Einwirkungsdauer begrenzt ist, vgl. [Kreuzinger/ Mohr, 1999]. F(t) 420 [N] 280 1. Harmonische, 280N 140 Streuung 2. Harmonische, 140N Streuung 3. Harmonische, 70N 0 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 Frequenz [Hz] Abbildung 3: Zusammenhang zwischen der Frequenz und der abgegebenen Krat beim Gehen 1.4. Durchbiegung unter Einzellast von 2 kn oder Steiigkeitskriterium Die Durchbiegung unter einer Einzellast von 2 kn soll kleiner sein als der Grenzwert w grenz nach Tabelle 3 (je nach Anorderung 0,5 mm bzw. 1,0 mm). ( ) w 2kN 3 2 = Durchbiegung unter einer Einzellast von 2 kn (Gl. 12) 48 EI bw( 2kN) ) b e b w (2 kn) = min anzusetzende mittragende Breite mit b Anmerkungen: Wird eine Einzellast von 1 kn angesetzt, halbieren sich die Grenzwerte. EIb b e = = (Gl. 13 / 14) 1,1 EI 1,1 α b 4 Bei Durchlauträgern dar die Durchlauwirkung nicht berücksichtigt werden. Hier erolgt der Nachweis am Ersatzsystem eines beidseitig gelenkig gelagerten Eineldträgers mit der Spannweite des größten Feldes. Hintergrund ist die Tatsache, dass das Schwingungsempinden bei Durchlauträgern ungünstiger ist (vgl. Abb. 1). Das liegt zum einen daran, dass sich ein Feld nach unten und das andere (unterwartet) nach oben bewegt und zum anderen der Schwingungserreger wegen evtl. vorhandenen Wänden nicht gesehen wird. Dieses ungünstige Verhalten von Durchlauträgern wird rechnerisch nicht berücksichtigt, daür wird das günstige Verhalten bei der Berechnung der Durchbiegung unter Einzellast ebenalls nicht angesetzt. iegt die Decke nachgiebig au Unterzügen au, so ist bei der Berechnung der Eigenrequenz und der Durchbiegung unter der Einzellast w(2kn) die Nachgiebigkeit der Unterzüge zusätzlich zu berücksichtigen, vgl. Kapitel 2. Seite 6

Patricia HAMM: Schwingungen im Holzbau Personeninduzierte Schwingungen bei Holz-Beton-Verbundkonstruktionen 1.5. Konstruktive Anorderungen an den Aubau der Decke Entscheidend ür das Schwingungsempinden ist neben der Eigenrequenz und der Steiigkeit auch der Aubau der Decke. Eine schwimmende agerung des Estrichs ist in jedem Fall erorderlich. Nassestriche sind augrund ihrer höheren Masse und höheren Steiigkeit gegenüber Trockenestrichen günstiger zu bewerten. Eine (möglichst schwere) Schüttung verbessert das Schwingungsverhalten. Gleichzeitig bietet sie die Möglichkeit der Installationsührung. Je schwerer die Schüttung, desto größer die Verbesserung der subjektiven Bewertung. Als schwere Schüttung werden Schüttungen mit einem Flächengewicht von mindestens 60 kg/m² bezeichnet. Dies entspricht z.b. einer 4 cm dicken Kalksplittschicht. Ob und welche Art der Schüttung erorderlich ist, kann Tabelle 4 entnommen werden. 1.6. Tabellen Tabelle 1: Faktor zur Umrechnung der Eigenrequenz von Eineldträger au Zweieldträger 1 / 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 k 1,0 1,09 1,15 1,20 1,24 1,27 1,30 1,33 1,38 1,42 1,56 Tabelle 2: Dämpungswerte in Abhängigkeit von der Tragkonstruktion und dem Aubau der Decke Material und Aubau ehr sches Dämpungsmaß D Quelle (Holz-) Decken ohne schwimmenden Estrich 1,0 % Decken aus verleimten Brettstapelelementen mit schwimmendem Estrich 2,0 % [Erläuterungen] Holzbalkendecken und mechanisch verbundene Brettstapeldecken mit schwimmendem Estrich 3,0 % Brettsperrholzdecken ohne bzw. mit leichtem Aubau, zweiseitig gelagert 2,5 % Brettsperrholzdecken mit schwimmendem Estrich (schwerer Aubau) au Stahl oder punktörmig oder zweiseitig gelagert Brettsperrholzdecken mit schwimmendem Estrich, vierseitig gelagert Brettsperrholzdecken mit schwimmendem Estrich, vierseitig au Holzwänden gelagert 2,5 % 3,5 % 4,0 % [Fitz, 2008] und [Hamm/Richter -BSP, 2009] Holz-Beton-Verbunddecke als Rohdecke 2,5 % Holz-Beton-Verbunddecke mit schwimmendem Estrich 3,5 % Aus Messungen HOZFORSCHUNG AUSTRIA Seite 7

HOZBAU AKTUE 2018 Tabelle 3: Grenzwerte der Eigenrequenz und Durchbiegung je nach Einbaulage und Bewertung Einbaulage bzw. Anorderung Decke zwischen unterschiedlichen Nutzungseinheiten, z.b. Mehramilienhäuser oder Bürogebäude Decke innerhalb einer Nutzungseinheit, z. B. normale Einamilienhäuser Decken unter untergeordneten Räumen z. B. nicht ausgebaute Dachräume oder im Bestand. Immer mit Bauherrn- Zustimmung Bewertung 1,0 bis 1,5 1,5 bis 2,5 2,5 bis 4,0 Schwingungen sind gar nicht oder nur gering spürbar spürbar, aber nicht störend. (deutlich) spürbar und störend. grenz = 8 Hz grenz = 6 Hz Keine Anorderungen e grenz w(2kn ) w grenz w grenz = 0,5 mm w grenz = 1,0 mm Keine Anorderungen Genauere Untersuchung wenn min e < Grenz: min = 4,5 Hz a Grenz = 0,05 m/s² min = 4,5 Hz a Grenz = 0,1 m/s² Keine Anorderungen a a grenz Tabelle 4: Konstruktive Anorderung je nach Art der Rohdecke, Einbaulage und Bewertung Art der Rohdecke Art des Estrichs Anorderung an Aubau bei Bewertung 1,0 bis 1,5 Anorderung an Aubau bei Bewertung 1,5 bis 2,5 Holz-Beton-Verbunddecken auch ohne Schüttung auch ohne Schüttung Flächige Massivholzdecken schwimmender Nassestrich schwimmend au schwerer oder leichter Schüttung schwimmend (auch ohne Schüttung) (Brettsperrholz-, Brettstapeldecken) schwimmender Trockenestrich schwimmend au schwerer Schüttung ***) schwimmend au schwerer Schüttung ***) Holzbalkendecken oder Trägerroste schwimmender Nassestrich schwimmender Trockenestrich ***) bis jetzt nur im abor getestet. schwimmend au schwerer Schüttung nicht möglich schwimmend (auch ohne Schüttung) schwimmend au schwerer Schüttung 2. Einluss von Unterzügen Die unter 1. beschriebenen Berechnungen ür die Eigenrequenz und die Durchbiegung unter Einzellast gehen von esten Aulagern au Wänden au. Ot treten Probleme au, weil die Decke nachgiebig au Unterzügen auliegt und die Nachgiebigkeit in der Berechnung nicht berücksichtig wurde. Wie die gemeinsame Wirkung Holzdecke und Unterzug als gesamtes System rechnerisch erasst werden kann, wurde in [Hamm, 2008] beschrieben. Haupt- und Nebenträger sind dann nicht mehr getrennt zu betrachten, sondern als ein kombiniertes System, wie Abbildung 4 verdeutlicht. Seite 8

Patricia HAMM: Schwingungen im Holzbau Personeninduzierte Schwingungen bei Holz-Beton-Verbundkonstruktionen 2.1. Holzträger als Durchlauträger: Vor allem bei Decken mit durchlauenden Holzbalken und Unterzügen als Mittelaulager spielt das Verhältnis der Steiigkeiten Holzbalken zu Unterzug eine große Rolle. Holzbalken, die als Durchlauträger über ein Mittelaulager geührt werden, werden je nach Verhältnis der Steiigkeiten überwiegend Schwingungen mit einem großem Sinusbogen (Abbildung 4 oben) oder Schwingungen mit einer Doppelwelle (Abbildung 4 unten) ausühren. Zwischen den Eigenrequenzen der beiden Extremälle liegt Faktor 4. agerung au Wand Holzträger agerung au Unterzug Extremall: 1 Sinusbogen Zwischenorm relativ weicher Unterzug agerung au Wand b Extremall: Doppelwelle steier Unterzug e, Doppelwelle = 4 e,1sinusbogen Abbildung 4: Erste Eigenorm der Decke gesamt sowie eines einzelnen Holzträgers je nach Steiigkeit des Unterzugs Im Rahmen mehrerer Abschlussarbeiten an der Hochschule Biberach, z.b. [Stump, 2015] wurden Korrekturaktoren zur Ermittlung der resultierenden Eigenrequenz berechnet. Die Korrekturaktoren sind abhängig von den Steiigkeitsverhältnissen Decke zu Unterzug von den Spannweiteverhältnissen Deckeneld (mit oder Decke bezeichnet) zu Unterzug (mit b oder Unterzug bezeichnet) und von den absoluten Spannweiten der Decke. Deshalb werden die Diagramme und Tabellen ür unterschiedliche absolute Spannweiten angegeben. Sie wurden in [Hamm, 2016] und [Hamm-PRB, 2017] veröentlicht und können au der Homepage der Hochschule Biberach heruntergeladen werden. Die Korrekturaktoren werden wie olgt verwendet: HOZFORSCHUNG AUSTRIA Seite 9

HOZBAU AKTUE 2018 e,nachgiebig = e,ges = e e,starr (Gl. 15) Darin sind: e der Korrekturaktor nach den genannten Tabellen und e,starr die Eigenrequenz der Decke, wenn sie starr (z.b. au Wänden) gelagert wäre. Unter bestimmten Bedingungen ergeben sich rechnerisch teilweise Korrekturaktoren e > 1. In diesen Fällen sollte mit e = 1 gerechnet werden. 2.2. Rechnerische Erassung der resultierenden Eigenrequenz Rechnerisch kann die resultierende Eigenrequenz entweder mit Hile von FE Programmen erasst werden, oder mit Hile der Näherungsormel (Gl. 16). e,ges = 2 e, starr 1 1 + 3 1 2 e, Unterzug (Gl. 16) e,starr ist die Eigenrequenz der Decke, wenn sie starr gelagert wäre, e,unterzug die Eigenrequenz des Unterzugs unter Berücksichtigung der Masse, die au ihm lagert. Mit dieser Näherungsormel (Gl. 16) können die Systeme nach Abb. 5 erasst werden. Holzträger als Durchlauträger Ersatzeder ür Unterzug = Mittelaulager Holzträger als 2x Eineldträger Ersatzeder ür Unterzug = Mittelaulager Holzträger Ersatzeder ür Unterzug = Randlager Abbildung 5: Schematische Darstellung der agerung von Holzträgern au Unterzügen 2.3. Berechnung der Durchbiegung unter Einzellast (Steiigkeitskriterium) Auch bei der Berechnung der Durchbiegung unter der Einzellast w(2kn) muss die Nachgiebigkeit des Unterzugs berücksichtig werden. Wenn die ast von 2kN mittig angreit, sind die Aulagerkräte beim ager und beim Unterzug jeweils 1kN. Der Unterzug erährt eine Durchbiegung w UZ (1kN) unter 1kN, die linear vom (starren) ager zum UZ zunimmt. Die Durchbiegungen können dann entsprechend (Gl. 17) addiert werden. ( 1kN ) w( 2kN) w res = 0,5 w Unterzug + w Balken = 0,5 w UZ + (Gl. 17) Seite 10

Patricia HAMM: Schwingungen im Holzbau Personeninduzierte Schwingungen bei Holz-Beton-Verbundkonstruktionen Abbildung 6: Rechenmodell ür nachgiebig gelagerte Decken 2.4. Nachweise Die einachste Regel ür die Mindeststeiigkeit eines Unterzugs indet sich im Forschungsbericht [Kreuzinger / Mohr, 1999]. Unterzüge als Zwischenaulager sollten möglichst stei ausgeührt werden. Die Übertragung der Schwingungen zwischen zwei Eineldträgern ist durch einen gemeinsamen weichen Unterzug möglich. Der Unterzug sollte ür erhöhte Anorderungen bemessen werden. Für den Eineldträger heißt das: wunterzug 3 1kN Unterzug = 48 EIUnterzug 0,25mm (Gl. 18) Weiterhin gilt: e,ges grenz (Gl. 19) w res w grenz (Gl. 20) 3. Zusammenassung Die hier dargestellten Konstruktions- und Bemessungsregeln ür Holz- und Holz-Beton-Verbunddecken sind Ergebnis des Forschungsberichtes [Winter/Hamm/Richter, 2010]. Der Bericht ist öentlich und kann z.b. unter http://www.hochschule-biberach.de/web/ih/publikationen heruntergeladen werden. Ergänzend zu dem Bericht werden hier Gleichungen und Diagramme vorgestellt, mit denen auch nachgiebige agerungen relativ einach erasst werden können. Insgesamt kann estgehalten werden, dass Holz-Beton-Verbunddecken durch ihre höhere Masse und höhere Steiigkeit seltener zu störenden Schwingungen angeregt werden als (leichte) Holzbalkendecken. HOZFORSCHUNG AUSTRIA Seite 11

HOZBAU AKTUE 2018 4. iteratur [Erläuterungen]: Blaß, H.J.; Ehlbeck, J.; Kreuzinger, H.; Steck, G.: Erläuterungen zu DIN 1052: 2004-08; Entwur, Berechnung und Bemessung von Holzbauwerken. 1. Aulage; Hrsg.: DGH Innovations- und Service GmbH, München, 2004. [Eurocode 5: 2010] Eurocode 5: DIN EN 1995-1-1: Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten - Teil 1-1: Allgemeines Allgemeine Regeln und Regeln ür den Hochbau. Dezember 2010. [Eurocode 5: 2010 / NA - D] Eurocode 5: DIN EN 1995-1-1/NA:2010-12: Nationaler Anhang National estgelegte Parameter Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten Teil 1-1: Allgemeines Allgemeine Regeln und Regeln ür den Hochbau. Dezember 2010. [Fitz, 2008]: Fitz, Mario: Untersuchung des Schwingungsvershaltens von Deckensystemen aus Brettsperrholz (BSP). Diplomarbeit an der TU Graz. 2008. [Hamm, 2008]: Hamm, Patricia: Schwingungsverhalten von Decken bei Aulagerung au Unterzügen. In: holzbau, die neue quadriga. 1/2008. S. 41-46. [Hamm/Richter-BSP, 2009] Hamm, P., Richter, A.: Schwingung von Brettsperrholzplatten. In: BSPhandbuch Holz-Massivbauweise in Brettsperrholz. Hrsg.: G. Schickhoer, T. Bogensperger, T. Moosbrugger, TU Graz. 2009. S. D-57 D-112. [Hamm, 2011]: Hamm, Patricia: Schwingungen bei Holzdecken Konstruktionsregeln ür die Praxis. In: 1. Internationale Schall- und Akustiktage 2011. 16./17. März 2011 in Bad Wörishoen. Hrsg.: Forum-Holzbau, CH-Biel. [Hamm, 2016]: Hamm, Patricia: Schwingungen bei Holzdecken - Konstruktionsregeln ür die Praxis. In: KI-Journal; Ausgabe 1/2016; Bundesanzeiger Verlag GmbH [Hamm-PRB, 2017]: ABSCHUSSBERICHT zum Teilprojekt Vereinachte Ansätze zum Nachweis der Gebrauchstauglichkeit und zum Schwingungsnachweis nach EC 5. Zuwendungs-Nr. PRB-4.7 (2016). Teil B: Schwingungsnachweise. Geördert durch PraxisRegelnBau, Initiative Praxisgerechte Regelwerke im Bauwesen e.v. Berlin. [HIVOSS, 2008]: Schwingungsbemessung von Decken eitaden. 2008. http://www.stb.rwth-aachen.de/projekte/2007/hivoss/download.php [Kreuzinger/Mohr, 1999]: Kreuzinger, Heinrich; Mohr, Bernhard: Gebrauchstauglichkeit von Wohnungsdecken aus Holz; Abschlussbericht Januar 1999. TU München, Fachgebiet Holzbau. Forschungsvorhaben durchgeührt ür die EGH, DGH. [Ohlsson, 1982]: Ohlsson, S.: Floor vibrations and human discomort. Department o Structural Engineering, Chalmers University o Technology. Göteborg, Sweden. 1982. [Stump, 2015] Stump, Darja: Parameterstudie zum Einluss der nachgiebigen agerung au das Schwingungsverhalten von Holzdecken. Bachelorthesis. Hochschule Biberach. 2015 [Winter/Hamm/Richter, 2010]: Winter, S.; Hamm, P.; Richter, A.: Schwingungs- und Dämpungsverhalten von Holz- und Holz-Beton- Verbunddecken. Schlussbericht Juli 2010. TU München, ehrstuhl ür Holzbau und Baukonstruktion. Forschungsvorhaben geördert aus den Haushaltsmitteln des BMWA über die AiF. Seite 12