Leitfaden Elektromobilität Einstiegsinformationen und Nutzungsempfehlungen für Unternehmen
Was heißt eigentlich Elektromobilität? Definition Elektromobilität bezeichnet elektrisch angetriebenen Individualverkehr. Hierbei werden elektrisch angetriebene Fahrzeuge (Elektrofahrzeuge) in Energie- und Verkehrssysteme eingebunden. Elektromobilität ist heute absolut alltagstauglich. Durch die neuen Modelle der Hersteller sowie steigende Umweltauflagen werden sich neben Flottenkunden und Car-Sharing-Anbietern bald auch Privatleute stärker für Elektromobilität interessieren. RWE-Effizienz-Chef Norbert Verweyen 2
Antriebsvarianten Für elektrisch betriebene Fahrzeuge gibt es verschiedene Antriebsvarianten. Dazu gehört erstens die Li-Ionen-Technologie, die derzeit die beste Option zur Erzielung der optimalen Reichweite der BEV-, REEVund PHEV-Applikationen darstellt (siehe Abbildung unten) und zweitens die strategische Forschung an Post-Li-Ionen-Technologien, die die Zukunftsfähigkeit sichern soll. Quelle: 3. NPE Bericht 3
Fahrgefühl Elektroautos erzeugen ein zunächst ungewohntes Fahrgefühl, was insbesondere am fehlenden Motorengeräusch und dem stufenlosen Beschleunigen liegt. Ansonsten lassen sich die Fahrzeuge wie herkömmliche Automatik-Autos fahren. Nach einigen Kilometern gewöhnt man sich an diese neue Art der Mobilität und schätzt vor allem die starke, übergangslose Beschleunigung und die Ruhe im Fahrzeug. Dann fällt es fast wieder schwer, auf herkömmliche Modelle umzusteigen. Mobilitätsbedürfnis Im Stadtverkehr ist das Mobilitätsgefühl im Elektroauto dem eines herkömmlichen Fahrzeugs gleichzusetzen. Durch die Spritzigkeit der Fahrzeuge hat man insbesondere bei Stop-and-go-Verkehr das Gefühl, besonders aktiv zu sein. Auf langen Strecken oder bei schwierigen Witterungsverhältnissen (besondere Hitze und Kälte) wird dieses Mobilitätsgefühl allerdings noch durch die begrenzte Leistungsfähigkeit der Batterien eingeschränkt. Wir wissen aus unserer Forschung, dass eine Begeisterung für Elektroautos erst dann wirklich entsteht, wenn man die mal gefahren hat. Dann leuchten die Augen. Konrad Götz, Mobilitätsforscher am Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) 4
Wie kann ich Elektromobilität erleben? Aktuell verfügbare Modelle Quelle: ADAC, Stand 2013 5
Kostenarten Insgesamt stehen die hohen Anschaffungskosten den niedrigen Nutzungskosten gegenüber. So liegt der Preis für 100 km im Elektroauto bei weniger als der Hälfte des Preises vom Benziner für dieselbe Strecke. Die Kostenarten stehen in engem Zusammenhang mit verschiedenen Nutzungsformen. Neben der einmaligen Zahlung des vollen Kaufpreises können Elektrofahrzeuge auch geleast werden. Dies gilt auch für die Batterie. Anderweitig können die Kosten durch das Konzept des Carsharings aufgeteilt werden oder durch multimodale Mobilität verringert werden. Günstiger als herkömmliche Benzinfahrzeuge werden Elektroautos im Bereich der Wartung, da durch weniger reibende Motoren- und Antriebsbestandteile weniger Verschleiß entsteht. Bis zum Jahr 2015 soll durch gezielte Forschungen im Bereich der Batterieherstellung der Preis für ein Elektroauto dem eines Diesel- oder Benzinerautos gleichen. Nach 20 Monaten Laufleistung können wir mit E-Fahrzeugen spürbar wirtschaftlicher arbeiten als mit benzinbetriebenen. Friedrich Niemax, Geschäftsführer Joey s Pizza-Service 6
Was kostet Elektromobilität? Kostenfaktoren Die Kosten für ein Elektroauto setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen: Anschaffungspreis: Derzeit sind Elektroautos noch wahrnehmbar teurer als Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen. Dafür fallen weniger Wartungskosten an. Wertverlust: Über den möglichen Wertverlust von Elektroautos liegen bisher leider keine Erfahrungswerte vor. Lebensdauer der Batterie: Eine neue Batterie kann teuer werden. Geeignete Garantien oder Preismodelle für Austauschbatterien können dieses Risiko abmildern. Strompreis: Elektromobilität ist vor allem dann rentabel, wenn die Energiepreise in den nächsten Jahren verhältnismäßig konstant bleiben. Eignung für Unternehmen Ein Elektrofahrzeug lohnt sich dann, wenn man den Kaufpreis durch ausreichenden Nutzen oder geeignete Geschäftsmodelle decken kann. Hierfür ist teilweise auch eine Strategieänderung des Unternehmens nötig. Besonders für kurze Strecken ist ein Elektrofahrzeug geeignet. Auch für Unternehmen mit einem eigenen Fuhrpark und Infrastruktur in Form von Parkplätzen und Stromanschlüssen lohnt es sich, die Anschaffung von Elektromobilen zu erwägen. Sofern der Fuhrpark allerdings für weite Strecken im Dauerbetrieb gedacht ist, müssen andere Varianten geprüft werden. Neben einer reinen Rechnung zum Return-on-Investment sollten Unternehmen aber auch ihre Position zu Umwelt und Nachhaltigkeit prüfen und dann entsprechende Marketingschwerpunkte legen. 7
Was unterscheidet Elektrofahrzeuge von meinem bisherigen Fuhrpark? Fahrzeugarchitektur Die Fahrzeugarchitektur unterscheidet sich deutlich vom klassischen Benziner und hängt von der Antriebsvariante des Elektrofahrzeugs ab, da gegebenenfalls ein Verbrennungsmotor, die Möglichkeit des Aufladens oder des Batteriewechsels gegeben sein muss. Der Elektromotor wird über eine Software gesteuert, die besonders bei mehreren verteilten Motoren in einem Elektroauto einer speziellen Konstruktion bedarf. Wartung und Reparaturen Der Elektromotor verfügt gegenüber dem herkömmlichen Motoren über wesentliche Vorteile: Der einfachere Aufbau bedingt eine längere Lebensdauer des Motors. Durch eine geringere Anzahl mechanisch reibender Bauteile liegen geringere Temperaturschwankungen vor, wodurch sich der allgemeine Verschleiß der Motorbestandteile verlangsamt. Bauteile, die bei Autos mit Verbrennungsmotor regelmäßig erneuert werden müssen (Kupplung, Turbolader, Schalldämpfer, Katalysator-Rußpartikelfilter), sind beim Elektroauto nicht vorhanden. Der Elektromotor wird gleichzeitig auch als Generator genutzt. So kann während des Bremsvorgangs auch Energie gewonnen werden, weshalb Elektroautos besonders für den Stadtverkehr geeignet sind. Reichweite Die durchschnittliche Reichweite von Elektrofahrzeugen beträgt 160km. Damit wird ein Großteil der Mobilitätsanforderungen abgedeckt. Längere Strecken können durch die Konzepte des Carsharings oder der multimodalen Mobilität abgedeckt werden. 8
Ladevorgang Der Ladevorgang kann durch Batteriewechsel erfolgen, meist wird aber noch eine Ladestation verwendet. Durch zielgerichtete Forschung wird für den zukünftigen anstehenden Massenmarkt die Ladezeit verkürzt und ein universelles Ladesystem entwickelt. Die durchschnittliche Ladedauer an Ladestationen liegt momentan noch bei ca. 10 Stunden. Die folgende Tabelle gibt die Vor- und Nachteile verschiedener Ladearten wieder: Ladeart Vorteile Nachteile per Kabel kabellos + einfache Handhabung + schnelle Ladung möglich + Technik bereits etabliert + geringe Kosten + Wegfall des Kabels und damit kein Nutzereingriff erforderlich + geringer Verschleiß regelmäßiges Einstecken wird als Hürde wahrgenommen längere Ladedauer genaue Positionierung nötig Rückspeisung nicht möglich Batteriewechsel + ermöglicht kurze Stopps und schnelle Weiterfahrt Batterietausch technisch aufwendig Batteriestandardisierung nötig viele Wechselstationen nötig 9
Modell 1: Parken und Fahrstrom Dieses Modell eignet sich für Unternehmen, die einzelne Elektrofahrzeuge einsetzen. Es kombiniert das Parken des Elektroautos mit dem Aufladen als gemeinsame Dienstleistung. Die Nutzung des Ladepunktes ist an die Parkdienstleistung gekoppelt. Der Parkdienst wird somit hinsichtlich öffentlicher (Kommune, Land, Bund) oder gewerblich betriebener (Tankstellen, Parkhäuser) und Besucherinfrastruktur (Flughäfen, Messen, Supermärkte) unterschieden. Modell 2: Lokales Lastmanagement Dieses Modell eignet sich besonders für Unternehmen mit einem Elektrofahrzeugfuhrpark. Durch ein System, das die Ladeinfrastruktur ansteuert, sollen beim gezielten Laden die Strom- und Netznutzungskosten minimiert werden, beispielsweise durch das Aufladen zu Zeitpunkten, wo der Strom sehr günstig ist. Das lokale Lastmanagement lässt sich sowohl vor Ort als ergänzendes IT-System als auch als Software für die Ladesäulen verwenden. Auch Unternehmen, die ein hohes fluktuierendes Besucheraufkommen haben, können dieses Geschäftsmodell effizient nutzen. Insgesamt gilt, je größer die Flotte von Elektrofahrzeugen in diesem Modell ist, desto niedriger können die Kosten gehalten werden. 10
Welche Bezahlmodelle gibt es für Elektromobilität? Modell 3: Carsharing Beim Carsharing wird zwischen drei Varianten unterschieden: 1. stationsbasiert 2. flexibel stationsbasiert 3. stationslos Wird die stationsbasierte Variante genutzt, besitzt das Elektrofahrzeug einen festen Standort, an den es nach jedem Einsatz wieder zurückgestellt werden muss. Liegt das flexible stationsbasierte Carsharing vor, kann das Elektrofahrzeug an einen beliebigen Standort des Anbieters zurückgebracht werden. Der Vorteil der Elektroautos ist hier, dass sich am entsprechenden Parkplatz wieder die Möglichkeit des Aufladens ergibt. Beim stationslosen Carsharing werden die Standorte der Elektrofahrzeuge über einen Server bekanntgegeben, welche die Nutzer mit einem Smartphone abrufen können. Da auch viele Ladesäulen benötigt werden, ist diese Geschäftsmodellvariante aufgrund der Rentabilität besonders in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern gut umsetzbar. Damit diese Konzepte erfolgreich umgesetzt werden können, müssen zusätzlich Anreize, wie Kostenvergünstigung, für die Kunden geschaffen werden, damit diese das Auto nach Gebrauch auch wieder aufladen. 11
Welche Initiativen beschäftigen sich mit Elektromobilität? Was erwartet uns in Zukunft? Aktivitäten der Bundesregierung Da das Thema Elektromobilität derzeit von großem politischen Interesse ist, unterstützt die Bundesregierung verschiedene Inititativen. Zur Förderung der Elektromobilität wurde von der Bundesregierung die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) gegründet, deren Ziel die Etablierung der Elektrofahrzeuge ist. Die Förderung soll diesen Wirtschaftszweig weiträumig zugänglich machen und besonders die Attraktivität für kleine und mittelständische Unternehmen durch neue Konzeptmodelle steigern. Ausgangspunkt der Förderung von Elektromobilität in Deutschland ist ein systemischer, marktorientierter und technologieoffener Ansatz, der die bisher getrennten klassischen Teilsysteme Fahrzeug, Verkehr und Energie stärker vernetzt. Durch die gezielte Forschungsförderung der Batterienutzung können außerdem die Nutzungskosten gesenkt werden, was der entscheidende Punkt zur Akzeptanz von Elektrofahrzeugen ist. Modellregionen Die Bundesregierung fördert in Deutschland insgesamt vier Modellregionen für Elektromobilität. Diese liegen in den Gebieten Hamburg, Bremen/Oldenburg, Rhein-Ruhr und Rhein-Main. Zur Region Rhein-Ruhr gehört beispielsweise auch die Modellregion Aachen. Die wesentliche Forschung geschieht an zahlreichen Instituten der RWTH und der Fachhochschule, wo zudem eine Geschäftsstelle Elektromobilität eingerichtet wurde. 12
Mehr Modellvarianten Durch die immer weiter vorangebrachte Forschung im Bereich der Elektromobilität werden sich auch neue Modellvarianten entwickeln. Ferner gibt es bereits jetzt schon die Möglichkeit der Angebotskombination mit den bisher bestehenden Modellen. Niedrigere Preise Der Forschungsschwerpunkt der gesamten Elektromobilität liegt auf der Batterie, da diese bisher den größten Kostenfaktor darstellt. Kann diese Problematik behoben werden, wird sich der Preis auf ein Niveau derzeitiger Benzin- oder Dieselautos herabsenken. Bessere Lademöglichkeiten Durch die zu erwartende steigende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen gewinnen auch die Lademöglichkeiten deutlich an Bedeutung. Das Ladesystem soll nicht nur vereinheitlicht, sondern auch ausgebaut werden. Eine weitere Verbesserung wird das Schnellladen bis 100 Kilowatt sein. Durch Initiativen wie beispielsweise www.ladenetz.de in Deutschland oder www.e-clearing.net in Europa wird der Kunde über die nächste Ladestation informiert und die weitere flächendeckende Ausbreitung von Ladestationen sinnvoll vorangebracht. 13
Informationsstellen zum Thema Elektromobilität In Deutschland befassen sich mittlerweile viele verschiedene Vereine und Bundesinitiativen mit dem Thema Elektromobilität aus politischer, technologischer und Verbraucherperspektive. Hier ein aktueller Ausschnitt: ebusiness-lotse Aachen Informationsstelle für anwendende Unternehmen www.ebusiness-lotse-aachen.de Schaufenster Elektromobilität Zusammenschluss regionaler Initiativen zur Elektromobilität www.schaufenster-elektromobilitaet.org Bundesverband emobilität e. V. Interessensvertretung für die Umsetzung von Elektromobilität www.bem-ev.de Forum ElektroMobilität e. V. Interessensvertretung für die Umsetzung von Elektromobilität http://www.forum-elektromobilitaet.de WISSMER Wissensplattform für Elektromobilität http://wissmer.info NPE - Nationale Plattform Elektromobilität Politische Interessensvertretung für Elektromobilität ohne eigenen Internetauftritt 14
Wo kann ich mehr erfahren? Die ebusiness-lotsen Deutschlandweit - anbieterneutral - bedarfsgerecht - kostenfrei Im Rahmen der Förderinitiative ekompetenz-netzwerk für Unternehmen stellen regionale Anlaufstellen bundesweit anbieterneutrale und praxisnahe Informationen für das ebusiness von Unternehmen, insbesondere von KMU und Handwerk, zur Verfügung. Die ebusiness-lotsen helfen den Unternehmen dabei, IKT-Anwendungen effizienzsteigernd einzusetzen und Geschäftsprozesse durchgehend zu digitalisieren. Sie stellen wertvolles Wissen und praxisrelevante Informationen bereit, bieten fachkundige Hilfestellung und unterstützen bei der Auswahl und dem Einsatz passender IKT-Lösungen. Auch zum Thema Elektromonbilität werden Sie von den jeweiligen ebusiness-lotsen unterstützt. Die Hauptinformationsstelle ist in Aachen. 15
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