denen z. B. Desinfektionsmittel, Holzschutzmittel,

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Transkript:

Wasseraufbereitung Bädertechnik AB Archiv des Badewesens 03/2014 160 EU-Biozid-Verordnung Anforderungen und Auswirkungen Dr. Dirk P. Dygutsch, Geschäftsführer, Dr. Nüsken Chemie GmbH, Kamen Seit dem 1. September 2013 muss die im Mai 2012 in Kraft getretene EU- Biozid-Verordnung ((EU) Nr. 528/2012) nunmehr vollständig angewendet wer - den. Sie ersetzt die bisherige EU-Biozid-Richtlinie (RL 98/8/EG) und deren nationale Umsetzungen. In Deutschland ist davon im Wesentlichen das Chemikaliengesetz ( 12 ff. und 28 ChemG) betroffen. Die neue Verordnung regelt europaweit das Inverkehrbringen und die Verwendung von Biozid-Produkten, zu denen z. B. Desinfektionsmittel, Holzschutzmittel, aber auch Mittel zur Bekämpfung von Insekten und Schadnagern gehören. Sie ist direkt geltendes Recht und bedarf daher keiner weiteren Überführung in das nationa - le Recht der Mitgliedsstaaten. Nachstehend werden die wesentlichen Anforderungen und ihre Auswirkungen dargestellt. Historische Entwicklung Bereits seit dem Jahr 1989 gab es Be - strebungen unterschiedlicher Gruppen in der Europäischen Gemeinschaft, das Inverkehrbringen und die Anwendung von Bioziden zu regulieren. Angestrebt wurde dabei, die Beweislast hinsichtlich der Kompatibilität zu Mensch und Umwelt auf den Inverkehrbringer zu übertragen. Am 8. März 1998 trat schließlich die bis - her gültige EU-Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Pro- Anzeige

161 AB Archiv des Badewesens 03/2014 Bädertechnik Wasseraufbereitung dukten (kurz: Biozid-Richtlinie oder BPD für Biocidal Products Directive ) in Kraft. 1) Mit dieser Richtlinie sollten europaweit einheitliche Regelungen für eine Vielzahl von Produkten geschaffen werden, die zur Bekämpfung von Schad - organismen eingesetzt werden, wozu z. B. Nagetiere, Insekten oder Mikroorganismen gehören. In der Praxis zeigte sich, dass die Regelungen dieser Richtlinie teilweise unvollständig und/oder zu kompliziert waren und somit die an - gestrebte EU-weite Harmonisierung und Umsetzung nicht zu erreichen war. Weiterhin wurden einige Ergänzungen und Klarstellungen notwendig, wie z. B. der Umgang mit am Anwendungsort er - zeugten Biozid-Produkten ( in-situ- Erzeugung ). So kam es, dass am 17. Juli 2012 die neue Biozid-Verordnung (EU) Nr. 528/ 2012, Verordnung über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozid-Produkten (kurz: Biozid-Verordnung oder BPR für Biocidal Products Regulation ), die bisherige Richt - linie 98/8/EG abgelöst hat. 2) Seit dem 1. September 2013 sind deren Anforderungen und Regelungen vollumfänglich gültig. Was sind Biozide? Biozid-Produkte sind Produkte, die durch ihre chemischen oder biologischen Eigenschaften gegen Schadorganismen wirksam sind oder die deren schädigende Wirkung verhindern sollen. Die Biozid- Verordnung hält hierzu zwei Definitionen parat: jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch in der Form, in der er/es zum Verwender gelangt, und der/ das aus einem oder mehreren Wirkstoffen besteht, diese enthält oder erzeugt, der/das dazu be - stimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mecha ni - sche Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, un - schädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen, jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch, der/das aus Stoffen oder Gemischen erzeugt wird, die selbst nicht unter den ersten Gedankenstrich fallen und der/das dazu be - stimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder me cha ni - sche Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, un - schädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Durch diese beiden Definitionen ist um - rissen, dass die Biozid-Produkte dann vorliegen, wenn Produkte sowohl ei nen oder mehrere biozide Wirkstoffe enthalten als auch deren Anwendung da - rauf abzielt, Schadorganismen zu be - kämpfen. Spätestens durch die zweite, neu im Rah - men der Biozid-Verordnung ge trof fene Formulierung fallen nun auch alle die Produkte unter die Regelungen, die in situ durch chemische Reaktion erzeugt werden und erst vor Ort ihre biozide Wirkung entfalten. Beispielhaft seien hier Chlor aus der Elektrolyse von Kochsalz und Ozon aus Luftsauerstoff er - wähnt. Selbstverständlich gibt es auch Ausnahmen in der Biozid-Verordnung. So unterliegen beispielsweise Produkte, die als Arzneimittel, als Tierarzneimittel, als Pflanzenschutzmittel oder als Kosmetikprodukt angesehen werden, nicht der Biozid-Gesetzgebung. Für sie gelten die einschlägigen, bereits in anderweitigen Rechtsnormen festgelegten Anforderungen und Regelungen. Allerdings ist die Unterscheidung, ob es sich bei einem Pro - dukt um ein Biozid oder vielleicht doch um ein Arzneimittel handelt, nicht im - mer ganz einfach, und so kann es durch - aus vorkommen, dass mehrere Rechts - bereiche tangiert werden. Biozid-Produkte werden in vier Hauptgruppen aufgeteilt: Hauptgruppe 1: Desinfektionsmittel Hauptgruppe 2: Schutzmittel Hauptgruppe 3: Schädlings - bekämp fungsmittel Hauptgruppe 4: Sonstige Biozid- Produkte Jede Hauptgruppe enthält zusätzliche Un - tergruppen (in Summe 22), die als Produktarten bezeichnet werden. So kennt die Hauptgruppe 1 u. a. die für die Wasseraufbereitung und Flächenhygiene ent - scheidenden Produktarten: Produktart 1: Menschliche Hygiene Biozid-Produkte, die für die menschliche Hygiene verwendet und hauptsächlich zum Zwecke der Hautoder Kopfhautdesinfektion auf die menschliche Haut bzw. Kopfhaut aufgetragen werden oder damit in Berührung kommen Abbildung 1: Zweistufiges Verfahren: Wirkstoff-Genehmigung und Produkt-Zulassung; Quelle: Dirk P. Dygutsch, Kamen Bädertechnik

Wasseraufbereitung Bädertechnik AB Archiv des Badewesens 03/2014 162 Produktart 2: Desinfektionsmittel und Algenbekämpfungsmittel, die nicht für eine direkte Anwendung bei Menschen und Tieren bestimmt sind Produkte zur Desinfektion von Ober - flächen, Stoffen, Einrichtungen und Möbeln, die nicht für eine di rekte Berührung mit Lebens- oder Futter - mitteln verwendet werden, aber auch Desinfektion und Algenbe kämp - fung in Schwimmbeckenwasser Produktart 4: Lebens- und Futtermittelbereich Produkte zur Desinfektion von Einrichtungen, Behältern, Besteck und Geschirr, Oberflächen und Leitungen, die im Zusammenhang mit der Herstellung, Beförderung, Lagerung oder dem Verzehr von Le - bens- oder Futtermitteln (ein - schließ lich Trinkwasser) für Menschen und Tiere Verwendung finden Produktart 5: Trinkwasser Produkte zur Desinfektion von Trinkwasser für Menschen und Tiere Selbstverständlich kann ein und dasselbe Produkt auch mehreren Produkt - arten zugeordnet werden, da sich die Zu - ordnung zu den Produktarten aus den Anwendungszwecken ergeben. Es be darf dann allerdings auch mehrerer Zu las - sungen. Zweistufiges Zulassungsverfahren Generell muss zwischen Biozid-Wirkstoffen, deren Verwendung genehmigt werden muss, und Biozid-Produkten, de - ren Inverkehrbringen zugelassen werden muss, unterschieden werden (siehe Ab - bildung 1). Genehmigung von Biozid-Wirkstoffen Biozid-Produkte dürfen nur biozide Wirk - stoffe enthalten, die genehmigt und in einer Positivliste aufgenommen worden sind, die von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) veröffentlicht wird. Damit ein Wirkstoff in diese Liste aufgenommen werden kann, muss der An - tragsteller (Hersteller, Importeur) ein um - fangreiches Dossier einreichen. Hierzu gehören u. a. Untersuchungen zur Wirksamkeit des Stoffes ebenso wie solche zur Belastungssituation von Mensch und Umwelt. Infokasten Termini persistent: verbleibt in der Umwelt, wird nicht oder nur sehr langsam ab gebaut bioakkumulierend: reichert sich in Or ganismus oder Nahrungskette an toxisch: Stoff ist giftig. vp: sehr persistent vb: sehr bioakkumulierend cancerogen: krebserzeugend mutagen: erbgutverändernd reproduktionstoxisch: kann die Fort pflanzungsfähigkeit be - einträchtigen bzw. das Kind im Mutterleib schädigen Darüber hinaus müssen Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt festgelegt werden. Diese Angaben werden dann von den zuständigen Behörden ge - prüft; anschließend wird in einem Ab - stimmungsverfahren auf EU-Ebene über die Aufnahme des Wirkstoffs in einen der Anhänge entschieden. Dabei werden die einzelnen Wirkstoffe von den zu - ständigen Behörden der jeweiligen Mit - gliedsstaaten bearbeitet, die für entspre - chende Wirkstoffklassen zuständig sind (siehe Abbildung 2). Gebräuch- IUPAC- Mindest- Datum der Ablauf der Produktart Sonderbestimmungen 2 ) liche Bezeichnung reinheit Zulassung Zulassung Bezeich- Kenn- des Wirknung nummern stoffs 1) Kupfersulfat- IUPAC- 999 g/kg 1. Juli 30. Juni 2 Bei der Produktbewertung sind insbesondere die Aspekte Expo- Pentahydrat Bezeichnung: 2015 2025 sition, Risiken und Wirksamkeit im Zusammenhang mit etwaigen Kupfersulfat- Verwendungen zu berücksichtigen, die unter einen Zulassungsantrag Pentahydrat fallen, bei der Risikobewertung des Wirkstoffs auf EU-Ebene jedoch nicht berücksichtigt werden. EG-Nr.: 231-847-6 3) Die Zulassung ist an folgende Bedingungen geknüpft: CAS-Nr.: Für industrielle oder gewerbliche Anwender werden sichere Betriebs- 7758-99-8 verfahren und geeignete organisatorische Maßnahmen festgelegt. Wenn eine Exposition auf andere Weise nicht auf ein vertretbares Maß reduziert werden kann, werden die Produkte mit geeigneter persönlicher Schutzausrüstung verwendet. 1) Die in dieser Spalte angegebene Reinheit war die Mindestreinheit des Wirkstoffs, der für die Beurteilung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 verwendet wurde. Der Wirkstoff in dem in Verkehr gebrachten Produkt kann dieselbe oder eine andere Reinheit aufweisen, sofern er nachgewiesenermaßen technisch äquivalent zu dem beurteilten Stoff ist. 2) Für die Umsetzung der allgemeinen Grundsätze von Anhang VI der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 sind Inhalt und Schlussfolgerungen der Bewertungsberichte auf der folgenden Website der Kommission zu finden: http://ec.europa.eu/comm/environment/biocides/index.htm 3) Diese EG-Nummer bezieht sich nur auf Kupfersulfat-Pentahydrat. Abbildung 2: Ablauf der Wirkstoff-Genehmigung; Quelle: Dirk P. Dygutsch, Kamen, in Anlehnung an die BAuA, Dortmund 3) IUPAC: International Union of Pure and Applied Chemistry CAS: Chemical Abstracts Service

163 AB Archiv des Badewesens 03/2014 Bädertechnik Wasseraufbereitung Für Biozid-Wirkstoffe, die bereits vor dem 14. Mai 2000 auf dem Markt wa - ren und im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1451/2007 aufgeführt wurden ( Altwirkstoffe ), können Biozid-Produkte mit diesen Wirkstoffen für einen Übergangszeitraum ohne Zulassung in Deutschland vermarktet werden. Ur - sprünglich sollte die Genehmigung der Altwirkstoffe im Jahr 2014 abgeschlossen sein. Da man derzeit von diesem Ziel weit entfernt ist, wurde das Altwirkstoff-Programm bis zum 31. De - zember 2024 verlängert. Bei neuen Biozid-Wirkstoffen hingegen gilt: Produkte, die ausschließlich sol che Wirkstoffe enthalten, müssen vor der ers - ten Vermarktung zugelassen sein. Anträge auf eine Wirkstoff-Genehmigung werden im Rahmen der neuen Biozid-Verordnung nicht mehr direkt bei einem bewertenden Mitgliedsstaat, sondern direkt bei der ECHA gestellt. Biozid-Wirkstoffe, mit bestimmten Eigen - schaften wie beispielsweise PBT-Stoffe, vpvb-stoffe oder CMR-Stoffe können nicht uneingeschränkt in die Positivlis te aufgenommen werden. Hier bedarf es be sonderer strenger Ausnahmegeneh - mi gungen. Ab September 2015 dürfen Biozid-Produkte nur noch Wirkstoffe von Herstellern enthalten, die in einer von der ECHA erstellten Liste ( Positivliste ) aufgeführt werden. Damit möchte man sog. Trittbrettfahrer ausschließen, die am Ge neh - migungsprozess nicht beteiligt wa ren, aber identische Stoffe auf den Markt bringen. Die Genehmigung von Biozid-Wirkstoffen wird im Zuge einer EU-Durchfüh - rungsverordnung (DVO) bekannt ge - macht; dabei liegen zwischen Veröffentlichung der DVO und Genehmigungsdatum ( Datum der Zulassung ) ca. 23 Mo - nate (siehe Abbildung 3). Die Gültigkeit der Genehmigung beträgt im Allgemeinen zehn Jahre und kann verlängert werden. Für das Genehmigungsverfahren und die Beschaffung der dazu notwendigen Unterlagen sind Kosten in Hö he von mehr als 500 000 zu veranschlagen. Zulassung von Biozid-Produkten Ist das Genehmigungsverfahren für ei - nen Wirkstoff abgeschlossen, indem die entsprechende Durchführungsverordnung veröffentlicht wurde, und der Hersteller von Biozid-Produkten stellt fest, dass nunmehr alle Inhaltsstoffe mit biozider Wirkung in die Positivliste der ECHA aufgenommen wurden, so muss er seinerseits die Zulassung für das Biozid- Produkt beantragen. Hierbei ist zu be - Anzeige

Wasseraufbereitung Bädertechnik AB Archiv des Badewesens 03/2014 164 achten, dass der Zulassungsantrag in - nerhalb der Zeitspanne zwischen Veröffentlichung der Durchführungsverordnung und dem darin aufgeführten Da tum der Zulassung (Beginn der Ge - nehmigung) gestellt wird. Dann darf das Biozid-Produkt auf Basis von Altwirkstoffen bis zum Abschluss des Zulassungsverfahrens weiterhin auf den Markt gebracht werden. Wurde keine Zulassung beantragt, so darf das Biozid-Produkt spätestens 180 Ta - ge nach Datum der Genehmigung des (letzten) enthaltenen Wirkstoffs nicht mehr vermarket werden, und etwaige Lagerbestände müssen 365 Tage nach diesem Datum verbraucht oder vernichtet worden sein. Abbildung 3: Genehmigung eines Biozid-Wirkstoffs am Beispiel der EU-Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1033/2013 für Kupfersulfat-Pentahydrat (veröffentlicht am 25.10.2013) 4) Wurde die Frist zur Antragstellung versäumt und der Wirkstoff zwischenzeitlich genehmigt, so kann eine Vermarktung des Produkts erst dann wieder aufgenommen werden, wenn dessen Zu las - sungsverfahren abgeschlossen ist. Biozid-Produkte mit neuen Wirkstoffen müssen vor dem ersten Inverkehrbrin - gen grundsätzlich zugelassen werden. Die neue Biozid-Verordnung sieht meh - rere Möglichkeiten für Zulassungen vor (siehe Abbildung 4). Für jede der ge - nannten Produktarten ist eine separate Zulassung zu beantragen: Nationale Zulassung Bei der bisher bereits nach Biozid-Richtlinie möglichen nationalen Zulassung (siehe Abbildung 5) wird ein Antrag an die zuständige Behörde im Mitgliedsstaat gestellt, wobei der Antragsteller selbst entscheiden kann, in welchem Land er den Antrag stellen möchte. In Deutschland ist die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund die nationale Zulassungsstelle für Biozid-Produkte. Abbildung 4: Verschiedene Möglichkeiten der Zulassung von Biozid-Produkten; Quelle: Dirk P. Dygutsch, Kamen Für die Bearbeitung des Antrags ist mit etwa 425 Tagen zu rechnen, wovon für die Einreichung des Antrags und dessen Prüfung auf Vollständigkeit jeweils 30 Tage zu veranschlagen sind. Zum Ende der dann folgenden Bewertungsphase von ca. einem Jahr erhält der An - tragsteller nochmal die Gelegenheit, in - nerhalb von 30 Tagen zu dem Ergebnis der Bewertung Stellung zu nehmen (sie - he Abbildung 5). Danach ist das Produkt entweder zugelassen oder muss in - nerhalb der genannten Fristen vom Markt verschwinden. Gegenseitige Anerkennung Während (siehe Abbildung 6) oder nach erfolgter Zulassung (siehe Abbildung 7) kann in weiteren Mitgliedsstaaten die Zulassung des Biozid-Produkts beantragt werden. Hier wird dann kein zu - sätzliches vollständiges Verfahren durch - laufen, sondern es erfolgt, bezugnehmend auf das ursprüngliche Zulassungsverfahren, eine Anerkennung des Produkts im jeweiligen Land. Dabei sind natürlich entsprechende Gebühren zu entrichten, und die Behörde des anerken - nenden Mitgliedsstaats kann mit der Be - hörde des zulassenden Mitgliedsstaats offene Fragen klären und Bedenken aus - tauschen. Anträge auf zeitlich parallele gegenseitige Anerkennung der nationalen Zu las sung müssen spätestens bis zu dem Zeitpunkt der Genehmigung des Wirkstoffs bei der zuständigen Behörde ge stellt werden, um die Verkehrsfähigkeit der Biozid-Produkte in den betroffenen Mitgliedsstaaten auf rechtzuerhalten (Art. 34 BiozidVO).

165 AB Archiv des Badewesens 03/2014 Bädertechnik Wasseraufbereitung Unionszulassung Im Zuge der Biozid-Verordnung sind nun auch EU-weite Zu - lassungen möglich. Für Produkte aus den meisten Produkt - arten können somit auch direkt bei der ECHA Zulassungsanträge gestellt werden, die anschließend für die ge sam te EU und nicht nur für einzelne Mitgliedsstaaten gültig sind (siehe Abbildung 8). Die Unionszulassung ist besonders für solche Firmen ge - dacht, die ein EU-weites Inverkehrbringen ihrer Produkte an streben. Um die ECHA nicht mit einer Flut von Anträgen zu überfordern, wurde eine zeitlich nach Produktarten gestaffelte Reihenfolge festgelegt. 6) Vereinfachtes Zulassungsverfahren Für Biozid-Produkte, die ausschließlich Wirkstoffe des An - hangs I der Biozid-Verordnung enthalten, kann ein vereinfachtes Zulassungsverfahren angewendet werden. Die Zu las - sung ist dann möglich, wenn das Produkt keine be denk lichen Stoffe oder Nanomaterialien enthält, ausreichend wirksam ist und keine persönliche Schutzausrüstung er for der lich ist. De facto heißt das, dass es nur wenige Biozid-Produkte nach dem vereinfachten Zulassungsverfahren geben wird. Da bei wird es sich im Wesentlichen um haushaltsnahe Mittel handeln, die i. d. R. kennzeichnungsfrei sein müssen. Die große Masse der Biozid-Produkte wird aber die umfangreichen Zulassungsverfahren national oder als Unionszulassung durchlaufen müssen. Produktfamilien Im Rahmen der Biozid-Verordnung ist es jetzt auch möglich, eine Gruppe von Biozid-Produkten als eine Produktfamilie zuzulassen. Dabei ist entscheidend, dass sie den gleichen Verwendungszweck (z. B. Produktart) aufweisen und Wirkstoffe derselben Spezifikation enthalten. Abweichungen in der Zusammensetzung und bei den Beistoffen sind möglich. Spezifische Abweichungen in der Zu sam men set zung sind erlaubt, wenn sie nicht das Risiko erhöhen oder die Wirksamkeit wesentlich verändern. Im Rahmen einer Zulassung können meh rere Handelsnamen für ein Biozid-Produkt beantragt werden. Allerdings gilt hier, dass auf diesen Produkten die Zu lassungsnummer der Produktfamilien an zubringen ist (Art. 69 BiozidVO). Zulassung gleicher Produkte Ist ein zuzulassendes Produkt in jeder Hinsicht identisch mit einem anderen Biozid-Produkt ( Referenzprodukt ), so kann für dieses mit abweichender Be zeichnung und/oder abweichendem An tragsteller ein entsprechender bezugneh mender Antrag auf Zulassung eines gleichen Produkts gestellt werden. Diese Beantragung kann sowohl national als auch als Unionszulassung erfolgen. Dieser Weg ist besonders für Un - Anzeige Im Zuge des Zulassungsverfahrens hat der Antragsteller eine Vielzahl an Un terlagen beizubringen, u. a. auch die re - levanten Daten der beinhalteten Biozid-Wirkstoffe. Hierzu kann er sich bei Vorliegen einer gültigen und vom Da - teninhaber unterschriebenen Zugangsbescheinigung der Dossiers der eingereichten Rohstoffe bedienen. Diese Letter of Access (LoA) dienen der Be hörde als Nachweis für die Genehmigung der enthaltenen Wirkstoffe. Komplizierter wird es, wenn mehrere Biozid-Wirkstoffe in einem Produkt enthalten sind. Da in solchen Fällen von sich beeinflussenden, ggf. verstärkenden Wirkungen ausgegangen werden kann, ist u. U. auch eine zusätzliche toxikologische und ökotoxikologische Bewertung der Mischung er - forderlich ( sy nergistischer Effekt ). Die Zulassung eines Produkts wird im Allgemeinen für zehn Jahre erteilt; da nach ist die Beantragung auf Verlängerung der Zulassung notwendig, die dann für 15 Jahre gilt. Der An trag auf Verlängerung muss mindestens 550 Tage vor Ablauf der Zulassung bei der ECHA gestellt werden.

Wasseraufbereitung Bädertechnik AB Archiv des Badewesens 03/2014 166 ternehmen gedacht, die Lohnfertigungsprodukte ( Pri vate Labeling ) von anderen Herstellern beziehen. Übergangsregelungen Für bereits im Markt befindliche Biozid-Produkte, die auf Altwirkstoffen basieren, gelten wie bereits erwähnt Übergangsregelungen, bis alle enthaltenen Wirkstoffe genehmigt worden sind. Abbildung 5: Ablauf des nationalen Genehmigungsverfahrens am Beispiel Deutschland; Quelle: Dirk P. Dygutsch, Kamen, in Anlehnung an die BAuA, Dortmund 5) Abbildung 6: Ablauf der nachfolgenden gegenseitigen Anerkennung nach Art. 33 BPR am Beispiel Österreich; Quelle: Dirk P. Dygutsch, Kamen, in Anlehnung an die BAuA, Dortmund 5) Abbildung 7: Ablauf der parallelen gegenseitigen Anerkennung nach Art. 34 BPR am Beispiel Österreich; Quelle: Dirk P. Dygutsch, Kamen, in Anlehnung an die BAuA, Dortmund 5) Bei Wirkstoffen, deren Genehmigung für die Produktart positiv entschieden wurde, ist eine weitere Vermarktung des Produkts nur dann möglich, wenn eine Zulassung beantragt wurde (siehe das Kapitel Zulassung von Biozid-Produkten ). Bis zu welchem Stichtag ein Zu - lassungsantrag eingereicht werden muss, damit ein Produkt verkehrsfähig bleibt, ergibt sich aus der Durchführungsverordnung zu dem jeweiligen Wirkstoff. Beim Beispiel Kupfersulfat-Pentahydrat (siehe Abbildung 3) muss der vollständige Zulassungsantrag bis zum 1. Juli 2015 bei der Behörde vorliegen. Ansonsten verliert das Produkt 180 Tage nach der Genehmigung, im Beispiel im Januar 2016, (vorübergehend) seine Marktfä hig - keit. Enthält ein Biozid-Produkt mehrere Wirkstoffe, gilt der Zeitpunkt für den An - trag auf Zulassung, wenn der letz te enthaltene Wirkstoff genehmigt wur de. 7) Für Wirkstoffe, deren Genehmigungsverfahren noch läuft, gelten weiterhin die bisherigen nationalen Regelungen der Biozid-Meldeverordnung 8). Hiernach erhalten die bei der BAuA gemeldeten Produkte eine Registriernummer, be ste - hend aus dem Buchstaben N und ei - ner fünfstelligen Nummer, die auf dem Produkt anzubringen ist. Bei mehreren Verwendungszwecken sind auch mehrere Registrierungen erforderlich. Diese Übergangsregelung gilt solange, bis alle enthaltenen Wirkstoffe genehmigt wor - den sind. Da trotz mehrfacher Versuche, eine deadline festzulegen nicht absehbar ist, wann alle Altwirkstoffe tatsächlich genehmigt sein werden, gilt für Biozid-Produkte auf Basis dieser Alt - wirkstoffe folgender Hinweis:

167 AB Archiv des Badewesens 03/2014 Bädertechnik Wasseraufbereitung Das Biozidprodukt kann für die Dauer des Genehmigungsverfahrens des Wirk - stoffs bzw. des letzten zu genehmigenden Wirkstoffs ohne Zulassung auf dem Markt bereit gestellt werden. Derzeit ist vorgesehen, dass das Altwirkstoff-Programm zumindest noch bis 2024 weitergeführt wird. Biozid-Produkte in der Wasseraufbereitung Unter der bisherigen Biozid-Richtlinie wurde die Herstellung von Biozid-Produkten vor Ort ( in situ ) nicht vollständig berücksichtigt. Damit waren Pro - dukte für die Wasseraufbereitung, die vor Ort erzeugt wurden, wie z. B. Chlor aus Natriumchlorid mittels Elektrolyse oder Ozon aus Luftsauerstoff, nicht unbedingt abgedeckt. 9) Abbildung 8: Ablauf der Unionszulassung nach Art. 41-46 BPR; Quelle: Dirk P. Dygutsch, Kamen, in Anlehnung an die BAuA, Dortmund 5) Da in der neuen Verordnung nicht nur das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten erfasst wird, sondern auch de - ren Verwendung, fallen gemäß Definition 2 (siehe das Kapitel Was sind Biozide? ) nunmehr auch in situ erzeugte Produkte unter den Anwendungsbereich der Verordnung. Damit stellt jetzt auch ein vor Ort hergestellter Biozid-Wirkstoff ein Biozid-Produkt dar, das nur verwendet werden darf, wenn es zugelassen worden ist. Anzeige

Wasseraufbereitung Bädertechnik AB Archiv des Badewesens 03/2014 168 Gerade in der Wasseraufbereitung (Trink - wasser, Schwimm- und Badebeckenwasser) werden Desinfektionsmittel (Produktart 2 bzw. 5) vor Ort hergestellt und eingesetzt. Hierbei müssen zwei unterschiedliche Fälle unterschieden werden: Herstellung aus einer Vorläufersubstanz ( Precursor ) z. B. Chlordioxid im Salzsäure-Chlorit- Verfahren oder Aktivchlor hergestellt aus Kochsalz mittels Elektrolyse Voraussetzung ist hier, dass der Wirkstoff genehmigt sowie der Precursor oder der Wirkstoff als Biozid-Produkt zugelassen sind. Dabei werden die Stoffe, die für die Vor-Ort-Herstellung verwendet werden sollen, explizit für diese Verwendung vorgegeben und ausgelobt. Damit erfüllen bereits diese Vorläufersubstanzen die Definition für Biozid- Produkte und müssen daher als solche zugelassen sein. Der Wirkstoff bzw. Precursor sowie das Herstellverfahren müssen im Rahmen ihrer Genehmigung mittels Durchfüh - rungsverordnung genau bezeichnet und in der Positivliste der ECHA benannt sein. Ein Beispiel stellt die Kochsalz- Elektrolyse dar: Aktives Chlor ( Wirkstoff), in situ her - gestellt als Gleichgewicht zwischen Chlor, Hypochlorsäure und Natriumhypochlorit durch Elektrolyse einer wäss rigen Na - triumchlorid-lösung Herstellung ohne Vorläufersubstanz mittels eines Gerätes z. B. Ozon in situ hergestellt aus Um welt - luft mittels eines Ozongenerators Kennzeichen dieses speziellen Herstellungsverfahrens vor Ort ist es, dass kei - ne vermarktungsfähige Vorläufersubs - tanz verwendet wird und somit der o. g. Fall nicht zum Tragen kommt. Diese Möglichkeit war bisher durch die Biozid-Richtlinie nicht abgedeckt, wird aber nun durch die EU-Verordnung eingeschlossen. In diesem Fall ist der vor Ort erzeugte Wirkstoff das Biozid-Produkt; daher dürfen derartige Geräte nur dann betrieben werden, wenn der Wirkstoff für die Verwendung in die Positiv - liste aufgenommen und als Biozid-Produkt zugelassen ist. Für in situ hergestellte Produkte, die sich bereits vor dem 1. September 2013 in Verkehr befanden und nicht unter die Biozid-Richtlinie gefallen sind, gilt ei - ne Übergangsfrist für die Beantragung der Zulassung bis zum 1. September 2017 (z. B. Ozon aus Luftsauerstoff). Da Biozid-Produkte, die vor Ort aus Precursor hergestellt wurden, bereits unter die Biozid-Richtlinie gefallen sind, gilt hier die Übergangsregelung für Altwirkstof fe (z. B. Kochsalz-Elektrolyse). Aufgaben der betroffenen Kreise bei in situ hergestellten Produkten Während bei den klassischen Biozid- Produkten die Verantwortlichkeit für die Zulassung seitens des Zulassungsinhabers klar ersichtlich ist, gestaltet sich der Fall bei vor Ort hergestellten Biozid-Produkten etwas komplizierter. Da es ei ne Zulassung von Geräten im Rahmen der Verordnung explizit nicht gibt, kann nur über die Zulassung des Produktes Rechts - sicherheit hergestellt werden. Streng ge - nommen wäre dabei der Betreiber eines solchen Geräts, der ja das Biozid-Produkt herstellt und vor Ort verwendet, diejenige Rechtsperson, welche die Zu - lassung vorantreiben müsste. Nun ist es aber schlecht möglich, dass jeder Be trei - ber von z. B. Wasseraufbereitungsanlagen das komplexe Zulassungsverfahren durchläuft. Hier besteht also noch dringender Aufklärungsbedarf seitens des Gesetzgebers. Vorstellbar wäre z. B. die Zulassung über eine Produktfamilie, die vom Gerätehersteller betrieben wird. Kosten und weitere Entwicklungen Auch wenn die tatsächlichen Kosten für die Zulassung von Produkten nach der neuen Biozid-Verordnung seitens der BAuA noch nicht veröffentlicht wurden, da der Gesetzgeber bis dato hierzu noch keine nationale Verordnung er lassen hat, muss aufgrund des be trächt lichen Auf-

169 AB Archiv des Badewesens 03/2014 Bädertechnik Wasseraufbereitung wands mit nochmals höheren Gebüh ren gerechnet werden. Hinzu kommen noch die Kosten für eigene Produkt- und/ oder Wirkstoffprüfungen, die schnell ei - nige 100 000 ausmachen dürften. Auch wenn einige Kosten bereits durch den Wirkstoff-Hersteller abgedeckt wurden, muss davon ausgegangen werden, dass auch diese schlussendlich an den Markt weitergegeben werden. Somit ist davon auszugehen, dass Biozid-Produkte zu - künftig für den Anwender teurer werden. Die hohen und teilweise kaum absehbaren Kosten und der immense Aufwand für die Erstellung von Dossiers sowie die extremen Ansprüche hinsichtlich der Beantragung von Wirkstoff-Genehmigungen und Produkt-Zu - lassungen haben bereits ihre Spuren hinterlassen und werden dieses auch weiterhin tun. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen, die häufig eine hohe Innovationsleistungsfä hig keit an den Tag legen, sind die genannten Hürden kaum zu überwinden. Das hat bereits hier und dort zu einem Rückzug aus dem Marktsegment geführt; der Ge - schäftsbereich Biozide z. B. wurde von einem großen Player übernommen. 4) 5) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1033/2013 der Kommission vom 24. Oktober 2013 über die Zulassung von Kupfersulfat-Pentahydrat als alter Wirkstoff zur Verwendung in Biozid-Produkten der Produktart 2 J. Jordan, Zulassungsverfahren im Rahmen der neuen Biozid-Verordnung, Vortrag auf der BAuA-Fach - tagung Die neue Bio zid-verordnung, Dortmund, 24.04.2013 6) J. Jordan, Das Zulassungsverfahren Was bleibt, was ändert sich? Vortrag auf der BAuA-Fachtagung Zulassung von Bio zid-produkten unter der neu - en Biozid-Verordnung, Dortmund, 16.10.2013 Anzeige 7) 8) 9) Liste genehmigter Wirkstoffe: www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/ Biozid-Verordnung/Wirkstoffe/ Genehmigte-Wirkstoffe/Genehmigte- Wirk stof fe.html Verordnung über die Meldung von Biozid-Produkten nach dem Chemikaliengesetz (Biozid-Meldeverordnung ChemBiozidMeldeV) vom 14. Juni 2011 H. Krüger, Die neue Biozidverordnung und ihre Konsequenzen für die Trinkwasserdesinfek-tion, in: energie wasser praxis, 9/2013, S. 112-114 Zwar wurden die Übergangsfristen bis 2024 verlängert; es ist aber nach wie vor kaum absehbar, wann welcher Wirkstoff für welche Verwendung (Produkt - art) eine Genehmigung erlangen wird, sodass auch für die formulierenden Un - ternehmen kaum eine Planbarkeit hinsichtlich der Beantragung von Biozid- Produkten zu initiieren ist. Literatur 1) 2) 3) Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Ra - tes vom 22. Mai 2012 über die Be - reitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozid-Produkten C. Bloch, Genehmigung eines Wirkstoffs im Rahmen der neuen Biozid- Verordnung, Vortrag auf der BAuA- Fachtagung Die neue Biozid-Verordnung, Dortmund, 24.04.2013