Prof. Dr. Martin Häublein, Innsbruck



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Transkript:

Was Sie als WEG- und Sondereigentumsverwalter bei der Vermietung von Wohnungseigentum beachten müssen (und was der Gesetzgeber zur Konfliktvermeidung tun sollte). Prof. Dr. Martin Häublein, Innsbruck

Eine ETW unterscheidet sich vor allem wegen der bloßen Mitberechtigung des vermietenden Eigentümers am Gebäude maßgeblich von einer Wohnung in einem Mietshaus. Die Mietverträge müssen daher zum Teil anders gestaltet werden als bei normalen Wohnungen. Da es sich bei den verwendeten Mustern um AGB handelt, ist der Gestaltungsspielraum allerdings beschränkt. Nicht nur deswegen wäre ein Eigreifen des Gesetzgebers hilfreich! Dazu am Ende mehr. 2

In erster Linie sind Verwalter betroffen, sofern sie als SE-Verwalter auch die Vermietung übernehmen. Dann schuldet der Verwalter dem Vermieter den Abschluss eines Mietvertrages, der den Besonderheiten der ETW Rechnung trägt. Aber auch WE-Verwalter, die ausschließlich das GE verwalten, kommen immer wieder mit den Problemen in Kontakt. Das ist insbesondere der Fall, wenn die WE-Gem. nach 10 Abs. 6 S. 3 WEG Ansprüche gegen die Mieter durchsetzen 16. Pantaenius-ImmoTagung soll. I Martin Häublein I 3

Ein ordnungsgemäßer Mietvertrag sollte in jedem Fall erkennen lassen, dass es sich um eine ETW bzw. um TE handelt. Denkbar ist etwa folgende Formulierung: Bei dem Mietobjekt handelt es sich um eine Eigentumswohnung/um Teileigentum. Der Vermieter wies darauf hin, dass er infolge dessen bestimmten wohnungseigentumsrechtlichen Bindungen unterliegt, die Auswirkungen auf das Mietverhältnis haben (s. hierzu auch Abschnitt/ zur Hausordnung). 4

Zu regeln ist der vertragsgemäße Gebrauch. Bei der Vertragsgestaltung muss vor allem bedacht werden, dass der Vermieter vor großen Problemen steht, wenn der Mieter die Wohnung nach dem Mietvertrag in einer Weise nutzen darf, die den Regelungen der Eigentümer widerspricht. Dann besteht für ihn das Risiko, dass die übrigen Eigentümer gem. 14 Nr. 2 WEG von ihm verlangen, auf den Mieter einzuwirken, dass dieser den Gebrauch (z.b. eine Tierhaltung) einstellt. Andererseits kann es passieren, dass die übrigen Eigentümer den Mieter auf Unterlassung verklagen und dieser dann seinerseits gegen den Vermieter vorgeht, weil dieser seinen Mietvertrag nicht erfüllt. 5

Der Vermieter hat die Pflicht aus 14 Nr. 2 WEG nicht bereits dadurch erfüllt, dass er den Mieter auffordert, sich an die Vereinbarungen/Beschlüsse zu halten und der Mieter dies wegen des Mietvertrags ablehnt. Er muss dann versuchen, dem Mieter sein Gebrauchsrecht abzukaufen. Die (Opfer-)Grenze beschreibt 275 Abs. 2 BGB: Der dem Mieter anzubietende Betrag darf nicht in einem groben Missverhältnis zum Interesse der übrigen Eigentümer an der Einhaltung der Gebrauchsregelung stehen. Teuer kann es auch werden, wenn der Mieter kündigt, weil er den vertragsgemäßen Gebrauch nicht machen kann. Hier drohen u.a. Umzugskosten und Forderungen wegen etwaiger Mietdifferenzen. 6

Der Umfang des zulässigen Mietgebrauchs bestimmt sich in erster Linie nach dem Inhalt des Mietvertrages. Fehlt (wie oft) eine ausdrückliche Regelung oder ist eine vorhandene Regelung unwirksam, muss durch Auslegung ermittelt werden, wie weit das Gebrauchsrecht reicht. Dabei kann der nach WE-Recht zulässige Gebrauch nur eine Rolle spielen, wenn entsprechende Gebrauchsregelungen dem Mieter spätestens bei Abschluss des Vertrages bekannt waren. Häufige Konfliktfelder sind: Tierhaltung Musizieren Berufliche Nutzung Benutzung von Frei- und Parkflächen Parabolantenne 7

Gegenwärtig kann man nur versuchen, die Gebrauchsrechte des Mieters mit denen der Eigentümer zu synchronisieren. Das geht nur über die Gestaltung des Mietvertrages! Zwei Formulierungsvorschläge folgen sogleich. Welche Regelung der BGH in Zukunft passieren lässt, kann man nicht vorhersagen. Die Meinungen im Schrifttum gehen auseinander. Da Vermieter nahezu ausschließlich AGB verwenden, besteht ein erhebliches Risiko, dass Vertragsklauseln der Inhaltskontrolle ( 307 ff. BGB) zum Opfer fallen. 8

Die Hausordnung, die diesem Vertrag als Anlage beigefügt ist, ist für den Mieter verbindlich. Änderungen der Hausordnung und sonstige Änderungen des zulässigen Gebrauchs, an die der Vermieter rechtlich gebunden ist, weil sie von der Wohnungseigentümerversammlung mehrheitlich beschlossen werden können, binden den Mieter ebenfalls, sofern die damit verbundenen Einschränkungen der Gebrauchsbefugnis für den Mieter zumutbar sind. Zumutbar sind im Allgemeinen solche Gebrauchsregelungen, die einem ordnungsmäßigen Gebrauch i.s.d. 15 Abs. 2 WEG entsprechen. Die Bindung des Mieters setzt voraus, dass der Vermieter die Änderung dem Mieter in Textform mitgeteilt hat. 9

Die Gebrauchsrechte bestimmen sich nach den unter den Eigentümern geltenden Regelungen, wobei der Mieter die dem Vermieter zustehenden Gebrauchsrechte ausüben darf. Maßgeblich ist derzeit die diesem Mietvertrag beigefügte Hausordnung der Wohnungseigentümer vom XX.YY.ZZZZ. Der Verweis auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander beinhaltet, dass Änderungen im Gemeinschaftsverhältnis der Eigentümer durch Beschlüsse, die ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, gegenüber dem Mieter wirken, soweit damit einhergehende Beschränkungen der Gebrauchsbefugnis für den Mieter zumutbar sind. Eine solche Änderung tritt erst ein, wenn der Vermieter dem Mieter die neue Gebrauchsregelung in Textform übermittelt hat. 10

Zu beachten ist, dass diese Regelungen den vermietenden Eigentümer bzw. den ihn beim Abschluss des Mietvertrages vertretenden Verwalter nicht davon entbindet, sämtliche Gebrauchsregelungen der Eigentümer dem Mieter offenzulegen. Solche können sich nicht nur aus den Beschlüssen ergeben, sondern vor allem auch aus der Gemeinschaftsordnung einschließlich der sog. Zweckbestimmungen. Es kommt nicht darauf an, ob Gebrauchsregeln explizit als Hausordnung bezeichnet sind. 11

Es genügt nicht, die Regelungen der Eigentümer einfach 1:1 in den Mietvertrag zu übernehmen; denn nicht alles, was im WEG zulässig ist, ist auch im Mietrecht wirksam. So kann z.b. in der Gemeinschaftsordnung ein Verbot der Hundehaltung wirksam vereinbart sein. In einem Mietvertrag hingegen ist das pauschale Hundehaltungsverbot eine unangemessene Benachteiligung des Mieters und daher unwirksam (s. BGH v. 20.3.2013 - VIII ZR 168/12). Man muss daher ggf. Anpassungen vornehmen, was Rechtskenntnisse erfordert. Verfügt der Verwalter über diese nicht, muss er den Vermieter wenigstens darauf hinweisen!! 12

Darüber hinaus müssen der Vermieter und der für ihn handelnde Verwalter darauf bedacht sein, die Verteilung der Betriebskosten möglichst übereinstimmend mit den WErechtlichen Vorgaben zu regeln. Ansonsten entsteht nicht nur ein hoher Aufwand bei der Erstellung der jährlichen Mieterabrechnung; u.u. bleibt der Eigentümer sogar auf Kosten sitzen. 13

Problematisch ist in der Praxis vor allem der Verteilerschlüssel. Unterschiede bestehen auch bei den verteilungsfähigen Kosten. Entschärft hat der BGH die Divergenzen bei der Abrechnungsmethode (Leitsungs- bzw. Zufluss- /Abflussprinzip). Auch bei den Heiz- und Warmwasserkosten gibt es infolge der Geltung der HeizKV in beiden Gebieten wenig Probleme. 14

Wie beim vertragsgemäßen Gebrauch gilt: Man muss versuchen, die Vorgaben für die Abrechnung durch Vertragsgestaltung anzugleichen. Das erfordert die Kenntnis der geltenden Vorgaben in der Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Praxis wird insbesondere der Verteilerschlüssel z.t. durch Vorlage der letzten Abrechnung offengelegt. Hinzu kommt, dass die Kostenverteilung gem. 16 Abs. 3 WEG durch einfachen Mehrheitsbeschluss seit Mitte 2007 jederzeit geändert werden kann. Änderungen des Abrechnungsmaßstabes sind gem. 556a BGB, 6 Abs. 4 HeizKV nur in engen Grenzen möglich. 15

Wie beim vertragsgemäßen Gebrauch gilt: Ob eine vertragliche Regelung möglich ist, die eine derartige Anpassung des Mietvertrages wirksam zulässt, ist Sie ahnen es umstritten. Es gibt verschiedene Vorschläge, die bislang aber alle nicht höchstrichterlich bestätigt sind. Mit einer abschließenden Klärung der Frage ist auch nicht unbedingt zu rechnen; denn es ist nicht die Aufgabe des BGH, der Praxis zu sagen, welche Formulierung einer Inhaltskontrolle standhält. M.E. ist das ein wichtiger Aspekt, der für eine gesetzliche Regelung spricht. 16

1) Der Mieter trägt die gesamte auf die gemietete Wohnung entfallende Grundsteuer. 2) Der Mieter trägt von den in 2 Nr. 1 (ohne Grundsteuer), Nr. 2-17 BetrKV genannten Betriebskosten den Anteil, der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach Gesetz, Vereinbarungen und Beschlüssen auf das von ihm gemietete Wohnungseigentum entfällt. Dasselbe gilt für die nach der HeizkostenVO abzurechnenden Warmwasser- und Heizkosten. Soweit der Mieter durch den unter den Eigentümern geltenden Umlageschlüssel unbillig belastet wird, hat der Vermieter den Verteilungsmaßstab 556a Abs. 1 BGB sowie der HeizkostenVO zu entnehmen. 3) Der in Ziffer 2 genannte Anteil wird mit Ausnahme der Warmwasser- und Heizkosten nach dem Abflussprinzip berechnet, d.h. alle im Abrechnungsjahr tatsächlich bezahlten Rechnungen/geleisteten Zahlungen werden umgelegt. 4) Der Verweis in Ziffer 2 auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer bedeutet, dass auch Änderungen des Umlageschlüssels durch Vereinbarung oder Beschluss der Eigentümer gegenüber dem Mieter wirken, sofern der Vermieter den Mieter vor Beginn des nach dem neuen Umlageschlüssels abzurechnenden Wirtschaftsjahres hierüber informiert. 5) Dem Mieter wird auf Wunsch die letzte Jahresabrechnung der WEGem. XY vom Vermieter ausgehändigt (derzeit wird mit folgenden Umlageschlüsseln abgerechnet ) 17

Mietverträge, die vor einer WE-Begründung abgeschlossen werden, können auf die Besonderheiten vermieteter ETW keine Rücksicht nehmen. Fallstricke für den Verwalter kann es dennoch geben. Will der SE-Verwalter vertragsrelevante Erklärungen (z.b. eine Mieterhöhung oder Kündigung) abgeben, muss er wissen, ob er den Alleinvermieter vertritt. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Mieträume oder - flächen nach der Umwandlung nicht vollständig im SE des Auftraggebers des Verwalters stehen, sondern teilweise im SE eines anderen. Gleich steht der Fall eines Sondernutzungsrechts. In diesen Fällen werden sämtliche Eigentümer bzw. SNR-Inhaber Vermieter! 18

Vor allem Kellerflächen, die dem Mieter mitvermietet wurden, stehen nach der Umwandlung oft nicht im Eigentum desjenigen, dem die Wohnung gehört. Um diese Umwandlungsfalle zu vermeiden, ist bei Vorbereitung der WE-Begründung Sorgfalt geboten. Für den designierten Verwalter kann es sich lohnen, dem aufteilenden Eigentümer bei der Zuordnung unter die Arme zu greifen, um später Probleme zu vermeiden. Dennoch sind Divergenzen nicht immer zu vermeiden. Außerdem schützt das geltende Recht den Mieter vor den Folgen der Umwandlung nicht umfassend, was sich z.b. zeigt, wenn der Mieter Barrierefreiheit einfordert; ausf. Häublein, WuM 2013, 68. 19

Beschließen die Eigentümer, Baumaßnahmen durchzuführen, fragt sich, ob Mieter diese dulden müssen, sofern sie sich auf den Mietgebrauch auswirken. Im Mietrecht bestehen sehr detaillierte Vorschriften über die Duldungspflicht, die grundsätzlich eine Ankündigung der Maßnahmen erfordert. 555a BGB für Erhaltungsmaßnahmen 555d BGB für Modernisierungsmaßnahmen Diese Regelungen gelten aber nur im Verhältnis Mieter- Vermieter. Es ist Sache des vermietenden Eigentümers, die Duldungspflichten zu aktivieren. Dafür braucht er Informationen und Zeit! 20

Direkte Duldungsansprüche der Gemeinschaft bestehen oft nicht, sodass die Durchführbarkeit der Baumaßnahme davon abhängen kann, ob der Vermieter seine Ansprüche durchsetzt. In Betracht kommt aber, dass die Eigentümer gem. 10 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 WEG beschließen, die Ansprüche des Vermieters durch die Gemeinschaft geltend zu machen. Das ist aber umstritten und die Details sind ungeklärt. Sofern die Gemeinschaft diesen Weg beschreitet (etwa weil dies schneller geht, als gegen den Vermieter zu prozessieren), kommen auf den Verwalter erhebliche Herausforderungen zu, weshalb unbedingt beschlossen werden sollte, dass zur rechtlichen Umsetzung des Beschlusses ein Anwalt zu beauftragen ist. 21

Ziele des WEG 1950 und gegenwärtige Situation ca. 9.3 Mio. ETW (Zensus 2011) davon schätzungsweise 4-5 Mio. vermietet Entlastung des Wohnungsmarktes insb. in Ballungszentren ETW als Baustein der Altersvorsorge Auswirkungen auf die Vermieterstruktur Spezifische Interessenlagen, die im Rechtsverkehr häufig auftreten, erfordern spezifische, d.h. auf die Bedürfnisse der Parteien zugeschnittene Regelungen. Die Parteien darauf zu verweisen, selbst adäquate Regelungen zu treffen, ist ineffizient und widerspricht dem Konzept dispositiven Gesetzesrechts. Zum Folgenden ausführlich: Häublein, NZM 2014, 97 ff. 22

Wohnungseigentümer müssen sich an die beschlossene Hausordnung ebenso halten wie an andere (wirksame) Gebrauchsregelungen (s. 14, 15 WEG). Ob gebrauchsregelnde Beschlüsse gegenüber Mietern durchsetzbar sind, ist hingegen sehr umstritten. Wer einmal versucht hat, einem selbstnutzenden Eigentümer zu erklären, warum der Mieter eines Miteigentümers etwas tun darf, was dem Eigentümer infolge der Hausordnung versagt ist (z.b. das Halten eines Hundes), wird bestätigen, dass ein gewisses Akzeptanzproblem herrscht. 23

S. 1 (alt): Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. S. 2 (neu): Von den in 14 Nr. 2 genannten Personen können die Wohnungseigentümer einen ihren Beschlüssen entsprechenden Gebrauch verlangen, soweit es sich um einen ordnungsmäßigen Gebrauch handelt, der der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entspricht. 24

Daneben muss mietrechtlich der vertragsgemäße Gebrauch eingeschränkt werden, denn: Vermieter haben infolge der Pflichten gegenüber anderen Eigentümern ein schutzwürdiges Interesse an einer gesetzlichen Beschränkung des Mietgebrauchs. Mietern ist es grundsätzlich zumutbar, die WE-rechtl. Schranken des Gebrauchs einzuhalten Das gilt nicht nur für die gesetzlichen; denn es ist davon auszugehen ist, dass die Eigentümer bereits im Eigeninteresse keine exzessiven Schranken errichten Allerdings muss es dort Grenzen geben, wo nicht zu rechtfertigende Härten drohen und Mieter haben ein legitimes Informationsinteresse 25

Das Gebrauchsrecht des Mieters geht im Zweifel nur so weit, wie es WE-rechtlich zulässig ist. Der Vermieter muss aber darauf hinweisen, dass er WE vermietet Ferner sind Gebrauchsregelungen (Vereinbarungen und Beschlüsse) in Textform mitzuteilen Geschieht dies bei Vertragsschluss ohne Verschulden nicht, kann der Vermieter dies nachholen Der Mieter kann einen Härteeinwand erheben, wenn die Beschränkung für ihn, seine Familie o. Angehörige seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Nutzer des Gebäudes nicht zu rechtfertigen ist, wobei bei der Abwägung der Interessen der sonstige Inhalt des Vertrages und die Kenntnis des Mieters von der Gebrauchsregelung bei Vertragsschluss eine besondere Rolle spielen 26

Betriebskostenabrechnung: ein Dauerkonfliktfeld Gesetzgeber sollte daher Streitquellen vermeiden Die gegenwärtige Rechtslage wird dem nicht gerecht Wie gezeigt bestehen etliche Unterschiede zw. Jahres- und Betriebskostenabrechnung, die letztere angreifbar machen Konsequenzen für Vermieter und deren Verwalter sind, neben erheblichem Aufwand, Haftungsrisiken. Die Alternative einer wohnungsbezogenen Kostenerfassung, die Teile der Lehre befürwortet, hat sich bislang nicht durchgesetzt und es ist offen, ob der BGH ihr folgen wird (ich glaube eher nicht). 27

Die WE-rechtlichen Verteilungsschlüssel sollen mit dem Mieter vertraglich vereinbart werden. Das ist es leichter gesagt als getan, denn gerade private Vermieter kennen das Problem nicht oder sie kennen die tatsächlich geltenden Schlüssel nicht; das liegt auch daran, dass diese seit 2007 durch einfachen Mehrheitsbeschluss gem. 16 Abs. 3 WEG geändert werden können; Schließlich ist die Wirksamkeit von Anpassungsklauseln ungeklärt, weil Änderungen der Verteilungsschlüssel nicht beliebig zulässig sind ( 556a, 307 f. BGB, 6 Abs. 4 HeizKV). 28

Keine vollständige Angleichung von JA und Beko-Abr. Jahresabrechnung hat andere Funktionen Aber: Vermieter hat legitimes Interesse, Kosten nach dem Maßstab umzulegen, der im WE gilt Der Mieter hat ein Informationsinteresse, kann aber nicht auf die Geltung von 556a Abs. 1 BGB vertrauen. Vor nachträglichen Änderungen des Schlüssels sind Mieter unter bestimmten Voraussetzungen zu schützen. Grundsätzlich müssen Änderungen aber zulässig sein, denn Durch 16 Abs. 3 WEG wollte der Gesetzgeber u.a. Mietrecht und WEG aufeinander zubewegen; gegenwärtig besteht aber ein Wertungswiderspruch, weil der Inhalt des Eigentums weniger Bestandskraft hat als der Mietvertrag. 29

Umlage der Kosten i. Zw. nach WE-rechtlichem Maßstab Vermieter muss diesen in Textform mitteilen Übergabe zurückliegender (Jahres- oder Beko-)Abrechnung genügt, sofern diese den Maßstab deutlich ausweist Vermieter kann den Maßstab anpassen, wenn die Wohnungseigentümer diesen geändert haben oder bei Vertragsschluss kein oder ein falscher Maßstab mitgeteilt wurde Mieter kann Änderungen fristgebunden widersprechen, wenn die Änderung das Wirtschaftlichkeitsgebot verletzt oder sonst für den Mieter eine Härte bedeutet, die unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Bei Anfechtung von Kostenverteilungsbeschlüssen kann der Vermieter unter Vorbehalt anpassen und abrechnen. 30

Ergänzung der 566 ff. BGB (Übergang von Mietverhältnissen auf Erwerber) für Fälle der Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Objekten Hierzu wird ein neuer 577a BGB vorgeschlagen Dieser soll zum einen regeln, auf wen das Mietverhältnis übergeht Zum anderen sollen die Ansprüche des Mieters aus dem Mietvertrag auf die übrigen Eigentümer und die Gemeinschaft erstreckt werden, soweit dies zur Verwirklichung des vertragsgemäßen Gebrauchs des Mieters erforderlich ist Im übrigen sind Regelungen zu den Duldungspflichten gegenwärtig eher nicht zu empfehlen 31

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 32