Modul 1: Begriff und Historie - Geschichte und Struktur der Europäischen Union Europarecht Sommersemester 2012 Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M. Institut für Informations-, Telekommunikationsund Medienrecht (ITM)
2 Gliederung I. Einführung: Fragebogen II. Begriffsbestimmung Europarecht III. Geschichtliche Entwicklung 1. Zwischen den beiden Weltkriegen 2. Nach dem zweiten Weltkrieg 3. Vom Vertrag über eine Verfassung von Europa zum Vertrag von Lissabon IV. Struktur der Europäischen Union
3 Europarecht Begriffsbestimmung Europarecht im weiteren Sinne: Recht der europäischen internationalen Organisationen, z. B. Europarat Europarecht im engeren Sinne: Bis 31.11.2009: Recht der Europäischen Gemeinschaften EG, EAG (und bis 23.07.2002 EGKS) und der Europäischen Union Seit 1.12.2009: EUV, AEUV, GR-Charta
4 Geschichtliche Entwicklung I Nach WK I Coudenhove-Kalergi: Paneuropa ( Vereinigte Staaten von Europa, 1923), Vertrag von Locarno, 1925 Insgesamt kein echter Erfolg Nach WK II: Gründungsphase 13.07.1948: Brüsseler Pakt (später WEU) 04.04.1949: Gründung NATO 05.05.1949: Gründung Europarat 04.11.1950: Unterzeichnung EMRK 09.05.1950: Schuman-Deklaration
Geschichtliche Entwicklung II Gründung der Europäischen gemeinschaften 5 18.04.1951: Pariser Vertrag, Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Inkrafttreten: 23.07.1952, Ende: 23.07.2002) 27.05.1952: Unterzeichnung EVG (scheitert am 30.08.1954 in frz. Nationalversammlung) 25.03.1957: Unterzeichnung der Gründungsverträge für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft in Rom 25.03.1957: Unterzeichnung EWGV und EAGV in Rom (Inkrafttreten: 01.01.1958) 04.01.1960: Gründung EFTA (GB, Öst., Norw., Port., Schweden, Schweiz) (Inkrafttreten: 03.05.1960) 08.04.1965: Unterzeichnung Fusionsvertrag, Zusammenführung von EGKS, EWG und EURATOM zur EG (Inkrafttreten: 01.07.1967)
6 Geschichtliche Entwicklung III 1965: Krise der EG, frz. Politik des leeren Stuhls, Luxemburger Kompromiss 01.01.1973: Beitritt Großbritannien, Irland, Dänemark zu den Gemeinschaften 01.12.1981: Beitritt Griechenland zu den Gemeinschaften 07.02.1993: Unterzeichnung Vertrag von Maastricht über Gründung einer Europäischen Union 01.01.1986: Beitritt Portugal und Spanien zu den Gemeinschaften 17./18.02.1986: Unterzeichnung Einheitliche Europäische Akte (Inkrafttreten: 01.01.1987) 02.05.1992: Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) mit EFTA-Staaten (außer Schweiz) (Inkrafttreten: 01.01.1994)
7 Geschichtliche Entwicklung IV 07.02.1993: Unterzeichnung Vertrag von Maastricht über Gründung einer Europäischen Union, In-Kraft-Treten: 01.11.1993 01.01.1995: Beitritt Finnland, Schweden, Österreich zur EU 02.10.1997: Unterzeichnung Vertrag von Amsterdam (Inkrafttreten: 01.05.1999) 01.01.1999: Beginn der dritten Stufe der Währungsunion, Einführung Euro, Arbeitsstart EZB 07.12.2000: Proklamation der Grundrechtscharta 26.02.2001: Unterzeichnung Vertrag von Nizza (Inkrafttreten: 01.02.2003) 01.05.2004: Beitritt Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern (griechischer Teil) zur EU 25.04.2005: Unterzeichnung Beitrittsvertrag mit Bulgarien und Rumänien 01.01.2007: Beitritt Bulgariens und Rumäniens
8 Übersicht der Unionserweiterungen 1952 1973 1981 1986 1990 1995 2004 2007
Übersicht zur Entwicklung der europäischen Einigung bis zum Vertrag von Lissabon 9 Übersicht zur Entwicklung der europäischen Einigung bis zum Vertrag von Lissabon
10 Der Vertrag über eine Verfassung für Europa Entstehung: Verfassungskonvent (105 Mitgl., davon 72 direkt gewählte nat. o. europ. Abgeordnete repräs. Demokratie) Motive (Konferenz v. Laeken): neue Qualität der politischen Ordnung, verbesserte Legitimation, größere Bürgernähe Verlauf: Scheitert im Jahr 2005 wegen Ablehnung der Verfassung in Frankreich und den Niederlanden 19.12.2007: Unterzeichnung des Reformvertrags von Lissabon, inhaltlich orientiert am Verfassungsvertrag 01.12.2009: In-Kraft-Treten des Reformvertrags von Lissabon Mittel zur Zielverwirklichung: Konsolidierung, Vereinfachung der Verträge, Reform der Institutionen
11 Der Vertrag von Lissabon Inhalte Rechtsfähigkeit der Union (Art. 47 EUV) Institutionen: Europ. Rat: Präsident, Außenminister; Ministerrat (Art. 13-19 EUV): sog. doppelte Mehrheit (55% = mind. 15 MS und 65% der Bevölkerung); Aufwertung Europ. Parlament Verhältnis zu MS: Kompetenzabgrenzung; erweiterte Mögl. der verstärkten Zusammenarbeit Verbindlichkeit GR-Charta (Art. 6 EUV)
12 Die Struktur der Europäischen Union vor dem 01.12.2009 Europäische Union Art 1, 20 ff. EUV Europäische Gemeinschaften EG, EAG (EGKS bis 2002) GASP Art. 23 ff EUV PJZS Art. 82 ff AEUV Die Konstruktion der Europäischen Union als Tempelbau mit drei Säulen wurde aus Art. 1 Abs. 3 EUV a.f. hergeleitet Seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages wurden GASP und PJZS zu Aufgaben der EU, wobei die GASP weiterhin gesonderten Regeln und Verfahren unterliegt. Die bisherige Struktur der drei Säulen ist somit entfallen.
13 Die Struktur der Europäischen Union 1. Frühere erste Säule : EG und EAG / heute übergegangen in EU Ziele (Präambel) Zusammenschluss der Völker, Friedenssicherung, wirtschaftliche und politische Einigung, Abbau des Wohlstandsgefälles Aufgaben, Art. 3 EUV Magisches Viereck der Marktwirtschaft, vgl. Art. 3 Abs. 3 EUV, soziale Verantwortung Überblick über Struktur Rechtsfähigkeit in den Mitgliedstaaten Art. 335 AEUV und ggü. Drittstaaten Art. 47 EUV Handeln mit unmittelbarer Wirkung in MS, Art. 288 AEUV Deliktsfähigkeit, Art. 340 AEUV Eigener Haushalt, Art. 310 AEUV Eigene Organe, Art. 13 Abs. 1 EUV, und Hilfsorgane, Art. 13 Abs. 4 EUV
14 Die Struktur der Europäischen Union 2. Frühere zweite Säule : Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Intergouvernementale Struktur Zielkatalog, Art. 24 EUV Handlungsinstrumente, Art. 25 EUV Allgemeine Leitlinien, Art. 26 Abs. 1 EUV Gemeinsame Strategien, Art. 26 Abs. 2 EUV Gemeinsame Aktionen, Art. 28 EUV, z. B. Umsetzung eines Handelsembargos Gemeinsame Standpunkte, Art. 29, 34, 35 EUV Ausbau der regelmäßigen Zusammenarbeit, Art. 32 EUV Einstimmigkeit, Art. 31 EUV
15 Die Struktur der Europäischen Union 3. Frühere dritte Säule : Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen Entwicklung Schengen I, Schengen II, Dubliner Abk. Vertrag von Maastricht: ZBJI (Zusammenarbeit auf dem Gebiet Justiz und Inneres) Vertrag von Amsterdam: PJZS, Art 81 ff. AEUV Intergouvernementale Struktur (ähnelt GASP) Maßnahmen/ Handlungsformen, Art. 83 ff. AEUV Koordinierung und Gemeinsamer Standpunkt Rahmenbeschlüsse Beschlüsse mit anderem Regelungszweck, verbindlich, aber nicht unmittelbar wirksam Übereinkommen
16 Abschaffung der Säulenstruktur Abschaffung der Säulenstruktur durch den Vertrag von Lissabon: EU EU 1. Säule: 2. Säule: 3. Säule: Eur. Gemeinschaften GASP PJZS Vertrag von Lissabon Binnenmarkt GASP (bes. Regeln + Verfahren) Justiz und Inneres Umwelt Forschung Landwirtschaft Energie Entwicklung