Pressekonferenz Versicherungsbetrug: aktuelle Entwicklungen, Muster und ihre Abwehr Karsten John Leiter des Bereichs Finanzmarktforschung, GfK Finanzmarktforschung
Versicherungsbetrug na und? Repräsentative Studie 2011 GfK Finanzmarktforschung
Zwei Drittel aller Versicherten sehen die Versicherung als Gemeinschaft, die sich gemeinsam gegen ein versichertes Risiko schützen. Betrug würde diese Gemeinschaft schädigen und das Solidaritätsprinzip untergraben. Allerdings versteht knapp ein Drittel der Befragten dieses Prinzip nicht. Bei ihnen darf ein geringes Unrechtsbewusstsein in Bezug auf Versicherungsbetrug angenommen werden. Einstellungen der Befragten Alle Befragten Einer für alle alle für einen: Eine Versicherung besteht vor allem aus den Kunden der Versicherung, die zusammen eine Gemeinschaft bilden. 71% 18% 11%! Wer bei seiner Versicherung falsche Angaben macht, betrügt weniger das Versicherungsunternehmen als vielmehr die anderen Kunden seiner Versicherung. 69% 17% 14%! stimme zu/stimme voll und ganz zu Unentschieden stimme nicht zu/stimme überhaupt nicht zu 3
Jeder fünfte Deutsche sieht im Versicherungsbetrug nur ein Kavaliersdelikt, das fast jeder einmal begeht. Einstellungen der Befragten Alle Befragten Das macht fast jeder: Einmal die Versicherung übers Ohr hauen. 23% 25% 52% Es ist in meinen Augen ein Kavaliersdelikt, wenn man die Versicherung einmal mehr bezahlen lässt, als unbedingt nötig wäre. 21% 14% 65% stimme zu/stimme voll und ganz zu weiß nicht stimme nicht zu/stimme überhaupt nicht zu 4
Versicherungsbetrug ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, das in allen soziodemografischen Gruppen und Schichten auftritt. Große Unterschiede zwischen Altersgruppen, Geschlecht, Regionen oder Ortsgrößen gibt es kaum. Einstellungen der Befragten (Angaben der Top 2-Box-Werte) Es ist in meinen Augen ein Kavaliersdelikt, wenn man die Versicherung einmal mehr bezahlen lässt, als unbedingt nötig wäre Alter Geschlecht Region Ortsgröße 15-29 Jahre 30-39 Jahre 25% 22% Männlich 21% Norddeutschland Ostdeutschland 17% 24% bis 10.000 Einwohner 10.000-50.000 Einwohner 22% 20% 40-49 Jahre 17% 50.000-200.000 Einwohner 20% 50-59 Jahre 21% Weiblich 22% Süddeutschland 26% 200.000-500.000 Einwohner 13% 60-70 Jahre 22% Westdeutschland 18% 500.000 Einwohner 27% 5
Auch die Einschätzung, dass eine Versicherung relativ einfach zu betrügen ist, ist in allen Altersschichten vorhanden, nimmt jedoch mit dem Alter ab. Möglichkeiten zum Versicherungsbetrug nach Alter Bis 29 Jahre 79% 21% 30 bis 39 Jahre 76% 24% 40 bis 49 Jahre 73% 27% 50 bis 59 Jahre 66% 34% 60 Jahre und älter 53% 47% Ja, bei mindestens einer Versicherungssparte Nein, bei keiner Versicherungssparte 6
Die Möglichkeiten zum Versicherungsbetrug bestehen aus Sicht der Befragten am ehesten bei Hausrat- und Haftpflichtversicherung. 4 von 10 (über 40%!) glauben in diesen beiden Sparten verhältnismäßig leicht betrügen zu können. Möglichkeiten zum Versicherungsbetrug Alle Befragten Männlich Weiblich Hausratversicherung 43% 41% 45% Private Haftpflichtversicherung 41% 38% 45% Reisegepäckversicherung 26% 26% 25% Kfz-Haftpflichtversicherung 23% 25% 21% Kfz-Voll-/Teilkasko 23% 26% 20% Wohngebäudeversicherung 16% 16% 15% 7
In fast allen Sparten halten die Kunden die Möglichkeit, die Versicherung zu betrügen, heute für deutlich höher als vor 10 Jahren. Möglichkeiten zum Versicherungsbetrug Alle Befragten 2011 Hausratversicherung Private Haftpflichtversicherung 43% 41% Abweichung zu 2002 (in %-Punkten) 1 10 Kfz-Haftpflichtversicherung 23% 8 Kfz-Voll-/Teilkasko 23% 12 Wohngebäudeversicherung 16% 10 8
Mehr als jeder zehnte Haushalt gibt zu, schon einmal auf einen Versicherungsbetrug angesprochen worden zu sein. Die Ansprache findet in erster Linie durch Bekannte und Verwandte statt. Ansprache zum Versicherungsbetrug Alle Befragten Ansprache zum Versicherungsbetrug durch Alle Befragten Ja, von einem Bekannten 8% Ja, von einem Verwandten 2% 88% 12% Ja, von einem Unbekannten Ja, von einem Mitarbeiter einer Werkstatt 1% 1% ja nein Ja, von einem Versicherungsvermittler Ja, von einem Verkäufer (im Einzelhandel) 1% 1% 9
Insgesamt geben 4 Prozent der Haushalte zu, in den letzten 5 Jahren einen Versicherungsbetrug begangen zu haben, weitere 7 Prozent wissen von einem konkreten Versicherungsbetrug. Auch die Grauzone ist mit weiteren 11 Prozent erheblich. Fazit: gut jeder zehnte Schaden ist wahrscheinlich auch ein Betrugsdelikt! Versicherungsbetrug in den letzten 5 Jahren Teilgruppe: Schaden in den letzten 5 Jahren Grauzone 4% 7% 11% 78% 0% Ja keine Äußerung haben davon erfahren Nein Ansprache zum Versicherungsbetrug im Bekannten-/ Freundeskreis in den letzten 5 Jahren Alle Befragen 12% 88% Ja weiß nicht Nein 10
Bestimmte Muster beim Versicherungsbetrug sind typisch. Am häufigsten wird der wahre Schadensverlauf etwas anders dargestellt, wenn der Versicherungsschutz für den tatsächlichen Hergang nicht gegeben wäre. Jeder sechste Versicherungsbetrüger nutzt auch das Internet zum Einholen von Tipps und Tricks. Teilgruppe: Versicherungsbetrüger Versicherungsbetrug in den letzten 5 Jahren 96% ja nein 4% 16% 84% Art des Versicherungsbetrugs Es lag tatsächlich ein Schaden vor, der aber nicht versichert war, sodass der wahre Schadenverlauf etwas anders dargestellt wurde. Die Höhe des Schadens war übertrieben. Es wurde ein Schaden angegeben, der gar nicht eingetreten war. Ein Schaden wurde absichtlich herbeigeführt. Einholen von Tipps und Tricks in Internetforen vor dem Versicherungsbetrug. 4% 0% 33% 64% 11
Klare Kommunikation der Folgen eines Versicherungsbetrugs hat eine abschreckende Wirkung: Etwa drei Viertel der befragten Versicherungsbetrüger hätte den Betrug unterlassen, wenn Ihnen die Konsequenzen deutlicher gewesen wären. Eine klare Kommunikation hilft, Betrug zu vermeiden, zumal lediglich jeder vierte Versicherungsbetrüger im Fall eines Versicherungsbetrugs mit einer Anzeige oder der Kündigung des Vertrages rechnet. Versicherungsbetrug trotz folgender Maßnahmen? Teilgruppe: Versicherungsbetrüger Reaktionen der Versicherungen im Betrugsfall Meinung aller Befragten Hätten Sie gegenüber Ihrer Versicherung auch dann falsche Angaben gemacht, wenn? Die Versicherung Anzeige durch die Versicherung erstattet würde der Versicherungsvertrag gekündigt wird 73% 77%! 27% 23% verweigert die Zahlung erstattet Anzeige bei der Polizei kündigt den Versicherungsvertrag zahlt nur einen Teilbetrag 10% 42% 41% 49%!! die Bearbeitungskosten von Ihnen zurückgefordert würden 80% 20% zahlt trotzdem 5% Nein Ja 12
Die Befürchtung, bereits für einen kleinen Versicherungsbetrug bestraft zu werden, ist in der Gesamtbevölkerung gleichwohl relativ hoch. Aber: Falsche Angaben gegenüber einer Versicherung ist für die Befragten weniger schlimm als Diebstahl in einem Geschäft. Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung im Betrugsfall Meinung aller Befragten Aufdeckung des Versicherungsbetruges durch die Versicherung Teilgruppe: Versicherungsbetrüger 74% 26% 17% 83% ja nein ja nein Bewertung von Handlungen Alle Befragten (sehr) schlimm In einem Geschäft was stehlen 89% (Gar) nicht schlimm 7% Falsche Angaben gegenüber einer Versicherung machen Falsche Angaben bei der Steuerklärung 83% 75% 7% 8% Schwarzfahren 68% 12% 13
Studiendesign Methode: Telefonische Interviews (CATI) Thema: Versicherungsbetrug in Deutschland Zielgruppe: Bevölkerungsrepräsentativ in Deutschland Sample: ADM Mastersample; n=1.001 Interviews Feldzeit: 1. Halbjahr 2011 14