Vereinigung Zürcher Internisten; Symposium 2013 7. Februar 2013, World Trade Center, Zürich

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Transkript:

Vereinigung Zürcher Internisten; Symposium 2013 7. Februar 2013, World Trade Center, Zürich Borreliose Helen Kovari, Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene (helen.kovari@usz.ch)

Zeckenstich und Übertragung von Krankheitserregern in Mitteleuropa Lyme-Borreliose (Borrelia burgdorferi) Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) Ehrlichiose (Anaplasma phagocytophilum) Tularämie (Francisella tularensis) Rickettsiose (Rickettsia helvetica) Neoehrlichiose (Candidatus Neoehrlichia mikurensis) Dokumentenname Datum Seite 1

Dokumentenname Datum Seite 2

Maurer FP et al. J Clin Microbiol 2013 Jan;51(1):169-76. Dokumentenname Datum Seite 3

Zeckenstiche: Aktuelle Lage in der Schweiz Arztbesuche wg Zeckenstichen 2008 20 000 2009 20 000 2010 20 000 2011 20 000 2012 20 000 Lyme-Borreliose 2008 10 000 2009 9 000 2010 7 000 2011 10 000 2012 10 000 BAG, Stand: 25.10.2012 FSME 2004 121 2005 189 2006 229 2007 104 2008 119 2009 111 2010 87 2011 161 Dokumentenname Datum Seite 4 2012 82

Lyme-Borreliose Dokumentenname Datum Seite 5

Lyme-Borreliose Borrelia burgdorferi sensu latu B.b. sensu strictu B.afzelii B.garinii arthrotrop dermatotrop neurotrop Dokumentenname Datum Seite 6

Älteste humane Infektion mit Borrelia burgdorferi Keller A. et al. Nature Communications 2012; 3:698. Dokumentenname Datum Seite 7

Ixodes ricinus In der Schweiz Zecken in 5-30% (bis 50%) infiziert mit Borrelia burgdorferi. Übertragungsrate der Borrelien steigt mit Saugdauer: >72h =100%. Nymphen: Hauptüberträger Haften länger, werden weniger schnell bemerkt Larven kaum infiziert Borrelien-Seroprävalenz in der Schweizer Bevölkerung 10% (in Risikogruppen bis 40%). Dokumentenname Datum Seite 8

Endemiegebiete Lyme-Borreliose = häufigste vektorübertragene bakterielle Infektion in den temperierten Zonen der nördlichen Hemisphäre; <1500 m ü.m. Dokumentenname Datum Seite 9

Lyme Borreliose Inzidenz in Europa Schweiz 2012: 83/100 000 www.eucalb.com Dokumentenname Datum Seite 10

Ursachen für die Inzidenzzunahme Erhöhte Wahrnehmung in der Bevölkerung Erhöhte Wahrnehmung bei den Ärzten Veränderte ökologische Faktoren -> Einzugsgebiet der Zecke zunehmend -weitern nördlich, höher in den Alpen -Wechsel des saisonalen Verhaltens der Zecken (Winter-Aktivität) Änderungen des menschlichen Verhaltens (höheres Expositionsrisiko) Gray JS et al. Effects of climate change on tics and tickborne diseases in Europe. Interdiscip Perspect Infect Dis 2009. Dokumentenname Datum Seite 11

Krankheitsstadien der Lyme-Borreliose Früh-lokalisiert (Stadium I) 3 bis 30 Tage Früh generalisiert (Stadium II) Wochen bis Monate Spät/chronisch (Stadium III) Monate bis Jahre Erythema migrans Benignes Lymphozytom Arthritis Frühe Neuroborreliose Meningo-Radikulitis, Meningitis Hirnnervenausfälle Späte Neuroborreliose Polyneuropathie Myelitis Enzephalitis Vaskulitis Karditis AV-Block II, III, selten Myokarditis, Pankarditis Acrodermatitis chronica atrophicans Dokumentenname Datum Seite 12

Fall 1 Dokumentenname Datum Seite 13

38-jährige Frau Notfallmässige Vorstellung Schmerzloser Hautbefund seit 7 Tagen Langsame Ausdehnung Kein Zeckenstich erinnerlich Klinischer Status Wenig Fieber ansonsten bland Dokumentenname Datum Seite 14

Wie weiter? Borrelienserologie? Doxycyclin 2x100mg p.o. für 10 Tage? Borrelien-Serologie, Beginn mit Doxycyclin p.o., Nach 4 Wochen Verlaufsserologie? Dokumentenname Datum Seite 15

Erythema migrans 80-90% aller gemeldeter Borreliose Fälle 1-3 Einzige Lyme-Manifestation, die rein klinisch gestellt wird Makula oder Papel nach 3 bis 30 Tagen, anuläre Läsion nach Tagen bis Wochen, oft zentrale Abheilung Für Diagnose Durchmesser von 5cm gefordert Zusätzlich systemische Symptome: in Europa in 23%-50% (USA bis 80%) Selten multiple Erythema migrans (hämatogene Streuung) Ohne Antibiotika: spontane Rückbildung innerhalb Wochen bis Monate Mit Antibiotika: Regredienz innerhalb von Tagen Dandache P, Nadelman RB. Erythema migrans. Infect Dis Clin N Am 2008. 1 BAG 2010. 2 Fülop B et al. Parasitol Res 2008. 3 Bacon RM et al. MMWR Surveill Summ 2008. Dokumentenname Datum Seite 16

Differentialdiagnose Insektenstich Dokumentenname Datum Seite 17

Serologie Dokumentenname Datum Seite 18

Indikationen für eine Lyme-Serologie Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie ;Schweizerische Ärztezeitung 2005;86. Dokumentenname Datum Seite 19

Labordiagnostik - Serologie 1. Suchtest: ELISA Nachweis von Antikörpern (IgG und IgM) gegen Borrelien Hohe Sensitivität, geringere Spezifität häufig falsch positiv Sensitivität und Spezifität abhängig vom Stadium der Erkrankung und vom Test 2. Bestätigungstest: Westernblot Erfasst verschiedene spezifische Antikörper gegen Moleküle von B.burgdorferi In den letzten Jahren Verbesserung der serologischen Teste, v.a. Immunoblot (neue Antigene, Steigerung der Sensitivität). Dokumentenname Datum Seite 20

Bemerkungen zur Serologie Serokonversion IgM 3-5 Wo nach Infektion IgG 6-8 Wochen nach Infektion Im Verlauf oft keine Änderung der Antikörpertiter; auch IgM können über Jahrzehnte positiv bleiben Ø Keine Aussage über die Aktivität der Erkrankung, lediglich, dass früherer Erregerkontakt stattfand Ø Keine Verlaufs- oder Therapiekontrolle Ø Dient nur zur Unterstützung der klinischen Diagnose Ø Keine Therapie bei positiver Serologie ohne passende Klinik! Dokumentenname Datum Seite 21

Wie weiter? Borrelienserologie? Doxycyclin 2x100mg p.o. für 10 Tage? Borrelien-Serologie, Beginn mit Doxycyclin p.o., Nach 4 Wochen Verlaufsserologie? Dokumentenname Datum Seite 22

Fall 2 Dokumentenname Datum Seite 23

47-jähriger Hausarzt Selbstzuweisung im Oktober wegen Vd.a. Neuroborreliose Ende August flüchtiges Exanthem im Bereich des linken Unterbauchs mit Ausbreitung nach inguinal links 2 Wochen später: Starke symmetrische krampfartige Schmerzen und Hyperästhesien in beiden Waden Innerhalb 3 Wochen Aufsteigen bis in die Schultern Keine senso-motorischen Ausfälle Häufige Spaziergänge im Wald; kein Zeckenstich erinnerlich Dokumentenname Datum Seite 24

47-jähriger Hausarzt Klinischer Status Bland Labor Hb 13.1 g/dl, Thrombozyten 199 000/μl, Leukozyten 10 300/μl, Neutrophile 11 000/μl CRP 7.5 mg/l, Krea 86 μmol/l, Transaminasen normal Borrelienserologie ELISA: IgG positiv, IgM negativ Immunoblot: IgG grenzwertig positiv, IgM negativ Dokumentenname Datum Seite 25

Wie weiter? Beginn einer Behandlung mit Ceftriaxon 2g/d i.v.? Beginn einer Behandlung mit Doxycyclin p.o.? Weitere Diagnostik? Beobachten des weiteren Verlaufs? Dokumentenname Datum Seite 26

47-jähriger Hausarzt Liquor Zellzahl 250/ul, vorwiegend mononukleäre Lymphozyten, Glucose 2.6 mmol/l, Laktat 1.9 mmol/l, Protein 2.07 g/l Gramfärbung, Ziehl-Neelsen, Methylenblau: keine Mikroorganismen Serologien (Blut und/oder Liquor) HSV, VZV, CMV, HIV, FSME negativ B.burgdorferi Serum: IgG+/IgM+; Gesamt-IgG Konzentration 0.36 g/l Liquor: IgG+/IgM+, Gesamt-IgG Konzentration 1.29 g/l Ø Nachweis einer intrathekalen Antikörper-Bildung Dokumentenname Datum Seite 27

SERUM LIQUOR Immunoblot IgG - p 100 - - - p 41 + ++ - p 39 - - - Osp A - - - Osp C - - - p 41i - + - p 18 - - Immunoblot IgM - p 100 - - - p 41 - ++ - p 39 - - - Osp A - - - Osp C - - - p 41i - ++ - p 18 - - Dokumentenname Datum Seite 28

47-jähriger Hausarzt Beurteilung 1) Vd.a. Polyradikulitis bei Lyme-Borreliose Therapie Ceftriaxon 2g/d i.v. für 3 Wochen Verlauf Remission der Beschwerden innert weniger Tage Dokumentenname Datum Seite 29

Neuroborreliose Dokumentenname Datum Seite 30

Neuroborreliose Früh-disseminiertes Stadium (II) Spät / chronisch (III) Aseptische Meningitis - Kopfschmerzen, wenig Meningismus - USA >> Europa; Kinder >> Erwachsene Hirnnervenparese - am häufigsten Facialisparese: 30-50% bilateral - Andere Hirnnerven werden selten befallen Bannwarth Syndrom (lymphocytäre Meningo-radiculo-neuritis) - Meningitis - Radiculitis: - Schmerzen (Brennen, Hyperästhesien) - mot. Defizite, Parese > sens. Defizite - Paresen sind eher asymmetrisch - können migrieren - Sehr schnelle Regredienz unter AB Chron. axonale Polyradiculoneuropathie - distale, symmetrische Parästhesien - +/- sens. Defizite (Hypoästhesie, Pallästhesie) - langsame Besserung unter AB-Therapie sehr selten: Myelitis - spastisch-ataktischer Gang - schwere Fälle: Parese - Nykturie Encephalitis Zerebrale Vaskulitis - akute Manifestation mit Hirninfarkten u. Infarkten der Medulla oblongata - Neuritis: - eher asymmetrisch wie Mononeuritis - Defizite (v.a. sensible/sensorische) häufiger Dokumentenname Datum Seite 31

Diagnose der Neuroborreliose Passende Klinik Pleozytose Suchtest im Serum und Liquor Bestätigungstest im Serum und Liquor Nachweis einer intrathekalen Antikörperproduktion PCR im Liquor wenig sensitiv (<30%) Dokumentenname Datum Seite 32

Diagnose der Neuroborreliose Diagnosekriterien der European Federation of Neurological Societies 1 1) Neurologische Symptome 2) Liquor Pleozytose 3) intrathekale Borrelien Antikörperproduktion 3 Kriterien erfüllt Neuroborreliose sicher 2 Kriterien erfüllt Neuroborreliose möglich PCR und Kultur aus Liquor: zur Bestätigung bei Symptomdauer <6 Wochen 1 EFNS guidelines on the diagnosis and management of European Lyme neuroborreliosis. Eur J Neurol 2010. Dokumentenname Datum Seite 33

Lancet Neurol. 2008 Aug;7(8):690-5 Dokumentenname Datum Seite 34

Therapie der Neuroborreliose Richtlinien der European Federation of Neurological Societies 1 Akute Neuroborreliose (<6 Mt) Peripheres Nervensystem und Meningitis: -Doxycyclin 200 mg/d p.o. für 2 Wochen oder -Ceftriaxon 2g/d i.v. für 2 Wochen ZNS mit Parenchymbefall -Ceftriaxon 2g/d i.v. für 2 Wochen Späte Neuroborreliose (>6 Mt) -Ceftriaxon 2g/d i.v. für 3 Wochen Symptomdauer >6 Mt nach Standardtherapie = Post-Lyme disease keine weiteren Antibiotika Dokumentenname Datum Seite 35 1 EFNS guidelines on the diagnosis and management of European Lyme neuroborreliosis. Eur J Neurol 2010.

Fall 3 Dokumentenname Datum Seite 36

39-jährige Angestellte Zuweisung ins infektiologische Ambulatorium Seit 2010 chronische Müdigkeit und generalisierte Gelenksschmerzen unklarer Ätiologie. Im Sommer 2008 Zeckenstich ohne Erythema migrans oder anderen Lyme- Manifestationen. Vorgängig Konsultationen bei verschiedenen Ärzten. St.n. mehreren Antibiotika-Therapien (bis zu 2 Monate pro Zyklus). Dokumentenname Datum Seite 37

39-jährige Angestellte Borrelien-Serologien 11/2010 ELISA IgG und IgM negativ. 02/2011 ELISA IgG und IgM negativ. 08/2011 ELISA IgG schwach positiv, IgM negativ. Westernblot negativ. 01/2012 ELISA IgG und IgM negativ. Die Patientin ist überzeugt, dass die Symptome auf eine ungenügend behandelte chronische Lyme-Borreliose zurückzuführen sind. Sie möchte einen Lymphozytenstimulationstest sowie eine intravenöse Therapie. Dokumentenname Datum Seite 38

Chronic Lyme Disease Marques A. Chronic Lyme Disease: A Review. Infect Dis Clin N Am; 22 (2008): 341-360. Dokumentenname Datum Seite 39

Chronic Lyme Disease Heterogene Patientenpopulation Spät- oder Langzeitmanifestationen einer Borreliose Persistierende Symptome nach Behandlung = Post-Lyme Syndrom Unklare Symptome oder andere Diagnose bei St.n. Borreliose Andere klar definierte Diagnose ohne Hinweis für Borreliose Symptome unklarer Aetiologie ohne klinische oder laborchemische Evidenz für eine Borreliose Hassett AL et al. Psychiatric co-morbidity and other psychological factors in patients with Chronic Lyme disease. Am J Med 2009. : 240 Patienten mit chronischer Borreliose : 19% aktive Borreliose, 10% Post-Lyme-syndrom, 70% ohne Evidenz für aktive oder durchgemachte Borreliose. Von letzteren (169 Patienten) erhielten 114 mind ein Therapiezyklus Antibiotika, teils Monate bis Jahre. Dokumentenname Datum Seite 40

Dokumentenname Datum Seite 41

Post-Lyme Syndrom 1. Evidenz für frühere Lyme Borreliose: klinisch und labormässig 2. Adäquate, stadiengerechte Therapie 3. Keine Evidenz einer aktiven Infektion 4. Persistierende Symptome während mehr als 6 Monate mit Müdigkeit, Myalgien, Arthralgien, objektiverte, kognitive Dysfunktion, radikuläre Beschwerden 5. Symptome haben innert 6 Mt nach der Lyme Borreliose begonnen. 6. Keine objektivierbaren Defizite Voraussetzung 7. Systematischer Ausschluss anderer Erkrankungen 8. Ausschluss einer psychiatrischen Erkrankung oder Sucht Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie ;Schweizerische Ärztezeitung 2005;86. Dokumentenname Datum Seite 42

Post-Lyme Syndrom Prävalenz dieser unspezifischen Symptome in der Allgemeinbevölkerung hoch 1, 2 Postinfektiöses Fatigue-Syndrom: - abhängig vom Schweregrad der Infektionskrankheit (analog Post-Lyme Syndrom) - Auftreten ähnlich häufig wie das Post-Lyme Syndrom nach Borreliose keine Evidenz für eine persistierende Infektion Infektiös getriggerte autoimmunologische Prozesse postuliert In mehreren klinischen Studien keine Evidenz für Langzeit-Antibiotika-Therapien Interventionell kontrollierte randomisierte Studien für andere Therapieansätze notwendig 1 Cerar D et al. Am J Med 2010. 2 Skogman BH. Pediatr Infect Dis J 2008. 3 Marques A. Chronic Lyme disease: a review. Infect Dis Clin N Am 2008. Dokumentenname Datum Seite 43

Case definition for diagnosis and management in Europe Stanek G et al. Clinical Microbiology and Infection. 2011; 17 (1). Dokumentenname Datum Seite 44

Unseriöse Tests" Dokumentenname Datum Seite 45 Auwaerter PG et al. Antiscience and ethical concerns associated with advocacy of Lyme disease. Lancet 2011.

Referenzen Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie: www.sginf.ch European Union Concerted Action on Lyme Borreliosis (EUCALB): www.eucalb.com Infectious Diseses Society of America (IDSA) Guidelines: Final report of the lyme disease review panel of the IDSA. CID, 2010; 51(1):1-5. Bundesamt für Gesundheit (BAG): Borreliose/Lyme-Krankheit www.bag.admin.ch Dokumentenname Datum Seite 46