Der Film als Instrument zur Medienkritik David Cronenbergs existenz. (Scheuermann, Jennifer; 2010)



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Abstract Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit von Jennifer Scheuermann steht das Verhältnis der Medien Videospiel und Film. Am Beispiel des Filmes existenz (R: David Cronenberg, Kanada/United Kingdom, 1999) wird folgenden Forschungsfragen nachgegangen: Inwieweit und auf welche Art und Weise formuliert der Film existenz von David Cronenberg eine medienkritische Position? Und: Inwieweit und auf welche Art und Weise schafft es der Film als Medium, sich dabei sowohl formal als auch inhaltlich von seiner eigenen Medienkritischen Position zu distanzieren oder weist er sich vielmehr selbst als Objekt seiner medienkritischen Darstellung aus? Den theoretischen Rahmen der Arbeit bilden die Medientheorien von Marshall McLuhan, Jean Baudrillard, die Kritischen Theorie und die Dispositiv-Theorie von Jean Louis Baudry. Die Verfasserin kommt zu dem Ergebnis, dass der Film das Szenario einer medieninduzierten Entgrenzung des menschlichen Körpers, der menschlichen Psyche sowie der menschlichen Identität inszeniert. Durch das Aufzeigen der Darstellungen des Aufbrechens der Leiblichkeit, der Vervielfältigung der Körperlichkeit, des Verlusts der Identität und der Vermischung von Realem und Virtuellem sowie der durch das Spielsystem stattfindende Fremdbestimmung werden Rückschlüsse auf das theoretische Fundament der Arbeit gezogen und das medienkritische Potenzial des Films herausgestellt. In Hinblick auf die zweite Forschungsfrage wird deutlich gemacht, dass sich der Film als Objekt seiner eigenen medienkritischen Position ausweist, da er diese entlang eines Mediums formuliert, welche sich hinsichtlich weitreichender Aspekte der medialen Beschaffenheit des Films annähert. So steht nicht nur der durch das Spiel hervorgerufene Realitätsverlust einer durch die Struktur des Films induzierten Orientierungslosigkeit gegenüber, auch der beiderseits entkörperlichte Rezeptionszustand stützt unter anderem dieses Ergebnis.

Der Film als Instrument zur Medienkritik David Cronenbergs existenz (Scheuermann, Jennifer; 2010)

Inhalt 1. Einleitung... 5 2. existenz Eine Hinführung... 7 3. existenz ein Videospiel? Definition zentraler Begriffe... 9 4. Sind Video- und PC-Spiele Medien?... 12 5. Das mediale Dispositiv des Films und des Videospiels... 14 5.1 Der Apparat und die Raumstruktur im kinematografischen Dispositiv... 16 5.2 Der Rezipient im kinematografischen Dispositiv... 17 5.3 Programminhalte im kinematografischen Dispositiv... 18 5.4 Der Apparat und die Raumstruktur im Dispositiv des Videospiels... 18 5.5 Der Rezipient im Dispositiv des Videospiels... 19 5.6 Programminhalte im Dispositiv des Videospiels... 21 5.7 Das Verwischen der dispositiven Grenzen... 22 6. Medienkritik und Medienreflexion in der theoretischen Auseinandersetzung... 24 6. 1 Die Kolonialisierung des menschlichen Körpers durch Medien: Marshall McLuhan und Jean Baudrilliard... 24 6. 2 Die Kolonialisierung des menschlichen Bewusstseins durch Medien: Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule nach Max Horkheimer und Theodor Adorno... 28 7. Methodisches Vorgehen und Vorbereitung der Analyse... 30 8. Analyse I... 33 8.1 Der Apparat der Spielsysteme im Film existenz... 33 8.2 Rezeption: Das Verhältnis von Mensch und Medium im Film existenz... 41 8.3 Das Verhältnis von innerfilmischer Realität und medialer Simulation im Film existenz... 52 9. Zwischenfazit: Die medienkritische Position des Films existenz... 58 10. Analyse II... 60 10.1 Distanzierungsmomente des Films existenz gegenüber seiner eigenen medienkritischen Positionierung... 60 10.2 Berührpunkte des Films existenz mit seiner eigenen medienkritischen Positionierung... 64 11. Fazit und Forschungsausblick... 71 12. Literaturverzeichnis... 74 3

Anhang I. Abbildungsverzeichnis... 80 II. Sequenzprotokoll... 84 III. Einstellungsprotokolle... 93 Einstellungsprotokoll 1: Der erste Testlauf von existenz... 93 Einstellungsprotokoll 2: Die Flucht... 98 Einstellungsprotokoll 3: Gas Station... 100 Einstellungsprotokoll 4: Get in Touch... 108 Einstellungsprotokoll 5: Teds Bioport... 110 Einstellungsprotokoll 6: Der erste Ausflug in die virtuelle Welt von existenz... 127 Einstellungsprotokoll 7: Im Hinterzimmer... 139 Einstellungsprotokoll 8: Der Kuss... 147 Einstellungsprotokoll 9: Die Unterbrechung des Spielverlaufs von existenz... 151 Einstellungsprotokoll 10: Der Mord... 162 Einstellungsprotokoll 11:Die letzte Schlacht... 197 Einstellungsprotokoll 12: Are we still in a game?... 208 4

1. Einleitung Die Filmgeschichte, von ihren Anfängen bis heute, liefert zahlreiche Beispiele, welche den Film als ein mögliches Instrument der Medienkritik ausweisen. Während sich etwa Sidney Lumet mit Network, Oliver Stone mit Natural Born Killers oder Peter Weir mit The Truman Show kritisch mit dem Fernsehen beziehungsweise den Produktionsverhältnissen des Fernsehsystems auseinandersetzen, werden für Filme wie Johnny Mnemonic von Robert Longo oder The Thirteenth Floor von Josef Rusnak neue, computerbasierte Medien zum zentralen Gegenstand der kritischen Bezugnahme. In der bisherigen öffentlichen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung wurde auch für David Cronenbergs Film existenz vielfach eine solche medienkritische Grundhaltung gegenüber computerbasierten Medientechnologien angenommen. So beschreibt etwa Andreas Jahn-Sudermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Georg- August-Universität Göttingen, die durch existenz illustrierte Medienerfahrung als ein alptraumhaftes Szenario: Andererseits bietet etwa existenz wahrlich keine behagliche Vision einer spielerischen Cyberzukunft, sondern schreibt eher jene filmischen Narrationen fort, welche das Spielerlebnis als Albtraum einer Ununterscheidbarkeit oder Entgrenzung von Virtual Reality und Real Life ausstellen. 1 Marcus Stiglegger, wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Mainz, bescheinigt Regisseur David Cronenberg sogar prinzipiell eine medienkritische Grundhaltung. [Es, Anm. d. A.] ist also stark anzunehmen, dass Cronenbergs eigene Intentionen, sich dieses Themas der trancendenz der existenz [Herv. i. O.] anzunehmen eine durchweg medienpessimistische Grundhaltung ist. 2 Bereits anhand der angeführten Positionen wird deutlich, dass sich existenz offenbar einer kritischen Reflexion digitaler Medientechnologien widmet. Auf diese Weise schließt David Cronenberg mit seinem Film an einen nach wie vor aktuellen gesellschaftlichen Diskurs an. Obwohl Computer- und Videospiele seit über 20 Jahren einen festen und stetig wachsenden Anteil an der Unterhaltungsindustrie ausmachen, ist die wissenschaftliche und öffentliche Wahrnehmung dieser Medien kontrovers und nach wie vor häufig negativ geprägt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist es nicht mehr zu verkennen, dass sich das Computerspiel als feste Größe in der Medienlandschaft etabliert hat. (...) Gleichzeitig aber stehen Computerspiele noch immer in einem denkbar schlechten Ruf. 3 1 2 3 Jahn-Sudmann, Andreas (2007), Spiel-Filme und das postklassische/postmoderne (Hollywood )Kino: Zwei Paradigmen, in: Leschke, Rainer/Venus, Jochen (Hg.), Spielformen im Spielfilm, Bielefeld: transcript, S. 160 Stiglegger, Marcus (2007), Prometheischer Impuls und Digitale Revolution? Kino, Interaktivität und Reißbrettwelten, in Leschke, Rainer/Venus, Jochen (Hg.), Spielformen im Spielfilm, Bielefeld: transcript, S. 104 Hartmann, Bernd (2004), Literatur, Film und das Computerspiel, Münster: LIT-Verlag S.7 5

Der Film existenz stellt jedoch nicht nur einen Diskursbeitrag zu der kritischen und reflektierenden Auseinandersetzung mit dem Medium Computerspiel dar, sondern leistet darüber hinaus eine Kommentierung des spezifischen Verhältnisses der Medien Film und Computerspiel. So machen nicht zuletzt die Verfilmungen von erfolgreichen Video- und Computerspielen, die Entwicklung von Videospielen nach einer Filmvorlage oder die Nutzbarmachung von jeweils für das andere Medium spezifischen ästhetischen Gestaltungsmitteln deutlich, dass sich die Medien Film und Videospiel in einem Prozess der gegenseitigen Annäherung befinden. In den letzten Jahren (...) hat die Beschäftigung mit dem Verhältnis zwischen Film und Videospiel einen eigenen Aufschwung erfahren. Ästhetische, thematische und dramaturgische Berührpunkte wurden und werden diskutiert. 4 Aus dieser zunehmenden Konnexion und dem damit einhergehenden Wunsch nach Abgrenzung erwächst eine zentrale Motivation für eine kritische Auseinandersetzung des Mediums Film mit dem Medium Videospiel, welche gleichzeitig die Frage aufwirft, ob durch die vielfältige strukturelle Verflechtung dieser Mediengattungen eine gegenseitige kritische Bezugnahme überhaupt möglich ist. Dieser spezifische Sachverhalt soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit am Beispiel von David Cronenbergs existenz näher analysiert werden. In einem ersten Schritt soll dafür die medienkritische Position des Films entlang folgender Forschungsfrage genauer bestimmt werden: Inwieweit und auf welche Art und Weise formuliert der Film existenz von David Cronenberg eine medienkritische Position? Die analytische Erforschung der medienkritischen Position des Films existenz soll schließlich dazu qualifizieren, in einem zweiten Schritt die Distanzierungsmöglichkeiten des Films gegenüber seiner eigenen medienkritischen Position zu untersuchen. Die weiterführende Analyse soll sich dabei entlang folgender Forschungsfrage strukturieren: Inwieweit und auf welche Art und Weise schafft es der Film als Medium, sich dabei sowohl formal als auch inhaltlich von seiner eigenen medienkritischen Position zu distanzieren oder weist er sich vielmehr selbst als Objekt seiner medienkritischen Darstellung aus? 4 Distelmeyer, Jan (2007), Spielräume. Videospiel, Kino und die intermediale Architektur der Film-DVD, in Leschke, Rainer/Venus, Jochen (Hg.), Spielformen im Spielfilm, Bielefeld: transcript, S. 389. 6

2. existenz Eine Hinführung Am 16. Februar 1999 feierte der Film existenz von Regisseur David Cronenberg im Rahmen des internationalen Filmfestivals in Berlin Weltpremiere und wurde in der Kategorie Outstanding Artistic Achievement mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. Nach dem 1983 erschienen Videodrome ist existenz der zweite Film, für welchen der Kanadier David Cronenberg nicht nur als Regisseur, sondern auch als Drehbuchautor fungierte. 5 Der Film widmet sich entlang der Thematisierung künstlicher, mittels Medientechnologien erschaffener Realitäten, zentralen Motiven des Science-Fiction Genres und verbindet diese mit Elementen des Thrillers. existenz, das ist der Name der neuen und revolutionären Kreation der Spieldesignerin Allegra Geller, dargestellt von Jennifer Jason Leigh. Diese innovative Medientechnologie wird jedoch nicht wie zeitgenössische Videospiele über eine Konsole gesteuert und über einen Bildschirm angezeigt, sondern über eine künstliche Öffnung am Rücken der Spielteilnehmer, dem sogenannten Bioport, mit ihrem Nervensystem verbunden. Das Spielgeschehen selbst manifestiert sich dabei als inkorporiertes Erlebnis direkt im Kopf des Spielers. Dass eine solche, den menschlichen Körper für sich einnehmende Medientechnik nicht nur Befürworter, sondern auch Feinde hat, zeigt sich bereits während des ersten öffentlichen Probelaufs von existenz. Unter dem Testpublikum befindet sich ein Attentäter, der einen Anschlag auf das Leben von Allegra Geller verübt. Diese entkommt nur knapp, indem sie gemeinsam mit dem Marketing-Trainee Ted Pikul, alias Jude Law, vor ihren Gegnern flüchtet. Um sicher zu stellen, dass ihr Spiel durch den unterbrochenen Testlauf nicht beschädigt wurde, möchte Allegra gemeinsam mit Ted einen Ausflug in die virtuelle Welt von existenz unternehmen. Doch Ted besitzt keinen für den Anschluss der Spielkonsole an seinen Körper notwendigen Bioport. Daher überredet Allegra den Tankstellenbetreiber Gas, Ted mit der entsprechenden Schnittstelle für ihr Spielsystem auszustatten. So begeben sich Ted und Allegra schließlich gemeinsam in die digitale Spielwelt von existenz. Dort geraten sie mit einer weiteren Spieltechnologie, den sogenannten Micro-Pods, in Kontakt. Gemeinsam probieren sie auch dieses Spiel aus und betreten damit die Szenerie einer weiteren virtuellen Spielebene. Bald verfangen sie sich in einem nicht aufzulösenden Verwirrspiel von Verfolgung und Verrat. So ermordet Ted, in dem Glauben seine Waffe auf einen Gegenspieler zu richten, einen chinesischen Kellner, der jedoch für ihn eigentlich als Kontaktperson fungieren sollte. Ebenso wie der Unterschied zwischen Freund und Feind, beginnen für Ted und Allegra auch die Grenzen zwischen Realität und medialer Simulation zunehmend zu verwischen. Schließlich richtet Ted eine Waffe auf Allegra und entlarvt sich damit als einer ihrer Gegenspieler. Doch Allegra, die diesen Verrat bereits voraussah, hat eine Sprengladung in Teds Bioport 5 Vgl. Weber, Thomas (2008), Medialität als Grenzerfahrung. Futurische Medien im Kino der 80er und 90er Jahre, Bielefeld: transcript, S. 273 7

platziert und löst nun den Zünder aus, bevor Ted seinerseits die Waffe gegen Allegra abfeuern kann. Plötzlich befinden sich sämtliche zentrale Figuren des Films, auch jene welche im Handlungsverlauf bereits zu Tode gekommen sind, in einer Kirche. Auf ihren Köpfen und um ihre Arme tragen sie blaue Plastikgestelle. Der gesamte bisherige Handlungsverlauf des Films wird auf diese Weise als eine virtuelle Projektion des Spielsystems transcendenz enttarnt. Auch wenn sich damit zunächst die Verwirrung über den innerfilmischen Realitätsstatus aufgeklärt zu haben scheint, wird dieser durch die letzten Worte des Films erneut zur Disposition gestellt. Are we still in a game?, 6 lautet die Frage eines Spielers, doch an Stelle einer Antwort folgt der Abspann des Films. 6 Einstellungsprotokoll 12, Einstellung 38 8

3. existenz ein Videospiel? Definition zentraler Begriffe Eine klare Einordnung der durch existenz thematisierten Medientechnologien in die kontemporäre Landschaft der Massenmedien erscheint problematisch, da es sich um fiktive Medienformen handelt, welche in dieser technischen und ästhetischen Ausprägung gegenwärtig nicht existieren. Darüber hinaus werden innerhalb des Films nicht nur eine, sondern gleich drei unterschiedliche Spielsysteme zur Anschauung gebracht, welche nicht ohne weiteres unter einem singulären Medienbegriff abstrahiert werden dürfen. Daher soll im Vorfeld der Analyse eine Einordnung der im Rahmen von David Cronenbergs existenz thematisierten Medienformen geleistet werden. Ein Großteil, möglicherweise sogar das gesamte Filmgeschehen von existenz, offenbart sich als eine virtuelle Erlebniswelt, in der Figuren über elektronische Stellvertreter agieren. Featherstone und Burrows definieren virtuelle Realitäten grundsätzlich als computer-generated 7, was die Annahme befördert, dass es sich bei den im Film existenz präsentierten Medientechnologien um computerbasierte Medien handelt. Diese Ansicht vertritt unter anderem auch James Slawney. Die im Film präsentierten Medientechnologien erkennt er als Computerspiele. (...) so ist in existenz das Leben ein ungeheures Computerspiel. 8 Die Beschäftigung Steve Keanes mit der Darstellung der Medienhardware in Cronenbergs existenz hingegen, führt den Universitätsdozenten zu dem Ergebnis, dass diese als Analogien zu Videospielen und Videospielkonsolen zu begreifen sind. In terms of size and shape, there is little doubt that MetaFlesh Game-Pod is comparable to games and console rather than a computer. 9 Die bisherige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Film existenz macht folglich deutlich, dass eine gewisse begriffliche Uneinigkeit darüber herrscht, ob es sich bei den durch den Film dargestellten Medienformen um Video- oder Computerspieltechnologien handelt. Trotz dieser definitorischen Divergenz scheint jedoch weitestgehend Konsens darüber zu bestehen, dass die von Cronenberg im Film präsentierten fiktiven Medien als Spielformen zu identifizieren sind. Die Tatsache, dass die Figuren des Films zur Bezeichnung der von ihnen verwendeten Medientechnologien den Terminus game 10 verwenden, befördert diese Position. Ob diese Medienformen jedoch dem heutigen Verständnis von elektronischen Spieltechnologien entsprechen, 7 8 9 10 Featherstone, Mike/Burrows, Roger (1995), Cultures of Technological Embodiment: An Introduction, in: Featherstone, Mike/Burrows, Roger (Hg.), Cyberspace/Cyberbodies/Cyberpunk. Cultures of Technological Embodiment, Melksham: The Cromwell Press, p. 6. Slawney, James (2001), Die Illusion der Metamorphose. Zu David Cronenbergs existenz, in: Frölich, Margrit/Middel, Reinhard/Visarius, Karsten (Hg.), No Body is Perfect. Körperbilder im Kino, Marburg: Schüren, S. 155. Keane, Steve (2002), From Hadware to Fleshware: Plugging into David Cronenberg s existenz, in: King, Geoff/Krzywinska, Tanya (Hg.), ScreenPlay. cinema/videogames/interfaces, London: Wallflower Press, S. 151. Einstellungsprotokoll 5, Einstellung 44 9

lässt sich nur durch eine nähere Betrachtung des Spielbegriffs klären. Dabei erscheint insbesondere eine Ausarbeitung Chris Crawfords für die vorliegende Arbeit fruchtbar, da dieser in seine Betrachtungen die Besonderheiten elektronischer Spielformen wie Video- und Computerspiele explizit einschließt. Crawford entwickelt seinen Definitionsansatz anhand vier definitorischer Wesensmerkmale elektronischer Spielformen: Representation, Interaction, Conflict und Safety. 11 Somit vertritt er die Auffassung, dass Video- und Computerspiele Repräsentationen eines Teilbereichs der Realität darstellen. Interaction betrachtet Crawford als Vermögen des Nutzers, die Spielwelt durch eigenes Handeln zu beeinflussen. Der unmittelbaren Realisierung des jedem Spiel inhärenten Ziels stellen sich stets Konflikte entgegen, welche es für den Spielenden zu überwinden gilt. Unter dem Stichwort Safety abstrahiert Crawford schließlich die durch Spiele eröffnete Möglichkeit, Situationen des Lebens in der geschützten und konsequenzfreien Sphäre des Video- oder Computerspiels erleben zu können. 12 Unter Bezugnahme auf die Begriffsbestimmung Crawfords sollen die in Cronenbergs existenz präsentierten Medientechnologien als elektronische Spielformen begriffen werden. Dennoch musste die Frage, ob es sich dabei um Video- oder Computerspieltechnologien handelt, bisher unbeantwortet bleiben. Auch wenn eine intuitive Unterscheidung von Video- und Computerspielen für viele Menschen leicht möglich ist, erscheint eine klare theoretische Abgrenzung dieser beiden Begriffe deutlich schwieriger. So plädieren einige wissenschaftliche Definitionsansätze, darunter auch die Positionen Jörg Pachers und Jürgen Fritzs, dafür, beide Begriffe synonym zu verwenden: Die Unterschiede im Environment und in den Begriffen sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass alle Erscheinungsformen von Bildschirmspielen auf den gleichen technischen Voraussetzungen beruhen (...). Von daher lassen sich beispielsweise Aussagen über das Wesen der Computerspiele durchaus auch auf Videospiele übertragen. 13 Einen Ansatz zur begrifflichen Unterscheidung wählt hingegen Michael Liebe. Er begreift den Terminus Computerspiel als einen Oberbegriff, indem er den Computer als verbindendes Element einer Reihe von elektronischen Spielsystemen begreift. Der Computer und seine Digitalität sind das wesentliche Element dieser Art von Spielen denn ohne Computer auch kein Bildschirmspiel. Aber ohne Bildschirm potentiell sehr wohl Computerspiel. 14 In diesem Sinne bilden für ihn sowohl das Video- als auch das PC-Spiel Unterkategorien des Computerspiels. Das PC-Spiel wird Liebe zufolge auf einem Personalcomputer gespielt, im Gegensatz zum Video- beziehungsweise Konsolenspiel, welches 11 12 13 14 Vgl. Egenfeldt-Nielsen, Simon/Heide Smith, Jonas/Pajares Tosca, Susana (2008), Understanding Video Games. The Essential Introduction, New York: Routledge, p. 33. Vgl. Egenfeldt-Nielsen/Heide Smith/Pajares Tosca, (2008) S. 33f. Fritz, Jürgen (1997), Was sind Computerspiele? in: Fritz, Jürgen/Fehr, Wolfgang (Hg.) Handbuch Medien: Computerspiele, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 81. Liebe, Michael (2008), Die Dispositive des Computerspiels, in: Distelmeyer, Jan/Hanke, Christine/Mersch, Dieter (Hg.), Game over!? Perspektiven des Computerspiels, Bielefeld: transcript, S. 74. 10

eine Videospielkonsole erforderlich macht. 15 Diese von Liebe vorgeschlagene begriffliche Abgrenzung wird im Folgenden zur Einordnung der im Film existenz präsentierten Medientechnologien angewendet werden. Folgt man den Ausführungen Liebes, so lassen sich die im Rahmen des Films existenz thematisierten Spielsysteme am deutlichsten den Video- beziehungsweise Konsolenspielen, als Unterkategorie der Computerspiele zuordnen. Insbesondere der MetaFlesh Game-Pod, der die Hardware für das Spielsystem existenz bildet, zeigt in seiner äußerlichen Beschaffenheit deutliche Ähnlichkeiten zu heute handelsüblichen Spielkonsolen. Darüber hinaus wird im Verlauf des Films deutlich, dass sämtliche Spielsysteme sowie ihre dazugehörige Hardware ausschließlich für Spielprozesse verwendet werden und auch in Anbetracht ihrer technischen Kapazität ausschließlich für diesen Zweck konzipiert zu sein scheinen. Diese technische Beschränkung auf Spielinhalte erkennt Fritz ebenfalls als zentrales definitorisches Kriterium für Videospiele. 16 In diesem Sinn sollen die im Rahmen des Films dargestellten Spielsysteme für die weitere Analyse als fiktive Ausprägungsformen von Videospielen begriffen werden. Das Videospiel selbst wird dabei als eine spezialisierte Form des Computerspiels verstanden. 15 16 Vgl. Liebe (2008), S. 74 Vgl. Fritz (1997), S. 81 11

4. Sind Video- und PC-Spiele Medien? Inwieweit die Kommentierung des Films existenz zum Thema Videospiel im Rahmen dieser Arbeit als Medienkritik aufgefasst werden kann, hängt weiterhin davon ab, ob sich computerbasierte Spielsysteme und damit der Computer an sich überhaupt als Medien begreifen lassen. Um zu überprüfen, inwieweit der Medienbegriff auf den Computer und computerbasierte Systeme anwendbar ist, ist zunächst eine Klärung des selbigen unumgänglich. Die wissenschaftliche medientheoretische Forschung operiert jedoch nicht mit einem singulären Medienbegriff, sondern liefert unzählige und vielfältige Definitionsansätze. Eine umfassende und in diesem Sinne auch allgemein gehaltene Erläuterung des Medienbegriffs stammt von Roland Burkhart: In diesem allgemeinen Sinn steht Medium daher speziell was die menschliche Kommunikation betrifft sowohl für die personale (der menschlichen Person anhaftende ) Vermittlungsinstanzen als auch für jene technischen Hilfsmittel zur Übertragung einer Botschaft, die uns die Industriegesellschaft laufend beschert. 17 Diese relativ weit gefasste Begriffsbestimmung schließt folglich sowohl Mittel der interpersonellen Kommunikation sowie Instanzen der technischen Übermittlung von Information, zu welchen sich auch computerbasierte Systeme hinzuaddieren lassen, mit ein. Dabei wird weiterhin deutlich, dass der Computer beziehungsweise computerbasierte Systeme vielfältige und unterschiedliche mediale Kanäle der Informationsübermittlung nutzen. So lassen sich über einen Computer Filme, aber auch Musik abspielen, E-Mails schreiben, das Fernsehprogramm empfangen oder auch Videospiele spielen. HDTV und Computer formen neue Spiel- und Simulationsmaschinen, die mit Compact Disc, Videospielen, digitalem Hörfunk einen radikalen Medienwechsel bewirken (...). Computertechnik bildet Kern, Integrator und Vermittler dieser neu entstehenden Medien. 18 Aufgrund dieses Sachverhalts fundieren zahlreiche wissenschaftliche Auseinandersetzungen zu den sogenannten Neuen Medien auf der Ansicht, dass computerbasierte Mediensysteme als Meta- oder Hypermedien zu bezeichnen sind. 19 Diese Ansicht vertritt unter anderem Nobert Bolz, der den Computer als ein integratives Medium bezeichnet: Der Computer erweist sich hier als ein Medium der Medienintegration. Er ist nun endgültig nicht mehr nur der brave Rechenknecht. 20 In diesem Sinne stellt für Bolz der Computer sogar das neue 17 18 19 20 Burkart, Roland (2002), Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder, Wien/Köln/Weimar: Böhlau, S. 36. Coy, Wolfgang (1994), Aus der Vorgeschichte des Mediums Computer, in: Bolz, Nobert/Kittler, Friedrich A./Tholen, Christoph (Hg.), Computer als Medium, München: Wilhelm Fink Verlag, S. 37. Vgl. Pacher, Jörg (2007), Game. Play. Story? Computerspiele zwischen Simulationsraum und Transmedialität, Boizenburg: Verlag Werner Hülsbusch, S. 67 Bolz, Nobert (1994), Computer als Medium Einleitung, in: Bolz, Nobert/Kittler, Friedrich A./Tholen, Christoph (Hg.), Computer als Medium, München: Wilhelm Fink Verlag, S. 15. 12

Leitmedium der Gegenwart 21 dar. Diese Position befördert die Annahme, dass das Videospiel ein in ein computerbasiertes System integriertes Medium darstellt. Mark J. P. Wolf und Bernard Perron erkennen das Videospiel hingegen als eine eigenständige digitale Medienform einer neuen Medienlandschaft. In the past years, video games (...) usually appeared only as one example among many of new media technologies (...). But as the medium continues to mature it has in many ways become a centerpoint among digital media. 22 Doch nicht alle Theoretiker im Feld der Game Studies begreifen das Videospiel in erster Linie als digitales Medium. So untersucht etwa Arthur Asa Berger die Verfasstheit des Videospiels im begrifflichen Spannungsfeld zwischen Kunst und Medium. 23 In Anbetracht des dieser Arbeit zugrunde liegenden Forschungsinteresses soll jedoch für die weitere Analyse das Videospiel in Anlehnung an die Argumentation von Wolf und Perron als ein digitales Medium begriffen werden. 21 22 23 Bolz (1994), S. 16 Wolf, Mark J. P./Perron, Bernard (2003), Introduction, in: Wolf, Mark J. P./Perron, Bernard (Hg.), The Video Game Theory Reader, New York/London: Routledge, p. 1. Vgl. Berger, Arthur Asa (2002), Video Games. A Popular Culture Phenomenon, New Brunswick/London: Transaction Publishers, S. 7ff.. 13

5. Das mediale Dispositiv des Films und des Videospiels Die Medienformen Film und Computerspiel entwickeln sich nicht unabhängig voneinander, sondern vielmehr in einem doppelt strukturierten Bezugsfeld der Annäherung und gleichzeitigen Abgrenzung. So lassen sich Berührpunkte zwischen Film und Computerspiel diagnostizieren, welche nicht nur inhaltliche, sondern auch ästhetische sowie technische Aspekte einschließen. Das wohl augenfälligste Kennzeichen dieses Prozesses der gegenseitigen Annäherung ist in der Verfilmung von erfolgreichen Video- und PC-Spielen, wie beispielsweise Resident Evil oder Tomb Raider, sowie in der Entwicklung von Videospielen nach einer Filmvorlage, wie etwa im Fall von Star Wars oder Bladerunner zu sehen. Direct adaptations of films to games are the most obvious point of cross over. (...) Direct movement from game to film is less common but includes many prominent examples. 24 Demgegenüber haben sich digitale Spielformen in den letzten Jahren erfolgreich als fester Bestandteil in der Unterhaltungsindustrie etabliert und treten damit in wirtschaftliche Konkurrenz zum Kinound Filmmarkt. Ein junges kulturelles Phänomen hat innerhalb weniger Dekaden solchermaßen Verbreitung gefunden, dass es in ökonomischer Hinsicht bereits dem Kartenverkauf an der Kinokasse den Rang abläuft. 25 Darüber hinaus stehen sich das digitale Bild und das Filmbild auch in einem Konkurrenzkampf um die ästhetische Vorrangstellung in der audiovisuellen Medienlandschaft gegenüber. 26 Diese Tatsache könnte eine mögliche Erklärung dafür liefern, warum der vielfachen Annäherung von Film und Computerspiel die offenbar konträre Entwicklung der kritischen Kommentierung computerbasierter Medien durch den Film gegenübersteht. Die zunehmende Konnexion zwischen Medienformen scheint mit dem gleichzeitigen Wunsch nach Abgrenzung einherzugehen. In diesem Sinne ist eine gewissenhafte Erfassung der Relation der Medien Film und Videospiel zueinander für die Beantwortung der im Rahmen dieser Arbeit gestellten Forschungsfragen unerlässlich. Um eine solche Darlegung leisten zu können, bietet sich der Rückgriff auf das Konzept des medialen Dispositivs an. Das Vermögen, ein Medium nicht nur isoliert zu beschreiben, sondern dessen Eingebundenheit in einen kulturellen, ökonomischen, sozialen oder technischen Kontext zu erfassen, Veränderungen in diesem Bezugsystem aufzuzeigen und es damit in Relation zu anderen Medienformen zu setzen, kann als spezifische Leistungsfähigkeit der Dispositivtheorie betrachtet werden. 24 25 26 King, Geoff/Krzywinska, Tanya (2002), Cinema/Videogames/Interfaces, in: King, Geoff/Krzywinska, Tanya (Hg.), ScreenPlay. cinema/videogames/interfaces, London: Wallflower Press, p. 1. Hanke, Christine (2008), Next Level. Das Computerspiel als Medium. Eine Einleitung, in: Distelmeyer, Jan/Hanke, Christine/Mersch, Dieter (Hg.), Game over!? Perspektiven des Computerspiels, Bielefeld: transcript, S. 7. Vgl. Kleingers, David (2004), Bit, Byte, Blockbuster [elektronische Version], abgerufen am 15.04.2010 von http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,330089,00. html 14

Der Begriff des Dispositivs wird in seiner ursprünglichen Form auf Michel Foucault zurückgeführt: Foucault versteht unter einem,dispositiv jene Superstruktur, die sich durch eine Anordnung unterschiedlicher gesellschaftlicher,diskurse als deren Substrukturen selbst konstituiert. 27 Für Foucault dient das Dispositiv folglich nicht unmittelbar der Beschreibung von Zusammenhängen medialer Anordnungen, sondern wird an den Begriff des Diskurses geknüpft. Eine Übertragung des Dispositivbegriffs auf die Kinotheorie wurde zunächst unter anderem durch die Arbeiten Jean- Louis Baudrys geleistet. Baudry fokussiert seinen Entwurf eines kinematografischen Dispositivs auf die räumlich-technische Anordnung der Apparate im Kinosaal. In der nachfolgenden Auseinandersetzung wurden Baudrys Vorstellungen des medialen Dispositivs vielfach ergänzt, erweitert und auf andere Medienformen ausgeweitet. 28 So benennt etwa Hickethier als zentrale Elemente des Mediendispositivs neben dem Apparat auch den Programminhalt sowie den Zuschauer: Die Anordnung, das Dispositiv, (...) setzt den Apparat und die vom ihm produzierten Programme in Beziehung zum Zuschauer. 29 Entlang dieser drei Aspekte soll im Folgenden eine vergleichende Darstellung des medialen Dispositivs des Films sowie des Videospiels geleistet werden. Auch wenn die audiovisuelle Verfasstheit eine Platzierung von filmischem Material im PC, Fernsehen und diversen digitalen Medienformen erlaubt, soll an dieser Stelle das Kino als primärer Präsentationsort des Films verstanden werden. Zur Erfassung des Videospieldispositivs sollen ebenfalls Aspekte der dispositiven Strukturierung des Computerspiels aufgenommen werden, da unter Bezugnahme der unter 3.0 vorgestellten Begriffsdefinition angenommen werden kann, dass eine strikte Trennung der dispositiven Eigenschaften von Video- und Computerspiel nicht vorzunehmen ist. Weiterhin soll vorweggenommen werden, dass die Aspekte Apparat, Programmgestaltung und Zuschauer im Folgenden der Strukturierung der Mediendispositive Kino und Videospiel dienen sollen und nicht als streng getrennte Kategorien betrachtet werden. Vielmehr beeinflussen sich die drei Elemente gegenseitig und reichen ineinander hinein, interagieren, sind miteinander verbunden und bilden auf diese Weise das jeweilige mediale Dispositiv. 27 28 29 Steinmaurer, Thomas (1999), Das Dispositiv Fernsehen und die televisuelle Disposition Empfang, in: Steinmaurer Thomas, Tele-Visionen. Zur Theorie un Geschichte des Fernsehempfangs, Innsbruck: Studien-Verlag, S. 16. Vgl. Hickethier, Knut (2007), Film- und Fernsehanalyse, Suttgart: J.B. Metzler sche Verlagsbuchhandlung&Karl Ernst Poeschel S. 18. Hickether, Knut (1992), Überlegungen zu Konstruktion einer Fernsehtheorie, in: Hickethier, Knut/Schneider, Irmela (Hg.), Fernsehtheorien. Dokumentation der GFF-Tagung 1990, Berlin: rainer bohn verlag, S. 25. 15

5.1 Der Apparat und die Raumstruktur im kinematografischen Dispositiv Die Apparatstruktur im kinematografischen Dispositiv verortet den Zuschauer in einer fixen Positionierung zwischen dem Projektor und der Leinwand. 30 Die Bildproduktion offenbart sich dementsprechend als eine Projektion von meist fotografisch erzeugten, sich minimal unterscheidenden Einzelbildern, welche vor einer Lichtquelle in Bewegung versetzt werden. In der Regel wird der Kinosaal als ein öffentlicher Raum betrachtet, der nur über andere öffentliche Räume und Sphären, wie etwa das Kinofoyer oder eine Straße zugänglich gemacht werden kann. 31 In diesem Sinne muss der Raum des kinematografischen Dispositivs außerhalb des privaten Lebensumfelds des Rezipienten verortet werden. Darüber hinaus umfasst das kinematografische Dispositiv eine charakteristische Strukturierung des Kinosaals. Mittels eines häufig nach hinten ansteigenden Zuschauerraums, festem, unverrückbarem Sitzmobiliar, sowie entsprechender akustischer Raumausstattung wird eine Raumcharakteristik, welche die Orientierung aller Sinne vor allem natürlich des Hörens und Sehens nach vorne befördert 32 geschaffen. Ein weiteres wesentliches Element der kinematografischen Raumstruktur bildet die strikte Unterscheidung von Innen- und Außenraum. In der Abgeschlossenheit des Kinosaals manifestiert sich damit immer eine klare Trennung zwischen Rezeptionsteilnehmern und denjenigen, die von der Filmrezeption ausgeschlossen sind. 33 Neben dem Gegensatzpaar Innen und Außen wird das kinematografische Dispositiv wesentlich durch eine weitere Opposition strukturiert, nämlich durch die Dunkelheit des Raumes und die sich davon abgrenzende Helligkeit des Projektionsbildes. Wie wichtig das Abdunkeln des Kinosaals nicht nur für die technische Funktionsfähigkeit der Projektionsapparatur, sondern auch für die Strukturierung des Wahrnehmungsraums des Rezipienten ist, unterstreicht Karl Sierek: Es wird dunkel. In diesem Augenblick ändert sich alles, sowohl psychisch für die Sinneswahrnehmung, als auch physisch für die Körperwahrnehmung. Mit dem Erscheinen der ersten Bilder wird sich Außen und Innen umstülpen. 34 Sierek diagnostiziert somit eine weitere räumliche Trennung, welche durch die spezifische dispositive Struktur des Kinos vorgenommen wird. Neben den Wänden, die den Kinosaal gegenüber der Außenwelt abriegeln, bildet auch der Vorhang, beziehungsweise die Oberfläche der Leinwand eine Trennlinie zwischen dem Saal und einem zunächst unsichtbaren fiktionalen Raum. Durch das Abdunkeln des Saals dringt das hinter der Leinwand liegende Äußerliche in den Innenraum des Kinosaals und bringt 30 31 32 33 34 Vgl. Steinmauerer (1999), S. 18 Vgl. Sierek, Karl (1993), Aus der Bildhaft. Filmanalyse als Kinoästhetik, Wien: Sonderzahl, S. 31. Sierek (1993), S. 46 Vgl. Steinmauerer (1999), S. 18 Sierek (1993), S. 32 16

ihn auf diese Weise zum Verschwinden. 35 5.2 Der Rezipient im kinematografischen Dispositiv Der Zuschauer im kinematografischen Dispositiv wird durch eine weitreichende Immobilität gekennzeichnet. Wir können noch hinzufügen, daß die Unbeweglichkeit des Zuschauers zum Dispositiv des Kinos im Ganzen zugehört. 36 Die statische Anordnung des Zuschauers sieht Sierek insbesondere durch die bereits dargelegte spezifische Raumstruktur des Kinosaals forciert. Er sieht mit gelindem Zwange vor, daß das Publikum sich still an einem fest vorgegebenen Platz aufhalte. 37 Joachim Paech erkennt in dem für das kinematografische Dispositiv wesentlichen Element der Bewegungslosigkeit des Zuschauers einen Kontrast zu dem stets bewegten Bild auf der Leinwand. 38 Bewegungs-, Zeit- und Raumerfahrungen können in den Grenzen des kinematographischen Dispositivs trotz, oder gerade durch einen Zustand der weitgehenden Immobilität des Zuschauers erlebt werden. In diesem Gegensatz von Bewegung und Bewegungslosigkeit erkennt Paech die wesentliche Voraussetzung dafür, dass der Zuschauer den Blick auf die Kinoleinwand als einen Blick auf eine imaginäre Wirklichkeit empfindet. Der Wirklichkeitseindruck des Films hängt im Kino von der doppelten Konstitution des Sehraums ab: der Film sieht seinen Betrachter (...) und zugleich sieht der Betrachter vermeintlich als Subjekt des Kamerablicks und konstituiert somit scheinbar das Sichtbare. 39 Somit fundiert sich der kinematografische Rezeptionseindruck in einem Spannungsverhältnis aus Distanz und Nähe. Karl Sierek begreift die Rezeptionssituation im Kino, obwohl sich der Zuschauer in der Regel in Gesellschaft befindet, nicht als kollektives, sondern als ein privates Erlebnis. Vor allem aber das gemächliche Verlöschen des Lichts im Raum und das Erleuchten der Leinwand vorne wird nicht ohne Folgen bleiben: Der Kinosaal mutiert fließend ins private Feld. 40 Sierek begreift folglich den Beginn der Filmrezeption im kinematografischen Dispositiv als einen Übergang, durch welchen der Zuschauer die kollektive, öffentliche Sphäre des Kinosaals verlässt. Doch der Zuschauer distanziert sich dabei nicht nur von seiner räumlichen Umgebung, sondern löst 35 36 37 38 39 40 Vgl. Sierek (1993), S. 32 Baudry, Jean-Louis (1999), Das Dispositiv: Metapsychologische Betrachtungen des Realitätseindrucks, in: Pias Claus/Vogel, Joseph/Engell, Lorenz/Fahle, Oliver/ Neitzel, Britta (Hg.), Kursbuch Medienkultur. Die maßgeblichen Theorien von Brecht bis Baudrillard, Stuttgart: Deutsche-Verlags-Anstalt, S. 386. Sierek (1993), S. 26 Vgl. Paech, Joachim (1990), Das Sehen von Filmen und filmisches Sehen. Anmerkungen zur Geschichte der filmischen Wahrnehmung im 20. Jahrhundert, in: Blüminger, Christa (Hg.), Sprung im Spiegel. Filmischen Wahrnehmen zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Wien: Sonderzahl, S. 37f. Paech, Joachim (1991), Nähe durch Distanz: Anmerkungen zur dispositiven Struktur technischer Bilder, in: Lüscher, Kurt/Paech, Joachim/Ziemer, Albrecht (Hg.), HDTV ein neues Medium? Mainz: ZDF Schriftreihe, H. 41, Technik, S. 37. Sierek (1993) S. 31 17

sich gleichsam von seinem eigenen Körper. Wenn der Saal selbst nicht mehr sinnlich ausgemacht werden kann, so zieht er nämlich in seinen Sog der Vernichtung auch den Betrachter mit. Dieser verliert über sich und seinen Körper die Kontrolle, er hört auf, sich selbst zu fühlen. 41 Sierek beschreibt die Rezeption eines Films im Rahmen des kinematografischen Dispositivs folglich als einen Zustand der Entkörperlichung. Der Rezipient wird durch den Sog des Films von seiner Umgebung isoliert und von seiner Körperlichkeit befreit. Diese Interpretation des kinematografischen Rezeptionserlebnisses erinnert an die Position Roland Barthes: Barthes vergleicht die Verortung des Subjekts im Kino mit der Form eines hypnotischen Zustands (...). Er spricht von einem kinematographischen Kokon 42 5.3 Programminhalte im kinematografischen Dispositiv Die Kombination aus Werbung und nachfolgendem Film ist als dominante und in diesem Sinn auch exemplarische Form der kinematografischen Programmgestaltung zu betrachten. 43 Somit kann von einer ganzheitlichen Struktur des Kinoprogramms gesprochen werden, in welcher der Film als geschlossene Einheit wahrgenommen wird. Ebenso wie der Kinobesuch ist auch der Film durch einen klaren Anfang und ein klares Ende strukturiert. Dies entspricht auch der aristotelischen Vorstellung von der Geschlossenheit und Ganzheit eines Werks: Ein Ganzes ist, was Anfang, Mitte und Ende hat. 44 5.4 Der Apparat und die Raumstruktur im Dispositiv des Videospiels Der technische Raum der Computerspiele entsteht durch die Fusion von Computer und Fernsehen. 45 Die Apparatstruktur eines Computerspiels gliedert sich Wenz zufolge in zwei wesentliche Bestandteile: einen Computer, dem Gerät der Datenverarbeitung sowie einen Bildschirm als Ausgabemedium. Dieser technisch-apparative Grundaufbau muss allerdings noch um eine Hardwareschnittstelle, ein sogenanntes Interface zur Dateneingabe ergänzt werden. Im speziellen Fall der Video- beziehungsweise Konsolenspiele wird die Funktion des Monitors im Regelfall von einem Farbfernseher ausgefüllt, 46 als Interface dient gewöhnlich ein sogenanntes Gamepad, welches entweder per Kabel, via Infrarotschnittstelle oder Funktechnologie mit der Konsole verbunden wird. Die Spielkonsole kann als ein für digitale Spielabläufe optimierter und spezialisierter Computer bezeichnet werden, welcher häufig ausschließ- 41 42 43 44 45 46 Sierek (1993) S. 38 Steinmaurer (1999), S. 34 Vgl. Hickethier (2007), S. 21 Aristoteles (1450), S. 24f., zit. n..sierek (1993), S. 100 Wenz, Karin (1999), Narrativität in Computerspielen [elektronische Version], abgerufen am 05.03.2010 von www.dichtung-digital.de/wenz/30-juni-99-n/intro.htm. Vgl. Liebe (2008), S. 79 18

lich für die Ausgabe von Videospielen konzipiert ist. Als Datenträger im Videospieldispositiv dienen meist CD-ROM-Disks oder Einsteckmodule. 47 Entlang der Tatsache, dass das TV-Gerät als zentrales Medium der Bildausgabe des Videospiels identifiziert wurde, entspricht auch die Bildproduktion im Videospieldispositiv der elektronischen Erzeugung des Fernsehbildes. Das Fernsehbild wird fragmentarisch durch einzelne Bildpunkte aufgebaut, welche durch Elektronenbeschuss ihre Helligkeit verändern. Das Fernsehbild entsteht demnach nicht bei,auflicht, wie das fotografische Bild, sondern bei,durchlicht. 48 Die Benennung des Fernsehgerätes als zentrales Ausgabemedium des Videospiels erlaubt die Verortung der Rezeptionssituation in den privaten Kontext. Der Fernseher wiederum ist ein traditionell häusliches Gerät. Somit wird die Spielkonsole dem Dispositiv Wohnen [Herv. i. O.] zugeordnet. 49 Der Spieler befindet sich in einer losen Anordnung vor dem Fernsehgerät, welches sich als Apparat der Bilderzeugung im direkten Gesichtsfeld des Rezipienten befindet und von diesem berührt oder auch umrundet werden kann. Eine hermetische Abdunklung bildet im Rezeptionsraum des Videospiels eher die Ausnahme. In diesem Sinne verortet der Fernseher das Videospiel als ein Bestandteil des alltäglichen Lebensraums, als Teil des Mobiliars eines modernen Wohnzimmers. Bisher ist es so, dass der Fernsehapparat als Möbel unter anderen in der Wohnung steht. (...) Fernsehbilder sind Mitbewohner in einer Wohn- und Fernsehgemeinschaft. 50 Die Apparatstruktur des Videospieldispositivs kann im Unterschied zum Kino durch die Auslassung der Komponente Mensch jedoch nur unvollständig beschrieben werden. So umfasst die audiovisuelle Konstitution des Videospiels nicht alleine die Möglichkeit Bilder zu betrachten und Klänge wahrzunehmen, Wiemer zufolge geht es ebenso darum, über gezielte Bewegungen des Körpers mit den Bildern Kontakt aufzunehmen. Ein Grundmotiv in zahlreichen Videospielen ist die Koordination von Auge und Hand [Herv. i. O.]. 51 Wiemer spricht in diesem Zusammenhang von einer für die Synchronisation des Spielgeschehens erforderlichen Taktung von Mensch und Apparat 52. 5.5 Der Rezipient im Dispositiv des Videospiels Die Tatsache, dass der Mensch bereits als Bestandteil der dispositiven Apparatstruktur identifiziert wurde, macht deutlich, dass der Rezipient im Dispositiv des Videospiels quasi als konstituierendes Element für die Entstehung des Spielprozesses fun- 47 48 49 50 51 52 Vgl. Fritz (1997), S. 81 Steinmauerer (1999), S. 28 Liebe (2008), S. 79 Paech (1991), S. 52 Wiemer, Serjoscha (2006), Körpergrenzen: Zum Verhältnis von Spieler und Bild in Videospielen, in: Neitzel, Britta/Rolf E. Nohr (Hg.), Das Spiel mit dem Medium. Partizipation Immersion Interaktion. Zur Teilhabe an den Medien von Kunst bis Computerspiel, Marburg: Schüren Verlag, S. 244. Wiemer (2006), S. 252 19