Technologiewandel schmiedet neue Lieferketten



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Transkript:

MAGAZIN App inkl. für Abonnenten der Printausgabe B 3178 E ISSN 0173-6213 HUSS-VERLAG GmbH, 80912 München Oktober 2014 36. Jahrgang 10 DAS DEUTSCHE LOGISTIKMAGAZIN KONSUMGÜTER Einblick ins neue Henkel-Zentrallager 16 EXTRA Logistikdienstleistungen 60 INTERVIEW Martin Nigg, Bühler 22 GEXSO-Studie 2014 Technologiewandel schmiedet neue Lieferketten 1 LOGISTIK HEUTE 10 / 2014

Globalisierung: Technologiewandel beeinflusst Lieferketten. Technologie als Katalysator ANALYSE Industrieunternehmen, die bei sich einen starken Technologiewandel ausmachen, suchen eher Produktionsstandorte fern der Heimat als Firmen, die auf ausgetretenen Pfaden gehen. Zu diesem Ergebnis kommt die neue GEXSO- Studie, die LOGISTIK HEUTE exklusiv vorliegt. Man muss kein Logistikfachmann sein, um zu wissen: Fahrerassistenzsysteme, elektrische Antriebe, Leichtbauwerkstoffe und das Internet der Dinge haben die Art und Weise, wie wir Produkte nutzen, radikal verändert. Dabei stehen Neuerungen oftmals nicht mehr am Ende eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, der marginale Innovationen allmählich hervorbringt, sondern beinhalten häufig eine Abkehr von bekannten Technologien und etablieren eine vollkommen neue Technologiebasis. Dieser in den vergangenen Jahren vermehrt beobachtbare technologische Umbruch verändert in kurzer Zeit die etablierten Lieferketten und führt zu einer Transformation der Produktionsinfrastruktur sowie einer Verschiebung des Einkaufsvolumens. Das Beratungsunternehmen BearingPoint und die Technische Universität Darmstadt haben in Zusammenarbeit mit LOGISTIK HEUTE im Jahr 2014 eine Studie durchgeführt, die sich mit dem Technologiewandel und seiner Auswirkung auf die globalen Supply Chains deutscher Industrieunternehmen beschäftigt. Die GEXSO-Studie, kurz für Global Excellence in Supply Chain Operations (www.gexso.com), kommt zu dem Ergebnis, dass der Technologiewandel auf die Globalisierung der Supply Chains wie ein Katalysator wirkt und diese begünstigt. Grundsätzlich zeigen die Studienergebnisse, so Ann-Katrin Schiller, Supply- Chain-Expertin bei BearingPoint, dass die Unternehmen, die einen besonders starken Technologiewandel für sich ausma- Die Gestaltung von Technologiewandel ist die nächste Phase der Globalisierung. Prof. Dr. Hans-Christian Pfohl, TU Darmstadt chen, auch in besonderem Maß ihre Supply Chains transformieren und vermehrt Produktionsstandorte und Lieferanten in anderen Weltregionen suchen. Die Studie untermauert zudem, dass die Dynamik der Internationalisierung ungebremst ist. Ein gutes Drittel der Teilnehmer erwartet einen höheren Anteil der Produktionsstandorte außerhalb Westeuropas und fast drei Viertel der Befragten sehen dies für das Beschaffungs volumen. Donald Wachs, Partner bei Bea ring Point, betont: Es ist beispielsweise der mittelständische Automobilzulieferer, der durch die Elektrifizierung des Autos gezwungen ist, elektronische Komponenten vermehrt in den Hersteller ländern Ostasiens zu kaufen und daher in Hongkong oder Shanghai ein Einkaufsbüro etabliert. Der an der Studienanalyse beteiligte Wissenschaftler Prof. Dr. Hans- Christian Pfohl von der TU Darmstadt erklärt: Die Globalisierung war auch zu anderen Zeitpunkten schon durch Markttrends verursacht, so der Bilder: psdesign1 / Fotolia.com; Getrag; ThyssenKrupp; TU Darmstadt 2 LOGISTIK HEUTE 10 / 2014

Forscher. So hat sich die Textilbranche, aber auch die Halbleiterbranche, schon vor Jahren nach Asien verlagert. Neu ist, dass sich durch technologische Innovationen in einer bisherigen Schlüsselindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Industrie und Automobilzulieferindustrie, Verschiebungen im Welthandel und in der Bedeutung der außereuropäischen Standorte ergeben. Innovative Werkstoffe Die GEXSO-Studie LOGISTIK HEUTE, die TU Darmstadt und die Unternehmensberatung BearingPoint haben sich 2014 zur GEXSO-Studie (Global Excellence in Supply Chain Operations www.gexso.com) zusammengefunden, um den Internationalisierungsprozess im Maschinen- und Anlagenbau, bei Industriekomponentenherstellern und in der Automobilzulieferindustrie zu untersuchen. Ziel war es einerseits, den Status quo der Globalisierung in dieser Industrie darzustellen und Trends aufzuzeigen. Andererseits sollte der Grad des Technologiewandels und seine Auswirkung auf die Supply Chain untersucht werden. Dazu wurden Experteninterviews mit Vertretern von 57 Industrieunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz über einen Zeitraum von sechs Monaten durchgeführt. Wissenschaftlich begleitet wurde die Studie von Prof. Dr. Dr. h.c. Hans- Christian Pfohl, Professor für Supply Chain- und Netzwerkmanagement an der TU Darmstadt, und Nikos Moraitakis, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt. Die Ergebnisse legen somit nahe, dass der Technologiewandel begünstigend und gegebenenfalls beschleunigend auf den Globalisierungsprozess wirkt. Unternehmen jeder Größe nehmen dabei diesen Trend wahr: 72 Prozent der Studienteilnehmer geben an, einen besonders starken Technologiewandel in ihrem Betrieb zu verspüren. Dabei werden Innovationen derzeit in erster Linie im Werkstoffbereich und bei elektronischen Komponenten gesehen. In Zusammenhang mit den neuen Werkstoffen werden auch neue Produktionsverfahren überdurchschnittlich oft genannt. Auch wenn die Mehrzahl der Firmen einen deutlichen Technologiewandel verspürt, so hapert es doch oft an der Umsetzungsfähigkeit im eigenen Betrieb mehr als die Hälfte der Unternehmen sehen hier Defizite. Rund zwölf Prozent geben sogar an, kaum in der Lage zu sein, neue Technologien im akzeptablen Rahmen umsetzen zu können. Dabei sind eine offene Unternehmens- Nachgefragt Asiatische Märkte gewinnen an Bedeutung Dirk Lichtmann von der GETRAG Getriebe- und Zahnradfabrik Hermann Hagenmeyer GmbH & Cie KG war ein Teilnehmer der Studie. Im Gespräch mit LOGISTIK HEUTE schildert der Vice President Global Logistics seine Sicht der Dinge. LOGISTIK HEUTE : Was sind derzeit bei Ihnen die größten Herausforderungen bei den Beschaffungsaktivitäten? Dirk Lichtmann: Die Identifikation der richtigen Lieferanten zum Aufbau globaler Partnerschaften, mit denen einerseits das geplante Wachstum und andererseits die hohen technologischen Ansprüche erfüllt werden können, stellt derzeit eine Herausforderung dar. Dirk Lichtmann, Vice President Global Logistics, GETRAG Welche Beschaffungsmärkte sind aus Ihrer Sicht problematisch und welche unproblematisch? Meiner Meinung nach gibt es keine problematischen oder unproblematischen Beschaffungsmärkte, sondern nur ebensolche Unternehmen. Wo werden in fünf Jahren die wichtigsten Beschaffungsmärkte für Einkäufer in Ihrer Firma liegen? Der Schwerpunkt der Beschaffung liegt derzeit noch in Europa, aber auch im NAFTA-Raum. Die asiatischen Märkte gewinnen aber weiter an Bedeutung, sodass hier in einigen Jahren bereits ein signifikanter Anteil beschafft werden wird. Wie stark ist Ihre Branche vom Technologiewandel geprägt? Im Zuge der Veränderungen der Antriebstechnologien für Pkw verändert sich auch unsere Branche entsprechend. Neue Produkttechnologien müssen entwickelt und ihre Herstellung bei unseren Lieferanten sowie in unseren eigenen Werken ermöglicht werden. Wie gut können in Ihrer Firma neue Technologien implementiert werden? Die neuen Technologien, die in unseren verschiedenen Getriebeplattformen verwendet werden, entstehen vollständig unter unserer eigenen Regie. So sind wir beispielsweise in der Lage, die Steuerungssoftware der Doppelkupplungsgetriebe zu erstellen. Welche Produkttechnologien sind bei Ihnen derzeit von Bedeutung? Im Bereich der Produktion sind die Anforderungen an die Fertigungspräzision bereits in den einstelligen Mü-Bereich vorgedrungen. Produkt- und Prozesstechnologien müssen reibungslos ineinandergreifen, um das sicherzustellen. Wer treibt den Technologiewandel bei Ihnen am meisten? Kunden, Wettbewerber, eigene Initiativen...? Der Technologiewandel wird durch die hohen Kundenanforderungen und durch unseren eigenen Anspruch an Innovation und Produktführerschaft gleichermaßen getrieben. Welcher Unternehmensbereich bringt in Ihrer Firma den Technologiewandel voran? Den Technologiewandel bringen alle Unternehmensbereiche gemeinsam voran, jeder auf seinem Gebiet. Das Product Development steht hier natürlich stark im Fokus. Jedoch ist die erfolgreiche Realisierung immer eine fokussierte und koordinierte Gemeinschaftsleistung aller Bereiche. In welchem Bereich werden neue Technologien die Supply Chain in Ihrer Firma am stärksten verändern? Sicherlich an den Enden der Supply Chain: Bei der Beschaffung durch die höheren Anforderungen an Qualität, Flexibilität und Zuverlässigkeit der Lieferanten und bei der Kundenbelieferung durch zunehmende kurz-, mittel- und langfristige Volatilitäten. Auf beiden Seiten möchten wir die Prozessintegration vorantreiben und die Partnerschaften ausbauen, um entsprechende Antworten zu finden. jö 3 LOGISTIK HEUTE 10 / 2014

Regionale Verteilung der Produktionsstätten 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % Süd - amerika Nordamerika Westeuropa Ost - europa kultur und eine klare Strategie zur Identifikation und Verfolgung von Technologietrends die am häufigsten genannten geschaffenen Voraussetzungen für das Erlangen von Umsetzungsfähigkeit. Flexible und kurze Entscheidungswege hingegen werden bemängelt. Deren Fehlen stellt somit ein wesentliches Hindernis dar, neue Technologien im Unternehmen erfolgreich einzuführen. SCM-Experte Pfohl stellt fest: Laut dem Studienergebnis wird der Technologiewandel insbesondere aus der eigenen Firma heraus getrieben, teilweise aber auch von den Kunden an das eigene Unternehmen herangetragen. Deutlich unterdurchschnittlich wird die Rolle der Lieferanten und des Gesetzgebers sowie der Behörden bewertet. Analog dazu werden die Unternehmensleitung und die Forschung & Entwicklung-Experten als die hauptsächlichen Treiber im eigenen Unternehmen gesehen. Den typischen Supply-Chain-Funktionen, wie Einkauf und Logistik, hingegen wird eine unterdurchschnittliche Bedeutung beige messen. Dadurch, dass sich der identifizierte Technologiewandel sehr stark im Werkstoffbereich und in neuen Fertigungsverfahren äußert, kommt den Produktionsverantwortlichen als einziger Supply-Chain-Funktion eine stärkere Bedeutung zu. Die Auswirkungen des Technologiewandels auf die Lieferkette sind vielfältig. Am häufigsten nennen die Studienteilnehmer die Nutzung neuer Lieferanten und die Veränderung der Produktionsinfrastruktur. Auch wird erwartet, dass Supply-Chain-Prozesse angepasst werden. Neue Funktionsbereiche und neue Geschäftsfelder, die sich aufgrund neuer Ostasien + ASEAN Verteilung Produktionsstätten: aktuell in 5 Jahren Technologien ergeben, werden hingegen weniger erwartet. Im Zuge dieses Trends zeigt sich auch eine Weiterentwicklung der globalen Supply-Chain-Strategie: Maschinen- und Anlagenbau, Unternehmen der Industrietechnik und Automobilzulieferindustrie betreiben derzeit 1.004 Produktionswerke in den verschiedenen Regionen der Welt. In den nächsten fünf Jahren werden 102 Werksöffnungen geplant sowie 19 Werksschließungen ins Auge gefasst. Somit wird ein Nettowachstum der Werksstandorte von 8,3 Prozent erwartet. Produktion wie auch Beschaffung werden zukünftig aus Westeuropa in andere Regionen verlagert. Der Globalisierungsgrad in Beschaffung und Produktion steigt der Studie zufolge somit weiterhin an. Asien beliebt Südasien Naher u. Mittlerer Osten Andere Quelle: Bearingpoint Ein weiterer Aspekt: Mehr als 40 Prozent der Produktionsstandorte befinden sich gegenwärtig noch in der Heimatregion. Neue Werke werden hauptsächlich in anderen Regionen eröffnet. Dabei entfällt auf die Region Ostasien und ASEAN annähernd die Hälfte aller Werksneubauten. Das Einkaufsvolumen wird heute bereits bei annähernd der Hälfte der Unternehmen überwiegend außerhalb der Heimatregion realisiert. Der Anteil des Beschaffungsvolumens wird insgesamt von heute 60 Prozent auf 50 Prozent für Europa sinken. Nur wenige Firmen planen eine sogenannte Repatriierung, also eine Rückführung des Beschaffungsvolumens in die Heimatregion. Ein Großteil der Manager sucht gezielt andere Beschaffungsregionen. Der sogenannte Global Shift ist im Maschinen- und Anlagenbau, in der Industrie und bei den Automobilzulieferern immer noch sehr deutlich zu erkennen, urteilt SCM-Expertin Ann-Katrin Schiller. Unternehmen, die Technologiewandel verstärkt erfahren, erleben parallel eine Globalisierungsdynamik von weiterhin großer Nachhaltigkeit. Dabei ist Ostasien ein klarer Gewinner. Beschaffungs- wie auch Produktionsvolumen fallen zunehmend dort an. All das geschieht vor dem Hintergrund eines steigenden Kundenanteils außerhalb der Heimatregion. So geben 40 Prozent der Unternehmen an, innerhalb von fünf Jahren eine deutlich höhere Gewichtung internationaler Kunden zu haben. Dabei sind die Wachstumsregionen neben Ostasien vor allem Nord-, aber auch Südamerika. Während Westeuropa für die Studienteilnehmer heutzutage noch die dominante Absatzregion darstellt, wird der prognostizierte relative Anteil europäischer Kunden von 51 Prozent auf 45 Prozent schrumpfen. Die Herausforderung, der sich Unternehmen stellen müssen, ist die Gestaltung des Technologiewandels bei gleichzeitig stetig anhaltender Internationalisierung von Märkten und Lieferketten, sagt Wissenschaftler Pfohl. Bei den Unternehmen, für die die Technologieentwicklung umbruchartig in kurzer Zeit geschieht, stellt das eine gewaltige Aufgabe dar. Die Gestaltung von Technologiewandel ist die nächste Phase der Globalisierung. Dabei spielen auch mögliche künftige Beschaffungsmärkte für die Internationalisierung eine große Rolle. Die GEXSO- Studie hat die teilnehmenden Personen daher auch in Sachen Attraktivität der verschiedenen Beschaffungsländer befragt. Ergebnis: An erster Stelle werden dabei Russland, China und Indien als schwierigste Beschaffungsmärkte gesehen. Brasilien und Mexiko werden zumindest noch als überdurchschnittlich schwierig wahrgenommen. Als Ursachen für die Probleme nennen die Studienteilnehmer vor allem Wechselkursschwankungen sowie eine hohe Korruptionsrate. Auch die teilweise existierende unzureichende Qualität der Lieferanten wird als Hindernis empfunden. Weniger problematisch hingegen sehen die Befragten die osteuropäischen EU-Länder wie etwa die Slowakei und Tschechien. Obwohl es als eines der problematischsten Länder eingeschätzt wird, zählen die Unternehmen China gleichzeitig auch zu 4 LOGISTIK HEUTE 10 / 2014

den vielversprechendsten Ländern für das Sourcing. Als Alternative dazu könnten Länder wie die USA und die EU-Ostländer gelten. Jenen wird bei unterdurchschnittlichem Risikoprofil immerhin noch eine gute Attraktivität bescheinigt. Thilo Jörgl Nachgefragt Wir hinterfragen tagtäglich die Konzepte ThyssenKrupp Automotive Systems in Leipzig. Timo Köhl, Logistikleiter bei Thyssen- Krupp Automotive Systems, hat an der GEXSO-Studie teilgenommen. Für LOGISTIK HEUTE hat er einige Fragen dazu beantwortet. LOGISTIK HEUTE : Herr Köhl, was sind derzeit bei Ihnen die größten Herausforderungen bei den Beschaffungsaktivitäten in Ihrem Geschäft? Timo Köhl: Termintreue und Qualität sind die erfolgskritischen Faktoren in unserem Geschäft. Die immer kürzeren Produktlebenszyklen und häufigen Modellpflegen in der Automobilindustrie stellen an uns als Just-in-Sequence-Lieferant von Fahrwerkssystemen höchste Ansprüche. Welche Beschaffungsmärkte sind aus Ihrer Sicht problematisch und welche unproblematisch? Krisenregionen oder Länder mit instabilem politischem Ausblick sind keine Beschaffungsmärkte für uns. Im Umgang mit allen unseren Lieferanten gibt es einen Kompass, an dem sich alle ausrichten müssen. Das ist unser Code of Conduct. Darin haben wir sehr klar dargelegt, was wir von unseren Lieferanten zum Beispiel in Sachen Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit sowie sozialen und ökologischen Standards verlangen. Daraufhin auditieren wir unsere Lieferanten. Wo werden in fünf Jahren die wichtigsten Beschaffungsmärkte für Einkäufer in Ihrer Firma liegen? Unser eigener Standort-Footprint gibt uns die Richtung vor. Das heißt, den größten Teil unseres Einkaufsvolumens werden wir auf absehbare Zeit aus unseren Kernmärkten in Europa und Nordamerika beziehen. Eine zukünftige Verschiebung Richtung Osten ist aber nicht auszuschließen. Wie stark ist Ihre Branche vom Technologiewandel geprägt? Kaum eine Branche treibt Technologiewandel so stark wie die Automobilindustrie. Unsere Kunden erwarten von uns, dass wir diesen Wandel nicht nur mitgehen, sondern auch mitgestalten können. Deshalb hinterfragen wir tagtäglich unsere Konzepte und Prozesstechnologien, um noch besser zu werden und unsere Position in der Spitzengruppe der Technologieführer im Achssystemgeschäft auszubauen. Wie gut können in Ihrer Firma neue Technologien implementiert werden? Von der schnellen Umsetzung neuer Technologien hängt unser Erfolg maßgeblich ab. Um aber schnell zu sein, braucht man einerseits einen guten Draht zum Markt und zu den Kunden. Andererseits muss man selber für flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege im eigenen Unternehmen sorgen. Wenn wir also neue Prozess- oder Technologieansätze entwickeln, bieten wir diese unseren Kunden an oder integrieren sie gleich in unser Produkt. So realisieren wir zum Beispiel für unsere Kunden den kompletten Aufbau neuer Werke als Greenfield-Projekt. Gleichzeitig sind wir in der Lage, diese Werke vollverantwortlich zu betreiben. Von der Grundstückssuche bis zur Auslieferung der ersten Produkte schaffen wir das innerhalb von zwölf Monaten. Ob in Deutschland oder international spielt dabei keine Rolle. Die dazugehörigen Supply Chains bauen wir parallel innerhalb weniger Monate mit auf. Welche Produkttechnologien und welche Prozesstechnologien sind bei Ihnen derzeit von Bedeutung? Wir suchen stets nach der optimalen Balance zwischen Automatisierung und Flexibilität. Dabei rücken die früheren Supportfunktionen IT und Supply Chain Management immer mehr in den Fokus. Bei der weiteren Optimierung der Prozesstechnologien kommt diesen beiden Bereichen eine immer größere Bedeutung zu. Wer treibt den Technologiewandel bei Ihnen am meisten? Natürlich ist unser Geschäft sehr stark von den Bedürfnissen unserer Kunden getrieben. Aber der Drang, neue Produkte und neue Prozesse zu entwickeln muss aus dem eigenen Unternehmen kommen. Denn schließlich wollen wir agieren und nicht reagieren. Timo Köhl, Logistikleiter bei ThyssenKrupp Automotive Systems Welcher Unternehmensbereich bringt in Ihrer Firma den Technologiewandel voran? Bei ThyssenKrupp Automotive Systems arbeiten viele Unternehmensbereiche daran, unser Produkt technologisch weiterzuentwickeln. Die technische Planung zum Beispiel entwickelt neue Konzepte für Fertigungsprozesse. Die werden dann gemeinsam mit dem Einkauf und den Beschaffungsmarktpartnern umgesetzt. Supply-Chain-Prozesse sind wieder Aufgabe des Supply Chain Management, die gemeinsam mit den Kollegen der IT realisiert werden. So greift bei uns eine Funktion in die andere, um den technologischen Wandel voranzutreiben. In welchem Bereich werden neue Technologien die Supply Chain in Ihrer Firma am stärksten verändern? Neue Technologien werden vor allem unsere Fertigungsprozesse und IT- Anwendungen in unserer Organisation verändern. Das wird dazu führen, dass wir unsere Lieferketten noch globaler und effizienter managen können. Die Fragen stellte Thilo Jörgl. 2014 Alle Rechte vor behalten. Vervielfältigungen auf Datenträgern jeglicher Art sind verboten. HUSS-VERLAG GmbH Joseph-Dollinger-Bogen 5 80807 München Tel. +49(0)89 / 32391-0 Fax +49(0)89 / 32391-420 www.logistik-heute.de 5 LOGISTIK HEUTE 10 / 2014

Weitblick? Was gestern noch erfolgreich war, kann sich heute schon wieder ändern oder bereits morgen veraltet sein. Wir behandeln jede Ihrer Fragestellungen, als wäre sie die erste ihrer Art und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen Lösungen, die langfristig Bestand haben. Im Team bringen wir unsere Erfahrung in den Bereichen Unternehmensstrategie, Prozessmanagement und Technologie ein. Das Ziel immer vor Augen, gehen wir den Weg gemeinsam mit Ihnen erfolgreich zu Ende. Neues Denken für eine sich verändernde Welt. www.bearingpoint.com 6 LOGISTIK HEUTE 10 / 2014