weniger ist mehr Strategie: Wie Boehringer Ingelheim mit einer neuen Lieferkette 100 Millionen Euro einspart. Porsche Consulting DAS MAGAZIN



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Transkript:

Strategie: Wie Boehringer Ingelheim mit einer neuen Lieferkette 100 Millionen Euro einspart. weniger ist mehr _Katharina Becker _Olaf Hermann 28

Im klinischen Reinraum stellen Mitarbeiter der Boehringer Ingelheim microparts GmbH den innovativen Taschen-Inhalator Respimat her. 29

Spannen, Öffnen, Auslösen: Die fein zerstäubten Wirkstoffe können mit diesem Inhalator besonders gut eingeatmet werden. D ie sterilen Labore sind in gelbes Licht getaucht, um die UV-Strahlen abzuhalten. Schleusen und Lüftungsanlagen sorgen dafür, dass sich kein Staubkorn in die Reinräume verirrt. Die Mitarbeiter tragen weiße Schutzanzüge, Haarnetze, Masken und Handschuhe. In den verglasten Produktionshallen im Obergeschoss produzieren die Maschinen in 45-Sekunden- Takt neue Inhalator-Bauteile. Auf den ersten Blick hat die Herstellung der superfeinen Medikamentenzerstäuber für Asthmapatienten bei Boehringer Ingelheim microparts in Dortmund wenig gemein mit der Produktion eines Sportwagens. Dennoch fragten die Pharmaspezialisten Porsche Consulting um Rat, wie sich ihre Fertigung mit möglichst geringen Investitionen erweitern ließe, ohne die Herstellkosten, Qualität oder den Lieferservice zu belasten. Weltweit leiden schätzungsweise 44 Millionen Patienten an Atemnot durch dauerhaft verengte Bronchien. Was im Fachjargon chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) heißt, kennt der Volksmund als Raucherlunge. Fast 15 Prozent der Deutschen über 40 Jahre leiden daran, bei den über 70-Jährigen sind es knapp 30 Prozent. In über zehn Jahren Forschung und Entwicklung hat Boehringer Ingelheim den Tascheninhalator Respimat Soft Inhaler entwickelt, der ohne Treibgas eine langsame, feine Sprühwolke abgibt. Die Wirkstofflösung wird in feine Tröpfchen mit einem Durchmesser von rund fünf Mikrometern zerstäubt und in p 30

Bittere Pillen Boehringer Ingelheim verfügt über eine starke Produktpipeline. Seit Jahren investiert das Pharmaunternehmen verstärkt in die eigene Forschung und Entwicklung. Die Pharmaindustrie galt lange als Hort üppiger Gewinne und Deutschland als Pharmaparadies. Doch nun spürt die erfolgsverwöhnte Branche Druck von mehreren Seiten. Über Medikamentenpreise wird schon seit Jahrzehnten gestritten, die Krankenkassen beklagen steigende Ausgaben. Die Hersteller kontern, medizinischen Fortschritt gebe es nicht zum Nulltarif. Lange konnten die Produzenten die Preise für neue Arzneimittel selbst festlegen, doch die goldenen Zeiten sind vorbei nicht nur für die Apotheke der Welt, die deutsche Pharmaindustrie. Die Haushaltslage und der Druck auf die Sozialetats in vielen Staaten gestaltet das Geschäftsumfeld für die Pharmabranche zunehmend schwieriger, sagt Dr. Engelbert Günster, Vorsitzender der Geschäftsführung der Boehringer Ingelheim Deutschland GmbH. Dabei wächst der Pharmamarkt weltweit ungeachtet aller Wirtschaftskrisen: nach Schätzungen des Kreditversicherers Euler Hermes bis 2015 jährlich um vier Prozent. In der zunehmenden Alterung der Bevölkerung sieht auch der Geschäftsführer des zweitgrößten deutschen Pharmakonzerns gute Perspektiven. Doch die Ertragssäulen der Branche bröckeln: Derzeit laufen viele Patente auf margenträchtige Blockbuster aus, Analysten zufolge geht es bis 2015 bei den Branchenriesen um 150 Milliarden Dollar Umsatz. Beim Ablauf der meist 20-jährigen Patente ist der Weg frei für billigere Nachahmerprodukte, die Generika. Auch weil sich die Entwicklungskosten neuer Medikamente in den letzten 15 Jahren vervierfacht haben, hat die Branche nicht genügend neue Produkte in der Pipeline, um die erodierenden Einnahmen aufzufangen. Acht bis zwölf Jahre dauert die Entwicklung neuer Arzneien und von 5000 bis 10 000 erforschten Substanzen erreichen nur eine bis zwei als neues Produkt den Markt. Mit gut 2,5 Milliarden Euro hat das 1885 gegründete Familienunternehmen Boehringer Ingelheim 2011 rund ein Fünftel seiner Umsätze in die Forschung und Entwicklung von Präparaten und Therapien gegen Erkrankungen der Atemwege, des Herz-Kreislauf- und zentralen Nervensystems sowie von Stoffwechsel- und Infektionserkrankungen gesteckt. Knapp zwei Drittel der verschreibungspflichtigen Medikamente genießen Patentschutz. Umsatzstärkstes Präparat ist Spiriva zur Behandlung der im Volksmund Raucherlunge genannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) mit knapp 3,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr rund ein Viertel des Gesamtumsatzes. 84 neue Projekte sind in der Entwicklung. Durch kontinuierlich hohe Investitionen in unsere Forschung und Entwicklung verfügen wir über eine starke Produktpipeline, sagt Günster. Dass Boehringer dabei keinen Druck der Börse spürt, ist für ihn ein Glücksfall: Statt auf kurzfristige Ergebnisse setzen zu müssen, können wir uns als Familienunternehmen auf langfristiges Wachstum auch in generationsübergreifenden Zeiträumen konzentrieren. Der Patentverfall ist aber nicht die einzige Sorge der Branche. Gegenwind kommt aus der Politik, die versucht, durch Kürzungen bei Arzneimittelpreisen und Behandlungen sowie eine schärfere Nutzenabwägung die Kostenexplosion im Gesundheitswesen aufzuhalten. Statt die Behandlung an den Bedürfnissen der Patienten auszurichten, sehen wir in vielen Ländern, dass immer mehr die Kosten beziehungsweise die Erstattungsbereitschaft zur alles entscheidenden Maßgabe werden, sagt Günster. Das treffe vor allem forschende Unternehmen wie Boehringer Ingelheim. Zu deutschen Preisen forschen und produzieren, und zu griechischen Preisen verkaufen das wird auf Dauer nicht funktionieren. Umso erfolgsentscheidender sei es deshalb, kontinuierlich die Prozesse und Strukturen zu überprüfen und das Unternehmen effizient aufzustellen. 31

Die Antriebsfeder des Tascheninhalators Respimat erzeugt einen Düsendruck von 200 bar. So entsteht eine langsame und lang anhaltende sanfte Sprühwolke. Diese ist für Patienten besonders leicht zu inhalieren. dieser Größe besonders gut von der Lunge aufgenommen. In rund 50 Ländern ist der Inhalator verfügbar, die Zulassung für die USA steht bevor. Angesichts der stark gestiegenen Nachfrage dürfte die Produktionsanlage bald aus allen Nähten platzen. Bis 2015 soll sich die Kapazität auf jährlich 44 Millionen Geräte mehr als verdoppeln. Wir wollten die Produktion erweitern, ohne einfach mehr Fläche anzubauen, sagt Dr. Heiko Rengel, Geschäftsführer von Boehringer Ingelheim microparts. Da zum Zeitpunkt der Investition in Gebäude und Spezialmaschinen noch nicht klar ist, ob das Produkt die Zulassung in den angestrebten Märkten auch erhält, spart jeder Monat des Hinauszögerns bares Geld. Allerdings darf die Investitionsentscheidung nur so weit aufgeschoben werden, dass die Lieferfähigkeit zum Zulassungstermin dennoch gewährleistet ist. Eine Gratwanderung. Dass es sich lohnt, dazu die Lieferketten-Strategie unter die Lupe zu nehmen und strukturiert zu planen, wissen die Berater von Porsche Consulting aus Erfahrung im eigenen Haus nur zu gut. Die Pharmabranche kann von der Automobilindustrie einiges lernen, sagt Rengel. Zum Beispiel, dass man nicht alles selber machen muss. Fast 60 Prozent der Wertschöpfung hat Boehringer bereits an Zulieferer ausgelagert. Viel, dachten sie in Dortmund. Wenig, sagten die Berater von Porsche. Dass der Sportwagenhersteller rund 80 Prozent der Fertigung an Zulieferer vergibt sogar die Produktion der Keramikbremse, eines der Herzstücke der Sportwagen sorgte für erstaunte Gesichter. Nur die enge Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern garan tiert eine hohe Qualität und reißfeste Lieferkette. Wichtig ist, dass die Kernkompetenzen im Unternehmen bleiben, sagt p 32

33

In der Endmontage werden die verschiedenen Module und Baugruppen zum Endprodukt, dem Inhalationsgerät Respimat, zusammengefügt. Dirk Pfitzer, Partner bei Porsche Consulting. Bei Porsche sind das die Gestaltung des Fahrzeugkonzepts sowie das Entwickeln und Steuern des Lieferantennetzwerkes. Im Hause Boehringer Ingelheim microparts gab es zu Beginn des Projektes ein intensives Ringen darum, was genau ihre Kernkompetenzen seien. Zweifellos fiel der Uniblock, ein stecknadelkopfgroßer, geätzter Siliziumchip aus Filtern und Zerstäuberdüse darunter. Das ist der Stolz unserer Ingenieure, sagt Thomas Mehlhorn aus dem Boehringer-Projektteam. Auch der Präzisions-Spritzguss fiel in diese Kategorie, Teile der Kartuschenverpackung, der Kunststoffverschluss oder bestimmte Reinigungsvorgänge dagegen nicht. Darauf aufbauend entwickelte das Projektteam zunächst die ideale Wertschöpfungskette ohne Restriktionen. Es öffnet den Horizont anzunehmen, wir könnten bei null anfangen, erläutert Pfitzer. Der Weg zu möglichen Szenarien war anschließend mit vielen Fragen gepflastert: Sind vorhandene Gebäude anders nutzbar? Können Maschinen ausgelagert werden? Wo auf der Welt sollten Teile der Lieferkette angesiedelt werden? Die drei Erfolg versprechendsten Szenarien wurden einer strengen Bewertung nach Maßstäben wie Flexibilität, Produktionskosten, Einmalinvestition und Qualität unterzogen. Das beste Konzept wurde anschließend bis ins Detail feingeplant. Ein lohnendes Gedankenspiel: Mit der letztlich ausgewählten Vorgehensweise investieren die Dortmunder bezogen auf die Stückzahl nicht einmal halb so viel wie geplant. Zusätzlich sinken die Herstellkosten pro Produkt. Konkret heißt das: Dank einer späteren Investition, der schrittweisen Auslagerung an Lieferanten und neuen Synergien mit der bestehenden Produktion spart Boehringer Ingelheim während fünf Jahren mehr als 100 Millionen Euro ein. Solche Ergebnisse lassen sich nur erreichen, wenn man die existierende Lieferkette grundsätzlich infrage stellt und strukturiert plant, sagt Pfitzer. Dass wir die Kapazität so erweitern können, ohne ein neues Gebäude zu bauen, hätten wir nicht für möglich gehalten, gibt Rengel zu. f Dass wir die Kapazität erweitern können, ohne ein neues Gebäude zu bauen, hätten wir nicht für möglich gehalten. Dr. Heiko Rengel, Geschäftsführer Boehringer Ingelheim microparts 34

IN FÜNF SCHRITTEN ZUR IDEALEN LIEFERKETTEN-STRATEGIE 1. DEFINITION DER KERNKOMPETENZEN 2. GESTALTUNG EINER IDEALEN LIEFERKETTE (Vision) 3. Ableitung Möglicher Szenarien 4. AUSWAHL DES SZENARIOS 5. UMSETZUNG Kernkompetenzen festlegen (spezielle Expertise, Einzigartigkeit aus Sicht des Kunden etc.) einzelne Bauteile oder Baugruppen nach besonderem Know-how bewerten potenzielle Lieferanten ermitteln Absatzerwartung für die nächsten Jahre ermitteln und abstimmen ideale Lieferkette pro Baugruppe erstellen (frei von bestehenden Restriktionen wie vorhandenen Gebäuden, Maschinen, Lieferanten) einzelne Lieferketten zu einer übergreifenden idealen Lieferkette zusammensetzen und diese als Ganzes optimieren (vom Einzeloptimum zum Gesamtoptimum) Rahmenbedingungen festlegen mögliche Szenarien ableiten (Spektrum von Status quo bis Lieferketten- Vision) Eingrenzung auf realistische Szenarien (mit Rahmenbedingungen abgleichen) auf Basis einer qualitativen Bewertung die drei besten Szenarien auswählen Bewertungskriterien festlegen (z.b. Investitionen in Gebäude und Maschinen, Flexibilität bei Produktvarianten und Menge) einzelne Kriterien gewichten Investitionen und Auswirkungen der Lieferketten- Optionen auf die Herstellkosten kalkulieren quantitative Bewertung der drei Szenarien und Entscheidung Umsetzungsplan erstellen und Meilensteine definieren potenzielle Lieferanten anfragen und Preisannahmen überprüfen Investitionen beantragen und freigeben lassen Plan-Stückzahlen regelmäßig mit der Absatzerwartung abgleichen und ggf. Investitionstermine anpassen Umsetzungsfortschritt kontinuierlich überprüfen (Meilensteine) und ggf. nachjustieren

Complete Vehicle Styling Body & Safety Engine Drivetrain Chassis Electrics & Electronics Testing Industrial Engineering Production Engineering Auch wir können die Zukunft nicht vorhersagen. Aber täglich an ihr arbeiten. Porsche Engineering driving technologies