Name: Matrikelnr.: Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Empirische Sprachwissenschaft Pflichtmodul K3 Phonetik und Phonologie II SoSe 2017 PROBEKLAUSUR Bitte leserlich und kurz antworten. Bitte die endgültigen Antworten nicht mit Bleistift, sondern Tinte oder Kugelschreiber schreiben! Auf Ihren Tischen sollte nur ihr Schreibgerät liegen. Mobiltelefone etc. bitte ausschalten und wegpacken. Empfehlung: Lesen Sie die Aufgabenstellung sorgfältig durch und beantworten Sie die Fragen zuerst, bei denen Sie sich sicher sind. Kontrollieren Sie, dass Sie keine der 7 Aufgaben (6 Seiten) übersehen haben und Ihren Namen und ihre Matrikelnummer angegeben haben.
1) Benennen Sie für die folgenden Laute die Werte der sieben aufgeführten artikulatorischen Parameter: [ʘ] [k x] [ɱ] [p ] Artikulationsstelle Bilabial, Oberlippe Velum / Weicher Gaumen Labiodental, Obere Zähne Bilabial, Oberlippe Artikulationsorgan Unterlippe Dorsum / Zungenrücken Unterlippe Unterlippe Artikulationsmodus Klick Affrikate: 1) Plosiv 2) Frikativ Nasal, Ejektiv, Phonation Stimmlos Stimmlos Stimmhaft Stimmlos Verhalten des Velums Gesenkt Luftstrom- mechanismus Oral/velar Pulmonal Pulmonal Glottal Richtung des Luftstroms ingressiv eggressiv eggressiv eggressiv
2) Beschreiben Sie die Artikulation an den genannten Artikulationsorten für die folgenden Laute. Gehen Sie davon aus, dass keine oder nur minimale Koartikulation stattfindet. [ʂ] Lippen Zungenspitze / Zungenblatt Nach hinten gerollt im postalveolaren (Retroflex) Zungenrücken Velum angehoben [u] Offen, gerundet Nach oben und hinten gezogen [d] im alveolaren [æ] Offen Nach vorne und unten geschoben [ɬ] Laterale kritische Enge im alveolaren angehoben [ø:] Offen, gerundet Nach vorne und oben geschoben [ɲ] im palatalen Gesenkt
3) a) Zeichnen Sie in einer groben Skizze ein Oszillogramm für ein quasiperiodisches Signal, dessen längste Schwingungsdauer 7,5 ms beträgt und das der Einfachheit halber nur über 3 Harmonische verfügt. Die Amplitude können Sie dabei frei wählen. b) Welche Frequenz hat die Grundfrequenz, welche Frequenzen haben die höheren Harmonischen? b) Die Schwingungsdauer (Zeit) ist 7,5 ms, also T = 0,0075 s. F = 1/T = 1/0,0075 = 1000/7,5 = Grundfrequenz von 133 Hz (abgerundet). Die 2. und 3. Harmonische sind ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz (abegurndet), also 2f0 = 266 Hz und 3f0 = 400 Hz. 4) Erläutern Sie kurz, wie sich Vokale als Klasse akustisch identifizieren lassen und was die einzelnen Vokalqualitäten voneinander unterscheidet. Vokale sind gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Formantstruktur. Formante sind Intensitätsmaxima, die als schwarze Balken im Spektrogramm zu sehen sind. Die Vokalqualität wird von der Lage der ersten zwei Formanten definiert. Der erste Formant ist entscheidend für die Vokalhöhe (horizontale Zungenlage), je höher der erste Formant ist desto offener ist der Vokal. Der zweite Formant ist entscheidend für die vorne-hinten Achse (vertikale Zungenlage), je höher der zweite Formant ist desto weiter vorne ist der Vokal.
5) Erläutern Sie kurz, was unter dem McGurk-Effect zu verstehen ist. Welche akustischen Eigenschaften könnten dabei mit ein Rolle spielen? Der McGurk-Effekt beschreibt die bei der Sprachwahrnehmung auftretende Audio-Visuelle Integration. So wird ein visueller Stimulus (Videoaufnahme eines Sprechers) /aɡa/ überlagert mit einem akustischen Stimulus /aba/. Der perzeptive Eindruck beim Betrachter & Hörer ist, dass /ada/ produziert wird. Die Visuelle Information /aɡa/ wird offensichtlich in die Verarbeitung des gehörten /aba/ mit einbezogen. Da die Lippenbewegungen einer bilabialen Interpretation widersprechen, wird der akustisch naheliegendste Laut /d/, der mit der visuellen Information in Einklang gebracht werden kann, gewählt. Dass /d/ akustisch näher an /b/ ist als es /ɡ/ wäre, kann mit den Formanttransitionen verdeutlicht werden. Die Formanttransitionen für den zweiten Formanten von /d/ lassen sich eher mit dem tatsächlich akustisch präsentierten /b/ in Einklang bringen als die von dem visuell präsentierten /ɡ/. 6) Nennen Sie zwei Verfahren, um artikulatorische Abläufe zu messen oder darzustellen. Erläutern Sie kurz, was das Verfahren leisten kann und was es nicht leisten kann. a) Elektropalatographie: Kann Vollkontakt im oberen Mundraum (von den Alveolen bis zum Velum) darstellen, was ganz gut messbar ist. Das Verfahren ist leicht einsetzbar, aber dafür muss für jeden Sprecher ein Palatogramm hergestellt werden, was relativ teuer ist. Der Nachteil vom Verfahren ist, dass man nur Vollkontakt messen kann, also es ist nur für Obstruenten relevant. b) MRT: Kann die Artikulatoren und deren Bewegungen im Ansatzrohr darstellen. Das Verfahren ist relativ schwer einsetzbar, es ist ziemlich teuer und für die Versuchsperson teilweise unangenehm. Die Aufnahmen kann man relativ schwer artikulatorisch messen. Da es sehr laut ist, muss man auf eine akustische Analyse vom Audio meistens verzichten.
7) Beschreiben Sie kurz den Aufbau des Ohres und erläutern Sie insbesondere, wie das akustische Schallsignal im Mittelohr verstärkt wird. Das Ohr ist grob in 3 Teile untergliedert: (1.) Das Außenohr - Ohrmuschel und Gehörgang, davon luftdicht durch das Trommelfell abgetrennt (2.) das Mittelohr - Paukenhöhle und die Gehörknöchelchen: Hammer, Amboss, Steigbügel (3.) das Innenohr Bogengänge (Gleichgewichtsorgan, nicht fürs Hören relevant), und Cochlea (Gehörschnecke) mit dem Hörnerv, der zum Gehirn führt. Die Schallwellen werden von der Ohrmuschel aufgefangen und im Gehörgang auf das Trommelfell geleitet, eine durchblutete Membran (Fläche von ca. 55 mm 2 ). Schallwellen lassen den Trommelfell nach außen und innen wölben, was die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel) in Bewegung setzt. Diese mechanischen Bewegungen laufen durch die Gehörknöchelchen bis zum Steigbügel, der auf dem ovalen Fenster (Fläche ca. 3,2 mm 2 ) der Cochlea liegt. Die Bewegungen der Gehörknöchelchen lassen das ovale Fenster auch nach außen und innen wölben, was dank dem großen Flächenunterschied zwischen Trommelfell und ovalem Fenster, mechanisch verstärkt wird.