Spezifische Inhalte und Aufgaben der Allgemeinmedizin (Dr. med. R. Brath)

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Transkript:

Spezifische Inhalte und Aufgaben der Allgemeinmedizin (Dr. med. R. Brath)

Ziele der heutigen Vorlesung 1. Definition und Arbeitsauftrag der Allgemeinmedizin 2. Lernziel in der Allgemeinmedizin 3. Das allgemeinärztliche Vorgehen LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 2

Definition und Arbeitsauftrag Grundversorgung aller Patienten mit körperlichen und seelischen Gesundheitsstörungen ( Der Arzt für alle Fälle! ) Gesundheitsbildungsfunktion Primärärztliche Funktion mit Sieb- und Notfallfunktion LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 3

Lernziel in der Allgemeinmedizin Nicht der ausgebildete Arzt wird angestrebt, sondern der gebildete Arzt! Ziel ist der möglichst belastungsarm und effektiv diagnostizierte Patient mit der für ihn optimalen und notwendigen Therapie. LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 4

Ändert sich der Typus Arzt im Laufe des Lebens? Junger Arzt: hoher Wissensstand v.a. zum Zeitpunkt der FA Prüfung Alter Arzt: hohes Maß an Erfahrung Ziel: hohes Maß an Erfahrung mit gutem Wissenstand, nicht nur Erfahrung! LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 5

Das allgemeinärztliche Vorgehen Die Säulen der Allgemeinmedizin Das unausgelesene Krankengut Die Gesetzmäßigkeiten der Fälleverteilung unter Berücksichtigung atypischer und abwendbar gefährlicher Verläufe Die prozessgerechte Klassifizierung des Beratungsergebnisses Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kranken Die biopsychosoziale Gesamtschau Das problemorientierte Handeln LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 6

Das unausgelesene Krankengut Verteilung der Versorgungsebenen prof. System stationäre Versorgung (1-2%) fachärztl. Versorgung (10-20%) hausärztl. Versorgung (80-90%) Laien- System LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 7

Das unausgelesene Krankengut Unterschiedliche Praxissituation von Hausarzt und Facharzt Der Hausarzt sieht immer wieder die gleichen Patienten mit vielen verschiedenen Erkrankungen. Der Facharzt sieht immer wieder die gleichen Erkrankungen bei vielen verschiedenen Patienten. LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 8

Das allgemeinärztliche Vorgehen Die Säulen der Allgemeinmedizin Das unausgelesene Krankengut Die Gesetzmäßigkeiten der Fälleverteilung unter Berücksichtigung atypischer und abwendbar gefährlicher Verläufe Die prozessgerechte Klassifizierung des Beratungsergebnisses Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kranken Die biopsychosoziale Gesamtschau Das problemorientierte Handeln LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 9

Die Gesetzmäßigkeit der Fälleverteilung Im Laufe seines Berufslebens begegnen dem Hausarzt etwa 2000 2500 verschiedene Beratungsergebnisse aus etwa 40000 60000 beschriebenen Möglichkeiten. Davon sind 300 regelmäßig häufig; d.h. sie begegnen dem Hausarzt mindestens einmal pro Jahr. 95 98 % aller Fälle einer Allgemeinpraxis können einem regelmäßig häufigen Beratungsergebnis zugeordnet werden. Die Häufigkeitsverteilung der Beratungsergebnisse wird von besonderen Kenntnissen des Praxisinhabers beeinflußt (Prosenc sches Phänomen) LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 10

Häufigkeiten von akuten Beratungsergebnissen in der Allgemeinmedizinpraxis 1 Myalgien, einfache (P. Landolt-Theus) 2 Fieber, uncharakteristisches 3 Afebrile Allgemeinreaktion 4 Arthropathie und Periarthropathie 5 Kontusionen obere/untere Extremität, Rumpf 6 Hypertonie 7 Hautwunden 8 Kreuzschmerzen 9 Erbrechen und/oder Durchfall 10 Schwindel

Gesetzmäßigkeit der Fälleverteilung gesamt (TOP TEN): (Fink 2007) 1. Uncharakteristisches Fieber 2. Hypertonie (wahrscheinlich essentiell) 3. Myalgie 4. Kreuzschmerz 5. Luftkatarrh kombiniert 6. Arthropathie, Periatropathie 7. Afrebrile Allgemeinreaktion 8. Husten 9. Tonsillitis acuta ( Angina ) 10. Diabetes mellitus LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 12

Gesetzmäßigkeit der Fälleverteilung Abwendbar Gefährliche Verläufe (AGV) siehe 1. Vorlesung und Hand-out Definition: Allgemeinmedizinisches Vorgehen zum Auffinden eines dringend behandlungsbedürftigen Zustandes aus einer Gruppe primär gleichartig und ungefährlich erscheinender Befindungsstörungen. (Kruse/Schetteler, 1995) Charakteristika des AGV Trotz seiner Seltenheit von großer praktischer Bedeutung ( immer daran denken! ) Das Erkennen des AGV ist eine spezifische allgemeinärztliche Aufgabe im Rahmen der Sieb- und Notfallfunktion LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 13

Fallbeispiele 1+2 Patient 35 Jahre, männlich, seit gestern Erbrechen, Durchfall, leichte Oberbauchschmerzen, kein Fieber, guter AZ Patient 35 Jahre, männlich, seit heute Erbrechen, kein Durchfall, Oberbauchschmerzen, kein Fieber, schlechter AZ, schwitzt LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 14

Das allgemeinärztliche Vorgehen Die Säulen der Allgemeinmedizin Das unausgelesene Krankengut Die Gesetzmäßigkeiten der Fälleverteilung unter Berücksichtigung atypischer und abwendbar gefährlicher Verläufe Die prozessgerechte Klassifizierung des Beratungsergebnisses Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kranken Die biopsychosoziale Gesamtschau Das problemorientierte Handeln LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 15

Die prozessgerechte Klassifizierung des Beratungsergebnisses Beratungsursache Diagnostik Bewertung Klassifizierung Beratungsergebnis LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 16

Diagnostik in der Allgemeinmedizin Direkte Diagnostik als typisch allgemeinärztliches Vorgehen Unmittelbare Feststellung eines Beratungsergebnisses ohne ausführliche Diagnostik & Bewertung der Beratungsursache Führt bei nahezu jeder 10. Beratungsursache zu einem zutreffenden Beratungsergebnis Sehr ökonomisch Kennerschaft erforderlich! Diagnostisches Minimum, das nicht unterschritten werden darf; kritische Anwendung erforderlich! LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 17

Die prozessgerechte Klassifizierung des Beratungsergebnisses Beratungsursache Diagnostik Bewertung Klassifizierung Beratungsergebnis LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 18

Klassifizierung des Beratungsergebnisses (Mader/Weißgerber,2002) (gesicherte) Diagnose Salmonellose 10 % 25 % Symptom Diarrhoe 40 % 25 % (klinisches) Krankheitsbild Bild einer bakteriellen Magen-Darm-Infektion Symptomgruppe wäßrige Diarrhoe und Erbrechen mit Fieber und krampfartigem Bauchschmerz LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 19

Das allgemeinärztliche Vorgehen Die Säulen der Allgemeinmedizin Das unausgelesene Krankengut Die Gesetzmäßigkeiten der Fälleverteilung unter Berücksichtigung atypischer und abwendbar gefährlicher Verläufe Die prozessgerechte Klassifizierung des Beratungsergebnisses Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kranken Die biopsychosoziale Gesamtschau Das problemorientierte Handeln LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 20

Zusammenarbeit mit dem Kranken, biopsychosoziale Gesamtschau Das Hermeneutische Fallverständnis: siehe 1. Vorlesung Bei diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen werden berücksichtigt: Anamnese, Symptome, Befunde Erlebte Anamnese Kenntnis des sozialen Umfeldes, Geschichte des Patienten Einblicke in Lebenssituation und Lebensorientierung des Patienten Aufgabe ist, diese Elemente integrativ zusammenzubringen und interpretierend zu verstehen! LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 21

Das allgemeinärztliche Vorgehen Die Säulen der Allgemeinmedizin Das unausgelesene Krankengut Die Gesetzmäßigkeiten der Fälleverteilung unter Berücksichtigung atypischer und abwendbar gefährlicher Verläufe Die prozessgerechte Klassifizierung des Beratungsergebnisses Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kranken Die biopsychosoziale Gesamtschau Das problemorientierte Handeln LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 22

Das problemortientierte Handeln Therapie ohne Erreichen der Diagnoseebene = therapeutische Maßnahmen bei Störungen, die einer weiteren Abklärung aktuell nicht bedürfen, da harmlose Befindensstörung oder weitere Abklärung ohne therapeutische Konsequenz Therapie nach Diagnosestellung LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 23

Das problemortientierte Handeln Abwartendes Offenlassen zunächst Verzicht auf weitere Diagnostik und Verlaufbeobachtung Dokumentation Aufklärung und Wiedereinbestellung des Patienten (Abwarten einer wahrscheinlichen Remission) spätere Klärung der Erforderlichkeit weiterer diagnostischer bzw. therapeutischer Maßnahmen Kein Hinweis für Oberflächlichkeit etc. LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 24

Das problemorientierte Handeln Abwendbar Gefährliche Verläufe (AGV) Definition: Allgemeinmedizinisches Vorgehen zum Auffinden eines dringend behandlungsbedürftigen Zustandes aus einer Gruppe primär gleichartig und ungefährlich erscheinender Befindungsstörungen. (Kruse/Schetteler, 1995) Charakteristika des AGV Trotz seiner Seltenheit von großer praktischer Bedeutung ( immer daran denken! ) Das Erkennen des AGV ist eine spezifische allgemeinärztliche Aufgabe im Rahmen der Sieb- und Notfallfunktion LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 25

Zusammenfassung Allgemeinarzt: Der Arzt für alle Fälle! Das Ziel ist der gebildete Arzt. Alles, was nötig ist, wird getan. Die Fälleverteilung folgt einer Gesetzmässigkeit. Klassifizierung des Beratungsergebnisses ist notwendig. Abwendbar gefährliche Verläufe müssen erkannt werden! Abwartendes Offenlassen ist ein wichtiges Instrument des allgemeinärztlichen Vorgehens. LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 26

Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den behandelnden Arzt: nur aufgrund ärztlicher Untersuchung unter Angabe der relevanten Diagnose(n) rückwirkend nur ausnahmsweise und höchstens 2 Tage auch für arbeitsfreie Tage bei Arbeitsunfall: Hinzuziehung des D-Arztes erforderlich während der Zeit der Lohnfortzahlung (i.d.r. 6 Wochen): gelber Schein während des Krankengeldbezugs: Auszahlungsschein der Krankenkassen (ohne Durchschlag für den Arbeitgeber) LB AM Uni WÜ Allgemeinärztliches Handeln 28