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Also heißt es einmal mehr, immer eine eigene Meinungen bilden, nicht beeinflussen lassen, niemals von anderen irgend eine Meinung aufdrängen lassen.

Transkript:

Freie Universität Berlin Artikel aus dimensionen Heft 17 Wissenschaft per Nachrichtenagentur basierend auf der Magisterarbeit Wissenschaftsberichterstattung per Nachrichtenagentur von 1998 von Philipp Kunisch Freie Universität Berlin Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Arbeitsbereich Wissenschaftsjournalismus Prof. Dipl.-Ing. Winfried Göpfert Malteserstr. 100, 12249 Berlin Berlin, Frühjahr 1999

Wissenschaft per Nachrichtenagentur Die Wissenschaftsberichterstattung der Nachrichtenagenturen und ihr Niederschlag in der Presse. Analysen zur Wissenschaftsberichterstattung untersuchen oft nur die großen Blätter wie z.b. die Süddeutsche Zeitung. Doch wie berichten kleinere Zeitungen, die keine eigene Wissenschaftsredaktion haben oder in denen ein Redakteur die Wissenschaftsberichterstattung "nebenbei" mit erledigt? Diese Zeitungen sind zum überwiegenden Teil auf Wissenschaftsmeldungen der Nachrichtenagenturen angewiesen. Das führt zu der Frage: Wie berichten die Agenturen über Wissenschaft und wie schlägt sich diese Berichterstattung in den Regionalzeitungen nieder? Um diese Fragen zu beantworten wurden 3 Nachrichtenagenturen und 8 Tageszeitungen näher betrachtet. Als Agenturen wurden die drei größten auf dem Deutschen Markt tätigen Agenturen ausgewählt: Associated Press (AP), Deutsche Presse-Agentur (dpa) und Reuters (rtr). Von den ausgesuchten Tageszeitungen haben drei eine gut ausgebaute Wissenschaftsredaktion: Berliner Zeitung (BZ), Süddeutsche Zeitung (SZ) und Der Tagesspiegel (TS). Die Zeitungen ohne ausgebaute Wissenschaftsredaktion waren: Leipziger Volkszeitung (LV), Mannheimer Morgen (MM), Münstersche Zeitung (MZ), Neue Westfälische (NW) und Passauer Neue Presse (PNP). Erfaßt wurden sämtliche Wissenschaftsmeldungen, die die 3 Agenturen vom 6. Oktober bis zum 6. November 1997 herausgaben. Parallel wurde vom 7. Oktober bis zum 7. November 1997 untersucht, welche Wissenschaftsberichte sich in den 8 Blättern fanden und welche davon auf Agenturmeldungen zurückgeführt werden konnten. Keiner schreibt mehr als dpa Im Untersuchungszeitraum brachten die Agenturen rund 2.500 Wissenschaftsmeldungen, die sich folgendermaßen verteilten: Die Deutsche Presse-Agentur stellt mit fast 1.500 Meldungen (59 Prozent) den größten Anteil am Meldungsaufkommen. Associated Press berichtete rund 600 mal (25 Prozent) über Wissenschaftsthemen und Reuters brachte es fast auf 400 Meldungen (16 Prozent). Die Tageszeitungen publizierten im entsprechenden Zeitraum 1.330 Artikel über wissenschaftliche Themen: Der Mannheimer Morgen bot mit 203 Meldungen die größte Auswahl an Wissenschaftsberichterstattung an. Die übrigen Blätter boten zwischen 100 und 200 Meldungen. Am wenigsten Artikel ließen sich in der Berliner Zeitung finden, nämlich 92 Artikel. Agenturen sind für alle da mehr oder weniger Wie stark haben die Redaktionen nun auf das Agenturmaterial zurückgegriffen? Erstaunliches Ergebnis: Auch Zeitungen mit einer gut ausgebauten Wissenschaftsredaktion haben viel Agenturmaterial verarbeitet. Die Berliner Zeitung nutzt das Agenturangebot am meisten. Fast 60 Prozent der Wissenschaftsberichterstattung dieser Zeitung basieren auf Agenturmeldungen. Beim Tagesspiegel und bei der Süddeutschen Zeitung ist eine knappe Hälfte der Wissenschaftsberichterstattung agenturbasiert. Die Zeitungen ohne ausgebaute Wissenschaftsredaktion publizieren tendenziell häufiger Agenturmeldungen. Die Spanne der agenturbasierten Berichte reicht hier von rund 50 Prozent (Münstersche Zeitung) bis 66 Prozent (Mannheimer Morgen). Hier also umgekehrt ein erstaunliches Ergebnis, daß nämlich die "kleinen" Blätter ohne ausgebaute Wissenschaftsredaktion ein großes Angebot eigener Wissenschaftsberichterstattung bieten. Denn umgekehrt gesehen bedeuten die Zahlen, daß rund 40 Prozent der Wissenschaftsberichterstattung der Zeitungen ohne ausgebaute Wissenschaftsredaktion aus "eigener Produktion" stammen.

Bei der Passauer Neuen Presse scheinen sogar nahezu drei Viertel aller Wissenschaftsberichte von Zeitungsautoren geschrieben worden zu sein. Hier wird deutlich, daß die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren sind. Kriterium für die Einstufung als agenturbasierter bzw. redaktioneller Bericht war das Autoren- bzw. Agenturkürzel am Anfang oder Ende einer Meldung. Je nach Sorgfalt oder Ehrlichkeit der Redaktion wurde der Quellenhinweis vielleicht vergessen oder die Montage aus Agenturmaterial und eigenen Zeilen wurde als Autorenbericht gekennzeichnet. Wurde auf die Quelle Agentur nicht eigens hingewiesen, zählten die Artikel als Autorenbericht. Etwa fifty fifty Es läßt sich festhalten, daß alle Zeitungen in großem Umfang auf das Agenturangebot zurückgreifen. Bei den Regionalzeitungen ohne ausgebaute Wissenschaftsredaktion entstammen etwa die Hälfte der Berichte direkt den Agenturen, die andere Hälfte wurde redaktionell erstellt. Auch unter der redaktionellen Bearbeitung können sich freilich Agenturmeldungen verstecken, wenn auf die Quelle nicht eigens hingewiesen wurde. Bei den Zeitungen mit ausgebauter Wissenschaftsredaktion war das Verhältnis teilweise leicht verschoben zugunsten verstärkter eigener Berichterstattung mit einer Ausnahme. Die Berliner Zeitung stützt ihre Wissenschaftsberichterstattung zu fast 60 Prozent auf Agenturberichte. Faßt man alle hier gezählten Berichte zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: 47 Prozent der Wissenschaftsberichterstattung stammt aus den "Federn" der Zeitungsjournalisten. Wobei darunter auch agenturbasierte Meldungen sein können, wenn eine entsprechende Kennzeichnung nicht vorlag. 53 Prozent der Wissenschaftsberichterstattung in den untersuchten Zeitungen geht auf Agenturmeldungen zurück. 32 Prozent der Meldungen stammen von dpa, 9 Prozent von AP, 5 Prozent von Reuters, 7 Prozent von anderen Agenturen oder bilden einen Mix aus verschiedenen Agenturbeiträgen zumeist von der dpa. Die Zahlen gelten nur für die hier untersuchten Zeitungen und sind nicht repräsentativ für die gesamte Zeitungslandschaft Deutschlands. Da sich die meisten Zeitungen aber in ihrem Profil weitgehend ähneln, kann man von einer tendenziell richtigen Aussage ausgehen. Die bunte Welt der Wissenschaft Die Menge des verwendeten Agenturmaterials wird verständlich, wenn die Ressortverteilung betrachtet wird: Mit deutlichem Abstand zu den anderen Ressorts wurden die meisten Wissenschaftsartikel im "Vermischten" abgedruckt (37 Prozent). Typische Beispiele sind Berichte über Naturkatastrophen, neue Operationsmethoden oder Raketenstarts. Mit deutlichem Abstand folgen die Berichte im Ressort "Lokales" (18 Prozent). Der Rest verteilt sich auf verschiedene Ressorts, von denen Wissen (7 Prozent) nur eines unter vielen ist. Wenn weitere Ressorts mit einem Bezug zur Wissenschaft eigens ausgezeichnet wurden, dann war es die Rubrik "Gesundheit" (4 Prozent). dpa hat die Nase vorn Betrachtet man den Anteil der agenturbasierten Berichterstattung genauer, verdeutlicht sich die Dominanz der Deutschen Presse-Agentur. Während dpa beim Agenturen-Input noch auf einen Wert von 59 Prozent kam, erreicht die Agentur eine Abdruckquote von 69 Prozent. Der Anteil von AP verringert sich von 25 auf 21 Prozent und der von Reuters schmilzt von 16 auf 10 Prozent. Was wird angeboten... Interessant ist ein Vergleich der Themenkategorien, die von den Agenturen angeboten werden und derjenigen, die abgedruckt wurden. Die angebotenen "Top 3" waren Themen aus "Wissenschaft und Gesellschaft" (27 Prozent), "Umwelt" (19 Prozent) und "Natur" (17 Prozent). Es

folgen "Medizin" (16 Prozent), "Technologie" (11 Prozent) und "Weltraum" (9 Prozent). Selten wird über "Sozialwissenschaften" (1 Prozent) und "Naturwissenschaften" (tendenziell 0 Prozent) berichtet....und was wird abgedruckt? Die "Top 3" der publizierten Artikel sind: "Medizin" (30 Prozent), "Umwelt" (21 Prozent) sowie "Wissenschaft und Gesellschaft" (16 Prozent). Mit deutlichem Abstand folgen "Weltraum" (10 Prozent), "Natur" (9 Prozent), "Technologie" (6 Prozent), "Sozialwissenschaften" (6 Prozent) und fast schon abgeschlagen "Naturwissenschaften" (2 Prozent). Das Agenturangebot entspricht offensichtlich nicht den Zeitungserwartungen. Die Agenturen bieten ein anderes Themenspektrum an, als abgedruckt wird. Besonders kraß ist der Unterschied beim Thema Medizin/Gesundheit. Nahezu doppelt so häufig greifen die Zeitungen auf dieses Themenfeld zu als es von den Agenturen bedient wird. Umgekehrt verhält es sich bei dem Thema "Wissenschaft und Gesellschaft". Das große Angebot der Agenturen steht in keinem Verhältnis zu der Abdruckquote. Wenige schreiben für Viele Alles zusammengenommen läßt sich sagen: Rund die Hälfte der Wissenschaftsberichterstattung in deutschen Zeitungen wird von den Agenturen geliefert, hauptsächlich von dpa. Dabei muß man wissen, daß bei dpa nur 2 Wissenschaftsredakteurinnen und einige wenige spezialisierte Korrespondenten tätig sind. Von diesen Agenturmitarbeitern allerdings stammt mehr als ein Drittel der gesamten Wissenschaftsberichterstattung in den Zeitungen Deutschlands. Die anderen Agenturen setzen überhaupt keine Spezialkräfte für das Themengebiet Wissenschaft ein. Es besteht also ein großes Mißverhältnis. Wer schreibt, der übertreibt? In einer Nebenuntersuchung wurden die Meldungen anhand stilistischer Auffälligkeiten verglichen. Ausgangspunkt dieser Analyse war die Frage, ob die Agenturen unterschiedliche Stilmittel verwenden. Insbesondere sollte herausgefunden werden, ob manche Agenturen Wissenschaftsmeldungen sensationalisieren. Mithilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse wurde der Formulierungscharakter von 51 Meldungen aus 17 Themenbereichen untersucht. Diese Themen waren von allen drei Agenturen etwa gleichgewichtig behandelt worden. In einer Positiv- und einer Negativtabelle wurden bestimmte Stilfiguren wie z.b. Hyperbolie, Bildlichkeit, Verwendung des Passivs oder Schachtelsätze aufgeführt. Mittels einer Wertigkeitstabelle wurde jede der Meldungen auf die positiven, also eher sensationalisierenden, sowie auf alle negativen, also eher Stagnation erzeugenden Stilfiguren überprüft. Zum Abschluß wurde die Häufigkeit der verwendeten Stilmittel jedes Textes miteinander verglichen. In der Bilanz positiver und negativer Stilmittel ergab sich, daß die untersuchten Wissenschaftsmeldungen der beiden Agenturen AP und dpa tendenziell sensationalisierender formuliert waren als die von Reuters: Den stärksten sensationalisierenden Effekt bietet AP mit der größten Auswahl an Stilfiguren, die Aufmerksamkeit erzeugen und Aufsehen erregen (+56 Punkte). Den zweiten Platz nimmt dpa ein mit vielen Stilmitteln, die wissenschaftlich "trockene" Tatsachen sprachlich beleben (+52 Punkte). Die Meldungen von AP und dpa sind spektakulärer formuliert als die Texte von Reuters. Hier fällt der stilistische Aufwand hinsichtlich der Erregung von Aufsehen am geringsten aus. Es wurden insgesamt mehr desensationalisierende Stilmittel eingesetzt. Der Sensationalisierungswert liegt bei -27 Punkten. Philipp Kunisch

Reuters 16% AP 25% dpa 59% Im Oktober 1997 veröffentlichten die drei Agenturen rund 2.500 Meldungen zu wissenschaftlichen Themen, den größten Anteil steuerte dpa bei. Reuters 10% AP 21% dpa 69% Bei der Abdruckquote legt der Marktführer noch zu: über zwei Drittel aller agenturbasierten Wissenschaftsberichte in deutschen Zeitungen stammen von dpa.

gemischte 6% Reuters 5% andere 1% AP 9% redaktionell 47% dpa 32% Die Wissenschaftsberichterstattung deutscher Zeitungen wird zu knapp 50 Prozent redaktionell gestaltet. Vermutlich wird dabei auch auf Agenturmaterial zurückgegriffen, ohne daß das immer angegeben wird. Rund ein Drittel aller Wissenschaftsartikel läßt sich auf Meldungen der dpa zurückführen. Bei dpa wurden nur zwei Redakteursstellen für das Ressort Wissenschaft eingerichtet, die übrigen Agenturen verzichten völlig auf diesen Luxus. Beachtlich: nur zwei Redakteurinnen gestalten fast die Hälfte aller Wissenschaftsberichte in deutschen Blättern. 40 36,7 30 20 18,2 11,1 8,1 7,4 7,1 4,4 3,6 2,7 10 0 0,5 0,1 Wissenschaftsmeldungen finden sich in deutschen Zeitungen vor allem im Vermischten. Eigene Rubriken wie Wissen oder Gesundheit spielen eher eine untergeordnete Rolle.

Inhalts-Kategorien: Angebots- und Abdrucksprofil Input Agenturen Output Zeitungen Das von den Agenturen angebotene Themenspektrum entspricht nicht den Themenvorlieben der Zeitungen, die beispielsweise doppelt so häufig auf medizinische Themen zurückgreifen als von den Agenturen geliefert wird. Beim Themenfeld Wissenschaft und Gesellschaft (W&G) ist es umgekehrt. Sozialwissenschaften (SW) und Naturwissenschaften (NW) kommen bei den Agenturen fast überhaupt nicht vor, obwohl die Zeitungen auch über diese Themenfelder berichten.