Wie schreibe ich eine wissenschaftliche Diplom-, Master- oder Doktorarbeit? Dr. Katja Fox



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Transkript:

Wie schreibe ich eine wissenschaftliche Diplom-, Master- oder Doktorarbeit?

Unterschied Diplom- und Masterarbeit zur Dissertation: Diplom- bzw. Masterarbeit behandelt eine in sich geschlossene Fragestellung, die eher den Charakter eines Projektes aufweist Ziel ist die Beantwortung einer konkreten, eingegrenzten Fragestellung sowie die Bildung eines abschließenden Urteils Dissertation behandelt eine noch abzugrenzende Fragestellung aus einem Gesamtzusammenhang (die Themenstellung soll die Einbettung der Forschungsfrage in einen Gesamtzusammenhang herstellen; damit ist das Thema allgemeiner), es geht um die Erarbeitung neuer Lösungswege

Entwicklung eines Themas und dessen inhaltliche Konkretisierung Erste Herangehensweise Auswahlmöglichkeiten unter den Lehrstühlen und Studienschwerpunkten Aktualität und Zukunftsorientierung Interdisziplinäre Orientierung Persönliche Fähigkeiten und Möglichkeiten Themenkonkretisierung Untersuchungsschwerpunkt festlegen / theoretische Einbettung Stichworte finden Gezielte Literatursuche zum Thema Arbeitstitel formulieren Literaturrecherche Literaturrecherche: Einführungsbücher, Grundlagenwerke (Literaturlisten der Autoren), Online Recherche (Tipp: Stichworte googeln)

Machen Sie sich einen Zeit- und Arbeitsplan! Bsp.: Diplomarbeit 5-6 Monate 1.-2. Monat: Themenfindung und Literaturrecherche / Exposee und Gliederung 3.-5. Monat: Niederschrift 6. Monat: Korrektur lesen und lesen lassen (!), Druck, Bindung Bleiben Sie am Schreibtisch sitzen!!!!

Anwendungsbeispiel Dissertation: Innovative Märkte zur Stärkung des Standortes Deutschland. Die Medizintechnikbranche in Nürnberg-Erlangen und dem Ruhrgebiet Stichworte zur Konkretisierung des Themas: Strukturwandel, Wachstumsbranchen in Deutschland, Innovation und Innovationsprozesse, Netzwerke, regionale Cluster, Governance, Wissensgesellschaft Gretchenfrage : Worum geht es eigentlich bei diesem Thema? 1. Ziel: Aufarbeitung des Stands der Forschung vom Allgemeinen zum Speziellen / von der Theorie zur konkreten Empirie oder/und umgekehrt Ziel ist nicht, möglichst viel Literatur zusammenzutragen, sondern das Erkennen von Entwicklungen, Schwerpunkten und bestehenden oder möglichen Verbindungslinien zwischen Einzelaspekten (historische Wurzeln erarbeiten Roter Faden!!!

Feststellung nach erster Literatursicht zu den Stichworten: Die Medizintechnikbranche zählt durch ihre, zu großen Teilen spitzentechnologische Ausrichtung zu den politisch geförderten Leitbranchen mit einer hohen Wachstumsdynamik. Wirtschaftliche Innovationsprozesse sind heutzutage in ein institutionelles Umfeld eingebettet (vor allem Bedeutung von Netzwerken) Folge: erste Anhaltspunkte für einen theoretischen Bezugsrahmen, heute immer wichtiger: interdisziplinärer Blickwinkel Wirtschaftswissenschaften: Neue Institutionenökonomik Soziologie: Akteurzentrierter Institutionalismus Institutionalismus Politikwissenschaft: Governanceansätze

Frage an mich: Welche Aspekte meines Themas wurden bislang nicht in der wissenschaftlichen Literatur behandelt? Antwort: auf regionaler Ebene gibt es keine konkreten Untersuchungen (je aktueller ein Thema in der Öffentlichkeit diskutiert wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es wenig wissenschaftliche Erkenntnisse dazu gibt! Niemals über abgefrühstückte Themen schreiben Sie finden in der Regel keine neuen Lösungswege)

Verbindung Theorie und Empirie - Hypothesen und Fragestellung für die Untersuchung? Was will ich herausfinden? 1. Hypothese: Durch die zunehmende Bedeutung des Produktionsfaktors Wissen werden die Annahmen über die Wettbewerbsfähigkeit von Branchen auf eine neue Basis gestellt. (Wettbewerbsfähigkeit wird über Innovationsfähigkeit definiert) Fragestellung: Wie stellt sich die Innovationsfähigkeit einer stark wissensbasierten Branche wie der Medizintechnik dar und wie lässt sich diese in die Standortdebatte um die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft einordnen? 2. Hypothese: Wirtschaftliche Innovationsprozesse sind in ein institutionelles Umfeld eingebettet, dessen Governance als reflexive Lernprozesse zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor für die Unternehmen selbst sowie für die regionale Entwicklung wird. Fragestellung: Welche Innovations- und Organisationsstrukturen bilden sich auf regionaler Ebene heraus? Inwiefern können sie die Innovationsaktivitäten der Branche befördern?

Methodik Konzept der systemischen Wettbewerbsfähigkeit Metaebene: Grundmuster politischer, rechtlicher und ökonomischer Organisation gesellschaftliche Leitbilder Makroebene: Geldpolitik, Währungspolitik, Wettbewerbs- und Außenhandelspoliti k etc. Wettbewerbsfähigkeit durch Interaktion stärken Mikroebene: Unternehmensstrategien, Innovationsmanagement, Integration in Netzwerke / Wertschöpfungsketten etc. Mesoebene: Technologie- und Innovationspolitik - Regionalpolitik regionale Netzwerke FuE- Institutionen Sekundäranalysen quantitative Erhebung in Form einer schriftlicher Befragung leitfadengestützte Experteninterviews

Empirische Ergebnisse und deren Rückbindung an die theoretischen Überlegungen Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bestätigt ambivalentes Bild vor allem Mangel an Spitzentechnologien gravierende Unterschiede zwischen Bayern (forschungsintensiver High-Tech-Standort) und NRW (traditionelle Stärken in hochwertigen Technologien) Medizintechnik erweist sich durch überdurchschnittliche FuE-Aktivitäten (eher Neuentwicklung als inkrementelle Innovation) als Zukunftsbranche (besondere Bedeutung von Querschnittstechnologien als zukünftige radikale Innovationstreiber) These von der Professionalisierung der Innovationsprozesse bestätigt: - Handlungsmuster von Wissensmanagement in der Medizintechnik zeigt Vernetzung und Prozesse lebenslangen Lernens bei dynamischinnovationsorientierten Unternehmen - auch KMU finden Anschluss an Innovationsprozesse über Netzwerke Vertrauen ist wichtiger Erfolgsaspekt regionale Medizintechniknetzwerke reduzieren Spannungsverhältnis bei Verteilungskonflikten Politische Governance über Netzwerke trägt zur Stärkung der regionalen Medizintechnikbranche in Nürnberg-Erlangen bei, Defizite ergeben sich im Ruhrgebiet

Zu guter Letzt: Die herausragende Bedeutung von Einleitung und Schluss Inhalte der Einleitung: Diplomarbeit: Begründung der besonderen Bedeutung des Themas, Formulierung des Ziels der Arbeit, Beschreibung der Vorgehensweise Dissertation: Begründung des Themas im Forschungszusammenhang und Entwicklung der Fragestellung: Formulierung der Fragestellung, deren Begründung und Einbettung in den erweiterten Zusammenhang, in dem die angestrebten Erkenntnisse angesiedelt werden können; Untersuchungsansatz und Vorgehensweise Inhalte des Schlusses: Die aus der Durchführung der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse sollen überblicksartig und in zusammengefasster Form dargestellt werden; Argumentationsschritte und Begründungen des Hauptteils sollen nachvollzogen werden Zusammen: Beide Teile müssen in sich abgeschlossen sein; der Leser soll aus diesen beiden Kapiteln eine Vorstellung über die wesentlichen Inhalte der Arbeit erlangen können Wichtig: Einleitung und Schluss werden erst nach Fertigstellung des Hauptteils geschrieben