Ahl, C.; Scherer, Timo; Lohr, Wolfgang; Lohe, Rainer: Dynamisch assoziative CAD-Parametrik für die Synthese von Mechanismen für Bahnkurven

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U 2 F 2 = U r, U 2 = F a (U 1 + U r ) U 2 U 1. = V u R (337) 1 + jωτ. (1 + jωτ)(1 + jωτ) 1. Vgl. mit Gl. (317) und (322) liefert die Definition:

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Transkript:

Ahl, C.; Scherer, Timo; Lohr, Wolfgang; Lohe, Rainer: Dynamisch assoziative CAD-Parametrik für die Synthese von Mechanismen für Bahnkurven URN: urn:nbn:de:gbv:ilm1-2013100033-201-0 URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:ilm1-2013100033-201-0 Erschienen in: 10. Kolloquium Getriebetechnik : Technische Universität Ilmenau, 11. - 13. September 2013. - Ilmenau : Univ.-Verl. Ilmenau, 2013. - S. 201-215. (Berichte der Ilmenauer Mechanismentechnik ; 2) ISSN: 2194-9476 ISBN: 978-3-86360-065-5 [Druckausgabe] URN: urn:nbn:de:gbv:ilm1-2013100033 URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:ilm1-2013100033 Universitätsverlag Ilmenau, 2013 http://www.tu-ilmenau.de/universitaetsverlag/

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 201 DYNAMISCH ASSOZIATIVE CAD-PARAMETRIK FÜR DIE SYNTHESE VON MECHANISMEN FÜR BAHN- KURVEN C. Ahl; T. Scherer;. W. Lohr; R. Lohe Universität Siegen, Institut für Konstruktion, Konstruktionstechnik CAD Mechatronik Paul Bonatz Str. 9-11, 57076 Siegen 0271/ 740 46 36 kcm@uni-siegen.de Kurzfassung des Vortrages CAD-Systeme sind das Universalwerkzeug eines Konstrukteurs. Allerdings bedarf es meist weiterführender Programme und Methoden für die Synthese und Analyse von Getrieben und Mechanismen. Wir haben in letzter Zeit einige Möglichkeiten zur Nutzung parametrischer CAD-Systeme für die durchgängige, dynamisch-interaktive und assoziative Getriebesynthese vorgestellt. Das betraf die Burmester Synthese für Führungs- und Übertragungsgetriebe incl. einiger Sonderfälle aus VDI Richtlinien. Mit der Vorstellung neuer Ergebnisse aus dem Bereich der Mechanismensynthese für geforderte Koppelkurven soll dies hier fortgesetzt werden. Die Motivation für die Suche nach CAD-basierten Ansätzen resultiert aus dem Wunsch, dem Konstrukteur die Möglichkeit zu bieten, die getriebetechnische Aufgabe in seinem gewohnten Arbeitsumfeld zu lösen. Neben der Synthese von Getrieben ist oft bereits die Ermittlung von Begrenzungskurven und geforderten Koppelkurven eine Aufgabe, die weiterführender Kenntnisse bedarf. In einem Beispiel wird gezeigt, wie das kinematisch gleichwertige Ersatzgetriebe beim Verständnis der Randbedingungen und bei der Suche nach einem Lösungsgetriebe hilft. Im Vortrag wird gezeigt, wie auch bei der Synthese eines Getriebes, das eine vorgegebene Koppelkurve annähert, ein CAD System dynamisch, interaktiv und assoziativ eingesetzt werden kann.

202 10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 Es wird nach Aufgaben und Getrieben unterschieden, die eine Koppelkurve exakt oder näherungsweise realisieren. Bei der angenäherten Koppelkurve kann die Abweichung für verschiedene Punkte quantifiziert und optimiert werden. Die Umsetzung wird anhand von Beispielen mit kinematischen Randbedingungen und Bauraum-Restriktionen dargestellt. Anhand von Praxisbeispielen werden Lösungen mit unterschiedlichen Getriebestrukturen vorgestellt, die sich aus einer systematischen Struktursynthese ergeben. Die Beispiele sind mit Hilfe der 3D-CAD-Systeme Catia V5 und creo elements/pro ausgearbeitet worden. 1 Einleitung Für die Synthese und Analyse von Getrieben werden üblicherweise spezielle Programme erstellt und eingesetzt, die selbst für erfahrene Getriebetechniker nur mit erheblichen Zeitaufwand zu erlernen sind. Aus diesem Grund wird hier weiterhin das Ziel verfolgt, möglichst viele getriebetechnische Aufgaben mit Hilfe eines CAD-Systems zu lösen, das dem Konstrukteur in seinem gewohnten Arbeitsumfeld zur Verfügung steht. Bisher haben wir bereits über einige Möglichkeiten berichtet, die ein 3D-CAD System bei der Synthese von Führungs- und Übertragungsgetrieben leisten kann. Im Folgenden wird dargestellt, wie mit Hilfe von 2 verschiedenen 3D-CAD Systemen Getriebe synthetisiert werden können, deren Bahnkurve exakt eine Anzahl an vorgegebenen Punkten durchläuft. Für Sonderlagen der Genaupunkte (Geradführungen, Kreisführungen) werden spezielle Konstruktionsverfahren verwendet [1]. Für allgemeine Lagen der Genaupunkte sind einige grafische Verfahren bekannt, wie z.b. das Verfahren der Punktlagenreduktion nach HAIN. Durch seine Sonderbedingungen und durch die unpraktischen Wahlmöglichkeiten ist das Einsatzgebiet aber eingeschränkt [2]. Ein graphisches oder analytisches Verfahren für die Realisierung einer Koppelkurve durch die theoretisch maximal erreichbaren 7 Punkte mit einem 4-gliedrigen Getriebe ist nicht bekannt. Die Synthese mit Hilfe der 3D-CAD Systeme erfolgt dynamisch-interaktiv und assoziativ. Es werden dem Anwender Qualitätskriterien an die Hand gegeben, die visuell einfach verdeutlichen, ob man der gewünschten Lösung

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 203 näher kommt oder nicht. Durch diesen dynamisch-interaktiven Prozess wird der Konstrukteur in die Lage versetzt, zeitlich effizient eine gute Lösung für seine Aufgabe zu erhalten. Mit Hilfe eines 4-gliedrigen Gelenkgetriebes können hierbei bis zu 7 Punktlagen exakt durchlaufen werden. 2 Parametrik der CAD Systeme zur Erstellung und Variation von Bahnkurven Bereits in vorangegangenen Beiträgen sind zur Parametrik der CAD- Systeme CATIA V5 und Creo Elements im Hinblick auf die Getriebesynthese Aussagen bezüglich Eignung, Verhalten, Vor- und Nachteile getroffen worden [3] - [5]. Diese Aussagen gelten in ähnlicher Weise für die Getriebesynthese für Koppelkurven. Die steuernden Skizzen der CAD Systeme bilden immer die Grundlage. Dabei treten auch hier die bekannten Unterschiede der beiden Systeme auf, wie z.b. die unterschiedliche Art der Bemaßungszuweisung. Nachfolgend werden weitere nützliche Techniken vorgestellt. 2.1 Creo Elements Eine einfache Methode zur Darstellung und Variation von Koppelkurven bietet die Skizzierumgebung in Creo Elements. Zur Darstellung einer Koppelkurve wird hier ein viergliedriges Getriebe mit seinen Abmessungen in mehreren Kurbelstellungen skizziert. In Abbildung 1 sind einige beliebige Kurbelstellungen dargestellt. Zur groben Visualisierung der Koppelkurve werden nur noch die Lagen des Koppelpunktes durch einen Spline miteinander verbunden. Zur Erhöhung der Genauigkeit der Darstellung kann die Anzahl der Getriebestellungen nahezu beliebig erhöht werden. Durch die Ausnutzung der CAD-Parametrik ist es möglich, die Koppelkurve zu verändern und die sich dadurch ändernden Getriebeabmessungen zu beobachten.

204 10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 5C 6C 7C 8C 9C 10C 11C 4C 12C 3C 2C 1C 14C 15 C 13C 18C 17C 16C 5B 4B 3B 2B 1B 4A 5A 3A 2A 1A A 0 B 0 Abbildung 1: Interaktive Manipulation einer Koppelkurve So kann in diesem Getriebe beispielsweise die Koppelkurve verbreitert werden. Dazu werden die gewünschten Getriebeabmessungen freigegeben und ausgewählte Punkte der Koppelkurve gesperrt, also fixiert. Darunter z.b. einer der beiden Scheitelpunkte. Der andere Scheitelpunkt wird dynamisch interaktiv gezogen. Die Abmessungen des Getriebes ändern sich dabei im Rahmen der verbliebenen Freiheiten. 2.2 CATIA V5 Zur Darstellung von Bahnkurven kann neben der skizzenbasierten Parametrik innerhalb von CATIA auch die Umgebung DMU Kinematics genutzt werden. DMU Kinematics dient der Bewegungsanimation von Baugruppen. Es können viele Analysen, bspw. Geschwindigkeiten oder Translationsvolumen definiert werden. [6]

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 205 Koppelkurve B Achsensysteme A A 0 B 0 Abbildung 2: Baugruppe zur Ermittlung von Koppelkurve Für die Darstellung von Bahnkurven eignet sich der Befehl "Verlaufslinie. Dadurch werden nach vorheriger Mechanismusdefinition Spurkurven definierter Punkte dargestellt. In Verbindung mit einer parametrischen Mutter und Skelettmodellen werden so assoziativ interaktiv Getriebe simuliert und Bahnkurven dargestellt. Ein solches parametrisches Modell zeigt Abbildung 2. Anhand eines einfachen Viergelenkgetriebes ist hier die Erstellung der Koppelkurve dargestellt. Das Modell ist als Baugruppe aufgebaut, da CATIA für die Erstellung von Bewegungssimulationen nicht auf Skizzen, sondern auf einzelne Teile zurückgreift, deren gegenseitige Beweglichkeiten vorher definiert werden. Grundlage der Baugruppe ist eine Steuerskizze (vglabbildung 3), in der das Viergelenk definiert ist. Anstelle einer Steuerskizze können auch externe Parameter oder Referenzen aus bestehenden CATIA-basierenden Getriebesynthesen herangezogen werden.

206 10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 Abbildung 3: Steuerskizze CATIA Die einzelnen Bauteile (Kurbel, Schwinge, Koppel, Gestell) sind als Parts definiert und mittels Drehgelenken über die ebenfalls definierten Achsensysteme verbunden. Durch Ändern der Steuerskizze passt sich das Getriebe automatisch den neuen Bedingungen an. Die Koppelkurve wird über den Befehl Verlaufslinie in die Baugruppe eingeladen. Eine dynamisch interaktive Synthese, also die nachträgliche Änderung der Koppelkurve mit einer Rückwirkung auf das Getriebe ist in diesem Fall nicht möglich. 3 Getriebesynthese zur Erzeugung einer gewünschten Koppelkurve anhand eines Praxisbeispiels Das nachfolgende Praxisbeispiel für die Ermittlung von Bahnkurven und für die Synthese von Koppelkurven mit Hilfe der 3D-CAD Systeme CATIA V5 und Pro/Engineer Wildfire entstammt der Walzwerksindustrie. 3.1 Aufgabe Bei der Blechherstellung werden die auf eine gewünschte Dicke gewalzten Erzeugnisse auf einem Coil aufgewickelt. Dabei variiert die Breite des Bandes, so dass auch verschiedene Bänder mit unterschiedlichen Breiten auf einem Coil aufgewickelt werden können. Die Trennung der Bänder auf dem Coil erfolgt mit Hilfe von Trennscheiben, die die Lagen der einzelnen Bandpakete genau übereinander führen. Zusätzlich wird eine Andrückrolle

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 207 benötigt, die verhindern soll, dass zu viel Luft in den einzelnen Lagen eingeschlossen wird und damit das Coil unsymmetrisch wird. Die Trennscheiben und die Andrückrollen sind üblicherweise auf einer gemeinsamen Achse C gelagert. Fall II Fall III Coil Überdeckung C Andrückrolle Trennscheibe Coil Freie Länge C Andrückrolle Trennscheibe Band Band Abbildung 4: Schematische Darstellung der Extremfälle Der Abstand dieser gemeinsamen Achse zum Coil soll so gestaltet werden, dass die Trennscheibe das Coil nicht berührt und auf keinen Fall neben das Coil eindringt. Das würde die Oberfläche des Bleches beschädigen (vgl. Abbildung 4, Fall II). Andererseits muss die Andrückrolle möglichst nah am Kontaktpunkt Band/Coil liegt, um die freie Länge klein und das Einschließen von Luft möglichst gering zu halten. Der Fall II in Abbildung 4 soll also ebenfalls vermieden werden. Coil Fall I C Andrückrolle Trennscheibe Band Abbildung 5: Schematische Darstellung des Idealfalls Im Fall I (Abbildung 5) ist der ideale Abstand zwischen Coil und Trennscheiben dargestellt. Es ist das Ziel diese ideale Anordnung über den gesamten Wickelprozess von Minimal- bis zum Maximaldurchmesser des Coils sicher zu stellen.

208 10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 3.2 Ideale Bahnkurve für die Achse C Um das Führungsgetriebe zur Erfüllung dieser Aufgabe zu ermitteln, ist es zunächst notwendig die ideale Bahnkurve für die Achse C zu finden. Größter Coildurchmesser k C,soll Andrückrolle Trennscheibe Band Umlenkrolle Kleinster Coildurchmesser Abbildung 6: Ideale Bahnkurve für die Achse C In Abbildung 6 ist das Coil mit seinem minimalen und maximalen Durchmesser und idealer Lage der Achse C dargestellt. Der grau dargestellte Bahnverlauf k C,soll muss ermittelt werden. 3.3 Ersatzgetriebe zur Erzeugung der Bahnkurve Ein Getriebe, das die gewünschte Bahnkurve zwar exakt und ideal realisieren würde, ist das kinematisch gleichwertige Ersatzgetriebe. In Abbildung 7 ist es mit fluidisch gekoppeltem Antriebe dargestellt. Das Coil, die Trennscheibe, die Andrückrolle und die Umlenkrolle sind hierbei zur Verdeutlichung grau hinterlegt.

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 209 Abbildung 7: Ersatzgetriebe, fluidisch gekoppelt In Abbildung 8 ist ein mechanisch gekoppelter Antrieb dargestellt. Abbildung 8: Ersatzgetriebe-Antrieb mit mechanischer Kopplung 3.3.1 Annäherung der Bahnkurve durch einen Kreis Ein erster einfacher Ansatz zur Führung des Punktes C auf der gewünschten Bahnkurve k C,soll ist die Verwendung einer Schwinge zur Erzeugung einer Kreisbahn (Abbildung 9). Es wird deutlich, dass der Kreisbogen unterschiedliche Abstände zur ermittelten Bahnkurve aufweist und damit die Führung des Punktes C nicht hinreichend genau genug annähert.

210 10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 k C,soll C k C,ist Schwinge C 0 Abbildung 9: Bahnkurve binäres Glied Der Kreisbogen muss zudem so angeordnet sein, dass er an keiner Stelle die Bahnkurve überschreitet und damit die Trennscheiben auf die Coiloberfläche drückt. Die Bahnkurve des Punktes C stellt damit eine Grenzkurve dar, die nicht überfahren werden darf. Bewegt sich die Achse C unterhalb dieser Grenzkurve, vergrößert sich die freie Länge gegenüber dem Idealverlauf. Das wird eher in Kauf genommen, als die Beschädigung der Bleche. 3.3.2 Synthese eines 3-gl. Kurvengetriebes Wenn außer Dreh- und Schubgelenken auch Kurvengelenke in Frage kommen, reicht ein 3-gl. Getriebe um den Koppelpunkt C exakt zu führen. Man betrachtet die von Punkt A erzeugte Kurve als Rollenmittelpunktbahn einer in Punkt A gelagerten Rolle und so kann ein entsprechender Kurvenkörper gefertigt werden, auf dem die Rolle abrollt (Abbildung 10).

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 211 k C,soll C Kurvenkontur Punkt A B A B 0 Abbildung 10: Kurvengetriebe Durch dynamisches Ziehen an den Gelenkpunkten können die Gliedlängen verändert werden. Diese haben auch eine Änderung der Kurve in Punkt A zur Folge und dementsprechend eine Änderung der Kontur des Kurvenkörpers. 3.3.3 Synthese eines 4-gl. Getriebes Will man die Führung der Achse C verbessern, dann muss ein höhergliedrigeres Getriebe eingesetzt werden. Wenn nur Dreh- oder Schubgelenke in Frage kommen, wird es 4-gliedrig. Das Syntheseverfahren, das für diesen Fall als CAD-Anwendung vorgeschlagen wird, lehnt sich zunächst stark an eine klassische Vorgehensweise an. Es wird ein Zweischlag B 0-B-C wie in Abbildung 11 beliebig angenommen, der in der Lage ist, den Arbeitsraum der geforderten Koppelkurve k C,soll abzudecken.

212 10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 k C,soll C Bahnkurve des Punktes A A B 0 Abbildung 11: Rollenmittelpunktbahn von Punkt A Dieser Zweischlag wird so bewegt, dass C exakt auf der geforderten Kurve k C,soll läuft. Auf dem Glied B-C wird ein Punkt A angenommen und so lange variiert, bis seine Bahn k A kreis- oder geradenähnlich ist. k C,ist Band Umlenkrolle k B B 0 M 456 M 123 k A456 k A123 Abbildung 12: Variation des Punktes A

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 213 Für ein dynamisch assoziatives Vorgehen in einem CAD-System wird man die Bewegung entlang der Bahn durch mehrere eingezeichnete Stellungen abbilden. Bewegt man jetzt den Punkt A zweidimensional mit der Maus, werden sich seine homologen Lagen mit bewegen. Diese Lagen kann man z.b. zu Dreierpaketen zusammenfassen, durch die man jeweils Kreise konstruiert. Durch interaktives Variieren des Punktes A versucht man, die Kreismittelpunkte zusammen zu führen, die im Erfolgsfall den Gestellpunkt A 0 ergeben (vgl. Abbildung 12). Solange das Endergebnis nicht befriedigend ist, kehrt man zu dem anfänglich frei gewählten Zweischlag B 0-B-C zurück. Dieser wird jetzt ebenfalls dynamisch zweidimensional am Punkt B oder B 0 variiert. Das iterative Vorgehen zwischen der Variation von A und der Variation des Zweischlages wiederholt man, bis die Kurve k C,soll bestmöglich erfüllt wird. k C,ist Band Umlenkrolle k B k A 1B B 0 A 0 Abbildung 13: Optimierung des Getriebes

214 10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 3.3.4 Variationshilfe durch Teilautomatisierung In dieser Anwendung kann auch wieder eine Technik eingesetzt werden, die bei der Synthese für 4 Koppellagen und bei der Relativlagensynthese für Übertragungsgetriebe schon erfolgreich war. Der Bearbeiter zwingt das CAD-System durch eine Bedingung dazu, das Maß, das als Kompass dient und minimiert werden soll, zu Null zu setzen. In diesem Fall ist das z.b. der Abstand der Mittelpunkte der Kreise k A123 und k A456. Die Anzahl der zu manipulierenden Getriebeabmessungen reduziert sich dadurch und der Bearbeiter konzentriert sich auf die Optimierung des Zweischlages B 0-B-C durch Bewegen des Punktes 1B, wie es in Abbildung 13 angedeutet ist. 4 Zusammenfassung Bei der Synthese 4-gl. Gelenkgetriebe für vorgegebene Punktlage treten erwartungsgemäß mehr Freiheiten und komplexere Optimierungen auf, als bei der Genaulagen-Synthese für 4 oder 5 Ebenenlagen der Koppel oder bei der Genau-Relativlagensynthese für Übertragungsgetriebe. Das gilt für die exakte Erfüllung von 5, 6 oder 7 Punktlagen ebenso, wie für deren näherungsweise Realisierung. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass eine Umstellung klassischer, grafischer Verfahren auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten parametrischer CAD-Systeme ebenso gut gelingt. Auch hier...... lässt sich ein praktischer, wenn auch nicht idealer Kompass einsetzen,... lässt sich eine dynamisch-adaptive Interaktion realisieren,... muss der Bearbeiter die Konstruktionsumgebung nicht verlassen und... kann das System zur Aufrechterhaltung von Teiloptima gezwungen werden.

10. Kolloquium Getriebetechnik Ilmenau 2013 215 5 Literaturverzeichnis [1] VDI Richtlinie 2728 Blatt 1: Lösen von Bewegungsaufgaben mit symmetrischen Koppelkurven. Beuth Verlag Berlin Februar 1998 [2] Hain K.: Punktlagenreduktion als getriebetechnisches Hilfsmittel. In: Reuleaux-Mitteilungen, Band 11, Heft 1, VDI-Verlag, Berlin 1943 [3] Lohe, R. et. al.: Einsatzmöglichkeiten der 3D-CAD Systeme Catia V5 und Pro/Engineer Wildfire in der Getriebetechnik. Kolloquium Getriebetechnik Tagungsband; Universitätsverlag Chemnitz; Chemnitz 2011 [4] Scherer, T.; Lohe, R.: Klassische Mechanismen-Synthese dynamisch assoziativ durch Pro/Engineer Wildfire; 4. Anwendertreffen SAXSIM (SAXon Simulation Meeting). Chemnitz 2012 [5] Lohe, R. et al. Syntheseverfahren zur Auslegung von Übertragungsgetrieben mit Hilfe parametrischer CAD Systeme; 16. VDI Getriebetagung Bewegungstechnik Tagungsband; VDI Verlag Düsseldorf; Nürtingen 2012 [6] Meeth, J.; Schuth, M.: Bewegungssimulation mit CATIA V5: Grundlagen und praktische Anwendung der kinematischen Simulation 2. aktualisierte Auflage Carl Hanser Verlag München Wien 2008