Versorgungsplanung für eine alternde Gesellschaft Klagenfurt, 18.9.2018 EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit
Inhaltsangabe 1. Eckpunkte der demografischen Entwicklung Wie verändern sich die großen Alterskohorten? Was bedeutet dies in Bezug auf die quantitativen Kapazitäten? 2. Veränderungen in der Morbidität Wechselwirkungen zwischen medizinischen Fächern Krankheitsverläufe 3. Auswirkungen auf den Bedarf In qualitativer und quantitativer Hinsicht 4. Anforderungen an das Versorgungssystem EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 2
Eckpunkte der demografischen Entwicklung Bevölkerungsentwicklung in Österreich Anstieg der Gesamtbevölkerung in Österreich von 1955 bis 2015: +25% (6,9 Mio. auf 8,63 Mio.) Prognose von 2015 bis 2035: +9,6% (8,63 Mio. auf 9,46 Mio.) Im Jahr 2035 leben 2,37 Mio. Menschen älter als 65 in Österreich (+198 % seit 1955) 10.000.000 Bevölkerungsentwicklung nach breiten Altersgruppen in Ö 9.000.000 8.000.000 7.000.000 6.000.000 5.000.000 4.000.000 3.000.000 2.000.000 1.000.000 0 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 0-19 Jahre 20-64 Jahre 65+ Jahre Gesamt Q: Statistik Austria, Demografische Prognose (Hauptvariante), Bevölkerung zum Jahresdurchschnitt 1952 bis 2100 für Österreich nach breiten Altersgruppen EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 3
Eckpunkte der demografischen Entwicklung Bevölkerungsentwicklung in Kärnten Anstieg der Gesamtbevölkerung in Kärnten von 1955 bis 2015: +16,7% (479 T. auf 559 T.) Prognose von 2015 bis 2035: +0,7% (559 T. auf 563 T.) Im Jahr 2035 leben 172.000 Menschen älter als 65 in Kärnten (+300 % seit 1955) 600.000 Bevölkerungsentwicklung nach breiten Altersgruppen in Kärnten 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 0 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 0-19 Jahre 20-64 Jahre 65+ Jahre Gesamt Q: Statistik Austria, Demografische Prognose (Hauptvariante), Bevölkerung zum Jahresdurchschnitt 1952 bis 2100 für Kärnten nach breiten Altersgruppen EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 4
Eckpunkte der demografischen Entwicklung Bevölkerungspyramide für Österreich (1955-1985) 1955 1985 1. WK 1. WK 2. WK 2. WK PK Q: Statistik Austria, Bevölkerungspyramide Österreich 1952-2100 Prognose EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 5
Eckpunkte der demografischen Entwicklung Bevölkerungspyramide für Österreich (2015-2035) 2015 2035 2. WK 2. WK PK PK Q: Statistik Austria, Bevölkerungspyramide Österreich 1952-2100 Prognose EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 6
Eckpunkte der demografischen Entwicklung Lebenserwartung bei der Geburt Männer-Ö: 1970 lag die LE(G) bei 66,5 Jahren, 2035 wird sie 83,2 Jahre betragen (Kärnten: 65,5 auf 83,4 Jahre) Frauen-Ö: Anstieg von 73,4 auf 87,5 Jahre (Kärnten: 72,9 auf 87,4 Jahre) Q: Statistik Austria, Lebenserwartung bei der Geburt 1970-2035 EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 7
Quantitative Bedarfsentwicklung Lebenserwartung in (sehr) guter Gesundheit in Österreich (1) Anstieg bei Männern von 55,7 Jahren (1991) auf 65,9 Jahre (2014) Anstieg bei Frauen von 56,9 Jahren (1991) auf 66,6 Jahre (2014) Unter der Annahme, dass der Anteil an subjektiv gesunden Lebensjahren von 2014-2035 nicht sinken wird, steigt die Anzahl der Jahre in (sehr) guter Gesundheit für beide Geschlechter weiter an 70 68 66 64 62 60 58 56 54 52 Lebenserwartung in (sehr) guter Gesundheit 50 1991 1994 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 2018 2021 2024 2027 2030 2033 Männer Frauen Q: ATHIS 2014, Lebenserwartung in Gesundheit 1991, 1999, 2006/07, 2014 (Sterbetafeln und Mikrozensus bzw. ATHIS) EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 8
Quantitative Bedarfsentwicklung Lebenserwartung in (sehr) guter Gesundheit in Österreich (2) Die Lebensjahre in (sehr) guter Gesundheit nehmen stärker zu als die Lebenserwartung insgesamt Lebenserwartung in Gesundheit - Frauen Lebenserwartung in Gesundheit - Männer 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 79,0 80,9 82,6 83,7 85,9 87,5 66,6 68,3 69,6 60,5 63,2 56,9 1991 1999 2006 2014 2025 2035 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 72,3 74,8 77,1 78,9 81,2 83,2 65,9 67,8 69,5 59,1 61,7 55,7 1991 1999 2006 2014 2025 2035 Lebenserwartung bei Geburt davon Jahre in (sehr) guter Gesundheit Lebenserwartung bei Geburt (Jahre) davon Jahre in (sehr) guter Gesundheit Q: ATHIS 2014, Lebenserwartung in Gesundheit 1991, 1999, 2006/07, 2014 (Sterbetafeln und Mikrozensus bzw. ATHIS) EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 9
Quantitative Bedarfsentwicklung Resümee Die Gruppe der älteren und alten Menschen wächst als einzige stark an Höhere Lebenserwartung Geburtenstarke Jahrgänge kommen nun in dieses Alter Diese Entwicklung ist eine vorübergehende und wird sich ab ca. 2050 wieder einbremsen Die Zahl der Menschen im Alter 65+ wird dann wieder abnehmen Die Jahre in einem subjektiv (sehr) guten Gesundheitszustand nehmen stärker zu als die Lebenserwartung Der quantitative Bedarf an medizinischer Versorgung steigt, jedoch NICHT linear mit dem Alterszuwachs in der Bevölkerung, sondern in gedämpfter Form. Es bedarf flexibel gestaltbarer Angebote, die langfristig jedoch auch wieder rückbaubar sind EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 10
Entwicklung der Bedarfslagen Global Burden of Disease Study (1) Größte epidemiologische Studie weltweit mit einer standardisierten Beschreibung der Gesundheits-/Krankheitslage der Weltbevölkerung. durchgeführt von mehr als 3.000 Forscherinnen und Forschern aus über 130 Ländern, koordiniert durch das amerikanische Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der University of Washington Messung der Krankheitslast als Anzahl der Lebensjahre, die durch frühzeitigen Tod, Behinderung und Krankheit verloren gehen (disease-adjusted life years, DALYs). Seit 1990 jährliche Quantifizierung von Mortalität, Morbidität und Behinderung für über 300 Krankheiten, Verletzungen und Risikofaktoren in mehr als 195 Ländern, global, regional und national, nach Alter und Geschlecht, Die aktuelle Global Burden of Disease-Studie 2016 wurde 2017 in sechs Studien in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet publiziert. EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 11
Entwicklung der Bedarfslagen Global Burden of Disease Study (2) Wandel der Morbiditätsstruktur von übertragbaren Infektionserkrankungen zu nicht-übertragbaren chronischen Erkrankungen Zunahme altersbedingt degenerativer Erkrankungen Die 10 führenden Ursachen für Krankheitslast (DALYs) in Österreich im Jahr 2016 und Veränderung in % (2005-2016) Rückgang von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Zunahme von degenerativen und altersbedingten chronischen Krankheiten Übertragbare, mütterliche, neonatale und ernährungsbedingte Erkrankungen Q: Global Burden of Disease Study 2016 (GBD 2016) Nicht-übertragbare Erkrankungen Verletzungen EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 12
Entwicklung der Bedarfslagen Funktionelle Aspekte Zunahme der Zahl dauerhafter (chronischer) Erkrankungen und Syndrome Kontinuierliche Versorgungsprozesse über viele Jahre und verschiedene Versorgungssektoren Neben Heilung gewinnt dauerhafte Symptomlinderung oder kontrolle an Bedeutung Multiple Erkrankungsbilder bei einzelnen Personen nehmen zu Zunahme der Zahl an Menschen mit dauerhaften Funktionseinschränkungen Fortschritt vieler Menschen in sehr hohe Altersgruppen Verlust der Mobilität, Verlust der Fähigkeit zur autonomen Lebensführung Soziale Vulnerabilität im Alter nimmt zu EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 13
Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen Versorgung im Wohnumfeld - Primärversorgung Umgang mit schrittweisem Verlust der Funktionalität Niederschwellige und bedürfnisgerechte (und damit frühere) Kontaktaufnahme ermöglichen Grenzen zwischen Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege und sozialer Unterstützung auflösen Die Koordination von Versorgungsprozessen als Aufgaben definieren Soziale Strukturen im Wohnumfeld schaffen/stärken (Angehörigenentlastung, Tagesbetreuung ) Gestaltung kontinuierlicher Versorgungsprozesse Stärkung der Kapazitäten der kontinuierlich versorgenden Strukturen Umgang mit alten und hochaltrigen Menschen als eine zentrale Kompetenz in der Primärversorgung etablieren Gezielte Präventionsmaßnahmen für Risikogruppen stärken (Aktivierung schaffen) Angebote soweit als möglich örtlich bündeln multiprofessionelle Teams schaffen Kommunikation und Informationsaustausch zwischen den Akteuren weiter verbessern Aufsuchende Angebote stärken (nicht-ärztlich) EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 14
Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen Fachärztliche und spezialisierte Versorgung Veränderung der Kapazitätsgewichtung zwischen Fächern z.b.: neurologische, traumatologisch-orthopädische Angebote stärken Umgang mit alten und hochaltrigen Menschen als eine zentrale Kompetenz gewinnt in allen Fächern an Bedeutung Nutzung der AG/R-Kapazitäten zur frühzeitigen Verlegung von akutstationären Stationen Stärkung der Durchgängigkeit von akutstationären Strukturen und solchen der Kurzund Langzeitpflege Koordiniertes Entlassungsmanagement Modelle der Überleitungspflege auf ihre Tauglichkeit hin prüfen Nachgehende medizinische und therapeutische Versorgungsangebote schaffen EPIG GmbH Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit 15
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