Speyer, den 28. August 2018 P r e s s e m i t t e i l u n g Vorstellung des Kommunalberichts 2018 Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz legt seinen Kommunalbericht 2018 vor. Der aktuelle Bericht befasst sich insbesondere mit der Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände. Darüber hinaus zeigt er anhand von Beispielen, wie unwirtschaftliche oder nicht an rechtlichen Vorgaben orientierte Entscheidungen zu finanziellen Nachteilen oder Risiken für die Kommunen führen. Der Bericht dient der beratenden Unterrichtung von Landtag und Landesregierung sowie der Unterstützung der Kommunalverwaltungen und der kommunalen Vertretungsorgane bei der Erledigung ihrer Aufgaben. Der Kommunalbericht 2018 steht am 28. August 2018, 10:30 Uhr, im Internet unter rechnungshof.rlp.de als PDF-Datei bereit. Auskünfte erteilt Herr Peter Feigel, Telefon: 06232 617-147, E-Mail: Poststelle@rechnungshof.rlp.de. Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz ist eine der Landesregierung gegenüber selbstständige, nur dem Gesetz unterworfene, unabhängige oberste Landesbehörde. Er ist das oberste Organ der Finanzkontrolle in Rheinland- Pfalz. Der Rechnungshof hat seinen Sitz in Speyer und unterhält Außenstellen in Koblenz und Trier.
- 2 - Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände: Trotz deutlicher Finanzierungsüberschüsse kein Spielraum für zusätzliche Ausgaben Die Kassen der rheinland-pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände schlossen 2017 mit einem Überschuss von 431 Mio. ab. Dies war erst der zweite Kassenüberschuss seit 1990. Anders als das Plus des Jahres 2015 (82 Mio. ) ist der Überschuss 2017 nicht auf Einmaleffekte zurückzuführen. Vielmehr sind die Einnahmen der Kommunen stärker gestiegen als die Ausgaben: gegenüber 2016 um 5,3 % auf 14,4 Mrd.. Aus den laufenden Landeszuweisungen nahmen die Kommunen 5,5 % (+ 236 Mio. ) mehr ein als im Vorjahr, aus Steuern sogar 7,7 % mehr (+ 322 Mio. ). Der Ausgabenzuwachs fiel gleichzeitig mit 2,1 % (auf 14,0 Mrd. ) deutlich schwächer aus. Bedingt war dies vor allem durch stagnierende Sozialausgaben, die den größten Ausgabenblock darstellen. Hier sticht der Rückgang der Leistungen für Asylbewerber um 123 Mio. hervor. Für ihr Personal gaben die Kommunen insgesamt knapp 3,0 Mrd. und damit 2,9 % mehr aus als 2016. Die Investitionen legten deutlich um 8,0 % auf über 1,0 Mrd. zu. Sie lagen damit aber weiter nur auf dem Niveau von Anfang der 1990er-Jahre, während die Ausgaben seitdem insgesamt um 146 % zugenommen haben. Die Personalausstattung für Aufgaben der inneren Verwaltung war mit 3,6 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) je 1.000 Einwohner höher als in allen anderen westdeutschen Flächenländern (2,9 VZÄ). Hauptursache ist die sehr kleinteilige Gebietsstruktur in Rheinland- Pfalz. Die von einer Gemeindefusion zu erwartenden personellen und finanziellen Synergieeffekte würden sich jedoch erst mittel- bis langfristig zeigen. Aus diesem Grund sollten die begonnenen Reformen konsequent fortgeführt werden. Wie das Land im Haushaltsjahr 2017 seine Schulden reduzieren konnte, sank auch die Gesamtverschuldung der rheinlandpfälzischen Kommunen: um 239 Mio. auf 12,3 Mrd. (- 1,9 %). Diese Schulden setzen sich zusammen aus Liquiditätskrediten, Investitionskrediten und Wertpapierschulden. Der Ländervergleich macht jedoch die weiterhin prekäre finanzielle Situation der
- 3 - Kommunen deutlich. So war deren Pro-Kopf-Verschuldung 2017 mit 3.107 fast doppelt so hoch wie der Länderdurchschnitt. Im bundesweiten Ranking der Pro-Kopf-Verschuldung 2016 gehörten fünf Städte und vier Landkreise aus Rheinland-Pfalz zu den zehn am höchsten verschuldeten Gebietskörperschaften ihrer jeweiligen Gebietskörperschaftsgruppe 1. Folglich ändert auch der saldierte Kassenüberschuss über alle kommunalen Gebietskörperschaften nichts daran, dass verstärkte Konsolidierungsanstrengungen notwendig sind. Fast ein Drittel der Gemeinden und Gemeindeverbände (744) schloss 2017 mit einem Minus ab. Auch berücksichtigt der Überschuss noch keine Tilgungen. Der Schuldenabbau ist jedoch dringend erforderlich, da Zinssteigerungen erhebliche Mehrbelastungen zur Folge haben können. Dies gilt vor allem für Liquiditätskredite mit kurzer Laufzeit. Folgende Rechnung macht das Ausmaß der Verschuldung mit Liquiditätskrediten in Rheinland-Pfalz deutlich: Selbst wenn diese längerfristig mit dem gleichen Betrag wie 2017 getilgt werden könnten (211 Mio. ), würde es rund 30 Jahre dauern, bis die 6,4 Mrd. an Schulden allein aus Liquiditätskrediten beglichen sind. Das Land sollte deshalb dafür sorgen, dass diese Verbindlichkeiten nicht weiter rechtswidrig zur dauerhaften Finanzierung unausgeglichener Haushalte genutzt werden. Liquiditätskredite sind nicht dazu geeignet, die finanziellen Handlungsspielräume der Kommunen zu vergrößern. In sieben anderen Flächenländern müssen die Höchstbeträge für Liquiditätskredite, sozusagen das Dispolimit der Kommunen, von den Aufsichtsbehörden genehmigt werden. Der Rechnungshof schlägt erneut vor, diese im Jahr 1991 abgeschaffte Genehmigungspflicht wiedereinzuführen. Einnahmenüberschüsse - und damit die Möglichkeit, die Schulden weiter zu reduzieren - sind auch für 2018 wieder zu erwarten. Dazu tragen auch die Zuweisungen des Landes im kommunalen Finanzausgleich bei, die nach der Haushaltsplanung für 2018 um 176 Mio. (+ 7 %) höher ausfallen als 2017. Allerdings bestehen 1 Die Angaben zum Länderranking weichen von jüngeren Veröffentlichungen in den Medien ab, denen zufolge sieben der zehn am höchsten verschuldeten deutschen Kommunen in Rheinland-Pfalz liegen. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Rechnungshof seiner Analyse die Gesamtverschuldung zugrunde gelegt hat, während die Medienveröffentlichungen lediglich auf die Verschuldung aus Liquiditätskrediten abstellen.
- 4 - Unsicherheiten bei der weiteren Entwicklung der Ausgaben für soziale Leistungen. Es bleibt abzuwarten, ob die Neuregelung des Leistungsrechts für behinderte Menschen durch das Bundesteilhabegesetz und die landesrechtlichen Regelungen zur Kostenträgerschaft für diese Leistungen zu Mehrbelastungen der Kommunen führen. Wie stark verschuldete Kommunen ihre Haushalte zusätzlich belasten - Beispiele aus den Prüfungen des Rechnungshofs Neben der Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände thematisiert der Kommunalbericht 2018 auch Ergebnisse aus der Prüfung einzelner Kommunen. Der Rechnungshof hat in mehreren Fällen Entscheidungen der Verwaltungen beanstandet, die teilweise zu beträchtlichen finanziellen Nachteilen oder Risiken für die Kommunen geführt haben. So war die Beschaffung von Dienstwagen für kommunale Wahlbeamte nicht immer wirtschaftlich. Es wurden Fahrzeuge geleast, obwohl der Umfang der Dienstreisen die Beschaffung nicht rechtfertigte. Vereinzelt führten umfangreiche Sonderausstattungen ohne dienstliche Notwendigkeit zu Leasingraten, die weit über den für Ministerdienstwagen maximal zulässigen Raten lagen. Einige Amtsinhaber nutzten ihre Dienstwagen entgegen besoldungs-, kommunal- und haushaltsrechtlichen Vorschriften unentgeltlich für private Zwecke. Die Straßenreinigung, eine Aufgabe der Kommunen, belastet deren Haushalte zum Teil erheblich. Die vom Rechnungshof geprüften Fälle zeigen allerdings, dass sich diese Haushaltsbelastungen bereits verringern lassen, wenn die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. So reinigten Kommunen Straßen häufiger als erforderlich oder in Bereichen, in denen üblicherweise die Reinigung auf Anlieger übertragen wird. Teilweise wurden für Reinigungsleistungen trotz defizitärer Haushaltslage keine Entgelte erhoben, oder es wurden Straßen gereinigt, obwohl die Verpflichtung hierzu den Straßenanliegern übertragen worden war. Bei einer kreisfreien Stadt verursachte dies Aufwendungen von 280.000 jährlich.
- 5 - Vielfach wurden für den Winterdienst keine Gebühren verlangt, obwohl die Kosten dies erfordert hätten. Gründe, die den Gebührenverzicht rechtfertigen, lagen nicht vor, dafür jedoch Haushaltsdefizite, die durch diese Praxis noch größer wurden. Wenn Kommunen als Bauherren tätig werden, ist die fachliche Kompetenz ein wesentlicher Faktor des Projekterfolgs. Öffentliche Bauherren sollten daher über eigenen baufachlichen, dem öffentlichen Interesse verpflichteten Sachverstand verfügen. Sie sollten in der Lage sein, die Leistungen ihrer Vertragspartner fachkundig zu überwachen. Bei einer Vielzahl von Bauprüfungen, insbesondere in kreisangehörigen Kommunen, hat der Rechnungshof typische Mängel und Fehlerquellen festgestellt. Diese sind u. a. darauf zurückzuführen, dass das für die Betreuung der Baumaßnahmen eingesetzte Personal nicht über hinreichende Fachkenntnisse verfügte. Kommunen erkannten die mit der Projektleitung verbundenen Aufgaben nicht in ihrer Tragweite oder waren der Meinung, ihre Bauherrenverantwortung weitgehend an Auftragnehmer delegieren zu können. In der Folge wurden Möglichkeiten, die Investitions- und Folgekosten sowie die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben im Sinne der Kommune zu beeinflussen, vielfach nicht genutzt oder gar nicht erkannt. Dies galt insbesondere für die frühen Projektphasen, in denen ca. 80 % aller der für ein Gebäude aufzuwendenden Kosten festgelegt werden. Weitere Themen des Kommunalberichts 2018 sind Veröffentlichungspflichten für die Bezüge von Geschäftsführern und Vorständen kommunaler Unternehmen sowie die rechtlichen Anforderungen, die Kommunen bei mittelbaren Unternehmensbeteiligungen beachten müssen. Auf den folgenden Seiten finden Sie ausgewählte Diagramme zu wichtigen Kennzahlen für die Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände.
- 6 - Diagramme Finanzierungssalden 2017 im Ländervergleich - je Einwohner - Bayern Mecklenburg-Vorpommern Schleswig-Holstein Brandenburg Baden-Württemberg Durchschnitt (ohne RLP) Hessen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Sachsen-Anhalt Niedersachsen Thüringen Sachsen Saarland 32 38 78 84 97 106 139 130 128 128 126 167 188 184 0 50 100 150 200 In dem Diagramm sind die Finanzierungssalden der Kommunen der Flächenländer je Einwohner abgebildet 2. Mio. 3.500 3.000 2.500 Entwicklung der wesentlichen Ausgaben Personalausgaben Sozialleistungen 2.000 1.500 Sachaufwand 1.000 Sachinvestitionen 500 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Die Übersicht gibt den Verlauf der wesentlichen Ausgaben im Zehnjahresvergleich wieder. 2 In der dem Ländervergleich zugrunde liegenden Bundesstatistik sind die Zahlungen der sog. Optionskommunen (Landkreise und Städte mit alleiniger Trägerschaft bezüglich Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende) sowie des Bezirksverbands Pfalz enthalten. Der Finanzierungs-saldo für Rheinland-Pfalz beträgt hier 433 Mio..
- 7 - Mio. 15.000 Kommunale Gesamtausgaben und Investitionsausgaben seit 1990 14.007 10.000 Gesamtausgaben 5.702 5.000 1.041 0 Investitionsausgaben 1.066 Die Grafik zeigt die Entwicklung der Gesamtausgaben im Vergleich zu den Investitionsausgaben seit 1990. Pro-Kopf-Verschuldung 2017 im Ländervergleich - je Einwohner - Saarland Rheinland-Pfalz Hessen Nordrhein-Westfalen Schleswig-Holstein Durchschnitt (ohne RLP) Niedersachsen Sachsen-Anhalt Mecklenburg-Vorpommern Bayern Thüringen Brandenburg Sachsen Baden-Württemberg 37 57 305 30 2.070 1.455 1.456 871 1.897 1.326 1.320 494 528 257 1.207 1.047 1.239 30 23 1.700 1.604 1.518 617 354 661 914 1.278 1.268 895 751 408 615 14 542 556 8 940 807 713 645 0,1 105 1.469 0,3 3.539 197 3.107 2.768 2.751 Liquiditätskredite Investitionskredite Wertpapierschulden 0 1.000 2.000 3.000 4.000 Das Diagramm belegt die überdurchschnittliche Verschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu den anderen Flächenländern.
- 8 - Liquiditätskredite 2017 nach Gebietskörperschaftsgruppen Anteile am Gesamtbestand und Pro-Kopf-Beträge Landkreise 20 % 417 Große kreisangehörige Städte 4 % 1.010 Kreisfreie Städte 60 % 3.592 Verbandsfreie Gemeinden 1 % 242 Verbandsgemeinden 15 % 401 Die Grafik veranschaulicht die unterschiedliche Verschuldung aus Liquiditätskrediten nach Gebietskörperschaftsgruppen. Die Verschuldung der Ortsgemeinden liegt für das Jahr 2017 noch nicht vor. Zinsausgaben im Ländervergleich - je Einwohner - 120 106 85 85 83 80 40 65 56 53 56 79 77 75 52 49 71 44 42 67 38 60 34 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Rheinland-Pfalz Flächenländer (ohne RLP) Das Diagramm zeigt die im Ländervergleich hohen Zinsausgaben je Einwohner in Rheinland-Pfalz.
- 9 - Personal der Gemeinden und Gemeindeverbände für die innere Verwaltung 2016 - Vollzeitäquivalente je 1.000 Einwohner - Sachsen-Anhalt Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Sachsen Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Schleswig-Holstein Niedersachsen Insgesamt ohne RLP Thüringen Westliche Flächenländer ohne RLP Nordrhein-Westfalen Hessen Saarland Bayern Die Übersicht veranschaulicht die im Vergleich zu den anderen Flächenländern überdurchschnittliche Personalausstattung für Aufgaben der inneren Verwaltung in Rheinland-Pfalz. 2,3 0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 2,9 2,9 2,8 2,8 3,1 3,0 3,0 3,1 3,3 3,6 3,6 4,1 4,0 4,3 Auf den Internetseiten des Rechnungshofs (rechnungshof.rlp.de) stehen neben dem Kommunalbericht auch folgende Detailübersichten zum Download zur Verfügung: Übersicht über den Stand der kommunalen Rechnungslegung (Jahresabschlüsse) nach Verwaltungsbezirken Kommunale Liquiditätskreditverschuldung und Finanzierungssalden unter Berücksichtigung eines angemessenen Kapitaldienstes