Erste Überlegungen zum elektronischen Europäischen Mahnverfahren Bartosz Sujecki, Mollengraaff Instituut, Universität Utrecht, Niederlande Internationales Rechtsinformatik Symposium Salzburg 25. Februar 2005
Themen Funktion der IuK Technologie Ziele des Europäischen Mahnverfahrens Ermächtigungsgrundlage der EU Kommission Das Europäische Mahnverfahren nach der EuMVVO KOM (2004) 173 endg. Notwendige Änderungen in der EuMVVO Fazit 2
Funktion der IuK Technologie I Unterstützung des Verfahrensverlaufs (z.b. in A) Kommunikation zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten elektronisch Fristen automatisch überwacht gerichtliche Entscheidung niemals automatisch, sondern durch Entscheidungsorgan Frage: Wie umfassend ist die Nachprüfung? 3
Funktion der IuK Technologie II Unterstützenden Funktion und Zur gerichtlichen Prüfung (z.b. in D) Computerunterstützte Überprüfung der Antragsdaten Keine Schlüssigkeitsprüfung Funktion des Mahnverfahrens Frage der Einlassung 4
Funktion der IuK Technologie III Europäischen Mahnverfahrens IuK Technologie nicht nur eine unterstützende Funktion auch zur Überprüfung der Antragsdaten Rechtmäßigkeitsprüfung nicht mehr möglich ABER auch bei konventioneller Prüfung problematisch Schilderung des Sachverhalts Beifügung von Beweisstücke Sprachproblem!! 5
Ziele des Europäischen Mahnverfahrens Verbesserung des Zugangs zu einem effektiven Gerichtsverfahren Entlastung der Justiz 6
Ermächtigungsgrundlage der EU Kommission Art. 61 lit. c i.v.m. Art. 65 lit. c EG Beseitigung von Hindernissen für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren Einführung eines el. Mahnverfahrens hier nicht gedeckt Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit Finanzielle Belastungen Organisatorische Änderungen ABER: Förderung der el. Bearbeitung 7
Europäische Mahnverfahren nach der EuMVVO Anwendungsbereich Zuständigkeitsregelungen Antragstellung Verfahrensverlauf Rechtmittel des Antragsgegners 8
Anwendungsbereich Ansprüche aus Zivil- und Handelssachen unbestrittene bezifferte Geldforderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fällig ist Ursprung sowohl in einem vertraglichen oder außervertraglichen 9
Zuständigkeitsregelungen Nach der EuGVVO Grundsatz des Art. 2 Abs. 1 Ausnahmen zulässig ABER: Pflicht die Gründe für die Abweichung vom Grundsatz anzugeben keine Regelung der sachlichen, örtlichen und funktionellen Zuständigkeit 10
Antragstellung standarisiertes Formular persönliche Angaben der Verfahrensbeteiligten Anschrift des zuständigen Gerichts Forderung angewandte Zinssatz sowie der Zeitraum kurze Darstellung des Sachverhalts Nennung von Beweismitteln Unterschrift erforderlich Handschriftlich oder Elektronisch gem. Art. 2 Abs. 2 europäischen elektronischen Signatur Richtlinie 11
Verfahrensverlauf I Überprüfung gem. Art. 4 Abs. 1 Anwendbarkeit und formellen Voraussetzungen Zahlungsaufforderung gem. Art. 6 Abs. 1 standarisierter Form Aufforderung innerhalb einer dreiwöchigen Frist zu begleichen oder eine Verteidigungsanzeige einzulegen Hinweis auf mangelnde Rechtmäßigkeitsprüfung und Rechtsfolgen bei Untätigkeit 12
Verfahrensverlauf II Dreiwöchige Frist beginnt mit der Zustellung Zustellung entweder nach nationalen Recht oder bei grenzüberschreitenden Verfahren nach der Zust-Vo Nach Ablauf der Verteidigungsfrist wird von Amts wegen ein Zahlungsbefehl erlassen Zahlungsbefehl vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung Vollstreckung nach nationalem Recht 13
Rechtmittel des Antragsgegners I Gem. Art. 7 EuMVVO gegen die Zahlungsaufforderung eine Verteidigungsanzeige» Formblatts oder» selbst verfassten Schreibens» handschriftlich oder elektronisch zu unterschreiben» Beendigung des Mahnverfahrens und ggf. automatische Überleitung in das ordentliche Gerichtsverfahren Gegen den Zahlungsbefehl einen Widerspruch 14
Rechtmittel des Antragsgegners II Außerordentliches Rechtsmittel, gem. Art. 11 Abs. 4 EuMVVO Zahlungsbefehl ohne eine persönliche Inempfangnahme dem Antragsgegner zugestellt wurde und die Zustellung ohne eigenes Verschulden nicht rechtzeitig oder dergestalt erfolgte, dass keine Verteidigung erfolgen konnte; oder Antragsgegner aufgrund höherer Gewalt oder von ihm nicht zu vertretenden außergewöhnlichen Umständen die Forderung nicht bestreiten konnte 15
Notwendige Änderungen in der EuMVVO Anwendungsbereich Gerichtlichen Zuständigkeit Antragstellung Verfahrensverlauf Zustellung 16
Anwendungsbereich Einführung von Ausschlusstatbeständen Geldansprüche, die von einer Gegenleistung abhängen oder die Gegenleistung noch nicht erbracht wurde Geldansprüche mit einem unverhältnismäßigen Zinssatz 17
Gerichtlichen Zuständigkeit Problem der Regelung gem. der EuGVVO: Zwar Grundsatz des Art. 2 Abs.1 ABER: Zahlreiche Ausnahmen Elektronischen Überprüfung nicht möglich Ausschließlichen Zuständigkeit im Mitgliedstaat des Antragsgegners notwendig Besser zugänglich, trotz Durchführung am ausländischen Gericht Keine grenzüberschreitende Zustellung erforderlich 18
Gerichtlichen Zuständigkeit Schaffung eines zentralen Mahngerichts Besserer Zugang Begrenzung der Investitionskosten Bearbeitung der Mahnverfahren durch Rechtspfleger oder Urkundenbeamte Nur so tatsächlichen Entlastung der Richterschaft Problem: keine einheitliche Ausbildung in der EU 19
Antragstellung Standarisierte Antragstellung erforderlich Problem: Nennung von Beweisstücken, da Möglichkeit einer Täuschung besteht Sachverhaltsdarstellung Hier Individualisierung ausreichend Antragstellung Konventionell Elektronisch z.b. Profimahn oder Optimahn 20
Verfahrensverlauf Gerichtliche Prüfung beschränken auf Anwendbarkeit sowie formellen Voraussetzungen weiterreichende Prüfung macht elektronische Bearbeitung unmöglich bei grenzüberschreitenden Mahnverfahren Schlüssigkeitsprüfung aufgrund des Kollisionsrechts teilweise nach dem Recht einer fremden Rechtsordnung Zweistufiges Mahnverfahren, aber Beantragung des Zahlungsbefehls Schutz vor Vollstreckungstitel über eine zu hohe Forderung 21
Zustellung Problem: Mangel einheitlicher Zustellungsvorschriften Zu große Unterschiede der nationalen Zustellungsregeln England via Post Niederlande nur durch GV Auswirkung auf das Mahnverfahren Einheitliche Zustellung erforderlich Steigerung der Rechtssicherheit im Mahnverfahren Zustellung sollte einfach ausgestaltet sein z.b. mittels eines Einwurfseinschreibens 22
Fazit Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens grds. wünschenswert ABER: Verfahren sollte tatsächlich zur Rationalisierung und Beschleunigung beitragen DAHER: Regelung des Mahnverfahrens, die eine el. Bearbeitung ermöglicht 23
Vielen Dank Bartosz Sujecki Molengraaff Instituut Universität Utrecht Nobelstraat 2a 3512 EN Utrecht, Niederlande Tel.: +31 30 253 7254 Fax: +31 30 253 7203 E-Mail: B.Sujecki@law.uu.nl